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ECCLESIA ET REGNUM Beiträge zur Geschichte von Kirche, Recht und Staat im Mittelalter Festschrift für Franz-Josef Schmale Herausgegeben von Dieter Berg und Hans-Werner Goetz

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ECCLESIA ET REGNUM

Beiträge zur Geschichte von Kirche, Recht und Staat im Mittelalter

Festschrift für Franz-Josef Schmale

Herausgegeben von Dieter Berg und Hans-Werner Goetz

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Ecclesia et regnum: Beitr. zu r Geschichte v o n Kirche, Recht U.

Staat im Mittelalter; Festschr. für Franz-Josef Schmale zu seinem 65. Geburtstag / Dieter Berg U. Hans-Werner Goetz (Hg.). - Bochum: Winkler, 1 9 8 9

lSBN 3-92451 7-24-X NE: Berg. Dieter (Hrsg. ); Schmale, Franz-Josei: Feslschriit

O 1 9 8 9 by Verlag Dr . Dieter W i n k l e i

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die des Nachdrucks, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem Wege oder der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.

Printed in Germany

Herstellung: Wissenschaftliche Redaktion Dr. Dieter Winkler, D-4630 Bochum 1, Tel. 023411 7508 Druck: Crässer, Karlsruhe

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Helmut G. Walther

Der gelehrte Jurist und die Geschichte Roms Der Traktat De regirnine civitatis des Bartolus von Sassoferrato als

Zeugnis des städtischen Selbstbewußtseins Perugias

I

Als der gelehrte Peruginer Pompeo Pellini nach 1570 daran ging, die nach sei- ner Überzeugung bisher über 3600 Jahre umspannende Geschichte seiner um- brischen Heimatstadt niederzuschreiben, hielt er es für zweckmäßig, erst ein- mal einen Überblick über die verschiedenen Theorien zu geben, die bislang über die Anfänge städtischen Lebens in Perugia vorgetragen worden waren.' So habe Paulus Diaconus berichtet, daß ein Trojaner namens Eulistes Perugia erbaut habe. Diese Meinung hätten auch noch einige Peruginer Historiker in jüngster Zeit vertreten. Im Archiv der Stadt sei zudem ein Buch aufbewahrt worden, das Eulisten genannt werde. Auch habe Braccio Baglioni in dem gro- 8en Saal seines neuen Palastes in der Stadt in den Zyklus von 23 berühmten Helden und Gelehrten Perugias Bild und Wappen des Eulistes als Haupt und Gründer der Stadt setzen lassen.? Dieser von Pellini hier erwähnte Braccio di Malatesta Baglioni fungierte Seit 1437 bis zu seinen] Tod 1479 als Haupt seiner Adelsfamilie und bereitete nicht unwesentlich den Weg zur Übernahme der Peruginischen Signorie durch die Baglioni nach 1488, zum Stato Bagl ione~co.~ Den Auftrag für die erklärenden Ottaverime unter den Bildern erteilte Braccio dem damals noch jungen Humanisten Francesco Maturanzio. Während die Fres- ken bis auf geringe Bruchstücke zerstört wurden, blieben die tituliMaturanzios handschriftlich vollständig überliefert.?

Den Stadtgründer stellte Maturanzio folgendermaßen vor:

Eulistes troyano, inclito e (orte So che partito da1 troyan valore, Dopo le gueiie e tante aceibc moitc che foio i gieci sopre a lnio Signore, itaiia volse pei divina sorte E fui de questa ei piimo fondatore. Peiuscia la chiamai nel monte Toro.

Pompeo PELLINI, Dell'Historia di Perugia (Teile I U. 11). Venedig 1664 (ND Bologna 19681 (Teil lll), Venedig 1594-1628 (ND Perugia 19701. - Z u m Autor und zur Textgeschichte zuletzt umfas- send L. FAINA in der Einleitung zum Reprint von Teil lll,S. VII-XXXII. Pell ini l i . .,.~ W. HEYWOOD, A History of Pcrugia, London 1910, S. 299fi; Baleonus Astui, I Baglioni, Prato 1964; CF. BLACK, Thc ßaglioni as Tyrants o i Perugia, 1488-1540, in: EHR 85 (1970) 5. 245-281 Perugia, Airh. d. Stato (Bibl. Augusta), cod. 447 und Perugia, Bibl. com.. cod. 562. -Zum Autor: C.B. VERMICLIONI, Biograiia degli jcrittori Perugini, Perugia 1829 (ND ßologna 1973) fld4~F-

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Che fo poy matre de tutti cosioro.'

1498 kehrte Maturanzio nach zehnjähriger Abwesenheit nach Perugia zurück und lehrte hinfort als besoldeter Rhetoriker an der Universität der Stadt. Dabei übernahm er auch mehrfach Ämter der Kommune, in denen seine rhetorisch- humanistischen Qualitäten nutzbar waren, trat auch als offizieller Orator der Stadt in diplomatischen Gesandtschaften auf. Mehr dem engeren Wirkungskreis verpflichtet war die öffentliche Rede, mit der Maturanzio zu uns unbekanntem Zeitpunkt die LViederaufnahme einer Vorlesung über das rhetorische Werk Ci- ceros begann und sich dabei dem Lob seiner Heimatstadt urid deren Anfängen ~ i d m e t e . ~

Dabei kam der Humanist mit keinem Wort mehr auf den primo fundatore zurück, als den er Jahrzehnte zuvor doch Eulistes gefeiert hatte. Maturanzio zitiert stattdessen nur die antiken Historiker Ponipeius Trogus und Appian. Hier sieht der Humanist sich gefordert; denn er glaubt die widersprüchlichen Aussa- gen dieser beidcn Gewährsmänner über die Gründer Perugias, einerseits Achai- er, andererseits Tyrrhenier, auflösen zu können, indem er einfach behauptet, da8 die Achaier sich einsi rnit den Tyrrheniern vermischten und deshalb beide Völker als Gründer der Stadt gelten könnten.

Die stillschweigende Distanzierung von der traditioiielleii Stadtgründeriigur Eulisies dürfte eine Folge der Orientierung Maturanzios am humanistischen Mo- dell des Städtelobs schlechthin, an Leonardo Brunis Lalidafio urbis Florentinae, sein. Denn in Florenz hatten am Ende des 14. Jhs. die Humanisten begonnen, die ältere Gründungslegende, wie sie von der Stadtchronistik seit dem 13. Jh. gepflegt worden war, kritisch zu zerpflücken.: Damit hatten die Florentiner Humanisten keineswegs die enge geistige Bindung ihrer Kommune an Rom und die römische Geschichte aufgegeben. Vielmehr versiärkte sich noch das Selbst- bewußtsein von den durch Rom geprägten Grundprinzipien Florentinischer Ge- schichte, ius et lihertas, uiid das IäRt sich gerade an Brunis Städtelob als "vater- ländischer Ideologie" ablesen, der ganz offen Florenz zum geistigen Erben

Druck bei ,\I. CATALANO, II Komanro di Perugia e Corciaiio. In: iioll. d. R. Dep. d i Storia patria pcr I'Umhria 27 !19211 8. 41-151, hier 68, und C. ZAPPACOSTA. Oiationes dc laudibus Peiusiae di Franccsco Maturanzio e Cristofoio Sassi, iii: DERS., Studi e riccrciie sull'unianesiiiio itai iai ir~ ITesti inedite d r l XV e XVI sccolo) Bergamo u.a. 1972, 5. 63-113, h i c i 69 Anm. 11. ' Text der Oial io iidch Bibi. Vat. lai. 4663, l 6 i r - 1 i 2 r . bei ZAPPACOSTA li\,ie Ann,. i! 5. 79-89. Text Rrunis: 11 iTeiidruckl Th. KLETTE, Beiträge zur Geschichte und Li t r ratui der ital ienisrhri i Celrhitenienaissanre. Creiiswald 1889, 5. 84-105 =Appendix; Z! cd. H. BARON, Humanistic 2nd Political Literatuir in Floicnce and Venice at the Beginning o i i h r Quattrocento, Caiiibiidge, Mass. 1955, S. 732-263, \\,iederholt von C. d e TOFFiOL, F i o r ~ n i 1 9 i i mit zusitr l ichern Abdruck der 1899 zuerst cdierten italienischen Fassung des Quattrocento des Fra Lagaro da Padova. \!SI. A. STAL'BLE, Due paiiegirici d i ciita tra medioevo ririasrimeiilo. in: Bibi. d'huinanisrnc et Renais- sance 38 (19761 5. 157-164. Zum Florentiner Geschichtsbild: N. RUBINSTEIN, The Beginnings o i Political Thoughi in Florence. A Siudy in iwcdiaeval Hiiioriography, in: loui i ia l o i rhe Warburg and Courtald lnst. 5 119421 S. 198-22i; D. WEINSTEIN, The hlyth o i Florence, iii: Florentine Stu- dies, hg. V. X. KUBINSTEIN, London 1968, S . 15-12; Ch. T. DAVIS, ll buori ten,po antico. ebd. 5. 4.5-69; L. GREEN, Chionic le into History. A n Essay o n the Iiiterpietation of l i i s to iy in Floren- t ine Fourtecnth Centuiy Chronicles, Cambridge 1 9 i 2 .

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Der gelehrte lurist und die Geschichte Roms 287

Roms stilisierte.' Nachdrücklich hob nun auch Maturanzio in seiner Rede her- vor, da8 Perugia zu Zeiten der Alten mit Rom stets in festem Bund stand und deshalb bis zu Augustus über honesta et dulcis libertas verfügte. Maturanzio imitierte so bis in die Übernahme von Formulierungen Brunis hinein das Floren- tinische Modell für Perugia.' Auch für die Schilderung des weiteren Ge- schichtsverlaufs orientiert sich der Peruginer an der Fiorentinischen Periodisie- rung: Der Zerstörung der Arno-Stadt durch Caesar und ihrem Neuauibau ent- sprechen im Falle Perugias die Zerstörung und die Wiedererrichtung durch Augustus; auch Belagerung und Zerstörung durch To:ila und den anschiießen- den zweiten Wiederaufbau hat Perugia mit Fiorenz gemeinsam.'O

Der Peruginische Märtyrerbischof Herculanus wird em,ähnt, als städtische !dentifikationsfigur ist er für Maturanzio nun ebenso wenig nötig wie der mythi- sche Heros Eulistes. An ihre Stelle tritt ein abstraktes Prinzip: der römische Geist der libertas, dessen Besitz historische Größe und Macht iü r eine Ctadt garantiert. Deswegen hat nach Meinung Maturanzios Perugia nach dem ersfen Wiederauf- bau als römische Kolonie die pristina dignitas bald wieder erreicht, in der Stadt nach dem interim der Gotenherrschaft bald der vetus spiritus wieder ge- herrscht, der Perugia in der Folgezeit vor Fremdherrschaft bewahrt und es zur Herrin über ihre Nachbarstädte gemacht habe. Deutliches Zeichen für die Be- wahrung des römischen Geistes sei beispielsweise, daß die Peruginischen Ma- gistrate direkt auf die römischen Dekurionen zurückgingen."

Auch bei der Schilderung der inneren Probleme und Kämpfe der Stadt ist das Vorbild die historische Selbstdarstellung in Florenz, wo man Rom und damit die römische Geschichte zum Exempel für Aufstieg und Yiedergang städtischer Macht erhob." Auch Ansätze zu zyklischem Geschichtsdenken nach Florenti- ner Muster finden sich bei Maturanzio. Zumindest sieht er die varietas fortunae am Werk, wenn er die Größe Perugias als Grund dafür anführt, daß die Stadt die Waffen gegen sich selbst erhoben habe. Klug habe Perugia diese inneren Kämpfe dadurch beendet, daß es freiwillig auf seine Freiheit verzichtet und sich dem P a ~ s t unterworfen habe; denn die Stadt folge dabei nur der Maxime. da8 dem Papst zu gehorchen ruhmvoller sei als anderen zu befehlen.'?

N. RUBINSTEIN, Floieniine Constitutionalism 2nd Medici Asce;ldancy in :he fiiteenth Cent~ry, in: Florentine Studies ihvie 4nm. 7 ) 5. 442-462; M.8. BECKER Towaids a Rei;aissance Histoiiogiahy in Florenre: in: Renaissance. Studies in Honor of H. BARON, F!oienz 1971,S. 747-771. " Nachweise bei ZAPPACOSTA iivie An"?,, 5: 5. Siff. Z u m Vorbi!dcha;akci von Biunis Laudatio f ü r das spätmittelalterlichc Stsdtelob STAVBLE (wie Ann. 7); rum 1ifei;rischc.; Geniis 1.K. LIYDE, Medieval Descriptions of Cities, in: Bull. o i the lohn Ryland's Libi. 48 (7966) 5. 308-340, G. C.]. CLASSEN, Die Stadt im Spiegel der Desciiptiones und Laudes ?;rbium in der antiken und mittelal- terlichen Literatur bis rum Ende des zwölften Jh. (Beiti. r. Altertumswiss~nschaft 2) Hildesheim 1980; P.C. SCHMIDT, Mittelalterliches und hiimanistisches Stad:e!ob, in: Gie Rezeption der Anti- ke. Zum Problem der Kontinuität zwischen Mi:telaltei and Renaissance (WolfenbCttIei Abhh. r. Renaissanceforsch. 1) Hamburg 1981. S. ?19-128. ZAPPACOSTA (wie Anm. 5) S. 81. Ebd. 5. 82.

'? RUBINSTEIN, Beginnings (wie Anm. 7 ) S. 218ff. ZAPPACOSTA (wie Anm. 5) 5. 82f. Für Florenz N. RUBINSTEIN, Somc ldeas cn municipai Progress and decline in fhe ltaly o i the Communes, in: Fiitr SAXL, 1890-1948. A Volume of Memorial Essays from Friends in England, London 1957, 5.165-183.

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Die Didaxe in Maturanzios Geschichtsbild ist unverkennbar. Zwar stand Peru- gia gegenüber Florenz in der Bewahrung des römischen Prinzips der libertas nie zurück. Doch anders als die Stadt am Arno blieb sie auch ihrer gueliischen Ausrichtung, dem Bündnis mit der Führungsmacht des christlichen Rom, stets treu und unterwarf sich dem Papsttum ~chl ießl ich. '~ Während iü r die ältere Geschichte Perugias herausgestellt wurde, wie sehr es den abstrakt gefaßten geistigen Prinzipien des antiken Roms treu blieb, wird vom Humanisten die Bedeutung seiner Stadt in der Gegenwart am Grad ihrer guten Beziehungen zum ~ a p z t u r n gemessen.

- . .

Für die Vergangenheit zeigt Maturanzio. daß Peruzia seinen Namen und ~ ~ U " " " den Beinamen Augusta auigrund seiner Lage "nd seiner glücklichen Gründungs- umstände erhalten habe. Ihre Blüte habe die Stadt aber erst erreicht, als sie ins Bündnis mit Rom getreten sei. Der Abwendung von Rom sei konsequent die Zerstörung gefolgt, der Wiedererrichtung als römische Pilanzstadt die Rück- gewinnung des früheren Ranges. Der Trennung von Rom durch den Weggang der Kaiser aus Italien folgte die völlige Niederlage gegenüber Totila. Die Be- freiung vom Joch der Barbaren gewann die Stadt nur durch Besinnung aui ihre alte Geisteshaltung wieder. Aber der äußerlichen Größe entsprach keine innere auf Dauer. Deshalb der Bürgerkrieg, der nur dauerhaft beendet werden konnte, indem man sich dem geistlich-weltlichen Herrn Roms unterstellte. Auf diese Weise trat nun zum politischen Rombezug der kulturelle: Denn Rom bedeutet in der Gegenwart wieder eine Fülle erneuerter antiker Bildung, die dem Huma- nisten Maturanzio stete Orientierung ist. Hier - so erklärt der Universitätsleh- rer im unverhüllten Eigeninteresse - bestehe trotz des felicissimus status Peru- gias im allgemeinen noch erheblicher Nachholbedarf, besonders aui dem Gebie- te der Beredsamkeit."

Pellini bemüht sich dann um ein wenig mehr an Differenziertheit, zumindest was die Aniänge Perugias betrifft, als er ein gutes halbes Jahrhundert später sich der Aufgabe unterzog, die Geschichte seiner Heimatstadt nun recht ausiührlich zu beschreiben. Es fiel ihm natürlich leicht, Maturanzios oberflächli- che etymologische Konstruktion zur Erklärung des Beinamens AugusTa zu zer- pflücken. Über die Gründungsumstände selbst wagt er keine Entscheidung zu treffen: Vorsichtshalber reieriert er deshalb alle Theorien, die antiken Autoren entnommen bzw. aus ihnen abgeleitet werden konnten und die bis in seine Gegenwart vorgebracht wurden.

Er sieht darum keine Notwendigkeit, aui die Erwähnung des Eulistes zu ver- zichten, den Maturanzio im zweiten Zugriif einiach aus den Ursprüngen Peru- gias eliminiert hatte. Schließlich erwähne doch der Geschichtsschreiber Paulus Diaconus in seiner Langobardengeschichte diesen Heros eponymos der Stadt. Überprüft hat dies ireil ich Pellini nicht. Denn weder in der Langobardenge- schichte noch in der römischen Geschichte dieses Autors iindet sich eine Deu- tung des Ursprungs von Per~g ia . '~ Aber Pellini beschäftigt sich ohnehin lieber

" Zu Florenz WEINSTEIN [wie Anm. 71 5. 2611. 'j ZAPPACOSTA (wie Anm. 51 5.8311. '' PELLINI (wie Anm. 1) 1,l (5. 20; Paulus Diaconus, t-listoiia Langobardarum II,lb,ed. G. WAlTZ

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Der gelehrte Jurist und die Geschichte Roms 289

mit den Zeugnissen noch älterer Autoren über die Anfänge seiner Heimatstadt. Dennoch kann er sich der für das städtische Selbstbewußtsein so wirkungsmäch- tigen Eulistes-Tradition nicht entziehen. Zwar erwähnt er nicht, da8 der 1278 im Auftrag der Kommune vollendete große Brunnen auf der Piazza comunale an zentraler Stelle seines Skulpturenschmucks die Figur dieses Heros mit der Inschrift Heulixstes Perusine conditor urbis enthält und Maturanzio die Fresko- darstellung im Palazzo Baglioni mit einer Ottavorima versah." Er führt aber aus, da8 "alcuni moderni scrittori nostri" darauf bestanden hätten, daß die Stadt in alten Zeiten Eulistea Perusia geheißen habe. Auch das Buch Eulisteo handle von ihm. In ihm sei alles Wichtige und Wissenswerte aus der Stadtgeschichte in Versen beschrieben.lR

Dieses von Pellini eenannte offizielle Exern~lar der nach Eulistes benannten Stadtgeschichte ist heGte leider nicht mehr vo;handen. Bis zum Jahre 1380 wur- de es wie alle anderen offiziellen Dokumente der Kommune im Kloster C. Dome- nico aufbewahrt. Kurz danach muß diese Pergamenthandschrift nach Cortona gekommen, 1382 durch einen Corteser Bürger aber nach Perugia zurückge- bracht worden sein, dem dafür der Lohn des Peruginer Bürgerrechts zuteil wur- de. Noch 1440 inventarisiert sie der Kanzler der Kommune. Seither gibt es über ihr weiteres Schicksal keine Nachrichten mehr. Schon Pellini kennt das Exem- plar nur noch aus Berichten anderer.'9

Mit der Entdeckung einer weiteren Handschrift der Eulistea im Privatbesitz der Peruginischen Adelsfamilie della Staffa begann die Erforschung der Entste- hung des Werkes; sein Text selbst erfuhr nur eine nach heutigen Maßstäben völlig ungenügende Te i l ed i t i ~n .~~

(MGH SSiC 48) 1878 !zu Perusium); Historia Romana VII, 3, ed. A. CRIVELLUCCI (Fonti per ia Storia d'ltalia 51) Rom 1914 (Perusium als Zufluchtsort des Augustusgegners L. Antonius). Zur Fontana maggioie K. HOFFMANN-CURTIUS, Das Programm der Fontana Maggiore in Peru- gia (Banner Beiti. r. Kunstwiss. 10) DiJsseldorf 1968 (S. 37 zu Eulistes-Heulixstes). Neudatierung der ßaureit auf 1276-1278. A. MIDDELDORF-KOSECARTEN, Nicola und Ciovanni Pisano 1268-1278. In: Ib. der Berliner Museen 11 (19691 S. 36-80, hier 5. 53-59, zu den ßrunnenfiguren S. 61-69. Vgl. zuletzt J. WHITE, The Reconstiuction of Nicola Pisano's Perugia Fountain, in: Jour- nal of the Warburg and Courtauld Inst. 33 (1970) S. 70-83. Thesenhaft bleibt der Versuch von ].B. RIESS, in den Brunnenbauten, der Errichtung des Palazzo del Popolo und seiner Ausgestal- tung mit Fresken eine direkte künstlerische Umsetzung des Sieges des popolo in den Peruginer Verfassuneskämofen zu sehen (Political ldeas in Medieval Art. The Frescoes in the Palazzo dei ~ r i o r i i ~ e y u g i a (12971, Ann ~ r b o r , Mich. 1981).

la PELLlNl !wie Anm. 11 1.1 (S. 2). Ebd. (S. 21.- Die Geschichte des offiziellen Exemplars des Rates der Kommune bei C. MAZZA- TINTI, Di Bonifacio da Verona, autore dell' Eulistes: in: Boll. d. R. Dep. di Storia Patria per i'Um- bria 2 118961 S. 589.561; C. ARNALDI, ßonifacio Veronese, in: Diz. biogr. degli ltaliani 12 (1970) S. 191a-192a. Bonifacii Veronensis De iebus a Perusinis gestis, Ann. MCL-MCCXCIII, historia metrica quae vocatui Eulistea ex ms. Codice perill. viri eq. J.C. Conestabile nunc primum edita ab F. BONAINI, A. FABRETTI et F. POLIDORI, in: Arch. Stor. ltal. 1611 (1850) S. 1-52. Eine neue Cesamtedition bereitet seit Jahren vor Al . CALETTI (Perugiai. Vgl. einstweilen deren Considerazioni per una interpietazione dell' Eulistea, in: Arch. Stor. ltal. 128 (1971) 5. 305-334, und P.C. SCHMIDT, L'epica latina nel secolo XIV. Notizie su Bonifacio da Verona e la sua "Eulistes", in: Aspetti della letteratura latina nel secolo Xlll, ed. Cl. LEONARDI e C. ORLANDI, Perugia-Florenz 1986, S. 221-227. -Aus der Feder P.C. Schmidts (Marburg) ist eine monografische Behandlung der Euli-

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Im Juni 1293 hatten sich beide Ratsgremien Perugias entschlossen, den Magi- ster Bonifacius aus Verona mit der Verfertigung des Werkes zu beauftragen. Bonifacius, ein Meister der Astrologie und Verskunst, war zuletzt durch ein Epos von rund 1000 Versen über die Geschichte des Schweil'tuchs der Veronica aus- gewiesen2' und hatte sich erboten solempne opus facere et librurn antiquita- turn e t negatiorurn Cornunis Perusii et antiquitates reducere a d mernoriam p r o honore Comunis Perusii. Bereits im November des gleichen Jahres legte der Veronese das fertige Werk dem Rat der Kommune vor. Wie Bonifacio im Opus selbst berichtet, hatte ihm der Rat eine Kommission aus mehreren Bürgern und zwei Juristerl des Rechtsstudiums der Stadt zur Seite gestellt, die den Dichter mit dem für seine Arbeit nötigen historischen Material versorgen ~ o l l t e n . ? ~

Der Rat beauftragte am 16. November 1293 schließlich auch diese beiden Juristen, den Legisten Guido de Corgnia und den Kanonisten Tribaldo, mit der Begutachtung des Werkes. Beide waren der Ansicht, daß Bonifacio Veronese ein Honorar von 25 Gulden verdient habe und den gleichen Betrag für eine Prosafassung zusätzlich erhalten solle. Auch diese Prosafassung i s t in der Perugi- nischen Stafia-Handschrift enthalten, die auch in ihrer Entstehungszeit in näch- ste Nähe zum offiziellen Exemplar des Rates Perugias gehört.

Es ist wohl weniger der Schwerverständlichkeit der Verse Bonifacios zuzu- schreiben als der üblichen Praxis, da8 der Rat neben der Vers- auch eine Prosa- fassung der Eulistea besitzen wollte. Der Aufbewahrungsort der Pergamenthand- schrift im Archiv der Stadt dokumentiert den Stolz der Peruginer auf ihre Stadt- geschichte in Versen. Nachdem mit dem Brunnen und dem Priorenpalast zwei bauliche Zeugnisse des neuen Selbstbewul'tseins der Kommune entstanden wa- ren, bot die Eulistea zusätzlich ein literarisches.?'

In einer volkssprachigen Verserzählung des 14. jhs. formte sich die Perugini- sche Eulistes-Tradition um und wurde die Gründungstradition um eine zweite Stufe erweitert, die nun in die Zeit Karls des Großen verlegt wird und Material aus dem Roland-Sagenkreis aufgreift.'?

Anders als der Brunnen-Heulixstes und der von Maturanzio gepriesene Euli- stes war der Heros des Veronesen griechischer Herkunft, der von Odysseus- Ulixes abstammt. Nach Aeneas, aber noch vor der Gründung Roms sei dieser Danaer in Italien gelandet. Bei einer Jagd habe er einen riesigen Bären erlegt,

stea zu erwarten. Ich selbst werde die Eolisrea im Rahmen meiner Monografie ßaitolus, Peiugia und die Geschichte im Zusammenhang mit dem Wandel städtischen Selbstbewußtseins in Peiu- gia noch eingehend behandeln, so daß ich mich hier auf einige Bemerkungen beschränke.

?' Die sog. Veronica, gewidmet dem französischen Kardinal Wilhelm von Bray(1263-12821, erhalten in der Hs. Paris, B.N. ms. lat. 8229. Zu diesem bislang ""edierten Epos CM. PIASTRA, Nota sulla "Veronica" di Bonifacio Veronese, in: Aevum 33 (1959) 5. 356.381 Ubei das vorausgehende Ge- dicht Bonifacios, die Annays, vgl. C.M. PIASTRA, Nota sul "Annayde" di Bonifacio Veronese, in: Aevum 28 (1954) 5. 505-521.

?' Abdruck des Archivmaterials aus Perugia bei MAZZATlNl (wie Anm. 19). Zum Beiatergremium und zur Begutachtungskommission G. ERMINI, Storia delia Universiti di Perugia, Bd. 1, Florenz 21971, S. 17ff. ' SCHMIDT (wie Anm. 20) 5. 226.

2' CATALANO (wie Anm. 5) 5. 90-145. Neuedition durch F. MANCINI, l l conio di Corciano e d i Perugia. Leggenda cavalleresca del secolo XIV, Florenz 1979.

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Der gelehrte Jurist und die Geschichte Roms 291

so daR er den Ort seiner Stadtgründung Per-orsia genannt habe, woraus Pero- scia bzw. Perusia geworden sei.I3 Den sprechenden Namen seiner neuen Stadt benützte Eulistes sofort dazu, ihr die glänzende Zukunft als einer Vorkämpferin des künftigen katholischen Glaubens zu prophezeien.'"

Bemerkenswert an dieser Fassung der Gründungslegende is t die mit ihr in- tendierte Stoßrichtung. Mi t der Erwähnung des Aeneas wird indirekt auf Rom Bezug genommen: Die Gründung des Eulistes ist älter als Rom! Die Prophetie des Helden richtet sich aui den katholischen Glauben, also auf ein späteres christliches Rom. Gegenüber der heidnischen Stadt bleibt Perugia in Opposi- tion. Die historische Schilderung der Eulistea endet damit, wie sich die Peru- giner als ireue Söhne der Kirche in den Kämpfen des Duecento bewähren.': Jedoch meint die guelfische Parteinahme der Stadt keine blinde Unterwerfung unter einen universalen politischen Herrschaftsanspruch des Papsttums: hi inon imperium metuunt neque numina Pa,~e.'~ Was Maturanzio dann im 1.5. jh. in seinem titulus für die Figur der Peruccia eulistea den honor der Stadt nannte. nämlich durch scientia und vertu d'arrne zu herrschen, und im späteren Städte- lob als Prinzip der steten honesta er dulcic libertas feierte, berichtete auch der Humanist Pellini am Ende des 16. Jh. als unumstöRliche GewiBheit aller nostri scrittoriüber den Verlauf der Peruginischen Geschichte: Diese Stadt war immer frei. Ihre Freiheit war es: die es ihr per natura e per inclinatione ermöglichten, stets in divotione di C. Chiesa e de' Sommi Pontefici zu verbleiben.?'

lm Rückblick der Lokalhistoriker wird verdeckt, n ~ i e sehr diese de!/otio in den historischen Wechselfällen der vorhergehenden jahrhunderte irn einzelnen strapaziert wurde. Die Eulisrea machte jedenfalls kein Geheimnis daraus, da& iür das gueifische Selbstverständnis der Peruginer des ausgehenden 73. /h. die devotio vor der städtischen iibertac im Konfliktfall zurückzustehen habe?

Die Euiictea übertrug jenes so diffizile Verhältnis der Städte Perugia und Rom bereits auf die Gründungsphase und machte es zur historischen Konstan- te. Das Doppeldistichon am SchiuR des Werkes greift sie noch einmal auf: Euli- stes habe viele Kriege gegen die Trojaner geiührt. Soll damit auf eine Fortset- zung der Auseinandersetzung auf italischem Boden durch die Erben des Eulistes und des e n e a s implizit angespielt werden? ledenfalls. so fährt der .Autor fort.

?' Eulistes, iib. I , w.77-90. 120ff; ih9i: h i r erso iirbern que norner; ab ursn/Acripiet Zitiert wird hier nach der Eulisiea-Hc F!orenr, B ib i nar., m c L a n d w Fin. 245, deren Slikio\~erfiimung mir dankenswerienveise von P.G. Schmidt zur Benutzung überlassen wurde. Die Peru~iner Hs. war mir leider nicht zueänslich. ~, .. '" Lib. I, V. 173if. Lih. VI. (wie Anm. 20) 5. 28-37. Vgl. o,. 124fi: Si< nos divina polccras'5ubiectos dedir esse sibi quod nullus ab ullis/ Jracrare possef disceccus ef illius .?l.nai Ecc1e.-ia. Sed in hoc nati, ot ~ i i ~ r n u s in ipsa//ir rnoriamur . . . iS. 33). " Lib. Vlll. 49. S 45.

:- PELLlNl (wie Anm. 11, 1.4 iS. 219) 'O HEfiVOOD :wie Anm. 21 C. 67.100; C. BELELLI, L'istituto del Podesta in Peiugia nei secolo Xlll,

Bologna 1936; GALLETTI :wie Anm. 20) S. 328ii (alle zum Verhältnis Perugias zum Kirchenstaat und zum Papsttuml.

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verdanke das christliche Rom seine wiederhergestellte Stärke dem favor der fruchtbaren, tapferen und freien umbrischen Stadtgründung des Eulistes."

I I

Die für das Jahr 1139 erstmals bezeugte Kommune Perugias" konnte für sich bis zum Ende des Jahrhunderts städtische Autonomie erringen, obwohl - oder sollte man vielleicht sagen: weil - sie zu denjenigen Gebieten gehbrte, die 817 im Parfum Hludovicianum als Schenkung Karls des Großen und Ludwigs des Frommen an den Besitz des HI. Petrus erwähnt wurden, in der Folgezeit aber zwischen den deutschen Herrschern als reges Langobardorum und den Päpsten ständiger Zankapfel um die Zugehörigkeit zum Kirchenstaat wurden."

So waren es Heinrich VI., der 1186 die Konsularverfasjung und Lehnrechte Perugias über Gebiete i m Contado bestätigte; sein Bruder Philipp, der als dux tofius Tusrie 1195 das Privileg des Herrschers bestätigte, wobei der erste uns namentlich bekannte Podesta Perugias, Bonvenias, als Zeuge fungierte. Auch die Urkunde Heinrichs VI. aus dem Folgejahr, mit der ein Konflikt des Kaisers mit der Stadt über die Burg Castiglione am Trasimenischen See beigelegt wur- de, nennt einen Podesta als Magistrat der aus boni homines und übrigem popu- lus bestehenden Komm~ne: '~

Irn ersten Drittel des 13. Ihs. löste die Podesta-Verfassung endgültig das bis- lang übliche Konsulat ab.'; Die Kommune war inzwischen seit dem Tode Hein- richs VI. auf die Seite der Päpste übergeschwenkt und begab sich 1198 unter den Schutz des HI. Petrus und des Papstes, den lnnocenz 111. in einem Privileg der civitas Perusia gewährte, die ad ius et proprietatem der römischen Kirche gehöre. Er sollte gelten, gleich o b die Stadt von einem Podesta oder Konsuln geleitet werde.'"

Das Podestat etablierte sich als Folge der Auseinandersetzungen zwischen den adligen boni homines bzw. milites und dem populus, in denen die Päpste

' Eulistea S. 52: Nobiiis Euiistes, Perusine conditor urbis/ Contra Troianos bei/<, rnoita toiit./ Uibs Perusina vocor, Konie reparara vigoreiferlilis ct fortis sum, libera pron?pra favoie.

' BELELLI !wie Anm. 301 5. 4 mit Anm. 3. HEYWOOD !wie Anm. 3; 8. 2311. Umfassend zuletzt D. SECOLONI. Baitola da Sassafeiiato c la civitas Pcrusina; in: Bartolo da Sassoierrato Studi e Documenti p e i il VI Centenario, iMailand 1962, Bd. 2, S. 513-6i1, hier 579ff. 1186, Aug. 7: Ri IV, 3 !%-Bi Ni. 123. Druck: BÖHMER, Acta impeiii selecta, lnnsbruck 1870 !ND Aalen 1967) Nr. 163 i155iI. - 1195, Juli 3: RI V, 1 !B-F) Nr. 3. Druck: I. FICKER, Forsch. z. Rfichs- U. Rechtsgesch. Italiens, Bd. 4 i= Urkunden), lnnsbruck 1874 !ND 19611 Nr. 188 (230i). 1196, Dez. 2: Rl IV, 3 !B-B) Nr. 574. Druck: FICKER 4, Nr. 194, 8. 241.

J BELELLI (wie Anm. 30) 5. 15ff. '"ie Register Innocenz' lli., Bd. 1, bearb. V. 0. HACENEDER U.. A. HAIDACHER, Crnr-Köln 1964,

Nr. 375, S. 5681 PELLINI (wie Anm. 11 I, 4 rückte eigens den Text der von der Peruginischen Stadtgeschichte bis Maturanzio als Freiheitsdokument verstandenen Dekretale Ad apostolicae vollständig ein (5. 2221, um zu zeigen, "ehe non solo a questi tempi, ma molto piG per I'adiieto ella iosse raccomandata alla Chiesa e che ad lnnocentio ella iacesse instanza d'esser d i nuovo nel suo grembo raccolta"!S. 221).

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Der gelehrte Jurist und die Geschichte Roms 293

mehrfach zu vermitteln vers~chten.~' Im weiteren Verlauf des Jahrhunderts schuf sich der Popolo eine Fülle neuer Institutionen, die zur allmählichen Ent- machtung des Podesta führten. Am wichtigsten wurden schließlich die Korpora- tionen der artes, die von Konsuln und später von Prioren geleitet wurden. Als sich um die Jahrhundertmitte dann der Capitano del popolo als Verfassungsor- gan etablierte, wurde er zusammen mit den zehn Anziani der fünf nach den Toren benannten Stadtviertel Perugias zum eigentlichen Machtträger. Wie die Statuten von 1279 festlegten, hatte sich der Podesta mit seinem Amtseid auf omnia iura et stantiamenta, ordinafiones et reforrnationes conciliorum comunis Perusii et artium dicti comunis zu ~erp f l i ch ten .~~

Mit der gleichzeitigen Expansion der Herrschaft Perugias über den engeren Contado hinaus, setzte die Kommune den ökonomischen Aufschwung in poli- tischen Machtgewinn um. Um die Mitte des 13. Jh. kontrollierte Perugia ein Gebiet, das sich zwischen den Städten Gubbio, Todi und Foligno erstreckte. Die drei Städtenamen markieren zugleich die Gegner der weiteren Herrschafts- expansionsversuche Perugias in der Folgezeit.

Nach den Ende der Staufer zog der Popolo Konsequenzen aus dem materiel- len und territorialen Gewinn, den ihm seine Parteinahme für das Papsttum ge- bracht hatte. Die Statuten von 1279 fixierten die guelfische Parteigängerschaft als politische Grundstruktur der Kommune. Allen ehemaligen Parteigängern der Staufer wird das Podesta-Amt der Stadt verboten, Stauferfreunden der Zugang zu kommunalen Ämtern unmöglich gemacht.3q Perugia war mittlerweile die mäciitigste Stadt im Kirchenstaat, sah dabei aber sein Verhältnis zum Papsttum als bloße amicitia und somit nicht als Beeinträchtigung seiner städtischen Frei- heit. Daß das Verhältnis von Seiten der Päpste anders gesehen wurde, störte die Peruginer nicht, auch wenn die Nachfolger Petri öfters in der Stadt residier- ten. Gegen Ende des 13. Jh. schien der alte umbrische Dukat weniger eine Pro- vinz des Kirchenstaates zu sein als ein Peruginisches D o m i n i ~ m . ~ ~

Dennoch waren die Grenzen der Peruginischen Freiheit nicht zu übersehen. Der Krieg gegen Foligno, 1282183 und 1288189, demonstrierte es recht deutlich. Beide Male gelang es den Päpsten, die auf ihre eigenen Kräfte vertrauenden Peruginer mit geistlichen Machtmitteln zu zähmen. Bonifaz VIII. konnte des- halb im März 1296 noch einmal den Rechtsanspruch des Papsttums gegenüber der Kommune zusammenfassen. Zwar bestätigte er der Stadt omnia privilegia, libertates, gratiae, indulgentiae, dignitafes, honores, iurisdictiones et iura, hob aber zugleich die iura der römischen Kirche an Perugia hervor.?'

I' BELELLI (wie Anm. 30) 5. 37ff mit dem Nachweis, da8 die auswärtigen Podestaten in Perugia seit 1201 bis 1230 (Sieg des popolo) fast ausschließlich aus Rom kamen. Vgl. auch SECOLONI (wie Anm. 33) S. 611if. Statuten von 1279, Nr. 12 = BELELLI (wie Anm. 30i S. 103. '* Statuten von 1279, Ni. 4 = BELELLI S. 971. D. WALEY, L'Umbria e lo Stato Papale nei secoli XII- XIV, in: Storia e Arte in Umbria nell'eta comunale, Bd. 2, Perugia 1971, 5. 271-287. ßonifar VIII. an Perugia, 1296, März 20: Les Registres de Boniface VIII, ed. DICARD, FAW- TIER, FAUCON, Bd. 1, Paris 1884, Nr. 1123. Druck (nach dem Orig. im Staatsarchiv Perugia) durch SECOLONI (wie Anm. 33), 5. 626 Anm. 55.

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Die Zeit der Abwesenheit der Päpste von Italien während des Avignonesi- schen Exils benützten dann aber die Peruginer, um ihre Kommune faktisch völ- l ig unabhängig vom Kirchenstaat zu machen. Geschickt spielte Perugia dabei seine traditionelle guelfische Position aus, an der es im Unterschied zu anderen umbrischen und toskanischen Städten auch jetzt konstant festhielt, dadurch ge- wissermaßen im Namen der Kirche Oberhoheit über ghibellinische Gegner zu gewinnen. Während des Romzugs Heinrichs VII. war Perugia neben Florenz die einzige guelfische Stadt Mittelitaliens. Die aggressive Außenpolitik Perugias im Namen der guelfischen Sache verschaffte der umbrischen Metropole zumin- dest zeitweise Herrschaftsrechte über Assisi, Spoleto, Gubbio, Gualdo, Todi und C ~ r n e t o . ~ ~ Jetzt konnten es sich die Peruginer auch leisten, gegenüber päpstli- chen ÄuRerungen, i n denen Perugia für den Kirchenstaat reklamiert wurde, of- fen zu protestieren und päpstliche Verwaltungsanordnungen einfach zu ignorie- ren. Den Päpsten in Avignon blieb mehr als einmal nichts anderes übrig, als die faktische Unabhängigkeit Perugias stillschweigend hinzunehmen, wenn sie auch nie urkundlich anerkannt wurde, wie das die offizielle Peruginische Städte- chronistik verzeichnete und wie das zur Maxime des Peruginischen Selbstbe- wuRtseins des 14. Jh. wurde: Man sei frei und gehorche weder Kaiser noch Pap~ t . '~

Das in der Eulistea Bonifacio Veronese8 so sorgfältig austarierte Gleichge- wicht zwischen Perugia und Rom stimmte nun nicht mehr. Die volkssprachliche Erzählung von Corciano und Perugia zog hier die Konsequenz, indem sie die Frühgeschichte der Stadt ergänzte und zu Eulistes und Rom nun Karl dem Gro- ßen. Roland und Oliver hinzunahm.?? Geschickt wurde dabei nun mit dem Frankenherrscher und seinen Paladinen gewissermaßen die kaiserliche Seite für die Legitimation der Peruginischen Unabhängigkeit aktiviert. Und so verfuhr dann in der praktischen Politik auch die Kommune, als sie den ltalienzug Karls IV. 1355 sofort zur Absicherung ihrer politischen Position benutzen wollte.'j

Dabei war die Herrschaftsposition Perugias keineswegs stabil. Die Kommune war in der ersten Hälfte des 14. Jh. ständig in militärische Auseinandersetzungen verwickelt, deren Kosten sich letztlich desaströs auf die Wirtschaftskraft der Stadt auswirkten. Aufstände der ghibellinischen Parteien in den unterworfenen Städten, die zudem Unterstützung durch Signori ober- und mittelitalienischer Städte erhielten, strapazierten die Finanzkraft der Kommune. Zudem war im Inneren der Kampf zwischen den adligen Magnaten und der Führungsschicht des Popolo erneut aufgebrochen. Rivalitäten und blutige Auseinandersetzungen

'' HEYWOOD (wie Anm. 3) 5. 91ff; SECOLONI (wie Anm. 331 5. 639tf; M. PECUGI FOP, II cornune d i Perugia e ia Chiesa durante il periodo avignonese con parlicoiaie rifeiimento all' Albornor IDep. di Storia Patiia per I'Umbria, Appendici al Bolleiino 11) Peiugia 1970. ' Bievi Annali della Citta di Perugia da1 1194 al 1352, cd. A. FABRETTI, und Chionica della Ciitä di Perugia da1 1309 al 1491, nota col nome di "Diario del Grariani", ed. A. FABRETTI, beide in: Arch. Stor. ltal. 1611 11850) 5. 53-68 u . 69-750. Vgl. auch die volkssprachige Peruginische Stadt- chronik Annali e cronica di Perugia in volgare, in: Annali della Facoltk di Lettere e Filosofia della Universiti degli Studi di Perugia 1 11963/641 5. 141-337. " SC. 0. 5. 290 mit Anm. 24. " HEYWOOD (wie Anm. 3) S. 204ff; SECOLONI [wie Anm. 331 5.650ff.

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unter den führenden Adelsgeschlechtern Perugias, vor allem der degli Oddi und der Baglioni, kamen hinzu.46 Mit scharfen antimagnatischen Statuten und entsprechenden Riformanze-Beschlüssen drängte der politisch allein bestim- mende Peruginische Popolo grasso, für den 1301 zum ersten Mal der Name Raspanti bezeugt ist, den Einfluß des Adels immer weiter zurück. 1323 legte die Kommune deshalb den Libro Rosso an, in dem alle Magnaten aus Stadt und Contado Perugias, insgesamt 501 Namen, eingetragen wurden. Alle poten- tiellen Gegner der Raspanti waren somit namhaft gemacht, konnten direkt von Maßnahmen des Popolo getroffen werden. Die neuen Statuten von 1342 enthiel- ten dann bereits eine Fülle von magnatenfeindlichen Be~timmungen.~'

Um die Jahrhundertmitte erreichte das regimen ad populum der Raspanti seinen äußerlichen Höhepunkt. Aber es dauerte nur wenig über ein Jahrzehnt, bis die Großherrschaft Perugias in Mittelitalien unter den militärischen Aktionen der benachbarten Signori und der Restitutionspolitik des Kardinals Albornoz zusammenbrach und die Kommune selbst sich zunächst in eine vom Papsttum abhängige Adelsrepublik verwandelte bis sie im 15. Jh. dann Signorie wurde zuerst für wenige Jahre eine Dependance der Visconti, dann "Lo Stato Bagliones- CO".

111

Welche Rolle spielten die Juristen der Universität Perugia in jenen turbulenten Jahrzehnten des 14. lh.? In der Stadt gab es schon seit den 70er Jahren des 13. Jh. zumindest zeitweise ein Rechtsstudium und eine Ausbildung für Notare. Als eigentliche Universität wurde erst im September 1308 durch Privileg Cle- mens' V. ein Generalstudium mit Promotionsrecht bewilligt. Es war - wie in Italien nicht anders zu erwarten - in erster Linie für das Rechtsstudium ge- dacht, für das die Kommune auch durch Bereitstellung bezahlter Lehrstühle zu sorger. sich bemühte.?* Die Universität Perugia gehörte somit zur "zweiten Welle" gegründeter Universitäten, die in Italien in die Zeit fiel, als das Ansehen Bolognas als bedeutendster Juristen-Universität bereits sank.

So sehr Perugia seine Universität als Zeichen seiner politischen Bedeutung und daher als Prestigeobjekt der Kommune sah, so sehr es andererseits sie auch als Ausbildungsstätte für städtische Juristen und Notare schätzte, so sehr mißtrau-

'6 HEYWOOD (wie Anm. 3) 5. 15lff; S.R. BLANSHEI, Perugia 1260-1340: Conflicr and Change in a Mediaval Italian Urban SocieN (Transactions of the American Philosoph. Soc. NS 66.2) Philadelphia 1976; J. CRUNDMAN, La Posirione economica della nobilta Perugina nel Tre- cento, in: Storia e Arte (wie Anm. 40) S. 803-835. Libro Rosso, ed. A. FABRETI, Documenti d i Storia Perugina, Bd. 1, Turin 1887, 5. 102-107; Statuti d i Perugia dell'anno MCCCXLII, ed. C. DECLl AZZI, Bd. 2, Rom 1916: 111, 13, 141, 143, 144, 146, 150, 151, 5. 34f, 165-176. Vgl. dazu L. SALVATORELLI, La politica interna d i Perugia in un pOemeRo volgaie della meta del Trecento, in: Boll. d. Dep. d i Storia Patria per I'Umbria 50 (1953) S. 5-110, hier 81-91; BLANSHEI (wie Anm. 46) S. 59-66. " ERMINI (wie Anm. 22); \'gl. auch C. ERMINI, Fattori di successo dello Studio Perugino delle origi- ni, in: Storia e Arte (wie Anm. 40) 5. 289-309.

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ten die Raspanti doch dieser Institution, die von ihrer Herkunft und vom Sozial- profil der Rechtsstudenten her noch immer stark der Welt des Adels verhaftet war. Aber man schickte einen der sonst verhaßten Adligen nach Bologna, u m dort den berühmten Rechtslehrer Jakob von Belviso zumindest für einige Zeit für die neue Universität abzuwerben; man bemühte sich nach dessen Weggang erfolgreich um den als methodischen Neuerer besonders einflußreichen Cino de Sinibuldis aus Pistoia.

Das Mißtrauen der Raspanti gegenüber den Juristen hatte institutionelle Kon- sequenzen: Anders als in Florenz, wo das Generalstudium erst 1349 privilegiert wurde, wurden die Juristen und Notare nicht voll in das politische Leben der Kommune integriert. Wie in Padua fürchtete man auch in Perugia das Herr- schaftswissen der i ~ d i c e s . ~ ~ In beiden Kommunen benutzte man die Universi- tät nur als Ausbildungsanstalt, schloR aber in den Statuten die Universitätslehrer ausdrücklich vom Bürgerrecht aus. In Perugia ging man sogar noch einen Schritt über Padua hinaus. Die städtischen Richter und Notare mußten außerhalb ei- gentlichen artes eine Consorzeria mit drei Prioren bilden und waren damit aus den Verfassungsorganen des Popo10 ausgeschlossen. Adlige, Richter und Nota- re waren für die städtische Verwaltung zwar dringend natig, erstere besonders als Heerführer, Gesandte und Podestaten in den abhängigen Städten - aus dem politischen Willensbildungsprozeß in der Heimatkommune sollten sie nach Meinung der Raspanti aber weitgehend ausgeschaltet blieben.jO

Umso auffälliger war es, da8 die Peruginer bereits dem ersten bedeutenden Rechtslehrer, den sie für ihre neue Universität gewinnen wollten, Jakob von Belviso, sofort das Bürgerrecht ihrer Kommune anboten. Bartolus von Sassoferra- to (1313-13571, der schon zu Lebzeiten als einer der bedeutendsten Rechtsge- lehrten angesehen wurde, stammte aus einer kleinen Stadt der Mark Ancona, die seit dem Ende des 13. Jhs. unter Peruginischer Oberhoheit 8tand.j' Es ist seit langem von der Forschung vermerkt worden, wie sehr sich dieser Jurist mit dem Schicksal Perugias identifizierte, wo er seit 1345 bis zu seinem Tode kontinuierlich lehrte, sich auch in diplomatischen Missionen für sie verwende- te, so da8 die Kommune ihm im Oktober 1348 im klaren Gegensatz zu den Statuten von 1342 wegen seiner Verdienste um die Stadt das Burgerrecht ver- lieh.j2

'* L. MARTINES, Lawyers and Statecrait in Renaissance Florence, Piinccton 1968; 1.K. HYDE, Padua in the Age of Dante, Manchester 1966; HG. WALTHER, Die Anfänge des Rechtsstudiums und die kommunale Welt ltaiiens im Hochmittelalter, in: Schuien und Studium im sozialen Wandel des hohen und späten Mittelalters, hg. V. I. FRlED (VUF 30) Sigmaiingen 1986, 5. 121-162. Statut 1342 (wie Anm. 471 1 . Rom 1913: 1. 101-103. S. 275-80. SALVATORELLI (wie Anm. 471 5. 941; S. ANCELINI, La diplom&ia comunale a ~e iug ia nei secoli X l l l e XIV (Bibi. dell' Aichivio Storico Ital. 16) Florenz 1965. ' SEGOLlNl (wie Anm. 331 S. 570. C.N.S. WOOLF, Bartolus of Sassoierrato. His Position in the History 01 Medieval Political Thou~ht, Cambridge 1913. bes. S. 12ff; F. ERCOLE, 9al Comune al Piincipato, Florenz 1929, 5. 248if; DERS., Da Bartolo all'Althusio, Florenz 1932, S. 49-156; I.L.1. VAN OE KAMP, Bartolus de Saxofeirato, 1313-1357. Leven. Werken. lnvloed. Beteekenis. Amsterdam 1936: F. CALASSO. Bartolo da Sasso- feiiato. In: Diz. b/ogr. degli ltaliani 6 (1964) S. 640-669; W. ULLMANN, De Bartoii sententia: Conci- lium repraesentat mentem populi, in: Bartolo (wie Anm. 33) 5. 705-733; I. KIRSHNER, Civitas sibi

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Der gelehrte Jurist und die Geschiclite Roms 297

Bartolus sah sich wie alle Legisten seiner Zeit vor das Problem gestellt, den Unabhängigkeitsanspruch italienischer Kommunen mit Mitteln des römischen Rechts zu lösen. Perugias Anspruch war ja kein Sonderfall. Seit den Auseinander- setzungen der lombardischen Kommunen mit Barbarossa im 12. Jh. war die städ- tische Autonomie ein Thema legistischer Kontrover~en.~' Dabei schälte sich in der Diskussion schnell als strittiger Punkt das Verhältnis heraus, i n dem die leges scriptae des Corpus Juris Civilis zu den consuetudines standen, unter die die Legisten auch das partikulare Statutarrecht der Kommunen rechneten.j4

Den Schlüssel für die Lösung des Problems, für den Nachweis einer recht- l ich legitimen Unabhängigkeit von Stadtstaaten, sah Bartolus in der Unter- suchung der Frage, o b Städte legal eine iurisdictio, d.h. nach legistischem Be- griffsschemas ein merum imperium ausübten. Schon bei seiner Promotion in Bologna als Zwanzigjähriger war Bartolus von seinem Lehrer Jacobus Butrigarius eine Quaestio über die Statuta civitatis Lucanae vorgelegt worden.ss Die politi- sche Situation Italiens zur Zeit des Romzugs Karls IV. resümierte Bartolus als Ergänzung zu seinem Codex-Kommentar: Scitis quod civitates ltaliae communi- ter non habent merurm imperium sed usurpaverunt Dico tamen, si vero civitas vellet se defendere et merum imperium exercere, quod habet necesse allegare cor~cessionem principis; item longissimum tempus. quo dicta civitas merum im- perium exercuit isto casu posito, quod non probaretur de concessione princi- pis, tamen probaret se exercuisse merum imperium, valet.j6

Eine Verjährung ist nach Bartolus kein legaler Ersatz für ein fehlendes Exem- tionsprivileg des Kaisers. Deswegen hat nach seiner Ansicht die Mehrzahl der sich souverän gerierenden Städte ihr merum imperium nur durch Usurpation erworben. Doch sieht der Jurist für sie unter einem bestimmten verjährungsähn- lichen Tatbestand doch eine Möglichkeit, aus der Position de facto eine de jure zu machemS7

Denn über die faktische Situation gab er sich eben keinen Illusionen hin. Möglicherweise schon aus seiner Pisaner Lehrtätigkeit 1339140 stammt folgen- des Bekenntnis: rum qualibet civitas Italiae hodie et praecipue in Tuscia domi- num non recognoscat, in seipsum habet liberum populum et habet merum im-

fariat civem: Bartalus of Sassofeirato a doctiine on the making of a citizen, in: Speculum 48 (19731 5. 894-713; H.G. WALTHER, Imperiales Königtum, Konziliarismus und Volkssouveranität, München 1976, 5. 176ff. ' F. CALASSO, I Glossatoii e la teoria deila sovianita, Mailand '1957, 5. 83ff; J. FRIED, Die Entste- hung des juiistenstandes im 12. Jh., Köln-Wien 1974, 5. 133fl; WALTHER (wie Anm. 52) S. 82lf; W. KIENAST, Deutschland und Frankreich in der Kaiserzeit. Bd. 2, Stuttgait 1975, 28311; zuletzt H.G. WALTHER. Das gemessene Gedächtnis. Zur politisch-argumentativen Handhabung der Ver- jährung durch gelehrte juiisten des Mittelalters, in: Mensura, Maß, Zahl, Zahlensymbolik im Mit- telalter, hg. v. A. ZIMMERMANN (Misc Med. 1611) Berlin-New Yoik 1983, S. 212-233. WALTHER, Gedächtnis (wie Anm. 531 5.223ff. CALASSO (wie Anm. 52) C. 640. '" Bartoli in duodecim libros Codicis commentaria, Basel 1562, 5. 141 (= in C.11.3.28, secunda lectu- ia, Ni. 51. Zur Datierung CALASSO (wie Anm. 121 5. 643a. WALTHER. Gedächtnis (wie Anm. 531 S. 226.

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perium in seipsa et tantam pofesfatern habet in populo qriantam Imperator in ~niverso.'~

Das dabei von Bartolus für eine Anerkennung der Unabhängigkeit genannte Kriterium der Existenz eines populus liber in der Stadt, entsprach sowohl eige- nen politischen Erfahrungen wie sorgfältigen juristischen Über leg~ngen. '~ Vor allem entsprach es auch seinen Überzeugungen von der besonderen Qualität der Freiheit Perugias, die er als dessen Gesandter 1355 in Pisa vor Karl IV. erfolg- reich vertrat.ho In dem unvollendet gebliebenem Kommentar des Bartolus zu den Tres Libri des Codex faßte er noch einmal seine Posirion zusammen und exemplifizierte sie an Per~g ia .~ ' Perugia habe eben nicht wie andere Städte seine Freiheit usurpiert, sondern könne sie auf sicherer Frivilegiengrundlage beweisen. Deswegen sei Perugia weder der Kirche noch dem Reich ~ n t e r t a n . ~ ?

Die Nachdrücklichkeit, mit der Bartolus sich hier für seine Bürgergemeinde einsetzt, ist sicherlich ohne Kenntnis seines Lebensganges nicht ver~tändlich.~' Dazu gehören aber auch die Erfahrungen mit der in Italien um sich greifenden Signorie, von der Bartolus die libertas der Kommunen nachhaltig gefährdet sah. Deshalb verwies er i n seinen Kommentaren immer wieder darauf, daß in der Verfassung Perugias, in dessen regirnen adpopulurn, geradezu vorbildlich sein gefordertes Kriterium der Existenz eines populus liber erfüllt sei."?

Die Signori in zahlreichen Städten sind ihm nichts anderes als Tyrannen, die es schleunigst zu beseitigen gelte. Die stete Vorsicht des Juristen, mit der er nur wenigen Kommunen Italiens legale Unabhängigkeit und legitimes me- rum irnperium zuspricht, findet hier ihre entscheidende Begründung. Vielmehr ist es Aufgabe der legitimen superiores, von Kaiser und Papst, die tyrannischen Signori zu beseitigen und das freie Volk wieder in seine Rechte e i n z u s e t ~ e n . ~ ~

Die Aversion gegen die Signorie teilt Bartolus mit vielen zeitgenössischen Autoren Italiens. Es war die Erfahrung dieser geradezu wellenartigen Ausbrei- tung der Signorie, die nach 1300 unter dem Einfluß aristotelischer Theorien Vorstellungen vom zyklischen Wandel der Verfassungsformen und damit zykli- scher Geschichtsabläufe bei städtischen Chronisten hervortreten ließ. Dabei diente den Chronisten das Schicksal Roms nun als ein Exempel für Aufstieg

jR In D. 48.1.7 (Baitolus de Saxoierrato, Opera omnia, Bd. 3 ßasci 1588, 5. 4231. '' WALTHER, Gedächtnis (wie Anm. 53) 5.228. I" SECOLONI (wie Anm. 33) 8. 565. h' In C. X1.(31)3?.3: dico qood in civitaiibus quae in temporalihuc iion recognoscunf superiorrrn,

ut est civitas Perusina, et sie populus est liber . . . possit fieri aiitoritate eius consilii aprid quod est omnis pofestas lllud enim vicem imperatoris gerit in civitate illa. !In duodccim libros, wie Anm. 56, 5.9151. In C. X.31 (32). 61: Facit haec Iex quod civitas Perusina non sub.sit Ecclesiae nec Imperio. Ei si dicas quicquid non subest lmperio est sub Ecclesia; concedo, nisi civitas alirjua non subsir Ecclesiae ex privilegio concesso. Sed civitas Perusina est huiusmodi; nam imperator donavii eam Ecclesiae seri permutavit cum ea ei ex privilegio Ecclesia libeiavif eani (S. 875). " SECOLONI [wie Anm. 33) 8.57011. " WOOLF (wie Anm. 52) 5. 17611; ERCOLE, Da Bartolo !wie Anm. 521 5. 27311; WALTHER [wie Anin. 571 $ l R ? i i

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und Niedergang einer großen Stadt, das auf die eigene Gegenwart und ihre Städte übertragbar schien.66

Mit seinen beiden Traktaten De tyrannia und De regimine civitatis, die er in seinen letzten Lebensjahren verfaßte, wollte Bartolus seinen juristischen Stan- desgenossen in den italienischen Kommunen Aufklärung über die Wurzeln der tyrannica servitus und Ratschläge geben, wie die dulcedo libertatis republika- nischer Verfassung zu retten sei6' Dabei bemühte er sich - und betrat damit für einen Legisten völliges Neuland - , die aristotelische Verfassungslehre von den drei guten und den drei schlechten Regierungsformen der juristischen Dis- kussion nutzbar zu machen. Er stand dabei unter dem Einfluß und - wie er selbst angibt - in direkter Abhängigkeit vom damals schon berühmten Traktat De regimine principum des Augustinereremiten Aegidius Romanus. Die Ausfüh- rungen dieses magnus philosophus et in theolologia magister erschienen Barto- lus dabei clarius als diejenigen des Aristoteles iri dessen Politik (auf dessen eigenständige Lektüre er deshalb umso lieber verzichtete). Der Peruginer Jurist wollte aber die gebräuchliche juristische Terminologie in seinem Traktat beibe- halten, da den Juristen, zu denen er spreche, die Aristotelischer Begriffe nicht verständlich seien.68

Der Traktat zielt aber auf mehr als bloß darauf, die städtischen Juristen mit der Aristotelischen Verfassungslehre bekanntzumachen. Durch das von Bartolus gewählte Verfahren, zunächst die drei guten Regierungsformen des Stagiriten mit drei Entwicklungsphasen der römischen Geschichte aus der Zeit des Auf- stiegs nach der Beseitigung der frühen Königsherrschaft (einer Tyrannis) zu pa- rallelisieren, wird von ihm das abstrakte Schema der Verfassungsumwälzung, wie es Aristoteles darstellt und Aegidius Romanus reproduziert, durch das Exem- pel Rom historisch dynamisiert, indem er den Abriß des Juristen Pomponius (130-180 n. Chr.) der röm. Verfassungsgeschichte, wie ihn das Lehrbuch der Di- gesten übernahm (D. 1.2.2. $93-9), als Grundlage heranzieht. Damit nähert sich der Jurist dem zyklischen Element der Geschichtsdarstellung, wie es die zeitge- nössischen Chronisten Italiens benutzten, um den Entwicklungsprozeß ihrer Städte darzustellen. Zugleich bindet Bartolus die Geschichte Roms wesentlich direkter an die Verfassungsmodelle des Stagiriten als dies etwa Thomas von Aquin in seinem Fürstentraktat tat. Für Bartolus lösen sich somit in der römi- schen Geschichte das regimen adpopulum (die Aristotelische politia), das regi- men senatorum (die Aristotelische aristocratia) und das imperium (das Aristoteli- sche regnum) ab.@

h' ERCOLE, Da Bartolo (wie Anm. 52) S. 257ff; RUEINSTEIN (wie Anm. 13); Ph. J. IONES, Communes and Despotes: The Citystate in late-medieval ltaly, in: Transact. of the Royal Hist. Soc. 5/15 (1965) S. 71-90. " D. QUAGLIONI, Politica e diritto nel Trecento italiano. II "De tyranno" d i Bartolo da Sasso- ferrato (1 31 4-1 357), Florenz 1983, S. 11 (Abfassungszeit); 5. 175 (Zitate aus dem Prooemium von "De tyranno'?.

6R De regimine civitatis (wie Anm. 67) 5. 147-170, hier 153. - Aegidius Romanus (Colonna), De reeimine ~ r i nc i oum libri lll. 111. 2.2. Rom 1607 (ND Aalen 1967) S. 453ff. . . . . De r e g civ. 5.' 15011: - Vgi. Thomas de Aquino, De regimine principum, 1, 4, ed. H. MATHIS, Tuiin '1971, S. 5f.

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Der Jurist benutzt aber dabei zugleich die Gelegenheit, um die drei Entar- tungsformen der Verfassungsmodelle zu präsentieren. Und schließlich dient auch das Modell der römischen Geschichte dazu, eine neuartige, Aristoteles noch unbekannte siebte Verfassungsform vorzustellen, die schlimmste aller ty- rannischen Entartungsformen. Sie besteht darin, da8 mehrere mächtige tyranni- sche Teilherrscher sich in einer Civitas gegenseitig so blockieren, daß die weiter- bestehende legitime Regierung der Stadt handlungsunfähig und hinfällig wird.'"

Mi t diesen, aus dem zeitgenössischen Rom abgelesenen Exempel des trostlo- sen Zustandes einer durch Adelskämpfe zerrütteten Kommune, warnt Bartolus zugleich alle Stadtrepubliken Italiens vor dem Einreißenlassen ähnlicher Zustän- de. Vorbildlich bei der Bekämpfung dieser Gefahr handelte Perugia. Bartolus rechtfertigt ausdrücklich die scharfen antirnagnatischen Gesetze seiner Heimat- stadt: Magnaten seien so mächtig, daß sie andere unterdrücken könnten und deswegen sorgfältig unter Beobachtung gehalten werden müßten. Deshalb lobt der Jurist auch die Verfassung Perugias - videtur enim magis regimen De i quam hominum - wegen ihrer Vorzüge, die sie Frieden und Einheit wahren, Vvachstum und Blüte befördern ließen. Die entsprechenden (von den Raspanti dominierten) Ratsbeschlüsse Perugias hätten im Endeffekt, auch wenn zuvor einzelne sapientes etprudentesgegen sie Bedenken erhoben hätten, sich doch als äußerst klug erwiesen. Selbst Kaiser Kar1 IV. habe 1355, als ihn Bartolus in Pisa aufsuchte, dieses regimen a d populum seu multitudinem nach Peruginer Vorbild nachhaltig empfohlen."

Die ständige Bezugnahme auf Rom, dessen Geschichte als Zyklus von Auf- stieg und Niedergang gesehen wird, das Hervorheben der Treue Perugias zu Rom, amicifia gegenüber der Kirche, aber Distanz geger~über Absichten, Peru- gia Rom politisch zu unterwerfen - das alles war um die Mitte des 14. Jh. eine selbstverständliche Tradition Peruginischen Selbstbewußtseins in seiner Ober- schicht. Der Neubürger Bartolus von Sassoferrato reiht sich hier ganz unbefan- gen ein, auch wenn er die Elemente dieses Peruginischen historischen Selbstbe- wußtseins in seiner spezifisch juristisch-politischen Aroumentation umformt.

Für ihn als Legisten war die römische Geschichte zu%ichst einmal ein selbst- verständlicher Hintergrund der leges, mit deren Kommentierung er sich beschäf- tigte, u m sie im täglichen Rechtsleben der Kommune anwendbar zu halten. Römische Geschichte war freilich den meisten Legisten so selbstverständlich, so wenig Geschichte sondern Gegenwart, da8 sie für ihren methodischen Um- gang mit dem römischen Recht keine Rolle spielte.

Auch Bartolus war der Ansicht, daß das römische Imperium weiterbestand; denn die Existenz eines Kaisertums garantierte den Fortbestand der universalen Ordnung des römischen Rechts für einen universal-christlich verstandenen p o - pulus Romanus. Mi t seiner Tyrannenlehre und dem hartnäckigen Insistieren auf der vorgängigen Existenz eines populus liberals Legitimationsvoraussetzung un- abhängiger Staaten, mit seinem Verweis auf das negative Vorbild des gegenwärti-

'" De reg. civ. S. 152. Ebd. S. 163f.

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Der gelehrte Jurist und die Geschichte Roms 301

gen Roms, mit der Überzeugung, daß amicitia zum geistlichen Oberhaupt Roms keine politische Unterwerfung einschlo8, mit all diesem verwies Bartolus darauf, daß das römische Recht in seinen Anwendungsbereichen gerade mit Hilfe einer modellhaft verstandenen römischen Geschichte für die Gegenwart differenziert werden mußte. Es ginge sicherlich zu weit, wenn man aus den Beobachtungen an der Argumentationsstruktur des Bartolus für ihn bereits eine Historisierung des römischen Rechts erschließen wollte. Ein Schritt in diese Richtung war es aber doch - und es war gar nicht der erste, wenn man sich den Beitrag des Bologneser Legisten Azo Portius am Beginn des 13. Jh. zur Klärung des Verhält- nisses von lex und consuetudo vergegenwärtigt."

H. COING, Die Anwendung des Corpus luris in den Consilien des Baitolus, in: i'Europa e i l diritto rornano. Studi in memoria di P. KOSCHAKER, Bd. 1, Maiiand 1951, 5. 71-97; D. MAFFEI, Gli inizi dell'uinanesimo riuiidico, Mailand '1972; WALTHER, Gedächtnis !wie Anni. 531 S. 22311

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INHALT

Vorwort Von Dieter Berg und Hans-Werner Goetz ..................................... IX

Tabula Gratulatoria.. ..................................................................................... XI

Abkürzungen/Siglen ..................................................................................... XIX

Heiliger und Gehenkter. Zur Todesstrafe in hagiographischen Episodener- Zählungen des Mittelalters. Von Friedrich Lotter ........................................ 1

Zum päpstlich-fränkischen Bündnis im 8. Jahrhundert Von Odilo Engels..21

Odo von Beauvais, Hinkmar von Reims und die kirchenpolitischen Aus- einandersetzungen im westfränkischen Reich. Von Egon Boshof ............ 39

Die Anfänge des karolingischen Pfalzstifts Altötfing. Von Wilhelrn Stör- rner ............................................................................................................. 61

Das Bild der englischen Monarchen und ihres Königtums in der anglonor- mannischen Historiographie des 7 7. und 72. Jahrhunderts. Von Dieter Berg ............................................................................................................ 73

Verbrechen und Strafe in Nordfrankreich um 7 700. Zwei Wundererzäh- lungen der Äbte Guibert von Nogent (t um 1125) und Herrnann von Tournai (t 1147148). Von Reinhold Kaiser ............................................... 89

Zu den Marienwundern in der Vita Gregorii V11 papae des Paul von Bern- ried. Von Horst Fuhrmann ..................................................................... 11 1

Über den Schwerpunktwechsel in der niederdeutschen Adelsführung während des Kampfes gegen den salischen Herrscher. Von Heinz Stoob ........................................................................................................ 1 21

Das Bild des Abtes in alemannischen Klosterchroniken des hohen Mit- telalters. Von Hans-Werner Goetz .......................................................... 139

Gregor Vlll., nackt aufeinen, Esel. Entehrende Entblößung und schandba- res Reiten irn Spiegel einer Miniatur der "Sächsischen Weltchronik". Von Klaus Schreiner ................................................................................ 151

Die "Exhortatiunculae" des Girardus de Avernia an die Cluniazenser. ............ Bilanz im Alltag einer Reforrnierungsphase. Von Cert Melville 205

Zur Kontraposition in der Scholastik. Von Albert Menne .......................... 235

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Berthold von Saint-Denys (f 1307). Ein weltgeistlicher Anwalt der Mendi- kanten in der Auseinandersetzung mit Heinrich von Gent. Von Ludwig Hödl ......................................................................................................... 241

Inter clericos et hystriones. Die Einstellung der mittelalterlichen Kirche .................. Englands zu Spiel und Schauspiel. Von Hans-Jürgen Diller 261

"Testament'; "Ordenung'; "Gif te under den Lebendigen". Bemer- kungen zu Form und Funktion deutscher Königs- und Fürstentestamen- te sowie Seelgerätstiftungen. Von Heinz-Dieter Heimann ..................... 273

Der gelehrte /urist und die Geschichte Roms. Der Traktat "De regimine civitatis" des Bartolus von Sassoferrato als Zeugnis des städtischen Selbstbewußtseins Perugias. Von Helmut G. Walther ............................ 285

Zwei unbekannte Quellen zum Einzug König Ruprechts in Aachen im /ahre 1407. Von Thomas R. Kraus ......................................................... 303

lnfeliciter electus fuit in Papam. Zur Wahl Johannes XXIII. Von Walter Brandmüller ........................................................................................... 309

Das Xantener Kapitel des 15. Iahrhunderts im Spiegel seiner Literatur und seiner Rechnungen. Von Dieter Scheler ......................................... 323

Geschichte, Kontinuität und Wahrheit. Zum Problem der Legitimation von Politik im 18. Jahrhundert in Frankreich. Von Wolfgang Schmale ... 339

Schrifienverzeichnis Franz-losef Schmale.. .................................................. 35 1