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18 ECO 0 6. MÄRZ 2011 //// DIEPRESSE.COM //// „Dorothy Norman“, Alfred Stieglitz (1931). Courtesy of the Museum of Modern Art New York Zehn Dinge, die Frauen ändern sollten Sie präsentieren im Small Talk offenherzig ihre Schwächen, suchen Freundschaften statt strategischer Allianzen und zweifeln zu sehr an sich selbst. Zehn Fehler, die Frauen – ökonomisch betrachtet – begehen. VON JEANNINE HIERLÄNDER UND JAKOB ZIRM F rauen verdienen weniger als Männer und sind seltener in Führungspositionen anzutref- fen. Das sind Fakten. Um 20 Prozent liegen die Stundenlöhne von Frauen unter jenen von Männern. In sämtlichen an der Wiener Börse notier- ten ATX-Unternehmen sitzt nur eine einzige Frau im Vorstand. Ob Frauen daran „selbst schuld“ sind, oder ob sie von den Männern „un- ten gehalten werden“, ist heftig umstrit- ten. Klar ist jedoch, dass Frauen – rein ökonomisch betrachtet – die folgenden zehn Fehler nicht begehen sollten. Frauen bleiben zu lange bei ihren Kindern Emotionell ist es für viele Frauen die richtige Entscheidung, wirtschaftlich ist es fast immer die falsche: Drei von vier Frauen, die hierzulande ein Kind be- kommen, bleiben nach der Geburt zweieinhalb Jahre in Karenz. Und auch nach dem Wiedereinstieg arbeiten die meisten für einige Jahre nur in Teilzeit. Mit 43,2 Prozent liegt die Quote jener Frauen, die Teilzeit arbeiten, deut- lich über dem EU-Durchschnitt von 29,5 Prozent. Das hinterlässt Spuren auf den Lohnzetteln. Verdienen Frauen und Männer beim Berufseinstieg noch auf gleichem Niveau, sinken bei Frauen ab den späten 20ern die wöchentliche Ar- beitszeit und das Einkommen rapide ab. Das durchschnittliche Jahresein- kommen von Frauen liegt dadurch um 40 Prozent niedriger als jenes der Män- ner. Aufgrund verpasster Karrierechan- cen lässt sich dieser Rückfall oft bis zur Pension nicht mehr aufholen. Natürlich sind lange Karenz und Teilzeit nicht immer freiwillig gewählt. Fehlende Kinderbetreuungseinrichtun- gen lassen oft keine andere Wahl. Aber auch soziokulturelle Werte spielen eine Rolle. So gelten Frauen, die ihre Kinder in Fremdbetreuung geben, vor allem bei anderen Frauen schnell als „Raben- mütter“. Und auch eine stärkere Beteili- gung der Väter an der Kinderbetreuung, wie etwa in Skandinavien üblich, muss eingefordert werden – von den Frauen. Frauen sind zu wenig bereit, Opfer zu bringen Attraktive Jobs gibt es oft nicht in der Nähe des Wohnortes. Vor allem auf dem Land muss daher gependelt wer- den. Während bei Fahrtzeiten von bis zu fünf Minuten noch die Hälfte aller Pendler Frauen sind, sinkt ihr Anteil bei Fahrtzeiten von länger als einer Stunde auf deutlich unter 40 Prozent ab. Män- ner arbeiten daher tendenziell bei grö- ßeren Firmen, die in der Regel höhere Gehälter zahlen können. Frauen spinnen die falschen Netzwerke Während Frauen das Sozialleben der Familie bestens im Griff haben, netz- werken sie im Beruf oft in die falsche Richtung, sagt Sabine Asgodom, Auto- rin, Trainerin und für die „Financial Times“ eine der 101 wichtigsten Frauen der deutschen Wirtschaft. „Frauen knüpfen Kontakte oft nicht mit dem Ziel, sich beruflich unter die Arme zu greifen, sondern um sich emotional zu unterstützen“. Das „Saufen für die Kar- riere“ nach Dienstschluss fällt für viele Frauen flach, weil zu Hause schon die Kinder warten, sagt Asgodom. „Und jene Bindungen, die Frauen eingehen, sind häufig nicht die, die einen weiter- bringen.“ Ähnlich sieht das Silke Samel, Sportjournalistin und Coach in Berlin: „Frauen suchen auch im Beruf ein Ver- trauen, das mit Nähe und Freundschaft zu tun hat. Was Männer miteinander teilen, sind Zweckgemeinschaften.“ Was sich am Ende wohl mehr auszahlt? Frauen vermarkten ihre Schwächen zu gut Eine Gruppe Frauen steht beim Kaffee- automaten. Sagt die eine: „Ich habe heute schon wieder nicht richtig einge- parkt.“ Sagt die andere: „Ja, das passiert mir auch ständig, und meinen Park- platz finde ich auch nie.“ Barbara Berckhan, Autorin und Coach in Ham- burg, will bei diesem bewusst über- zeichneten Bild nicht von Schuld spre- chen, schließlich handle es sich um ein angelerntes Muster. Sie sagt aber: „Frauen haben die Tendenz, sich in Ge- sprächen stärker mit ihren Schwächen und Problemen darzustellen, als ihre Stärken zu präsentieren. Sie definieren sich viel zu wenig über ihre Erfolge.“ Frauen untereinander, sagt Berck- han, fänden das sympathisch. Aber Ehrlichkeit und Understatement erwei- sen sich häufig als Hemmschuhe für die Karriere. Bei Männern sei das nämlich genau umgekehrt. „Und wer bekommt am Ende die Führungsposition? Natür- lich die, die sagen: ,Ich kann das, keine Frage.‘“ Frauen interessieren sich für die falschen Fächer Die Saat für geringere Einkommen und schlechtere Jobchancen säen viele Frauen während der Schulzeit: Sie in- teressieren sich zu wenig für Naturwis- senschaft und Technik. Das wirkt sich auch auf die Leistungen aus, wie die jüngste PISA-Studie (2009) zeigt. Dabei erzielten heimische Jugendliche im Fach Mathematik 496 Punkte. Nach Ge- schlechtern aufgeschlüsselt konnten Buben jedoch um 19 Punkte mehr er- reichen als Mädchen. Ein Bild, das übri- gens in nahezu sämtlichen untersuch- ten Ländern einheitlich ausfällt. „Mädchen lernen durch Beispiele. Buben fällt der gängige abstrahierte Mathematikunterricht leichter“, sagt Gudrun Biffl, Professorin an der Do- nau-Uni Krems. Wenn an der Schule auf diese Unterschiede besser einge- gangen wird, bessern sich die Leistun- gen der Mädchen, wie Beispiele aus an- deren Ländern zeigen, so Biffl. Frauen suchen sich die falschen Berufe Diese geringe Affinität zur Technik setzt sich bei den meisten Frauen in der hö- heren Bildung und der Berufswahl fort. 2006 waren nur etwa 20 Prozent der Absolventen eines Technik-, Mathema- tik- oder Informatikstudiums weiblich. Doch gerade Techniker sind heiß be- gehrt und werden daher auch über- durchschnittlich gut bezahlt. Anders die Situation in Sprach-, Kunst- oder Sozialstudien: Dort stellten Frauen sieben von zehn Absolventen. Da es zu wenige Arbeitsplätze in diesen Bereichen gibt, müssen viele einen nicht der Ausbildung entsprechenden und schlecht bezahlten Job annehmen. Und selbst wenn sie eine adäquate Ar- beitsstelle finden, dann bei Einrichtun- gen, in denen es keine ständigen Pro- duktivitätsgewinne und daher auch nur geringere Lohnsteigerungen als etwa in der Industrie gibt. Dies führt zur Situation, dass die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen mit höherer Bildung ausei- nandergeht. Bei ungelernten Arbeits- kräften ist die Nachfrage gleich niedrig – die Einkommen liegen auf ähnlichem Niveau. Doch auch ohne Studium tref- fen Frauen bei der Berufswahl häufig „falsche“ Entscheidungen. So ergreifen laut deutschem Berufsbildungsbericht 55 Prozent der weiblichen Lehrlinge einen der zehn beliebtesten Berufe. Bei den Buben sind es nur 35 Prozent. Die Folgen sind ein Überangebot an Ar- beitskräften und schlechtere Bezahlung. Frauen erwarten Solidarität von anderen Frauen Können Frauen in einem Meeting selbstverständlich auf die Unterstüt- zung ihrer Geschlechtsgenossinnen bauen? „Nein“, sagt Coach Silke Samel, „das ist ein großes Missverständnis.“ Solidarität im Beruf entstehe dadurch, dass man Dinge im Vorfeld abstimmt, Kollegen einbindet und sie auf seine Seite holt. „Aber Frauen kommt das oft unmoralisch vor.“ Frauen zweifeln zu sehr an sich selbst „Natürlich gibt es die klassischen Kar- rierehindernisse wie fehlende Kinder- betreuung. Aber Frauen haben allge- mein stärkere Zweifel, wenn es dazu kommt, Macht und Einfluss auszu- üben.“ Der Hamburger Organisations- psychologe Jörg Felfe vergleicht die Führungsmotivation von Frauen und Männern. 28 Prozent der Frauen, so ein Fazit, „fahren auf der Karriereautobahn mit angezogener Handbremse“. Sie streben zwar nach Einfluss, bremsen aber oft im entscheidenden Moment, weil sie beispielsweise Konflikte scheu- en. So reagieren zwar auch 25 Prozent der Männer; jedoch spricht Felfe von deutlich mehr Männern, bei denen so- wohl der Wunsch nach Einfluss als auch die Bereitschaft, diesen umzuset- zen, stark ausgeprägt sind. Frauen wollen entdeckt werden „Frauen denken, dass sie nur über Leis- tung nach oben kommen. Aber Karriere funktioniert nur, wenn ich gezielt an- melde, dass ich was werden will“, sagt Silke Samel. Darauf warten und hoffen, dass die anderen schon spüren, wie gut man ist? „Das klappt nicht. Man muss den Mund aufmachen und sagen: ,Schau, hier bin ich, und ich möchte meine Kompetenz einsetzen‘“, sagt Sa- bine Asgodom. Frauen hofften oft, dass der Chef schon sehe, wie viel sie leisten. Die Münchner Headhunterin Barbara Hart- mann meint: „Viele Frauen kämpfen nicht darum, ganz vorne zu stehen. Das Problem ist, dass sie daher nach außen oft nicht so sichtbar sind.“ Frauen binden sich emotional zu sehr Doris Aebi ist Headhunterin in Zürich. Spricht sie gezielt Frauen für Spitzen- funktionen an, hört sie oft: „Man braucht mich hier noch“, „Es ist nicht der rich- tige Zeitpunkt“, „Ich muss zuerst noch dieses Projekt fertig machen“. Loyalität dem Unternehmen gegenüber – das hört sie auch von Männern als Begründung, warum sie eine Stelle nicht annehmen. „Der Unterschied aus meiner Erfah- rung ist: Die emotionale Bindung der Frauen zum Arbeitsinhalt ist oft stärker als zur Karriere. Das kann immobil ma- chen.“ „Frauen“, sagt Aebi, „schwenken nicht ständig die Fahne auf dem Markt.“ Barbara Hartmann wiederum formuliert es so: „Männer sind für Kar- riere immer offen, sie werden zumin- dest das Gespräch führen. Frauen sind zurückhaltender.“ » Viele Frauen kämpfen nicht darum, ganz vorne zu stehen. « BARBARA HARTMANN Headhunterin EINKOMMEN 20 Prozent Um so viel liegen die Stundenlöhne von Frauen im Durchschnitt unter jenen von Männern. 40 Prozent Aufgrund von Teilzeit- arbeit verdienen Frauen über das Jahr gerechnet um diesen Wert weniger als Männer.

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18 ECO 0 6. MÄRZ 2011 //// DIEPRESSE.COM ////

„Dorothy Norman“, Alfred Stieglitz (1931). � Courtesy of the Museum of Modern Art New York

Zehn Dinge, dieFrauen ändernsolltenSie präsentieren im Small Talk offenherzig ihreSchwächen, suchen Freundschaften statt strategischerAllianzen und zweifeln zu sehr an sich selbst. ZehnFehler, die Frauen – ökonomisch betrachtet – begehen.� V O N J E A N N I N E H I E R L Ä N D E R U N D J A K O B Z I R M

Frauen verdienen weniger alsMänner und sind seltener inFührungspositionen anzutref-fen. Das sind Fakten. Um

20 Prozent liegen die Stundenlöhne vonFrauen unter jenen von Männern. Insämtlichen an der Wiener Börse notier-ten ATX-Unternehmen sitzt nur eineeinzige Frau im Vorstand.

Ob Frauen daran „selbst schuld“sind, oder ob sie von den Männern „un-ten gehalten werden“, ist heftig umstrit-ten. Klar ist jedoch, dass Frauen – reinökonomisch betrachtet – die folgendenzehn Fehler nicht begehen sollten.

Frauen bleiben zu langebei ihren KindernEmotionell ist es für viele Frauen dierichtige Entscheidung, wirtschaftlich istes fast immer die falsche: Drei von vierFrauen, die hierzulande ein Kind be-kommen, bleiben nach der Geburtzweieinhalb Jahre in Karenz. Und auchnach dem Wiedereinstieg arbeiten diemeisten für einige Jahre nur in Teilzeit.Mit 43,2 Prozent liegt die Quote jenerFrauen, die Teilzeit arbeiten, deut-lich über dem EU-Durchschnitt von29,5 Prozent.

Das hinterlässt Spuren auf denLohnzetteln. Verdienen Frauen undMänner beim Berufseinstieg noch aufgleichem Niveau, sinken bei Frauen abden späten 20ern die wöchentliche Ar-beitszeit und das Einkommen rapideab. Das durchschnittliche Jahresein-kommen von Frauen liegt dadurch um40 Prozent niedriger als jenes der Män-ner. Aufgrund verpasster Karrierechan-cen lässt sich dieser Rückfall oft bis zurPension nicht mehr aufholen.

Natürlich sind lange Karenz undTeilzeit nicht immer freiwillig gewählt.Fehlende Kinderbetreuungseinrichtun-gen lassen oft keine andere Wahl. Aberauch soziokulturelle Werte spielen eineRolle. So gelten Frauen, die ihre Kinderin Fremdbetreuung geben, vor allembei anderen Frauen schnell als „Raben-mütter“. Und auch eine stärkere Beteili-gung der Väter an der Kinderbetreuung,wie etwa in Skandinavien üblich, musseingefordert werden – von den Frauen.

Frauen sind zu wenigbereit, Opfer zu bringenAttraktive Jobs gibt es oft nicht in derNähe des Wohnortes. Vor allem aufdem Land muss daher gependelt wer-den. Während bei Fahrtzeiten von biszu fünf Minuten noch die Hälfte allerPendler Frauen sind, sinkt ihr Anteil beiFahrtzeiten von länger als einer Stundeauf deutlich unter 40 Prozent ab. Män-ner arbeiten daher tendenziell bei grö-ßeren Firmen, die in der Regel höhereGehälter zahlen können.

Frauen spinnen die falschenNetzwerkeWährend Frauen das Sozialleben derFamilie bestens im Griff haben, netz-werken sie im Beruf oft in die falscheRichtung, sagt Sabine Asgodom, Auto-rin, Trainerin und für die „FinancialTimes“ eine der 101 wichtigsten Frauender deutschen Wirtschaft. „Frauenknüpfen Kontakte oft nicht mit demZiel, sich beruflich unter die Arme zu

greifen, sondern um sich emotional zuunterstützen“. Das „Saufen für die Kar-riere“ nach Dienstschluss fällt für vieleFrauen flach, weil zu Hause schon dieKinder warten, sagt Asgodom. „Undjene Bindungen, die Frauen eingehen,sind häufig nicht die, die einen weiter-bringen.“ Ähnlich sieht das Silke Samel,Sportjournalistin und Coach in Berlin:„Frauen suchen auch im Beruf ein Ver-trauen, das mit Nähe und Freundschaftzu tun hat. Was Männer miteinanderteilen, sind Zweckgemeinschaften.“Was sich am Ende wohl mehr auszahlt?

Frauen vermarkten ihreSchwächen zu gutEine Gruppe Frauen steht beim Kaffee-automaten. Sagt die eine: „Ich habeheute schon wieder nicht richtig einge-parkt.“ Sagt die andere: „Ja, das passiertmir auch ständig, und meinen Park-platz finde ich auch nie.“ BarbaraBerckhan, Autorin und Coach in Ham-burg, will bei diesem bewusst über-zeichneten Bild nicht von Schuld spre-chen, schließlich handle es sich um einangelerntes Muster. Sie sagt aber:„Frauen haben die Tendenz, sich in Ge-sprächen stärker mit ihren Schwächenund Problemen darzustellen, als ihreStärken zu präsentieren. Sie definierensich viel zu wenig über ihre Erfolge.“

Frauen untereinander, sagt Berck-han, fänden das sympathisch. AberEhrlichkeit und Understatement erwei-sen sich häufig als Hemmschuhe für dieKarriere. Bei Männern sei das nämlichgenau umgekehrt. „Und wer bekommtam Ende die Führungsposition? Natür-lich die, die sagen: ,Ich kann das, keineFrage.‘“

Frauen interessieren sichfür die falschen FächerDie Saat für geringere Einkommen undschlechtere Jobchancen säen vieleFrauen während der Schulzeit: Sie in-teressieren sich zu wenig für Naturwis-senschaft und Technik. Das wirkt sichauch auf die Leistungen aus, wie diejüngste PISA-Studie (2009) zeigt. Dabeierzielten heimische Jugendliche imFach Mathematik 496 Punkte. Nach Ge-schlechtern aufgeschlüsselt konntenBuben jedoch um 19 Punkte mehr er-reichen als Mädchen. Ein Bild, das übri-gens in nahezu sämtlichen untersuch-ten Ländern einheitlich ausfällt.

„Mädchen lernen durch Beispiele.Buben fällt der gängige abstrahierteMathematikunterricht leichter“, sagtGudrun Biffl, Professorin an der Do-nau-Uni Krems. Wenn an der Schuleauf diese Unterschiede besser einge-gangen wird, bessern sich die Leistun-gen der Mädchen, wie Beispiele aus an-deren Ländern zeigen, so Biffl.

Frauen suchen sich diefalschen BerufeDiese geringe Affinität zur Technik setztsich bei den meisten Frauen in der hö-heren Bildung und der Berufswahl fort.2006 waren nur etwa 20 Prozent derAbsolventen eines Technik-, Mathema-tik- oder Informatikstudiums weiblich.Doch gerade Techniker sind heiß be-gehrt und werden daher auch über-durchschnittlich gut bezahlt.

Anders die Situation in Sprach-,Kunst- oder Sozialstudien: Dort stelltenFrauen sieben von zehn Absolventen.Da es zu wenige Arbeitsplätze in diesenBereichen gibt, müssen viele einennicht der Ausbildung entsprechendenund schlecht bezahlten Job annehmen.Und selbst wenn sie eine adäquate Ar-beitsstelle finden, dann bei Einrichtun-gen, in denen es keine ständigen Pro-duktivitätsgewinne und daher auch nurgeringere Lohnsteigerungen als etwa inder Industrie gibt.

Dies führt zur Situation, dass dieEinkommensschere zwischen Männernund Frauen mit höherer Bildung ausei-nandergeht. Bei ungelernten Arbeits-kräften ist die Nachfrage gleich niedrig –die Einkommen liegen auf ähnlichemNiveau. Doch auch ohne Studium tref-fen Frauen bei der Berufswahl häufig„falsche“ Entscheidungen. So ergreifenlaut deutschem Berufsbildungsbericht55 Prozent der weiblichen Lehrlingeeinen der zehn beliebtesten Berufe. Beiden Buben sind es nur 35 Prozent. DieFolgen sind ein Überangebot an Ar-beitskräften und schlechtere Bezahlung.

Frauen erwarten Solidaritätvon anderen FrauenKönnen Frauen in einem Meetingselbstverständlich auf die Unterstüt-zung ihrer Geschlechtsgenossinnenbauen? „Nein“, sagt Coach Silke Samel,„das ist ein großes Missverständnis.“Solidarität im Beruf entstehe dadurch,dass man Dinge im Vorfeld abstimmt,Kollegen einbindet und sie auf seineSeite holt. „Aber Frauen kommt das oftunmoralisch vor.“

Frauen zweifeln zu sehr ansich selbst„Natürlich gibt es die klassischen Kar-rierehindernisse wie fehlende Kinder-betreuung. Aber Frauen haben allge-mein stärkere Zweifel, wenn es dazukommt, Macht und Einfluss auszu-üben.“ Der Hamburger Organisations-psychologe Jörg Felfe vergleicht dieFührungsmotivation von Frauen undMännern. 28 Prozent der Frauen, so einFazit, „fahren auf der Karriereautobahn

mit angezogener Handbremse“. Siestreben zwar nach Einfluss, bremsenaber oft im entscheidenden Moment,weil sie beispielsweise Konflikte scheu-en. So reagieren zwar auch 25 Prozentder Männer; jedoch spricht Felfe vondeutlich mehr Männern, bei denen so-wohl der Wunsch nach Einfluss alsauch die Bereitschaft, diesen umzuset-zen, stark ausgeprägt sind.

Frauen wollen entdecktwerden„Frauen denken, dass sie nur über Leis-tung nach oben kommen. Aber Karrierefunktioniert nur, wenn ich gezielt an-melde, dass ich was werden will“, sagtSilke Samel. Darauf warten und hoffen,dass die anderen schon spüren, wie gutman ist? „Das klappt nicht. Man mussden Mund aufmachen und sagen:,Schau, hier bin ich, und ich möchtemeine Kompetenz einsetzen‘“, sagt Sa-bine Asgodom.

Frauen hofften oft, dass der Chefschon sehe, wie viel sie leisten. DieMünchner Headhunterin Barbara Hart-mann meint: „Viele Frauen kämpfennicht darum, ganz vorne zu stehen. DasProblem ist, dass sie daher nach außenoft nicht so sichtbar sind.“

Frauen binden sichemotional zu sehrDoris Aebi ist Headhunterin in Zürich.Spricht sie gezielt Frauen für Spitzen-funktionen an, hört sie oft: „Man brauchtmich hier noch“, „Es ist nicht der rich-tige Zeitpunkt“, „Ich muss zuerst nochdieses Projekt fertig machen“. Loyalitätdem Unternehmen gegenüber – das hörtsie auch von Männern als Begründung,warum sie eine Stelle nicht annehmen.

„Der Unterschied aus meiner Erfah-rung ist: Die emotionale Bindung derFrauen zum Arbeitsinhalt ist oft stärkerals zur Karriere. Das kann immobil ma-chen.“ „Frauen“, sagt Aebi, „schwenkennicht ständig die Fahne auf demMarkt.“ Barbara Hartmann wiederumformuliert es so: „Männer sind für Kar-riere immer offen, sie werden zumin-dest das Gespräch führen. Frauen sindzurückhaltender.“ �

» Viele Frauenkämpfen nichtdarum, ganzvorne zustehen. «BARBARAHARTMANNHeadhunterin

EINKOMMEN

20ProzentUm so viel liegen dieStundenlöhne vonFrauen imDurchschnitt unterjenen von Männern.

40ProzentAufgrund von Teilzeit-arbeit verdienenFrauen über das Jahrgerechnet um diesenWert weniger alsMänner.