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Ein Heft der Kindernothilfe

Ein Heft der Kindernothilfe · Ein Junge fällt vom Himmel „Ich muss jetzt in die Schule“, ruft Kariuki den Rindern zu. „Heute Nach-mittag hole ich euch wieder ab.“ Er

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Page 1: Ein Heft der Kindernothilfe · Ein Junge fällt vom Himmel „Ich muss jetzt in die Schule“, ruft Kariuki den Rindern zu. „Heute Nach-mittag hole ich euch wieder ab.“ Er

Ein Heft der Kindernothilfe

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Dunkelheit liegt über der Savanne.Es ist halb sechs morgens. Hufetrappeln dumpf über den Boden.

Über das Grasland ziehen zehn großeschwarze Schatten, gefolgt von einerkleinen Gestalt mit einem Stock.Kariuki kennt den Weg im Schlaf. JedenMorgen bringt er die Rinder zum Was-serloch – noch vor der Schule. DieHerde legt einen Gang zu. Sie riechtdas Wasser. Aber dann bleibt das ersteTier auf einmal wie angewurzelt stehen.Schnaubt durch die Nüstern und gehteinen Schritt rückwärts. Kariukibekommt einen Riesenschreck! „Wirsind nicht die ersten am Wasserloch“,denkt er voller Panik. „Fragt sich nur, wer dort ist...“ Ange-strengt starrt er in die Dunkelheit. Obwohl ihm selbst das Herz bis zum Hals schlägt, flüstert er beruhigend auf seine

( G e s c h i c h t e )

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kleine Herde ein. Wieso liegt da plötz-lich ein großer dunkler Felsen? Der wargestern noch nicht da. Der „Felsen“springt plötzlich auf. Kariuki bleibt derSchrei im Hals stecken. Ein Löööööwe!!!Die große Raubkatze trippelt nervösfauchend von einer Vorderpfote aufdie andere.

Die kleine Karawane steht wie ange-wurzelt da. Kariuki rechnet jedenMoment damit, tot umzufallen, nochbevor der Löwe zum Sprung ansetzt.Doch der ist scheinbar satt. Mit erho-benem Haupt und laut vor sich hin

grummelnd stolziert er zurück in die Dunkelheit.

Kariuki schwingt seinen Stock undschreit hinter ihm her, so laut er kann.Jetzt hat er Oberwasser. Dabei zitternseine Knie immer noch. Noch nie zu-vor hatte sich hier ein Löwe blickenlassen. Seine Rinder sind total veräng-stigt. Manche weigern sich, auch nureinen Schritt zu gehen. Nur mit vielZureden und Schieben bekommtKariuki sie von der Stelle. Langsamtrotten sie auf das Wasser zu.

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„Ich muss jetzt in die Schule“, ruftKariuki den Rindern zu. „Heute Nach-mittag hole ich euch wieder ab.“ Erfolgt einem kleinen Trampelpfad. ImOsten wird es langsam hell. Kariukigähnt. Jetzt hat er noch zwei StundenFußmarsch vor sich. Wenn nur dieserlange Weg nicht wär‘. Schule an sichfindet er okay. Kariuki freut sich sogarauf den Unterricht. Er ist der Einzige inseiner Familie, der lesen, schreibenund rechnen lernt. Leider kann er daszu Hause gar nicht richtig vorführen –er hat nämlich kein Schulbuch, ausdem er seiner Familie vorlesen könnte.

Kariuki ist so in Gedanken versunken,dass er gar nicht auf seine Umgebungachtet. Er bemerkt die Raubkatze nicht,

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die sich langsam unter den tiefhängen-den Zweigen bewegt. Ihr goldgelbesFell ist mit schwarzen Flecken gespren-kelt. Kleine dunkle Augen beobachtenKariuki misstrauisch. Auf einmal hörter ein lautes Rauschen, wie von einemSturm, ein starker Luftzug reißt dieZweige der Büsche hoch, und eindünnes, langes Etwas knallt auf denBoden. Kariuki springt vor Schreck indie Luft. Auch die Raubkatze machtfauchend einen Satz zurück. Kariukiweiß nicht, vor welchem Angreifer ermehr Angst haben muss. Das Ding ausder Luft bewegt sich. Und schimpft wieein Rohrspatz. „Muss das denn immersein, Menschenskind? Kann das Zau-berbuch nicht mal ‘ne weiche Landunghinlegen? Ich hab’ die Nase voll vondiesen ewigen Bruchlandungen!“

Erst jetzt erkennt Kariuki, dass es sichum einen Jungen handelt. Mit rotenHaaren und einer Brille, die schief aufseiner Nase sitzt. Als er sie geraderückt,jappst er entsetzt: „Hi...Hii...Hilfe!“Kariuki weiß, was jetzt kommt, und erzischt warnend: „Nein! Nicht wegren-nen! Bloß nicht!“ Der Junge hat nochgar nicht bemerkt, dass da noch jemandist. „Das ist ein Gepard!“, ruft Kariuki.„Der tut dir nur was, wenn du weg-rennst. Steh ganz langsam auf undkomm her. Dann passiert dir nichts!“Der Junge gehorcht. Schweißtropfenstehen ihm auf der Stirn. Als er nebenKariuki steht, faucht der Gepard nocheinmal unwirsch, dann wendet er sichab und trabt zurück ins Gebüsch.

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„Ich hoffe, deinenKühen geht es gut!“,sagt Kariuki ernsthaft.„Wie bitte?“, fragt derfremde Junge verdat-tert und lässt sich aufeinem Stein nieder.„Meinen Kühen?“„Haben deine Elternkeine Kühe?“, fragtKariuki. „Nee, wirwohnen in der Stadt.Übrigens – ich binRobinson aus Deutsch-land. Und wer bist du?“„Kariuki. Aber wie ... woher... äh ...“ Robinson ahnt, was derJunge fragen will. Alle Leute, denener bei seinen Zauberreisen vor dieFüße fällt, fragen ihn das. Aber wie soller erklären, dass das Zauberbuch ihnhierher gebracht hat? „Ich bin vom Astgefallen“, sagt er schnell, um Kariukizuvorzukommen. Der guckt ziemlichungläubig drein und sagt dannwarnend: „Äh ... übrigens – wenn ichdu wäre, würde ich lieber nicht aufdiesem Stein sitzen.“ „Wieso dennnicht?“ Kariuki zeigt nach rechts:„Siehst du die Sekretäre dort?“„Wen???“ „Die großen schwarzweißenVögel. Die heißen Sekretärsvögel.“„Die sehen ja aus, als hätten sie Shortsan!“, kichert Robinson. „Diese Vögelsind immer da, wo es Schlangen gibt“,sagt Kariuki. „Sie treten sie tot undfressen sie. Und Schlangen ... liegengerne unter Steinen.“

Robinson schießt wie von der Ta-rantel gestochen von seinem Steinhoch. „Riesensauriersocke! Dann nixwie weg hier! Komm, du musst dochzur Schule, oder?“„Woher weißt dudas denn?“ Kariuki reißt erstaunt dieAugen auf. „Äh, also ... ähm, ich hab’mir das einfach so gedacht“, stottertRobinson.

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Dass er Kariuki auf seinem Schulwegzu Hause in seinem Zauberbuch gese-hen hat, verschweigt er lieber. „Wohast du denn deine Bücher und Hefte?“„Ich hab’ keine Bücher. Meine Elternhaben kein Geld, mir welche zukaufen. Und mein Heft ...“ Verlegenfährt er sich über die Haare, „meinHeft ... äh ... ist in der Schule. MeineLehrerin will nicht, dass ich es mitnach Hause nehme. Ich hab’ ... ichhab’ es schon öfter verloren, wenn ichdie Herde zum Wasser getrieben hab’“,fährt er zerknirscht fort. „Und einmalsind zu Hause die Hühnerdrübergelaufen und haben die Seitendreckig gemacht.“

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Die beiden wandern über die Sa-vanne. Robinson wundert sich, wieKariuki den Weg findet – meistensgehen sie nämlich querfeldein überSand, steinharte rote Erde oder stoppe-liges Gras. Kariuki erzählt von seinerFamilie, von seinen 13 Geschwistern,von den Rindern, Ziegen und Hühnern.

Robinson erzählt von Deutschland.Plötzlich hat er das Gefühl, dass dieErde unter seinen Füßen bebt. „So einQuatsch!“, schimpft er innerlich mitsich. „Der Schreck über den Gepardenhat mich wohl total durcheinanderge-bracht.“ Das Beben wird stärker.Robinson wird ganz kribbelig. Immerwieder wirft er Kariuki nervöse Seiten-blicke zu. Der grinst irgendwann undsagt: „Pass auf, was gleich hinter derBaumreihe dahinten hervorkommt.“Robinson starrt mit aufgerissenenAugen auf den kleinen Wald. Zuersttaucht eine Staubwolke auf, dann eineschwarzweiße Wand, die sich langsamnäher schiebt. Eine riesige Zebraherdetrabt in etwa 300 Metern Entfernung anihnen vorüber. „Dort drüben ist einWasserloch. Kann sein, dass uns jetztnoch mehr Tiere begegnen“, sagtKariuki.

Robinson ist hin und weg. „Mensch,das ist ja cool! Mein Schulweg ist nichtso aufregend wie deiner“, sagt erbedauernd. „Ich setz’ mich in den Busund ...“ „Du fährst mit dem Bus?“,unterbricht ihn Kariuki neidisch. „Ich

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HHaauuppttssaacchhee KKüühheeEin junger Mann begegnet ihnen: Er

trägt einen knallroten Umhang undviele bunte Perlenketten. Seine Haaresind in kunstvolle Zöpfe geflochtenund rot gefärbt. Auch diesen Maasaihat Robinson in seinem Zauberbuchgesehen. „Ich hoffe, deinen Kühengeht es gut“, begrüßt Kariuki denMann.

„Was hast du bloß immer mit denKühen? Waren seine

Tiere krank?“ Robinson istverwirrt. „Nee“, kichert der

muss immer laufen – zwei Stunden hinund zwei zurück. Ich würde auch gernemit dem Bus zur Schule fahren!“ „Riesen-sauriersocke!“, stöhnt Robinson. „ZweiStunden laufen? Da wär’ ich ja schonfix und alle, wenn ich in der Schuleankäme!“ „Was glaubst du, was ichbin!“, gähnt Kariuki.

Die beiden gehen an einer merkwür-digen Siedlung vorbei – merkwürdigfür Robinson. Rundherum zieht sicheine Hecke aus Dornenbüschen. Wieein Wall schützen sie ungefähr 15Häuschen, die rechteckig sind

und keine Fenster haben. Als Kariukimerkt, dass Robinson neugierig überdie Hecke linst, führt er ihn durch einGatter ein paar Schritte ins Dorf. „DieWände bestehen aus Zweigen, die mitKuhmist und mit Lehm bestrichenwerden“, erklärt er seinem neuenFreund. „Enk’ang nennen wir dieseSiedlungen.“ „Die sind ja so niedrig,dass man gar nicht darin stehen kann“,sagt Robinson verblüfft. „Und wozu ist die Hecke da?“ „Sie hält wilde Tieredraußen und unsere eigenen Tieredrinnen.“

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„Riesensauriersocke!“, schnauft Robinson, „und dasbei dieser Hitze!“

Alle Kinder starren ihn an.Ein Weißer hat sich noch

niein ihre Schule verirrt. Die

Lehrerin holt ihn nach vorne. „Erzähl’ uns was von

deinem Land“, bittet sie. „Wo du herkommst, wie

dein Dorf aussieht, wie vieleMenschen dort wohnen, wie

groß deine Familie ist ...“ „Ach du meine Güte“, sagt

Robinson und fängt an zu erzählen. Dann darf er sich wieder setzen und lernt mit

den anderen Kindern Wörter auf Kisuaheli.

Nicht alle Kinder haben ein Heftoder einen Stift. Sie ritzen die Buch-staben einfach mit einem spitzenZweig in den Lehmboden. Zur Feierdes Tages schreiben alle das Kisuaheli-Wort für Deutschland auf: Ujeremani(gesprochen: Udscheremáni). UndRobinson erfährt, dass er ein „mzungu“(gesprochen: musúngu) ist: einWeißer.

Kurz vor Mittag wird es unter demBaum ziemlich unruhig. Alle zappelnhin und her, keiner scheint mehr still-sitzen zu können. Sie schielen zu eineralten Frau hinüber, die zwischen dreigroßen Steinen ein Feuer entfacht hat.„Was ist los?“, flüstert Robinson Kariukiins Ohr. „Gleich gibt’s was zu essen“,flüstert der zurück, „und wir haben alleKohldampf. Ich auch! Ich hab’ seithalb sechs nichts mehr gegessen!“ DieFrau stellt einen riesengroßen Topfaufs Feuer und gießt Wasser hinein.

Und dann ist endlich Pause. AlleKinder springen auf und stürzen zu derFrau, die mit einer großen Suppenkelledas Essen austeilt. Auch Robinson be-

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Junge, „aber so begrüßen wir unshier.“ Kakuta muss auch ins nächsteDorf. Robinson starrt ihn immerwieder fasziniert an. „Wieso hast dunicht solche Sachen an?“, fragt erKariuki. „Ich bin noch zu jung. Außer-dem muss ich eine Schuluniformtragen. Kakuta ist ein Moran, einKrieger.“ Kakuta erklärt ihm, warumKühe für die Maasai so wichtig sind.„Sie geben Milch, aus ihrem Fellmachen wir Schlafmatten, aus demLeder Sandalen. Und Männer, dieheiraten wollen, bezahlen damit denBrautpreis.“ Dass Männer ihre Frauenmit Kühen bezahlen, findet Robinsonurkomisch. Das muss er seiner Schwes-ter erzählen!

Während sie weitergehen, erfährtRobinson noch viele interessanteSachen über die Maasai. Sie bleiben nielange an einem Ort, sondern ziehenmit ihren Rindern dorthin, wo es nochWeideland gibt. „Und Weideland wirdimmer knapper. Die großen Farmennehmen uns immer mehr Land weg.Und die Safari-Parks auch.“

Bald ist ein größeres Dorf zu sehen.Kakuta verabschiedet am Ortseingang

von den beiden. Zum Abschied schenkter Robinson eine seiner Ketten.

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Kariuki läuft zu einem hohen Baum,unter dem mindestens 100 Kinder aufdem Boden sitzen. „Robinson, beeildich“, ruft er über seine Schulter, „wirsind spät dran! Die Schule hat schonangefangen!“ „Schule? Welche Schule?“Robinson blickt sich suchend um.Kariuki hat sich in die letzte Reihezwischen zwei Kinder gesetzt undwinkt Robinson zu sich. „Komm, hierist noch ein Platz für dich.“

Robinson ist völlig durcheinander.Das hier kann doch wohl nicht dieSchule sein? Restlos k.o. von der lan-gen Wanderung lässt er sich nebenKariuki auf den Boden fallen. Zu seinemErstaunen sieht er, dass an dem Baum-stamm eine große schwarze Tafel lehnt.Er stößt Kariuki in die Seite: „Ist heutewas Besonderes los, weil ihr hierdraußen sitzt? Ihr habt doch sicherauch ein richtiges Klassenzimmer,oder?“ Kariuki grinst verlegen. „Dusitzt gerade in unserem Klassenzimmer.“

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Wäsche und Mädchen füllen Plastik-kanister mit Wasser. Robinson, der bei der Hitze schon dieganze Zeit nach Wasser lechzt, stößteinen Jubelschrei aus. „Ich musseinmal untertauchen“, sagt er, „sonstzerfließe ich!“

Und ehe Kariuki was sagen kann,sprintet er ein Stück oberhalb derFrauen ins Wasser. Er sieht nicht dasAugenpaar inmitten der Wasserpflan-zen, das dicht über der Wasseroberflächealles beobachtet. Der massige grau-braune Körper ist unsichtbar. Kariukihüpft am Ufer auf und ab, rudert wildmit den Armen und schreit: „Kommsofort raus, da ist ein Flusspferd!“Robinson planscht selig im Fluss, hat

Wasser in Augen und Ohren und hörtund sieht nichts. Die Augen kommennäher. Und näher. „Ahhhhhhh!“Robinson blickt plötzlich in ein riesigesMaul mit Furcht erregenden Zähnen.Der Schrei bleibt ihm im Hals stecken.Er kann nicht mehr denken, nichtmehr atmen. Ein plötzlicher Luftzugpeitscht über das Wasser, reißt denJungen hoch und – weg ist er. Zurückbleibt ein völlig verdutzter Kariuki, dersich die Augen reibt, weil er glaubt, ersieht nicht richtig. Und auf einemDachboden in Deutschland sitzt einbleicher Robinson, den das Zauber-buch mit einer butterweichen Landungzurückgebracht hat. „Das war wiedermal Rettung in letzter Sekunde!“, sagter laut. „Auf den Schreck brauch‘ ichjetzt erst mal einenSchokoriegel.“

Gunhild Aiyub

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kommt eine Portion Posho (Maisbrei).

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Nachmittags geht der Unterrichtnoch bis um vier. Dann macht sichRobinson mit Kariuki auf den langenHeimweg. „Ich hab’ schon wiederHunger“, sagt Kariuki. „Aber bevor ichnach Hause gehe, muss ich nochunsere Rinder einfangen. Manchmaldauert es ewig, bis ich sie alle gefun-den habe!“

„Kariuki hat ja einen ziemlich lan-gen und anstrengenden Tag!“, denktRobinson bei sich. „Alle Achtung, wasder alles auf sich nimmt, nur um in dieSchule zu gehen!“

Sie kommen an einer kleinen Fluss-biegung vorbei – Frauen waschen

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Auf der Kinderstation im Presbyterian Hostel in Kikuyu

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AArrbbeeiittFast die Hälfte aller Kenianerinnen undKenianer, die alt genug sind, um arbei-ten zu können, sind arbeitslos. Die-jenigen, die eine Stelle haben, arbeitenmeistens in der Landwirtschaft.In Kenia verdient man im Monat durch-schnittlich 26 Euro – in Deutschland2 200 Euro. Die Hälfte aller keniani-schen Einwohnerinnen und Einwohnermuss mit weniger als einem Euro amTag auskommen.

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kamen Seefahrer aus Indien, demNahen Osten und dem Mittelmeer-raum an die Küste Kenias. Dort kauftensie lebende Tiere, Tierfelle, Elfenbein,Eisen – und Menschen. Sie verschlepp-ten sie in ihre Heimatländer undließen sie dort als Sklaven schuften.Bezahlt wurde nicht mit Geld, sonderndie Waren (auch die Menschen wurdenals „Ware“ angesehen) wurden gegenStoffe, Gewürze, Glas und Teppichegetauscht.

DDüürrrreekkaattaassttrroopphheennManchmal regnet es – vor allem imNorden des Landes – jahrelang nurwenig oder gar nicht. Die Ernte ver-trocknet. Vor allem alte Menschen undKinder und auch viele Tiere verdursten.Dürrekatastrophen wie zum Beispielim Jahr 2000 sind keine Seltenheit:Damals hatten über drei MillionenMenschen nicht genug zu essen.Schulen mussten schließen, weil kaumnoch Kinder zum Unterricht kamen.Sie waren zu hungrig oder zu schwach.Viele Eltern konnten das Schulgeldnicht bezahlen, weil sie keine Einkünftemehr hatten.

GGeellddGezahlt wird mit Kenia-Schillingenund Cents: 100 Cents = 1 KSh (Kenya Shilling) 100 KSh = 1,37 Euro1 Euro = 73 KSh

GGeessuunnddhheeiittIn Kenia werden die Menschen durch-schnittlich nur 52 Jahre alt – inDeutschland 77 Jahre. Dass die Men-schen so früh sterben, liegt unteranderem an der Krankheit Aids. Über1,3 Millionen Kenianerinnen undKenianer haben Aids.Die meisten kenianischen Kindersterben an Malaria – jeden Tag 72 Mädchen und Jungen.

GGeeooggrraaffiieeDer größte Teil Kenias besteht ausWüsten und Halbwüsten.Im Westen und Süden Kenias ragenhohe Berge auf – erloschene Vulkanewie z. B. der Mount Kenia (5 199 m).Das Rift-Valley, ein gigantischer Graben,teilt das Land in zwei Hälften. Er ziehtsich durch ganz Ostafrika, unter demRoten Meer vorbei bis nach Israel.

Deutschland:82 Millionen Menschen.

Kenia: über 30 Millionen Menschen.

davon Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren:Deutschland: 16 Prozent Kenia: 43 Prozent

Menschen, die 65 Jahre oder älter sind:Deutschland: 16 Prozent Kenia: 3 Prozent

Die meisten Menschen arbeiten in der Landwirtschaft.

Kenianisches Geld

Kenia vonA bis W

In Kenia gibt es drei große Volks-gruppen: die Bantu (über die Hälfte),die Niloten (jeder Dritte) und dieKushiten (jeder 33.). Außerdem lebendort Menschen aus Indien, Pakistan,Europa und aus arabischen Ländern.Schon in den ersten Jahrhunderten

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FOTO: CHRISTOPH ENGEL

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In Nairobi leben 25 000 Kinder auf der Straße.

Ein Elefant in freier Wildbahn

Ein Maasai - die Maasai sind das bekanntesteVolk Ostafrikas.

Blätter des schwarzen Tees

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SSpprraacchheeDie Landessprache ist Suaheli. DieHandel- und Verwaltungssprache, diezum Beispiel in Behörden gesprochenwird, ist Englisch. Das liegt daran, dassKenia zuletzt eine britische Koloniewar: Bis 1963 wurde es von Großbri-tannien beherrscht. Daneben gibt esüber 30 weitere Sprachen. Dieverschiedenen kenianischen Völker(siehe „Einwohner“) haben ihreeigenen Sprachen und Dialekte.

SScchhuulleeVon 100 Grundschulkindern erreichennur 68 die 5. Klasse. Die anderenmüssen den Schulbesuch abbrechen –zum Beispiel weil sie ihren Eltern aufdem Feld helfen oder anderswoarbeiten müssen, damit die Familieüberleben kann. Viele Eltern habenkein Geld für die Schulgebühren (siehe „Dürre“).Von 100 Kenianerinnen undKenianern können 23 nicht lesen undschreiben.

WWiirrttsscchhaaffttDer wichtigste Wirtschaftszweig ist dieLandwirtschaft. Viele landwirtschaft-liche Produkte werden ins Auslandverkauft: zum Beispiel Tee. Kenia istder größte Teeverkäufer auf der ganzenWelt. Deutschland kauft von Kenianeben Tee zum Beispiel Kaffee, Schnitt-blumen und Gemüse.Dafür kauft Kenia von Deutschlandzum Beispiel Eisenwaren und Autos.Das meiste Geld bringen die Touristenins Land: Über 700 000 Ferienreisendekommen pro Jahr nach Kenia, vor allemaus Deutschland und Großbritannien.

TTiieerreeIn Kenia gibt es so viele Tierarten wiesonst in kaum einem anderen Land:zum Beispiel Affen, Büffel, Elefanten,Flamingos, Flusspferde, Geparden,Giraffen, Krokodile, Leoparden,Löwen, Nashörner, Pelikane, Schakale,Schlangen, Stachelschweine undZebras.

UUhhrrzzeeiittWährend unserer Sommerzeit ist es inKenia zwei Stunden später als inDeutschland, die übrige Zeit eineStunde später.

SSttrraaßßeennkkiinnddeerrIn Kenia leben zwischen 40 000 und50 000 Kinder auf der Straße. Allein in Nairobi gibt es rund 25 000 Straßenkinder.

Viele Krankheiten entstehen auch durchschmutziges Wasser. Selbst in denStädten haben nicht alle Einwohnersauberes Wasser (87 Prozent); in denDörfern hat nur jeder Dritte dieChance, an Trinkwasser zu kommen –die Menschen haben kein fließendesWasser in ihren Häusern, sonderneinen Brunnen für das ganze Dorf. In Kenia ist jedes fünfte Kind zu dünn(in Deutschland ist fast jedes fünfteKind zu dick!).

HHaauuppttssttaaddttNairobi: Die Maasai nannten die Stelle,an der die Stadt gegründet wurde,„Uaso Nyirobi“–Platz des süßen Wassers.Die Stadt hat rund 1,5 MillionenEinwohner.

RReelliiggiioonneenn

Muslime, Hindusoder Anhänger einerweiteren Religion

Anhänger vonafrikanischen

Religionen

Christen

FOTO: CHRISTOPH ENGEL

FOTO: KINDERNOTHILFE

FOTO: KINDERNOTHILFE

FOTO: JENS GROSSMANN

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Matatu-Platz in Nairobi

Völlig überladene Matatus gehören zum Straßenbild.

Die bunten Kangas dienen nicht nur als Kleidungsstücke – Frauen verwenden sie auch als Tragetuch für ihre Kinder.

Uhrenturm in Nairobi. In vielen Dörfern dagegen gibt's keine Uhren.

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Unglaublich,aber wahr!

KKlleeiiddeerr,, ddiieeGGeesscchhiicchhtteenn eerrzzäähhlleennIn Kenia tragen viele Frauen „Kangas“,bunte Tücher: Eins wird als Rock umdie Hüften geschlungen oder um denganzen Körper gewickelt und über derBrust verknotet. Ein zweites Tuch wirdlocker über Kopf und Schultergetragen. Die Stoffe sind bunt bedruckt undzeigen zum Beispiel Mangos, Granat-apfel- oder Lotusblüten oder geometri-sche Muster. Seit Anfang des letztenJahrhunderts werden sie mit soge-nannten „Sinnsprüchen“ beschrieben.Diese Sprüche zeigen zum Beispiel,dass eine Frau verliebt ist oder welche

UUhhrreenn,, ddiiee aannddeerrssggeehheennIn der Swahili-Sprache ist es um sechsUhr erst null Uhr. Immer noch gibt esin vielen Dörfern Kenias und ganzOstafrikas keine Uhren, und die Dorf-bewohner haben auch keine Arm-banduhren. Sie richten sich nach derSonne. Der Tag beginnt für sie erst beiSonnenaufgang: Dann ist es für sie0.00 Uhr – nach offizieller Uhrzeit istes aber bereits 6.00 Uhr.

TTaaxxiiss,, ddiiee 2244 LLeeuutteebbeefföörrddeerrnnEin normales Fahrzeug hat auf KeniasLandstraßen keine Chance: Sie sindmeist nicht asphaltiert, mit Schlag-löchern übersät und versinken beiRegen im Schlamm. Aber ein Autokönnen sich sowieso nur wenige Leutevom Land leisten. Zum Glück gibt esdie „Matatus“, die Sammeltaxis. Dassind meist japanische Kleinbusse oderPick-ups mit Allradantrieb. Matatusfahren nicht nach Fahrplan, sondernimmer dann, wenn sie voll sind. Vollbedeutet allerdings nicht, dass nur alleSitzplätze belegt sind. In einen Mini-bus für 12 Personen werden locker 24Leute gequetscht ... Eine afrikanischeWeisheit sagt, dass für einen Menschenimmer noch Platz ist. Bei offenen Pick-ups sitzt man auf deroffenen Ladefläche – zwischen Hirse-säcken, Bananen und Hühnern. BeiRegen wird es hier draußen ganzschön ungemütlich. Unterwegs ist esnie langweilig: Mal blockiert eineRinderherde die Straße, mal fällt einFahrgast von der Ladefläche, malrutscht das Matatu in einen Graben,und die Passagiere müssen es wiederherausschieben.

politische Partei sie gut findet. DerNationalfeiertag, internationaleKonferenzen und sogar der Papstbe-such werden auf den Wickeltüchernverewigt. Übrigens: Kangas ersetzen im HaushaltTopflappen und Handtuch, sie dienenals Tragetuch für Babys und in derHausmedizin als Stützverband. Musli-mische Frauen benutzen sie alsSchleier, wenn ein Fremder auftaucht.

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FOTO: KINDERNOTHILFE

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( P r o j e k t )

Hallo Kinder,

Kommt ihr mit in die Undugu-

Straßenkinderschule in Nairobi?

Ihr werdet Augen machen,

was hier abgeht.

In diese Grundschule kommen fast 250

aus dem Mathare Valley – das ist einer der größten

Slums in Nairobi. Weil ihre Familien arm sind, waren sie

noch nie in einer Schule und sind eigentlich auch schon

zu alt dafür. Drei Jahre lang lernen sie ,

und und außerdem viele praktische Arbeiten,

die sie später gut gebrauchen können.

Die Lehrer/-innen nehmen sich viel Zeit, das Ver-

trauen der zu gewinnen. Straßenkinder sind

nämlich oft sehr misstrauisch, weil sie von Erwachsenen

normalerweise nur verjagt, beschimpft, geschlagen

oder ausgenutzt werden. Auf der Straße vertraut

keiner dem anderen, und jeder sorgt nur für sich.

Probleme werden mit der gelöst. In dieser Schule

treffen die zum ersten Mal Erwachsene,

die sie annehmen, wie sie sind; die sie nicht übers

hauen; die ihnen zuhören und .

Nach dem Unterricht wird z. B. gespielt. Selbst

dabei können die was lernen: nämlich sich

aufeinander zu verlassen, gemeinsam etwas zu tun. Oder

sie spielen – auch auf öffentlichen Bühnen. Das

Spiel hilft ihnen, ihre Probleme zu verarbeiten. Gleich-

zeitig macht es andere Menschen auf die Situation von

Straßenkindern aufmerksam.

In der 4. Klasse geht’s noch viel ungewöhnlicher zu als

in deutschen Schulen: Hier wird unter freiem Himmel

, , , gelötet und . Die Schülerinnen und

Schüler kommen aus armen Familien, in denen auch die

Geld verdienen müssen. Deshalb lernen sie

schon in der Schule, wie man einfache Küchengeräte

macht: zum Beispiel ein . Oder ein . Oder

wie man einen herstellt. Oder aus alten .

Die fertigen Sachen werden direkt an Passanten

verkauft. Die arbeiten mit ganz einfachen

Materialien und Werkzeugen, denn: Sie werden später

kein Geld für mit moderner Elektronik haben, und

in manchen Slums fällt auch oft der aus.

Am Ende des 4. Schuljahres suchen sie sich einen

Ausbildungsplatz. Später können sie dann ihre eigene

Werkstatt aufmachen.

BBoohhrreenn,, llöötteenn,, ssääggeenn ––eeiinnee SSttrraaßßeennkkiinnddeerrsscchhuullee iinn NNaaiirroobbii

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Unterricht draußen unter einem Baum – für afrikanische Kinder nichts Ungewöhnliches.

„Morgen fällt der Unter-richt aus!“, sagte heuteunser Klassenlehrer. Wirwaren natürlich alle hinund weg! Könnt ihr euchvorstellen, dass ein Kind

auf dieser Welt über so eine Ankündi-gung traurig wär‘? Und wenn ich euchsage: nicht nur eins, sondern Millio-nen von Kindern? Weil die nämlichgerne zur Schule gehen würden undnicht können? Stellt euch doch nurmal vor, ihr könntet keine Zahlenlesen – wie wollt ihr euch Telefonnum-mern merken? Ihr könntet kein Preis-schild lesen, und beim Bezahlenwüsstet ihr nicht, was auf den Münzenund Scheinen steht und wie viel Geldeuch die Frau an der Kasse rausgebenmuss. Wie wollt ihr in den richtigenBus steigen, wenn ihr die Nummer derBuslinie nicht lesen könnt? Ihr würdetauch nie euern Punktestand beimGameboy-Spiel kennen.

( S o n d e r i n f o )

Schule inAfrika

„Bis zum Jahr 2000 sollen alle Kindereine Grundschulbildung haben“ – das haben 155 Länder 1990 auf einerKonferenz in Thailand beschlossen.Doch noch immer können viele Kindernicht lesen, schreiben und rechnen. In Afrika südlich der Sahara (alleLänder unterhalb der arabischenStaaten) geht etwa die Hälfte allerKinder zwischen sechs und elf Jahrennicht zur Schule. Jedes dritte Kindbleibt nicht bis zur 5. Klasse.

„„MMääddcchheenn bbrraauucchheennnniicchhtt lleesseenn lleerrnneenn!!““ ??Und wieso gehen die Kinder dann nichtzur Schule, wenn sie unbedingtwollen?, fragt ihr vielleicht. Meistens,weil ihre Eltern die Schulgebühr nichtbezahlen können. Leider kostet näm-lich der Schulbesuch in vielen Ländernimmer noch Geld. Rechnet mal mit: In Kenia verdient z. B. ein Schreinerumgerechnet 60 Euro. Die Grund-schule kostet für ein Kind im Monat 12 Euro. Und die Familien haben inder Regel mehrere Kinder. In der Ge-bühr sind noch keine Bücher, Hefte undStifte enthalten. Die müssen mit denrestlichen 48 Euro bezahlt werden –

Jetzt gibt’s in Uganda – und nicht nurhier – ein weiteres Problem: nichtgenug Schulen. Deswegen sind dieKlassenzimmer oft so proppevoll (über100 Kinder in einer Klasse!), dass dieHälfte der Kinder stehen muss. Wo eine Schule nicht genügend Klas-senräume hat, findet der Unterrichteben draußen statt – im Dorf z. B. auf

BBiilldduunngg:: bbiilllliiggeerr aallssEEiissccrreemmeeZehn Jahre lang wären sechs Milliar-den Euro zusätzlich nötig, damit alleKinder auf der Welt zur Schule gehenkönnten. Sechs Milliarden jedes Jahr –das hört sich unvorstellbar viel an.Aber wusstet ihr, dass in Europa jedesJahr neun Milliarden Euro für Eiscremeausgegeben werden? Und Schulbil-dung ist wichtiger als Eiscreme,stimmt’s?

und außerdem natürlich Miete, Lebens-mittel und Kleidung. Ein paar gebrauchteSchuhe kosten in Kenia schon 10 Euro,ein Pfund Mehl 1,50 Euro. Viele Eltern sind arbeitslos. Da kommtein Schulbesuch erst recht nicht inFrage. Außerdem hätten ihre Töchterund Söhne gar keine Zeit dazu – siemüssen mithelfen, Geld zu verdienen. Apropos Töchter: „Mädchen heiratenund bekommen Kinder – dafür müssensie nicht lesen und schreibenkönnen.“ So denken – nicht nur inAfrika – viele Eltern. Und wenn sienicht genug Geld haben, um alleKinder zur Schule zu schicken, müssenmeist ihre Töchter zu Hause bleiben,kochen, waschen und auf die Geschwis-ter aufpassen.Übrigens: In Uganda dürfen seit 1997vier Kinder einer Familie kostenlos zurGrundschule gehen – und seitdemwerden doppelt so viele Mädchen undJungen eingeschult wie vorher!

der Wiese unter einem Baum. Beischönem Wetter macht das ja viel-leicht noch Spaß, aber bei Hitze, Regenund Kälte bestimmt nicht! Außerdemist es draußen nicht ungefährlich. Ineinigen Ländern gibt es nämlichSchlangen, die sich im Gras verstecken,und Löwen, die Menschen angreifen,wenn sie Hunger haben.

GGeeffäähhrrlliicchheerr UUnntteerrrriicchhtt:: SScchhllaannggeenn uunndd LLööwweenn

FOTO: KINDERNOTHILFE

(12) Kinder Kinder 16

Page 13: Ein Heft der Kindernothilfe · Ein Junge fällt vom Himmel „Ich muss jetzt in die Schule“, ruft Kariuki den Rindern zu. „Heute Nach-mittag hole ich euch wieder ab.“ Er

Afrikanische Kinder auf dem Land müssen oft stundenlang bis zur nächsten Schule laufen.

Könnt ihr euch vorstellen, dass sich 20 Schulkinder ein Buch teilen müssen?

Kinder Kinder (11)

( S o n d e r i n f o )

Natürlich gibt es in Afrika auch Schulenwie bei uns – aber nur in großenStädten. Die Schulen auf dem Landsind meistens Gebäude aus rohen Bret-tern oder unverputzten Ziegelsteinenmit einem Wellblechdach – ohne Fen-sterscheiben, ohne elektrisches Licht,ohne Heizung (auch in manchen

AAnnssttrreennggeenndd:: ZZwweeii SSttuunnddeennFFuußßmmaarrsscchh zzuurr SScchhuulleeHättet ihr Lust, morgens um sechs Uhraufzubrechen und erst nach einemzweistündigen Fußmarsch in derSchule anzukommen? Und nachmit-tags den ganzen Weg wieder zurückzu-gehen? In Afrika leben die meistenMenschen in Dörfern. Nicht überallgibt es eine Schule. Der Weg in dennächstgrößeren Ort ist oft sehr weit.Schulbusse gibt es nicht. Und eineFamilie muss schon ziemlich reichsein, wenn sie ein Fahrrad besitzt. Alsomüssen die Mädchen und Jungen zumUnterricht laufen. Und das ist gefähr-lich, weil unterwegs wilde Tiere lauern.

SScchhuullbbiilldduunngg:: WWoozzuubbrraauucchhtt mmaann ddiiee??Zum Beispiel weil man...... einen Beruf lernen und Geld ver-dienen kann. Dann kann man auchalle seine Kinder zur Schule schicken.... gelernt hat, wie man Krankheitenbehandelt oder verhindert. Dannmüssten nicht mehr so viele Menschensterben.... einem Chef, der zu wenig Lohn zahltoder seine Leute schlecht behandelt,beweisen kann, dass es Gesetze gibtund dass die Mitarbeiterinnen undMitarbeiter Rechte haben... die Politik seines Landes mitbestim-men kann.

afrikanischen Ländern kann es richtigkalt werden!) und ohne Toiletten.Unser Lehrer hat uns erzählt, in Sambiahat nur jedes dritte Klassenzimmereine Wandtafel! Und ohne Tafelkönnen die Lehrerinnen und Lehrerden Kindern nichts vorschreiben odervorrechnen. In Sambia hat auch nur

die Hälfte der Klasse ein Heft. Wie sollman den Unterrichtsstoff behalten,ohne etwas aufzuschreiben? Oftschreiben die Kinder vor sich auf denLehmboden.In vielen afrikanischen Schulen gibt esauch nicht genügend Schulbücher.Könnt ihr euch vorstellen, dass sichz.B. in Dörfern in Tansania 20 Mädchenund Jungen ein einziges Schulbuchteilen müssen?

KKeeiinnee SSeelltteennhheeiitt:: 2200 KKiinnddeerr uunndd eeiinn SScchhuullbbuucchh

FOTO: CHRISTOPH ENGEL

FOTO: CHRISTOPH ENGEL

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Hallo jambo (dschámbo)Wie geht es dir? habari (habári)Mir geht es gut. nzuri (nússuri)schlecht mbaya (mbája)Willkommen karibu (karíbu)Macht nichts! hakuna matata

(hakúna matáta)Ich spreche Swahili ninaweza kusema

kiswahili(ninawésa kussémakiswahíli)

Entschuldigung samahani(ssamaháni)

danke asante (assánte)bitte tafadhali (taffadáli)ja ndiyo (nedíjo)nein hapana (hapána)auf Wiedersehen kwaheri (kwahéri)Banane ndizi (ndísi)Möhre karoti (karóti)Ich habe Hunger nina jaa

(nína dschaa)Ich habe Durst nina kiu (nína kíu)Ich esse ninakula (ninakúla)Elefant tembo (témbo)Giraffe twiga (twíga)Löwe simba (ssímba)Fahrrad baiskeli (beiskéli)Motorrad pikipiki (píkipíki)jüngerer Mann bwana (bwána)Kind mtoto (mtóto)Schule shule (schúle)langsam polepole (pólepóle)Mutter mama (máma)Reise safari (safári)wer? nani? (náni)wo? wapi? (wuápi)wann? lini? (líni)was? nini? (níni)eins moja (módscha)zwei mbili (mbíli)drei tatu (tátu)vier nne (nené)fünf tano (táno)sechs sita (ssíta)sieben saba (ssába)acht nane (náne)neun tisa (tíssa)zehn kumi (kúmi)

In Swahili werden fast alle Wörter aufder vorletzten Silbe betont.

KKlleeiinneerr SSwwaahhiillii--SSpprraacchhffüühhrreerr

MAASAI-TUCHDas traditionelle Kleidungsstück derMaasai wird von Männern und Frauengetragen. Dazu gehört der Maasai-Kragen – viele bunte Perlen-ketten inverschiedenen Längen.

Wir brauchen :ein großes rotes Tuch/rotes Krepp-Papier

Und so wird’s gemacht:1. messt gegenseitig eure Länge von

der Achselhöhle bis zu den Füßenund euren Körperumfang

2. schneidet nach diesen Maßen einRechteck zu (in der Breite ruhignoch 20 cm zugeben)

3. mit einem Knoten über der Schulterbefestigen

4. dazu könnt ihr bunte Ketten tragen(siehe Seite 15)

MANDAZI(gesprochen: Mandasi)

Wir brauchen:2 Tassen Mehl1 Päckchen Backpulver2 – 3 EL Zucker1 Ei, verrührenetwa ½ Tasse MilchÖl zum Braten

So wird’s gemacht:1. Mehl, Backpulver, Zucker in einer

Schüssel vermischen2. in die Mitte eine Mulde drücken, das

Ei hineingeben3. Milch nach und nach dazugeben,

durchkneten4.Teig mit feuchtem Tuch zudecken

und ca. 15 Minuten ruhen lassen5.Teig auf bemehlter Fläche zu kleinen

Fladen ausrollen6. Öl erhitzen und die Fladen darin

goldbraun braten7. abtropfen lassen und kalt servieren

(14) Kinder Kinder 16

( A k t i o n )

SScchhnneeiiddeerr--wweerrkkssttaatttt

KKoocchhnniisscchhee

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DOSENAUTO*Wir brauchen:1 Getränke-Dose 1 langen Ast/ ein Rundholz, 30 cm

lang, 1 cm dick1 kurzen Ast/ ein Rundholz, 5 cm lang,

3 cm dick2 Drähte, je 10 cm lang, 2 mm dick60 cm BindfadenSäge, Schere, Kombizange, Klebstoff,Schmirgelpapier, Messer, Hammer, 1 Nagel

Kinder Kinder (15)

Und so wird’s gemacht:1. die Karosserie: Mit Hammer und

Nagel 4 Löcher an einer Dosenseiteschlagen – Achtung: die Löcherdürfen nicht mehr als 4 cm ausein-ander liegen!

2. die Räder: von dem kurzen Ast/Rundholz 4 Scheiben von je 1 cmLänge schneiden

3. die Achsen: in die Mitte jederRadscheibe mit Hammer und Nagelein Loch schlagen, etwas Klebstoffauf ein Drahtende geben und denDraht mit dem Hammer in dasvorgebohrte Loch schlagen

4. die Achse durch zwei Löcher in derDose führen, auf das andere Endedas zweite Rad stecken; die zweiteAchse genauso anfertigen

5. die Lenkung: eins der beiden Endendes langen Astes/Rundholzes wirdeingekerbt; den Bindfaden oben umdie Kerbe knoten und unten an derLasche der Getränkedosefestmachen.

* © Franz-Josef Lotte, Bad Essen:„Kinder als Konstrukteure“

KETTEWir brauchen:

Perlen aller Art, Fimo-Modelliermasse,

Schaschlikspieße aus Metall,Flaschenkorken, Acrylfarben,

farblosen Lack, Pinsel, Nylonfaden,Sticknadel, Schere, Kettenverschlüsse

Und so wird’s gemacht:. . . mit Fimo:1. Fimo zu verschieden großen Kugeln

rollen2. auf einen Schaschlikspieß aufspießen3. Spieß über feuerfeste Schüssel in

Backofen legen und bei 120 Gradetwa 30 Minuten „backen“

4. herausnehmen, abkühlen lassen,Kugeln vom Spieß ziehen

5. bemalen und trocknen lassen 6. lackieren und trocknen lassen7. auffädeln, Verschluss einknoten,

Faden nicht sofort abschneiden,sondern entgegengesetzt durchmindestens zehn Perlen ziehen

. . . mit Flaschenkorken:1. bemalen und trocknen lassen2. mit Schaschlikspieß durchstechen3. wie 7. oben

. . . Rosettenkette:1. 5 Perlen in einer Farbe auffädeln2. dann 10 Perlen in einer anderen

Farbe auffädeln, 3. mit der Nadel durch die 1. der 9

Perlen stechen4. eine große Perle in einer dritten

Farbe auffädeln und die 6. Perledurchstechen

5. ab 1. wiederholen bis zurgewünschten Länge

6. wie 7. oben

BBaasstteelleecckkee

( A k t i o n )

Page 16: Ein Heft der Kindernothilfe · Ein Junge fällt vom Himmel „Ich muss jetzt in die Schule“, ruft Kariuki den Rindern zu. „Heute Nach-mittag hole ich euch wieder ab.“ Er

EEiinnmmaalliiggee SSppeennddee Wenn ihr durch eine Aktion Geldgesammelt habt, können wir euchVorschläge machen, wofür ihrdiese Spende einsetzen könnt.

WWaass kköönnnntt iihhrr nnoocchh ttuunn??Informiert euch über die Situation vonKindern in anderen Ländern und wieman etwas verändern kann – unddann geht los und informiert andere!Redet in eurer Familie und in eurerKlasse darüber. Bittet eure Eltern,Produkte ohne Kinderarbeit zu kaufen– zum Beispiel Teppiche mit Rugmark-Siegel (weitere Infos: „Kinder, Kinder“13) oder Kaffee, Tee, Schokolade,Orangensaft und Bananen aus„fairem“ Handel (weitere Infos: „Kin-der, Kinder“ 9).

WWeerr iisstt ddiiee KKiinnddeerrnnootthhiillffee??Ein Kinderhilfswerk, das Mädchen undJungen in Afrika, Asien, Lateinamerikaund Osteuropa fördert.

WWeemm hhiillfftt ddiiee KKiinnddeerrnnootthhiillffeeiinn KKeenniiaa??

Rund 2 300 Mädchen und Jungen.

WWiiee hhiillfftt ddiiee KKiinnddeerrnnootthhiillffeeiinn KKeenniiaa??

Sie unterstützt über kenianische Partner22 verschiedene Projekte und Program-me, überwiegend in der HauptstadtNairobi. Dort gibt es besonders vieleStraßenkinder, die unter schwierigenBedingungen leben. Die Kindernothilfefördert u. a. Schulen und Ausbildungs-einrichtungen, die sich speziell andiese Kinder richten, und Landwirt-schaftsschulen, in denen Jugendlichelernen, wie man eine Farm führt,Rinder züchtet und Mais, Bohnen undSüßkartoffeln anbaut.

( H i n t e r g r u n d )

Redaktion:Gunhild Aiyub (verantwortl.), Elke Brinkmann,

Annette Drost,Verena Heringer, Imke Häusler,Frank Mischo, Renate Vacker Gestaltung: Angela RichterIllustrationen: Peter Laux

Lithos: Knipp, Dortmund Druck: Brendow, MoersRedaktionsschluss: Dezember 2001

Konten:Bank für Kirche und Diakonie eG. Duisburg

Kto 45 45 40 BLZ 350 601 90 Stadtsparkasse Duisburg

Kto 201 004 488 BLZ 350 500 00 Postgiroamt Essen

Kto 19 20.432 BLZ 360 100 43 ERSTE Bank der Österreichischen Sparkassen AG

Kto 310028-03031 BLZ 20111 Berner Kantonalbank16532.700.0.35

Anschrift: Kindernothilfe e.V.Düsseldorfer Landstraße 180, 47249 Duisburg

Telefon: 02 03.7789-0Service-Telefon: 0180.33 33 300

(9 Cent pro Minute)Internet: www.kindernothilfe.deE-Mail: [email protected]

I m p r e s s u m

(16) Kinder Kinder 16

WWiiee kköönnnntt iihhrr mmiitthheellffeenn??

SSttaarrtt--FFoonnddss (regelmäßige Spende)Mit 11 Euro jeden Monat könntihr uns helfen, Programme odereine bestimmte Gruppe vonKindern weltweit zu unterstützen:Straßenkinder, Mädchen, Schul- und Berufsbildung,Gesundheit, Ernährung oderLandwirtschaft.

PPrroojjeekkttppaarrttnneerrsscchhaafftt (regelmäßige Spende)Mit mindestens 21 Euro jedenMonat könnt ihr ein ganzesProjekt, zum Beispiel eine Kinder-tagesstätte unterstützen.

PPaatteennsscchhaafftt(regelmäßige Spende)Mit 31 Euro jeden Monat könntihr eine Patenschaft für einMädchen oder einen Jungen über-nehmen. Eine Patenschaft istmöglich mit oder ohne Briefkon-takt zu dem Kind.

KKiinnddeerrnnootthhiillffeesstteelllltt ssiicchh vvoorr

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Bitte

ausreichendfrankieren

B i tte sch ickt uns/mir :Heft Nr.9 Heft Nr.11Heft Nr.13 Heft Nr. 14Heft Nr.15 Heft Nr.16SpendenfaltschachtelKinder helfen KindernDiaserie „Schule in Afrika“ (Grundschule)leihweise vom _____ bis ______.

Hörspielkassette (Preis: 6,- Euro)Jedes weitere Kinder-Kinder-Heft(einmal jährlich)Materialverzeichnis

Name Vorname Alter

Straße und Hausnummer

Postleitzahl und Ort

Datum Unterschrift

Nr. 9 Robinson in Ecuador. Mit Würfelspiel.

Nr. 10 Robinson in Südafrika. Mit Bastelanleitung.*

Nr. 11 Robinson in Äthiopien. Mit Ausmalbogen.(Auch als Hörspiel – s.u.)

Nr. 12 Robinson in der Regenwald-Apotheke.Mit Aktionsteil.*

* Nur im Internet: www.kindernothilfe.de,Rubrik Service, Material, Unterrichtsmaterialfür die Grundschule

Nr. 14 Robinson bei den Straßenkindern von Rio.Mit Bastelbogen.

Nr. 15 Sheelas Hochzeit. Mit Mandala-Malbogen.

Hörspielkassette zu Kinder, Kinder Nr. 11Robinson in Äthiopien

Ca. 40 Minuten. Preis: 6,- EuroRobinsons Spendenfaltdose

Zum AusmalenKinder helfen Kindern

Wir haben für euch Ideen gesammelt, wie Kinder hierKindern in Entwicklungsländern helfen.

WWeeiitteerree „„KKiinnddeerrKKiinnddeerr““ –– HHeeffttee::