9
Monatshefte fiir Chemie 115, 391--399 (1984) Monatshefte fiir Chemie Chemical Monthly © by Springer-Verl~g 1984 Eine kleine Elektrolysezelle ffir organische Synthesen Versuch einer Standardisierung I)ierk Knittel* und Almut tIenning Institut fiir Physikalische Chemie, Universit/£t Hamburg, D-2000 Hamburg 13, Bundesrepublik Deutschland (Eingegangen 2. Mai 1983. Angenommen 4. Oktober 1983) A Small Electrolysis Cellfor Organic Syntheses; an Approach Towards Standardization A versatile electrolysis cell is presented, stable to common organic solvents and easy to handle, which allows organic electrosyntheses to be performed in rather short time under conditions of low voltage, exact separation of anode and cathode compartment and good potential control. Test examples of performance are given. ( Keywords." Electroorganic syntheses; Electrolysis cell; A protonic solvents) Einleitung Synthesechemiker, die elektrochemische Methoden einsetzen oder nachvollziehen wollen, finden meist die Angabe der verwendeten Elektrolysezelle ,,as described elsewhere". Weiterhin besteht noch ein Mangel an einem ,,Gattermann" /~hnlichem Handbuch, das fiir diese Arbeitsteehniken korrektes Arbeiten zu vermitteln vermag. Als Beispiel einer Zelle, die kaum neue Freunde fiir elektroorganische Synthesen zu gewinnen verrnag, sei hier die Zellenbesehreibung yon Manousek et al. angefiihrt I. Folge der unterschiedlichen verwendeten Zelltypen ist, dab es oft zwecklos ist, fremde Ergebnisse reproduzieren zu wollen. Trotz einer Vielfalt wertvoller Literatur 2, teils auch wieder mit mehr technischen Aspekten 3, wird organische Pr/~paration mit Hilfe yon Elektrolysen daher zuwenig gesch/~tzt. Elektrolysen als Heterogenreaktionen sind yon der apparativen Seite her gesehen ohnedies yon mehreren Parametern abhgngig (haupt- s/~chlich Potentialsteuerung und Stofftransport, weitere Details in2).

Eine kleine Elektrolysezelle für organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Eine kleine Elektrolysezelle für organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

Monatshefte fiir Chemie 115, 391--399 (1984) Monatshefte fiir Chemie Chemical Monthly

© by Springer-Verl~g 1984

Eine kleine Elektrolysezelle ffir organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

I)ierk Knittel* und Almut tIenning

Institut fiir Physikalische Chemie, Universit/£t Hamburg, D-2000 Hamburg 13, Bundesrepublik Deutschland

(Eingegangen 2. Mai 1983. Angenommen 4. Oktober 1983)

A Small Electrolysis Cell for Organic Syntheses; an Approach Towards Standardization

A versatile electrolysis cell is presented, stable to common organic solvents and easy to handle, which allows organic electrosyntheses to be performed in rather short time under conditions of low voltage, exact separation of anode and cathode compartment and good potential control. Test examples of performance are given.

( Keywords." Electroorganic syntheses; Electrolysis cell; A protonic solvents)

Einleitung

Synthesechemiker, die elektrochemische Methoden einsetzen oder nachvollziehen wollen, finden meist die Angabe der verwendeten Elektrolysezelle ,,as described elsewhere". Weiterhin besteht noch ein Mangel an einem ,,Gattermann" /~hnlichem Handbuch, das fiir diese Arbeitsteehniken korrektes Arbeiten zu vermitteln vermag. Als Beispiel einer Zelle, die kaum neue Freunde fiir elektroorganische Synthesen zu gewinnen verrnag, sei hier die Zellenbesehreibung yon Manousek et al. angefiihrt I.

Folge der unterschiedlichen verwendeten Zelltypen ist, dab es oft zwecklos ist, fremde Ergebnisse reproduzieren zu wollen. Trotz einer Vielfalt wertvoller Li tera tur 2, teils auch wieder mit mehr technischen Aspekten 3, wird organische Pr/~paration mit Hilfe yon Elektrolysen daher zuwenig gesch/~tzt.

Elektrolysen als Heterogenreaktionen sind yon der apparat iven Seite her gesehen ohnedies yon mehreren Parametern abhgngig (haupt- s/~chlich Potentialsteuerung und Stofftransport, weitere Details in2).

Page 2: Eine kleine Elektrolysezelle für organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

392 D. Knittel und A. Henning:

Um so eher ist es nStig, mSglichst in allen Laboratorien eine einheitliche Vorgangsweise einzuhalten, um die Reproduzierbarkeit der Synthesen auch anderen Arbeitsgruppen einfach zu ermSglichen.

So sei ein hgufiger Fehler kurz erl~utert, der bei anf~nglich aprotoni- sehen Bedingungen oft bei kathodischen I~eduktionen auftr i t t , wenn Perchlorate als Leitsalze verwendet werden (stellvertretend Lit.4). Ein

Abb. 1. Gesamtansieht der Zelle

Vergleich der verfiigbaren Ladungstrgger in Anoden- und Kathoden- raum mit dem gewtinschten Stoffumsatz zeigt oftl dal3 zum Stromtrans- port Unmengen yon Protonen - aus der Anodenreaktion des Perchlora- tes s tammend -- in den Kathodenraum eindringen, wenn nicht Sorgfalt auf sichere Trennnng der beiden Rgume gelegt wird und nicht auch der yon der Synthese her , ,uninteressante" Anodenraum gelegentlich mit unverbrauchtem Elektrolyten neu beschickt wird.

Die vorliegende Arbeit wendet sich in erster Linie an synthetisch arbeitende Organiker als an die an mechanistischen Problemen Interes- sierten, abet auch auf solchen Gebieten ist rasche Produktdarstel lung wertvoll. Wir stellen hier eine Elektrolysezelle vor, die unsrer Meinung nach gut geeignet wgre, Standardausriistung zu werden.

Page 3: Eine kleine Elektrolysezelle für organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

Eine kleine Elektrolysezelle 393

=/1

6~tI J

I

I

Abb. 2. Zellenunterteil. 1 Planschliffe, 2 Feder-Halterungsring, 3 Arbeits- Elektrodenraum, 4 Thermostatansehliisse, 5 Silikonkautschukring, 6 Arbeits- elektrode, 7 Cu-Blech-Untergrund, 8 Stromzufiihrung, 9 Zellboden aus glasfa- serverst//rktem Teflon, l0 Haltefeder, I 1 Bodenplatte (alle Mal~angaben in ram)

Ergebnisse und Diskussion

Als Anforderungen fiir die Konstrukt ion der Zelle haben wir gewghlt: a) Exakte Trennung gegen Durchmischung zwischen Anoden- und

Kathodenraum. b) Schnelle Abreaktion eines eingesetzten Substrates, um Neben-

oder Folgereaktionen geringzuhalten, durch giinstiges Verh/~ltnis yon Elektrodenfl/~che zu Zellvolumen, und um wiederholte Zugaben des Substrates rasch zu ermSglichen.

c) Kleiner bis m/~l~iger Zellwiderstand auch bei mittleren Stromst/~r- ken, um auch bei schlecht leitf/ihigen Elektrolyten im Rahmen der Leistungsfdhigkeit iiblicher Strom- bzw. Potentialregelger/~ten zu blei- ben.

d) Weitgehende Chemikalienfestigkeit, damit viele LSsungsmittel zum Einsatz gelangen kSnnen.

Page 4: Eine kleine Elektrolysezelle für organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

D. Knittel und A. Henning: 394

15-

I i 1-17 i I

Abb. 3. Oberteil der Zelle. 12 Titriergeflagdeekel der Fa. Methrom EA665, 4 SchlifPoohrungen NS14/23, 1 Bohrung NS29/26, 1 Bohrung 6 m m ~ , 13 Gegenelektrodenraum mit NS 19/26, 14 Gewinde, Quickfit SQ 24, 15 Silikon- kautschukdichtung, 16 Ionenaustauschmembran (z. B. Nation, Du Pont oder P 1025 yon t~AI), 17 Gewindeschmube, verstgrktes Teflon, 18, 19 Ansaug- bzw. Auslaufrohr fiir Elektrolytumw~/lzung mittels Schlauchpumpe, 20 Sehraubkap-

pen, 21 Pt-Netz-Gegenelektrode

e) Kleines Arbeitsvolumen, um Chemikalien nieht zu versehwenden. f) Aufbau weitgehend aus kgufliehen Teilen bzw. aus glasteehniseh

einfaeh herzustellenden. g) Einfaehe Montage und Handhabung sowie Flexibilitgt bei der

Auswahl der einzusetzenden ElektrodenmateriMien. h) Visuelle Beobaehtungsm5gliehkeit.

Abb. 1 zeigt die Fotografie der gesamten Konstruktion, deren Details in den darauffolgenden Abbildungen angefiihrt sind.

Alternativ zum Sehraubgewinde 14 -- 17 fiir die Befestigung kann die Ionenaustauschermembran mittels Araldit K]eber AV 138M und Ab- deckung der Klebenaht mit Silikonkleber angebraeht werden, wodureh ein grSBerer Diaphragmaquerschnit t und damit kleinere O h m ' s c h e

Widerst/~nde erm5glieht werden. Nieht gezeigt sind Gaseinleitungsrohr und Thermometer, sowie nieht die H a b e r - L u g g i n - K a p i l ! a r e , die durch eine der freien Bohrungen mit gerader Spitze (ausgezogenes Sehme]z- punktsrShrehen oder ein zum Elektrodenmit telpunkt gebogener, diin- ner Polyethylschrumpfsehlauch) bis etwa auf 1 mm an die Elektrode herangefiihrt wird. Die Position der Kapi]lare hat te in den folgenden Beispielen keinen nennenswerten Einflug auf das Elektrolyseverhalten.

Page 5: Eine kleine Elektrolysezelle für organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

E i n e k l e i n e E l e k t r o l y s e z e l l e 3 9 5

r~

c~

0~- -~

© ©

~ ,_c~

o ~ II

I I I I I I I I l I "~

• ~ "4~

4.~ 0

• ~ ®

~ . -~ ~ ~ o ~ ~ ~

~.~ ~,, ~-~

+ , .~ , . ~ ' ~ ~ ~ ~

~ , . ~ ~.

Page 6: Eine kleine Elektrolysezelle für organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

396 D. Knittel und A. Henning:

%

c~

m

®~

o m

© _~

4S © ©

~ " o ,.m'

~ S

I I I I I c o ¢ 0 0

,.6

c/3

®.=. m ~

Page 7: Eine kleine Elektrolysezelle für organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

Eine kieine Elektrolysezelle 397

Tempera turmessungen in der Nghe der grSgte n Joule'sehen Wgrmeent- wieklung -- unter der Membran -- geben selbst bei einer Verlustleistung yon 2 0 - - 3 0 W in 25ml Elekt ro ly tvolumen nur eine Abweiehung yon + 2 K gegeniiber dem Wer t des Kiihlmantels.

In den folgenden Tabellen sind Beispiele fiir Elektrolysen versehie- dener Art zusammengestel l t , aus denen das Verhalten der Zelle ersieht- lieh werden soll.

~00' rnA \.\

"X.\ "\

I 500 s

"1 mF

Abb. 4. Strom-Zeitverlauf ( . . . . ) zu Test 14 und Ladungs-Zeitverlauf fiir die erste ( ) und vorletzte (-- -- --) Substratzugabe

Die Tests 1--5 sollen die Sehnelligkeit des I~eaktionsgef//Bes von minimalen Fiillvolumen an bis zum prakt ikabels ten Volumen yon 25 m l bei Substraten versehiedener GrSge demonstrieren. Die Tests 4 u n d 5 lassen die erheblieh besehleunigte Umsetzung bei Umw~ilzung des Elektrolyten mittels einer einfaehen Sehlauehpumpe (wie in Abb. 2 eingezeiehnet) gegeniiber der gewShnliehen Magnetri ihrung absehgtzen (geringe ErhShung der Zeit, t rotz Verdopplung des Volumens).

Die zweite Tabelle bringt Beispiele bekannter kathodiseher Reduk- tionen unter sehleehten Leitfghigkeitsverhgltnissen, bei denen hier Substra t in mehreren Port ionen zugesetzt wurde. Abb. 4 illustriert, dab aueh bei derar t igem vielfachen Umsatz das zeitliehe Verhalten der Elektrolyse unver~;ndert ist. Die angegebenen Reaktionszeiten sind wesentlieh zu verkiirzen, wenn nieht vor jeder Neuzugabe das Abklingen des Stromes abgewar te t wird. Das P roduk t spek t rum yon Test 15,

Page 8: Eine kleine Elektrolysezelle für organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

398 D. Knittel und A. Henning:

--4- 1 - i

2 - 3----I !

Abb. 5. Grol3e Laborzelle: 1 Teflonhiilse mit Gewinde, in der HShe versehiebbar, 2 Ionenaustgusehermembran, 3 Uberwurfgewinde, Teflon, 4 Zellenunterteil,

Teflon, 5 Kiihlsehlange, 6 eingebettete Arbeitselektrode

entsprechend den Angaben yon Jeminet etal . s durchgefiihrt, sieht gegeniiber dem dort angegebenen (35~ Sulfon, 30~o Methylsulfid, 35~o Thiol, kein Disulfid) deutlich ver/indert aus; ein Befund, der die Notwendigkeit einer Vereinheitlichung der Arbeitsweise illustriert.

Sollen aus Griinden der LSslichkeit oder der Verfiigbarkeit von vorneherein grggere Elektrolytvolumina eingesetzt werden und spielt lgngerer Zeitbedarf keine Rolle, so kann eine Zelle (Arbeitsvolumen 150--200 ml) herangez0gen werden, die in Grundziigen yon Kastening 6 bereits besehrieben wurde. Mit wenigen Anderungen kann sie ebenfalls zu grol3er Flexibilitgt und sicherer Trennung der Elektrolytrgume gefiihrt werden. Abb. 5 gibt die wiehtigsten MerkmMe dieser Xnderun- gen an.

Page 9: Eine kleine Elektrolysezelle für organische Synthesen Versuch einer Standardisierung

Eine kleine Elektrolysezelle 399

Tests mit dieser Zelle bei Verwendung yon 200 ml K~tholyt (50~ Ethanol in 1 m NaOH) ergeben bei der reduktiven Dimerisierung yon Benzaldehyd (20 mmol, AnfangsstrSme um 1~2 A bei Zellspannungen yon 12 -- 15 V) Hydrobenzoin in Ausbeuten yon 75 --82% in Reaktions- zeiten von etwa 4 Stunden (vgl. Synthesezeit von 20 Stunden bei Stocker et al. 7).

Die Vielseitigkeit der hier vorgestellten Elektrolysezellen ist unsrer Ansicht nach durch die Beispiele ausreichend belegt, wenngleich die Zellen nicht filr hohe Temperaturen einzusetzen sind, da bisher keine Kiihlung des Gegenelektrodenraumes vorgesehen ist.

Der Synthetiker benStigt ein verl/~ftliches Elektrolysewerkzeug -- wir hoffen, da$ unsre Konstrukt ionen dies werden kSnnen und dab sie einen Anfang zur Schaffung vergleichbarer Arbeitsweisen darstellen. Fiir Kri t ik und ffir Mithilfe bei Verbesserungen sind wir jederzeit dankbar.

Literatur

Manousek 0., Volke J., Hlatvat¢ J., Electrochim. Acta 25, 515 (1980). 2 Baizer M. M. (Hrsg.), Organic Electrochemistry. Marcel Dekker. 1972; Beck

F., Elektroorganische Cbemie. Weinheim: Verlag Chemie. 1974; Eberson L., Schdifer H., Organic Electrochemistry, in: Fortschritte dcr chcmischen Forschung, Band 21. Berlin-Heidelberg-New York: Springer. 1971; Gileadi E., Kirowa-Eisner E., Penciner J., Interracial Electrochemistry. Reading, Mass.: Addison-Wesley. 1975; Weinberg N. L. (Hrsg.), Techniques of Elcctroorganic Synthesis, in Techniques of Chemistry, Vol. V. Wiley. I974; u. v. a.

3 Graft G. M., Chem. Engn. 90, 14 (1983). 4 Kistenbriigge r L., Vofi J., Annalen 1980, 472. 5 Jeminet G., Simonet J., Gourcy J. G., Bull. Soc. Chim. Ft. ]974, 1102.

Kastenin 9 B., Gostiga-MihelSid B., Divi~'ek J., Faraday Discuss., Chem. Soc. 56, 341 (1973).

7 Stocker J. H., Jenevein R. M., J. Org. Chem. 33, 2145 (1969).