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Eine neue Oxydationsstufe des Palladiurns. Yon LOTEAR WBHLEB und FRIEDEL MARTIN. Von den dem Palladium verwandten Metallen sind Sesquioxyde oder Derioate derselben bekannt. Das freie Sesquioxyd des Iridium zerfallt zwar nach Versuchen von L. Wij~~sa und WITZXANN’ bei hbherer Temperatur in Dioxyd und Metall, ist aber als Hydrat bei Zimmertemperatur beetgndig, wenn auch nicht v6llig frei von ver- unreinigendam Alkali zu erhaltene2 Unlangat gelsng es BLONDEL 9 eina Sulfatoplatinsesquioxyd- schwefelsaure darzustellen. Dumb Kochen mit verdiinntem Alkali erhielt er daraus ein unreines alkalihaltiges Oxyd der annlihernden Zusammensetzung eiiies Sesquioxyds. Vom Palladium waren bisher weder Sesquioxyd noch Verbin- dungen diem Oxpdationsstufe bekannt. Arbeitsplan: Zur Herstellung von Palladiumsesquioxyd lassen sich zwei Wege henutzen, derjenige der Reduktion von Dioxyd und derjenige der Oxydation von Oxydul. Ein dritter Weg, der der Umsetzung eines Salzes mit Alkali, macht die Dardellung solchen Derivates zur Voraussetzung, die dam wiederum durch Reduktion bekannter Dioxydsalze , bzw. Oxydation von Xonoxydderivaten er- folgen kann. I, Das Pa;lladiumsesquioxydhydrat. 1, Far den Versuch, das Sequioxyd durch Reduktion aw Dioxyd zu erhalten, wurde die von L. W~HLER und K~NIG 4 gefundene Dare 1 2. f. Ehktrochmn. 14 (1808), 97. 2 WOBLEB und WITZBSANN, 2. aptorg. Chm. 67 (1908). Awa. Chern. Php. [S] 6 (1905), 90. R morg. Chem. 46 (1905), 523; 2. f. Eiektrochem 11 (I905), 836.

Eine neue Oxydationsstufe des Palladiums

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Eine neue Oxydationsstufe des Palladiurns. Yon

LOTEAR WBHLEB und FRIEDEL MARTIN.

Von den dem Palladium verwandten Metallen sind Sesquioxyde oder Derioate derselben bekannt. Das freie Sesquioxyd des I r idium zerfallt zwar nach Versuchen von L. W i j ~ ~ s a und WITZXANN’ bei hbherer Temperatur in Dioxyd und Metall, ist aber als Hydrat bei Zimmertemperatur beetgndig, wenn auch nicht v6llig frei von ver- unreinigendam Alkali zu erhaltene2

Unlangat gelsng es BLONDEL 9 eina Sulfatoplatinsesquioxyd- schwefelsaure darzustellen. Dumb Kochen mit verdiinntem Alkali erhielt er daraus ein unreines alkalihaltiges Oxyd der annlihernden Zusammensetzung eiiies Sesquioxyds.

Vom Palladium waren bisher weder Sesquioxyd noch Verbin- dungen d i e m Oxpdationsstufe bekannt.

Arbe i t sp l an : Zur Herstellung von Palladiumsesquioxyd lassen sich zwei Wege henutzen, derjenige der Reduktion von Dioxyd und derjenige der Oxydation von Oxydul. Ein dritter Weg, der der Umsetzung eines Salzes mit Alkali, macht die Dardellung solchen Derivates zur Voraussetzung, die d a m wiederum durch Reduktion bekannter Dioxydsalze , bzw. Oxydation von Xonoxydderivaten er- folgen kann.

I, Das Pa;lladiumsesquioxydhydrat. 1, Far den Versuch, das Sequioxyd durch Reduktion aw Dioxyd

zu erhalten, wurde die von L. W~HLER und K ~ N I G 4 gefundene Dare

1 2. f. Ehktrochmn. 14 (1808), 97. 2 WOBLEB und WITZBSANN, 2. aptorg. Chm. 67 (1908).

Awa. Chern. Php . [S] 6 (1905), 90. R morg. Chem. 46 (1905), 523; 2. f. Eiektrochem 11 (I905), 836.

- 399 - stellungsmethode durch elektrolytisch-anodiscba Oxydation von Palla- diumoxydulnitratlSsung benutzt. Urn mijglichst unzersetzte Sub- stanzen zur Analyse zu haben, wurden die Niederschlge meistens nicht getrocknet, sondern nur zwischen Filtrierpapier abgeprefst und feucht rtndysiert. Die A n d y se erstxeckte sich damentsprachend nur darauf, den Sauerstoffgehalt volumetrisch durcb zersetzendes Glfihen festzustelleu.

Der theoretische Sauerstoffgehalt des Dioxyds von 23.100/, 0, wurde selten erxeicht , er schwankte meistens zwischen Sesquioxyd- und Dioxydzusammensetzung , war aber auch gelegentlich unter 18.39O/, 0,, dem Gehalte des Sesquioxyds.

Urn zu prtifen, ob die Zersetzung des Dioxyds, die bei gewahn- licher Temperatur langsam erfolgt,l bei der Zusammensetzung dee Sesquioxyda halt macht, ob also eine geringere SauerstoiTtension desselben seine Herstellung unter bestimmten Bedingungen ermirg- licht, wvurde eine Substanz mit 19.60*/, 0,-Glehalt (1) in Wasser suspendiert und gefunden, dafs Dioxyd sich unter Wasser stetig zersetzte, bis schliefdich nach fiinfzigthgigem Stehen Oxydulgehalt erreicht wax (2).

Ein Dioxyd mit ZO10 Alkali (3) zersetzte sich trota dieses Alkali- gehaltes , pis weit unter Sesquioxydzusammensetzung freiwillig beim Stehen unter Wasser (4).

Atm, ist also &us Dioxyd das Sesquioxyd durch Zersetzung nicht zu erhalten. Auch reiner Sltuerstoff und selbst Sauerstoff von 80 Atm. Druck vermag bei Zimmartemperatur im Autoklaven die Dissoziation von Oxyd nicht zu verhindern. Nach awei Monaten war der Gehalt auf 17.16 Ol0 (5) gesunken. Die Qeschwindigkeit der Zersetzuag war, wie naturlich, unter diesem hohen Druok eine geringere.

Bei dem ntmosphgrischen Sauerstoffdruck von

met. Yd B 09 O i O 4 Alkali ber. f. PdO: 1. 0.1052 0.0258 19,60 2. 0.1019 0.0149 12.80 13.06 0, 3. 0.0677 0.0160 18.72 1.86 4. 0.0015 0.0174 16.00 1.85 5. 0.0582 0.0121 17.16

Es entsteht dabei die Fxage, ob ilberhaupt itu8 Dioxyd ein Sesquioxyd als Zwischenstufe entstehen kann. Hat niimlioh das Sesquioxyd einen hiiheren Sauerstoffdruck &la Dioxyd, entsteht es

1 L. W~HLIGR und Kosm, Z anwg. Ckm. 48 (1905), 332. 2. owrg. Chm. 46 (1905), 327.

- 4ao - wie dieses also endoenergetisch, nber mit gr8 !Per e m Aufwand an Energie als das Dioxyd, so wie es von L. W~IHLER und W. Wrrz- MANN far das Sesquioxyd bzw. Dioxyd des Iridinms festgeatellt wurde, so ist die Gewinnung des Sesquioxyds aus dem Dioxyd durch direkte Sauerstoffentziehung ausgeschlossen. Vielrnehr wird dae Sesquioxyd alsdann, wie stets die mittlere Oxydationsstufe hi3 he ren Sauerstoffdruckee, freiwillig in die beiden extremen Seitesstufen niedrigeren Druckes zerfrtllen , aleo zu Dioxyd und Oxydul : Pd,O, -* PdO, + PdO, wiihrend es andernfalls als Mittelstufe rni t t leren Druckes aus den beiden Ssitenstufen haheren bzw. niederen Druckes freiwillig sich bilden wird: Pd,O, +- PdO, + PdO.

2. Es wurde daher als aussichtsreichex der zweite Weg, der der Oxydation von Oxydul gew&hlt, weil die Anwendung hohen elektro- lytisch-anodischen Sauerstoffdruckes auch die Darstellung eines nur vorabergehend bestkndigen Sesquioxyds gestattet, wenn seine Zer- fallgeschwindigkeit geniigend klein sich erweist. In der Tat schien dieser Weg sehr aussichtsreich dadurch, d d s bei der Dar- stellung von Dioxyd aach WOHLELZ und 961~1~ bei kurzer Elektro- lysendauer wir aufserordentlich hsufig Produkte von snnahernd dem Sauerstoffgehalt des Sesquioxyds erhielten, so dafs die Ver- mutuag nahe lag, dafs primgr sich das Sesqniortyd bildet, das durch weitere Reaktion erst zum gewlinschten Dioxyd wird.

Die friihere Angabe, dafs bei dieser Dmtellung von Dioxyd durch anodische Oxpdation die Ausgangaliisuag von Palladiumnitrat nur wenig muer sein 8011, bedarf iibrigens einer Berichtigung. In gam neutralcr L6snng tritt naturlich Hydrolyse des Oxydulnitrata ein. Aber auch bei nur achwach saurer LBsung iat die Oxydation gering und steigt aogar mit sunehrnendem S&uregeh&.

Eine ganz neutrale Lasung von Pallodiumorpdulnitret wurde unter Eis- Salz-KUhlung elektxolysiert. Dabei fie1 ein grauer, seidengl&nzender Nieder- schlag BUS - Krystalle waren unter dem Mikrolop nicht zu erkenaen - der sicb als salpeterslure- und salpe~igsiurohaltiges Oxydul erwies. Die Losung war indeseen dunkler und infolge Diffusion der $Sure von der Kathode saurer geworden. Bei fortgesetzter elektrolptischer Oxydation des Filtrats fie1 nzch 2 Stunden schliefulieh eioschwarzbrauner Niederschlag, dessen Sauerstoffgehalt sbor unterweit untar demjenigen der Sesquiorydzusammensetzung lf~g(7) . h a nunmehr stgrker sauer gewordene Filtrat wurde weiter elektrolysiert, wobei raschere FBllung eintrat und der Sauerstoffgehalt des erhalteuen Produktes wucha (8). Bei aer weiteren Oxydation der nicht arschopften Filtrak, die im Laufe der Elektrolyse durch hydrolytische Spaltung van Nifrst eowohl ale auch durch Diffusion der Salpetersiiure aus dem Uiaphragma ziemlich etark sauer ge- worden waren, wurde ein nunmehr achokoladenbrauner Niederschlag orhalten, der jeweils die konstante Zusammensetzung von Sesquioxyd hatte (9) u. (10).

1. c.

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met. Pd g 0 2 O10 0 2 ber. fur Pd,OB: 7. 0.0550 0.0106 16.38 18.39 o/o 0, 5. 0.0777 0.0165 17.74 9. 0.0233 0.0053 18.43

10. 0.0432 0.0096 18.25

I n schwach saurer Lasung erfolgt nur dadurch' Oxydation , dafs man durch starke Kuhlung das Wasser sum Gcfriercn und die Saure dadurch znr Anreicherung bringt. Die Niedcrschlage enthalten aber dann nieist etwas Oxydul, jedenfalls durch freiwillige Zersetzung von Sesquioxyd entstandcn, in- folge der langen Dauer des Versuchs. Der Sauerstoffgehalt fallt immer etmas zii niedrig aus (ll), (12), (13).

met. P d g 0 2 ' i0 0, 11. o.oss0 0.0150 16.99 12. 0.05715 0.01047 18.48 13.. 0.1040 0.02645 17.75

Kine gcwisse Siiurckonzentration ist daher ~ wie zur anodischen Oxyd- darstellung des Hlcis, so such hicr unbedingt erforderlich.

Zur Darstellung verfahrt man am besten folgendermaken : Ca. 1 g metdlisches Palladiuni lost man in konzentriertcr

Snlpetersaure in moglichst geringem Gberschufs, verkocht die nitrosen Diimpfe und verdiiiint iiach dem Filtrieren mit Wasser rind ca. 30 cni norm. Salpetersaure auf ca. 75 ccm. Die Lfisung von lichtroter Farbe wird nun in einer Kiiltemischung auf ca. 8 O C abgekuhlt, wobei Eisausscheidung in der Liisung statt- findet. Die dadurch bedingte Erhohung des Sguregehaltes lal'st die Liisung beim Elektrolysieren mit 0.5 Amp. /qcm des Elektroden- Platindrahtbundels rasch dunkel werden. Nach einiger Zeit wird die Losung trube, nimmt dss Aussehen kolloidaler Suspension an uncl nach eiiier Stunde, oft schon fruher, tritt eiiie Fallung ein, die sich in wenigen Uinuten stark vermehrt. Der braune Nieder- schlag wird sogleich, nachdem e r ausgefallen ist, abfiltriert und die adht ie rende Salpetersaure ausgewnschen (Diphenylaminreaktion). Bei steter Eiskuhlung wghrend des Auswaschens mit Eiswasser ergab sich imnier ein dem Sesquioxyd genau entsprechender Sauer- stoffgehalt. Das erhaltene Sesquioxydhydrat ist dabei viillig frei von Sa,lpetersiiure zu erhalten.

met. Pd g 0 2 oio 0, ber. fur Pd,O, 14. 0.0477 0.0171 15.33

16. 0.0446 0.0101 18.45 17. 0.0544 0.0122 15.31

15. 0.0672 0.0 152 18.47 18.39 0%

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Dieses Sesquioxyd erhalt man allerdings nur dam, wenn man den Niederschlag direkt nach der Ausl~l lung abfiltriert. Lalst man ihn in der Losung und elektrolysiert weiter, so tritt eine sichtbare Verknderung desselben ein, e r wi rd z u Dioxyd. - Das reine Sesquioxyd fallt namlich als voluminher, sehr mrasserreicher Nieder- schlag aus. Bei der Weiterelektrolyse nber geht er langsam aus diesern flockigen in einen dichteren, mehr sandkihnlichen Zustand fiber; er wird wasseriirrner., gewinnt dabei eineri Stich ins Rotliche, wie ihn Dioxyd besitzt, dtts durch Fallen rnit Soda aus Kalium- Prtlladiumchlorid und darauffolgendes Behaiideln mit 1101'1~.

Schwefelsaure zu bekommen ist. I n mafsig saurer Losung geht diese Verwaridlung in Dioxyd nur langsam vor sich. So wurde eiii Sesquioxyd (mit 18.4O/, 0,) in der Losung, in der es entstan- den war, 3/i, Stunden (18), ein anderes 1 Stunden lang der Elelr- trolyse uriterzogen, wobei der Sauerstoffgehalt yon 18.4 @I:, langsam aber deutlicb zunahm (19).

met. Pd g 0, O ' O Q, 18. 00737 0.01 74 19.10 19. 0.1052 0.0256 19.60

Schneller erhalt man Dioxyd, wenn man von vornherein von einer stark snuren Losung aixsgeht. Aus einer Losung, die norm. salpetersauer war, wurde nach ca. 11/2 stundiger Elektrolyse cin nioxyd fast theoretischen Gehaltes, und zwar salpetersaurefrei er- halten (20). Aus stark (5/1 norm.) salpetersaurer Losung fie1 beirii Elektrolysieren allerdings auch Dioxydhpdrat, das aber salpetwsiinre- haltig war r21).

met. Pd g 0 2 O, 0 0, ber. f i r PdO; 20. 0.0611 0.0177 23.45 23.05 o , o 0, 21. 0.0721 0.021 4 22.90

I)as P r i m i i r p r o d u k t d e r E l e k t r o l y s e i s t d a h e r dns Sesquioxycihydra t , a u s dem e r s t s e k u n d g r d a s Dioxyd ent - s t eh t , eritweder durch Sauerstoff hijheren Potentials als unbestkn- digeres Oxyd, oder durch einfachen Zerfall des unbestandigeren Ses- quioxyds hijhereu Potentials in die zwei extremen Stufeii niederen Sauerstofydruckes. Die erstere Annahme bringt die schmierige Vor- stellung mit sich, das unlosliche , primiir ausgefallene Sesquioxyd durch Elektroendosmose an die Anode zu schaffen zwecks weiterer Oxydation und Entwiisserung. Die zweite dagegen deutet dmch den Zerfall und die Auflosung des dabei entstandenen Oxyduls in

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Salpeterssure zu weiterer Oxydation auch befriedigend die Mit- wirkung des Stromes und der Salpetersiiure, da beido bekanntlich wasserentziehencl wirken, und der Wassergehalt in gleicher Weise wie der Alkaligehalt die Bestsndigkeit vieler Osyde erhoht, ihreii Zerfall daher behindert; z. B. bei Chromsaureanhydrid, Chromdioxyd, Mangandioxyd, Iridiumsesquioxyd u. 17. a.

Urn zu entscheiden, wie die Bildung von Dioxyd aus Sesqui- oxyd erfolgt, wurde ein frisch hergestelltes, ausgewaschenes Sesqui- hydroxyd in Salpetersgure derselben Konzentration , wie sie d ~ e RfutterlGsung aufwies, eingetragen und Strom hindurchgeleitet. Dabei f’iirarbt sich dieselbe schnell gelb, von gelostem Oxydul herriihrend, das mittels Sodafiillurig als solches durch die hellgelbe E’arbe und den Xlangel an Chlorentwiclrelung mit Salzsaure nachgewiesen werden lrann, wahrend der suspendierte Niederschlag allmahlich die rotliche Dioxydfarbe annimmt. Demnach geht die Dioxydbildung derart von statten, dafs s i c h S e s q u i o x y d b e i f o r t g e s e t z t e r E l e k t r o - l y s e s p a l t e t in D i o x y d u n d O x y d u l , welch l e t z t e r e s d u r c h S a l p e t e r s a u r e h e r a u s g e l t i s t u n d w e i t e r o x y d i e r t wird. 111

der Tat findet eine Weiteroxydation von Sesquioxydsuspension in norm. Natronhuge in nicht nennenswertem Betrage statt, da sich

Oxydul in dem Alkali nur in minimaler Menge zu Iiisen vermag ( 2 2 )

met. Pd g 0, “6 0% ber. f i r Pd,O,: 23. 0.0590 0.0133 18.30 18.39 0,

Die Oxydation des Palladiumoxytluls in salpetersaurer Lijsung findet cleinnach in einer anderen Stufenfolge statt a18 dies nach FOEBSTER bei der anoclischen Oxydation von alkalischem Nickel- oxydul im Edisonakkumulator der Fall ist. Hier bildet sich zuerst aus Oxydul unter dem Zwang anodischen Sauerstoffdruckes das leicht zersetzliche Dioxydhydrat , das unter Sauerstohbgabe frei- willig in Scsquioxydhydrat ubergeht. Atis Pallacliumnitrat dagegen entsteht primir Sesquioxydhydrat ; aus diesem erst erfolgt durch Spaltung Dioxyd und Oxydul.

Die Oxydation von Palladiumoujdul zu Sesquioxyd gelingt in ’ I 2 norm. salpetersaurer Losung ebenso gut du rch O z o n , hier u ie dort sinnfallig nachweisbar durch Bildung des weitrr unteii be- schrielsenen, charakteristischen, schwarzgrunen Casiumsalzes. Bei langerer Oxydntionsdauer bildete sich auch hier ein Uioxyd (23) .

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met. Pd g 0, Oiio 0, her. fur Pd,O,: 23. 0.0354 0.0086 19.56 18.39 'I,, 0,

Dagegen gelingt die Oxydation von Palladiumovydul in s a l z - s s u r e r LGsung mit Ozon nur dann, wenn die Losung nur ganz geringe Mengen freier Salzslure enthalt und auch dann nur langsam. Die beobachtete Notwendigkeit von SalpetersLure, und zwar in griil'serer lionzentration ist durch die leichtere hydrolytische Spaltbarkeit des Nitra ts im Vergleich zum Chloridkomplcx zu kolloidal geltistem P~illadiumoxydulhydrat bedingt. Die Salpetersaure der Sitratlosung client wie bei der anodischen Osydation zum Ausflocken des als Kolloid gebildeten Sesquioxyds. dbgesehen davon , clals d;ls Ultra- mikroskop deutlich diesen liolloidnlen Charaktcr der Palladium- iiitratlijsung erkennen lalst, wie wir feststellen , ergibt sich clie Bedingung kolloiden Ausgangsproduktes aus folgendem Versuch: gwei Palladiumnitratlijsungen wurden so hergestellt, dals zur ersten metnllisches Palladium mit uberschiissiger Sslpetersiiure kalt be- hnndelt, darauf bis zu einem gemissen Grade verdiinnt wurde, fur die zweite uberschussiges Metall mit Salpetersaure g e k o c h t wurde, so dak Hydrolyse und Kolloidbildung eintrat. Schlielslich wurde letztere Losnng auf dieselbe Saurekonzentration mie die erste gebracht. Beim Durchleiten von Ozon ging der Gasstrom zuerst durch die ungekochte, dann durch die zweite, gekochte aber ebeiifalls vollig Idare Liisung. Die hydrolysierte Liisung liefs als- bald einen starken Niederschlag fallen, walirend die erste kaum nennenswerte Trubung durch Oxydntion zeigte.

3. Als d r i t t e r Weg zur Daratellung von Sesquioxyd war noch die Z e r s e t z u n g e i n e s D o p p e l s a l z e s der Sesquioxydstufe mit Alkali zu untersuchen, analog tier Gewinnung voii Dioxyd aus Raliumpalladiun~chlorid. Es gelang zwar ebensowenig aus dcm Chloriddoppelsalz des Dioxyds die Sesquiverbindung durch Iteduktion zu gewinnen, wie aus dem Dioxyd das Sesquioxyd herzustelien wir ; wohl aber konnten wir durch Oxydation der Chlorurverbindung ziini krystallisierten Sesquichloriddoppelsalz gelangen . clas ~10c.h he- schrieben werden wird. ER war indessen niclit mBglich, daraus eiii Sesquioxyd mit auch nur annahernd theoretischem Sauerstoffgehalt zu gewinnen, infolge seiner grolsen Zersetzlichkeit, die, wie gerade aus diesem Versuche erhellt, tliejenige des Dioxyds sichtlich uber- steigt. I n stark gekuhlte Sodal6sung wurde, wie bei der Dioxyd- herstellung, das Alkalichloriddoppelsalz des Palladiumsesquichlorids eingetragen. Es entstaiid eine dunkelrote, vollkommen klare Liisung,

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die beim Hinzufugen von Eiswasser langsam ein schokoladebraunes Oxydhydrat fallen liefs, das mit Eiswasser ausgewaschen wurde. Es entliielt jedoch neben G o / , Alkali nur 15O/, Sauerstoff, statt der erwarteten 15.4'/, (24).

met. Pd 6 Oe " 0 0, 24. 0.0623 0.01 11 15.13

E i g en s c h a f t e n d e s Pa 11 a d i u m s e s q u i o xy d s.

Pallsdiumsesquioxydhydrat ist bei seinem Entstehen eine Sub- stanz von schokolade- bis katffeebrauner Farbe, beim Stehen unter Wasser, j a selbst schon beini Auswaschen wird das Aussehen dunkler und geht in braunschwarz iiber, mohl ahnlich dcn Oxyd- hydraten des Platins infolge Wasserverlust.

Der Sauerstoff wird, wie erwghnt, freiwillig und leicht bis zur Osydulstufe abgegeben.

So xersetzte sich im Hochsomrner ein Sesqriioxyd bei Zimmertemperatur schoxi in 4 Tagen bis zu 1 o / i o uber Oxydulsauerstoffgehslt (25); selbst beim langeu duswasehen mit Eiswasser findet schou geringe SauerstoffvarminderurIg statt. [(26) Vorher, (27) nachher.] Ebenso verhalt sich die Substanz beim Trocknen im Valiuum uber Schwefelsaure. Nach 4 tiigigein Stehen war der Uxydsauer- Ytoffgehalt schon fast auf die Halfte reduziert, trotzdem die Substanz noch eiiien Wassergehalt von 20 o/o aulwies. [(28) Vorher, (29) nachher.]

ber. fur Pd,O,: met. P d B 0, O h 0, 25. 0.0664 0.01167 14.28 18.39 O i 0 0, 2fj. 0.0446 0 0101 18.48 27. 0.0586 0.0128 17.95 23. 0.0446 0.0101 18.48 29. 0.0668 0.0127 15.99

Die freiwillige Dissoziation hat also das Sesquioxyd mit dem Dioxyd gemeinsam. Nach Versuch (5) geht diese Zersetzung sogar unter einem Sauerstoffdruck von 80 Atm. bei 'Zimmertemperatur von statten. Die Tension des Oxydsauerstoffes ist also bei Zimmer- temperatur uber 80 Atm., das heifst Sesquioxyd und Dioxyd sind jedenfalls unter gewohnlichen Bedingungen stark endoenergetische Verbindungen, wiihrend durch SalLbildung, mit Alkali z. B. zu Palladat, bestandige Verbindungen entstehen. Die Rolle des Alkali kann auch von Waeser iibernommen werden, doch mit dem Unter- schied, dals es einen vie1 geringeren Einfluls zeigt, so dals die Hydrate im Gegensatz zu den Palladaten noch endoenergetisch sind, sich freiwillig, wie oben gezeigt, bis zu Oxydul zersetzen.

L. 'CT'SHIER, Z. anorg. CJiem. 40 (1904), 436.

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Mit dem end o e n e rge t i s ch en C h a r a k t e r der Oxydhydrate im Einklang steht ihr merkwiirdiges Verhalten beim Erhitzen, wobei sie spratzen und unter Ergluhen ihren Sauerstoff abgeben. Erhitzt man sowohl ein im Valiuum iiber Schnrefelsaure getrocknetes als nuch ein zwischen Filtrierpapier nur abgeprefstes Oxyd einigermafsen rasch, so tritt ein Ergliihen der ganzeii Substanz ein. Es kann sich vom schwachen Sufleuchten bis zum heftigen Sufvirbeln und Umherschleud ern d er Substanz steig ern. Trockn e t man namli ch Oxyd, gleichgiiltig ob iiber Schwefelsgure im Vakuum oder durch Warme, so entsteht eiiie schr harte, krustige Substanz, die nur durch festen Schlag zerteilt werden kann. Die Bruchflachen zeigen dabei starlren Glasglanz, und nur schwer ist eiri einigermalsen feines Pulver zu erzielen. Erhitzt man ein solches trockenes Oxyd, so geht zunachst darin enthaltenes Wasser fort; es bildet sich dabei ein Spannungszustand heraus, der durch die oben erwiihnte Krusten- bildung stark begiinstigt wird. Steigt nuu die Temperstur rasch an, so lost sich dieser Zustand der Spannung explosionsartig m s , indem das Ganze zu einem feinen, schwarzen Pulver unter Auf- blitzen zerfallt. Rei diesem Spruhen gibt die Substanz ihreii Oxyd- sauerstoE vollstindig ab. Die Energieentwickelung ist aber so stark, dak auch das Produkt der Zersetznng, dns Palladiumoxydal, noch zum geringen Teil zersetzt w i d . was schon an der oberflachlich metnllischgrauen Farbe des entstehenden Ruckstandes zu bemerken ist (30). Der Wassergehalt der gespratzteii Substanz betrug immerhin noch 7.401,.

met. Pd 6 0 2 o i , 0, ber. fLir PdO: 30. 0.0545 0.0075 12.13 13.06 “lo 0,

111 seinern Verha l t en SBuren u n d Rasei i gegeni iber stelit Sesquioxyd fast direkt neben Dioxyd. Ks ist \vie dieses irn allgemeinen nur trAge loslich, selbst in frisch gefglltem Zustand. Verduniite Salpetersaure lost kalt selbstverstiindlich Sesquioxyd nicht ; es fi l l t ja aus salpetersaurer Losung aus. Xan knnn sogsr das Sequioxyd zur Fallung bringen, wenn ma11 die kolloidal aussehende Liisung, die bei der Eiektrolyse von P:tlladiumnitrat entsteht, durch gekrihlte konzentrierte Salpetersaure zum Flocken bringt. SeIbst i n Salpeter- saure vom spezifischen Gewicht 1.4 ist Sesquioxyd nur in geriiigenl Rlafse in der Kalte loslich. F’risch gefiilltes Sesquioxycl in z/lnorm. Schwefclsgure ist so gut wit? unliislich, in konzentrierter Schwefel- siiure tritt erst nach geraumer Zeit unter Sauerstoffentwickelung

Losung ein. In salpetriger Saure lost es sich indessen infolge ihrer Rcduktionswirkung leicht zu Oxydulnitrat. - In Soda ist Sesyuioxyd, wie zu erwarten, iiicht loslich; selbst in Kalilauge 1 : 1 losten sich erst nach 2tiigigem Stehen geringe Mengen. Beim Er h i t z e n mit diesen Losungemittelii tritt naturlich Zersetzung der Substanz zu Osydul ein mit entsprechendem Verhalten des Produktes. Uber die Einwirkung von Salzsaure sol1 in folgendem berichtet werden.

11. Das Chlorid des Sesquioxyds und seine Alkalichloropalladate. I n Salzsiiure lost sich Palladiumsesquioxyd spielend. und zwar

bei Zimmertemperatur unter Chlorentwickclung. Rei starker Kuhlung entsteht eine braunrote Liisung von Palladiumsesquichlorid. 1st es auch sehr unwahrscheinlich, dafs in dem als Sesyuioxyd angesprochenen pri- mBren Produkt der Elektrolyse in starker Saure jemeils nur ein zufallig aquimolekulares Gemisch von Oxydul und Dioxpd vorliegt, sowohl durch die stets gleiche Zusammensetzungund die einheitliche schokoladebraune Farbe, als auch die geringe Liislichkeit in konzentrierten Sauren, sowie durch die verschiedene Zersetzungsgeschmindigkeit (Versuch 24), so ist doch ein einwandfreier Beweis nur dadurch zu fuhren, d d s man das fragliche Oxycl yuantitativ in ein einheitliches Salz charak- teristischer Eigenschaften iiberfuhrt , aus dem es mit seinen eigen- tumlichen Fahigkeitcn wieder gewonnen werden kann. n i e LGsung des Sesquichlorids ist infolge ihrer leichten Z:rrsetzlichkeit und schwierigen Reingewinnung meniger dafur zu verwenden, als viel- mehr seine Alkalichloriddoppelsalze, die gut krystallisieren und aus den1 Chlorid durch Zufugung von Alkalichlorid entstehen, wie aus Dichlorid das leicht losliche, d o p p e l b r e c h e n d e Ne,PdCl,, aus Tetrachlorid ilas r e g u l a r e o k t a e d r i s c h e l\iIe,PdCl,. Zu seiner Dar- stellung wurde daher Sesyuioxyd mit Chlorkalium unter Eiskuhlung gemischt, einige Tropfen Salzsaure zugegeben und unter dem Mikro- skop die entstehenden 1irJ;stalle Fetrachtet. Deutlich vermag man dabci zwei Arten von Ilrystallen zu unterscheiden, die langen, doppelbrcchenden Nadeln von K,PdCl, und die Oktaeder von I<,PdCI,. Es wurde daher versucht, den wahrscheinlichen sekundhren Zerfall des primar entstandenen Doppelsalzes i n die zwei extremen Stnfen dadurch hintan zu halten, d a k bei sehr tiefer Temperatur gearbeitct und das Wasscr maglichst ausgeschlossen wurcle, also wie bei der Darstellung des in Wasser leicht loslichen und zersetzlichen Knall- natriums, die unter absolutem Alkohol oder Ather ausgefuhrt wird.

L. WBHLER, Ber. dezbtsrh. e l m z . Ges. 38 (1906), 1355.

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Frisch dargestelltes und zwischen Filtrierpapier abgeprefstes Sesquioxyd wurde dazu mit feingepulvertem Knliumchlorid gemischt und in Ather suspendiert, d a m wurde gasformige, gut getrocknete und gekuhlte Salzsaure eingeleitet unter Kuhlung mit Kohlensaure und Ather. Es entsteht ein ockergelber Krystallbrei, der sich unter dem Mikroskop als vo l l s tandig e inhe i t l i ch erweist, wenn auch nnr auf wenige Augenblicke. Bald nachdem der Ather verdunstet ist, wachsen stark doppelbrechende Nadeln von Kaliumpalladium- chloriir hervor. Der primar entstehende Kiirper schien also sehr leicht zersetzlich zu sein, vielleicht durch Einflufs geringer Dilengen Wasserdaxpf. Mit der Loslichkeit in Wasser wird diese Empfindlich- keit wachsen und da bekanntlich die Liislichkeit der ahnlichen Platin- und Palladiumkomplexe rnit wachsendem Atomgewicht der Alkali- komponenten geringer wird, so wurde anstatt Chlorkalium das Chiorid der Rubidiums verwendet.

Es entstand unter Xis-Salzkuhlung und sonst gleichen Bedingungen ein graugruner einheitlicher Korper, ohne jede Doppclbrechung, weil das entstaridene Doppelsalz der Sesquioxydreihe regular krystallisiert. Die Form der Krystallindividuen ist infolge ihrer Kleinheit nicht festzu- stellen. Doch auch dieses Doppelsalz besitzt noch eine gewisse Zersetz- lichkeit. Es entstehen auch hier bald durch die Einwirkung von Wasser- dampf doppelbrechende Krystalle von Rb,PdCl,. Aulserdem ent- weicht bei dieser Umlagerung immer etwas Chlor. Deshalb ergab die Analyse meistens Werte, die unter dem erwarteten Chlorgehalt liegen. Nur ein einziges Ma1 war ein Korper von nahezu theore- tischem Chlorgehalt erzielt worden (31).

g met. Pd g c1 Ci ber. fur PdCI,: 31. 0.0918 0.0903 49.60 50.000/, c1

Um die Unloslichkeit zu erhijhen und dsdurch die Zersetzlich- keit zu mindern, war das Alkalichlorid jeweils im Uberschufs an- gewendet worden. Es handelte sich deshslb fur die Analyse nur urn die Bestimmung der Oxydationsstufe des Palladiums, das als PdCI, vorhandene Chlor wurde deshalb durch schwaches Gliihen der Substanz mit Oxalsaure im Wasserstoffstrom und darauf in Kohlen- dioxyd direkt als Gluhverlust gefunden. Dabei entstand metallisches Palladium nnd Slkalichlorid, welch letzteres rnit heilsem Wasser herausgelost wurde. Das abfiltrierte Metal1 wurde in Wasserstoff und Kohlensaure erhitzt und gemogen. Bei der Berechnung wurde das Chlor auf die Summe von Palladium und Chlor, also auf reines

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Sesquichlorid bezogen. Das Alkalichlorid ergab sich aus der Differenz. Da sein Gehalt trotz des Uberschusses, der sich mit blofsem Auge erkennen liels, noch nicht den Wert von 3 Mol auf 1 Sesquichlorid erreichte, so kann dem Komplex nicht die Formel Me,PdCI, zukommen , sondern vielmehr die Zusammensetzung Me,PdC1,.

Bei dem Casiumpalladiumsesquichlorid tritt noch deut- licher wie beim Rubidiumsalz schon in der sehr auffalligen Farbe die Eigenart der Chloridstufe zutage. Man erhalt niimlich ein s c h w a r z g r u n e s Chlorid, das rnit absolutem Alkohol und Ather ge- waschen und im Vakuum getrocknet, sich als schwarzes Pulver ahnlich Metallmohr reprasentiert, wiihrend das Chloriir, Cs,PclCl,, hell f l e i s c h r o t , das Chlorid Cs,PdCl,, o r a n g e f a r b e n ist. Die einheitlichen Krystalle sind natiirlich noch kleiner als die rnit RbC1, so dak die Form derselben auch hier nicht deutlich erkennbar ist. Infolge der grofseren Schwerloslichkeit und der damit verbundenen grofseren Bestandigkeit gab die Analyse hier gut stimmende Werte (32), (33).

g met. Pd g C1 Olio C1 ber. fiir PdCI,: 32. 0.0509 0.0516 50.24 50.00 O/,, c1 33. 0.0301 0.0299 49.84

I m Exsiccator halt das Ciisiumdoppelsalz sich unverandert. Man kann es sogar infolge der grofseren Schwerloslichkeit teilweise unzersetzt in wasseriger LGsung gewinnen. Aus einem Gemisch yon Sesquioxyd und Chlorcasium fallt rnit verdiinnter Salzsaure bei Zimmertemperatur derselbe schwarzgriine Niederschlag, wie man ihn in Alkohol erhalt, wenn auch partielle Zersetzung eintritt, wie unter dem Mikroskop deutlich erkennbar ist.

Palladiumsesquichlorid und dessen Alkalichloriddoppelsalze sind auch noch auf folgende Weise zu erhalten. O x y d i e r t m a n P a l l a d i u m c h l o r u r durch Einleiten von Chlor in die waisserige Losung, so bildet sich als erste Oxydationsstufe dtts Sesquichlorid. Mittels des Kalium- salxes ist dieses, wie erwtihnt, nicht nachzuweisen; es entsteht viel- mehr das rote Kaliumpalladiumchlorid. Setzt man dagegen zu einer mit w e n i g Chlor behandelten Palladiumchlorurlosung Rubidium- chlorid oder ChlorcHsium oder oxydiert man eine wasserige Losung von Rubidium- oder Casiumpalladiumchloriir mit wenig Chlor , so entsteht der beschriebene graue, resp. schwarzgriine Niederschlag des unloslichen Sesquichloriddoppelsalzes. Seine Weiteroxydation erfolgt wegen der sehr geringen Loslichkeit nur langsam. S a t t i g t

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man dagegen eine Palladiumchloriirlosung mit Chlor und setzt nun- mehr Alkalichlorid hinzu, so erhalt man das bekannte orange- his zinnoberrote Salz der Dioxydreihe.

Aber auch durch Reduk t ion von T e t r a c h l o r i d , PdCl,, kann man zur Sesquichloridstufe gelangen. Schiittelt man eine wiisserige Losung von Palladiumtetrachlorid einige Sugenblicke in der Kalte mit Alkohol, so kann man mittels Casiumchlorid das entstandene Palladiumtrichlorid nachweisen durch das schwarzgriine Salz der Sesquioxydreihe. Das Tetrachlorid geht auch schon beim Kochen seiner purpurroten Liisung in Wasser an der Luft unter Chlor- abgabe in die braunrote Lijsung von Palladiumsesquichlvrid iiber. Bei weiterem Kochen zerfallt auch dieses und liefert nehen freiem Chlor eine gelbe Liisung von Palladiumchloriir, die kein unlijsliches Doppelsalz mehr erzeugt. - Auf keine Weise gelingt es dagegen von dem Tetrachloriddoppelsalz ausgehend zur Sesquioxj-dstufe durch Reduktion zu gelangen. Beim Kochen mit Wasser oder besser verdunnter Salzsaure, um hydrolytische Oxydbildung zu verhindern, entsteht unter Chlorentwickelung nur Chloriirdoppelsalz. Schon in der Kalte findet mit Wasser Zersetzung zu &le,PdCl, statt unter Chlor- abgabe, ebenso mit Oxalsiiure, was unter dem Mikroskop deutlich zu verfolgen ist. Sesquichloridsalz, welches durch die charakte- ristische Farbe zu bemerken ware, tritt dabei als Zmischenbildung nicht auf.

F r e i e s Sesqu ich lo r id , PdCl,, kann sich indessen auch aus den beiden Seitenstufen, dem Di- und Tetrachlorid bilden. Die Fallung des Sesquichloridsalzes ist dann auch naturlich erhaltlich, menn Oxydulhydrat und Dioxyd, in gleicher Menge ungefahr, gemischt mit Chlorclisiurn mit verdiinnter Salzsaure ubergossen werden. Das Entstehen des griinen Salzes der Sesquioxydreihe BUS

dem primaren Produkt der Elektrolyse mit Casiumchlorid und Salzsaure ist demnach an und fur sich noch kein Reweis, dals vorher wirklich Sesquioxydhydrat, Pd,O, .xH,O, vorhanden war; aber der v 011s t a n d i g q u a n t i t a t i v e Umsatz des elektrolytischen Produktes zu Sesquichloriddoppelsalz, der ini F'alle eines Gemisches von Oxydul und Dioxyd jeweils genau die gleichen Mengen derselben erfordern wiirde und unter dem Uikroskop deutlich erkennbar ist, beweist die Existenz des Sesquioxyds. Man kann nicht erwarten, daB bei der Elektrolyse, zumal in so stark saurer Losung, ein Produkt entsteht, das immer ein exakt gleiches Gemisch von Oxydul und Dioxyd darstellt.

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Ei g e n s c h a f t e n d e r D o p p el s a1 z e Me,PdCl,. Die Alkalichloriddoppelsalze des Sesquichlorids zeigen ganz ahn-

liches Verhalten wie die der Dioxydreihe. Ihre Zersetzlichkeit unter Chlorentwickelung ist nur noch grolser, wohl auch infolge ihrer groheren Loslichkeit als die der Tetrachloriddoppelsalze , wie das am Kaliumsalz schon beschrieben worden ist. Selbst in einer konzentrierten wasserigen Losung von Alkalichlorid, in welcher z. B. Ii,PdCl, ganz bestandig ist, tritt schon teilweiser Zerfall ein, was man deutlich an den auftretenden doppelbrechenden Krystallen von (Rb,) Cs,PdCl, beurteilen kann. Mit Wasser gekocht liefert das schwarze Cksium- und das griine Rubidiumsalz , ganz ahnlich wie das orangenrote Cs,PdCI, und Rb,PdCl,, durch Hydrolyse braune Oxydfillung. Auch die klare Losung des Kaliumpalladiumschlorids wird iibrigens ~ wie wir beobachteten, beim Kochen allmahlich kolloidal und Wst dann ebenfalls Oxyd ausfallen. Chloriirdoppel- salz in Lbsung bleibt beim Kochen unverandert.

Mit Natronlauge und Soda wird Palladiumsesquichloriddoppel- salz schnell in Losung gebracht, die jedoch bald trube wird und nach kurzem Stehen ebenfalls Oxydhydrat niederfallen lalst, analog dem Verhalten von Me,PdCl,. Beim schwachen Erhitzen des trockenen Salzes an der Luft wird das schwarze Casiumsalz Cs,PdCl, zunachst braun und geht dann unter Chlorentwickelung in fleischrot (Cs,PdCl,) uber. Beim Erkalten kehrt natiirlich die schwarze Farbe nicht wieder. Unterschiedlich davon wird der Kompiex des Palladiumtetrachlorids, Me,PdCl,, beim Erhitzen dunkel, erhalt aber seine rote Farbe beim Erkalten wieder zuriick, also offenbar nur infolge geanderter Licht- absorption durch Temperaturerhohung, welche sehr viele Substanzen zeigen.

E n e r g e t i s c h e Verha l tn i sse d e r Chlor ide und Doppelsalze.

Aas den obigen Beobachtungen ergibt sich die merkwiirdige Tatsache, dafs Palladiumsesquichlorid beziiglich seines Chlordruckes zwischen Di- urid Tetrachlorid steht, da es sich aus diesen beiden bildet und nicht in dieselben zu spalten ist. Alle drei Chloride des Pnlladiums bilden sich exoenergetisch mit Chlor von Atmospharen- druck. Die Sesquioxydstufe wurde bisher deshalb nicht gefunden, weil auf Zusatz von Chlorkalium zur Palladiumtrichloridliisung man nur das rote Salz der Dioxydreihe erhalten kann, indem das zu er- wartende Kaliumpalladiumsesquichlorid freiwillig in die beiden Seiten- stufen zerfallt.

2'1s

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Dies zeigt deutlich, dafs die energetischen Verhaltnisse sich durch Doppelsalzbildung umkehren,

PdCI, + PdCI, --+ 2PdC1, K,PdCl, + K,PdCl, 4- 2K,PdCI,

so dafs die freie Energie bei der Bildung von Di- und Tetra- chloriddoppelsalz grofser sein mufs als die bei der Bildung von Sesquichloriddoppelsalz aus den Komponenten. Letzteres bildet sich nicht mehr aus denjenigen des Chloriirs und Tetrachlorids, sondern spaltet sich umgekehrt unter teilweiser Chlorentwickelung in das Salz der Di- und Tetrachloridreihe. Ciisiumsalz gibt in der Kalte diesen Zerfall weniger deutlich als das Rubidiumsalz, da es, wie oben er- wahnt, schwerer loslich ist. Dagegen erfolgt die Urnwandlung deut- lich verfolgbar heim Hrwarrnen. Urn das .i4usfallen von hydrolytisch entstehendem Oxydhydrat dabei zu verhindern, kocht man das Casiumpalladiumsesquichlorid besser mit verdiinnter Salzsaure , an- statt mit reinem Wasser; die schwarzgriine Farbe geht dabei in die rote des Tetrachloridsalzes iiber, wahrend gleichzeitig entstehendes Casiumpalladiumchloriir geliist wird. Diese hesonderen Energie- verhaltnisse bedingen dann wohl auch die charakteristisch ab- weichende Salzfarbe der Mittelstufe, von derjenigen der Seitenstufen.

Sie finden ihr Anlaogon bei den Quecksilberchlorverbindungen. Wie bekannt gibt Sublimat mit Quecksilber unlosliches Kalornel:

HgCI, + Hg -+ 2 HgC1. HgC12.2NaCl + Hg C- 2HgC1.2NaCl.

Tritt dagegen mit Chlornatrium Komplexbildung ein, so zerfallt das komplexe Salz 2 HgC1.2NaCl in wasseriger Losung zu HgCl,. 2 NaCl und metallischem Quecksilber, also in umgekehrter Richtung als es bei den freien Chloriden der Fall ist. Bei der Komplex- bildung aus Sublimat wird mehr Energie frei als bei derjenigen aus Kalomel, so d d s das Komplexion (Hg,Cl,)” einen grofseren Queck- silberdruck besitzt als das Ion (HgCl,)”.

Das Verhalten der wasserhaltigen Pnlladiumoxyde gleicht also demjenigen der analogen wasserfreien Iridiumoxyde ? bei denen L. WOHLER und W. WITZNANN durch Dissoziationsversuche fest- stellten, dals Iridiurnsesquioxyd einen hoheren Sauerstoffdruck hat als Dioxjrd, also sich in die zwei Seitenstufen umlagert. Es liefert

’ 1. c.

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aber wie das Palladiumsesquihydroxyd ein Sesquichlorid, das einen niedrigeren Chlordruck aufzumeisen hat als das Tetrachlorid. Die Verhaltnisse liegen beim Platin ganz ahnlich, sie werden zur Zeit von uns studiert.

Zusammenfassung der Resultate.

1. Es n u d e das bisher unbekannte Palladiumsesquioxydhydrat, Pd,O, .xH,O, als Primiirprodulrt der Elektrolyse von Palladium- oxydulnitrat sowie seiner Oxydatiou mittels Ozon in deutlich saurer Liisung hergestellt. Die Bedingungen seiner Reiiidarstellung und seiner Zusammensetzung wurden gegeben , die weitere sekundare Umwandlung des primaren Sesquiouyds in Dioxyd durch freiwilligen Zerfall des ,ersteren in Dioxyd und Oxydul dargetan.

2. Beide Oxyde, das Dioxyd- und Sesquioxydhydrat,' zersetzen sich bei Zimrnertemperatur selbst in Sauerstoff von 80 Atm. Druck, sie sind also beide unter gewiihnlichen Bedingnngen endoenerge- tischer Natur.

3. Es wurde das graugriine Rubidiumpalladiumsesquichlorid und das schwarzgrune Casiumpalladiumsesquichlorid als reguliire Krystalle aus dem Sesquioxydhydrat mit Salzsaure erhalten, ihr leichter Zerfall in den beiden aufseren komplexen Chlorierixngsstufen dargetan.

4. Die Entstehung von Sesquichlorid aus Palladiumcbloriir bei seiner Oxydation mit Chlor als erste Chlorierungsstufe konnte durch die Doppclsalze nacligewiesen werden, ebenso die Bildung yon Sesqui- chlorid als erste Stufe beim Zerfall des Tetrachlorids, so dals es energetisch zwiqchen b&den steht.

h'arlsruhe, Cliem. Inskitut deer teclznischem Hochsehule.

Bei der Redaktion eingegmgen am S. Februar 1908.