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1 Syntax I Einführung in die Linguistik: Syntax Winfried Lechner Kontakt: [email protected] Webg: http://vivaldi.sfs.nphil.uni- tuebingen.de/%7Ennsle01/ 08.12.0 5

Einführung in die Linguistik: Syntax Winfried Lechner

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08.12.05. Einführung in die Linguistik: Syntax Winfried Lechner. Kontakt: [email protected] Webg: http://vivaldi.sfs.nphil.uni-tuebingen.de/%7Ennsle01/. Teil I:Grundlagen. Übersicht: Was ist Syntax? Beispiele Grammatik & Regeln Sprache, Kompetenz/Perfomanz - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Einführung in die Linguistik: Syntax Winfried Lechner

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Syntax I

Einführung in die Linguistik:Syntax

Winfried Lechner

Kontakt: [email protected]

Webg: http://vivaldi.sfs.nphil.uni-tuebingen.de/%7Ennsle01/

08.12.05

Page 2: Einführung in die Linguistik: Syntax Winfried Lechner

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Syntax I

Teil I: Grundlagen

Übersicht:

Was ist Syntax? Beispiele Grammatik & Regeln Sprache, Kompetenz/Perfomanz Form & Bedeutung Generative Grammatik Spracherwerb Universalien Universalgrammatik & Parameter Adäquatheit

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Syntax IWas ist Syntax?

SYNTAX: Lehre von der Wortfolge und der Struktur von Sätzen und deren Komponenten

Nicht alle Wortfolgen führen zu grammatischen Sätzen:

(1) Dieser Satz ist grammatisch.(2) *Satz dieser grammatisch ist nicht.

(Konvention: Ungrammatische Sätze werden durch '*' markiert.)

(3) *Auch grammatisch nicht ist dieser Satz.

ZIEL: Erfassung der abstrakten Regelmäßigkeiten der menschlichen Sprache, aus denen sich alle grammatischen Wortfolgen ableiten lassen.

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Syntax IBeispiele syntaktischer Phänomene

(1) a. Maria las den ganzen Spiegel.

b. Maria las den ganzen Tag.

(2) a. Der ganze Spiegel wurde gelesen.

b. *Der ganze Tag wurde gelesen.

(3) a. Der Peter sah sich im Spiegel.

b. *Sich sah den Peter im Spiegel

c. *Der Peter sagte, daß ich sich im Spiegel gesehen habe.

d. Der Peter sagte, daß ich ihn im Spiegel gesehen habe.

(4) a. Es wurde getanzt.

b. *It was danced.

(5) a. John seems sick.

b. *Hans scheint krank.

(6) a. Maria ist stolzer auf ihren Hund als Frida.

b. Maria ist stolzer auf ihren Hund als auf ihre Katze.

(7) a. Maria ist eine auf ihren Hund stolzere Frau als Frida.

b. *Maria ist eine auf ihren Hund stolzere Frau als auf ihre Katze.

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Syntax IGrammatik und Regeln I

Natürliche Sprache ist ein artspezifisches, abstraktes System.

Linguistik ist Teil der kognitiven Psychologie/Biologie.

Linguistik sucht eine adäquate Grammatik der Sprache.

Grammatik:

A. Ein Buch (Duden, etc...) B. Die Menge der Regeln, die die Gesamtheit der

grammatischen Sätze einer Sprache beschreiben. Präskriptive/normative vs. deskriptive Grammatik

Präskriptive Regeln definieren 'guten Stil':

• Beginne keinen deutschen Satz mit "weil"

• Vermeide die Verwendung unziemlicher Ausdrücke in brieflicher Korrespondenz mit dem Arbeitgeber.

• Puristische, konservative Sprachpolitik:

Verwende 'Meuchelpuffer' statt 'Pistole', 'Gesichtserker' statt Nase', 'Rechner' statt 'Computer',….

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Syntax IGrammatik und Regeln II

Deskriptive Regeln beschreiben Eigenschaften von Sprache.• Jeder wohlgeformte Satz hat ein Verb:

(1) a. Alma züchtet Frösche

b. *Alma Frösche

• Beginnt ein deutscher Satz mit "da", dann steht das Verb an letzter Stelle.

(2) a. Da Alma Frösche züchtet, wird sie gemieden.

b. *Da Alma züchtet Frösche, wird sie gemieden.

c. Alma züchtet Frösche und wird gemieden

• Im Deutschen geht ein attributives Adjektiv dem Nomen voran. Im Romanischen folgt das Adjektiv dem Nomen.

(3) a. Der Andalusische Hundb. *Der Hund andalusischec. Le chièn andalusiend. *Le andalusien chièn

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Syntax ISprache

Sprache:Definition Die (potentiell unendliche) Menge aller wohlgeformten Sätze.

(Noam Chomsky)

(1) Deutsch = {Alma lacht, Bert ißt, Cecil liest Zeitung,.... }

Englisch = {Sally sleep, They missed it, Tom waits, ...}

Wer legt fest, ob ein Satz wohlgeformt ist?

Idealer Sprecher: Kompetenter Sprecher ohne Performanzprobleme.

Kompetenz (langue): Die potentielle Fähigkeit, Sprache zu produzieren und zu verstehen

(vgl. das Beherrschen der Addition, der Schachregeln,…)

Performanz (parole): Aktueller Akt der Sprachproduktion und/oder Sprachperzeption.

(vgl. Addieren, Schachspielen)

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Syntax IKompetenz und Performanz

Kompetenz vs. Performanz: (1) ist zwar grammatisch, aber schwer zu verarbeiten (markiert durch '#'), und daher nicht akzeptabel (vergleiche (1) mit (2)):

(1) #Der Mann1, der den Hund2, der die Katze biß2, suchte1, lachte1.

(2) Der Mann1, der den Hund2 suchte1, der die Katze biß1, lachte1.

(1) ist unakzeptabel aufgrund von Performanzbeschränkungen (Mangel an Speicherplatz im Hirn).

Nicht alle grammatischen Sätze sind auch akzeptabel, aber umgekehrt.

Die Akzeptabilität von Sätzen – und deren Zugehörigkeit zu einer Sprache – wird durch die Intuitionen kompetenter Sprecher definiert. (Methode: Introspektion)

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Syntax ISatz: Form und Bedeutung

Was ist ein wohlgeformter Satz?

Syntax vs. Semantik: Ein Satz kann syntaktisch wohlgeformt sein, jedoch keine Bedeutung besitzen:

(1) Dieser Satz (1) ist falsch.

Wenn (1) wahr ist, dann widerspricht dies der Aussage von (1). Ist (1) falsch ist, dann ist es falsch, daß (1) falsch ist. Daher müßte

(1) wahr sein - wieder ein Widerspruch.

(1) ist ein Paradox und besitzt keine Bedeutung!

Wohlgeformtheit bezieht sich auf Syntax, nicht auf Bedeutung.

Ein Satz kann u.U. Bedeutung besitzen, ohne syntaktisch wohlgeformt zu sein:

(2) *Der Satz, der gerade hier erscheint, hat zwar Bedeutung, ist aber nicht ganze grammatische.

Die Bedeutung muß sich nicht immer direkt erschließen:

(3) Grüne Ideen schlafen heftig. (Noam Chomsky)

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Syntax IGenerierung von Sätzen

Was wissen Sprecher einer Sprache?

Bestandteile der Sprachkompetenz

1. Mentales Lexikon: Liste von erlernten Wörtern, umfaßt einige tausend Einträge endliche Menge

2. Syntaktische Regeln: verbinden die Lexikoneinträge zu Satzteilen und Sätzen kleine Anzahl von Regeln

Generative Kompetenz: Sprecher sind in der Lage aus einem begrenzten Inventar von Wörtern – dem Lexikon - und einer endlichen Anzahl von Regeln eine unbegrenzte Anzahl von Sätzen zu bilden (Wilhelm von Humboldt).

Sprache: potentiell unendliche Menge

(1) a. Maria irrt.

b. Hans meint daß Maria irrt.

c. Maria meint daß Hans meint daß Maria irrt.

....

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Syntax IGenerative Grammatik

Eine Grammatik, die explizite Modelle eines Lexikons und einer Komponente mit syntaktischen Regeln enthält wird als Generative Grammatik bezeichnet. (Begründet durch Noam Chomsky, in Arbeiten ab den 1950ern, am MIT).

Eine generative Grammatik generiert alle - und ausschließlich - die syntaktisch wohlgeformten Sätz einer Sprache.

Sprecher besitzen eine internalisierte Generative Grammatik, sie kennen die syntaktischen Regeln unbewußt (vgl. Blutdruck).

Wie erlernen Kinder Sprache?

A. Gottgegeben (durch die indischen Göttin Indra; durch die Götter des Olymp in Plato's Kratylos)

B. Durch Imitation (Behaviourismus, vertreten durch F.B. Skinner in der 1950ern – Stimulus, Response, Patterns und Analogie)

C.Die Sprachkompetenz ist angeboren (Chomsky, 1957,…2005)

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Syntax ISpracherwerb

Das logische Problem des Spracherwerbs: Im Laufe des Spracherwerbs (zirka 4 Monate – 6 Jahre) hören Kinder sehr selten ungrammatische Sätze und werden noch seltener auf deren Ungrammatikalität hingewiesen. Sie können daher Kontraste wie in (1) nicht gelernt haben. Woher wissen Sprecher des Deutschen dann, daß (1b) ungrammatisch ist?

(1) a. Wie hast Du das Rätsel zu lösen gehofft?

b. *Wie Du das Rätsel zu lösen bedauert?

Desgleichen haben kompetente Sprecher klare Urteile über den Kontrast in (2), ohne diese Sätze jemals vernommen zu haben:

(2) a. Hans lud den Milchmann ein und Maria lud ihn wieder aus.

b. Wen lud Hans ein und Maria wieder aus?

c. *Wen lud Hans ein und Maria lud wieder aus?

Sprachkompetenz ist genetisch veranlagt und angeboren. ('Sprachinstikt')

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Syntax IUniversalien

Wenn Kompetenz genetisch bedingt ist: Warum existiert dann nicht nur eine einzige Sprache?

Sprachspezifische Eigenschaften: Stellung des Subjekts.

(1) Das Buch las Maria

(2) a. *The book read Mary

b. Mary read the book

Universalien: Eigenschaften, die allen Sprachen gemein sind. Jeder Satz hat ein – und nur ein – Subjekt:

(3) a. [Das Geschenk] freute Mariab. *Freute Mariac. [Daß sie eingeladen wurde] freute Maria d. *[Daß sie eingeladen wurde] [das Geschenk] freut Maria

Kein Verb verlangt nach mehr als zwei Objekten:

(4) a. Hans leidet kein Objektb. Hans leitet die Klasse ein Objektc. Hans unterzieht uns einem Test zwei Objekte

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Syntax IUniversalgrammatik & Parameter

Erklärung für Sprachvariation: Angeborene Universalgrammatik legt fest, was im Prinzip

möglich ist (vgl. Datenträger wie Tontafel, Buch, CD, DVD, …).

(Vorläufer: Port Royal Grammatik, Frankreich um 1660; s.a. Universalsprache von Gottfried Wilhelm Leibniz, 17Jh)

Die grammatischen Regeln besitzen Freistellen, in die sprachspezifische Parameter eingesetzt werden.

(1) Das Buch las Maria

(2) a. *The book read Mary

b. Mary read the book

(3) Regel: Der erste Satzteil ('das Buch'/'the book'/'Mary') ist X.

Im Spracherwerb werden sprachspezifische Parameter gesetzt. Das Kind lernt Deutsch, Englisch, Walbiri, Griechisch oder Chamorro (vgl. Übertragung verschiedener Daten auf CD):

(4) Deutsch: X = Subjekt oder Objekt (oder was anderes)

Englisch: X = Subjekt

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Syntax IAdäquatheit

Ziel: Erstellung einer explanativ adäquaten Grammatiktheorie.

Deskriptive Adäquatheit: Korrekte Beschreibung aller Eigenschaften der untersuchten Phänomene.

Explanative Adäquatheit: Korrekte und plausible Beschreibung aller Eigenschaften der untersuchten Phänomene.

Phänomen/Beobachtung:

Essen im Restaurant ist besser als Essen am Schiff.

Essen am Schiff ist besser als Essen in der Bahn.

Essen in der Bahn ist besser als Essen im Flugzeug.

Deskriptive adäquate Erklärung/Theorie:

Je schneller man sich bewegt, desto schlechter wird das Essen.

Explanativ adäquate Erklärung: Je geringer die Konkurrenz unter Anbietern, desto schlechter wird das Essen.

Erweiterung der Daten: U-Boot - bekannt schlechtes Essen.

Ist die Theorie noch deskriptiv adäquat?

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Syntax IBeispiele Adäquatheit

Deskriptiv adäquate Theorien: Theorie, die Artenvielfalt durch Kreationismus, Intelligentes Design,

oder Referenz auf Aliens erklärt. Theorie der Sprache, die 26 verschiede Regelgruppen für Sätze

umfaßt, welche mit dem jeweiligen Anfangsbuchstaben des Satzes variieren: eine Gruppe für Sätze, die mit 'A' beginnen, eine für Sätze die mit 'B' beginnen,…

(1) Alle Kamele sind Säugetiere. generiert durch Regel 1(2) Beide Höcker des Kamels enthalten einen Ersatzhuf.

generiert durch Regel 2(3) Caesium ist schwerer als Wasser. generiert durch

Regel 3

Explanativ adäquate Theorien: Theorie der Evolution durch Selektion Theorie der Sprache, die (1) und (2) mit den gleichen Regeln

generiert (da sie strukturell ähnlich sind), und (3) mit einer anderen (da (3) nicht strukturell mit (1) oder (2) verwandt ist).

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