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Einführung in die Sprachvermittlung Fragen: Weingarten 2001: Orthographisch-grammatisches Wissen 12: Spracherwerb im Kindergarten: Video 1

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Einführung in die Sprachvermittlung

Fragen: Weingarten 2001: Orthographisch-grammatisches

Wissen12: Spracherwerb im Kindergarten:

Video 1

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Fragen: Weingarten 2001

/__/ trifft zu /_x_/ trifft nicht zu

A) indem ihnen orthographische Regeln im Unterricht vermittelt werden.

/__/ trifft zu /_x_/ trifft nicht zu

B) indem sie möglichst oft Wörter und Texte abschreiben.

/_x_/ trifft zu /__/ trifft nicht zu

C) indem sie ihre eigenen spontanen Schreibungen mit korrekten Schreibungen vergleichen.

1. Wie können Schüler ihre Hypothesen über die Funktionsweise des Schriftsystems am besten überprüfen? (S. 2)

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Weingarten 2001, S. 2

• Impulse zum Schreiben• Rückmeldungen über die Richtigkeit, aber oft

nicht begründet• Viele Gelegenheiten, selbstgesteuert

Hypothesen über die Funktionsweise des Schriftsystems aufzustellen und diese überprüfen zu lassen

• Korrektur oft nur an Einzelbeispielen• Aufbau von Mustern, die weiter geformt,

modelliert werden• Zeit für selbstgesteuerten Wissensaufbau > Zeit

der expliziten Regelvermittlung

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/__/ trifft zu /_x_/ trifft nicht zu

A) das Wissen, das bei Selbstkorrekturen in spontanen sprachlichen Äußerungen wirksam wird.. (SPRACHWISSEN I)

/_x_/ trifft zu /__/ trifft nicht zu

B) das Wissen über fachsprachliche Bezeichnungen z.B. der Grammatik (SPRACHWISSEN IV)

/__/ trifft zu /_x_/ trifft nicht zu

C) das Wissen über die Grammatikalität oder Angemessenheit sprachlicher Äußerungen: (SPRACHWISSEN II)

2. Welche der folgenden Arten von Sprachwissen kann auch explizites oder deklaratives Wissen bezeichnet werden?

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Frage 3

/__/ trifft zu /_x_/ trifft nicht zu

A)in verschiedenen Wörtern die Anlaute heraushören

/__/ trifft zu /_x_/ trifft nicht zu

B) die Anzahl der Silben eines Wortes bestimmen

/_x_/ trifft zu /__/ trifft nicht zu

C) einen Satz so vervollständigen, dass er grammatisch korrekt ist.

Welche der folgenden Aufgaben misst keine Kompetenz der „phonologischen Bewusstheit“?

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Frage 5

/__/ trifft zu /__/ trifft nicht zu

A)in dem Wort [pεlst] ist das [l] ein Silbengelenk. Hieraus leitet sich die Verdoppelung des Konsonantenbuchstabens ab.

/__/ trifft zu /__/ trifft nicht zu

A)wenn man das –st als Suffix der 2. Person abtrennt, ergibt sich der Stamm [pεl-] und damit eine Referenzform mit Silbengelenk.

/__/ trifft zu /__/ trifft nicht zu

A)wenn man das –t als Suffix der 3. Person abtrennt, ergibt sich der Stamm [pεls-] und damit eine Referenzform mit Silbengelenk.

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Pseudoworttest I: Dehnungsmarkierung vor l s

0,00%10,00%20,00%30,00%40,00%50,00%60,00%70,00%80,00%90,00%

100,00%

Gahl / Gaal /Gal

bohle / boole /bole

Mehse /Meese / Mese

Dehnungs-H 2000

Dehnungs-H 2007

Doppelvokal 2000

Doppelvokal 2007

unmarkiert 2000

unmarkiert 2007

Die Dehnung wird vor /l/ relativ stark markiert, vor /z/ dagegen eher schwach. 2007 nimmt in allen Kontexten der Anteil der unmarkierten Schreibungen leicht zu.

n 2000: 206n 2007: 158

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Pseudoworttest II: Schärfungsmarkierung zwei- und einsilbige Formen

0,00%

10,00%

20,00%

30,00%

40,00%

50,00%

60,00%

70,00%

80,00%

90,00%

100,00%

kotte /kote

kalle /kale

rallt / ralt

sammiert/ samiert

pellst /pelzt

Schärfung2000Schärfung2007unmarkiert2000unmarkiert2007

n 2000: 206n 2007: 158

Bei den Schärfungsmarkierungen gibt es in beiden Untersuchungs-gruppen (2000 / 2007) fast keine Unterschiede.

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Ableitung von <pellst> aus einem Silbengelenk I

S‘ S0

A R A R

N E

/p ε l ən/<p e ll en>

/p ε l z ən/

Nur die Form <pellen> kann als Silbengelenk dienen. Die Konsonantenfolge /pz/ wird dagegen auf den Endrand der betonten Silbe (S‘) und den Anfangs-rand der Reduktionssilbe (S0) aufgeteilt. Damit ist nur B möglich und /st/ Suffix der 2. Person.

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Ableitung von <pellst> aus einem Silbengelenk II

In dem Satz:

/ hans pεlst ın di: kŏtə me:zə /

kann aber kein Suffix der 2. Person stehen, da Kongruenz mit dem Subjekt 3. Person verlangt.

Die Analyse von Weingarten ist korrekt!

Bei der Schreibung von Pseudowörtern wird auch syntaktisches Wissen aktiviert!

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Pseudoworttest III: s / ß - Schreibung im Auslaut bzw. intervokalisch

0,00%

10,00%

20,00%

30,00%

40,00%

50,00%

60,00%

70,00%

80,00%

90,00%

100,00%

flast / flasst / flaßt /flaast / flahst

brasen / brassen /braßen / braasen /

brahsen

<as> 2000

<as> 2007

<ass> 2000

<ass> 2007

<aß> 2000

<aß> 2007

<aas> 2000

<aas> 2007

<ahs> 2000

<ahs> 2007

- Bei <flas/ßt> / fla:st / sind beide Schreibungen gleich plausibel, es wird aber 2007 die unmarkierte gegenüber <ß> deutlich präferiert.- Bei <braßen> /bra:sən/ geht nur <ß>! (sonst wäre es /brazən/).Dennoch kehrt sich 2007 der Trend um (62% zu 26% für <ß>).

n 2000: 206n 2007: 158

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5. Fazit (Weingarten 2001) / Frage 6

• Die Kinder explizieren chaotische Fragmente metasprachlichen, gelehrten(!) „Wissens“.

• Für ihr schriftliches Handeln scheint dies weitgehend folgenlos zu sein.

• Expliziertes „Wissen“ und sprachliche Praxis scheinen weitgehend unverbunden zu sein .

• Sprachliches Lernen verläuft überwiegend implizit und selbstgesteuert.

• Sprachlehre bedeutet die Schaffung eines geeigneten Rahmens für implizite und selbstgesteuerte Lernprozesse.

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Frage 6: Was denken Sie über die Formulierung Weingartens? (2001)

• „Ich stimme mit Weingarten nicht überein! Mag sein, dass manche Regel sogar verwirrend oder falch ist, aber ich bin überzeugt, dass Kinder auch Rückmeldung und Regeln brauchen – sonst müssten sie sich jedes einzelne Wort im Lexikon speichern und könnten nur über Analogien neue Wörter schreiben.“ (Annemone Neumann)

„Ein Gegenstand, der einerseits so komplex ist wie die Schriftsprache und für den wir andererseits so viele Prädispositionen besitzen, wird nicht durch die Vermittlung operativer Regeln erworben, sondern muss selbsttätig gelernt werden.“ (S. 14)

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• „Laut dieser Aussage wäre die Frage, ob (Schrift)sprache lehrbar sei, mit nein zu beantworten, was meiner Meinung nach zu absolut ist. Sicher spielt Selbsttätigkeit beim (Schrift)spracherwerb eine große Rolle, allerdings ist für mich nicht vorstellbar, dass dabei auf Regeln verzichtet werden kann.“ (Sonja Abidi)

• „…Die Aktivierung rsp. Aktualisierung dieses Grundgerüsts (der Prädispositionen) hängt von Stützfunktionen ab, so dass auch das soziale Umfeld einen bedeutenden Ein-flussfaktor darstellt, welches nicht nur die Schule, sondern insbesondere das familiäre Umfeld bildet: Je stärker das elterliche Umfeld die Aktivierung / Aktualisierung der Intelligenzentwicklung fördert, desto mehr Eigeninitia-tive…bringt der Lernende (mit) und desto größer (ist) die Selbsttätigkeit in der Aneignung / Anwendung orthogra-phischer Regeln…“ (Johanna-Luisa Beckmann)

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• „…So muss schon zu Beginn der Schullaufbahn auf ein selbständiges Lernen Rücksicht genommen werden, wo die Kinder Impulse erhalten und sich mit dem Problem innerhalb der Schriftsprache selbständig beschäftigen. Weiterhin sollte darauf geachtet werden, dass das Kind die Möglichkeit erhält, gemachte Fehler selbst zu erkennen und zu korrigieren… (Erwachsene sollten) …als Außenstehende Impulse zum richtigen Lösungs-weg geben, aber niemals die vollständige Lösung vorgeben. Das Kind soll lernen, Schritt für Schritt an das Ergebnis zu kommen.“ (Dilek Celik / Duygu Pehlivan)

• „Meiner Meidung nach beschreibt diese Formulierung… gut die Realität des Sprachunterrichts… Ein Kind kann besser eine Regel aneignen, wenn es beobachtet, wie die Regel funktioniert, und die entsprechenden Schlussfolgerungen daraus zieht, und nicht, wenn es die Regel einfach auswendig lernt… Vielleicht ist es noch besser, wenn das Kind selbst die Regel aus einem Set von Beispielen ableiten kann.“ (Irina Breivogel)

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Anything goes?

Klärende / kritische Anmerkungen zu Weingarten:• Regeln als Teil des Unterrichts sind nicht überflüssig• Regeln müssen im Zusammenhang mit sprachlichen

Funktionen und Operationen vermittelt werden.• Fehlendes Regelwissen (oder falsches Regelwissen)

führt häufig auch zu Fehlschreibungen; IGLU zeigt, dass Orthographiererwerb ein Problembereich des Deutschunterrichts ist.

• Richtiges Regelwissen führt (oft als einziger Weg) zu richtigen Schreibungen, wenn noch keine Automati-sierung erfolgt bzw. graphematische Muster ähnlicher Wörter verfügbar sind.

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Fragen zum Video I: Mehmet

AG1: Mehmet der Erzähler (Reihen 1 / 5 / 9)1. Gelingt es Mehmet Ihrer Ansicht nach, etwas

Spannendes von seinem Wochenende zu erzählen?

Mehmet erzählt inhaltlich und auch sprachlich eine spannende Geschichte:

• Die anderen Kinder greifen in die Geschichte ein (Reaktion der Zuhörer)

• Mehmet erzählt mit „Händen und Füßen“ also sehr anschaulich und ausgemalt.

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AG12. Welche sprachlichen und nicht-sprachlichen Mittel setzt der

Erzähler Mehmet dabei ein? (Interpretieren Sie dazu die Szene 10-14)

• Mehmets Gestik und Mimik unterstreichen einerseits seine Erzählungen und springen andererseits bei Wortschatzlücken ein. Er benutzt während seiner Geschichte sowohl den verbalen als auch den nonverbalen Kanal.

• Sprachliche Mittel: • Übertreibungen (Hyperbeln): (8-11) • Lautmalereien (Onomatopoetika): boi boi boi (13) • Nonverbale Mittel: • Gestik: Sprungbewegungen mit der Hand (13), hält Hände

vor den Bauch (10), zieht seinen Schuh aus (25), hält seinen Fuß fest (25)… Mehmet greift auf nonverbale Kommunikation zurück, wenn er Lücken im Wortschatz bemerkt. So stellt er das Verständnis für die Zuhörer sicher.

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AG1

3. Welche Strategie wendet Mehmet bei der Beschreibung des verborgenen Schatzes an? (38-42)

• Er macht einige Pausen, diese kann man einerseits als Spannungsaufbau ansehen und andererseits den Unsicherheiten in der deutschen Sprache zurechnen.

• In der Fläche 40 fehlt ihm das Wort „Schatztruhe“ oder „Kiste“.

• Er versucht das Wort zu umschreiben und assoziiert über die Farbe des Goldes das Wort „Gelb“.

• Diese Assoziation erreicht ihr gewünschtes Ziel und wird von der Erzieherin und den anderen Kindern verstanden.

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AG1

4. An welchen Stellen haben Sie Schwierigkeiten, seiner Erzählung zu folgen? Woran liegt das?

Besonders in der Äußerung 6. Hier muss der Zuhörer oder Leser eine Interpretationsleistung erbringen. Verschie-dene Ansichten sind möglich, um die Figurenkonstellation zu verstehen:

• Als Mehmet, Karl und Musa mit den jeweiligen Vätern • Als Mehmet mit Vater und Großvater• Oder nur als Mehmet, seinem Vater, Karl und MusaDurch einen strukturellen Vergleich mit dem Türkischen ist

die Variante der Söhne und Väter am wahrscheinlichsten. (vgl. AG2)

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AG2: Mehmet auf den Spuren der deutschen Sprache

1. Woran erkennen Sie, dass Mehmet Deutsch nicht als Muttersprache, sondern erst als zweite Sprache gelernt hat?

• Die Intonation und die grammatischen Fehler lassen in erster Linie darauf schließen.

• Beispiele dafür sind:– Fläche 36: Pseudowort Schnei sollte muttersprachlichen

Kindern nicht mehr passieren. – Fläche 46: Vor dem Wort Schlange fehlt der Artikel – Fläche 3: Vor dem Wort Picknick wird der falsche Artikel

benutzt – Flächen 26/28 und 47: Mehmet übergeneralisiert wäre für

ein muttersprachliches Kind zu spät. (vgl. AG4!)– Mehmet benutzt die Hilfsverben „bin“ und „habe“ falsch

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AG2

2. Wie würden Sie Mehmets sprachliche Fähigkeiten im Vergleich mit sechsjährigen muttersprachlich deutschen Kindern beurteilen?

Mehmet ist in der sprachlichen Entwicklung gegenüber deutschen Kindern zurück. Er macht jedoch vergleichbare Phasen der Sprachentwicklung durch und dürfte am Ende etwas zeitverschoben die gleiche sprachliche Kompetenz erreichen.

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AG2

3. Wie sicher ist Mehmet im Bau deutscher Sätze? Verfügt er über die wichtigsten Regeln der Wortstellung des Deutschen? Welche Sätze sind in dieser Hinsicht noch auffällig?

- Mehmet macht wenige Fehler im Satzbau. - Er ist in der Syntax also recht sicher. - Einige Kleinigkeiten schleichen sich dennoch ein, wie

das Fehlen des Artikels in Fläche 3 oder der unvollständige Satz in Fläche 4.

- Die Wortstellung (Rechtsversetzung des Adjektivs) in 46-47 könnte auch stilistisch motiviert sein.

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AG2

4. Wie interpretieren Sie Äußerung 6? Wer sind die an dem Picknick beteiligten Personen? Wie erklären Sie sich die Formulierung Mehmets?

Mehmet aktiviert an dieser Stelle ein Strukturmuster aus seiner Muttersprache.

türk: Karl’ın babasıKarl+GEN Vater+sein

deutsch: der Vater von Karl (wörtlich: „Karls sein Vater“)

Mehmet behält die türkische Wortstellung bei, benutzt aber anstelle des türkischen Genetivs (-in) eine deutsche Präposition (von), mit der im gesprochenen Deutsch Besitz- oder Zugehörigkeitsverhältnisse ausgedrückt werden.

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AG3: Input und Outputregulation…

1. Wie unterstützt die Erzieherin den Erzähler Mehmet bei der Entwicklung seiner Geschichte?

• Einige Reaktionen der Erzieherin zeigen Interesse oder fordern Mehmet dazu auf weiter in die Details seiner Erzählung einzusteigen. (26/27;23/24;5;21)

• In den Flächen 26/27 kann man von einer Herausforderung sprechen. Die Erzieherin legt hier Widerspruch ein, um eine ausgeweitete Erzählung von Mehmet zu bekommen.

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AG32. Welche Funktion haben z.B. die Äußerungen 23 / 24 / 26

und 27?2B) Wie geht die Erzieherin mit Fehlern um? 2C) Gibt es Reformulierungen des Outputs von Mehmet?• Die Erzieherin reformuliert die Äußerungen von

Mehmet, d.h. Sie wiederholt die Sätze von Mehmet in korrigierter Form.

• Sie verbessert ihn nicht, sondern zeigt ihm durch ihre Antworten oder Fragen die richtigen Formen.

• Bsp. In Fläche 14 sagt Mehmet „Hand“ und die Erzieherin reformuliert in Fläche 18 „Pfote“.

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AG3

3. An welchen Stellen hätten Sie selbst zusätzlich oder anders eingegriffen?

• Inhaltlich hätte ein Eingriff in der Fläche 6 stattfinden können. Hier kann es zu Verständigungsproblemen kommen.

• Außerdem hätte die Erzieherin Mehmet das Wort „hüpfen“ für seine Lautmalerei „boi, boi,boi“ anbieten können.

4. Wie beurteilen Sie die Vollständigkeit des Inputs?• Die Erzieherin reagiert meistens mit vollständigen

Sätzen. Außer in der Zeile 22, in der sie einen Satz abbricht. Ansonsten reagiert sie öfters mit nur einem Wort, was aber nicht ungewöhnlich ist.

• Wie wir im Laufe der Vorlesung gesehen haben, ist zumindest für Pinker der Input für den Sprachlerner nicht von so großer Bedeutung. Die Entwicklung ist dem Input gegenüber ziemlich robust.

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AG4 : Mehmet und die U-Kurve

1. Was weiß Mehmet schon über die Bildung der deutschen Verbformen?

• Mehmet bildet Partizipformen (3) (8) usw.• kennt einige irreguläre Verbformen der

Vergangenheit (14 „war“) • und hat eine Hypothese über die reguläre

Flexion angestellt. • Er übergeneralisiert, was bedeutet, dass er die

Regel zur Bildung des Perfekts erkannt hat.

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AG4

2. Nach welcher Regel bildet Mehmet Perfektformen?

• Nach der Regel für die regulären Verben. Die Perfektform bildet man aus Hilfsverb und Partizip, letzteres indem man das Präfix „ge-„ vor den Stamm und das Suffix „-t“ hinter dem Stamm anhängt. (ge-mach-t, ge-kauf-t, ge-schau-t)

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AG4

3. Wo greift Mehmet bereits auf existierende Lexikoneinträge für irreguläre Verben zurück? Warum gerade bei diesen Verben?

Zum Beispiel bei dem irregulären Verb „war“. Dieses Verb ist sehr frequent, was die Annahme begründet, dass Mehmet für dieses Verb schon einen Lexikoneintrag hat und seine Gedächtnisspur hier gefestigt ist. Ebenso verhält es sich bei den Worten „gegangen“ (5) und „gesehn“ (8, 35).

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AG4

4. Welcher Hinweis ergibt sich hieraus über das Vorkommen der U-Kurve (Übergeneralisierung) bei Zweitsprachenlernern?

• Das Übergeneralisieren kommt auch bei Zweitsprachlernern vor, besonders wenn sie im Kindesalter sind.

• Nach der Pubertät kann keine Sprache mehr wie die Erstsprache gelernt werden, davor läuft der Prozess jedoch im Prinzip genauso wie der Mutterspracherwerb ab.

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Mehmets Verben

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

sein (ist, war) schwache Verben starke Verben:korrekt

starke Verben:übergeneralisiert

korrekt abweichend

types

tokens

gegangengegrabengesehn

genehmtreingetutausgezieht

gemachtgekauftgeschaut…

korrekte types 77% / tokens 83%

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Wie zählt man Wörter ?• Token: jedes Wort im Text; auch alle identischen Wörter

werden gezählt (Er fliegt und fliegt und fliegt)• Types: verschiedene Wörter in einem Text. Alle

identischen Wörter (Lautung, Bedeutung, Kategorie) werden nur 1x gezählt

Als Types können je nach Fragestellung unterschieden werden:

• syntaktische Wörter: jeweils unterschiedliche Wort-formen eines Lexems (flog, fliegt, fliegen, geflogen = 4 types), z.B. bei Untersuchungen zum Tempusgebrauch und zur Beherrschung bestimmter Flexionen

• Lexem: Zusammenfassung aller syntaktischen Wörter, die sich auf einen gemeinsamen Lexikoneintrag beziehen (flog, fliegt, fliegen, geflogen = 1 type), z.B. bei Untersuchungen zum Umfang des Wortschatzes