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Eingliederungsvereinbarung - Hartz IV-Bezieher Wehrt Sich _ Buergerstimme

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Verfasst von: admin am Oktober 30, 2010 Ein Kommentar

30.10.10

Lesen Sie nachfolgend, wie sich ein Hartz IV-Bezieher gegen die Eingliederungsvereinbarung wehrt. DasSchreiben ist echt und stammt wortgetreu von einem Menschen, der der Bürgerstimme bekannt ist. Umrechtliche Probleme zu vermeiden, haben wir es anonymisiert.

Sehr geehrter Herr X,

zunächst einmal stelle ich fest, daß ich alles in meinen Möglichkeiten liegende unternehme, um keineLeistungen aus dem ALG II mehr zu benötigen.

Umso unbegreiflicher und schockierender war für mich Ihre Eingliederungsvereinbarung, die 2 Fragenaufwirft. Erstens: Was sind das nur für Menschen, die ihren Mitmenschen so etwas antun? Und zweitens:Was ist das nur für eine Arbeitslosenverwaltung, die die Realität und die Mechanismen vonVolkswirtschaft und Arbeitsmarkt völlig ignoriert (siehe unten, Punkt 6)?

Daß ich nicht sofort antworten konnte, liegt ganz einfach daran, daß a) Ihr Absendedatum bemerkenswertlang vor dem Empfangsdatum liegt und b) ich erst einmal die rechtliche Situation (im Rahmen meinerMöglichkeiten als nicht im Sozialrecht ausgebildeter Jurist) recherchieren mußte. Dieses Schreiben sendeich Ihnen als Einschreiben, weil es für den Fall, daß Sie Zwangsmaßnahmen gegen mich beschließen, alsAusgangspunkt der Akten für den Gerichtsprozeß dienen wird, mit dem ich mich gegen Sie wehrenwürde.

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Desweiteren wird dieses Schreiben ggf. Anlage der Strafanzeige gegen Sie persönlich und gegen denLeiter Ihrer Behörde wegen Verstößen gegen das Strafgesetzbuch § 240 Abs. 1–4 (siehe unten, Pkt 4).

Ihre Eingliederungsvereinbarung verstehe ich aus zahlreichen Gründen überhaupt nicht.

Fangen wir einmal mit einer ganz einfachen Tatsache an: Wir Bürger müssen die Gesetze derRegierungsparteien befolgen – aber wir müssen nicht mit ihnen einverstanden sein. Erst recht nicht, wennsie die Realität ausblenden und menschenverachtend sind.

Hinsichtlich Ihrer Drohungen und der rechtlichen Situation habe ich einige Fragen.

1. Wie ist Ihre Haltung zum Urteil des Sozialgerichts Dortmund – AZ S 28 AS 361/07 ER?

Aufgrund einer Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben, wollte die Arge einemLeistungsempfänger das Arbeitslosengeld II (ALG II) kürzen. Das Dortmunder Sozialgericht entschied:Der Zwang zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung stellt einen Eingriff in den Schutzbereichder in Art. 2 Abs. 1 GG normierten Vertragsfreiheit dar. Die Kammer schließt sich insoweit derAuffassung des LSG Niedersachsen-Bremen (Az.: L 8 AS 605/06 ER) an, daß dieser Eingriff in dieVertragsfreiheit aufgrund eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verfassungsrechtlichnicht gerechtfertigt ist. Das Urteil (s.u.) interessiert die Dortmunder Arge jedoch nicht im Geringsten.Daher mußte der vom Dortmunder Sozialgericht zugebilligte einstweilige Rechtschutz perZwangsvollstreckung gegenüber der ARGE durchgesetzt werden (Sozialgericht Dortmund – AZ S 28 AS361/07 ER).

Das Urteil des SG Dortmund im Detail:

Beschluss in dem Rechtsstreit

xxx (Antragstellerin)

gegen

JobCenter/Arbeitsgemeinschaft Dortmund, vertreten durch den Geschäftsführer, Luisenstraße 11 – 13,44137 Dortmund (Antragsgegnerin)

hat die 28. Kammer des Sozialgerichts Dortmund am 18.09.2007 durch die Vorsitzende, Richterin Dr.Evermann, beschlossen:

Die aufschiebende Wirkung der am 17.09.2007 erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 24.08.2007 inGestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin trägt die

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notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

Gründe

I.

Die Antragstellerin bezieht Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach demSozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die Beteiligten streiten um einen Bescheid, mit dem dieLeistungen der Grundsicherung der Antragsteller für die Zeit von September 2007 bis November 2007monatlich um 30 % der Regelleistung gekürzt wurden.

Mit Schreiben vom 29.06.2007 wurde der Antragstellerin eine Eingliederungsvereinbarung angeboten. Indieser angebotenen Eingliederungsvereinbarung hat die Antragstellerin diverse Änderungen, Ergänzungenbzw. Streichungen vorgenommen. Soweit es aus der Sicht der Antragstellerin vertretbar erschien, hat siedie Änderungswünsche der Antragstellerin in eine neue Eingliederungsvereinbarung eingefasst und mitSchreiben vom 23.07.2007 an die Antragstellerin versandt. In diesem Schreiben forderte dieAntragsgegnerin die Antragstellerin auf, die „nunmehr letzte Version der EGV“ zu unterschreiben. Siewies darauf hin, dass weitere bzw. erneute Modifikationen nicht möglich seien. Die Antragsgegnerin legtediesem Schreiben eine Rechtsfolgenbelehrung bei.

Die Antragstellerin unterschrieb diese Eingliederungsvereinbarung nicht, sondern nahm wiederumErgänzungen und Modifikationen vor.

Mit Bescheid vom 08.08.2007 erging die Eingliederungsvereinbarung in Gestalt eines Verwaltungsaktes.Hiergegen legte die Antragstellerin am 24.08.2007 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 24.08.2007ordnete die Antragsgegnerin eine Absenkung der Regelleistung der Antragstellerin für den Zeitraum01.09.2007 bis zum 30.11.2007 um monatliche 30 % an. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus,dass die Antragstellerin sich am 06.08.2007 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert habe, die ihrangebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Gegen den Absenkungsbescheid legte dieAntragstellerin mit Schreiben vom 03.09.2007 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom05.09.2007 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 03.09.2007 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutzgestellt. Am 17.09.2007 erhob sie Klage beim Sozialgericht Dortmund.Die Antragstellerin trägt vor, dass sie nicht in der Lage sei, die Absenkung der Leistungen finanziellabzufangen. Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, die aufschiebende Wirkung der am17.09.2007 erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 24.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheidesvom 05.09.2007 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,den Antrag abzuweisen. Sie hält den Absenkungsbescheid für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und dieVerwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz ist zulässigund begründet.

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Nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag inden Fällen, in denen die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkungganz oder teilweise anordnen. Gem. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung vonWiderspruch und Anfechtungsklage in den durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Nach § 39 SGBII haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen derGrundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für denWiderspruch bzw. die Klage gegen den Absenkungsbescheid der Antragsgegnerin vom 24.08.2007, dadieser den Teilentzug der Leistung vorsieht.

Über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung entscheidet das Gericht nach Ermessenaufgrund einer Interessen- und Folgenabwägung. Hierbei sind das private Interesse des Antragstellers ander Anordnung der aufschiebenden Wirkung einerseits und das Interesse der Allgemeinheit an dersofortigen Vollziehung andererseits gegeneinander abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung sind dieErfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen. Bestehen ernstliche Zweifel an derRechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes, so hat das Gericht die aufschiebende Wirkunganzuordnen (vgl. LSG NRW Az.: L 19 B 15/06 AS ER; Conradis in: LPK-SGB II, 2. Auflage, § 39 Rn.11).

Unter Berücksichtigung vorstehender Kriterien ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Es bestehenernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, so dass dieser nach dem jetzigenSachstand in dem Hauptsacheverfahren aufgehoben werden würde.

Der Antrag der Antragstellerin ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagegemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG auszulegen. Gem. § 39 Nr. 1 SGB II hat die Klage gegen denAbsenkungsbescheid der Antragsgegnerin vom 24.08.2007 keine aufschiebende Wirkung. Die Anordnungder aufschiebenden Wirkung der Klage durch das Gericht hat zur Folge, dass die Absenkung nichtvollzogen werden kann und somit die Antragsgegnerin die Regelleistung nicht um 30 % absenken darf.Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf die Auszahlung der ungekürzten Regelleistung.

Eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Absenkungsbescheides vom 24.08.2007 ist nichtersichtlich. Zwar ist in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a SGB II normiert, dass der monatliche Regelsatz des § 20Abs. 2 SGB II um 30 % abgesenkt wird, wenn der Leistungsempfänger sich trotz Belehrung über dieRechtsfolgen weigert, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Diese Regelungist im Zuge der gebotenen verfassungskonformen Auslegung dahin zu verstehen, dass sie nur eingreift,wenn die Eingliederungsvereinbarung nicht durch Verwaltungsakt umgesetzt worden ist (vgl. LSGNiedersachsen/Bremen, Az.: L 8 AS 605/06 ER). Ein Absenkungsbescheid kann dann nicht auf § 31 Abs.1 Satz 1 Nr. 1a SGB II gestützt werden, wenn der Sozialleistungsträger von der Möglichkeit Gebrauchgemacht hat, eine Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II durch Verwaltungsaktfestzulegen.

Der Zwang zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung gem. §§ 15 Abs. 1 Satz 6, 31 Abs. 1 S. 1Nr. 1a SGB II stellt einen Eingriff in den Schutzbereich der in Art. 2 Abs. 1 GG normiertenVertragsfreiheit dar (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage, § 31 Rdnr. 14). Die Kammer schließt sichinsoweit der Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen (Az.: L 8 AS 605/06 ER) an, dass dieserEingriff in die Vertragsfreiheit aufgrund eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatzverfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist.

Der aus dem Wesen der Grundrechte hergeleitete Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass der

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Freiheitsanspruch des Bürgers nur insoweit beschränkt werden darf, als es zum Schutz öffentlicherInteressen unerlässlich ist. Demnach muss das staatliche Handeln einen legitimen Zweck verfolgen, sowiegeeignet und erforderlich sein, um diesen Zweck zu verwirklichen (BVerfGE 19, 342).

Die in §§ 15 Abs. 1 S. 6 und 31 Abs. 1 Nr. 1a SGB II normierten Handlungsalternativen zielen darauf ab,zum einen den Hilfebedürftigen zu verpflichten, im Rahmen seiner Möglichkeiten und des ihmZumutbaren an der Beseitigung seiner Arbeitslosigkeit mitzuwirken. Zum anderen soll durch dieZusammenarbeit mit den Sozialhilfeträgern eine auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitteneHilfegewährung erreicht werden (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen Az.: L 8 AS 605/06 ER). DieseIntention ist bereits durch den Erlass der Eingliederungsvereinbarung im Rahmen eines Verwaltungsakteserreicht, so dass ein zusätzliches Absenken der Regelleistung über das zur Verfolgung desGesetzeszwecks notwendige Maß hinausgeht. Die Verhängung einer Absenkung trotz Festlegung derEingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt ist zur Erreichung des Zwecks nicht erforderlich. Sieist unverhältnismäßig, da sie lediglich einen Straf- bzw. Disziplinierungscharakter aufweist.

Da für den Absenkungsbescheid vom 24.08.2007 keine Ermächtigungsgrundlage besteht, ist dessenRechtswidrigkeit gegeben. Dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, der dieEingliederungsvereinbarung festlegt, mit einem Widerspruch angefochten worden ist und aufschiebendeWirkung entfaltet (so LSG Baden-Württemberg Az.: L 13 AS 4160/06 ER-B).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und trägt demUnterliegen der Antragsgegnerin Rechnung.

Dr. Evermann

Richterin

2. Wie stehen Sie zum Urteil des Bundessozialgerichts B 4 AS 13/09 R?

Auszug aus dem Urteil:

„Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts handelt es sich bei § 15 Abs 1 SGB II um eine reineVerfahrensvorschrift, die das Verhalten und Vorgehen der Grundsicherungsträger – Arbeitsagentur undkommunaler Träger – steuern soll. Der Grundsicherungsträger trifft daher eine nicht justiziableOpportunitätsentscheidung darüber, welchen Verfahrensweg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederungdes erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wählt. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige kann durch ein“Nichtverhandeln” keinen Rechtsverlust erleiden. Dadurch entfällt die Erforderlichkeit zurUnterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung.“

Widersetzen Sie sich dem Urteil des Bundessozialgerichts?

3. Wie begründen Sie Ihren Verstoß gegen Art 1, 2 und 12 Grundgesetz?

Sie verlangen von mir (und wahrscheinlich auch zahlreichen anderen Betroffenen) Bewerbungen auch umgeringfügige Beschäftigungen zu Hungerlöhnen unter 400 €. Damit verstoßen Sie gegen die Art. 1, 2 und12 GG.

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Verinnerlichen Sie z.B. Art 12 GG:

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. DieBerufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichenallgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Mit welcher Begründung verstoßen Sie gegen die Verfassung?

4. Wie begründen Sie Ihren Verstoß gegen § 240 des Strafgesetzbuchs?

Das Strafgesetzbuch definiert in § 240 den Straftatbestand der „Nötigung“ wie folgt:

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig … durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einerHandlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mitGeldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu demangestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Einbesonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter … seine Befugnisse oder seine Stellung alsAmtsträger mißbraucht.

Gemäß Art 1, 2 und 12 unserer Verfassung und auch gemäß den o.g. Gerichtsurteilen ist eineEingliederungsvereinbarung, die einen Bürger seiner Würde, seiner freien Entfaltung und seiner freienBerufswahl beraubt, rechtswidrig. Ihre Eingliederungsvereinbarung droht dem ALG-2-Empfängerexistentielle Not an, wenn er sich diesen rechtswidrigen Zwängen nicht unterwirft. Mit diesen Drohungenmuß sich der ALG-2-Empfänger am Ende Ihrer Eingliederungsvereinbarung auch noch einverstandenerklären!

Inwiefern erfüllen Sie (und die Leitung Ihrer Arge) mit dieser Eingliederungsvereinbarung keinenStraftatbestand der Nötigung gemäß § 240 StGB?

5. Warum glauben Sie, daß 400.€-Jobs in Ihrem Interesse wären?

In Ihrer Eingliederungsvereinbarung verlangen Sie Bewerbungen für 400-€-Jobs.

400-€-Jobs bedeuten:

1. Eine demütigende und demotivierende Beschäftigung für alle Menschen, die (so wie ich) richtigeJobs wollen.

2. Altersarmut durch niedrige Rentenbeiträge.

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3. Die Belastung der öffentlichen Haushalte durch Sozialhilfe für Armutsrentner.

4. Die Verdrängung von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und dadurch die Zerstörung derSozialversicherung, was wiederum eine zusätzliche Belastung der öffentlichen Haushalte bewirkt.

5. Eine dauerhafte Finanzierung der 400-€-Jobber als „Aufstocker“ durch die Arge.

Ist Ihnen eigentlich klar, daß 400-€-Jobs – wenn überhaupt – nur als Taschengeld für weitereHaushaltsangehörige, niemals jedoch für Alleinverdiener infrage kommen?

Inwiefern liegen also 400-€-Jobs in Ihrem Interesse, und inwiefern sollen sie in meinem Interesse liegen?

6. Warum steigern Sie trotz Stellenmangel das Überangebot an Arbeitskräften, statt mit dembandbreitenmodell.de für Nachfrage zu sorgen?

In der Realität sieht die Zahl der Arbeitslosen (und das Überangebot an Arbeitskräften) lt. Bundesagenturfür Arbeit (aktuellster offizieller Monatsbericht, September 2010) wie folgt aus:

In Sperrzeiten gemäß §144 SGBIII (ALGI): 61.930 MenschenTeilnehmer an „ausgewählten Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik“: 1.430.234 Menschen1-€-Zwangsarbeit nach §16d SGB II: 324.238 MenschenLeistungsempfänger ALGI: 866.000 MenschenLeistungsempfänger ALGII: 4.832.000 Menschen

Das sind 7.514.402 Menschen. Von dieser Statistik abzuziehen sind (je nach Ansicht) 1.396.000Millionen zu Niedriglöhnen arbeitende ALG II-Bezieher („Aufstocker“), die durch den von den Argenmit verursachten Druck auf die Löhne weniger als ALG II verdienen.

Die tatsächliche Arbeitslosigkeit liegt also lt. Bundesagentur bei mindestens 6.118.402 Menschen.

Hinzu kommen Arbeitsuchende/Erwerbsfähige, die keinen Anspruch auf Leistungen des SGB haben, z.B.mehrere Millionen (in keiner Statistik erfasste) erwerbsfähige Lebenspartner und Kinder, die mit über denALG II-Sätzen verdienenden Erwerbstätigen zusammenleben. Ebenfalls mitzählen müßte man mehrereMillionen in den Vorruhestand gedrängte Frührentner („58er-Regelung“ gemäß § 53a Abs. 2 SGB II.).

Wir haben also in Deutschland definitiv (und zu ca. 60% von der Bundesagentur für Arbeit erfasst) nichtdie von der Regierung propagierten 3 Mio. Arbeitslosen, sondern über 10 Mio. Arbeitslose, sowiezuletzt 874.346 Kurzarbeiter.

Dem standen lt. Bundesagentur für Arbeit im September 398.000 offene Stellen gegenüber.

Auf 1 offene Stelle kommen also mindestens 25 erwerbsfähige Arbeitslose.

Von den offenen 398.000 Stellen ist ein Großteil schon besetzt, aber nur noch nicht als besetzt gemeldet.Ein Teil der Stellenangebote dient der Imagepflege der Arbeitgeber und existiert eigentlich gar nicht. Einweiterer Teil der Arbeitgeber sucht ohne konkrete offene Stellen, um eigene Arbeitnehmer beiGelegenheit durch bessere oder billigere Arbeitnehmer zu ersetzen. Den größten Teil der Stellenangebotemachen Zeitarbeitsfirmen aus, die ohne konkrete Stellen auf Vorrat suchen. Und schließlich sind sehr

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viele offene Stellen durch die meisten Arbeitsuchenden überhaupt nicht besetzbar, weil sehr hohe undspezielle Qualifikationen gesucht werden.

Mit Ihrem Druck, jede noch so schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen, steigern Sie das Überangebot unddamit die Möglichkeit der Arbeitgeber, Menschen zu immer niedrigeren Löhnen zu beschäftigen. Mitdem Druck, auch Zeitarbeit anzunehmen, haben Sie ein Heer von bisher rd. 1 Mio. Zeitarbeiterngeschaffen, das zunehmend die Festangestellten verdrängt und die Einkommen, die Sozialversicherungund die öffentlichen Haushalte (und damit auch die ARGEn) nach unten zieht.

Mit dem bandbreitenmodell.de (www.bandbreitenmodell.de/faq) haben Sie die Möglichkeit, Angebotund Nachfrage im Interesse der Arbeitnehmer und der ARGE umzudrehen. Arbeitgeber würden sichum Arbeitnehmer bewerben – und zwar um ALLE. www.bandbreitenmodell.de/kurzversion zeigt, wieeinfach das möglich wäre.

Welche Ausrede haben Sie, sich nicht bei Ihren Vorgesetzten (von Abteilungsleitern bis hin zurBundesarbeitsministerin) für das bandbreitenmodell.de einzusetzen?

Warum steigern Sie das Überangebot an Arbeitskräften? Warum zerstören Sie die beruflichenPerspektiven der Menschen und die erforderliche Planungssicherheit zur Gründung von Familien (sieheverheerend niedrige Geburtenrate in unserer Gesellschaft)?

7. Woher weiß ein Bürger, was er nicht weiß?

Am Ende Ihrer Eingliederungsvereinbarung muß der ALG-2-Empfänger unterzeichnen, daß ihm unklarePunkte und die möglichen Rechtsfolgen erläutert wurden.

Aber woher soll ich wissen, was ich fragen soll? Abgesehen von den oben recherchierten Paragraphenunserer Verfassung und den Gerichtsurteilen kenne ich meine Rechte nicht.

Ich glaube auch nicht, daß Sie mir meine Rechte benennen WOLLEN, weil dies dem Interesse IhrerBehörde widerspricht, möglichst viel Geld auf Kosten der ALG-II-Empfänger zu sparen (lt.Medienberichten und eigenen Beobachtungen enthalten viele ARGEn den Leistungsberechtigten ihreRechte vor, siehe auch zahlreiche Dienstaufsichtsbeschwerden und die hohe Zahl erfolgreicherGerichtsprozesse der Leistungsberechtigten gegen die ARGEn).

Und ich glaube auch nicht, daß Sie mir selbst bei besten Absichten meine Rechte benennen KÖNNEN,weil das Sozialrecht mit all seinen Gesetzen, Verordnungen, (u.a. regionalen) Dienstanweisungen undunterschiedlichen richterlichen Interpretationen so ungemein kompliziert ist, daß es niemand überschauenkann und ohnehin letzten Endes alles eine Frage richterlicher Auslegungssache ist.

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Folglich bleibt die Eingliederungsvereinbarung mit ihren Rechtsfolgen zwangsläufig unklar, so daß ichnicht unterschreiben kann, sie wäre mir klar und die Rechtsfolgen würden mir erläutert.

Weitere Artikel:

Hartz IV – Armutsfahrt geht weiter1.Hartz IV die menschliche Katastrophe2.Hartz IV und die Helfer3.Fachkräfte aus dem Ausland4.Das Märchen vom wirtschaftlichen Aufschwung5.

Eine Antwort zu “Eingliederungsvereinbarung – Hartz IV-Bezieher wehrt sich”

metalman sagt am: 31 Oktober 2010 um 19:45

ich muss sagen 1a brief, wirklich respekt dafür, gibt es informationen wie die sache ausging bzwwas für eine antwort kam? selbstverständlich ebenfalls anonym.

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