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Journal of Radioanalytical Chemistry, Vol. 58 (1980) 49-59 EINIGE ASPEKTE DER INSTRUMENTELLEN NEUTRONEN- AKTIVIERUNGSANALYSE BIOLOGISCHER MATERIALIEN E. L ANDRONIKASHVILI,L. M. MOSULISHVILI, N. E. CHARABADZE, N. B. BAGDAVADZE,N. E. KUCAVA, N. I. SONIA, A. I. BELOKOBYL'SKIJ, E. N. GINTURI Institut fftr Physik der Akademie der Wissenschaften der Grusinischen SSR, Tbilissi (UdSSR) (Eingegangen am 15. Miirz, 1980) The use of low temperature irradiation, lyophilisation and synthetic multielement standards in the INAA of biological samples are described. Changes of trace element concentration during the growth of a turnout and between normal, gastritic and tumourous mucous membrane of the stomach are demonstrated. Trace dements are also determined in historic fractions. Einleitung Gegenwiirtig werden vide Arbeiten tiber die Anwendung der instrumentellen Neutronenaktivierungsanalyse (INAA) auf Untersuchung biologischer Materialien unter Ausnutzung der hohen Neutronenfltisse yon Kernreaktoren ver6ffentlicht. 1-4 An den in letzter Zeit auf diesem Gebiet erzielten Erfolgen shad in entscheiden- dem Masse hochauflOsende Halbleiterdetektoren in Verbindung mit Vielkanalanalysa- toren und Kleinrechnern beteilight. Trotzdem gibt es auf diesem Gebiet noch eine Reihe unbefriedigend gelOster technischer Probleme, auf die wir etwas aufftihrlicher eingehen werden: Kdllung bei Bestrahlung biologischer Proben, lyophilisierung bi- ologischer Proben, verpackung bei Bestrahlung und Messung und Anwendung syn- thetischer Multidementstandards auf der Grundlage yon Phenolformaldehydharz. Ausserdem soUen einige Anwendungsbeispiele aus dem Bereich der Molekular- biologic und der klinischen Medizin vorgestellt werden. Experimentelles Erwdrmung biologischer Proben bei der Bestrahlung Die Erzeugung holler Neutronenfltisse ist nach wie vor aktuell. Bereits lange im Betrieb befindlichr Forschungsreaktoren werden stiindigt vervoUkommnet um die Leistung zu erhOhen. Damit kann im Prinzip auch die Empfindlichkeit der Akti- J. Radioanal. Chem. 58 (1980j 49 4

Einige Aspekte der Instrumentellen Neutronen-Aktivierungsanalyse Biologischer Materialien

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Journal o f Radioanalytical Chemistry, Vol. 58 (1980) 49-59

EINIGE ASPEKTE DER INSTRUMENTELLEN NEUTRONEN- AKTIVIERUNGSANALYSE BIOLOGISCHER MATERIALIEN

E. L ANDRONIKASHVILI, L. M. MOSULISHVILI, N. E. CHARABADZE, N. B. BAGDAVADZE, N. E. KUCAVA, N. I. SONIA, A. I. BELOKOBYL'SKIJ,

E. N. GINTURI

Institut fftr Physik der Akademie der Wissenschaften der Grusinischen SSR, Tbilissi (UdSSR)

(Eingegangen am 15. Miirz, 1980)

The use of low temperature irradiation, lyophilisation and synthetic multielement standards in the INAA of biological samples are described. Changes of trace element concentration during the growth of a turnout and between normal, gastritic and tumourous mucous membrane of the stomach are demonstrated. Trace dements are also determined in historic fractions.

Einleitung

Gegenwiirtig werden vide Arbeiten tiber die Anwendung der instrumentellen Neutronenaktivierungsanalyse (INAA) auf Untersuchung biologischer Materialien unter Ausnutzung der hohen Neutronenfltisse yon Kernreaktoren ver6ffentlicht. 1-4 An den in letzter Zeit auf diesem Gebiet erzielten Erfolgen shad in entscheiden- dem Masse hochauflOsende Halbleiterdetektoren in Verbindung mit Vielkanalanalysa- toren und Kleinrechnern beteilight. Trotzdem gibt es auf diesem Gebiet noch eine

Reihe unbefriedigend gelOster technischer Probleme, auf die wir etwas aufftihrlicher

eingehen werden: Kdllung bei Bestrahlung biologischer Proben, lyophilisierung bi- ologischer Proben, verpackung bei Bestrahlung und Messung und Anwendung syn- thetischer Multidementstandards auf der Grundlage yon Phenolformaldehydharz.

Ausserdem soUen einige Anwendungsbeispiele aus dem Bereich der Molekular-

biologic und der klinischen Medizin vorgestellt werden.

Experimentelles

Erwdrmung biologischer Proben bei der Bestrahlung

Die Erzeugung holler Neutronenfltisse ist nach wie vor aktuell. Bereits lange im Betrieb befindlichr Forschungsreaktoren werden stiindigt vervoUkommnet um die Leistung zu erhOhen. Damit kann im Prinzip auch die Empfindlichkeit der Akti-

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E. L. ANDRONIKASHVILI et al.: EINIGE ASPEKTE DER INSTRUMENTELLEN

200

B A [

1 _ _ _ J _ _ _ I i ~ 0 7 2 3 z,

P/MW

Abb. 1. Abh/ingigkeit der Tempe ratur biologischer Materialien yon der thermischen Leistung des Reaktors IRT-M (TE = Therrnoelement)

vierungsanalyse erh6ht werden. Jedoch w~chst mit dem Neutronenfluss auch die therrnische Energie, die in der bestrahlten Probe durch Absorption der Gamma-

und Neutronenstrahlung erzeugt wird. Dabei kann sich die Temperatur, wie Abb. 1

zeigt, bis auf einige Hundert Grad erhOhen. Der Bestrahlungskontainer besteht aus reinem Aluminium und ist mit getrocknetem Blur gefiillt. Die Bestrahlung erfolgt in einem trockenem Vertikalkanal des Kernreaktors IRT-M. Die Temperatur wurde

mit einem Kupfer-Konstantan-Thermoelement in der Mitre des Behhlters und an

der Oberfl~che gemessen. Die Erw~rmung h~ngt yon der thermischen Leistung des

Reaktors ab und erreicht 2 0 0 - 3 0 0 ~ Unter diesen Boedingungen kOnnen keine zuveri~issigen Ergebnisse erhalten werden. Deshalb wurde eine spezielle Anordung

zur Ktihlung der Proben bei l~ngerer ( 1 0 0 - 1 5 0 h) Bestrahlung im Reaktorcore konstruiert. GekiJhlter Bestrahlungskanal.

Die erste Mitteilung tiber die Erwarmung biologischer Proben bei der Bestratdung

im Reaktorcore mit einem Neutronenfluss yon 2 - 10 ~ 2 n - cm -~ �9 s -~ machten

BRUNE, SAMSAHL und WESTER, s die zeigten, dass fliissige biologissche Proben eine Temperatur von ca. 60 ~ erreichten. BRUNE und JIRLOW 6 k0hlten mit " Trockeneis und konnten so die Bestrahlungszeit auf 13 h verl~ngern. BRUNE 7

schlug ein Spezialsystem yon Poly~ithylencontainern umgeben mit Trockeneis vor.

Mit den genannten Verfahren konnten nur fltissige biologische Proben gek0hlt wer-

den, die mit einem Fluss yon 10 ~ 2 n . cm-2 . s- l bestrahlt wurden.

FOr Bestrahlungen mit Neutronenfltissen yon 1013n - cm -2 -s -1 schlugen BRUNE

und WENZL 8 die Verwendung eines Heliumkryostates vor. Damit sollte der Ver-

lust fliichtiger Elemente wahrend der Bestrahlung verhindert werden. Die genannten

Verfahren reichen niclat four l~ngere Bestrahlungen bei Fltissen 0ber 10~3n - cm-2-s -~ a U S .

50 Z Radioanal. Chem. 58 (1980}

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E. L. ANDRONIKASHVILI et al.: EINIGE ASPEKTE DER INSTRUMENTELLEN

-= I L,

Abb. 2. Schema des gekiihlten Vertikalkanals zur bestrahlung biologischer Proben. 1 - Be- strahlungskanal, 2 - W~irmetauscher, 3 - Kompressor, 4 - Gasbeh~ilter, 5 - Trans- portkontainer mit biologischen Proben

t

200 8,,

100 4 5 r 6

II It L I i I I,t m,- 30 90 150 210 270

Zeit ~Niin

Abb. 3. Abh~ingigkeit der Probentemperatur yon der Reaktorleistung

Eine neue Variante teilten ANDRONIKASHVILI et al. 9 mit, bei dem die Proben mit im geschlossenem System Zirkulierenden Helium gek'dalt werden. Das schema wird in Abb. 2 gezeigt. Vom Transportkontainer wird die W~irme durch das gas-

f6rmige Helium, das mit fltissigem Stickstoff gektihlt wird, abgeftihrt. Im fliissigem

Stickstoff wird das Gas auf - 1 2 0 ~ bis - 1 3 0 ~ abgekiilalt. Man kann eine vor- gegebene Temperatur in der Probe bis - 1 0 0 ~ einstellen, indem man den Gas- durchfluss entsprechend regelt.

Abb. 3 zeigt die Abh~ingigkeit der Probentemperatur yon der Reaktofleistung bei konstantem Gasdurchfluss (Druckdifferenz 0,25 atm). Die Temperatursprimge in den Punkten 4, 5, 6, 7 und 8 werden durch den Anstieg der Reaktorleistung auf

I, 2, 3, 4 und 5 MW verursacht. Bei 9 wird der Reaktor abgesehaltet. Danach wird die Probe aus der aktiven Zone in Kan~le yon Zimmertemperatur bef6rdert. Zur Kompensation der Temperatursprtinge muss bei einer Leistungserh6hung der Gas- durchfluss entsprechend erh6ht werden. In Abb. 3 bleibt auch im Punkt 8 die Tem-

peratur unter 0 ~ Der Verbrauch an Fliissigem Stickstoff betr~igt bei einer Proben- temperatur von - 4 0 ~ und einer Leistung yon 4 MW ungefahr 40 1/h.

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E . L . ANDRONIKASHVILI et al.: EINIGE ASPEKTE DER INSTRUMENTELLEN

10 \ 11

Abb. 4. Prinzipialischeme der Absorptionische Lyophisirungs Anlage 1 - Kryostat. 2 - Zflin- der aus rostfrei Stahl, 3 - Festk~rpiger Absorber, 4 - DiaIragme aas KupIer, 3 - Zoae der intensive Absorption. 6 - Arbeitskammer aus Glass, 7 - Kassetten mit Proben- raum aus Teflon, 8 - Wakuum-Manometer, 9 - Hahn (Wentile), 10 - Thexmoelement, 11 - Millivoltmeter

Vorbereitung biologischer Proben [iir die INAA

FOr die INAA sind am besten Trockenpr~parate geeignet. Anfangs trockneten

wir biologische Proben mittels Infrarotlampen, was langwierig war und wobei es

schwierig ist, die Proben gleichm~issig zu trockrten. In urtserem Inst i tut en'twickelf6

man eine neue und bequeme Methode der Niedertemperaturvakuumtrockung fur

beliebige Typen biologischer Proben (Fliissigkeiten, Gewebe) ohne Verwendung her-

k6rnmlicher und manchmal sperriger Vakuumanlagen.

Das Ger~t bestebt aus einer geschlossenen Kammer, die mit einem starken Ab-

sorbe ftir Wasserdampf und andere Gase gefiillt ist, welcher auf die Temperatur yon

fliissigen Stickstoff gekiihlt ist. Die vorher gefrorenen Proben, die sich in speziellen

Teflonkapseln befinden, werden in die Glasvakuumkammer gebracht. Man kann un-

gefahr ] 00 Proben zu je 1 ml unterbringen. Der Unterdruck in der Vakuumkammer

wird mit einem Vakuummeter kontrolliert . Die Trocknungsdauer betr~gt 2 - 3 Tage,

der Verbrauch an fltissigem Stickstoff 5 - 6 1/Tag. Die so getrockneten Proben kann

man aufbewahren, ohne eine Verschmutzung aus der Umgebung beftirchten zu

m~issen. Die Anlage und die Teflonkassetten zeigt Abb. 4.

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Tabelle 1 Intensive Gammalinien im Umgebungsuntergrund,

die mit einem 55 cm 3 Ge(Li)-Detektor gemessen wurden (Messzeit 2 h)

Nr. ET/keV

1 1458 2 238 3 352 4 609 5 294 6 583

7 93

8 91

9 185 10 968 11 2614 12 511 13 1120 14 1765

Relative Zerfails- Radionuklid Int e n s i t lit r e i h e

100 90 80 50 48 44 40 20 15 12 10 10 8 6

40 K

212pb

214pb

214Bi

2o8T|

234Th

228Ac

3=SRa 228Ac

2OSTI

2 J * B i

14Bi

232Th

238 U

238 U

238( j

:32Th "~38 U

232Th 238 U

~3=Th 238 w

238[.]

238tJ

Aus dem Lyophilisat werden Tabletten yon 4 mm Durchmesser und 2 mm HOhe mit einer hydraulischen Presse gefertigt. Bei Verwendung yon Pressformen aus 99,99% Titan ist eine Kontamination durch Spurenelemente, die sich bei der INAA tiber langlebige Nuklide bestimmen lassen, ausgeschlossen.

Die so hergestellten Proben werden in Minikapseln aus Quarz oder Reinalumi- nium untergebracht. Wir verwenden dazu Aluminiumfolie yon 0,1 mm St~rke und 99,9998% Reinheit. Diese Kapseln sind einfacher und billiger als Quarz gef~isse und gentigend rein.

In einem Transportkontainer yon 18 mm Durchmesser und 40 mm H6he aus

Aluminium der Reinheit 99,994% werden 50-80 Proben mit einem Satz Multi- elementstandards untergebracht. Nach der Bestrahlung werden die Tabletten aus den biologischen Proben aus den Aluminiumkapseln in Piacrylbeh~ilter far die gam- maspektrometrische Analyse umgefiillt. Da proben und Standards eine identische form haben, sind Korrekturen fiir die Messgeometrie nicht erforderlich. Einzelhelten der Messung und Auswertung der Spektren haben wir bereits publiziert, tO't1

Hier soll nur auf den Einfluss der Umgebungsstrahlung eingegangen werden, der bei der Messung yon Proben mit niederiger Gammastrahlungsaktivit~t 12 wiehtig ist. Die Strahlung der nattirlichen Radionuklide der Umgebung verursacht bei langen

Messzeiten (ca. 2 h) im Gammaspektrum gut sichtbare Photopeaks. Tabelle 1 zeigt

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Tabelle 2 Daten eines F~ die INAA biologischer Proben hergestallten Multielementstandards

auf der Basis yon Phenolformaldehydharz

Nr.

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

Element

Na

Sc

Cr

Fe

Ni

Co

Zn

Se

Br

Rb

Ag Sn

Sb

Cs

Ba

La

Ca

Nd

Tb

Au

rig

Nachweis- nuklid

2 4Na 46Sc

StCr

SgFe

Halbwerts- zeit

15 h

84 d

27,8 d

45 d

d

Y d

120,4 d

35,5 h

18,7 d

253 d

14 d

60,3 d

2,05 y

12 d

s a Ni 71,3

6~ 5,25

e s Zn 243,8 7sze

82Br 86Rb i i omAg

t13Sn

124Sb a S4Cs

~ B a

Nachweislinie, keV

Elementmenge in 50 mg

Standard, g

Z*~ 40,2 lSgCa 140

14'~Nd 11

I~~ 72,1 198 Au 64,6

a~ 46,6

1368,6

889,2

320,1

1099,3

810,8

1173,2

1115,5

264,6

776,4

1076,6

657,6

158,4

1691,0

795,8

373,2

1596,2

165,8

91,0

966,1

411,8

279,2

6

2

2

6

2

6

2

1

4

6

6

1

6

2

1

6"

1"

2 '

1"

2"

2"

10 -s 10-9

10-7

10-6

10-7

10-~

10-6 10-7

10 -7

10-"

10-s 10-6

10-9

10-8

10-~ 10-9

10-s

10 -~

lO-S 10-1o

10-7

die yon uns mit einem Ge(Li)-Detektor yon 55 cm a volumen ohne Bleiabschirmung

gemessenen Photopeaks. Sie sind in der Reihenfolge der gemessenen Intensit~ten

relativ zum Photopeak des 4~ bei 1458 keV angegeben. Die gefundenen Peaks stammen vorrangig yon Radionukliden der Zerfallsreihen des 2 s s U und des 2 s 2 Th.

Die Beriicksichtigung dieser Peak ist besonders wichtig bei der INAA yon Eiweissen

und Nukleins~uren, die aus verschiedenen Materfalien in Kleinen Mengen abgetrennt wurden.

Synthetische Multielementstandards fiir die INAA biologischer Materialien

In den vergangenen J a h r e n w u r d e n im I n s t i t u t fiir Phys ik der AdW der Grusini-

schen SSR M e t h o d e n zur Hers te l lung s y n t h e t i s c h e r M u l t i e l e m e n t s t a n d a r d s a u f de r

Grund lage yon P h e n o l f o r m a l d e h y d fiir die I N A A versch iedener d a r u n t e r auch bio-

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E. L. ANDRONIKASHVILI et al.: EINIGE ASPEKTE DER INSTRUMENTELLEN

logischer Materialen ausgearbeitet, l a-16 Flier sollen nur die Eigenschaften der fiir biologische Materialien verwendeten Standards beschrieben werden. Sie widerstehen im Reaktor integralen Fltissen yon ca. 1019 n �9 cm -2 und Temperaturen yon 300 ~ besitzen mechanische Festigkeit und definierte Form und sind ausgezeichnet homo- gen, selbst beztiglich der in biologischen Materialien fl0chtigen Elemente. Wegen der glassartigen Oberfliiche kann man zufallige Verschmutzungen nach der Bestrah- lung mit Chemikalien abwaschen. Die synthetischen Standards sind zur serienm~is- sigen INAA besinders geeignet.

Von uns wurden Modifikationen ftir thermische und epithermische Neutronen for die INAA biologischer Materialien hergestellt. Im Forschungsreaktor IRT-M be- tragen die thermischen Neutronenfltisse n- 101 a n . cm -2" s -1 und die epithermi- schen Fltisse n - 1012 n �9 cm-2 . s-1. Der Reaktor arbeitet bei verschiedenen Leis- tungen yon 1 bis 8 MW, wodurch sich der Faktor n entsprechend ~ndert.

Der erste Standardtyp enth~ilt 21 Elemente. Sie sind in Tabelle 2 angegeben. Die Konzentrationen wurden so gew~tlt, dass sie (1) mit den Konzentrationen in biologischen Materialien vergleichbar waren und (2) die Linien aUer Elemente im Phenolformaldehydharz mit einem modernen Halbleiterspektrometer gut aufgel6st wurden.

Daneben wurden drei Typen aus tier gleichen Gesamtheit yon Elernenten herge- steUt. Im ersten waren Se, Hg, Cr, Sb, Ag, Rb, Fe, Zn, und Co; im zweiten Ba, Sn, Na, K, Cs, Sc, Au, Ni, Br; im dritten La, Nd, Ce, Tb. Diese Standards sind for die Messung mit Halbleiterdetektoren mitflerer Qualit~it gedacht. Die Element- konzentrationen sind die gleichen wie im ersten Standard. Die Gammaspektren der langlebigen Isotope dieser Standards sind besonders unkompliziert.

Wir testeten noch einen weiteren Standardtyp for die INAA biologischer Materia- lien mit schnellen und epithermischen Reaktorneutronen, welcher Na, P, C1, K, Cu, As, Br, Mo, Cd, Sb, I, Cs, W und Au enth~ilt und bequem for pfanzliche Materialien zu verwenden ist. Entsprechend den unterschiedlichen analytischen Aufgaben k6n- nen Standards geeigueter Zusammensetzung hergestellt werden, wodurch sie sich auch yon den Standards aus natiidichen Materialien z.B., BOWEN's Kraut oder Rinderleber, 17'1a unterscheiden. Die synthetischen Standards aus Phenolformalde- hydharz werden auch in anderen neutronenaktivierungsanalytischen laboratorien der Sowjetunion verwendet.

Anwendung der beschriebenen Techniken zur INAA biologischer Materialien

Die NAA wird zur Untersuchung des Spurenelementstoffwechsels unter Normal- bedingungen und bei Geschwulstwachstum 19-21 angewendet, wobei bedeutende Unterschiede gefunden wurden. Es wird such versucht, diese Veranderungen diag- nostisch zu nutzen.22'23

.I. Radioanal. Chem. 58 (1980) 55

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E. L. ANDRONIKASHVILI et al.: EINIGE ASPEKTE DER INSTRUMENTELLEN

T zso- |

~ Eisen ! _~ ~ ~ 200 ]~ Zinc

~, 150 ~ j. ~ ~ zo

g ~oo

N .g sc

30 60 90 120 150 180 210 Geshulstbildung in TQgen

Abb. 5. Zeitliche Ver/inderung der Eisen- und Zinkonzentrationen im Ischiasnerventumor der Ratte, det mittels Methylnitrosoharnstoff induziert wurde

90 ~ B Normol ~ Gostritis VT"?~ Tumor

0 Abb. 6. Eisen- und Zinkkonzentration ira Magenschleimhautgewebe des Menschen im normalen

Zustand, bei Gastritis und bei Tumor

Wichtige Ergebnisse wurden fiber den Austausch yon Kupfer irn Blutserum bei der Hodkin'schen Krankheit 24 erhalten. Die Spurenelementkonzentrationen biologi- scher Materialien stellen eine wichtige informationsqueUe tiber den Zustand des

Kranken dar. Der frage, ob die Bildung einer loka]en Geschwulst voraussagbar ist, und wenn ja, in welchem Entwicklungsstadium, war eine Arbeit yon ANDRONIKAS- VILI et al. 2 s gewidmet.

Weissen nichtreinrassigen Ratten wurde w6chentlich in die Seitenvene des Schwan- zes Methylnitrosoharnstoff einer Dosis yon 10 mg/kg injiziert. Es ist bekannt, dass diese Dosis eine Geschwulst des Ischiasnerves verursacht. Das organ wird bis zur sichtbaren Geschwulstbildung beobachtet. Dieser Versuch dauert 1 Jahr. Es wurde yon einer kleinen Anzahl yon proben des Nervengewebes im Verlauf der Geschwulst- bildung und dessen Wachstums sowie vom Gesamtblut der zu untersuchenden Tiere die NAA durchgefiihrt. Abb. 5 zeigt die zeitliche Ver~inderung der Zink- und Eisen-

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E. L, ANDRONIKASHVILI et al.: EINIGE ASPEKTE DER INSTRUMENTELLEN

Diagnose

Normal

Gastritis

Tumor

Tabelle 3 Zink und Eisen gesunder und gesch~idigter Magenschleimhaut

A.M. I

72

110

220

Anzahl

A.M. = arithm. Mittel. S.D. : Standardabweichung.

Konzentration, /zg/g Trockengewebe

Zn Fe [ S.D. A.M. I S.D.

I 25 650 150

50 560 130

150 350 200

K ~

Min.

0.06

0.10

0.14

CZn

CFe

Max.

0.19

0.40

3.13

~o ~ = arctg K

Min. Max.

11

22

72

A~p ~

8 16

64

TabeUe 4 Spurenelementkonzentrationen in den Histonfraktionen Hj und H 3 ,

die aus menschlichen Lymphoplasten der Suspebsionskulturen CCRF-CEM 31,32 abgetrennt wurden in jag/g Trockenmasse

i Frakti'on Se Hg Cr Sb I Ag Sc Rb / Fe Zn Co

/

. . . . . . . . l /

H~ 0.44 2.8 8 0.7 0.6 0.04 0.6 56 6 0.31

H~ 0.38 6.2 28 2.7 0.3 0.03 1.3 274 63 0.52

konzentrat ion im Nervengewebe der Ratten w~hrend der Geschwulstbildung. Man

beobachtet vom Ende des 2. bis zum 4. Monat einen starken Sprung der Zink-

und Eisengehalte. In diesem Stadium gibt es noch keine deutlichen Anzeichen zur

Lokalisierung der Geschwulst. Man sieht daran, dass die Spurenelementver~inderungen

den makroskopischen d.h. morphologischen Ver~nderungen vorangehen.

Wir untersuchten mittels INAA Biopsieproben yon normaler, gastritischer und

durch Geschwulst gesch~idigter Magensch leimhaut durch. Die Einwaage der Proben

betrug 0,6 bis 1,2 mg. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3 dargestel l t . Zur bequemeren

Interpretat ion der Daten wird das Konzentrationsverh~iltnis K von Zink und Eisen

eingefiihrt und daraus ein Winkel ~ = arctg K berechnet. Die Standardabweichung

wird als Winkelspreizung angegeben. In Abb. 6 ist zu erkennen, dass die normalen

Zus~nde durch 3 ~ a ~< 1 t ~ begrenzt sind, die gastritischen Zustande im Intervall

6 ~ ~< 22 ~ und die geschwulstgesch~idigten Proben im IntervaU 8 ~ 31 ~< 72 ~ liegen.

In dieser DarsteUung w~ichst mit dem Winkel r/ die Wahrscheinlichkeit ftir eine ge-

schwulstartige Ver~inderung der Zellen in der Magenschleimhaut.

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Wir verwendeten die INAA unter Nutzung der Kryotechnik erfolgreich zu Spuren-

elementbest immung in Eiweissen und Nuklein~uren, insbesondere in solchen, die

aus normalen und Tumorzelien isoliert wurden. 27-29 In tier Regel werden diese

Proben in sehr kleinen Mengen erhalten und man muss aus einer Probeneinwaage

ein Maximum an Informationen tiber die Elementzusammensetzung gewinnen. Ta.

bel ie 3 enth~ilt ausgew~hlte Ergebnisse 0ber Histone aus einer gerneinsam mit dem

Zentrum ftir krebserkrankte Kinder "Sidney Faber" der Haward-Universit~t (Boston,

USA) durchgefiihrten Arbeit. 3~

Die argininreiche Histonfraktion Hs enth~ilt mehr Spurenelemente als die lysin-

reiche Histonfraktion H1. Die aus festen Hamstertumoren HSB-2 und HSB-9 iso-

l ierten Hs-Frankt ionen unterdrtickten die RNA-Synthese normaler Lymphozythen

in der Kultur WT-38 starker als die H1-Franktion. Das entspricht such den An-

gaben yon DESAI. s 2 Wir nehmen an, dass die st~rkere Unterdrtickung der RNA-

Synthese durch Histon Hs dutch den h6heren Gehalt an gebundenen Metallionen,

die eine Depressor-Rolle in Syntheseprozessen in Zellen spielen verursacht wird.

Literatur

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