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1856. ANNALEN J9 8. DER PHYSIK UND CHEMIE. NEUE FOLGE. BAND XXVIII. __ - ___ - --.I- XI1. Ucber das Verlinlten dielectrischer Flttssigkeiten bei 9 t tbr k en e 1 c c t r i s c h e n K r ri f t e n. 0 79. Verschiedene Xethoden, die Dielectrici- tiitsconstante von Fliissigkeiten zu bestimmen. - In meinen electrischen Untersuchungen l) habe ich eine Methode beschrieben, um die Dielectricitiitsconstante Kp einer isolirenden Flllssigkcit mit Hiilfe der electrischen Wage zu bestimmen, indem durch Gewichte die electrische Zugkraft parallel den electrischen Kraftlinien gomessen wird , mit welcher eine zur &rde abgeleitete Condensatorplatte eine ihr parallele electrisirte Condensatorplatte anzieht. Die beiden Condensatorplatten von gleicher Grosse befin- den sich dabei in Luft oder in der betreffenden isolirenden Fliissigkeit. Nennt man u den Abstand und 0 die Oberflache der Condensatorplatten; G, oder G,, die Gewichte, welche bei der electrischen Potentialdifferenz PI oder P,, der Conden- satorplatten in Luft oder in der isolirenden Flussigkeit gerade ein Abreissen der beweglichen Platte hervorrufen, und durch Division beider Gleichungen: 1) G. Qaincke, Elcctrische Cntersuchungeti. Abschnitt VII. 9 51. Wed. Ann. 19. p. 707 u. Taf. VIII Fig. 22. 1883. Ann. d. l’hys. u. Cham. N. F. XXVIII. 34

Electrische Untersuchungen

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Page 1: Electrische Untersuchungen

1856. A N N A L E N J9 8.

DER PHYSIK UND CHEMIE. NEUE FOLGE. B A N D XXVIII.

__ - ___ - --.I-

XI1. U c b e r das Ver l in l ten d i e l e c t r i s c h e r F l t t s s igke i ten bei 9 t tbr k en e 1 c c t r i s c h e n K r ri f t e n.

0 79. V e r s c h i e d e n e X e t h o d e n , d i e D i e l e c t r i c i - t i i t s c o n s t a n t e v o n F l i i s s igke i t en zu bes t immen. - I n meinen electrischen Untersuchungen l) habe ich eine Methode beschrieben, um die Dielectricitiitsconstante Kp einer isolirenden Flllssigkcit mit Hiilfe der electrischen Wage zu bestimmen, indem durch Gewichte die electrische Zugkraft parallel den electrischen Kraftlinien gomessen wird , mit welcher eine zur &rde abgeleitete Condensatorplatte eine ihr parallele electrisirte Condensatorplatte anzieht.

Die beiden Condensatorplatten von gleicher Grosse befin- den sich dabei in Luft oder in der betreffenden isolirenden Fliissigkeit.

Nennt man u den Abstand und 0 die Oberflache der Condensatorplatten; G, oder G,, die Gewichte, welche bei der electrischen Potentialdifferenz PI oder P,, der Conden- satorplatten in Luft oder in der isolirenden Flussigkeit gerade ein Abreissen der beweglichen Platte hervorrufen,

und durch Division beider Gleichungen:

1) G. Q a i n c k e , Elcctrische Cntersuchungeti. Abschnitt VII. 9 51. Wed. Ann. 19. p. 707 u. Taf. VIII Fig. 22. 1883.

Ann. d. l’hys. u. Cham. N. F. XXVIII. 34

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5 30 G. Quincke.

Bei den fruheren Versuchen wurden die Potentialdiffe- renzen PI und PI, nahezu gleich gewahlt. Die Gewichte G,, betrugen niemals mehr als 110 gr, weil bei grSsseren Potentialdifferenzen eine Verbiegung der nur 1 mm dicken Condensatorplatten au befurchten gewesen ware.

Ferner wurde fur denselhen Condensator in Luft oder isolirender Flussigkeit der Ausschlag s1 oder sll einer Mul- tiplicatornadel gemessen, wenn der Condensator durch eine kurze Wassersaule und einen Multiplicator yon 20000 Win- dungen entladen wurde. Das Verhiiltniss der Capacitaten des Condensntors in isolirender Flussigkeit und in Luft? oder die Dielectricitatsconstante K der isolirenden Flussig- keit ist dann:

P, wurde genau gleich Y,, gewahlt. Dabei fand sich K kleiner, a1s der mit der electrischen Wage bestimmte Werth Kp

Der Abstand der Condensatorplatten betrug 0,1695 cm; die electrische Potentialdifferenz etwa 15 oder 10 C.-G.-S.; die Anziehung in Luft 20 oder 10 gr.

$ 80. D i e l e c t r i c i t a t s c o n s t a n t e K, v o n F l i i s s ig - k e i t e n fur g f o s s e e l e c t r i s c h e K r a f t e m i t e l e c t r i s c h e r W a g e gemessen. - Man kann nun bei diesen Versuchen mit der electrischen Wage oder dem Multiplicator die elec- trische Potentinldif€erenz P,, viel grosser a19 PI machen, da fur dieselbe Potentialdifferenz die electrische Schlagweite in der isolirenden Flussigkeit viel kleiner als in Luft ist (vgl. unter 6 82).

Bei dem ahnlichen Verhalten magnetisch und dielectrisch polarisirter Kijrper erscheint es wahrscheinlich , dass bei starken electrischen Kriiften ein Maximum der dielectrischen Polarisation eintrettn kann, wie ein solches bei magnetischen Kraften durch den sogenannten Sattigungszustand schon lange bekannt ist. Man musste dann erwarten, die Constante Kp oder K der (21. (2) oder (3) um so kleiner zu finden, j e grijsser die zu ihrer Bestimmung benutzte electrische Kraft P,, ,'a ware.

Page 3: Electrische Untersuchungen

Eiyenscliaften ciieldrischer Riissigheiten. 58 1

Ich habe daher cliese Versuche fiir eine Reihe isoliren- iler Flilssigkeiten mit einer electrischen Wage wiederholt, welche nach dem Princip der frfiher benutzten, nur kriiftiger, gebaut war. Dieselbe erlaubte eine electrische Anziehung bis zu einem Kilogramm zu messen.

Die vernickelten Condensatorplatten dieser neuen elec- trischen Wage (Fig. 1) hatten 8,611 cm Durchmesser; die obere A 2 3 , die untere B 5 mm bicke. Der durch einen Bleiring beschwerte Dreifuss mit der unteren Condensator- platte wog in Luft etwa 1300 gr. Die Anordnung war die- selbe, wie bei den fruheren Versuchen. Nur war die obere Condensatorplatte in etwas anderer Weise an dem Wage- balken aufgehangt, urn die Verdunstung der Flussigkeit und eine Verschiebung der frliher lose anfgesetzten Dosenlibelle zu vermeiden.

Die obere (~ondensatorplatte war durch einen cylindri- schen Hals mit der Dosenlibelle fest verbunden und mit einer Cardani'schen Aufhiingung anstatt rnit drei diinnen Drahten am Wagebalken befestigt.

Ein verticaler Sessingstab H von 45 mm Liinge und 7 mm Durchmesser trug an seinem unteren Ende die obere Condensatorplatte ; an seinem oberen Ende eine Messing- scheibe von 90 mm Durchmesser und 5 mm Dicke. Drei starke Zug- und ebenso viele Druckschrauben verbanden cfiese Messingscheibe mit einer empfindlichen Dosenlibelle L, deren Luftblase einspielte, sobald die obere Condensatorplatte genau horizontal stand. Die Dosenlibelle war rnit einer nnten in zwei Ringe RR ttuslaufenden Gabel Q aus starlrem Xessingdraht und einem stahlernen Hufeisen E auf die Stahl- schneide des Wagebalkens gehiingt. Die Stahlschneide und die Drehungsaxe der Gabel an der Dosenlibelle standen zu einander senkrecht und bildeten die Cardani 'sche Auf- hgngung fur die obere Condensatorplatte , welche beim Schwingen des Wagebalkens sich hob und senkte, dabei aber genau horizontal blieb.

Der Dreifuss P mit der dnrch ein Flintglasstabchen C isolirten unteren Condensatorplatte B stand in einem Glas- cylinder von 50 mm H6he und 125 mm Durchmesser nuf

34*

Page 4: Electrische Untersuchungen

532 G. Quincke.

einem (in der Zeichnung fortgelassenen) Brett innerhalb des Wagekastens, das durch drei Stellschrauben so lange gehoben wurde, his die kegelforrnigen Spitzen der drei Lagerschrau- ben o die drei Ansktze der oberen Condensatorplutte A be- ruhrten. Die beiden genau horizontalen Flaclien der beiden Condensatorplatten hatten 0,1581 cm hbstand.

Auf den oberen abgeschliffenen Rand des Glascylinderj konnte eine runde Deckplatte aus Glas mit zwei kreisfornii- gen Ausschnitten von 15 mm Durchmesser fur den Hals E l der oberen und den Zuleitungsdraht D der unteren Conden- satorplatte aufgelegt werden. Die durch einen diametralen Schnitt in zwei Theile getheilte Deckplatte verhinderte, so- weit das uberhaupt moglich war, die Verdunstung der iso- lirenden Flassigkeit im Glascylinder.

Zwischen Deckplatte und oberem Rand des Glascylinders fiihrte ein blanker Kupferdraht N von dem Dreifuss F zu den Gasrohren des Hauses, mit denen auch der Wagebalken und die iibrigen Metalltheile der Wage leitond verbunden waren.

Eine Milliinetertheilung am Halse der oberen Conden- satorplatte gestattete den Stand der Fliissigkeit im Was- cylinder zu controliren, die gewohnlich 10 mm iiber der oberen Condensatorplatte stand. Mit dern Stand und der Natur der Flussigkeit im Qlascylinder schwankte natiirlich das Taragewicht (171,243 his 155,670 gr) , welches der oberen Condensatorplatte im unelectrischen Zustande das Gleich- gewiclit hielt.

E i n anderer dunner Kupferdraht, der durch eine rnit Schelhck bekleidete Flintglasrohre von der Wand des Wage- kastens isolirt war, verband den Zuleitungsdralit D und die untere isolirte Condensatorplatte mit dem bewegliclien Arme eines Schliissels ausserhalb des Wagekastens. J e nachdem der bewegliche Arni des Schliissels I) rechts oder links lag, war die untore Condensatorplatte mit der inneren Belegung der Flintglasbatterie , einem Tli o m s on’schen Schrauben- electrometer, einem Righi’schen Reflexionselectrometer und der H o l t z’schen Maschine oder clurch eine kurze Wasser- _ _ _ _ ~

1 ) G. Quincke. Wied. Ann. 10. Taf. TI11 Fig 23. 1853.

Page 5: Electrische Untersuchungen

Eige7iscfinften clielectrischsr Elussigkeiten, 533

sbule unil den bfultiplicator yon 20000 Windungen mit der Erde verbunden.

Auf die Wageschale der electrischen Wage wurden zu dem Taragewicht 10 oder 20 gr gelegt, die Holtz’sche Ma. scliine gedreht, bis das Reflexionselectrometer eine geniigende electrische Potentialdigeerenz angab, und das Schraubenelec- trometer eingestellt. Dann wurde die Brretirung des Wage- bslkens gelast, die innere Belegung der Leidener Batterie mit einem leinenen Tuche beriihrt, cias Potential langsam ver- kleinert und gleichzeitig das Schraubenelectrometer verstellt, bis die electrische Anziehungskraft nicht mehr genugte, die obere Condensatorplatte festzuhalten, und die Wage ausschlug.

Unter die Wagschale mit dem Taragewicht und den Gewichten G, wurde eine in Seidenpapier gewickelte 15 mm dicke Filzplatte gelegt, um den Stoss beim Abreissen der Condensatorplatte zu mildern. Das Einwickeln in Seiden- papier war nijthig, weil sonst durch die starken electrischen Krbfte hilufig eine Filzfaser losgerissen, in den Raum zwi- schen den Condensatorplatten hereingezogen und damit die Isolation gestort wurde.

Darauf wurde derselbe Versuch wiederholt , nachdem man das Qlasgefhss mit einer isolirenden Flilssigkeit gefiillt, das Taragewicht entsprechend gehde r t und die Gewichts- stucke GI, dazu gelegt hatte.

Nennt man r, und r l , die Stellungen des Schrauben- electrometers, welche den Potentialdiflerenzen P, und P,, der Gleichungen ,2) und (3) entsprechen, ro die Entfernung der ~ e t a l ~ p l a t t e n des Schraubenelectrometers, wenn die Mi- krometerschraube desselben auf Null steht, so ist:

und die Gl. (2) geht iiber in: (4 = A (yo + f J , PI, = (To + TI,),

Durch eine Reihe von Wiigungen mit dieser electrischen Wage in Luft ergab sich in der fruher’) von mir beschrie- benen Weise: ____--

1) a. Quincke, Wied. Ann. 19. p. 564. 1883.

Page 6: Electrische Untersuchungen

534 G. Quincke.

T,, = 17'750rev7 A = 1,133 C.-G.-S., also nahezu ebenso, wie fruher.

Die in Tab. 54. a. zusammengestellten Versuche lassen in der That eine geringe Abnahme der Dielectrici~atsconstante Kp mit wachsender electrischer Kraft erkennen. I)

T a b e l l e 54. a. E l e e t r i s c h e Zugkr i i f te

in Luft und in dielectrischen Fliiseigkeiten mit elcctrischer Wage verglichen. 0 = 58,234 qcm, Q = 0,1581 cm.

20 100 13,43 i 33,GO 38,66

1000 1 42,85

4,394 4,212 4.242 4,316

27,5

:: I I;: 330 440

1) Vgl. Lodge , Rep. Brit. Assoc. for 1889. On Electrolysis. p. 42.

9,063 9,238 2,647 12,815 ~ 13,122 I 2,623

,, 2,541 1 , 32,478 2,569

2,505 7, 53,322 2,541

2,558

25

400 71 I 800

8,939 ~ 9,174 2,374 12,625 ' 12,993 2,360

26,568 2,257 2,237

I' 53,760 2,205

Page 7: Electrische Untersuchungen

E<qenschaften dielectrischer Riissiykeiten. 595

Geivichte

Luft 1 keit Fliissig-

CI , I G,

Schraiibenelectrometer DielectricitIta-

Luft 1 Flua?ig I c o l m t e keit 9’0 + 9’ I ?* f 9‘

1) G. Quincke , 1. c. p. 714.

gr ’ gr 10 21 20 42

7, 84 77 168 7> 336 ,Y i 506

rev I rev 6,939 I 8,881 2,128

12,623 ~ 12,706 2,073

* * I 44.963 1,904

71 17.920 2,094 7 9 25,660 2,033 17 36,726 1,954

Page 8: Electrische Untersuchungen

536 G. Quincke.

Funken im Inneren der Flussigkeit sind weniger gef'&hr- lich, als Funken uber der Flussigkeit. Doch wird die Flus- sigkeit dadurch zersetzt, und storen dann die abgeschiedenen Kohlentheilchen die Isolation.

Bei kleinen Potentialdifferenzen bis 20 C.-G.-S. lassen sicli aber die Messungen ganz gefahrlos mit grosser Ge- nauigkeit und Schnelligkeit ausfiihren.

Q 81. Die l ec t r i c i t i i t s cons t an teKin F l u s s i g k e i t e n f u r g r o s s e e l e c t r i s c h e K r i i f t e m i t M u l t i p l i c a t o r ge- messen. - Gleichzeitig mit den eben erwghnten Wagungen wurde die Dielectricitatsconstante ILr mit dem Multiplicator- ausscfilag s1 oder sI1 bestimmt, wenn die Condensatorplatten bis zur PotentialdiEerenz PI odes P,, in Luft oder in der isolirenden Flussigkeit geladen waren.

Sind y1 und rI1 die Stellungen des Schraubenelectrs. meters im Augenblicke der Entladung durch den Multipli- cator, so ist nach G1. (3) und (4):

rev I rev sc ' (lo

12,590 12,590 57,2 , 160,Z

?

Die Resultate der Beobachtungen finden sich in des folgenden Tab. 55. a. zusammengestellt. Die vorletzte Spalte enthalt den Werth der rnit R'agungen fur dieselbe Poten- tialdifferenz gefundenen Werthe von Kp, die letzte Spalte das Verhiiltniss Kp/ K der nach beiden Methoden gefundenen Werthe der Dielectricitatsconstante.

2,000 4,323 1,544

-

T a b e l l e 55.a. Pi e l e c t r i c i t ii t s c o 11 s t a n t e

8113 der Capacitlt eines Condensntors in Luft und in der dieleetrischen Flussigkeit bestimmt.

.- _ _ ___^ _ - - - - - Schrauben- 1 Multipiicator- I Dielectricittts- electrometer ausschlae constmite mit

, I I 33,782 39,030

11 I 427 2,732 1 4,166 1 1,497 >? ,(3391 (I ,912'1

Page 9: Electrische Untersuchungen

E<qenschqften dielectrischer Fhissipteiten. 631

- ~- _______

Aethc (1 Jahr uber gebranntcm Marmor gestanden und frisch destillirt) rev rev bC 8C

12,590 I 12,590 I 57.2 ' 208,5 I 8,646 1 4.394 1 1,205

S c h m e f el k o 11 1 c 11 s t o f f.

7,

-_ 1 ,I 22

12,815 12,515 58,040 134,4 2,316 1 37,154 I :: j I 41,872

8,939 12,623

,Y

1,

8,939 12,623

1

, I

7

1

S ch w e f el k oh1 e n s t off (Kahlbaum) 9,063

12,815 26,662 32,478 37,581 42,457

93 128,7 280,8 347,O 389,4 481,31243

2,513 2.248 2.350 2;362 2,312 2,199(1,277)

B enzo l aus Steinkohlentheer (Kahlhaum) 8,939

12,623 26,568 37,747

41,82 58, iO

7

?,

87,30 124,40 262,5 369,6

2,088 2.119 2(125 2,106

2,647 2,623 2,541 2,569 2,558 2,505

2,374 2,360 2,257 2,237

S t e in61 (uber gebmnnfem Marmor gestanden) 8,939

12,623 17,920 25,660 36,726 44,963

41,90 59,52

, 1,

1,

I

75,60 109,s l53,3 223,6 322,2 374,O

1,804 1,803 1,317 1,848 1,860 1,764

2,128

2,084

1,994

2,073

2,033 1,984

1,053 1,167 1,08 1 1,087 1,107 1,139 1,106 __

1,137 1,113 1,062 1,062 1,093

1,179 1,150 1,147

1,067

1,129

1,100

1,130 __ -

Die Methode der llIultiplicatorausscl~l~e versagt zu- weilen bei grossen Potentialdifferenzen, wiihrend die Methode der Wiigungen fur gleiche electrisclie Krafte noch constante Resultate gibt, Man erhalt namlich ' bei Flussigkeiten zwi- schen den Condensatorplatten fur allmahlich zunehmende Potentialdifferenzen der Condensatorplatten plotzlich kleinere, oft bedeutend kleinere Multiplicatorausschliige, denen dann naturlich kleinere Werthe der Constante K entsprechen. Bei

Page 10: Electrische Untersuchungen

538 G. Quincke.

Aether und Schwefelkohlenstoff, die iibrigens vortretf'lich iso- lirten, trat diese abnormale Erscheinung besonders auffallend hervor, ohne dass ich dafdr eine Erklhrung zu geben wtisste.l)

I n mehreren Fallen waren diese Werthe von K nahezu z/3 der fur kleinere electrische Krafte gefundenen.

Ohne dass scheiiibar sich irgend etwas geandert hatte, treten dann wieder grossere Multiplicatorausschlage Ruf mit Werthen von K, die den fur kleinere electrische Krafte ge- fundenen nahezu gleich sind.

Abgesehen von diesen abnormalen Erscheinungen, findet sich die Dielectricititsconstante Kp mit Wilgungen und K mit Multii?licatoraus~chlagen ein klein wenig kleiner , je grosses die bei ihrer Bestimmung benutzten electrischen Ksafte waren.

Mit der electsischen Wage findeb man, wie aus der letzten Spalte der Tab. 55. a. zu ersehen ist, die Dielectricitats- constante einer Flhssigkeit 50 bis 100 Procent grosser, als mit dem Condensator und Multiplicatorausschlag. Der Unter- schied beider Bestimmungen ist im allgemeinen um so grosser, je grosser die Dielectricitiitsconstante ist.

4 83. S c h l a g m e i t e i n ve r sch iedenen Fl i i ss igke i ten . - Ich habe friihere) die electriche Potentialdifferenz P zweier Messingkugeln von 20 rnrn Durchmesser gemessen , welche bei verschiedenem Abstand a derselben nothig Brar, um eine Entladung in Luft herbeizufuhren.

Man kann ilhnliche 'TTersuche auch in verschiedenen iso- lirenden Fliissigkeiten anstellen und findet dann fur dieselbe electrische Potentialdifferenz eine kleinere Schlagweite als in Luft; der Druck parallel den electrischen Kraftlinien, bei welchem die Funkenentladung in der Flussigkeit iibergeht, ist dann durch die Oleichung gegeben:

1) Die von mir untersuchten Fliissigkeiten leiteten die Electricitit vie1 schlechter, als nach hen Messungen von Said Effendi, Compt. rend. 68. p. 1567. 1869. Domal ip , Wien. Ber 75. p. 620. 1877; Beibl. 1. p. 574. 1877. Gruss u. B i e r m a n u , Wien. Ber. 77. p. 463. 1878; Beibl. 2. p. 429. 1878 zu erwarten gcwesen wgre, welche wohl nic'tit gunz reine Fliissigkeiten untersucht l idcn.

2) G. Quii icke, Electr. Untersuch. $ 45. Wied. Ann. 19. p. 567. 1883.

Page 11: Electrische Untersuchungen

Ei@mcJiaften dielectrisclter Fiiissigkeiten. 539

4, P2 I’ = --? nn ~2

wo Kp die mit Hulfe der electrischen Wage bestimmte Dielectricitatsconstante der betreffenden Fliissigkeit bedeutet.

Bei meinen Versuchen wurde an einem Funkenmikro- meter die Schlagweite znrischen vergoldeten schwach gewolb- ten Messingscheiben ( Uniformknopfen) rnit kugelformigen, 24 mm breiten Endfiaclien von 50 mm Radius gemessen. welche an 2,5 nim dicke blessingdriihte von 90 mm Lange gelotliet waren. Die Messingknopfe 0 und U (Fig. 2) bildeten die Electroden und befanden sich in einer umgekehrten Eau de Cologne-Fiasche ohne Boden mit zwei gegeniiberliegenden ebenen Seitenflachen von 65 rnm Hohe und 23 mm Breite. Auf zwei Locher yon 14 mm Durchinesser in der Mitte dieser Seitenfliichen waren zwei Spiegelglasplatten I; und R niit Fisclileim aufgekittet. Die Aussenflache der Flasche. war mit geschmolzenem Schellack bekleidet, und der Ha19 der Flasche in eine Korkklemmc geschraubt, die als Triiger diente.

Auf dem eben geschliffenen Rande der Flasche ruhte eine Deckplatte L) aus Spiegelglas mit centraler OeEnung yon 15 mm Durchmesser. Die verticalen Messingdriihte der Elec- troden gingen luftdicht durch zwei Korke in dern Hals der Flasche und der Oeffnung der Deckplatte.

Die Anordnung war im ilbrigen dieselbe, wie bei den friiheren Versuchen.’) Durch 1 mm dicke, mit Guttapercha bekleiclete Kupferdrahte und I~ lemmschraube~~ war die un- tere Electrode mit der Erde, die obere mit einem T h o m - so n’scben Schraubenelectrometer , einem R i g hi’schen Re- flexionselectrometer , der inneren Belegung einer Flintglas- batterie und der Ho 1 tz’schen Maschine verbunden. Die aussere Belegung der Flintglasbstterie war zur Erde nb- gelei tet.

Die Flasche wurde mit der isolirenden Flussigkeit gefullt, die Deckplatte aufgesetzt. mit einem Bleiring B beschwert und durch Verschieben der Messingdralite in den Korken

1) G. Qai i i cke , 1. c.

Page 12: Electrische Untersuchungen

540 G. Quincke.

der mit einem Kathetometer gemessen'e Abstand der Kugel- flachen m f 1 oder 0,5 mm gebracht.

Wahrend man die H o 1 t z'sche Maschine drehte und die Flintglasbatterie lud, beobachtete man das Righi 'sche Re- flexionselectrometer und regelte das Spiel der Maschine so, dass der Fernrohrfaden langsam iiber die Scala fortrlickte, ohne dass die Electrometernadel in Schwingungen gerieth. Bei einer bestimmten Ablenkung Q des Reflexionselectro- meters sprang der Funken in der Fliissigkeit zwischen den Electroden iiber. EE wurde dann das Funkenmikrometer ausgeschaltet und die Stellung des Schraubenelectrometers hestimmt, welche der Ablenkung Q des Reflexionselectrometers entsprach. Der Werth P der electrischen Potentialdifferenz der heiden Kugelfliichen ist dann nach friiheren Versuchen ( 5 44 (31. 21 und 24) mit der electrischen Wage *in absolutem Maxsse bekannt.

Die Versuche sind in der folgenden Tab. 103 ubersicht- lich zusammengestellt.

Ver oldete Messing- fniipfe in der

Fliissigkeit,

Tcrprntin61. . . . Rapsol . . , . . Schwefelkohlenstoff . Steinbl . . . . . Aethcr . . . . . Leichtes Brnzol . . Schweres Benzol . . 1 Vo1. Aether + 1 Vol.

Schwefelkohlcnatoff 3 Vol. Acther -t 1 Vol.

Sehwefelkohlenstoff

Atniosphiirische Luft

T a b e l l e 103.

I . ._ - . . - 1 c..o.-s 2,26 i>85 2,3S I 66 2,54 , ' 55 1,99 ' 1 55 4,20 I, 47 2,15 / , 45 2,30 I! 44

4 ,14 , 43

1 I 9,s

jchlak

0,05 cm .- - - .-

- 3

18 20 0

16 13

10

10

-

feite a em 0 1 -. -?-

Atm.

>O,OS6

0,043 0,091 0,044 0,043

-

0,081

0,062

0,070

0,001

Page 13: Electrische Untersuchungen

E{yenschaften dielectrischer Fliissigheiten. 541

Nachdem der Funke in der Fltissigkeit iibergegangen war, zeigten die Electroden noch die in der funften und sechsten Spalte aufgefulirte Potentialdifferenz.

Bei einem Electrodenabstand a von mm trat der Funken in Terpentinal bei einer Potentialdifferenz P von 61 0.-G.-S. auf, und blieb dann noch eine Potentialdifferenz von 13 C.-G.3. als Ruckstand,

Auffallender Weise erschien der Funken in Flussigkeits- gemischen von Aether und Schwefelkohlenstoff bei einer kloineren Potentialdifferenz, als in den reinen Fltissigkeiten.

Alle Zahlen der vorstehenden Tabelle konnen nur als tngenahert richtig botrachtet werden.

Mit dem Auftreten der Funken im Inneren der Fliissig- keit scheiden sich hilufig Luftblasen und an deren Oberflache durch die Hitze des Funkens Kohlentheilchen ab. Die Luft- blasen werden von der kiirzesten electrischen Kraftlinie fort- getrieben, da ihre Dielectricititsconstante kleiner? sls die der isolirenden Flilssigkeit ist; die Kohlentheilchen werden nach der kiirzesten electrischen Kraftlinie hingezogen und verkleinern dadurch die Schlagweite.

Masson'), Ho l t z2 ) und B ~ t i l l e ~ ) , welche ebenfalls die Schlagweite in verschiedenen Fliissigkeiten verglichen haben, fanden Bhnliche Schwierigkeiten und Schwankungen bei den Messungen, wie ich selbst.

Macfa r l ane*) fand fur n cm Schlagweite die electrische Potentialdifferenz: P = 332,4 a - 7,2 fur Terpeutinol

289 n - 10 v Olivenol 3%,4 u - 6,'i ,) Paraffin01

bei Schlagweiten, die zwischen 0,s und 0,s cm schwankten. Daraus wiirde bei 0,s cm Schlagmeite die electrische Poten- tialdifferenz folgen:

P = 26,O c.-C.-S. fur Terpentinol 19,s ,, OlivenB1 21,54 11 Paraffiuol

1) Mnsson, Ann. de chirn. et de phys. (3) 30. p. 53. 1550, 2) Holtz , Wied. Ann. 11. p. 710. 1580. 3) Bai l le , Ann. de chim. ct de p h p . (5) 2% p. 193. 1583. 4) N a c f a r l a n e , Phil. Mag. (5) 10. p 401. 1880.

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342 0. Quinoke.

also Werthe, die erheblich kleiner, R ~ S die von mir beob- achteten sind.

M a c f a r l a n e nennt rnit C h r y s t a l den nach G1. (7) berechneten electrischen Druck p die dielectrische Kraft (dielectric strength) der betreffenden Substanz. In den letzten beiden Spalten der Tab. 103 findet sich dieser electrische Druck in Atmosphken berechnet ftir die Schlagweite 0,05 und 0,l em rnit dem daneben stehenden Werth der Dielec- tricitiitsconstnnte Kp, wie ich ihn friiher l) fdr dieselben Fliis- sigkeiten mit der electrischen Wage gefunden hatte, Der Werth von p nimmt mit wachsender Schlagweite ab. Der- selbe ist vergleichbar mit den electrischen DruckkrHften, welche bei Glasw’hclen von Thermocondensatoren noch keine Durchbrechung mit Funkenbildung herbeifiihrten. a)

6 83. D R S e lec t r i s che Le i tungsve rmi igen dielec- t r i s c h e r F l i i s s i g k e i t e n Bndert sich mit der Grijsse der elentrischen Kraft Pi., wenn P die electrische Potentialdif- ferenz und a den Abstand der Electrodenflachen bezeichnet.5)

Dasselbe wurde bei Gelegenheit der Untersuchungen uber electrische Doppelbrechung *) dielectrischer Flussigkei. ten in Fliissigkeitscondensatoren mit ebenen oder cylindri- schen Sickelelectroden in folgender Weise gemessen.

Die eine Electrode (innere Belegung) des Fllissigkeits- condensators war mi t der inneren Belegung der Leidener Batterie von acht Flintglasflaschen, dem T h o m son’schen Schraubenelectrometer , dem R i g hi’schen Reflexionselectro- meter und der H o 1 t z’schen Xaschine leitend verbunden. Diese Electrode wurde durch einen Gehiilfen , der das Reflexionselectrometer beobachtete und danach das Spiel der H o l tz’schen Maschine regelte, auf constantem Potential erhalten. Die andere Electrode (Bussere Belegung) des Fliis- sigkeitscondensators stand durch eine kurze, mit destillirtem Wasser gefiillte Flintglasrohre und einen empfindlichen Xultiplicator mit Spiegelablesung und astnsirter Magnet-

I ) G. Q n i n c k e , W e d . Ann. 10. p. 725. 1883 u. oben a SO. 2) G. Quincke , 1. c. p. 578. 3) Vgl. Lodge, Report. Brit. Aesoc. for 1885. On electrolysis p. 50. 4) Qoit icke, El. Unters. 55. Wied. Ann. 1% p. 729. 1883.

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Eigenschafteri dielectrischer FZiissigkeiten. 548

nadel mit den Gasrohren des Eauses in leitender Verbin- dung. Die aussere Belegung der Leidener Batterie und der Fuss der Electrometer war ebenfdls duroh dicke Kupfer- drahte mit den Gasrohren verbunden.

Die Anordnung war im wesentlichen dieselbe, wie .bei der Untersuchung der Electricitatsldtung durch Qlas. oder Glimmerplatten.’) Nur wurde in vielen Fkllen der dost be- nutzte Commutator fortgelassen. Der Entladungsstrom des Flussigkeitscondensators durchfloss gewohnlich im Multipli- cator eine Drahtrolle von 5000 Windungen. Ein Conden- sator von 1 Mikrofarad Capacitat durch ein Chromdure- element geladen und durch den Multiplicator entladen, gab einen Ausschlag Ton 24 Scaleutheilen.

Eine Nebenschliessung von kurzem Widerstand erlaubte, die Drahtwindungen des Multiplicators auszuschalten. Die- selbe wurde geoffnet, wenn die Nadel des Righi’schen Refiexionselectrometers mehrere- Secunden lang nahezu con- stante Ablenkung zeigte. Die Multiplicatornadel zeigte dann ebenfalls nahezu constante Ablenkung J. Durch Vergleichung des Reflexionselectrometers mit dem Schraubenelectrometer konnte die electrische Potentialdifferenz P der Electroden des Fliissigkeitscondensators in Einheiten des C.. (3.-S.-Systems angegeben werden.

W urde die Electricitatsleitung in der dielectrischen Flus- sigkeit dem Ohm’schen Qesetz folgen, wie die Electricitats- leitnng in festen Korpern oder in electrolysirten Flassig- keiten, so musste fur einen bestimmten Condensator P/J eine constante Gi osse sein.

Es findet sich aber bei allen von mir untersuchten Flassigkeiten, dass YIJ mit wachsendem P abnimmt. Die Intensitat des electrischen Strornes J, welcher yon der inne- ren Belegung des Flussigkeitacondensators ZUF lusseren Be- legung und durch den Mtiltiplicator zur Erde fliesst, wiichst also schneller, als die electrische Kraft P/a, wenn a den Abstand der Belegungen oder Electroden bezeichmt.

1) Quiricke, El. Unters. 3 35 u. 46. Wied. Ann. 10. p. 551. 1880 arid 19. p. 572 u. Taf. VITI Fig. 4. 1883.

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6-44 G. Quincke.

In der folgenden Tabelie 104 sind als Beispiel die Re- sultnte einiger Beobachtungsreihen zusammengestellt. Die vernickelten ebenen Electrodenplatten hatten 2,5 cm Hahe. Die L h g e E und der Abstand n derselben ist in den ein- zelqen Versuchsreihen angegeben. Ebenso der Werth der mit der electrischen Wage gofundenen Dielectricitiitscon- stante Kp.

T a b e ' I I e 104. I n t e n s i t t i t J

electrischer Strome in dielectrischen Fliissigkciten bei verschiedener Potentialdifferenz P

der vernickelten ebenen Electroden vom Abstsnd a.

- 2,867

0,545 - 1,035

A e t h e r (iiber gebranntein Marmor gestanden) Rp = 4,20

sc fC

- - 34 0,859 S 42 0,952

96 O,G66 97 0,699 177 ~ 0,417 156 1 0,473

33 i :,634 63 i 0,856

C.-G.-S. EC

- - I 8,4 3,477 28,7 1 1,394 - -

- - 1 I I S I 0,993

9 1,936 10,9 1 2,680

137 0,292 39 1 1,382 45 1 0,649 l8,2 2,197

406 ' 0,112 - - l - 87 I 0,134 - I - 162,2 I 0,455

- - -

a= 0,1615 em I = 9,95

17,42 11 - - 29,21 I 6,2 I 4,711 39,99 I 15,l 2,649 45,58 11 - - 47,74 , 36 1,328 - 63,90 ' - 73,79 1, - I -

0,261 0,382 0,215 0,135 0,106

0,086 -

T e r p e n t i n G l A> = 2,20

a= 0,1615 cni a= 0,3515 cni

- - - - - - -

1=19 tI,07 ' 14 21,03 1, 26 30,90 i 75 40 I 182 52,20 I416 55,03 - 62,33 1; 654

1,006

0,412 0,809

0,220 0,125

0,095 -

1=1 54 55

144 296 493

722 -

Page 17: Electrische Untersuchungen

Eigenschaften d i e l e c t k 9 w Fliissigkeiterz. 545

a= 0,1615 em 1 = 19,3

0,47

a= 0,3230cm E=19

1 ‘ 21,08 11 4,69 38 1,69 143 0,52 348 , 0,25

nc - - - - -

Gemenge von Aether und Schwefelkohlenstoff oder cylin- drische , statt ebener Nickelelectroden gaben Bhnliche Re- snltate.

Die von mir untersuchten FliZssigkeiten waren so rein und so staubfrei, wie mijglich. Trotzdem fand ich bei der- selben Potentialdifferenz Y oft nicht unbedeutende Verschie- denheiten der StromintensitM J , wenn dieselbe Fliissigkeit in demselben Condensator untersucht wurdu.

Durch liingeres Durchleiten des Stromes nimmt der Widerstand meist zu. Es kann aber auch unter Umsthden der Widerstand durch ruhiges Stehen bedeutend abnehmen. Ich suche den Grund dieser Schwankungen in kleinen Staub- theilchen und in sehr kleinen Mengen fremder Substanzen, die von den isolirenden Fliissigkeiten aufgelijst werden und das Leitungsvermijgen derselben erheblich beeinflussen.

Wlihrend der Quotient PIJ mit wachsender electrischer Kraft P/a bedeutend abnimmt, findet man dagegen fiir die verschiedensten electrischen Krafte denselben Werth der Dielectricititsconstanten Kp oder K mit der electrischen Wage oder der Capacitllt ekes Condensators (vgl. 0 51, 52, 80, 51); ebenso denselben Werth der Constante B der elec- trischen Doppelbrechung (8 57).

Die Abhangigkeit des Widerstandes der dielectrischen Fliissigkeit yon der Grijsse der electrischen Hraft kijnnte von einer electrochemischen Zersetzung der dielectrischen Fliissigkeit herriihren.

Auf Grund der Gesetze der electrischen Fortfiihrung habe ich friiher l) eine Theorie der Electrolyse aufgestellt,

1) Quincke, Pogg. Ann. 144. p. 163. 1871. hun. d. Phgs. a. Cham. S. F. YXVIII. 35

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546 G. Quinche.

derzufolge in einem fliissigen Leiter plotzlich eine electro- lytische Leitung auftreten muss, sobald die electrische Kraft einen bestimmten Grenzwerth iibersteigt ; sobald sie im Stande ist, die durch chemische Krafte zusammengehaltenen Theilmoleciile der chemischen Verbindung zu trennen.

Der Widerstand der Fliissigkeit zwischen den Electro- den odor die Grosse P/J miisste sich, wenn dime Auffas- sung richtig ware, sprungweise andern, sobald die Kraft P/a diesen Grenzwerth ubersteigt.

Um den Grenzwerth aus den Beobachtungen der Ta- belle 104 (und aus anderen, ahnlichen Messungen) zu be- stimmen , wurden Curven gezeichnet mit der electrischen Potentialdifferenz P als Abscisse und der Stromsarke J als Ordinate. Diese Curven mussten, wenn die von mir beob- achtete Abnahme des Fliissigkeitswiderstandes P/ J in der That auf einer mit steigender electrischer Kraft Pia plotz- lich auftretenden electrolytischen Zersetzung beruhte, an der dem Grenzwerth entsprechenden Stelle ein plotzliches An- steigen oder einen Knick zeigen, Der Werth der electri- schen Potentialdifferenz an dieser Stelle mit dem Electro- denabstand a dividirt ware d a m der gesuchte Grenzwerth der electrischen Kraft.

WUrde das 0 hm’sche Gesetz fur die Electricitatsleitung in der dielectrischen Flussigkeit gelten, so musste jede Curve aus zwei geraden Linien bestehen, die an der Stelle des Grenzwerthes zusammentreffen.

In einigen Fallen, bei Benzol und Aether, habe ich in der That Curven erhalten, die dieser Form sich nilherten. Oft aber lasst sich der Knick schwer erkennen, und die Curven haben mehr die Gestalt einer Parabel.

Diess allmahliche Abnahme des Widerstandes kann nicht auff allead erscheinen, wenn man den Einfiuss suspendirter Staubtheilchen und die electrische Convection in Betracht zieht.

Einzelne, die ElectricitM leitende Staubtheilchen sind in der dielectrischen Fliissigkeit ebenso schwer zu vermei- den, wie ‘die Sonnenstiiubchen in der Luft, Diese Staub- theilchen reihen sich im electrischen Felde zwischen den

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Eigenschaften didectrischer Riissigheiten. 547

Electrodenplatten aneinander , verkleinern den Abstand a derselben oder vergrassern die electrische &aft an dhigen Stellen des electrischen Feldes. An diesen Stellen tritt dann schon electrochemische Zersetzung auf, wahrend sie an den anderen Stellen noch fehlt.

Ausserdem muss, wie ich ebenfalls schon friiher bemerkt habe, ein Theil des electrischen Stromes durch mechanische Leitung oder Convection (F a r ad ay's carrying discharge) l) in der Fliissigkeit zwischen den Electroden iibergehen. Die Gesetze dieser mechanischen Leitung, welche im Inneren der Fliissigkeit analog der Bewegung eines Luftstromes an einer electrisirten Metallspitze stattfindet ? sind aber gar nicht bekannt. Jedenfalls werden die Flussigkeitstheilchen in wirbelnder Bewegung von einer Electrode zur anderen gefuhrt, wie man aus den 4 61 dieser electrischen Unter- suchungen 2, beschriebenen Wellenbewegungen der Inter- ferenzstreifen schliessen muss, wenn man die Fliissigkeit ausserhalb und innerhalb der Electrodenplatten in einem optischen Interferenzapparat untersucht.

Aus den Curven habe ich als rohe Annaherung des Grenzwerthes Pla, fur welchen die chemische Zersetzung der dielectrischen Fliissigkeit beginnt, erhalten:

P Grenzwertti - Terpentinol , . . , , tOOC.*Q..S. Stein61 . . . . . . . 110 Schwefelkohlenstoff . . 130 Aether . . . . . . . 180 Benzol . . . . . . . 220

Die Zahlen waren mit 300 zu multipliciren, um die elec. tromotorische Kraft oder Potentialdifferenz der Electroden- platten mit 1 cm Abstand in Volt auszudriicken.

Auffdlenderweise ist die Reihenfolge der Fliissigkeiten nahezu dieselbe, wie in Tabelle 103 6 82. Die zur chemi- schen Zersetzung nothwendige electrische Kraft wiirde hier- nach um so kleiner sein, je kleiner die Schlagweite im

1) Faraday, Exper. res. 1. 0 1819. 2) Quincke, Wied. Ann. 19. p. 773. 1883.

85 *

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548 G. Quincke,

Inneren der Fliissigkeit fur eine bestimmte Potentialdifferenz der Electroden ist.

Fiir die electrochemische Zersetzung der dielectrischen Flussigkeit sprach ferner die Abscheidung pulverformiger Substanzen auf den vernickelten und polirten Electroden- platten, wenn die Fliissigkeit lange electrisirt wurde. Dieser Ueberzug konnte durch Reiben mit Seidenpapier entfernt werden; seine Menge war fiber so gering, dass sich nicht feststellen liess, woraus er bestand.

I n einzelnen Fallen, wo die Stromrichtung im Schwefel- kohlenstoff fiir langere Zeit dieselbe geblieben war, zeigte sich die positive Electrode mit einem braunen Pulver uber- zogen. Die negative Electrode war blank geblieben.

Bei dem Electrisiren von reinem Sohwefelkohlenstoff zwischen vernickelten Kugelflachen von 50 mm Radius in 1 mm Abstand voneinander bis zu einer electrischen Poten- tialdifferenz von 75 C.-G.-S. schied sich auf der Anode an der kiirzesten Kraftlinie eine kleine Menge Substanz ab, die zwei Newton’sche Farbenringe mit heller Mitte zeigte. Auch hier konnte die Natur der in zu geringer Menge ab- geschiedenen Subetanz nicht festgestellt werden.

Eine genaue Untersuchung dieser Zersetzungsproducte wird durch den Umstand bedeutend erscbwert, dass man bei den nothwendigerweise grossen Potentialdifferenzen sehr leich t einen Funken im Inneren der Flksigkeit erhalt, dessen Wiirmewirkung die Flussigkeit zersetzt und dadurch dieselbe so stark verandern kann, dass man den Apparat auseinander nehmen und die Flussigkeit von neuem reinigen und destil- liren muss. Ein einziges dem Auge unsichtbares Staubtheil- chen kann diese unliebsalne Funkenbildung herbeifiihren.

Abweichungen vom 0 hm’schen Gesetz hat auch S c h u l z e- B e r g el) beobachtet bei festen Isolatoren, wie diinnen Schich- ten Guttapercha, Schwefel, Paraffin, Siegellack, fur geringe electromotorische Krafte (1 Daniell). Derselbe glaubt aber, eine electrolysirende Wirkung des Stromes nicht annehmen

1) F. Schulze -Berge , Verhandl. der phys. Ges. eu Berlin. 14. 1. 1856. p. 90. Sature. 4. 3. 1SS6. p. 432.

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Eigenschaften dielectrischer Hiiss@keiten. 649

zu dtirfen, da kein Polarisationsstrom nach Unterbrechung des primgren Stromes wahrzunehmen war.

Bei den von mir untersuchten dielectrischen Fliissig- keiten konnte ebenfalls kein Yolarisationsstrom wahrgenom- men werden. l) Dies kann jedoch nicht auffallend erschei- nen, sobald bei den von mir untemuchten Flussigkeiten die electromotorische Kraft des Polarisationsstromes sehr klein war verglichen Bit den electromotorischen Krilften des pri- mben Stromes.

Anormale Erscheinungen der Electricitdtsleitung bei festen dielectrischen Korpern fiir grosse electromotorische Krhfte habe ich schon frtiher beschrieben2) Auf bhnliche Vorgange bei isolirenden Fliissigkeiten rnit grosser ZLhigkeit deutet die mit der Zeit veranderliche electrische Doppelbrechung des Rubo1sq3)

R e s u l t a t e . 1. Fur grosse electrische Kriifte wird die Dielectrici-

tiitsconstante einer Flussigkeit wenig kleiner gefunden, wie far kleine electrische Krafte; sowohl mit der electrischen Wage als mit der Capacitat eines Condensators.

2. &lit der electrischen Wage ergibt sich die Dielectri- citatsconstante einer Flussigkeit 10 bis 50 Proc. grosser als mit dem Condensator. Der Unterschied beider Bestim- mungen ist im allgemeinen um so griisser, je griisser die Dielectricitatsconstante ist.

3. In verschiedenen dielectrischen Flussigkeiten ist die Schlagweite fur dieselbe electrische Potentialdifferenz ver- schieden, aber stets vie1 kleiner, a19 in Luft,

4. Die zur Funkenbildung im Inneren einer dielectrischen Fliissigkeit nothwendige electrische Potentialdifferenz nimmt mit der Schlagweite zu; aber langsamer als diese Schlag- weite.

1) Aehuliche Beobachtungen bei Schwefelkohlenstoff und Benzol rnit Warren de la Rue's Chlorsilberbatterie von 300@ bis 8000 Eiementen machte Bleekroile, Wried. Ann. 3. p. 181 u. 191. 1878.

2) Quincke, Wied. Ann. 10. p. 551. 1880. 3) Quincke, Wied. Ann. 19. p. 768 u. 778. 1883.

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550 L. Sohnche.

5. Der electrische Druck in der dielectrischen Fliissig- keit bei dem Auftreten des Funkens ist bei grosserer Schlag- weite geringer als bei kleiner Schlagweite, Er schwankte bei Schlagweiten unter 1 mm fiir die von mir untersuchten Fliissigkeiten zwischen 0,04 und 0$5 AtmosphLen.

6. Die Intensitit eines constanten electrischen Stromes in einer dielectrischen Fliissigkeit wachst schneller , als die ihn erregende electromotorische Kraft.

Das Ohm’sche Gesetz gilt nicht mehr fiir diese dielec- trischen Fliissigkeiten.

7. Einige Erscheinungen sprechen fiir eine electrolyti- ache Zersetzung der dielectrischen Fliissigkeit, sobald die electrische Kraft in der Fliissigkeit zwischen den Electroden einen bestimmten Grenzwerth iiberschreitet , der fiir ver- schiedene Fliissigkeiten rerschieden gross ist.

H e i d e l b e r g , Mai 1886.

Vor einiger Zeit habe ich eine Ansicht vom Ursprunge der GewitterelectricitLt zu begriinden gesucht, welche wesent. lich auf zwei Thatsachen ruht , auf einer metsorologischen und einer physikalischen. Die meteorologische Grundlage besteht darin, dass jedesmal nahe vor Ausbruch eines Ge- witters Wasserwolken (cumuli) und Eiswolken (cirri, cirro- strati) gleichzeitig am Himmel auftreten. Die physikalische Qrundlage wird gebildet von der Thatsache, dass Reibung ron Wassertrbpfchen gegen Eis eine ergiebige Electricifats- quelle ist. Wbhrend nun jene meteorologische Thatsache kaum einem Zweifel begegnet, da sie von den zurerlissigsten Beobachtern sllgemein bestatigt wird, so scheint die physi- kalische Thatsache von manchen Seiten noch beanstandet zu werden, obgleich sie schon von F a r a d ay in zuverlassiger Weise sichergestellt ist. Indem F a r a d a y Wassertropfchen, getragen von Luft oder ron Wasserdampf, heftig gegen

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