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KLINISCHE WOCHENSCHRIFT x4. JAHRGANG Nr. 27 6. JULI x935 0BERSICHTEN. ELEKTRISCHER FAKTOR DES (3DEMS. Won RUDOLF KELLER. Arbeiten der bioL-physik.Arbeitsgemeinschaft am ZooLInstitut der Deutschen Universitilt Prag. Von den Erscheinungen, die den Tod des Menschen ge- wShnlich begleiten, ist das 0dem der Lunge, die das RScheln des Sterbenden erzeugt, eine der auffallendsten. Der Beob- achter sieht vor allem das Eindringen des V~assers in die Lunge und in andere K6rperteile, die chemische Analyse deckt ant, dal~ zugleich mit deiu Wasser Natrium, Chlor und andere charakteristische Stoffe in die geschwollenen Gewebe ein- dringen, ~Kalium, Phosphat, Sulfat sie verlassen. Auch wgh- rend des normalen Lebens und in Krankheiten begegnet man oft ZustAnden, in denen die eine Stoffgruppe in vorher koch- salzarme Gewebe wie Leber, Muskel, Herz, Nierenrinde, Ovar, Blutk6rperchen eintritt und die antagonistische Gruppe aus ihnen austritt. Durch Vm~uche von STARY (1927) und ~r und KIn'TEL (1934) ist ill der elektrischen Hoch- spanuung demonstriert worden, dab die eine Gruppe, Natrium- gruppe, in Gegenwart eines ~berschusses yon Biokomplex- molekfilen zum negativen Pol wandert, die andere, die Kalium- gruppe, zum positiven Pol. Zu diesen biologisch negativen Gruppen gehSren Rb, K, NH*, Mg, Fe, Zucker, Harnstoff, Kreatinin, basische Farbstoffe, die meisten Hormone und Vitamine. Um die Tatsache zu verstehen, dab gewisse Zellkomplexe, die w~hrend des normalen Lebens in Serum und Lymphe schwimmend and deren Wasser ill einem gewissen MaI3e fern- haltend, plStzlich anfangen es aufzunehmen und zu schwellen, gleichzeitig ihren gewohnten Dienst im Interesse des Gesamt- organismus einschr~nkend oder ganz versagend, mul3 man sich an die alte Erfahrung aller Elektrophysiologen erinnern (DU BOIS-REYI~IOND, BIEDERMANN, REIN, MISLOWITZER), dab die normalen elekSr~sehen Potential, der Tiergewebe nach starken Eingriffen, nach Narkosen, nach dem Einsetzen morbider Zust~nde ~'wpig zur~ckgehen, oft auf Null, bisweilen auch unter Null gehen, d. h., ein entgegengesetztes Potential annehmen. Diese Erfahrung konnte in unserem Laboratorium in unver6ffentlichten Messungen an verschiedenen Organen sterbender Tiere yon GICKLHORN, DEJDAR und SCHORSTEIN, STUR~, SPIEGL U. a. ausnahmslos bestgtigt werden. Man hat sich altgemein damit abgefunden, wie ich auseinandergesetzt babe ~, daft gewisse Stoffe, gef~i-bte and ungefArbte, yon einzel- nell Zellstrukturen stark angezogen und au~fallend gespeichert werden, tibersieht jedoch gew6hnlich die physikalisch gleich- berechtigte KrMt der Abstoflung, obzwar sie genau so evident ist wie die der Anziehung. Die Allalyse menschticher Toten, auch der Unfalltoten, ergibt ganz andere Mineralgehalte als die entbluteter Laboratorinmstiere. Als Beispiele seien einige Mineralanalysen yon LE~AT,~E, BOIVlN, KAHANE~ angeffihrt, die in den Organen yon pl6tzlieh Gestorbenen den 4--7fachen Natriumgehalt fanden wie bei ihren Vergleichs- tieren. Ordnet man ihre Analysenzahlen nach den biologisch elektri- schen Gruppen, so sieht man bei allen Mineralien mit Ausnabme des Eisens, das wegen der unregelm~13igen Blutverteilung keiner festen Regel fotgt, die Eindeutigkeit der ElektropolaritAt. Als Beispiel diene der Muskel des Menschen, verglichen mit dem der Tiere in Pro- millen: Biologisch positive Stoffe: Na0H 3,29 (+ 2,49), CaOH o,3 ~ (+ o,2Q, HC1 3,I9 (+ 2,II), Vrasser 8,34 (+ o,64). Biologisch elek- tronegativ: KOH 5,4 o (~ i62), Mg(OH) ~ o,4x (+ o,33), H,P% 4,I8 (--3,I4), H~SO~ 2,99 (-- 3,24), Magnesium, teilweise ionisiert mit mallchmal schwankender Elektropolarit~t, stimmt nicht. Leber des Menschen, verglichen mit der des geschlachteten Schweines, stimmt dagegen ausnahmslos; NaOH 3,17 (+ i,i5), Ca(OH) ~ o,47 (+ o,o4), HC1 2,o8 (+o, I9), HaO 7,53 (+ o,59) ; dagegen KOH 4~75 Klinische Wochenschrift, x4. Jahrg. (--o,o9), Mg(OH) 2 0,06 (o,o5), H3PO ~ 8,24 (-- 6,56), H2SO * 4,64 (--o, I4). Auch die .Prostata, verglichen mit der des Stiers, demon- striert ausnahmslos die eindeutige Verschiebung beim 6demat6sei1 Menschen: NaOH 2,95 (+ 2,4o!), Ca(OH) 2 o,33 (+ o, I9), HC1 3,24 (+ 1,9o), H~O 8,35 (+ o,29) KOH 2,66 (--I,IO) Mg(OH) a o,II (-- o,o9), HsPO ~ 2,49 (--2,I9), HaSO 4 2,69 (--0,99). Die Autoren baben einzelne GliedmaBen lebender Laboratoriumstiere 5dematSs gemacht und auf der Seite des 0dems framer Nafrinm eingedrungen und Kalium vermindert vorgefunden. ~Veder die zitierten Autorell, noch CULLEN und Mitarbeiter, die noch besser sfimmende Analysen produzierten, haben die Gruppenregel der Aschenstoffe in Betracht gezogen. Die Theorie der antagonistischen elektrischen Gruppen sieht in der charakteristischen Anhaufung biologisch elektrollegati- ver Stoffe ill den Speichergeweben das Ergebnis der positiven Auf- ladung dieser Organparenc.hyme und in der Anhaufung der antagoni- stischen Gruppe Wasser, Kochsalz, Aminosauren, sauere Farb- stoffe in den elektronegativen Saften und Geweben, Serum, Lymphe, Liquor, Kammerwasser, Bindegewebe, Cuffs der Haut, I~norpel, die Folge der Elektronegativitat dleser Organteile, zu deren uormaler Speicherung die normalen elektrischen Potentiale der vollatmenden Gewebe unentbehrlich sind. VVenn diese elektrischen Normalkraite in IZrankheiten, Schw~ehezustanden, Atemnot, in der Agonie zurfiekgehen, so werden die im normaIen Leben kompensierten oder fiberkompensierten osmotischen und Diffusionskr~te relativ starker, Wasser, Kochsal~, sauere Farbsto/]e, dringen pl6tzlich in die norrna~ stark elektrepos~tiven Speichergewebe ein. Eben diese Erscheinung llennt der Mediziner 0dem. Sie ist in der Natur viel verbreiteter, als man glaubt, nicht bloi3 bei Tieren, sondern auch bei Pflanzen ist der natfirliehe Tod yore Eindringen des Wassers and der Natrinm- gruppe in die positiven Speicherorte begleitet. Ira stiffen Wasser findet man Tierleichen und abgestorbene Pflanzen aufgedunsen, im Meer finder man groBe Mengen auch yon Natrinm und Chlor in den toten Geweben, die sie im normalen Leben erfolgreich ab- gestoffen hatten. Hier einige Ziffern aus CzAP~i~s Handbuch 3, geordnet nach der Regel der elektrischen Gruppen: Die Asche der Rinde yon ]Fagus hat Ioj~hrig I8% K~O, 2oj~hrig I2%, 4o]~hrig 7%, 5oj~hrig 5%, 22ojfi/zrig abet mehr Kali, n~mlich II %, jtingere ~Veidenrinde ent- hMt 4,2% MgO, ~ttere 3,8%. PO a vermilldert sich ebenfalls mit h6herem Alter. Fichte mit steigendem Alter IO, 3, 8,6 und 6,4%, P~Os Quercus (Eiche) 3,4, 2,7, o,3%, Fagus 7,9, 5,4, 1,1%, Schwefel I,X, 0, 5, o,o8, o,06%. Diese Stoffe geh6ren zur biologisch negativen Gruppe. Dagegen enthAlt die Rindenasche yon Fagus, yon dem gr6fftenteils kathodisch wandernden Kalk im Alter mehr: Fagus IojAhrig 4o%, 2oj~hrig 7o% CaO. Noch deutlicher manifestieren sich die elektrischen Gruppen bei den Bli~ttern, die gew6hnlich schon im Herbst absterben und dabei ihre Salze der Kaliumgruppe in den Stature und in ReservebehAlter der Wurzeln abwandern lassen, w~hrend der Kalk erhatten bleibt (RAMANN, TWARI'), oder sogar zunimmt (L. RICHTER). Die Prozentzahlen des Verlustes yon K, PO 4, Mg und des Zuwachses an Ca, Ahneln den VerAnderungen der Greisenleichen gegenfiber jungen Leichen nicht nur i~ den Differen- zen, sondern auch darin, dab der Verlust an K, PO 4 unvergleichlich gr6ffer ist ats der Zuwachs an Ca bei diesem Vorgang, der bei den Tieren und Mensehen als Verkalkung bezeiehnet wird, dessert Haupt- charakteristicum abet eine Art trockenen 0dems zu sein scheint. ANDR~ finder, dab die absterbenden Bl~tter um so mehr PO 4 und K abgaben, je jfinger sie waren, K konnte in kurzer Zeit fast ganz entzogen werden, Mg trat weniger aus, am wenigstens abet Ca. FRt3HWlRTH and ZXELSTO~FF gaben ghnliche Ziffern yon dem Laub- fall. BENECXE land ein steres Anwachsen des Ca-Gehaltes der Blgtter mit zunehmendem Alter, in mehrjAhrigen Coniferennadeln wird die Kalkmenge vermehrt. GRANDEAU land in jungen Fichtennadeln im Juni o,74, im Oktober 3,60/00 Ca. im Mai des zweiten Jahres 4,3, im Oktober 5,4~ im nAchsten Oktober 8~ 0. Ptatanusbl~tter ent- halten dagegen yon Mg o,85 g Ende August, die bis zum LaubfalI auf o,69 g abfatlen. Ktirzllch haben SI~DEK und ZUCI~I~AXDI.~ in noch nicht ver6ffentlichten Arbeiten die Natriumbilanz yon Infektions- kranken, Nierenkranken und Herzkranken aufgestellt und gefunden, dab w~hrend des akuten Stadiums das Natrium noch stgrker, bis doppelt so starlc im K6rper zuri~ckgehalten wird 66

Elektrischer Faktor des Ödems

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KLINISCHE WOCHENSCHRIFT x4. J A H R G A N G Nr. 27 6. J U L I x935

0BERSICHTEN. E L E K T R I S C H E R F A K T O R D E S (3DEMS.

Won

RUDOLF KELLER. Arbeiten der bioL-physik. Arbeitsgemeinschaft am ZooL Institut der Deutschen

Universitilt Prag.

Von d e n E r s c h e i n u n g e n , die den Tod des M e n s c h e n ge- wShn l i ch begle i ten , i s t das 0 d e m de r Lunge , die da s RSche ln des S t e r b e n d e n e rzeugt , e ine de r au f fa l l ends ten . Der Beob- a c h t e r s i eh t v o r a l l em das E i n d r i n g e n des V~assers in die L u n g e u n d in a n d e r e K6rper te i le , die chemische Ana ly se d e c k t an t , dal~ zugle ich m i t de iu W a s s e r N a t r i u m , Chlor u n d a n d e r e c h a r a k t e r i s t i s c h e Stoffe in die geschwol lenen Gewebe ein- d r ingen , ~Kalium, P h o s p h a t , Su l f a t sie ver lassen . A u c h wgh- r e n d des n o r m a l e n L e b e n s u n d in K r a n k h e i t e n b e g e g n e t m a n o f t Zus tAnden, in d e n e n die eine S to f fg ruppe in v o r h e r koch- s a l za rme Gewebe wie Leber , Muskel , Herz , Nie renr inde , Ovar , B l u t k 6 r p e r c h e n e i n t r i t t u n d die a n t a g o n i s t i s c h e G r u p p e aus i h n e n a u s t r i t t . D u r c h Vm~uche v o n STARY (1927) u n d ~r u n d KIn'TEL (1934) i s t ill de r e l ek t r i s chen H o c h - s p a n u u n g d e m o n s t r i e r t worden , d a b die e ine Gruppe , N a t r i u m - g ruppe , in G e g e n w a r t e ines ~ b e r s c h u s s e s y o n B i o k o m p l e x - molekf i len z u m n e g a t i v e n Po l w a n d e r t , die andere , die K a l i u m - gruppe , z u m p o s i t i v e n Pol . Zu d iesen b io logisch n e g a t i v e n G r u p p e n gehSren R b , K, NH*, Mg, Fe, Zucker , H a r n s t o f f , K r e a t i n i n , bas i sche Fa rbs to f f e , die m e i s t e n H o r m o n e u n d V i t a m i n e .

U m die T a t s a c h e zu ve r s t ehen , d a b gewisse Zel lkomplexe , die w ~ h r e n d des n o r m a l e n Lebens in S e r u m u n d L y m p h e s c h w i m m e n d a n d d e r e n W a s s e r ill e i nem gewissen MaI3e fe rn - h a l t e n d , p lS tz l ich a n f a n g e n es a u f z u n e h m e n u n d zu schwel len, gleichzei t ig i h r e n g e w o h n t e n D i e n s t i m In t e r e s se des G e s a m t - o r g a n i s m u s e i n s c h r ~ n k e n d oder ganz ve r sagend , mul3 m a n s ich a n die a l t e E r f a h r u n g a l ler E l e k t r o p h y s i o l o g e n e r i n n e r n (DU BOIS-REYI~IOND, BIEDERMANN, REIN, MISLOWITZER), d a b die normalen elekSr~sehen Potential, de r T ie rgewebe n a c h s t a r k e n E ingr i f f en , n a c h Narkosen , n a c h d e m E i n s e t z e n m o r b i d e r Zus t~nde ~'wpig zur~ckgehen, of t auf Null , b i swei len a u c h u n t e r Nul l gehen, d. h. , e in en tgegengese t z t e s P o t e n t i a l a n n e h m e n . Diese E r f a h r u n g k o n n t e in u n s e r e m L a b o r a t o r i u m in u n v e r 6 f f e n t l i c h t e n Messungen a n v e r s c h i e d e n e n O r g a n e n s t e r b e n d e r Tiere yon GICKLHORN, DEJDAR u n d SCHORSTEIN, STUR~, SPIEGL U. a. a u s n a h m s l o s b e s t g t i g t werden . M a n h a t s ich a l tgemein d a m i t abge f unden , wie ich a u s e i n a n d e r g e s e t z t b a b e ~, daft gewisse Stoffe, gef~i-bte a n d ungefArbte , y o n einzel- nel l Z e l l s t r u k t u r e n s t a r k angezogen u n d au~fal lend gespe iche r t werden , t i be r s i eh t j e d o c h gew6hnl i ch die phys ika l i s ch gleich- b e r e c h t i g t e K r M t de r Abstoflung, o b z w a r sie g e n a u so e v i d e n t i s t wie die de r Anz iehung .

Die Allalyse menschticher Toten, auch der Unfall toten, ergibt ganz andere Mineralgehalte als die entblute ter Laboratorinmstiere. Als Beispiele seien einige Mineralanalysen yon LE~AT,~E, BOIVlN, KAHANE ~ angeffihrt, die in den Organen yon pl6tzlieh Gestorbenen den 4 - -7 fachen Natr iumgehal t fanden wie bei ihren Vergleichs- tieren. Ordnet man ihre Analysenzahlen nach den biologisch elektri- schen Gruppen, so sieht man bei allen Mineralien mi t Ausnabme des Eisens, das wegen der unregelm~13igen Blutver te i lung keiner festen Regel fotgt, die E indeu t igke i t der ElektropolaritAt. Als Beispiel diene der Muskel des Menschen, verglichen mi t dem der Tiere in Pro- millen: Biologisch positive Stoffe: N a 0 H 3,29 ( + 2,49), CaOH o,3 ~ ( + o,2Q, HC1 3,I9 ( + 2,II) , Vrasser 8,34 ( + o,64). Biologisch elek- t ronegat iv: KOH 5,4 o ( ~ i62), Mg(OH) ~ o,4x ( + o,33), H , P % 4,I8 (--3,I4), H~SO~ 2,99 (-- 3,24), Magnesium, teilweise ionisiert mi t mallchmal schwankender Elektropolarit~t, s t immt nicht . Leber des Menschen, verglichen mit der des geschlachteten Schweines, s t immt dagegen ausnahmslos; NaOH 3,17 ( + i , i5) , Ca(OH) ~ o,47 ( + o,o4), HC1 2,o8 (+o , I9), HaO 7,53 ( + o,59) ; dagegen KOH 4~75

Klinische Wochenschrift, x4. Jahrg.

(--o,o9), Mg(OH) 2 0,06 (o,o5), H3PO ~ 8,24 (-- 6,56), H2SO * 4,64 (--o, I4). Auch die .Prostata, verglichen mi t der des Stiers, demon- str iert ausnahmslos die eindeutige Verschiebung beim 6demat6sei1 Menschen: NaOH 2,95 ( + 2,4o!), Ca(OH) 2 o,33 ( + o, I9), HC1 3,24 ( + 1,9o), H~O 8,35 ( + o,29) KOH 2,66 (--I,IO) Mg(OH) a o , I I (-- o,o9), HsPO ~ 2,49 (--2,I9), HaSO 4 2,69 (--0,99). Die Autoren baben einzelne GliedmaBen lebender Laboratoriumstiere 5dematSs gemacht und auf der Seite des 0dems framer Nafr inm eingedrungen und Kal ium verminder t vorgefunden. ~Veder die zit ierten Autorell, noch CULLEN und Mitarbeiter, die noch besser sf immende Analysen produzierten, haben die Gruppenregel der Aschenstoffe in Bet rach t gezogen. Die Theorie der antagonist ischen elektrischen Gruppen sieht in der charakterist ischen Anhaufung biologisch elektrollegati- ver Stoffe ill den Speichergeweben das Ergebnis der positiven Auf- ladung dieser Organparenc.hyme und in der Anhaufung der antagoni- stischen Gruppe Wasser, Kochsalz, Aminosauren, sauere Farb- stoffe in den elektronegativen Saften und Geweben, Serum, Lymphe, Liquor, Kammerwasser, Bindegewebe, Cuffs der Haut , I~norpel, die Folge der Elekt ronegat iv i ta t dleser Organteile, zu deren uormaler Speicherung die normalen elektrischen Potent iale der vol la tmenden Gewebe unentbehrl ich sind. VVenn diese elektrischen Normalkra i te in IZrankheiten, Schw~ehezustanden, Atemnot , in der Agonie zurfiekgehen, so werden die im normaIen Leben kompensierten oder fiberkompensierten osmotischen und Diffusionskr~te relat iv starker, Wasser, Kochsal~, sauere Farbsto/]e, dringen pl6tzlich in die norrna~ stark elektrepos~tiven Speichergewebe ein. Eben diese Erscheinung l lennt der Mediziner 0dem. Sie ist in der Na tu r viel verbreiteter , als man glaubt, n icht bloi3 bei Tieren, sondern auch bei Pflanzen is t der natfirliehe Tod yore Eindringen des Wassers and der Nat r inm- gruppe in die positiven Speicherorte begleitet. Ira stiffen Wasser f indet man Tierleichen und abgestorbene Pflanzen aufgedunsen, im Meer finder man groBe Mengen auch yon Nat r inm und Chlor in den toten Geweben, die sie im normalen Leben erfolgreich ab- gestoffen hat ten.

Hier einige Ziffern aus CzAP~i~s Handbuch 3, geordnet nach der Regel der elektrischen Gruppen: Die Asche der Rinde yon ]Fagus h a t Ioj~hrig I8% K~O, 2oj~hrig I2%, 4o]~hrig 7%, 5oj~hrig 5%, 22ojfi/zrig abet mehr Kali, n~mlich I I %, jtingere ~Veidenrinde ent- hMt 4,2% MgO, ~ttere 3,8%. PO a vermilldert sich ebenfalls mi t h6herem Alter. Fichte mi t steigendem Alter IO, 3, 8,6 und 6,4%, P~O s Quercus (Eiche) 3,4, 2,7, o,3%, Fagus 7,9, 5,4, 1,1%, Schwefel I,X, 0, 5, o,o8, o,06%. Diese Stoffe geh6ren zur biologisch negat iven Gruppe. Dagegen enthAlt die Rindenasche yon Fagus, yon dem gr6fftenteils kathodisch wandernden Kalk im Alter mehr: Fagus IojAhrig 4o%, 2oj~hrig 7o% CaO. Noch deutlicher manifestieren sich die elektrischen Gruppen bei den Bli~ttern, die gew6hnlich schon im Herbs t absterben und dabei ihre Salze der Kaliumgruppe in den Stature und in ReservebehAlter der Wurzeln abwandern lassen, w~hrend der Kalk erhatten bleibt (RAMANN, TWARI'), oder sogar zun immt (L. RICHTER). Die Prozentzahlen des Verlustes yon K, PO 4, Mg und des Zuwachses an Ca, Ahneln den VerAnderungen der Greisenleichen gegenfiber jungen Leichen nicht nur i~ den Differen- zen, sondern auch darin, dab der Verlust an K, PO 4 unvergleichlich gr6ffer ist ats der Zuwachs an Ca bei diesem Vorgang, der bei den Tieren und Mensehen als Verkalkung bezeiehnet wird, dessert Haup t - charakter is t icum abe t eine Art t rockenen 0dems zu sein scheint. ANDR~ finder, dab die absterbenden Bl~tter um so mehr PO 4 und K abgaben, je jfinger sie waren, K konnte in kurzer Zeit fast ganz entzogen werden, Mg t r a t weniger aus, am wenigstens abet Ca. FRt3HWlRTH and ZXELSTO~FF gaben ghnliche Ziffern yon dem Laub- fall. BENECXE land ein steres Anwachsen des Ca-Gehaltes der Blgt ter mi t zunehmendem Alter, in mehrjAhrigen Coniferennadeln wird die Kalkmenge vermehrt . GRANDEAU land in jungen Fichtennadeln im Juni o,74, im Oktober 3,60/00 Ca. im Mai des zweiten Jahres 4,3, im Oktober 5,4~ im nAchsten Oktober 8~ 0. P ta tanusbl~t te r ent - ha l ten dagegen yon Mg o,85 g Ende August, die bis zum LaubfalI auf o,69 g abfatlen.

Kt i rz l l ch h a b e n SI~DEK u n d ZUCI~I~AXDI.~ in n o c h n i c h t v e r 6 f f e n t l i c h t e n A r b e i t e n die N a t r i u m b i l a n z y o n I n f e k t i o n s - k r a n k e n , N i e r e n k r a n k e n u n d H e r z k r a n k e n au fges t e l l t u n d ge funden , d a b w ~ h r e n d des a k u t e n S t a d i u m s das N a t r i u m n o c h s tgrker , bis doppelt so starlc im K6rper zuri~ckgehalten wird

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Page 2: Elektrischer Faktor des Ödems

946 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R

als da~ Chlor, dessen N i c h t e r s c h e i n e n i m H a r n v o n F i e b e r n d e n s c h o n e in h a l b e s J a h r h u n d e r t b e k a n n t ist, sehr genau s t u d i e r t von I~ORANYI, STRAUSS, WIDAL u n d LEON BLUM U. a. W e n n d a n n das F i e b e r zur f ickgeht , so i ibersch ieBt wieder das N a das C1 im H a m . Be i G e s u n d e n enth~il t d e r H a m genau gleich v ie l Na - u n d Cl-~_quivalente. B e s o n d e r s wf ih rend de r N a c h t i m R e k o n v a l e s z e n z s t a d i u m w u r d e n Na-Oberschf i s se b e o b a c h t e t . M a n s i e h t also, d a b da s u n t e r a l len Ums t~ inden e lek t ro - pos i t ive , n i c h t u m l a d b a r e N a t r i u m e in wichtiger Indicator liar patholofische Zust(~nde ist. Reines O r g a n g e w e b e y o n Spe icher - o r g a n e n wie Muskel , Leber , Ep ide rmis , B l u t k 6 r p e r c h e n df i r f te i m n o r m a l e n Z u s t a n d e n a h e z u ganz fre i y o n N a t r i u m sein, w e n n m a n d e n G e h a l t y o n Bindegewebe , Serum, L y m p h e ab - rechne tS . Das N a c h l a s s e n de r n o r m a l e n A b s t o B u n g des N a t r i u m s s c h e i n t e in e rns t e s K r a n k h e i t s s y m p t o m zu sein. NONNENBRUCH s t e i l t in s e i n e m A r t i k e l f iber W a s s e r h a u s h a l t i m groBen H a n d b u c h de r n o r m a l e n u n d p a t h o l o g i s c h e n Phys io log ie v o n BETHE-EMBDEN mit , d a b gesunde M e n s c h e n a b e n d s e in u m 5 o o ~ I o o o g gr6Beres Gewich t h a b e n als morgens , h e r r f i h r e n d aus gr613erem W a s s e r g e h a l t . I n l~ber- e i n s t i m m u n g d a m i t f i nden SIEDEK u n d ZUCKERKANOL 4 in EPPINGERS Kl in ik , d a b w~lhrend de r N a c h t r u h e bei N o r m a l e n u n d K r a n k e n m e h r N a t r i u m y o n den G ew eben d u r c h den H a r n a b g e g e b e n wird. DaB das W a s s e r i m m e r z u s a m m e n m i t N a t r i u m u n d of t m i t Chlor geht , i s t se i t l a n g e m b e k a n n t u n d n a m e n t l i c h yon f r anz6s i schen A u t o r e n g e n a u s tud ie r t , zue r s t YOn WtDAL u n d von ]~LUM, zule tz t yon HENRI THIERS s, d e r in de r B e w e g u n g des Chlors aus d e m S e r u m in die B l u t k S r p e r - c h e n e in Spiegelbi ld de r Vorg~inge zwischen S e r u m u n d Gewebe e rsch lossen h a t u n d be i I n f e k t i o n s k r a n k h e i t e n ~fir Chlor ~ihn- f iche B e w e g u n g e n e rh ie l t wie SIEDEK u n d ZUCKERKANDL ffir N a t r i u m .

\ u h a b e n dre i M e t h o d e n , u m das e l ek t r i sche P o t e n t i a l y o n G e w e b e n zu e r m i t t e l n : I . Vitalf~irbung, zu de r a u c h die B e t r a c h t u n g in F luo re scenz fa rbs to f f en im u l t r a v i o I e t t e n L i c h t geh6r t , 2. Messung m i t de r Mikroe lek t rode , 3. die Aschen- ana lysen , y o n d e n e n N a t r i u m die verl~131ichste ist, d a dieses Meta l l ausschl ie~l ich oder z u m i n d e s t zu 97 % als pos i t ives I o n a u f t r i t t u n d au f ke ine Weise u m l a d b a r ist.

Wenn es also richtig ist, dab das 0 d e m der Speicherorgane in- folge geringerer Posit ivi t~t das Natrium, Chlor und Wasser nicht mehr so s tark abstoDen kann, wie normale positive Gewebe, so mud sich das zun~chst im ~Vluoresvenzlieh~ zeigen, wobei das biologisch positive Uranin, Fluorescein oder Erythros in uns das Verhal ten des Natr iums und seiner Gruppe demonstr ieren kann. In der Ta t haben die Hauptsch6pfer der modernen Lumiaescenzmethoden, ELLX~G~R und HIRe, beschriebeu, ~ e die normalen Gewebe yon Leber und Nieren keine Spur yon Fluorescein eindringen lassen und wie erst in der Agonie kurz vor dem Absterben das Fluorescein diese Gewebe aufleuchten l~i~t. Diese Versuche sind von J o s ~ P i ck in TANDL~R S Labora tor ium in ~rien mi t dem gleichen Resul ta t wiederholt und mi t etwa xo anderen Kathodenfarbstoffen best~t igt worden. Auch in unserem Laborator ium wurde diese Erscheinung oft und oft be- obachtet . Neuestens ha t SrUR~ zahlreiche Versuche an Daphnien unternommeu. An diesen durchsichtigen Flohkrebsen kann man sich leicht davon fiberzeugen, dab sich die Gewebe erst dann diffus mi t Kathodenfarben anf~rben, wenn die Tiere schon 6demat6s ge- schwollen sind. ELLING~R und HIRT haben auf die 0deme nicht geachtet, die Priorit~t des Zusammenhangs zwischen (~dem und Anf~rbbarkei t dutch biologisch positive Farbstoffe gebtihrt STAR- KENST~IN und W ~ D ~ , die Froschbeine dutch Abbinden 6demat6s gemacht ha t t en und nunmehr Fluorescein eindringen sahen.

Wir haben dann versucht, die r mi t der M~krome$hode zu messen. Diese Versuche befinden sich noch im Anfangsstadium. Sie sind technisch sehr schwierig, well wi t noch keine exakte Methode besitzen, um die ersten Stadien des beginnenden ~)dems, die gerade am interessantesten w~ren, zu erkennen und ausgebreitete fertige Odeme sehr verwickelte elektrische Erscheinungen darbieten. Die Gewebe haben, wie bekannt , n icht eindeutig positive Zetlen, sondern sind elektrisch feiner differenziert als unsere Mikroelektroden ab- tas ten k6nnen, die immer noch 15--2o Mikra messen. Der negative Teil der Organe, z. B. Bindegewebe, die die meisten Organe in Kap- seln und Balken einschliel3en, haben vine noch n icht aufgekl~rte Elektrostruktur , die Hau t ha t eine positive AuDen- und eine fiber- wiegend negative Innenschicht , die eine Seite zieht %Vasser und Kochsalz an, die andere st6Bt es ab. Es ist uns bisher nicht ge- lungen, Bindegewebe und Knorpel durch Fluorescein so klar zu differenzieren, wie w i r e s uns gewfinscht h~tten, noch weniger mi t

I F T . x4. J A H R G A N G . N r . ~7 6. JULIx935

Mikroelektroden ein Bild dieser Differenzierung nachzumessen. Es scheint, dad die meisten bindegewebigen Membranen und H~ute in den Wasser- und Salzstrom eingeschaltet sind, d .h . , an ver- schiedenen Oberil~chen differente elektrische Potent iale tragen. NISTL~R ha t in unserem Laborator ium in Hunder ten yon Messungen des Verdauungskanats charakterist isch verschiedene Potentiale der Schleimhaut und Serosa aufgefunden.

Auch theoret isch haben wit uns noch kein Bild machen k6nnen yore Verhalten des iiberwiegend negat iven kollagenen Bindegewebes w~hrend vines 0dems. Wir erwarteten, dad das Bindegewebe weniger negat iv is t w~hrend eines 0dems, und dab es das ~Vasser deshalb weniger s ta rk anzieht u n d e s in die Gewebszwischenrliume entl~Bt, yon w o e s aus unbekann ten Ursachen am Abflul3 ge- h 'mdert zu sein scheint, Als wir jedoch zu messen begannen, war das Unterhautzellgewebe (durch stundenlange Abschnfirung 6dema- t6s gemacht) bisweilen elektronegativer als das normale I Die binde- gewebige l~Iuskelhaut war dagegen im 0 d e m posit iv gegen normale, und dies recht erheblich, so MdUivolt und mehr. Nach den j i ingsten Messungen yon GICKLHORN scheint es, dab bei beginnendem r auch negative Gewebspotentiale zurfickgehen.

Die dri t te Methode, die Aschenanalyse, ergibt, wie bereits hervor- gehoben, bei allen zit ierten Autoren, dab das 5demat~se Gewebe NaC1 und Wasser aufgenommen und K, Mg und Phospha t ab- gestoDen hat. In der Li tera tur finden sich sehr zablreiche Beispiele des Zusammengehens der Kaliumgruppe und des kontrast ierenden Verhaltens der Natr iumgruppe.

W e n n m a n e i n m a l die T a t s a c h e de r e l ek t r i s ch en tgegen- gese tz t ge l adenen G r u p p e n er faBt h a t , so b e r e i t e t das ~)dem, das is t die V e r m i s c h u n g de r e n t g e g e n g e s e t z t ge l adenen Stoffe, be i f a l l enden e l ek t r i s chen S p a n n u n g e n de r Gewebe d u t c h Dif fus ion u n d Osmose ke ine Schwier igke i ten . Erkl~rungs- bedi~r]tig i s t m e h r d e r norrnale Z u s t a n d , be i d e m groBe M e n g e n ge ladener S to i fe angezogen, s e p a r i e r t u n d gespe iche r t werden , b iswei len a b e r a u c h i m n o r m a l e n L e b e n die Spe iche r ver lassen .

E s wi rd im a l l geme inen zuwenig b e a c h t e t ~ u n d dies i s t die wich t ige p r a k t i s c h e F o l g e r u n g aus d iesen b io logischen E x p e r i m e n t e n u n d D e u t u n g e n - - , d a b ein K r a n k e r , de r i m S e r u m e inen s t a r k e n Chlormange[ zeigt, in Muskel, Leber , Lunge , P a n k r e a s , Milz gewShnl ich oder of t e inen sch~idlichen Chlorl~ber]lufl bes i tz t , o b z w a r alle H a n d b f i c h e r diese wich t ige T a t s a c h e u n t e r s t r e i c h e n . D a de r Begr i f f de r e l ek t r i s chen A n t a g o n i s t e n de r O r g a n p a r e n c h y m e u n d de r N a h r u n g s s t o f f e sich noch n i c h t a l lgemein d u r c h g e s e t z t ha t , d a m a n die Resul - r a t e de r C h e m i k e r n i c h t o r d n e n k a n n u n d die abs toBende W i r k u n g f iberwiegend pos i t i ve r Organe u n d B l u t k S r p e r c h e n au f Wasser , Kochsa lz , Aminos~iuren ignor ier t , so wi rd i m m e r wieder d a r a u f vergessen, d a b i m S e r u m c h l o r a r m e u n d n a t r i u m a r m e P a t i e n t e n im Gesamtk6rper e inen groBen ]~ber- schul3 a n e b e n d iesen S tof fen aufweisen . Das i s t e in lebens- ge f~h rdende r I r r t u m . Kfirz l ich h a t de r C h i r u r g PFLOMM ~ n a c h E r f a h r u n g e n in C a n t o n mi tge te i l t , d a b die Ch inesen besonde r s e m p f i n d l i c h gegen Kochsa lz seien, d a b i hn Kol legen d a v o r g e w a r n t h~it ten, u n d dat3 in 2 F~illen P a t i e n t e n n a c h e iner K o c h s a l z i n j e k t i o n sofor t g e s t o r b e n s ind, d a r u n t e r e in j ugend l i che r Chinese. E s is t s eh r r f ihmenswer t , dal3 d ieser A r z t se inen I r r t u m e r k a n n t u n d zu r W a r n u n g fiir ande re ver - 6 f fen t l i ch t ha t . W e n n die K o c h s a l z g a b e n den Speisen zu- gese tz t werden, i s t die sch~dl iche W i r k u n g bei den K r a n k e n n i c h t so p l6 tz l i ch u n d viel schwerer zu e rkennen , m a g a b e t wohl im W e s e n sehr of t den E r f a h r u n g e n PFLOMMS in C a n t o n ~hn l i ch sein. W e n n m a n h u n g e r n d e n R a t t e n gesalzene R i n d - suppe gibt , so s t e r b e n sie r a s che r als die ganz ohne N a h r u n g gelassenen.

i~ach den Sch~tzungen der Organgewichte kann man ein Dr i t te l des K6rpers auf iiberwiegend kathodische Gewebe rechnen, charak- terisiert durch Kochsalz- und Wasserspeicher bei niedrigem Kali- und Glykogengehalt, nahezu ein Zehntel a uf gemischte Gewebe und etwa 6o % auf Speicher der Kaliumgruppe, welch letztere bei leben~ dem Pat ienten n icht leicht analysier t werden k6nnen (Leber, Nieren- rinde, Herz, Muskeln, Him, Nerven, Epidermis, Pankreas, Milz, Ovarium, Blutk6rperchen). Von diesen Geweben sind nu t die Blutk6rperchen bei Lebenden ohne Operation erlangbar. Das is t ein l~belstand, der bei Analysen ein recht schiefes Bild der Organ- gehalte vort~uschen kann. In der Li tera tur besitzen wir auf e twa Iooo Serumanalysen h6chstens 5Ana lysen yon Blutk6rperchen, auf xoooSerumanalysen keine 3Lymphana lysen l Die Lymph- analysen verteilen sich so, daD fast alle die leicht erreichbare Ductuslymphe betreffen, einige wenige die Organlymphe nach dem

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6. JULI x 9 s 5 K L I N I S C I I E W O C H E N S C H

lPassieren der regionaren Lymphdrfisen und eine einzige Arbeit wirkliche Gewebslymphe vor dem Passieren der Lymphdrtise s. Auf iooo Chloranalysen kommen 5 oder 6 Natr iumaualysen -- letztere ist allerdings schwieriger - - , auf ioooo Serumanalysen noch keine 2 Gewebsanalysen. I)er medizinische Leser wird wahrscheinlich einen ungflnstigen Eindruck erhalten yon der einseitigen Manie, in allen Lebensvorg~ngen elektrische Stoffbewegungen aufzusuchen. In ein paar Jahren, bis die medizinische Welt die ihr heute noch fremdartige Sprache der Elektrophorese zu verstehen gelernt haben wird, mag es sonderbar erscheinen, dab man jahrzehnte lang sich damit gequalt hat, eine so komplexe Erscheinung wie das 0dem, die nachweisbar mi t Stfirzen des elektrischen Potentials der Gewebe verknfipft ist, auaaehlie~ich mit chemisehen und kolloidehem~svhen Methoden au]hellen zu wollen.

Es gibt Mediziner, die t rotz der lfickenhaften al ten Methodik doch schon e rkannt haben, welche die Grundregeln der Salzbewegung sind. FRIEDRmH YON MOLDER ha t mi t voller Klarheit (nach dem Referat yon NONNENBRUCH) ausgesprochen, dab das Nat r ium der fiihrende Stoff bei pathologischen Wasser- und t(ochsalzansamm- lungen ist, ebenso der schon zierte BLvM; GERSON, in seinem jfingsten Buch ~, , ,Diattherapie der Lungentuberkulose", teilt sehr niedrige Kochsalzgehalte des Serums seiner Kranken mit, entzieht ihnen aber welter die gew6hnlichen groBen Kochsalzmengen, weil immer noch Kochsalzfiberschfisse in den Gesarn2geweben vorhanden sind. Ein tatsachengetreuer l~berblick der Salzbestande des Organismus lal3t sich aber erst gewinnen, wenn man sich mit den Methoden und Deutungen der elektrischen Mikromethodik befreundet, die einen Zusammenhang der Gruppentransporte verst~ndlich zu machen scheint. Es ware nattlrl ieh verfehlt, wenn man alle Krank- heiten und Schwaehezustande, bei denen aus der Gesamtbilanz ein Eindringen der Natr iumgruppe in die Gewebe erwiesen ist, durch eine einfache Kochsalzentziehung und Zuft~hrung yon Stoffen der Kaliumgruppe bekampfen wollte, da ja die Ursache der Kochsalz- wanderung in die Gewebe keineswegs immer im Nael- t)berschuB der Nahrung zu suehen ist, sondern eine Sehwaehe der elektiven elektrischen Aufladung der Organgewebe wohl die prim~ire Ursaehe der 0deme sein diorite, abet man erkennt doch, dab eine ohne Ab- sicht gegebene Kochsalzzugabe bei solchen IKranken unter Um- st~nden sehr gef~hrlich sein kann, da sie die 0demberei tschaf t verstarkt , wie fibrigens die meisten Prakt iker aus Erfahrung wissen. Es ist auch ein I r r tum, das Kochsalz allein oder vorwiegend fttr die Schadlichkeiten verantwort l ich zu maehen, es ist eine ganze Gruppe yon Stoffen, die in pathologisehen Fallen abnorme Wege im Organismus einschlagen, besonders ausgepr~gt bei beginnendem 0dem. Man ist heute in der Lage, diese Wege durch Fluorescenz- farben nachzuzeichnen.

I n u n s e r e m L a b o r a t o r i u m s ind ve r sch i edene Ver suche a n p o s i t i v e n u n d n e g a t i v e n G ew eben g e m a c h t worden , u m die e lek t r i sche Sei te des 0 d e m s aufzuhel len . Die r a sche E r - z eugung eines s t a r k e n 0 d e m s d u t c h Al ly l fo rmia t n a c h de r M e t h o d e EPPINGnR is t uns dabe i e ine grol3e Hi l fe gewesen. N a e h den vor l~uf igen E r g e b n i s s e n y o n STURM u n d y o n GICKL- HORN u n d den Messungen yon SIEGMUND is t es I e s t s t ehend , d a d die 0 d e m e w ~ h r e n d i h r e r E n t s t e h u n g ein H e r a b g e h e n de r e l ek t r i s chen P o t e n t i a l e e r k e n n e n lassen, u n d zwar sowohl de r n e g a t i v e n als de r pos i t i ven N o r m a l p o t e n t i a l e . Die Z a h l e n w e r d e n sp~ te r n a c h we i t e r en V e r s u c h e n ve r6 f f en t l i ch t werden . Gle ichze i t ig m i t d e m Fa l l en de r P o t e n t i a l e geh t a u c h die Pe r - meab i l i tXt ffir F luoresce in aus d e m B l u r ins Gewebe in die H6he . Die bei N o r m a l e n sehar fe l e u c h t e n d e Lin ie de r Capil- l a r e n wi rd u n s c h a r f u n d geh t in e ine diffuse W o l k e fiber. Ff i r d ie pos i t iv ge l adenen Gewebsspe iche r is t das r a sche E in - d r i n g e n y o n F luoresce in u n d Uran in , die be ide die E i n w a n d e - r u n g des b io log i sch-e lek t ropos i t iven Kochsa lzes r ep ra sen t i e r en , e r w a r t e t worden , wesha lb j edoch a u c h nega t ives G r u n d p l a s m a fiir U r a n i n p e r m e a b l e r wird, lXl3t s ieh aus e l ek t r i s chen Gr f inden b i s h e r n i c h t ve r s t ehen . Hie r f ibe r d f i r f ten e rs t genaue re Ver - suche, a m b e s t e n yon Mediz ine rn a n W a r m b l f i t e r n - - n i c h t blo13 yon Zoologen a n K a l t b l f i t e r n - - K l a r h e i t b r i n g e n kSnnen . E s i s t n i c h t unwahr sche in l i ch , d a b a u c h n i ch t e l ek t r i s che U m - s t ~ n d e a n de r E r z e u g u n g de r 0 d e m e m i t b e t e i l i g t s ind.

Therapeze~isehe Anwendung. Aus den n e u e n E r k e n n t n i s s e n e r g i b t s ieh die N o t w e n d i g -

ke i t , be i de r E r n ~ h r u n g y o n K r a n k e n u n d G e s u n d e n e in ge- wisses Gle ichgewich t de r b io log i sch-e lek t ropos i t iven N a h r u n g s - b e s t a n d t e i l e (Gruppe Kochsalz) u n d de r b io logisch-e lek t ro- n e g a t i v e n Stoffe (Zucker, K a l i um gr uppe ) , das in de r na t f i r - l i chen N a h r u n g v o r h a n d e n is t a n d in de r d e n a t u r i e r t e n

RIFT. 14. JAHRGANG. Nr. 27 947

Industrienahrung und gekochter Speisen manchmal ver- s choben ist, f e s t zuha l t en , eine No twend igke i t , die yon p r a k - t i s chen E r n ~ h r u n g s f o r s c h e r n u n d y o n ~ l t e ren A r z t e n u n t e r a n d e r e r Termino log ie se i t l anger Ze i t b e t o n t w o r d e n ist, v o n ttlPPOKRATES u n d den a r a b i s c h e n u n d ch ines i schen Arz t en , y o n de r , , N a t u r h e i l k u n d e " , y o n LAHMANN, HINDHEDE V. i~00RDEN, RAGNAR BERG, BIRCHER-DENNER, GERSON, SAUERBRUCH-HERMANNSD 0RFER, URBACH mit Nachdruck hervorgehoben worden ist. Die zahlreichen ]Dbertreibungen, die dabei gelegentlich unterliefen, die Unentbehr]ichkeit der Natriumgruppe auch bei der Ern~hrung der Kranken, die manchmal sehr gfinstige Wirkung des Kochsalzes bei zahl- reichen 0demen, dart den Arzten die Augen nicht vor der T a t s a c h e versehl ieBen, d a b groBe M e n g e n N a t r i u m u n t e r U m s t ~ n d e n ein l ebensgef~hr l iches Gif t s ind, d a b .man n i c h t i o j ~ h r . K i n d e r n tAglich Io oder 15 g re ines Natriumsalicylat geben dar t , d a n n , w e n n dieses e n t t ~ u s c h t , n o c h Io g 1gatrium- b i c a r b o n a t dazu, worf iber kfirzl ich e in B e r i c h t f iber 2 t 6d l i ch ve r l au fene F~lle in Pa r i s e r K r a n k e n h ~ u s e r n in de r med iz in i - s chen Presse zu lesen war , o h n e dal3 die B e r i c h t e r s t a t t e r die 1Dberdosierung des N a t r i u m s e inen A u g e n b l i c k in B e t r a c h t gezogen h ~ t t e n .

W i t h a b e n d u r c h med iz in i sche M i t a r b e i t e r e ine A n z a h l yon A n o d e n s t o f f e n K r a n k e n gegeben, be i d e n e n die Ver - m u t u n g e iner e inse i t igen Erng~hrung gegeben war , an Migr~- n iker , L e b e r k r a n k e , Al le rg iker m i t B r o n c h i a l a s t h m a , a n H e r z k r a n k e u n d Ar te r iosk le ro t ike r , 0 d e m a t 6 s e , a n P a t i e n t e n m i t A t o n i e n des V e r d a u u n g s k a n a l s , a n P a t i e n t i n n e n m i t D y s m e n o r r h 6 e n aus m a n g e l h a f t e r E r n ~ h r u n g . ~ D a es s ich zeigte, d a b u n b e a b s i e h t i g t e r w e i s e a u c h E k z e m e u n d D e r m a - t i d e n bei dieser B e h a n d l u n g v e r s c h w a n d e n , so w a r d e n s y s t e m a t i s c h e k l in ische Ver suche a u c h a n H a u t k r a n k e n be- gonnen , l~ber al le diese A r b e i t e n wi rd y o n den Med iz ine rn n a c h Abschlul3 b e r i c h t e t werden . Die Er fo lge s ind gfinstig, in e inze lnen F~l len u n e r w a r t e t gfinstig. Die 6 d e m v e r m i n d e r n d e W i r k u n g der A n o d e n g r u p p e i s t n a t u r g e m ~ B n i c h t so s t a r k wie e t w a die des Sa ly rgans , s o n d e r n e twas weniger als h a l b so s t a r k be i Dosen yon 8 u n d 12 g p ro T a g - - zwischen IOOO u n d I6oo ccm Diurese p ro T a g - - , a b e r sie w i r k t n o c h a u f die Diurese , w e n n die Quecks i lbe rsa lze s chon versagen , f e r n e r s t e l l t s ich n a c h e in iger Zei t de r S a l z k o r r e k t u r a u c h die Sa ly r - g a n w i r k u n g wieder s t g r k e r ein. Die K r a n k e n b e f i n d e n s ich d a b e i z ieml ich gut . Es i s t Mar, d a b die W i r k u n g n u r d a n g auf die U r s a c h e de r E r k r a n k u n g zur f iekgeht , w e n n v o r h e r be- sonders kochsa lz re iche u n d k a l i a r m e K o s t gegeben w o r d e n ist . Be i sons t gle ichm~Biger E r n ~ h r u n g i s t die W i r k u n g m e h r e ine s y m p t o m a t i s c h e als eine kausa l e u n d k a n n n u t e ine E r l e i ch t e - r u n g de r B e s c h w e r d e n bewi rken . Ff i r die E r k e n n u n g un - zweckm~Biger Lebenswei se h a t die E r g ~ n z u n g d u r c h A n o d e n - s toffe e ine d i agnos t i s che B e d e u t u n g . Die K r a n k e n r eag ie ren s t a r k u n d gf inst ig d a r a u f .

Zusammen/ozsend i s t das 0 d e m n i c h t bloB c h a r a k t e r i s i e r t d u r c h die A u f n a h m e y o n W a s s e r d u r e h e in Organ, des sen n o r m a l e e lek t r i sehe P o t e n t i a l e v e n n i n d e r t s ind, s o n d e r n d u t c h die ger ingere A b s t o S u n g yon Stof fen de r N a t r i u m g r u p p e , Kochsa lz , Wasser , Amninos / iu ren , saue re F a r b s t o f f e u n d d u t c h die k le inere A n z i e h u n g u n d E n t l a s s u n g yon Stof fen de r en tgegengese t z t ge l adenen K a l i g r u p p e (Zucker , Glykogen , Magnes ium, I-Iarnstoff, bas i sche F a r b s t o H e usw.) aus d e n Spe iche rgeweben in das B lu r .

Das l~Bt s ich I~irberisch d e m o n s t r i e r e n d u t c h L u m i n e s c e n z - mik roskop ie im U l t r a v i o l e t t u n d a n a l y t i s c h d u t c h Aschen - b e s t i m m u n g e n . Die N a c h m e s s u n g m i t Mik roe l ek t roden s p r i c h t ffir das e r w a r t e t e S i n k e n de r P o t e n t i a l e .

Das 0 d e m is t e ine a l lgemein v e r b r e i t e t e E r s c h e i n u n g , das sich a u c h a n n i ede ren T ie ren u n d a n P f l a n z e n v o r d e m Ab- s t e r b e n a n d n a c h d e m Tode b e o b a c h t e n l~13t. I m H e r b s t ab - fa l lende L a u b b l ~ t t e r s ind v e r k a l k t u n d v e r a r m t a n Spe i che rn de r K a l i u m g r u p p e .

Nachtraxj wahrend der Korrektur: Nach dem AbschluS dieser Arbeit ha t JosEF SIEGMUND seine Dissertat ion bei Prof. J. GIC~:L- HORN mit etwa 700 Mikromessungen an Amphib ien beendigt. Mit Zust immung der Genannten gebe ich daraus einige MiIIivolt- zahlen yon Rana temporaria, die fi~r die Medizin Interesse haben :

66*

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948 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . I4. J A H R G A N G . N r . 27 6. JULt ~9~5

I. MeBelektrode im Leberparenchym, Bezugselektroden an der Vena cutanea. Athylurethan. zo Messungen, stark narkotisiert, 16,8 + , Durchschnitt 25 Messungen, schwaeh narkotisiert, 28,o + . Durchschnitt 20 Messungen, sehwach narkotisiert 32,o + . In allen MeBreihen Leberparenchym positiv gegen Blut. Nunmehr 13o Mes- sungen im Odem nach Allylamin, 5 ~ ?r schwach narkotisiert, lO,5 + . 30 Messungen, schwach naxkotisiert, 11,5 + . 50 NIessungen, stark narkotisiert, 8,o + . Auch im Odem bleibt die Leber positiv gegen Blur, die Potentialsenkung war stets ausgesprochen.

2. MeBelektrode an der Bindegewebshaut des Muskels, Bezugs- elektrode wie vorher, z2 Messungen. Allylamin, ohne Narkose. MeBdauer x/gStunde -- 5, - - 6, -- 5, -- 4, o, o, o, + 2,5, + 3,5, + 5, -~" 5, + 5, + lO, + 10, + IO, + I2, + II , + I2, + I3, + 17, + 16, + 19. Die Muskethaut zeigt also ein Sinken der Negat~vit/tt w/~hrend der ~dembildung, und zwar ein st~rkeres als das Btut. das auch weniger negativ zu werden scheint

3. SIEG~UND hat auch Blutserum normal gegen Blutserum mit Allylamin gemessen, was nur augerhalb des lebenden K6rpers auf dem Objekttr~tger m6glich ist. Das Serum des normalen Tieres ist negativer als das mit Allylamin vergiftete. In einer Versuchsreihe betrug die Negativit~tsdifferenz stabil 5 MV., in einer zweiten 8 t~fV., in ether dritten nach kurzer (3 Minuten langer) Einwirknng

3 MV. -- Diese Versuche wurden dadurch veranlagt, dab bet vielen Krankheitszust~nden und bet grol3en Beanspruchungen des norma- len Lebens, z .B. in den spi~teren Schwangerschaftsmonaten, der Gehalt an negativen Bestandteilen des Serums eine kleine Tendenz zur Erh6hung zeigt, ebenso der an biologisch positiven Bestandteilen der Blutk6rioerehen. Es ist also den Fragen nachzugehen: Wird das Blutserum in solchen Zust~nden weniger negativ, werden die roten Blutk6rperchen weniger positiv, oder verkleinert sich die positive Ladung der roten Blutk6rperehen zz*gte$ch mit dem Sinken der NegativitAt des Serums ? Diese Fragen sind nor nich• entschieden.

L i t e r a t u r : x R, KIBLLI~ll, Med. Klin. 1934, 38 -- Klin. Wschr, 1934, lO42. -- ~ LEMATTE, BOlVlN et KAHANE, Bull. Soc. Chim. biol. Paris xo, 565 (1928). - - ~ CZAel~K, Biochemie der Pflanzen, 2, Aufl. n B A p, 398--45 o. Jena 192o. - - 4 SIEDtgE U. ZUCKER- KANDL, Vortrag auf dem Prager InternistenkongreB MArz 1935, kurzer Artikel in IZlin. Wschr. 1935, 568. - - s 1NTONNENBRUCH in BETHE-EMBDENS Handbuch 17, 224, Berlin: Julius Springer 1926. _ s THIERS, J. Physiol. et Path. gin. 28, 86 (193 o) -- KELLER U. KLEPETAR, Biochem. Z. 273, 18o (1934). - - ~ PFLOMM, Mflnch. reed. XNschr. 1934, 15oo. -- s F. P. FISCHER u. %VINTER, Biochem. Z. 27o, 157 (1934). - - 9 GERSON, Di~ttherapie. Leipzig-',\rien I934.

ORIGINALIEN. ZUM MECHANISMUS DER TUBERKULOSE-

IMMUNIT/~T. V o n

H. SELTER und P. W~ILAND. AUS dem Hygienischen Institut der Universit~t Bonn

(Direktor: Prof. Dr. H. SELTER).

Unte r snchungen fiber den Mechanismus der Tuberkulose- I m m u n i t ~ t werden nur dann ihren Zweck erreichen, wenn m a n fiber eine Methode verffigt , u m eine wi rksame Immunit~t t in den Versuchs t ie ren erzeugen zu k6nnen. U n t e r e inem ,,im- mun i s i e r t en" Tier w~Lre dann nur ein solches Tier zu vers tehen, welches auf Grund der immunis ie renden Vorbehand lung im- s t ande ist, e ine ftir ein Normal t i e r t6dl iche tuberkul6se In - fekt ion rest los abzuwehren. FaBt m a n die Tube rku lose - Immu- n i t g t in diesem Sinne auf, so h a t sie m i t den bet tuberkul6sen Tieren beobach te ten Immuni t i t t serscheinungen, wie Tuberku- l in -Empf ind l i chke i t und dem Kochschen Grundversuch, n ichts z u tun, m i t denen sie aber leider i m m e r noch verwechse l t wird. %u schon wiederho l t in der L i t e r a tu r (t~ALBFLEISCIt 1, KLOP- STOCK, PAGEL und GUGGENHEI~I s, SELTER ~) festgestel l t , be- s i tz t der Kochsche Grundver such f~r den Nachweis ether Tu- berkulose-Immuni t /~t keine Bedeu tung ; er weis t lediglich eine Tuberku l in -Empf ind l i chke i t nach, die als solche nu t ein Zeichen einer e inge t re tenen Tuberku lose - In fek t ion ist. Ebenso wird hen te al tgemein angenommen, dab Tnberku l in -Empf ind l i chke i t n ich t g le ichbedeutend m i t Tuberku lose - In lmuni t~ t i s t E ine Tube rku l in -Empf ind l i chke i t kann auch du t ch abge• Tu- berkelbaci l len he rvorge ru ien werden, eine wi rksame Tuber - ku lose - Immuni t~ t abe t nicht . Hierzu sind unbed ing t lebende iniektionsfXhige Tuberkelbaci l len erforderlich.

Sei t den klassischen Un te r suchungen yon ROMER und HAMBURGER g i l t das Meerschweinchen als das geeignets te Ver- suchst ier fiir die Er forschung der Tuberku lose - Immuni t~ t . Das Meerschweinchen h a t eine ziemlich gleichm~13ige E m p - fgngl ichkei t iflr h u m a n e und bov ine Tuberkelbaci l len, und es lassen sich bet en tsprechender Versuchs technik Ers t - und Super infek t ion gentigend scharf auseinanderhal ten , wodurch dann der Nachweis ether wi rksamen Tuberku lose - Immuni tAt e rm6gl ich t wird. Un te r suchungen zur Aufkl~rung des Mecha- n ismus der T u b e r k u l o s e - I m m u n i t ~ t werden sich daher a m bes ten des Meerschweinchens bedienen.

N a c h al lgemeiner Auffassung mfiBte die I m m u n i t ~ t auf einer Yern ich tung der super inf iz ier ten Tuberkelbaci l len be- ruben . Diese Vern ich tung der e inem immunis ie r ten Organis- muS be igebrach ten Tuberkelbaci l len k6nnte m a n sich in zweiertei~ vorstel len, en tweder durch humora le Ant i - k6 rpe r oder durch eine cellul~re A u f n a h m e und Auf l6sung der au fgenommenen Bacil len. Beide M6glichkei ten sind du tch

zahlreiche Forscher behande l t worden, b isher jedoch ohne entscheidendes Ergebnis . Noch v o r kurzem h a t HEDVALL 4 hierfiber umfassende Unte r suchungen angestel l t . Normal - und I m m u n s e r a wurden auf die verschiedenen Ant ik6rper gepri i f t und hierbei festgestell t , dab beide Sera eine deut- fiche, wenn auch n ich t besonders s tarke tuberkelbaci l len- t 6 t ende F~thigkeit haben, und daB diese auf Stoffen beruht , welche den fl-Lysinen zuzurechnen Silld. Da diese Lysine jedoch durch die Immunis i e rung n ich t ve r s t~ rk t werden, g laub t I-IEDVALL ihnen keine ftir den Immun i t~ t smechan i smus wesenthche Rol le zuschreiben zu k6nnen. Die Bedeu tung der Phagocy tose prfif te HEDVALL nach dem Verfahren yon BARTlgL-•EUMANN und KLING, wobei l_~ukocyten, Lympho- cyten, Th rombocy t en und His t iocy ten yon gesunden Tieren (Kaninchen, Meerschweinchen, IKatzen und Hunden) m i t ger ingen Mengen yon Tuberkelbaci l len gemischt l~ngere Zei t bei 37 ~ geha l ten und Meerschweinchen subcu tan inj iz ier t wurden. I n ke inem Fal l konnten die Meerschweinchen gegen die Infek t ion geschfi tzt werden; selbst bet sehr geringen Bac i l l enmengen und langdauernder E inwi rkung der Zelten auf die Bakterien erkrankfen die Meerschwe~nchen in der Regel an ether ebenso ausgebre i te ten Tuberkulose wie die Kontro l l t ie re . Auch E x t r a k t e aus Leuko- , L y m p h o - und His t iocy ten yon gesunden und tuberkul6sen Meerschwein- chen, deren bacter ic ide Eigenschaf ten in v i t ro nachzuweisen waren, e rgaben keine besseren Resul ta te . Ebensowenig lieBen sich aus den Organen tuberkul6ser Tiere Stoffe ext rahieren , welche bet Meerschweinchen die En twick tung einer Tuber - kulose ve rh indern oder ihren Ver lauf i rgendwie beeinflussen konnten.

Die Frage, ob in dem Serum eines immunis ie r t en Organismus sich spezifisch wirkende bak te r i en t6 tende Stof ie vorf inden und ob die T u b e r k u l o s e - I m m u n i t g t auf diesen S tof ien beruht , kann heute wohl endgfi i t ig entschieden und m i t ,,Nein'" bean t - wor t e t werden. I )agegen wird die bedeutungsvol le Rol le der cellulfuren E l emen te fiir die Abwehr der Tuberkelbaci l len , ganz gleich, ob sie au i die Baeil len der ersten oder zweiten In i ek t ion im K6rper einwirken, n ich t abzuleugnen sein. Frag l ich i s t nur , ob es sich hierbei lediglich u m eine un- spezifische Tg t igke i t handel t , oder ob diese d u t c h die I m - munis ie rung geste iger t werden kann.

Die Wi rksamke i t der cel lulgren E l e m e n t e ffir die Abwehr der Tuberkelbaci l len wird m a n leichter erkennen, wenn man ihnen im I n n e r n des K6rpers nachgeh t und nicht , wie es HEDVALL und seine u getun haben, wenn m a n sie anBerhalb des K6rpers an t die Bacil len e inwirken lfi/3t (T6P- PICH ~, GROMELSKu ~, I~ALBFLEISCH, LURIE 7, r~VEILAND und LAUTERWEIN S). Die anf~nglich mikroskopisch durchgeffihrten Untersuchungen sind in letzter Zeit erfolgreich durch kultu-