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Acta histochem. 64,113-123 (1979)
Abteilung fUr Angewandte Tumorbiologie der Geschwulstklinik (Direktor: Prof. Dr. sc. med. K.-H. RIESSBECK)
des Medizimschen Bereiches (Charite) der Humboldt-Universitat zu Berlin
Elektronenmikroskopische und enzymhistochemische Untersuchungen der Niere und Leber von Albinoratten nach Cytostatikabehandlung
Electron microscopical and enzyme histochemical investigation of kidney and liver of the albino rat after cytostatic treatment
Von DIETMAR HECKER, HORST ROSE und ANNELIESE POWITZ
Mit 4 Abbildungen und Tafel V
(Eingegangen am 7. Dezember 1977)
Zusammenfassung
An Niere und Leber von 'Wistarratten treten in den ersten 5 Tagen nach Behandlung mit Cytostatika (Vinkristin, Vinblastm, Tremmon, 5-Fluorurazil) enzymhistochemische und ultrastrukturelle Veranderungen auf.
Die Enzymaktivitaten wurden durch Cytostatika unterschiedlich beeinfluBt. Fur einige Enzyme wurde eine Aktivitatszunahme, fur andere eine Abnahme del' Aktivitat gefunden. Niere und Leber reagierten in Ihrem Enzymverhalten verschioden. Die verwendeten Cytostatika wirkten nicht einheltlich. Die histochemischen Veranderungen nach Cytostatika-Injektion bei juvenilen Ratten stimmen mcht mit denen bei adulten uberein. Die elektronenmikroskopischen Befunde zeigen in den ersten 5 Tagen nach Cytostatika-Injektion deutliche morphologische Veranderungen del' Nieren- und Leberzellen. Ab 8. Tag nach Verabreichung der Cytostatika konnten keine histochemischen und keine ultrastrukturellen Veranderungen im Vergleich zu den Kontrollen gefunden
werden.
Summary
Within 5 days following treatment wIth cytostatics (vincristine, vinblastine, trenimon, 5-
fluorouracil) enzyme-histochemlCal and ultrastructural changes occurred in the kidney and liver
of Wistar rats. The enzyme activIties were influenzed by cytostatlCs in different ways. It was found that the
activity of some enzymes mcreased whereas that of others decreased. Kidney and hver showed a dIfferent response in their enzymatic behaviour. The cytostatics used did not have the same effect. The histochemical changes following injection of cytostatics in juyemle rats do not agree with those ili adult ones. The electronmicroscopic findings reveal marked morphological changes of the kidney and liver cells within the first 5 days following injection of cytostatics. From the 8th day on after administration of cytostatics neither histochemical nor ultrastructural changes as compar
ed with the con trolls were found.
Mit den gegenwartig zur Verfiigung stehenden Chemotherapeutika gelingt es nicht, Krebszellen selektiv zu schadigen. Unter der cytostatischen Therapie maligner Tumoren muB mit einer breiten Palette von unerwiinschten Nebenwirkungen, besonders
8 Acta histochem. Bd. 64
114 D. HECKER, H. ROSE und A. POWITZ
an proIiferierenden Geweben, gerechnet werden. Frtihreaktionen treten vor aHem seitens des Knochenmarkes, der Keimzentren der Lymphonoduli, des Magen-Darm. Kanals, der Anhangsgebilde der Haut und der Gonaden auf. Aber auch zeitlich verzogerte toxische Manifestationen konnen zum Abbruch der Behandlung zwingen (Nieren-, Leber-, Lungenschaden).
In der vorliegenden Arbeit wurden die Wirkungen von 4 klinisch haufig angewendeten Cytostatika (Vinkristin, Vinblastin, Trenimon und 5-Fluorurazil) auf das histochemische Verhalten mehrerer Oxidoreductasen und Hydrolasen und auf die Substruktur von Nieren- und Leberzellen von adulten und juvenilen Ratten untersucht. Untersuchungen tiber die Chemodifferenzierung der Niere (FISHER und GRUHN 1959; STRAND und WATTENBERG 1962; BEHNE 1963; WACHSTEIN und BRADSHAW 1965; MUHLENFELD 1969; HECKER et al. 1971 u. a.) und der Leber (KITZING und SCHUMACHER 1961; HECKER et al. 1971) zeigen, daB bei Ratten zahlreiche Enzymaktivitaten in diesen Organen erst im Verlaufe des frtihen postnatalen Lebens das Niveau adulter Tiere erreichen. Aus zahlreichen Untersuchungen (MoOG 1958; SCHIEBLER und PILGRIM 1968; WENK 1968 u. a.) ist bekannt, daB die Enzymreifung in Organen von Ratte und Maus durch Hormone und verschiedene Antibiotika beeinfluBt wird. In frtiheren Experimenten (ROSE et al. 1971) konnten wir nachweisen, daB Rontgenstrahlen die Enzymreifung juveniler Ratten beschleunigen. Es erschien uns deshalb von Interesse zu prtifen, ob die genannten Cytostatika die Reifungsvorgange einiger oxydativer und hydrolytischer Enzyme von Niere und Leber juveniler Ratten verandern.
Material and Methods
Als Versuchsmaterial dienten 205 juvenile und 216 adulte J Wistarratten. Die Tiere wurden bei annahernd konstanter Raumtemperatur von 23 00 gehalten und ausreichend mit Standardfutter ad libitum ernahrt. Es wurden Behandlungs- und Kontrollgruppen zu je 3 Tieren gebildet,
Tabelle 1. Oytostatikakonzentration pro Injektion
Konzentration {tgjTier Anzahl der Tiere
juveniler Tiere adulte Tiere juvenile Tiere adulte Tiere
1800 (b) 24
24 { Vi""'i"ti n 18000 (a) 18000 (a) 24 36000 (b) 24
1800 (b) 18 18000 (a) 18000 (a) 18 241 Vinblastin
36000 (b) 24
0,1 (b) 24 I 1 (a) 1 (a) 24 24 « Tremmon
10 (b) 24 l 150 (b) 24
1500 (a) 1500 (a) 24 "{ 3600 (b) 24 5-Fluorurazil
Kontrolle 25 24
Acta histochem. Bd. 64 Tafel r
Hecker, Rose und Powitz
VEB GUSTAV FISCHER VERLAG lENA
Elektronenmikroskopische und enzymhistochemische Untersuchungen 115
wobei auf jewells 8 Behandlungsgruppen eme Kontrollgruppe kam (Tabelle 1). Die Versuche wur
den mehrfach wIederholt. Als Cytostatika wurden Vinkristin, Vmblastin, Tremmon und 5·Fluorurazll emge,ctzt. Da
bel wurde d,e klinisch yertretbare Tagesdosls des Menschen zur Grundlage der Dosisberechnung gemacht (Tabelle 1). Die Tiere der Kontrollgruppen erhielten nur physiologische Kochsalzlosung. AIle Cytostatlka wurden in 2 verschiedenen KonzentrationsberelChen getestet (Tabelle 1). Bel den juvenilen Tieren (1 Tag alt) wurden msgesamt 3 Injektionen, bel den adulten Tieren 6Injektionen in jeweils 3tagigem Abstand vorgenommen. AIle Substanzen wurden intraperItoneal (i.p.) injiz18rt. 9 juvemle und 6 adulte Tiere verstarben unmittelbar nach Versuchsbeginn und wurden bei der Auswertung der Versuche mcht berucksichtigt. Die cytostatikabehandelten Versuchstiere gelangten 24 h, 3, 5 und 8 Tage nach der letzten Zytostatika-Behandlung zur gleichen Tagesz81t (10,00 bis 14,00 h) zur Untersuchung.
Elektronenmikroskopie
Von N18ren- und Leberproben behandelter und unbehandelter Tiere wurden nach Fixierung
in 1 %iger, gepufferter und isotomscher Os04-Losung (pH = 7,3) sowie nach Einbettung in Vestopal W Ultradunnschnitte hergestellt. Eine Nachkontrastierung erfolgte mit Uranylacetat und Bleicitrat. Die elektronenmikroskopische Untersuchung der Ultradunnschnitte erfolgte bei einer Strahl
spannung von 60 bis 80 kV.
Histochemie
Nach Totung der Tiere durch Dekapitation wurden die Organe (Niere und Leber) entnommen. Die Lebern wurden im ganzen herausgelost, in etwa 0,5 bis 1,0 em dicke Scheiben zerlegt und diese zu Blocken zusammengelagert. Die zentralen Segmente der Niere wurden dicht in Rattenleher eingebettet und Wle die Leberblocke auf einem Gefriertisch mit CO2-Schnee aufgefroren. Die Organe waren so orientiert, daB die Gewebe von Versuchs- und Kontrolltleren mit einer Messerfuhrung
geschmtten werden konnten. Nach kurzer Lagerung bei -20 DC wurden die Gewebeblockchen im Kryostaten 12 /lm dick
in kleinen Serien geschnitten, die Gewebeschnitte auf Objekttrager aufgenommen, angetaut und bis zur Inkubation bei Zlmmertemperatur 1 bis 2 h lufttrocken gelagert.
Folgende Enzymnachweise wurden an Kryostatschnitten durchgefuhrt:
1. NADH-Diaphorase (NADH-D) nach SCARPELLI et al. (1958). 2. Succmodehydrogenase (SDH) nach NACHLAS et al. (1958). 3. Isocltronensaure-Dehydrogenase (IDH) nach PEARSE (1961). 4. Malat-Dehydrogenase (MDH) nach PEARSE (1961). 5. Cytochromoxydase (CyO) nach BURSTONE (1959). 6. NAD-abhangige Lactatdehydrogenase (LDH) nach WENK (1968). 7. Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G-6-P-DH) nach RUDOLPH und KLEIN (1964). 8. Leucinaminopeptidase (LAP) nach NACHLAS et al. (1957). 9. Adenosmtriphosphatase (ATPase) pH = 7,2 nach WACHSTEIN und MEISEL (1957).
10. 5-Nucleotidase (AMPase) nach WACHSTEIN und MEISEL (1957). An fUr 24 h in eisgekuhltem BAKER-Formol fixierten Kryostatschnitten erfolgte die Darstel-
lung folgender Enzyme: 11. Alkalische Phosphatase (APase) nach GassNER (1958). 12. Saure Phosphatase (SPase) nach GassNER (1958). 13. Unspezlfische Esterase (UE) nach GassNER (1958). Bei 37 DC wurden folgende Inkubationszeiten konstant belbehalten: 15 min NADH.D, UE;
20 mm LDH; 30 min SDH, IDH, MDH, G-6-P-DH, APase, SPase, ATPase; 45 min AMPase,
CyO; 120 min LAP.
s·
116 D. HECKER, H. ROSE und A. POWITZ
Abb.1. Rattenleber, 20000: 1. 0) Kontrolle; b) 3 Tage nach Behandlung mit Tremmon (Dosis a). N = NucleuR, M = Mitochondrien, ER = Ergastoplasma, ZM = Zellmembran
ElektronenmikroHkopitche und enzymhif,tocheml>cho Lntersuchungen 117
Nach der Inkubation wurden dlC Gewebeschllltte fur den Nachweis der Dehydrogenasen, der ATPase und der AMPase 10 min in BAKER-Formol nachfixiert, grundhch in Aqua dest_ gewaschen
und in Glyceringelatine eingebettet. Fur den LAP-Nachweis wurden chc Gewebeschllltte nach der
InkubatlOn fur 10 min m eine 0,85%lge NaCl-Losung uberfuhrt. Danach erfolgto die Ubertragung
der Schllltte m eine CuS04 -Losung (2 min)_ Nach kurzer Zwischenwaf;scrung y,-urden die Schllltte in Glycermgelatme eingebettet_
Fur alle histochemlschen Enz) mreaktionen wurden sowohl substratfrei inkubierte als auch
hitze-inaktivierte Kontrollpraparate angefertigt_ Zur hlstologischen Orientierung wurden in meh
reren Versuchen Parallelschnitte nach FixJerung in BAKER-Formol mit Hamalaun-Eosm gefarbt_
Ergebnisse
Am L, 3_ und 5_ Tag nach AbRchluB der CytoRtatikabehandlung sind deutliche Veriinderungen in der Feim;truktur von Nieren- und Leberzellen zu beobachten (Abb_ 1 bis 2)_ Besonders auffiillig ist die Schiidigung der Mitochondrien und des endoplaRmatischen Reticulums_ Die Mitochondrien weisen Schwellungen mit teilweiser Auflosung der Innenstruktur auf. Vereinzelt driingt in den Leberzellen in Arealen angeordnetes Glykogen die Mitochondrien ,zu "Haufen" zusammen. Das endoplasmatische Reticulum ist sowohl in den Nieren als auch in den Leberzellen z. T. blasig aufgetrieben, z. T. ist eine Vakuolisierung an den Lamellen festzustellen.
Vereinzelt haben sich die Ribosomen von den Membranen des endoplasmatischen Reticulums gelost. Es treten Lysosomen und Lipoideinschltisse unterschiedlicher Elektronendichte auf.
Deutliche Veriinderungen sind auch an den Nucleoli zu beobachten. Sie sind nach Cytostatikaeinwirkung stark ausgebildet und weisen eine fibrilliire und granuliire Komponente auf. An den Kernen war kein Dnterschied im Vergleich zu den Kontrollen festzustellen.
Am 8. Tag nach der letzten Cytostatika-Injektion fan den wir keine substrukturellen Veriinderungen in den Nieren- und Leberzellen.
Eine Beeinflussung der Enzymaktivitiit war analog den su bmikroskopischen Bcfunden nur im Zeitraum yom L bis 5. Tag nach AbschluB der Cytostatikainjektion feststellbar. Am 8. Tag war keine Veriinderung zu den unbehandelten Kontrollen mehr zu finden.
In der Niere adulter Ratten konnten wir fUr folgende Enzyme zwischen Lund 5. Tag nach Beendigung der Cytostatikagaben eine deutliche Aktivitiitszunahme nachweisen: NADH-D und SPase (Abb. 3). Fur die G-6-P-DH fanden wir eine Zunahme nur nach Behandlung mit Trenimon und 5-Fluorurazil. Die Steigerung zeigt sich besonders in den Partes contortae der HauptRtucke, in den Mittelstucken und in den HENLEschen Schleifen. Die Glomerula zeigen sowohl bei den unbehandelten als auch behandelten Tieren eine relativ sclnvache Enzymaktivitiit, so daB sie als helle StIUkturen in der kriiftiger reagierenden Rinde auffallen.
Einen starken Aktivitiitsabfall fanden wir in der Niere nach Cytostatikabehandlung fUr folgende Enzyme: DE, LAP, APase. Die Aktivitiitsverminderung der DE (Tafel V, Abb. 1) und LAP ist auf die Haupt- und Mittelstiicke der Niere beschriinkt, wiihrend in den HENLEschen Schleifen und den Glomerula keinc Veriinderungen zu
118 D. HECKEl{, H. ROSE uml A. POWITZ
Abb.2. Rattenmere, 40000: 1. fl) Kontrolle; b) 3 Tage nach Behandlung mltuTrenimon (Dosis a) N = Nucleus, .M = Mitochondnen, ER = Ergastoplasma
Elektronenmikroskopische und enzymhistochemische Untersuchungen 119
Abb. 3. Rattenniere. Histochemischer NachweIs der sauren Phosphatase. 29: 1. a) Kontrolle; b) 3 Tage nach Behandlung mIt Trenimon (Dos is a).
erfassen sind. Die Abnahme der APaRe-Aktivitiit betrifft die in der Nierenrinde gelegenen Hauptstticke, wobei die APase-Reaktion tiberhaupt nur in den Btirstensiiumen nachweisbar ist. AIle anderen Nephornabschnitte und die Glomerula bleiben inaktiv (Tafel V, Abb. 1).
In der Leber adulter Tiere fanden wir ebenfaIls fUr die NADH-D und die SPase bei den verwendeten Cytostatika und fUr die G-6-P-DH bei den Cytostatika Trenimon und 5-Fluorurazil im ZeitidtervaIl 1 bis 5 Tage nach AbschluB der Behandlung eine
120 D. HECKER, H. ROSE und A. POWITZ
I -->
Abb.4. Rattenleber. Histochemiseher Nachweis der NADH-Diaphorase, 29: 1. a) Kontrolle; b) 3 Tage nach Behandlung mit Trenimon (Dosis a).
deutliche Zunahme gegenuber den Kontrollen (Abb. 4). Die Aktivitatserh6hung ist hierbei im gesamten Leberlappchen nachweisbar.
Eine deutliche Abnahme der Aktivitat beobachteten wir nach Cytostatikabehandlung von adulten Ratten in der Leber fur folgende Enzyme: SDH, IDH, MDH, CyO, LDH, DE und LAP (Tafel V, Abb. 2).
Die APase weist in den Leberzellen cytostatikabehandelter Tiere keinen Aktivitatsunterschied zu Kontrollen auf. Die Aktivitat dieses Enzymes ist ausschlieBlich im Stroma del interlobularen Gallengange und in der Adventitia der den Gallengangen benachbarten interlobularen Arterien nachweis bar.
Bei juvenilen Ratten zeigt sich sowohl in der Niere als auch in der Leber ein anderes Verhalten verschiedener Enzyme nach Cytostatikabehandlung als flir adulte Ratten. In der Niere ist die Aktivitat folgender Enzyme erh6ht: NADH, SPase (wie bei adult en Ratten) und LDH. Die LDH war bei adulten Ratten unverandert. Wie bei adulten Ratten findet sich auch bei juvenilen Tieren nach Behandlung mit Trenimon und 5-Fluorurazil eine Aktivitatssteigerung der G-6-P-DH. Die Aktivitatserh6hungen sind flir dieses Enzym im allgemeinen etwas Rchwacher ausgepragt.
Der Aktivitatsanstieg zeigt sich vorwiegend im Cytoplasma von Zellen markwarts gelegener Hauptstucke der Nieren, d. h. in den zum Zeitpunkt der CytostatikaBehandlung am weitesten differenzierten Nephronen.
Einen markanten Aktivitatsabfall nach Cytostatikabehandlung juveniler Tiere fanden wir fur die folgenden Enzyme: LAP (wie bei adult en Tieren), SDH, IDH, MDH (die 3 letztgenannten sind bei adulten Tieren im Vergleich zu den Kontrollen unverandert) .
Elektronenmikroskopische und enzymhistochemische Untersuchungen 121
Die Aktivitatsabnahme betrifft nur die Zellen der Hauptstucke. In HENLEschen Schleifen, Markstrahlen und Glomerula sind keine Aktivitatsveranderungen im Vergleich zu den Kontrollen festzustellen.
Fur die APase, DE (bei adulten Tieren erniedrigt) und fUr die CyO fanden wir bei juvenilen Ratten nach Cytostatikabehandlung keine Aktivitatsveranderungen.
In den Lebern cytostatikabehandelter juveniler Ratten fanden wir mit Ausnahme der Enzyme CyO, LDH und DE die gleichen Enzymveranderungen wie nach Behandlung adulter Tiere.
Die Aktivitaten der CyO und DE, die bei adult en Tieren erniedrigt sind, waren bei juvenilen unverandert. Die LDH, bei adulten Tieren erniedrigt, zeigte bei juvenilen eine erhohte Aktivitat im Vergleich zu den Kontrollen.
1m Dnterschied zu einer Ganzkorperrontgenbestrahlung (ROSE et al. 1971) beeinflussen die von uns verwendeten Cytostatika die neogene Nierenrindenzone nur gering. 1m Vergleich zu den Kontrollen ist diese Neubildungszone zwar reduziert, aber zu allen Dntersuchungszeitpunkten deutlich erkennbar.
Diskussion
Die Chemotherapie mahgner Tumoren muB beriicksichtigen, daB dIe Cytostatika auch die normalen Zellsysteme empfindlich schadigen kimnen. Kenntnisse iiber die Art und den Grad der Nebenwirkungen sind deshalb VOn groBer Bedeutung. Sehr schnell reagieren die proliferierenden Gewebe wie Knochenmark und Darmzellen. Auf die Reaktion dieser Gewebe richtet sich deshalb auch das Hauptaugenmerk bei der Cytostatikatherapie. Dariiber hinaus ist es fUr eine wirksame Tumortherapie wesentlich zu wissen, welche Spat- und eventuell Dauerschaden durch die Cyto
statika hervorgerufen werden konnen. In der vorliegenden Arbeit wurde dIe Wirkung von Vinkristin, Vinblastin, Trenimon und 5-
Fluorurazil auf Leber- und Nierenzellen adulter Ratten mIt den Methoden der Elektronenmikroskopie und der Histochemie untersucht. Die Cytostatlka-Injektion erfolgte in 3tagigem Abstand und wurde 6mal durchgefiihrt. Die ultrastrukturellen und histochemischen Untersuchungen wurden einen Tag nach der letzten Injektion, also 16 Tage nach der ersten Injektion begonnen und bis zu 8 Tagen nach der letzten Cytostatika-Verabreichung fortgesetzt. Es ist hervorzuheben, daB die am 1., 3. und 5. Tag zu beobachtenden ultrastrukturellen Zellschaden und die gefundenen Aktivitatsveranderungen emer Reihe von Enzymen am 8. Tag nicht mehr nachweisbar waren, so daB bei den VOn UnS gewahlten Dosierungen und der Verabr61chungsform nicht mit Dauerschaden an Leber und Niere durch die verwendeten Cytostatika zu rechnen ist.
Die Ergebnisse unserer elektronenmikroskopischen Untersuchungen werde!l durch Befunde gestiitzt, die nach Verabreichung von 5-Fluorurazil, Hydroxyharnstoff, Actinomyzin, Mitomyzin und Bleomyzin an Leber und Nierengewebe sowie an anderen Organen VOn Nagetieren erzielt worden sind (STENRAK 1966, 1967, 1969; DAVID 1970, KORFSMEIER 1972, RIEDE etal.1973). So zeigt sich in der Leber nach Behandlung mit Actinomyzin eine Zunahme der freien Ribosomen und eine z. T. blasenartige Aufweitung des endoplasmatischen Reticulums (DALLNER et al. 1966). Die Ablosung der Ribosomen geht immer mit einer Starung der Proteinsynthese emher (DAVID
1970). Der Verlust an SDH-, IDH-, MDH und CyO-AktiVltat in der Leber am 1., 3. und 5. Tag deutet
auf eine Storung der Energiebereitstellung hm. Zudem liiBt der Aktivitiitsabfall der LDH m dIesem Organ auf eine verminderte Bereitstellung von Energie aus dem Kohlenhydratstoffwechsel schlieBen. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, daB in der Niere adulter Tiere keine derartigen Veninderungen der Aktivitiit dieser Oxidoreductasen zu verzeichnen sind. Es ist moglich, daB die
122 D. HECKER, H. ROSE und A. POWITZ
Nierenzellen weniger cytostatlka-senslbel sind oder da13 ehe Entgiftung dieser Substanzen ,"orwiegend m cler Leber stattfmdet und dabel ehe Zellen stark geschacligt werden. Die ultrastrukturellen Veranclerungen und die Erhohung der SPaRe weisen auf starke Zellschaden in b81clen Organen hm, die jedoch 8 Tage nach Beendigung der Cytostatikagabe wieder repariert hzw. die geschadigten Zellen ersetzt sind.
STACHURA et al. (1968) fanden nach Behandlung von adulten Mausen mit Cyclophosphamld in den Lebern emen deutlichen Aktivlta.tsverlust der SDH und eine markante Aktlvitatserh6hung der NADH-D. Diese Ergebnisse stehen 1m Emklang mit unseren histochemischen Befunden nach Verwendung anderer Cytostatlka. Die von diesen Autoren gefundene Abnahme der SPase-Aktivitat m der Leber konnten Wlr In unseren Experimenten nicht feststellen. Auch zeigen slOh andere ·Wirkungen von Cyclophosphamid auf das Enzymverhalten cler Niere als wir sie mit den von uns
verwendeten Cytostatika finden konnten. Die Ergebnisse sind wegen der unterschiedlichen Versuchsanordnung nicht direkt vergleichbar.
JUNGCK (1967) untersuchte die Wirkung von Trenimon auf die Aktivitat elmger Enzyme des Rattenbodens. Die 21 Tage mit Tremmon behandelten Tiere zeigten em deutliches Absmken der Aktivitat von NADH-D; SDH und LDH. Die Reduktion der SDH-Aktivitat stlmmt mit unseren an der Leber von adulten Ratten erhobenen Befunden uberein. Die anderen Werte stehen in Diskrepanz zu unseren Ergebnissen. Unsere Ergebnisse an juvenilen Tieren unterschelden sich m gewissen Punkten ebenfalls von denen, die wir bei adulten Ratten erh,elten.
Aus den relativ wenigen im Schrifttum dargelegten Ergebnissen liber die vVirkung von Cytostatika auf das Enzymverhalten in Normalgewebe und aus unseren eigenen Befunden k6nnen wir foIgern, da13 entsprechend dem verwendeten Cytostatikum in Abhangigkeit von Alter, Geschlecht und Rasse in den einzelnen Organen verschiedene Wlrkungen auf die Enzymaktivitat zu erwarten sinet Darliber hinaus zelgen unsere Untersuchungen, da13 die Leber und Niere globalen Belastungen durch Cytostatika ausgesetzt sind, che bei therapeutischen Ma13nahmen Berlicksichtigung fmden sollten.
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Anschrift del' Verfasser: Dr. D. HECKER und Doz. Dr. H. ROSE, Geschwulstklimk des Berei
ches Medizm (Chante) del' Humboldt-Universitat zu Berlin, DDR - 104 Berlin, SchumannstraJ3e
20/21.
Tafel V
Abb. 1. Rattenniere. Histochemiseher Nachweis von alkalischer Phosphatase und unspezifischer Esterase 72: 1. rt} Kontrolle; b} 3 Tage nach Behandlung mit Trenimon (Dosis a).
Abb.2. Rattenleber. Histochemischer Nachweis del' Cytochromoxidase. 72: 1. a} Kontrolle; b} 3 Tage nach Behandlung mit Tremmon (Dosis a).