Entfesselt - 09-03

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  • 7/31/2019 Entfesselt - 09-03

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    ENTFESSELTANARCHISTBLACKCROSSINFO

    vonABCBerlinundABCOrkan

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    Entfesselt Mrz - April 2009 Entfesselt Mrz - April 2009

    Anarchist Black Cross Berlin und Anarchist Black Cross Orkan sindanarchistische Zusammenschlsse von Individuen, welche sich seit einigen Jahrenzusammengefunden haben und von einem gemeinsamen Hass gegen diesekapitalistische Gesellschaft und deren Formen des Wegsperrens geprgt sind.Unser Schwerpunkt liegt primr in der Untersttzung anarchistischer und sozialerGefangener, tendenziell von allen Gefangenen die sich gegen diese Gesellschaftder Ausbeutung und Vereinzelung wehren und ihren Kampf mit emanzipatorischenInhalten fllen.Allerdings wollen wir weder eine reine Gefangenen-Untersttzungs-Gruppe sein,noch eine die sich nur mit politischen Gefangenen beschftigt, weil wir generell alleKnste, Abschiebeknste und jegliche Zwangsanstalten ablehnen: sie sind keineLsung fr soziale Konflikte, welche aus der aktuellen Organisierung der Gesellschaftentstehen. Auf Grund dessen ist es uns wichtig Antiknastarbeit zu machen, um zuverdeutlichen, wieso Zwangsanstalten besser Baulcken sein sollten.Durch die Herausgabe eines monatlichen kleinen Heftes (das Entfesselt), in Formvon Flyern und Broschren, die Organisierung von Aktionen wie Kundgebungenund Demos vor Knsten, von Infoveranstaltungen zum Thema Knastkritik undber Gefangene usw., versuchen wir in der Szene und im Rest der Gesellschaftbestimmte Diskussionen zu provozieren oder weiter zu fhren. Wir versuchen auch

    Antirepressionsarbeit in einen Kontext zu setzen indem es darum geht, dass es nichtnur wenn ein 129a gegen uns angewendet wird es wichtig ist Antirepressionsarbeitzu machen, sondern das dies immer in Verbindung mit der Infragestellung desgesamten Knastsystems gesetzt werden muss.Die Abschaffung aller Zwangsanstalten sehen wir nur mglich innerhalb einesProzesses, welcher die gesamten aktuellen Zustnde umwirft.

    Fr eine Gesellschaft ohne Knste!

    Das Entfesselt ist ein zwei-monatlich erscheinendes Antiknast-Info der AnarchistBlack Cross Gruppen ABC Berlin und ABC Orkan. Sie soll ber internationalenPrisonersupport und Antiknastkampf informieren sowie dem Aufbau einerAntiknastkultur dienen.Sollte das Entfesselt bei euch nicht ausliegen, schreibt uns (die Adressen findet ihrauf der nchsten Seite) und wir schicken euch so viele Exemplare wie ihr braucht. Wirfreuen uns natrlich ber Selbstkopierer! Wir knnen euch Kopiervorlagen schicken,die Entfesselt ist aber auch digital als pdf-Datei auf der Homepages von ABC Berlin alsDownload erhltlich.

    Einzelabos in Knste sind natrlich mglich.

    Freiheit fr alle Gefangenen! Fr den Anarchismus!

    Eigentumsvorbehalt: Diese Druckschrift ist solange Eigentum des Absenders/derAbsenderin, bis sie dem/der Gefangenen persnlich ausgehndigt worden ist. Zur-Habe-Nahme ist keine persnliche Aushndigung im Sinne dieses Vorbehaltes. Wirddie Druckschrift dem/der Gefangenen nicht ausgehndigt, ist sie dem Absender/derAbsenderin mit dem Grund der Nichtaushndigung zurckzusenden.

    V.i.S.d.P.: Aus. Bruch,Hubschrauberlandeplatz 1a, Athen

    Vorwort 4

    Oops, he did it again! - Vassilis Paleokostas wieder ausgebrochen! 6

    Brief des griechischen Anarchisten Ilias Nikolau aus dem Knast 8

    Untersttzt die Gefangenen des Dezemberaufstands in Griechenland! 9

    Solidaritt mit Giannis Dimitrakis! - Eine Chronologie 10

    Amadeu setzt den Kampf fort 11

    ber Freddy und Marcelo, libertre Gefangene kmpfend in argentinischen Knsten 12

    Weitere Repression in Zusammenhang mit dem Widerstand gegen den RNC-Gipfel 14

    Texte von Thomas Meyer-Falk 15

    Fr die Gefangenen des sozialen Krieges 19

    Neuer Knastshop in Hamburg 20

    Briefe von Nurhan und Cengiz 20

    ber normale und abnormale Brger_innen... von Gabriel Pombo da Silva 22

    La uns die Angst desertieren! 23

    Das kurze Leben des David S. 24Ein warmer Sommer...der Revolte (Belgien) 25

    Gedichte von Mustafa Atalay 26

    Neue Repressionswelle in Italien auch Gabriel ist involviert 27

    Beitrge zu den Tarnac9 29

    Festnahmen in der Schweiz 32

    Earth Liberation Front-Aktivistin Marie Mason verurteilt 33

    Gefangenenliste 34

    Solidaritt ist...schwer zu finden! 38

    Soliaktion fr Natalja auf Festival in Lbeck 39

    Kurzinfos 40

    Ein paar Eindrcke unserer Veranstaltung in Hamburg am 28.02.09 42

    Iso-Haft in Belgien 43

    Spondandemo: Freiheit fr Christian S. !!! 44

    Gruworte von Georges Cipriani 45

    Gedanken und Anmerkungen zu meinen Haftbedingungen 46

    Internetlinks 47

    teil eines briefes von david schwikal aus der jva koblenz 48Brief aus der JVA Werl 48

    Wieso sind wir gegen Knste, gegen alle Knste? 50

    Termine 52

    3

    Inhalt

    ABC OrkanInfoladen

    Hansastrasse 4824118 Kiel

    [email protected]

    ABC Berlinc/o M99 - 1. Stock

    Manteuffelstrasse 9910997 Berlin

    [email protected]

    Kontaktadressen

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    Entfesselt Mrz - April 2009 Entfesselt Mrz - April 2009

    Das Cover der entfesselt spricht fr sich. Wir er-ffnen diese Ausgabe mit einer frhlichen Nach-richt und zwar der des erfolgreichen Ausbruchs vonVaggelis Paleokostas und eines anderen Mitgefan-genen, um die Herzen aller Liebenden der Freiheitzu erwrmen. Einen Text dazu findet ihr auf dennchsten Seiten.Whrend einer die Flucht schafft, leiden weitere Mil-lionen von Menschen in den Kerkern der Herrschaft.Denn viele von ihnen, wenn es fr sie nicht mglichist zu fliehen, versuchen mindestens drinnen gegenihre Bedingungen zu kmpfen. Der Hungerstreikgegen die Strafe des Lebenslnglich in italienischenKnsten ist ein Beispiel dafr. Zum Zeitpunkt desErscheinens dieser Ausgabe wird der Hungerstreikzu Ende gehen: whrend den letzten drei Monatenhaben hunderte von italienischen Gefangenen ge-gen die lebenslngliche Strafe und den Knast imAllgemeinen gekmpft, untersttzt von solidari-schen Menschen drauen und anderen Gefangenenin der ganzen Welt, vor allem aus Spanien, wo sichmehrere den Protesten angeschlossen haben. Indeutschen Knsten haben sich Gabriel und Jos be-teiligt, um ihre Solidaritt mit dem dortigen Kampfzu verdeutlichen. Angeblich hat auch die Iv.I. auf-gerufen die Proteste zu untersttzen. Wir haben al-lerdings keine Neuigkeiten oder Berichte ber eineBeteiligung von Iv.I.-MitgliederInnen. Deshalb wer-fen wir nochmal die Frage auf, was macht ihr gera-de, was passiert bei euch?Wenn ein Protest innerhalb der Knastmauern statt-finden, wird dieser totgeschwiegen, falls dieser nichtin die ffentlichkeit getragen wird und von drau-en Untersttzung erhlt. Dazu muss sich menschaber bekennen, es reicht nicht danach einen Brief(den es auch nicht gab oder mindestens wissen wirdavon nichts) zu verffentlichen und zu sagen, eshtten sich x Gefangene den erfolgreichen Protes-ten angeschlossen. Und, dass die Repression da ist,gerade wenn jemand eingesperrt ist, will niemandklein reden. Aber die Kmpfe mssen sichtbar ge-macht werden, von drauen und von dri nnen, beideParteien mssen die Rolle bernehmen, dafr zu

    stehen, wofr mensch kmpft. Wenn mensch denkt

    fr ihn/sie wre dies zu riskant ist es wahrscheinlichbesser, dass zu unterlassen, als zu denken menschwrde etwas tun, auch wenn niemand anderes, au-er die paar Involvierten, etwas davon mitbekom-men. Offene Fragen, vielleicht kommen auch Anre-gungen aus unterschiedlichen Richtungen, um malwieder die Debatte, die letzten Sommer whrendund in Folge des Hungerstreiks begonnen wurde,zu entfachen...

    Wir mchten auch kurz erwhnen, dass es in italie-nischen Abschiebeknsten whrend der letzten Mo-nate zu heftigen Revolten seitens der eingesperrtenMigrantInnen gekommen ist. Solche Ausschreitun-gen sind dort eigentlich keine seltene Sache, habenaber in letzter Zeit wieder extrem zugenommen.Die Spitze davon ist die Revolte von tausend Mi-grantInnen in dem Aufenthaltszentrum (sie dr-fen das Zentrum verlassen, werden aber von denBullen berwacht und drfen die Insel nicht verlas-sen, whrend sie auf ihre Abschiebung warten...)auf Lampedusa, einer Insel Siziliens, welche diemeisten MigrantInnen, die nach Italien kommen,empfngt. Sie steckten einen Teil des Zentrumsin Brand und es kam leider auch zu Selbstverlet-zungen seitens einiger Revoltierender, einige letzteSchreie gegen die Monstrsitt solcher Institutio-nen und des fehlenden Interesses des Groteils derGesellschaft. Whrend der Proteste kam es auchzu einer relativ groen Solidaritt seitens der dor-tigen AnwohnerInnen (was auch damit zu tun hat,dass die Insel durch solche Prsenz kaum nochTouristInnen anlockt).Wir vergessen nicht die Wutausbrche und die Situ-ation unserer Brder und Schwestern, die in solchenKnsten leiden und werden uns darum bemhenauch darber mehr zu berichten. Denn wir verste-hen die entfesselt als ein Medium, welches nichtnur von Knast/antiknast spricht, sondern eines, woauch andere Zwangsanstalten thematisiert werden,sowie als eines, wo auch Platz fr Texte, die sichmit dem allgemeinen anarchistischen Kampf be-schftigen, zu finden sind.Denn der Kampf gegen Knste ist nur ein Teil unse-

    res Kampfes gegen die Gegenwart.

    In dieser Nummer geht die Debatte ber die Soli-daritt mit den Tarnac 9 und im generellen weiter.Diese Debatte ber Wege der Solidaritt findet ei-gentlich schon seit Jahrzehnten statt. Eine Debattedarber wie mensch sich mit Repression/Staatsan-griffen auseinandersetzt, welche die besten Wegesind dem etwas entgegen zu setzen, was Begriffewie schuldig/unschuldig fr uns als AnarchistInnenund RebellInnen bedeuten. Und jedes Mal zeigt sich,wie die verschiedenen Auffassungen aussehen, diedann zwangslufig zu Spaltungen fhren, manch-

    Vorwort

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    mal zur Aufkndigung politischer Beziehungen oderFreundschaften (oder auch von beidem). Es ist abereine notwendige Debatte, egal zu welchem Preis,denn wir denken, dass es der beste Weg bleibt auseiner defensiven Position rein in eine offensive zugehen. Uns vom Staat nicht die Wege diktieren zulassen und unsere eigene Ausrichtungen, Formenund Themen zu finden um den Zirkel Repression/Antirepression aufzubrechen.Mit diesen Gedanken sind wir auch in Hamburg zuGast gewesen, um eine Diskussion darber anzu-stacheln, wie ihr in einem kleinen Report der Veran-staltung lesen knnt. Wir werden diese Diskussionauch in anderen Stdten anbieten, denn wir f reuenuns darber, wenn Auseinandersetzungen darberstattfinden. Es kann uns alle nur strken.Zum Fall Tarnac 9 gab es viele Stimmen, diescharfe Kritik an der Ausrichtung der Soliarbeit for-muliert haben (Kritiken, die wir als sehr berechtigtempfinden), aber keine Antwort von der Seite derBetroffenen oder des Solikreises, in welcher dazuStellung genommen wurde.Als wir ein paar Kritiken in der anfnglichen Zeit

    der Solidarittsarbeit im mg-Verfahren verffent-licht hatten, gab es danach einige Reaktionen ausdem Kreis der Betroffenen und auch von einem Be-troffenen selbst, was wir, jenseits aller Unterschie-de, begrt haben, weil auch mit unterschiedlichenMeinungen berhaupt erst einmal diskutiert wurde.Dazu kurz die Anmerkung, dass der Prozess gegendie drei Genossen immer noch luft, besucht diesenund schafft Momente der Solidaritt.Ob solche Diskussionen in Frankreich stattfinden,wissen wir leider nicht, denn wir bekommen nurvon einer Seite zu hren (und wi e gesagt, schlieenwir uns den ausformulierten Kritiken an).Und wie so oft, wer schweigt, stimmt auch zu, ober/sie will oder nicht...

    Wir renovieren hier den Aufruf uns Beitrge zuschicken, die sich mit Themen wie Knast und Wegeder Solidaritt befassen. Wir wrden uns darberfreuen, wenn die entfesselt verstrkt als Diskussi-onsmedium von anderen Leuten benutzt wird, aufbeiden Seiten der Mauern. Dieser Aufruf gilt be-sonders den Gefangenen, die einen Platz fr ihreStimme hier drin finden mchten, egal ob anonymoder nicht. Schickt uns einfach eure Anregungenentweder an die Emailadresse oder per Brief. Dasgleiche gilt fr bersetzungen, wir sind immer frohdarber, wenn ihr uns ein bisschen entlastet :)

    Und da wir gerade bei dem Thema sind: nach ln-gerer Zeit, in welcher wir nun die entfesselt alszwei-monatige Zeitung herausbringen, sind wir ge-zwungen euch zu sagen, dass wir uns demnchsteine kleine Pause nehmen bzw. dazu gezwungenwerden. Denn die nchste Ausgabe wird in etwadrei Monaten anstatt der blichen zwei erscheinen,da wir gerade an verschiedenen Projekten arbeiten(etwa der Italien/Deutschland/Griechenland-Hun-gerstreikbroschre), die unsere Zeit in Anspruchnehmen, jenseits von all den blichen Notfllen,die unsere aktive Intervention im Alltag brauchen.Aber danach wird die entfesselt wieder regulr im

    Zweimonatsrhythmus erscheinen, denn wir ver-suchen die Kritik, die sagt, AnarchistInnen wrennicht fhig an kontinuierlichen Projekten zu arbei-ten, zu bekmpfen.

    Schlielich noch ein Ereignis, welches es wert istbenannt zu werden: wie aus den brgerlichen Me-dien zu erfahren war, ist ein bekannter Folterer derUS-Armee, welcher im Jahr 2004 in Abu Ghraibirakische Gefangene mit einem Hund (und vielenanderen Methoden) gefoltert hatte, neulich in Af-ghanistan bei einem Einsatz mit seinem Hund ab-gekratzt. Wenn wir glubig wren, knnte menschfast an eine gttliche Rache denken...

    Die letzten Worte wollen wir unserer Genossin An-drea aus Berlin widmen, die Ende Januar aus demKnast rausgekommen ist, um wieder mit uns, drau-en, gegen den Kapitalismus und die herrschendenZustnde zu kmpfen: Willkommen zurck! Du hastuns sehr gefehlt!Wir gren auch alle anderen: Christian, der aufseine (hoffentlich) frhzeitige Entlassung wartet

    (denn die Schikanen gegen ihn werden nicht we-niger...), Gabriel, Jos, Thomas, Marco und all die,die auf der anderen Seite der Mauern nicht aufge-hrt haben fr ein wrdiges Leben zu kmpfen.

    Kurz vor dem Redaktionsschluss erreichte uns nocheine andere erfreuliche Nachricht. Und zwar wur-den Ende Februar in der ostfranzsischen StadtNancy bei einem Einbruch vier Laptops entwendet,auf denen sich Daten zum sich im Bau befindendenKnast befanden. Die Daten sind detaillierte Baupl-ne, Informationen zu den geplanten Sicherheitsvor-kehrungen und smtliche digitale Zugangscodes,welche bei dem in drei Monaten fertig gestelltenKnast zur Anwendung kommen sollten. Die Com-puter befanden sich in den Bros der fr den Baubeauftragten Baugesellschaft Eiffage. Der geplanteErffnungstermin wird in aller Voraussicht verscho-ben werden.Diese Aktion weckt bei uns natrlich Erinnerungenan die Os Cangaceiros, welche in den spten 80erJahren in Frankreich aktiv war und eine Vielzahlvon Knastneubauten manipuliert haben. MehrereSchriften von ihnen sind in Bchern zu finden, einTeil ist auch i n deutscher Sprache verfgbar.Wenn wir die Neubauten schon nicht komplett ver-hindern knnen, ist es wenigstens mglich den Preisdafr in die Hhe zu treiben und die Fertigstellungzu verzgern.

    Dazu in den Worten von Os Cangaceiros:At the dawn of industrialism,

    factories were modeled after prisons;in its twilight, prisons are now modeled

    after factories.

    Hubschrauber fr alle Knste fr niemand!

    ABC Berlin

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    Entfesselt Mrz - April 2009 Entfesselt Mrz - April 2009

    Ungewhnlich fr das Entfesselt, aber ab und angibt es auch mal einen Jubelartikel. Denn wir habenleider nicht oft die Mgli chkeit euch ber Ausbrcheinnerhalb des europischen Raumes zu berichten.Diesmal ist es aber anders. Denn wie wir aus derbrgerlichen Presse erfahren durften, hat es Vas-silis Paleokostas, einer der berhmtesten Verbre-cher Griechenlands, schon wieder geschafft demdummem griechischen Knastsystem einen Scherzzu spielen. Vassilis ist am 22.2.09 dank der Hilfe ei-nes Hubschraubers aus dem HochsicherheitsknastKorydallos in Athen, zusammen mit einen Mitgefan-genen - Alket Rizai, entkommen. Und das nur ei-nen Tag bevor sich beide vor einen Gericht fr ihrenletzten gemeinsamen Ausbruch per Hubschraubervor drei Jahren htte verantworten sollen. Vor dreiJahren wurde der Hubschrauber von Vassiliss Bru-

    der Nikos organisiert, diesmal laut Presse von ei-nem unbekannten Paar, auerdem wurden von denSchlieern auf den Hubschrauber geschossen, wasmit einer Maschinengewehrsalve beantwortet. DerHubschrauber wurde spter in der Umgebung vonAthen aufgefunden. Von dort hatten sich die Entflo-henen und die BefreierInnen mit dem Pkw aus demStaub gemacht.ber solch einen erfolgreichen Ausbruch kannmensch nicht viel sagen, als die Hnde fr die bei-den zu klatschen und hoffen, dass sie weiter in Frei-heit bleiben. Die lange Geschichte von Vassilis ge-ben wir hier zum Teil wieder, sowie ein paar Stzezur Gesamtsituation in Griechenland

    Etwas zur Vorgeschichte...

    Seit dem Zerfall des Ottomanischen Imperiums imJahr 1821 hat Griechenland hat eine populre undgroe Tradition von sozialen und proletarischenRubereien als Antwort auf Ausbeutung und Armut.Diese Leute holen das Geld zurck aus den Hndender Reichen, Obrigkeiten, Ausbeuter, und gewhn-lich verstecken sie sich in den Drfern. Auch durchdie Hilfe der Menschen von dort, welche jegliche

    Kooperation mit der Polizei ablehnen und Schutzvor den Obrigkeiten bieten. Die Rebellen hattenimmer gute Verbindungen zu den Menschen undhaben immer fr die Gemeinschaft in Form von fi-nanzielle Untersttzung fr Bildung, medizinischeBehandlung und Schutz vor der Polizei gesorgt.Innerhalb einer solche Realitt, die beiden BrderVasilis und Nikos, und viele andere auch, welchein einer armen Familie aufwuchsen, konnten nochtlnger die Ausbeutung und Unterdrckung von sichselber und an den Menschen in der Gesellschaft umsie herum ertragen. Deshalb haben sie ihre Lebenin den letzten 30 Jahren als soziale Rebellen gelebt.Sie haben zahlreiche Bankberflle, Autodiebsth-le und Fluchten aus dem Knast hinter sich, habenallerdings nie schicke Klamotten getragen, teureAutos gefahren oder in Luxushusern gelebt. Tat-schlich haben sie einmal das Geld zurck auf den

    Boden der Bank geworfen, weil es zu wenig fr dieSache, fr die sie es brauchten, war.Alles wurde immer dorthin gesendet, wo es gebrau-chen wurde und mit den Leuten, die ihnen Schutzgeboten und niemals ein Wort gegenber der Polizeiber sie ausgesprochen haben, verteilt. Innerhalbdieser ganzen Jahren haben sie immer im Unter-grund gelebt. Von Zeit zu Zeit wurden sie von derPolizei gefunden, was dann zu einer Flucht in einemgestohlenem Auto oder unglcklicherweise zu einerZeit im Knast fhrte. Allerdings sind sie immer wie-der geflchtet mit Hilfe des anderen.Durch den 80igern fhrten sie eine Vielzahl vonBankberfllen durch, bis zu dem Zeitpunkt andem Nikos 1988 im Knast landete. Aber nach nurein paar Tagen wurde er von seinem Bruder wiederbefreit, indem dieser ein Seil ber die Knastmauer

    geworfen hatte.Zwei Jahren spter im Februar 1990 wurde Nikoserneut verhaftet. Einen Monat spter wurde auchVasilis zusammen mit ein Kumpel verhaftet, als erversuchte seinen Bruder zu befreien. Dies war daseinzigste Mal, wo beide gleichzeitig im Knast sa-en.Im Dezember 1990 schaffte es Nikos aus dem Ko-rydallos Knast in Athen zu flchten, whrend eingroer Knastaufstand stattfand. Die Polizei suchtedie nchsten 16 Jahre nach ihn, bis er 2006 nacheinem Verkehrsunfall endgltig verhaftet wird. Seit-dem war er nicht mehr drauen.1991 schaffte es Vasilis aus dem Halkida Knast zuflchten. Er raubte 1992 eine Bank aus und im Jahr1995 vollzogen beide zusammen einen Bankber-fall in Athen. Im Dezember 1995 werden beidenbeschuldigt den Prsidenter der Halvas-Fabrik,Haitoglou, entfhrt zu haben. Angeblich haben sieihn nach vier Tage und der Zahlung von 750.000Euro Lsegeld laufen lassen. Der Innenminister er-lie einen Haftbefehl, welcher im Fernsehen, Radiound auf Plakate verffentlicht wird, inkl. ihren Bil-dern und einer Belohnung in der Hhe von genau750.000 Euro.

    1996 wurde Vasilis von der Polizei in Korfu ausfindiggemacht, aber mit Hilfe eines Autos schafft er esvon ihnen zu flchten. Zwei Jahre spter findet einehnliche Situation im Yanitsa statt und nochmal imMai 1999. Nikos gelingt ein spektakulrer Ausbruchmittels eines Hubschraubers im Jahr 2003. Mit Hilfeeines Fahrrades raubt Nikos 2006 eine Bank in Veriaaus. Seine Flucht wird garantiert, weil die gesam-te Polizei mit dem Schutz des Prsidenten, welchergerade einen Besuch in den Straen Verias abhlt,beschftigt ist. Im September 2006 wird er bei ei-nen Autounfall erneut verhaftet, nach vielen Jahrenin einem Leben flchtend und sich versteckend.

    Die letzte Inhaftierung...

    Am 20. August 2008 wurden vier Personen inGriechenland verhaftet mit dem Vorwurf der Ent-

    Oops, he did it again!Vassilis Paleokostas wieder ausgebrochen!

    fhrung, bei welcher auch hohes Lsegeld gezahltwurde. Die Verhafteten sind Polikarpos Georgia-dis, Vasilis Paleokostas, Vagelis Hrisohoides undeine vierte Person, von welcher sich die anderendistanziert haben aufgrund seines Verhaltens. Am21. wurden vier weitere Personen verhaftet, weilsie eine untergeordnete Rolle bei der Entfhrunggehabt haben sollen.Die Person, welche entfhrt wurde, ist Georgos My-lonas, der Chef der Union der Schwerindustriebesit-zer (Arbeitgebergewerkschaft). Er sorgte vor nichtall zu langer Zeit fr Aufregung, indem er lngereund hrtere Arbeitszeiten in den Fabriken befrwor-tet hatte. Er wurde nach einer Zahlung von 10 Mil-lionen Euro wieder freigelassen, welche von seinerEhefrau arrangiert wurden.Die Medien und die Polizei behaupten das Geld ht-te dem Ziel gedient Nikos Palaiokostas, VasilissBruder, aus dem Knast zu befreien. Bilder in derbrgerlichen Presse zeigen eine groe Anzahl vonMunition, Kalashnikovs, einer Panzerfaust, Spreng-stoff, kugelsicheren Westen und Anzge der Feuer-wehr, welche bei der Verhaftung gefunden worden

    sind. ber die Menge des gefundenen Geldes gibtes jeden Tag eine neue Geschichte. Der Polizei sagt,dass ein Groteil der Scheine markiert war und inber 150 verschiedenen Lokalitten gefunden.

    Der Geschichte und die Traditionen von Vagelis, Va-silis und Polikarpos in diesem Fall, genauso wie dievon viele anderen Schlgen gegen die Unterdr-ckung und Ausbeutung der Menschen, sind wichtigum den Kontext dieser Entfhrung und der sozia-le Rebellion innerhalb der alltglichen Realitt - zuverstehen.Polikarpos und Vagelis sind seit Jahren beliebteGenossen in der anarchistischen Szene und warensehr aktiv. Polikarpos wurde erstmals am 16. April2004 ins Gefngnis gesteckt, weil er versucht hattemittels eines Zeitznders ein Fahrzeug einer Sicher-heitsfirma gehrte in Brand zu stecken. Daraufhinversuchte die Polizei ihn wegen versuchter Brand-stiftung und Besitz von Sprengstoff anzuklagen,aber sie konnten nichts beweisen. Er sa ein Jahr inUntersuchungshaft, wurde fr schuldig erklrt, kamaber frei, weil das Urteil ein Jahr Knast war und er

    dieses schon abgesessen hatte.Whrend seines Knastaufenthalts lernte er Vasiliskennen. Die brgerlichen Medien beschuldigt ihn zudieser Zeit auerdem ein Bankruber zu sein, diespasst es ihnen heutzutage gut, um zu deklarieren,dass Vasilis Polikarpos ausgewhlte, um sich ander Verschwrung zur Befreiung seines Bruders Ni-kos zu beteiligen. Diese zwei Brder sind seit Jahr-zehnte berhmte Legenden in Griechenland.

    Die gegenwrtige Situation...

    Polikarpos sitzt immer noch im Knast und beteiligtsich aktiv an der Diskussion mit den GenossInnendrauen, sowie an den Protesten, die drinnen statt-finden (zwei Beitrge von ihn werden in unsererdemnchst erscheinenden Broschre ber die Hun-gerstreiks in den Knsten in Italien, Deutschlandund Griechenland zu finden sein).

    Der Ausbruch hat fr Unruhe innerhalb der Rei-hen der Knastleitung und der griechischen Justizgesorgt und etliche Kpfe wurden fallen lassen.

    Knastausbrche durch die Anwendung von (ent-fhrten oder gemieteten) Hubschraubern sind keineneue Erfindung, es gab innerhalb der letzten Jahrenschon einige, z.B. in franzsischen Knsten. DerWeg zu solch einer erfolgreichen Ausbruchsmetho-de wurde aber von der IRA (Irish Republican Army)erffnet. Am 31.10.1973 schaffte es ein Kommandoder IRA auf dem Hof des Mountjoy-Knastes in Du-blin mit einen entfhrten Hubschrauber zu landenund verschiedene IRA-Kmpfern zu befreien. Bevordie Schlieer realisieren knnten was passierte, warder Hubschrauber schon wieder weg. So einfachgeht das.

    In Zeiten der Finanzkrise und der des Kapitalismusknnen wir uns und den Gefangenen nur wnschen,dass Hubschrauber bald zu billigen Preisen auf Ebayoder sonst wo zu finden sein werden...

    Hubschrauber fr alle Knste fr niemanden!

    ABC Berlin

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    Vassilis nach der Verhaftung am 22.08.2008 auf dem Weg zum Haftrichter

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    Entfesselt Mrz - April 2009 Entfesselt Mrz - April 2009

    In der Nacht zum 13.1.09 explodierte ein Brand-satz, welcher aus Benzin und Gasflaschen bestand,vor dem Eingang der Polizeiwache Evomos (Thes-saloniki) und beschdigte die Fenster und die Lf-tungsanlage. Kurz danach verhaftete die Polizei den26-jhrigen Ilias Nikolau, wohnhaft in der nherenUmgebung der Polizeiwache.Ilias war zusammen mit Dimitra Sirianou undKostakis Halazas ber ein Jahr auf der Flucht in derFolge der Ermittlungen gegen Vaggelis Botzatzis(aufgrund verschiedener Brandanschlge). Vagge-lis wurde am 13.10.08 freigelassen. Am 14.11.08,whrend der Unruhen aufgrund des Hungerstreiksin griechischen Knsten, stellten sich die drei Ge-suchten in einer Polizeiwache in Thessaloniki. Be-gleitet wurden sie dabei von ber hundert Genos-sInnen. Am folgenden Tag entschied der Richter sie

    bis zum Prozess freizulassen.Nun wurde Ilias angeklagt wegen Explosion(Schwerverbrechen), Herstellung und Mittter-schaft (Vergehen). Weder erkennt Ilias die An-schuldigungen an, noch gibt er zu auf frischer Tatertappt worden zu sein. Bei der Durchsuchung derWohnung seiner Eltern und an seinem Arbeitsplatzwurde nichts gefunden und noch weniger von den30 Bullen, die das Haus seiner Gromutter in derNhe von Thessaloniki strmten.

    Ilias wurde in den Knast Amfissa gebracht,dies istein Brief, den er schrieb:

    Am Morgen des 13.1.09 wurde ich im westlichenTeil von Thessaloniki verhaftet, aufgrund der An-schuldigung eine Explosion vor dem Kommissariatder lokalen Polizei verursacht zu haben. Das pas-sierte genau ein Jahr nachdem eine unglaublicheAnklage gegen mich und drei meiner GenossInnenim November 2007 erhoben wurde. Diese Anklagehat einen von uns in den Knast gesteckt und dreiweitere zur Flucht gezwungen. Damit begann dieHexenjagd. Wir haben einen ziemlich heien De-zember erlebt und eine Situation, die das klare Feh-

    len des sozialen Komforts aufgezeigt hat. SozialenKomfort gibt es nur in der Einbildung derjenigen,die es nicht verstehen, dass die Realitt durch ei-nen andauernden Brgerkrieg geprgt ist. Mit denRevolutionrInnen auf der einen Seite, die gegendieses demokratische Ungeheuer rebellieren. Zornhat den Platz der Angst eingenommen und anstel-le der Zustimmung ist die Negation getreten. DerMonat Dezember hat den Unterschied zwischendenjenigen, die Macht ernhren, verteidigen undaufrechterhalten und denjenigen, die sie bekmp-fen verdeutlicht, als ein Zeichnen der kommenden

    Zeiten.Jetzt ist aber nicht die Zeit, um mit Nostalgie aufdie Asche zurckzublicken, welche der Aufstandauf seinem Weg hinterlassen hat. Wir mssen dieZeichen der Gegenwart und der Zukunft verstehenund aussprechen. Die Zeichen, die schon existie-ren und die, die noch kommen werden. Die Zeicheneines unnachgiebigen sozialen Krieges. Wenn wirmchten, dass die Momente der Negation, Revolteund Wrde gelebt werden, mssen wir unsere Hn-de sowie unsere Wnsche aufrsten, entschlossenund organisiert. Ich widersetze mich denjenigen,die denken, dass Demonstrationen und friedlicheProteste einen Unterschied machen werden, weilsie schon tot sind. Sie schleppen ihre Krper dieStraen entlang, innerhalb der Gewerkschaften undin den luxurisen Bros ihrer Chefs.

    Ich nehme den Platz an der Seite derjenigen ein,die von der Wrde inspiriert werden und ich schlie-e mich denjenigen an, die den unverwechselbarenWillen der Zerstrung dieses gigantischen Friedhofsfhlen. Der Knast ist ein zustzlicher Schritt zur Re-bellion. Ein Schritt in Richtung der Inhaftierung. Analle diejenigen, die denken mich beseitigt zu haben,die denken uns beseitigt zu haben...fr mich undmeine GenossInnen funktioniert es genau anders-herum! Weil so lange es Gefangene des Krieges ge-ben wird, werden wir weiterkmpfen.

    Ich bersende eine warme und rebellische Umar-mung allen meinen GenossInnen und Revolution-rInnen in aller Welt.Freiheit fr alle Gefangenen des Aufstandes.Freiheit fr Yannis Dimitrakis, Polis Georgiadis undGiorgos Voutsi-Bogiatsis sowie alle Geiseln der De-mokratie.

    Ilias Nikolau, Knast Amfissa, 19.1.09

    Brief des griechischen AnarchistenIlias Nikolau aus dem Knast

    Uns erreichte ein Brief aus dem Athener Knast Ko-ridallos, in dem sich Apostolis, ein aktiver Anarchistaus Athen mit anderen wegen des Aufstands In-haftierten zu Wort meldet. Er ist gerade Schikanenseitens der Knastleitung ausgesetzt, die ihm anar-chistisches Infomaterial, das ihm zugeschickt wur-de nicht aushndigt.

    ber 270 Leute wurden whrend des Aufstandsfestgenommen, 67 davon wurden daraufhin auchverhaftet, 50 Migrant_innen wurden innerhalb derersten drei Tage verhaftet und schnell zu 18 Mona-ten Freiheitsstrafe verurteilt, danach sollen sie ab-geschoben werden.19 Personen, die in Larissa festgenommen wurden,werden aufgrund des Anti-Terror Paragraphen an-geklagt.

    Auerdem wurde am 13.01. ein anarchistischer Ge-nosse in Thessaloniki festgenommen, der beschul-digt wird einen Brandanschlag auf eine Polizeiwa-che verbt zu haben (sein Brief ist auch in dieserEntfesselt zu lesen).Am 24.1.09 fand in Athen eine Demonstration inSolidaritt mit den Gefangenen des Aufstandesstatt. Ungefhr 3.000 Genoss_innen sind durch dieAthener Innenstadt gezogen whrend in mehrerenStdten Griechenlands hnliche Demonstrationenstattfanden. In Athen kam es dabei wieder zu Riots,nachdem die Polizei die Demo attackiert hatte unddie Leute dies mit Steinen und Mollies beanworte-ten. Die Polizei belagert in Folge dessen den Stadt-teil Exarchia noch einige Stunden und versucht die-sen wieder unter Kontrolle bringen.

    Was Repression angeht, besteht gerade ein Man-gel an Informationen aus Griechenland, da sich dieLeben der Genoss_innen an anderen Orten als vorihren Rechnern abspielen worber wir natrlichauch froh sind. Wir wnschen al len Gefangenen vielKraft, um ihre Zeit hinter Gittern schnell hinter sichzu bringen und rufen alle solidarischen Menschenauf, nicht zu vergessen, dass auch wenn bei uns

    keine feurigen Bilder aus Griechenland ankommendies nicht bedeutet, dass die Ereignisse zu Endesind: dabei mssen wir auch die Gefangenen un-tersttzen!Deshalb: Soliparties, Briefe und Aktionen. Alles,was auf die dortige Situation aufmerksam macht istvon den Gefangenen erwnscht!

    Mehr Infos findet ihr hier:

    www.greeceriots.blogspot.comwww.tearsandangergreece.blogsport.dewww.abc-berlin.netwww.athens.indymedia.orgwww.directactiongr.blogspot.com

    Falls ihr Apostolis und den anderen Geld sendenwollt kontaktiert uns (per Brief oder Mail). Wir km-mern uns dann darum das Geld weiterzuleiten.

    ABC Berlin

    Botschaft der Gefangenen des Aufstands,die im Knast Koridallos, Athen, eingesperrt sind.

    Wieder einmal hat der korrupte und arrogante Staatdurch ein abgekartetes Spiel und Falschaussagender Bullen, Leute mit konstruierten Vorwrfen inden Knast gesteckt. Das verbunden mit dem Ver-such den sozialen Zorn zu unterdrcken.Der Staat sprt nmlich den Boden unter den Fenzu verlieren, da er mit dem Zorn der Leute berflu-tet wurde, der unter anderem auch in Folge desMordes an Alexis zum Vorschein kam.Um ein Beispiel fr diese Situation zu nennen: Zwi-schen Verhr und Entscheidung ber unsere even-tuell anstehende U-Haft haben wir die Bullen gehrtwie sie ber den Korridor gebrllt haben: Bringtden Knasttransporter her, damit wir sie schnellerrausbringen knnen.Es ist klar, dass die Entscheidung ber unsere In-haftierung schon lngst getroffen war. Neben derRepression wurde auch die Presse genutzt um dieffentliche Meinung gegen jegliche Art des Kampfeszu richten besonders in einem Fall, da das Aus-ma eines Aufstands erreicht ist.Wir, die Gefangenen der sogenannten Justizvoll-zugsanstalt Koridallos, fhlen die Notwendigkeit zusagen, dass unsere Krper eingesperrt sind, unsere

    Gedanken und Geister jedoch weiter dem Kampf,der drauen tobt, verbunden sind.

    Apostolis Kiriakopoulos und andere Eingesperrteaufgrund der Aufstnde vom Dezember 2008A Wing Koridallos Knast24. Dezember 2008

    Schreibt Apostolis (er versteht englisch):

    Apostolis KiriakopoulosA Pteriga

    Filakes Koridallou18110 Koridallos

    AthensGriechenland

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    Untersttzt die Gefangenen desDezemberaufstands in Griechenland!

  • 7/31/2019 Entfesselt - 09-03

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    Entfesselt Mrz - April 2009 Entfesselt Mrz - April 2009

    Der Anarchist Giannis Dimitrakis wurde am 16.Januar 06, nachdem er von Bullen angeschossenund schwer verletzt wurde, nach einem Bankraubfestgenommen. Drei weitere Genossen schafften eszu entkommen. Der 29-jhrige Giannis verbrachtemehrere Monate im Krankenhaus bevor er in denKnast nach Athen kam.Giannis war Objekt der hysterischen Medien als ei-ner der Notorischen Bankruber in Schwarz (no-torious gang of robbers in black). Er wurde auer-dem wegen 7 weiteren berfllen und sogar wegenMord angeklagt. Diese Punkte wurden aber fallengelassen. Seit seiner Festnahme gab es eine groeSolidaritt, Anarchisten demonstrierten, machtenSoli-Plakate und Angriffe in Solidaritt mit ihm.Am 21. Mrz 2007 fand dann ein zweitgiges Soli-Event an der Universitt von Athen mit Diskussi-

    onen, Video-Projektionen und einem Solikonzertstatt. Die Universitt wurde in Solidaritt mi t Gian-nis und anderen Gefangenen besetzt.Am 23. April 2007 brach ein Knast Aufstand in Ma-landrino aus, nachdem Giannis von Wachen ange-griffen wurde. 200 Gefangene, bewaffnet mit Me-tallrohren und Steinen, kletterten auf die Dcherund leisteten dort 4 Tage ohne Verpflegung Wider-stand. Ein Knast gebaut fr 260 Gefangene belegtmit 440 in groer Hitze.In der Nacht demonstrierten 100 Anarchisten vordem Haus des griechischen Prsidenten in Solidari-tt mit Giannis und allen Gefangenen im Aufstand.Dieser breitete sich auf weitere 10 Knste in Grie-chenland aus, untersttzt von tausenden Anar-chist_innen auf der Strae und vor allem vor denKnsten. Der Aufstand wurde vom Militr nieder-geschlagen. Viele Gefangene wurden schwer ver-letzt. In der Zeit des Aufstandes gab Giannis auchein Interview den Medien, die den besetzten Knastbelagerten.Das Gerichtsverfahren in Giannis Fall startete An-fang Juli 2007. Es wurden extra Polizei-Einheitenins Zentrum Athens postiert aus Angst vor Riots inSolidaritt.

    Am 3. Juli wurde das griechische Kulturministeri-um mit Molotow-Cocktails und Steinen angegriffen,whrend Minister Voulgarakis im Gebude war. SeinAuto wurde vor dem Haus zerstrt. Die Bodyguardsdes Ministers schossen auf Genossen, diese konn-ten aber entkommen. Am nchsten Tag wurdenBanken auf Zypern zerstrt und angezndet. Es be-kannte sich a communist sect in solidarity to G.Dimitrakis.In Athen wurden mehrere Regierungsgebude mitHammern entglast, Flugbltter und gesprhte Pa-rolen, welche die Freiheit fr Giannis fordern wur-den hinterlassen.Am 4. July besetzten einige Anarchisten das StudioRadio Sport und spielten eine 15 min lange Solida-ritts CD fr Giannis und andere Gefangene. BeimVerlassen des Studios werden 17 GenossInnen fest-

    genommen aber spter wieder frei gelassen.Am 5. Juli wurde die Bank, die von Giannis undseinen GenossInnen ausgeraubt wurde als Reakti-on auf die massive Polizeiprsents angegriffen. Amselben Tag wurden weitere Banken zerstrt und So-lidarittsflugbltter hinterlassen. Die nchsten Tagegab es weitere Soliaktionen in diesem Stil.Giannis Dimitratis wurde zu 25 Jahren verurteilt.Darauf folgten viele Soliaktionen berall, auch in-ternational. Giannis sitzt jetzt im Alikarnassos Knastauf Creta. Es geht ihm krperlich einigermaen gutobwohl seine eine Seite nicht belastbar ist aufgrundseiner Schussverletzungen.

    Schreibt Giannis:

    Giannis DimitrakisFylakes Alikarnassos

    Iraklio,CreteGriechenland

    Amadeu setzt den Kampf fortNoch weniger als einen Monat bis zur Stunde derWahrheit.Weniger als einen Monat bis die Frist fr das Abkom-men ausluft, dass der Genosse Amadeu Casellasletzten November als Ergebnis des Kampfes, den ervergangenen Sommer gefhrt hat, mit der Knastlei-tung unterzeichnet hat. Mit Verfall dieser Frist wer-den sie anfangen mssen ihm Erlaubnisse zu ertei-len, um dann einen neuen Prozess (dritte Instanz)erffnen zu knnen. Bald werden wir wissen, ob siezu ihrem Wort stehen werden oder ob es einfach nureine Verarschung war.Whrend dieser Monate hat Amadeu es weder aufge-geben ber seine Knastsituation noch ber die seinerMitgefangenen zu berichten. Auf Grund dessen hater von einigen Knastangestellten Besuch bekom-men, die versucht haben ihn dazu zu bringen vonseiner kmpferischen Haltung nach auen Abstandzu nehmen. Sie haben versucht ihn zu erpressen, zu

    korrumpieren, zu provozieren und einzuschchtern.Sie haben es jedoch nicht geschafft.

    Der letzte Besuch, den er erhalten hat, war der vomKnastleiter von Brians 2, einer der juristischen In-stanzen der Generalitt und noch ein paar anderenEinzelpersonen. Dieses Mal haben sie mit groerErnsthaftigkeit versucht ihm von der Verffentli-chung seiner Kommuniques abzuraten zu seinemWohle. Amadeu hat sich nicht einschchtern lassen.

    Hiermit verffentlichen wir sein Kommunique, in demer alle solidarischen Menschen dazu einldt ihn beiseinem ersten Ausgang zu begleiten. Der Grund istein Prozess aufgrund seines Beschftigungsverhlt-nisses mit dem Knast Quatre Camins, wo er vor demHungerstreik letzten Sommer eingesperrt war.Hier war er als Arbeiter ttig gewesen. Allerdingshaben sie ihn nach 38 Tagen Hungerstreik, als sieihn ins Krankenhaus Terrassas gebracht haben, feigegefeuert, anstatt sein Recht anzuerkennen, wonacher, da er krank war, Arbeitslosengeld htte bekom-men mssen. Ohne fr seine TFR aufzukommen oderohne sich jeglichen Unrechts dieser Vorgehensweisebewusst zu sein.

    berdies hinaus wurden innerhalb der letzten Wo-chen all jene, die ihn besucht haben, wie auch seineAnwltin unter Druck gesetzt. Letzten Samstag ha-ben die Schlieer von Brians 2 Probleme gemacht,als Amadeu seiner Anwltin einige Dokumente ge-ben wollte. Zusammen mit einer anderen Person,die kein_e Angehrige_r von Amadeu war, wurde sievon vier Schlieern angehalten und bedroht, wobeisie auch versucht haben, ihr die Dokumente abzu-nehmenDeshalb denken wir, dass es wichtig ist, dass Ama-deu nicht alleine bleibt und dass wir, als solidarischeMenschen, weiter an seiner Seite stehen, um daraufzu achten, dass das Abkommen respektiert wird.Und welch bessere Gelegenheit hierfr gibt es alsdiesen Prozess.

    Antiknast Koordination Barcelona, 24.1.09

    Amadeus Kommunique

    Am 03.03.09 werde ich zwei Prozesse haben. Einmalum 11:45 Uhr morgens und dann um 11:50 Uhr dennchsten. Sozialgericht No.1 Barcelona, Ronda SanPedro No.41, zweiter Stock.

    Es sind Prozesse gegen den Knast Quatre Camins.Die Beschuldigten sind Custodio saldan Bonilla,Knastsleiter, und Domnigo Estrepa Camacho, vonder Knastsverwaltung, der fr die nchtlichen Arbei-ten im Knast zu der Zeit verantwortlich war, in derich dort gearbeitet habe.

    Die Anschuldigungen betreffen darber hinaus dasCIRE- Zentrum fr eine Initiative nach der Reinte-gration - die Dienste der Generalitt wie auch dieJustizabteilung.Ich beschuldige all diese Leute und Teilhaber an

    der Ausbeutung der unbegrndeten Kndigung, derNichteinhaltung aller Sicherheitsmanahmen fr dieArbeiter_innen sowie das Nichtzahlen von angemes-senen Lhnen.

    Um die Arbeiten zu realisieren, die fr den Erhalt desKnasts dringend notwendig sind wozu Druckluft-hammer, Motorsgen usw. benutzt werden wurdenuns weder Helme, Handschuhe, Sicherheitsschuhenoch Brillen zur Verfgung gestellt. Ich war nichtversichert zu dem haben sie mir nicht einmal denMindestlohn gezahlt. Genauso wie es kein Geld frberstunden oder zustzliche Lhne (13ter, 14terMonatslohn) oder meine TFR gab. ber meine Kn-digung wurde ich nicht einmal informiert.Wir alle wissen, dass jedes Bauunternehmen hier-fr Millionen Entschdigung zu zahlen htte, wahr-scheinlich msste es sogar schlieen.Solche Figuren aber denken sie seien immun undhaben sich selbst zu Richtern, Magistraten und pa-tentierten Henkern gemacht. Das muss beendetwerden.Deshalb fordere ich die Gesellschaft auf, sich am03.03.09 vor dem Sozialgericht No.1 um 11:00Uhrmorgens mit Transpis und allem was sie vernnftig

    finden zu versammeln um mich im Kampf gegen denMissbrauch der Knste und gegen seine Schlieer zuuntersttzen.

    18.01.09,Amadeu Casellas RamonBrians 2, Barcelona

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    Solidaritt mit Giannis Dimitrakis!Eine Chronologie

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    Entfesselt Mrz - April 2009 Entfesselt Mrz - April 2009

    Freddy und Marcelo sind zwei chilenischen Gefan-gene, die seit lngerer Zeit in argentinischen Kns-ten eingesperrt sind.Die Vorgeschichte: Ende 2007 wird eine Bank inSantiago, Chile, berfallen. Whrenddessen kommtein chilenischer Polizist zu Tode. Danach wird einePerson verhaftet, die anfngt Aussagen zu machen.In Folge dessen werden vier ehemalige Lautaris-ten (bewaffnete linke Bewegung, die in Chile in den80er und 90er Jahren aktiv war) beschuldigt betei-ligt gewesen zu sein.

    Marcelo Villaroel, Freddy Fuentevilla, Juan Alis-te und Carlos Gutierrez entscheiden sich fr denUntergrund. Ein paar Monate spter werden dreiPersonen verhaftet unter ihnen der antikapitalis-tische Genosse Axel Osorio. Sie werden beschul-

    digt ein Untersttzungsnetzwerk fr die gesuchtenMilitanten unterhalten zu haben in Folge dessen sieihnen auch Waffen besorgt htten.Die drei sind nun im Knast in Santiago eingesperrt.

    Marcelo und Freddy, ehemalige Militante der Mo-vimiento Juvenil Lautaro (lautarische Jugendbe-wegung links, libertr, politische-militrisch or-ganisiert, die whrend der Pinochetdiktatur, wieauch whrend der Demokratie aktiv war) schaffenes nach Argentinien zu flchten. Hier werden sieam 15.3.08 verhaftet und sitzen seit dem im Knast.Marcelo und Freddy haben schon mehrere JahreKnast, die meisten davon in Hochsicherheitstrak-ten, auf Grund ihrer politischen Aktivitten hintersich. Sie verstehen sich als libertre Kmpfer ge-gen die kapitalistische Realitt. Im September 2008werden die beiden von der argentinischen Justiz zueiner Strafe von drei Jahren und sechs Monatenwegen unerlaubten Waffenbesitz verurteilt.

    Im November 2008 begannen die beiden einenHungerstreik und stellten einige Forderungen, u.a.die Anerkennung politischen Asyls in Argentinienum ihre Auslieferung nach Chile, wo sie sowohl die

    militrische wie auch die zivile Justiz, Verfolgungund Folter erwartet, zu verhindern. Es gibt vieleGenoss_innen und Kmpfer_innen, die in sda-merikanischen Knsten eingesperrt sind und unterextremen Knastbedingungen zu leiden haben. Wirschaffen es leider oft nicht all diese Flle in diesemkleinen Projekt, das die Entfesselt nun mal ist, zuthematisieren, mchten aber trotzdem im Rahmenunserer Mglichkeiten diese Flle ffentlich machenum Momente der Solidaritt zu schaffen. Denn vorallem dort wurden mehrere solidarische Aktionenunternommen (vor allem Brand- und Sprengstoff-anschlge gegen kapitalistische und Regierungsein-richtungen) um die Regierungen und die restlicheBevlkerung auf ihrer Situation aufmerksam zumachen und ihren Kampf drauen zu untersttzen.

    ABC Berlin

    Argentina : Freddy und Marcelo beendenihren Hungerstreik

    Erklrung am 46. Tag des Hungerstreiks

    An die argentinische, chilenische und mapuche Be-vlkerung und ihre Organisationen.An die Untersttzer_innengruppen, die Familien,Genoss_innen, an die brderliche Nucleus und Or-ganisationen, die es auf der ganzen Welt gibt.

    Marcelo Villaroel Sepulveda und Freddy FuentevillaSaa, chilenische politische Gefangene, zur Zeit inder Unidad de Detencion Provincial n.11 Neuquen,Patagonien, Argentinien, inhaftiert wollen folgendeshervorbingen:

    Am Freitag, den 2. Januar 2009 um 22:00 Uhr ha-ben wir uns dafr entschieden den Hungerstreik,den wir am Montag den 17. November 2008 ausfolgenden Grnden begonnen haben zu beenden.

    1: die Befreiung aller Kmpfer_innen der Bevlke-rung2: politisches Asyl in Argentinien3: wrdige Behandlung im Knast

    Auch wenn uns die besondere Bedeutung der ers-ten beiden Punkte bewusst ist, ist unser Hauptau-genmerk auf die schei Bedingungen unter denensie uns die letzten sechseinhalb Monate haben lei-den lassen gerichtet. Bedingungen, die ohne jegli-che legale Absicherung auer vorgeschobenen Si-cherheitsgrnden, die auf geheimen Informationendes chilenischen Innenministeriums aufbauen, dieheutzutage keine legale Gltigkeit mehr in Argenti-nien besitzen, umzuwerfen.

    Wir haben entschieden unseren Protest zu been-den nachdem wir von der sechsten Abteilung die frdie Bestrafung und Isolation vorgesehen ist in die

    zweite Abteilung, die fr ein Regime der progres-siven Normalitt steht, mit den gleichen Rechtenund Pflichten wie die der anderen Gefangenen auchverlegt worden sind.Um uns ber die Besonderheiten dieses neuen Re-gimes zu informieren haben wir ein Treffen mit demHchstverantwortlichen der Knste dieser Provinzgefordert.

    Dieses Treffen hat heute, Freitag, den 2. Januar2009, zwischen 19:50 Uhr und 21:50 Uhr unter Be-teiligung folgender Leute stattgefunden:

    Rolando Vergara, Leiter der Unidad de Detencionder Provinz Neuquen

    Gabriel Alvarez, Hauptkommissar der Unidad n.11

    ber Freddy und Marcelo, libertre Gefangenekmpfend in argentinischen Knsten

    Maria Elena, Genossin und Militante der AsociacionZainuco (Verein fr Menschenrechte) als Garantin,

    und uns.

    Es wurde ein Zeitraum von 45 Tagen vereinbart, indem die komplette Normalisierung der Abteilung inder wir gefangen sind zu erreichen. Darunter fallendas Zollen von Respekt gegenber den Leute, diezu den Sprechzeiten kommen, das Ende der Rest-riktionen bezglich des Zugangs zu Texten und Zei-tungen, angemessene rztliche Versorgung, zweiSprechzeiten die Woche zu je fnf Stunden, wie sieschon letzte Woche stattgefunden haben. Als wirden Hungerstreik angefangen haben waren wir 20Stunden eingesperrt und aus Sicherheitsgrndenisoliert.Jeder von uns hat etwa 13 kg abgenommen.

    Heute beenden wir das, weil wir einen Normalisie-rungszustand von ungefhr 60% im Vergleich zuanderen Abteilungen durchgesetzt haben.Darber hinaus teilen wir die behrdlichen Zuge-

    stndnisse, die wir durch den Protest erkmpfenkonnten, mit allen anderen Gefangenen der Abtei-lung.

    Dieser Prozess war kollektiv, unermdlich, vielfltig,und Tag fr Tag in Verbundenheit und Brderlichkeitmit verschiedensten Leuten auf der ganzen Welt.

    Wir sind uns der Komplexitt unserer Situationbewusst. Dennoch wird unser zentraler Punkt derKampf und die Forderung nach einem politischenAsyl in Argentinien sein.

    Dafr wollen wir all unsere Krfte bndeln und miteinem kleinen Gefhl von Sieg knnen wir sagen,dass wir konkrete Schritte fr die Verbesserung derKnastbedinungen gemacht haben.

    Unsere Gedanken widmen wir allen eingesperrtenGenoss_innen, die fr ein besseres Lebene kmp-fen...Matia Katrileo, welcher vor einem Jahr von derPolizei ermordet wurde. Unser Herz gehrt auch allunseren Gefallenen sie sind lebendiger als je zuvor!

    Wir treiben den Antikapitalismus durch die Konti-nuitt unseres Gelebten voran und gehen mit Herzund Vernunft nach vorn...

    Wir gren euch alle mit Liebe, libertren und re-volutionren Gren!Neuquen, 3. Januar 2009

    Einige Gedanken...

    an unsere Angehrigen, Freund_innen, Genoss_in-nen, unsere Tchter und Shne, die sozialen, popu-lren und revolutionren Organisationen, die Zanon(enteignete Fabrik), H.I.J.O.S Alto Valle, die Resis-tencia Lautaro, die Untersttzungsnetzwerke in Va-laparaiso und Santiago de Chile, La Plata, Mar delPlata, Buenos Aires und Neuquen in Argentinien,alle unsere eingesperrten Genoss_innen in Chile,Argentinien, Brasilien, Peru, Deutschland, Schweiz,Spanien, Italien, Frankreich, Griechenland und derganzen Welt. An all jene, die entweder in den Wl-dern oder auf der Strae kmpfen.

    Nach 46 Tagen Hungerstreik, lnger als wir wollten,fllt es uns schwer diesen als einen Sieg zu betrach-ten. Wir haben das gewonnen, was jede Person aufder Welt, unabhngig von ihrer/seinen Umstndenverdient hat eine wrdige und gerechte Behand-lung im Knast.

    Das bedrckt uns genauso wie die Ermordung desKmpfers Matia Katrilego, wie auch die Genoss_in-nen im Hungerstreik in Chile, die auf Grund derstaatlichen Politik und des Faschisten Francisco Vi-dal da La Moneda weiter ungehrt bleiben, genausowie der Hungerstreik der Genossin Patricia Tronco-so der letztes Jahr ber 100 Tage dauerte.

    Wir knnten sagen, dass ein solcher kleiner Siegeinen bitteren Beigeschmack enthlt. Denn der so-ziale und Klassenkrieg gehen weiter und deshalbauch die Verfolgung, Folter, Ermordungen und auchdie Geiselnahmen in den Knsten gehen weiter.Realistisch gesehen knnen wir behaupten zwarkeinen Krieg aber wenigstens einen Kampf gewon-nen zu haben. Das durch Untersttzung und Bem-hungen aller Leute, die eher aus der Prekaritt ent-stammen aber Mut zeigen als zu den Besitzendenzu gehren und oft mit Liebe, Zorn und Rebellion,die uns auszeichnen gegen die Trgheit und Norma-lisierung kmpfen, die im Hinterhalt lauert.

    Genoss_innen, nichts ist vorbei nicht einmal die-ser Kampf.Was wir uns jeden Morgen vornehmen mssen, isteine groe Herrausforderung aber kein Ding derUnmglichkeit.Wir mssen unsere Bemhungen verdoppeln.

    Wir haben wieder einmal erfahren, dass die Solida-ritt grenzenlos und ohne Fahnen eine effektiveWaffe bleibt und zielgerichtet bei der Koordinierungvon Aktionen zum Ziel fhren kann.

    Obwohl wir alle in einer Zeit des Komas leben heitdas nicht, dass wir uns gehen lassen drfen. Stattdessen mssen wir weiter aktiv bleiben und protes-tieren, aufdecken und kmpfen. Aller Rckschlgezum Trotz. Jede Aktion klein oder gro bleibt eineUntersttzung und trgt dazu bei weder den Mutnoch das Vertrauen zu verlieren noch in der Miserezu enden.

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    Entfesselt Mrz - April 2009 Entfesselt Mrz - April 2009

    Fr das politische Asyl in Argentinien!

    Nur der Kampf wird uns befreien!

    Marcelo Villaroel SepulvedaFreddy Fuentevilla Saa

    chilenische politische Gefangene, MIRisten undlibertrUnidad de detencion n.11, Neuquens provinz,Patagonien, Argentinien.

    Mehr infos:

    auf spanisch:

    www.freddymarcelo.entodaspartes.netwww.cnabsas.blogspot.comwww.hommodolars.org

    auf englisch:www.325collective.com/freddymarcelo.pdf

    Vom 1. bis 5. September 2008 fand in Minneapo-lis St. Paul (USA) die RNC (Republican NationalConvention - das USA weite Republikaner Treffen)statt.Der Widerstand war gro und es kam zu groenDemos und Riots. Im Zusammenhang mit dem Wi-derstand gegen die RNC gab es eine heftige Re-pressionswelle. Neben vielen Festnahmen whrendden Aktionen gab es auch Festnahmen von Organi-satorInnen der Proteste mit Antiterrorhintergrund.(siehe Entfesselt Ausgabe Nov/Dez 2008).Im Zuge dieser Repression gab es viele Hausdurch-

    suchungen, Polizeispitzel und Festnahmen/Ge-richtsverfahren.Ein weiterer Fall von Repression ist der des Aktivis-ten aus Texas David Mckay und Bradley Crow-der, denen vorgeworfen wird Molotovcocktailsgebaut zu haben. So eine Anschuldigung kann zueinem 10 Jahre Urteil fhren!Da das Gericht in dem Mc Kay/Crowder Fall einenTeil der Anklage zurckgenommen hat ist anzuneh-men das die aktuellen Vorladungen und etc. zu ei-nen anderen Fall gehren. Eine groe Rolle spieltder Polizeiinformant/Spitzel Brandon Darby, der dieHauptaussagen gegen die beiden konstruiert hat.Mehr Infos dazu auf: www.brandondarby.comDavid ist nicht in Verbindung mit irgendeiner Be-wegung, er ist wohl auch nicht sonderlich reflek-tiert oder sympathisch aber er hat an den Protestenteilgenommen und ist Opfer staatlicher Repression

    geworden aus Grnden die wir teilen knnen.Die beiden Aktivisten rufen auf sich zu solidarisie-ren und sich und sein Umfeld ber staatliche Re-pression und Wege dagegen anzukmpfen und sichgegenseitig zu helfen zu informieren.

    Aktuelle Infos zu diesen Fall bekommt ihr ber die-se Adresse: www.freethetexas2.com .

    Schreibt den beiden oder setzt euch mitUntersttzerInnen in Kontakt:

    Bradley CrowderSherburne County Jail

    13880 Highway 1013880 Business Center DriveElk River, MN 55330-4601

    USA

    David McKaySherburne County Jail

    13880 Highway 1013880 Business Center DriveElk River, MN 55330-4601

    USA

    UntersttzerInnen: [email protected]

    Weitere Repression in Zusammenhang mit demWiderstand gegen den RNC-Gipfel

    Texte von Thomas Meyer-FalkKnastshop Massak -- ein Erlebnis!

    Gefangene drfen (situationsbedingt) nicht ein-fach im nchstgelegenen Supermarkt einkaufen,sondern erhalten die von ihnen gewnschten undbentigten Nahrungs-/Krperpflegemittel, welchesie sich privat kaufen mchten, vom jeweiligen An-staltskaufmann. Hierzu schliet der Anstaltsleitereinen Vertrag mit einem externen Hndler, der dannexklusiv, also wie bei einem Monopol, die Gefange-nen der betreffenden Anstalt beliefern kann.Seit Dezember 2007 mssen die Insassen derJustizvollzugsanstalt (JVA) Bruchsal ihren Bedarfber die Firma Massak Logistik GmbH (www.mas-sak.de) decken. Wie schon seinerzeit befrchtet(vgl. Kapitalismus im Knast www.de.indymedia.org/2008/03/210045.shtml), ntzt der Firmenin-haber die monopolartige Situation, um Preise zuverlangen, wie sie ihm belieben.

    Und die JVA hat ihm hierfr faktisch einen Persil-schein ausgestellt, da nur im Falle von Forderungunangemessener Preise (12 des Vertrages zwi-schen Hndler und JVA vom 12.09.2007) eine frist-lose Kndigung mglich ist, und im brigen Massaknur vertraglich verpflichtet wurde, marktgerechteWaren zu handelsblichen Preisen feil zu bieten(4 a.a.O.). Diese Klausel ist so schwammig, dasswohl letztlich erst bei Erreichen der Wuchergrenzejuristische Schritte Erfolg versprechen.

    Das Justizministerium Baden-Wrttemberg (Az.:4514.2005/080) verteidigte die Vertragsgestaltungder JVA mit dem Hinweis, dass es keinesfalls War-telisten von interessierten Lebensmittelhndlerngebe, die Gefangene beliefern wollten.

    Da also weitere Schritte in diesem Bereich vorerstwenig Erfolg versprachen, kam ich auf die Idee, dasMitte 2008 in Kraft getretene Verbraucherinformati-onsgesetz (VIG) zu nutzen, um zu berprfen, wiees denn die Firma mit dem Lebensmittelrecht halte.Wenn schon teure Preise, dann doch auch exzel-lenter Service und penible Einhaltung der grundle-gendsten Bestimmungen -- sollte man zumindestdenken.

    Nun berforderte es auch mein Budget, alle ein-schlgigen Behrden anzuschreiben, in deren BezirkMassak ttig ist; in fast fnfzig Stdten beliefert siedie dortigen Gefngnisse. Primr ist sie in Bayern,Baden-Wrttemberg, Thringen und Sachsen ttig;seit kurzem jedoch auch in Niedersachsen (Sehn-de - und von dort hrt man Entsetzensschreie, wasMassaks Preispolitik anbetrifft).Ich beschrnkte mich also auf Anfragen bei denStdten, bzw. Landkreisen Karlsruhe, Bamberg,Nrnberg, Gera und Torgau.Aus Torgau erreichte mich die Mitteilung, dass inSachsen das VIG nicht anwendbar sei, da es an ei-ner landesrechtlichen Umsetzung fehle, was manbedaure. Die Stadt Gera lie mich wissen, in derdortigen JVA verkaufe Massak angeblich keine khl-pflichtigen Lebensmittel.Fndig wurde ich in Karlsruhe, Bamberg und Nrn-berg.

    Karlsruhe:Das dortige Landratsamt ist auch fr Verste hierin der JVA Bruchsal zustndig. Bei der Kontrolle am20.03.2008 (Massak war also schon knapp vier Mo-nate hier ttig) wurde festgestellt, dass keinerleigeeignete Khleinrichtungen fr khlpflichtige Wa-ren vorhanden waren.

    Bamberg:Auch hier war mangelnde Khlung bei einer Kon-trolle am 11.02.2008 festzustellen, die zu einermndlichen Verwarnung Anlass gab. In einer an-deren Betriebssttte von Massak (denn er betreibtauch EDEKA-Supermrkte) wurden bei Kontrollen

    2005, 2007 und 2008 Hygienemngel festgestellt.

    Nrnberg:Mit Bescheid vom 08.12.2008 teilte mir das Ord-nungsamt der Stadt mit, man habe die Firma Mas-sak am 11.06.2007 mit einer Geldbue von 300,-- belegen mssen, weil bei einer Betriebskontrolleim Verkaufsraum der JVA Nrnberg sensorisch ver-dchtiger Leberkse und Pizza-Leberkse vorgefun-den wurde, der in dieser Weise nicht htte verkauftwerden drfen.

    Man mag sich gar nicht vorstellen, was alles ansTageslicht gelangen wrde, wenn systematisch inallen Stdten, in denen diese Firma sich mittlerwei-le in Gefngnissen festgesetzt hat, nachgeforschtwerden wrde. Und es stellt sich die Frage, weshalbVollzugsanstalten berhaupt einen solchen Hndler

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    Entfesselt Mrz - April 2009 Entfesselt Mrz - April 2009

    Mannheimer Gefngnisskandal vor 35 Jahren

    Pfingsten 1974. Drews und Goike (Gefngniswrter)betreten die Zelle von Hans G. und verprgeln ihn.Sie gehen anschlieend in eine weitere Zelle. Dortzerrt Drews den nackt im oberen Bett des Doppel-stock liegenden W. an den Haaren aus dem Bett, so

    dass dieser auf dem Boden aufschlgt. Dem eben-falls in der Zelle anwesenden Gefangenen H. drcktDrews eine Zigarette im Gesicht aus.

    Nach Aussagen von Gefangenen misshandelten injener Pfingstnacht Rollkommandos rund 100 Gefan-gene in der Justizvollzugsanstalt Mannheim.Konkreter Anlass fr die bergriffe in dieser Nachtwaren lautstarke Proteste der Insassen, nachdemeine Stunde frher als blich das Licht gelschtwurde und pltzlich 800 Gefangene im Dunkeln sa-en (damals war es blich, das Licht zentral gere-gelt auszuschalten; in Bruchsal beispielsweise wur-de diese Unsitte erst 1999 abgeschafft). Sie tatenihren Protest kund und schlugen mit Sthlen undEssgeschirr gegen die Fenstergitter und Zellent-ren.In den Folgewochen griffen die Zeitungen die Miss-

    handlungen auf, eine Sonderkommission wurde ge-bildet, um die Vorflle aufzuklren.

    Seinerzeit gab es einen berwiegend aus ehema-ligen Gefangenen gebildeten Gefangenenrat inFrankfurt/Main, auch dieser beschftigte sich inten-siv mit den bergriffen zu Pfingsten. Und in diesemZusammenhang wurde dann der mysterise Tod

    eines Untersuchungshftlings im Dezember 1973wieder aufgerollt.

    Der 25-jhrige Hans-Peter Vast, am 16.12.1973betrunken am Steuer eines gestohlenen Autos vonder Polizei verhaftet, wurde am 28.12.1973 tot inseiner Mannheimer Knastzelle entdeckt. Seinen An-gehrigen teilte man mit, er sei nachts in der Zelleumgefallen und dabei versehentlich mit dem Kopfaufs Bett gefallen, so dass er daran verstarb. Erstim Zuge der durch den Gefangenenrat mit initiier-ten neuen Untersuchungen kam heraus, dass in derNacht vom 27.12. auf den 28.12. die Gefngniswr-ter Meisch, Deis und Otto in die Zelle von Hans-Pe-ter Vast eindrangen, ihn mit Schlagstock, Stuhlbeinund Schlsselbund (der Schlsselbund der Wrterist als Waffe geeignet, da er aus groen massivenSchlsseln besteht) bewutlos prgelten und dann

    17

    mit der Belieferung beauftragen!

    Es geht nicht um Korinthenkackerei, wie der Volks-mund kleinliches Verhalten nennt, aber wenn einHndler schon Preise verlangt, welche zumindest inTeilen ber denen auerhalb der Gefngnisse lie-gen, sollte man erwarten knnen, dass so grundle-gende Vorgaben, wie lckenlose Khlkette bis zumEndverbraucher beachtet werden.

    Vor circa acht Monaten teilte mir Herr Werner Mas-sak (Gesellschafter und Geschftsfhrer o.g. Firma)mit, er fhle sich durch meinen Vorhalt in einemArtikel von mir, in welchem ich ihn als Kapitalistenbezeichnete, tief getroffen! Ob mir denn der Begriffsoziale Marktwirtschaft nichts sage?Nach den Erfahrungen im abgelaufenen Jahr kannman nur feststellen, dass er selbstverstndlich einKapitalist ist -- und von sozialem Engagement ha-ben zumindest Gefangene in Bruchsal nichts wahrgenommen, dafr jedoch mit rger davon Kenntniserhalten, dass Massak in der JVA Sehnde geradeKhltheken-Artikel erheblich gnstiger verkauft,

    als bei uns hier (und wenn man sich an meine obi-ge uerung erinnert, wonach die Inhaftierten inSehnde entsetzt sind ber dessen hohe Preise, magsich jede/r selbst vorstellen, wie es uns ergeht inder JVA Bruchsal).

    Es bedrfte sicherlich energischen Einwirkens aufden Kaufmann, um ihn zu einer moderateren Preis-politik zu bewegen.Wer zudem als Gefangener nicht wie ein Luchsaufpasst, dass auch all jene Waren, die man lautQuittung bezahlt hat, im Korb landen, macht raschVerlustgeschfte, denn immer wieder kommt esvor, dass -- selbstverstndlich rein versehentlich- Waren, die man bezahlt hat, nicht im Warenkorbvorzufinden sind. Hier wre es sicherlich interessantzu wissen, wie hoch die entsprechenden Einknfteder Firma alleine aus nicht-gelieferten, jedoch ab-gerechneten Waren sind. Gerade unter Gefangenenfindet man Personen, die Schwierigkeiten haben,den berblick zu behalten und dann nicht reklamie-ren.

    Auch nicht unerheblich drften jene Einnahmensein, die aus falsch abgerechneten Waren erzieltwerden: Die Firma weist beispielsweise ein Angebotin ihren Preislisten aus, berechnet letztlich jedoch

    den regulren Preis. Immer wieder findet man dannam Schwarzen Brett einen Aushang der MassakLogistik GmbH (per mail brigens erreichbar unter:[email protected]), in welcher man wortreich dasVersehen bedauert. Wer seine Kaufquittung vorle-ge, bekomme nchstes Mal selbstverstndlich sei-nen Schaden ersetzt. Weshalb die Firma nicht vonsich aus den Schaden ausgleicht - dies knnte siemit etwas Aufwand durchaus - wei niemand.Da jedoch nicht alle Gefangenen den Aushang le-sen, oder aber ihre Quittung lngst weggeworfenhaben, nimmt Massak auch auf diese Weise weitereGelder ein.

    Einige Gefangene, die sich zu Weihnachten etwasBesonderes zu Essen gnnen wollten, wurden ent-tuscht, da Massak trotz seiner vertraglichen Ver-pflichtung, alle Artikel auch vorrtig zu haben, nichtjedem Insassen die bestellte Ware lieferte. Am Tagnach dem Einkauf bekamen manche Gefangene nurden lapidaren Hinweis, man werde ihnen die Kauf-betrge fr die nicht gelieferten Artikel erstatten.Zivilrechtlich eine eigenwillige Rechtsauffassung,

    denn am Einkaufstagwurden die Kaufbetrge von den Konten abgebucht,damit lag ein gltiger Kaufvertrag vor. Dass es Mas-sak unmglich gewesen sein soll, bspw. Cordon-bleuzu beschaffen, erscheint zumindest zweifelhaft. In-sofern knnten die betroffenen Gefangenen die Fir-ma sogar auf Schadenersatz wegen Nichterfllungin Anspruch nehmen.

    Der Anstaltsleiter der JVA Bruchsal, Thomas Ml-ler, lie mir am 24.12.2008 ausrichten, man werdeMassak nicht kndigen, da sich zum einen fast nie-mand beschwert htte und zum anderen nur ganzwenige Strafgefangene betroffen gewesen wren.Hier zeigt sich tatschlich die leider zu oft anzutref-fende Feigheit -- Feigheit der Gefangenen!Denn auf den Fluren murren sie krftig, aber auchnur eine schriftliche Beschwerde anzubringen (vonweiterfhrenden Aktionen erst gar nicht zu reden)trauen sich nur wenige. Es knnte ja rger ge-ben...Lassen wir uns berraschen, was Massak 2009 fer-tig bringt (oder auch nicht); er dehnt seine Ttigkeitjedenfalls weiter aus, soll knftig auch Sportschuheund Trainingsanzge liefern.

    Aids im Strafvollzug

    ber die gesundheitliche Lage von Inhaftierten inDeutschland existieren keine zusammenfassendeErkenntnisse, deshalb gibt es auch keine Statisti-ken ber HIV-positive Gefangene. Die Landesjus-tizverwaltungen gehen von einer geringen bis rck-lufigen Anzahl HIV-positiver Gefangener aus (vgl.Feest, AK-Strafvollzugsgesetz, 5. Auflage, vor 56Ziffer 4Cool.Bei AIDS/HIV handelt es sich um eine schwereSchwchung des krpereigenen Abwehrsystems.

    Das Virus macht letztlich den Krper wehrlos gegenviele Krankheitserreger.

    Die Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen inFreiheit findet ihre Fortsetzung hinter den Knast-mauern. Das fngt an, indem man diese Gefange-nen von bestimmten Arbeitspltzen (z.B. Kche)fernhlt, zwecks Vermeidung einer Beunruhigungbei den Mitgefangenen (so die Argumentation inNRW) oder aus psychologischen Grnden (so inBaden-Wrttemberg) und sich faktisch der Statusnicht geheim halten lsst. D.h. das Outing erfolgtsystemimmanent zwangslufig, wenn bspw. Son-

    derkost (also Ernhrungszulagen und -ergnzun-gen) die nur die HIV-positiven Gefangenen erhaltenvor aller Augen verteilt wird; was sich im Alltag ei-ner Haftanstalt letztlich nicht vermeiden lsst.

    Gab es bis Ende 2007 noch regelmige finanzielleUntersttzung der Deutsche AIDS-Stiftung (www.aids-stiftung.de) fr positive Gefangene, damitdiese sich gerade im Bereich Ernhrung mit demerforderlichen Zusatzbedarf versorgen konnten,strich die Stiftung mit Schreiben vom 19.12.2007diese Ernhrungsbeihilfen und unterlie es nicht,in ihrem Informationsbrief beste Wnsche fr einentspannendes und besinnliches Weihnachtsfestund ein glckliches neues Jahr zu bermitteln, wasbetroffene Gefangene nicht wirklich erheiterte.

    Inhaftierte im Allgemeinen und HIV-positive im Be-sonderen sind in aller Regel arm! Sie haben kei-nerlei finanzielle Polster, sind sogar verschuldet.Vor diesem Hintergrund diente die finanzielle Un-tersttzung durch die AIDS-Stiftung der Sicherungeiner vollwertigen Ernhrung. Bedenkt man, da

    gerade dann wenn das AIDS-Vollbild ausbricht dieBetroffenen kaum mehr (voll) arbeitsfhig sind unddann von der JVA mit 31,50 Euro Taschengeld imMonat ausgestattet, davon jegliche Ausgaben be-streiten mssen (angefangen bei Stromkosten vonbis zu 5 Euro/Monat; TV-Kabelgebhr: 5 Euro -inmanchen Anstalten auch gerne mal 10 Euro-; berKrperpflegemittel; vielleicht auch mal Tabak undKaffee), wird schnell deutlich, da die Streichungein existenzieller Einschnitt war. Dir Ortsgruppender AIDS-Hilfe versuchen die Aktion der Stiftung zukompensieren, z.B. durch Einwerbung von Spen-den. Aber fr Gefangene zu werben ist nicht beson-ders lukrativ.

    Die rztliche Behandlung von positiven Gefange-nen ist von Anstalt zu Anstalt unterschiedlich, jenach Bereitschaft des rztlichen Dienstes mit ex-ternen Personen zu kooperieren. Dabei sind dieInhaftierten vollstndig abhngig vom good willder Anstaltsrzte, denn eine freie Arztwahl bestehthinter Gittern nicht.

    In der JVA Sehnde (Niedersachsen) wollte die An-stalt auch schon mal einen in Isolationshaft sitzen-den Gefangenen fr die Regelmige Blutentnahmeauf einer Liege festketten; erst nach Interventionder AIDS-Hilfe wurde hiervon Abstand genommen.Ein Gefangener der offenbar gedroht hatte Drittezu infizieren wurde in der JVA Heilbronn in Einzel-haft gehalten und Wrter betraten dessen Zelle nurin Ganzkrperanzug und mit Schild und Knppel:Tag um Tag, Monat um Monat, Jahr um Jahr. Als erdann in Haft verstarb hielt es die Anstalt nicht frnotwendig seinen Verteidiger zu informieren (dieseGeschichte kenne ich, da wir den selben Verteidigerhatten und er mir emprt ber das Verhalten derAnstalt berichtete).

    Die Zahl derer die in Haft sterben, wird sich wohlerhhen, oder man entlsst sie kurz vor dem Tod inein Sterbehospiz. Da es jedoch schon Arbeitsgrup-pen in den Landesjustizverwaltungen gibt, welchesich mit menschenwrdigem Sterben im Strafvoll-zug befassen, darf man bezweifeln, da ein Hospizin einigen Jahren berhaupt noch erwogen werdenwird.

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    unter sein Bett schoben, wo er spter erstickte, daer sich in seiner Bewusstlosigkeit erbrach.Ende 1974 erhngte sich Meisch im Gefngnis. Sei-ne Wrterkollegen Deis & Otto wurden am 12. Mai1975 vom Landgericht Mannheim wegen gemein-schaftlich begangenen Mordes zu je 15 Jahren Frei-heitsstrafe verurteilt.

    An den Tod von Hans-Peter Vast und den Pfingstauf-stand vor 35 Jahren sollte wieder erinnert werden,denn auch wenn heute physische bergriffe auf Ge-fangene zumindest in Deutschland nicht mehrso oft vorkommen wie damals, so sind doch dieForderungen, die seinerzeit der Gefangenenrat, Ge-fangene der JVA Mannheim und anderer Anstaltenaufstellten, heute noch aktuell!-Abschaffung der Isolation-Abschaffung von Zwangsarbeit-freie Arztwahl-Abschaffung der Repressionen, die gegen Inhaf-tierte ergriffen werden, die ihre Rechte wahrneh-men-generelle Urlaubsregelung fr alle Gefangenen

    Sinnigerweise forderte man auch 1973 eine so-fortige Ablsung des Kaufmanns und Einkaufs-mglichkeiten zu gerechten Preisen; eine Klage

    ber zu hohe Preise, die heute noch erhoben wird(z.B. Knastshop Massak ein Erlebnis! www.de.indymedia.org/2009/01/239491.shtml).

    bergriffe auf Gefangene speziell in der JVA Mann-heim werden immer wieder mal berichtet, jedochnicht mehr in der Intensitt und Brutalitt wie in60ern und 70ern, bzw. in jener Hufigkeit.

    In diesem Jahr will die Anstaltsleitung der JVAMannheim gro das 100-jhrige Jubilum desKnastes feiern, inklusive Empfang fr lokale Polit-prominenz und Tag der offenen Tre fr Besuche-rInnen. Selbst den Insassen wird ein Brotkrumengegnnt: Der Auftritt einer HipHop-Band im Som-mer oder Herbst 2009. Ob die Anstaltsverantwortli-chen wohl Hans-Peter Vast gedenken werden, oderall den anderen Gefangenen, die dort starben?

    Wer sich ber die damaligen Zustnde informierenmchte, dem lege ich das (nur noch antiquarisch er-hltliche, z.B. www.booklooker.de) Buch Knastall-tag am Beispiel Mannheim eine Dokumentation

    ans Herz. Herausgeber: Sozialistisches Bro Offen-bach. Erschienen Mai 1975.

    bitteschn gleich selbst mitwirken an der eigenenWesensvernderung. Die Gefangenen sollen allesber Bord werfen, was Gutachter, Justiz, Psychiater,Psychologen fr hinderlich halten. So wie der Hunddem Stckchen nachrennt, soll der Inhaftierte demStckchen nachhecheln. Wer kennt nicht das Spielmit Hunden, wenn man nur so tut als htte man einStckchen geworfen - der Hund hetzt dennoch los.Und genau so ergeht es auch vielen Gefangenen- die Justiz wirft nicht einmal ein Stckchen undtrotzdem hechelt ein Groteil der Gefangenen los.

    Ich lehne diese Spielchen ab; in der Konsequenzbedeutet dies, da aktuell und auf die nchstenJahre die Gerichte eine Freilassung verweigern wer-den.

    Das Ziel ist immer die Freiheit - aber entscheidendist der Weg dahin.

    Schreibt Briefe:

    Thomas Meyer-Falkc/o JVA - Z. 3113

    Schnbornstrasse 3276646 Bruchsal

    Weitere Texte und Informationen:

    www.freedom-for-thomas.dewww.freedomforthomas.wordpress.com

    Keine Freilassung fr Meyer-Falk !?

    Vor bald einem Jahr berichtete ber das Verfahrenzur vorzeitigen Freilassung aus der Haft, betreffendmeiner Person (de.indymedia.org/2008/05/218770.shtml). Hier nun ein Zwischenfazit.

    Im Dezember 2008 besuchte mich der von Ge-richt bestellte Sachverstndige Professor Dr. Foer-ster (Universitt Tbingen) und unterhielt sichzwei Stunden mit mir. Sein schriftliches Gutachtenvom 19.01.2009 fhrte dazu, da ich ihn wegenBesorgnis der Befangenheit zwischenzeitlich abge-lehnt habe. ber diesen Antrag entscheidet nun dasLandgericht Karlsruhe (wobei im Falle der Zurck-weisung des Antrags Beschwerde zum OLG mglich

    ist).

    Foerster fhrt in seiner Zusammenfassung aus,da die Risikofaktoren berwiegen wrden. Ichbedrfe therapeutischer Behandlung, erst in derJVA Bruchsal. Hier als Vorbereitung fr eine sichanschlieende langjhrige Sozialtherapie in eineranderen Vollzugsanstalt welche nmlich ber eineentsprechende sozialtherapeutische Abteilung ver-fge.

    Ohne dies nher zu begrnden, geht der Sachver-stndige davon aus, da eine ausgeprgte narziss-tische Persnlichkeitsstrung vorliege.Erforderlich sein eine Aufarbeitung der Taten,auch bedingt durch die lange Einzelhaft (ich saknapp 11 Jahre in Isolationshaft) sei Gruppener-fahrung von Bedeutung und die Frderung der

    sozialen Kompetenz, Gefhle zulassen knnen, so-wie adquater Umgang mit Konflikten.

    Staatsanwltin Arnold aus Mannheim erwiderte aufdas Gutachten ich sei offenbar nicht bereit, (mich)dem Gutachter offen mitzuteilen und es bedrfeeines breit gefcherten Behandlungsprogrammes,um mir soziales Verantwortungsbewusstsein zuvermitteln, das den verurteilten in die Lage ver-setzt, ein straffreies Leben fhren zu knnen.. UndStaatsanwalt Klker aus Heilbronn begehrt die Ver-werfung meines Befangenheitsgesuchs. Mit intel-lektueller Brillanz kommt er zu der Erkenntnis DerVerurteilte ist offensichtlich inhaltlich mit dem Er-gebnis der Begutachtung nicht zufrieden.

    Unabhngig von Inhalt und Ergebnis des Gutachtens

    ist festzustellen, da nach aktuellen Untersuchun-gen (Michael ALEX in Nachtrglich Sicherheitsver-wahrung - eine empirische erste Bilanz, Universi-tt Bremen) psychiatrische Sachverstndige viel zuvielen Gefangenen, bzw. Verwahrten eine Gefhr-lichkeit attestieren. Alex vermutet, da alleine beiden derzeit 435 Sicherheitsverwahrten 360, alsober 80% zu Unrecht verwahrt werden.

    Vor Jahrzehnten war es in Mode durch neurologi-sche Eingriffe ins Gehirn (stereotaktische Operati-on) Verbrecher vermeintlich heilen zu wollen;heute geht man subtiler vor. Seinerzeit konntesich ein Gefangener noch physisch wehren, auchwenn er dann gewaltsam fixiert wurde. Er hattezumindest eine Mglichkeit aktiv zu handeln undsich zu widersetzen; der Operateur pfuschte dannim Gehirn herum. Heute aber soll der Gefangene

    Eine Grenze zu berwinden,

    ihren Lgen, den Beurteilungen,

    Einstufungen, Befehlen

    kein Gehr zu schenken.

    Eine Klte zu berleben, der Einsamkeit,

    Isolation und Dunkelheit

    unsere Flammen entgegensetzen.

    Einen Kopf oben halten,

    mit dem unsterblichen Geist,

    der Leidenschaft, dem Hass und der Liebe,den Krper am Leben halten.

    Eine Mauer brechen, den Kampf fortsetzen,

    Solidaritt ohne Vorurteile,

    Kraft von Herzen von beiden Seiten.

    Freiheit fr alle Gefangenen!

    Einige ungewollte Kinder des Kapitalismus-

    Anarchistinnen aus dem Norden

    Fr die Gefangenen des sozialen Krieges

  • 7/31/2019 Entfesselt - 09-03

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    Entfesselt Mrz - April 2009 Entfesselt Mrz - April 2009

    Im Hamburger Karoviertel hat vor kurzem eine Fili-ale der Jailwear-Firma Haeftling erffnet. Er be-findet sich in der Marktstrae 136 und ist eine von2 Filialen, die andere befindet sich in Berlin.

    Haeftling ist eine 2003 gegrndete Firma, die infnf deutschen und in einem Knast in England Klei-dung produzieren lsst, die vom harten Knastall-tag geprgt sei und so eben etwas hrter sei alsandere Kleidung von da drauen. Die Firma brs-tet sich damit, dass die Gefangenen die Kleidungselbst herstellen und auch vertreiben und somitsinnvolle Arbeit geschaffen wird, die sich positivauf den Resozialisierungsprozess auswirken soll.Mit dem Motto Be Good. Do Good. versteht sichHaeftling als Teil des Knastsystems, das Menschenresozialisieren, also in diese Gesellschaft reinteg-rieren soll. Sie brstet sich vor allem damit, sichgegen die Todesstrafe zu engagieren und wirbt aufihrer Homepage mit dem Zitat Den Stand der Zi-vilisation einer Gesellschaft erkennt man beim Blickin ihre Gefngnisse von Fjodor M. Dostojewski.

    Eine weitere Firma dieser Couleur ist das Hambur-ger Modelabel Santa Fu, welches auf hnlicheWeise in Knsten produzieren lsst und sich als re-

    sozialisierend und fortschrittlich brstet. Bei ihnengeht ein Teil des Gewinns an den Verein WeierRing, der von Gewalttaten Betroffene untersttzt.So sei die Arbeit fr Santa Fu fr die Gefangenenauch eine persnliche Wiedergutmachung. SantaFu vertreibt seine Produkte an private Boutiquen.Das der humanistische Schein schon so wie er da-herkommt nicht akzeptabel ist, liegt auf der Hand.Arbeit fungiert in Knsten seit langer Zeit als Mit-tel des Zwanges, und auch heute knnen Gefange-ne, die sich der Ausbeutung durch die vom Knastprofitierenden Firmen nicht unterwerfen wollen mitSanktionen bestraft werden.

    Der Knastshop in Hamburg wurde, hnlich wie an-dere Filialen in anderen Stdten, schon mehrmalsattackiert, schon vor seiner Erffnung wurden An-tiknast-Plakate an der Schaufensterscheibe ange-bracht.

    Knastshops zu Baulcken!Knste einreien!

    Cengiz Oban und Nurhan Erdem wurden zusammenmit Ahmet Istanbullu am 5. November 2008 mitdem Vorwurf Mitglieder der DHKP-C (Revolution-re Volksbefreiungspartei-Front) zu sein, verhaftet.Konkret wird den dreien ihre Ttigkeit in der Ana-tolischen Frderation zum Anla genommen, sie zukriminalisieren und somit einzusperren. Dieser ein-getragene Verein organisiert trkischen MigrantIn-nen, kulturelle Aktivitten und Widerstand gegendie Haftbedingungen in deutschen und trkischenKnsten.

    Brief von Nurhan

    Ich habe deinen Brief am 16.1. erhalten. Wenn ichauf Deutsch schreibe, oder die Briefe auf Deutschgeschrieben worden sind, erhalte ich sieschneller. Nur auf trkisch dauert es immer lnger.An meine Familie und zu meinem Ehemann schreibeich auf trkisch und bis jetzt hat es Wochen gedau-ert, bis ich sie erhalten habe. Es gibt immer nochBriefe, die ich nicht erhalten habe: Von meinemEhemann und meiner Schwester. Darber habe ichauch mit meinen Anwlten gesprochen....Meine Haftbedingungen sind so: Ich bin in Einzel-haft. Ich darf mit keiner Gefangenen Kontakt haben.Bis Freitag wurde meine Tr durch zwei Beamtengeffnet. Am Freitag, den 16.1., kam ein Gerichts-beschluss, dass das ffnen durch zwei Beamte auf-gehoben worden ist. Bis Freitag, war das so, egalwo ich hingehe, mussten zwei Beamte dabei sein.Zur Psychologin konnte ich zum Beispiel nicht. Oder

    zum Sport. Ich habe nur eine Stunde Freistunde,den Rest der 23 Stunden bin ich in meiner Zelle.Ich habe von dir die Zeitungsausschnitte erhal-ten. Ja, endlich ein Bericht ber Mustafa Atalayund andere. Ich habe auch einen Brief von.., undauch von... erhalten, die haben auch ber Musta-fa geschrieben. Es ist fr ihn sehr hart wegen sei-ner gesundheitlichen Lage. Und das nach ber zweiJahren. Es ist fr ihn auch sehr hart, noch dazu inEinzelhaft zu sein. Allein sein ist das Schlimmste.An sowas kann man sich nicht gewhnen. Es istsehr hart, ohne Menschen zu sein. Es sind jetzt beimir ber 9 Wochen und sogar fr mich ist sehr hart.Wenn ich jetzt an Mustafa und den anderen denke,es hat denen auch bestimmt sehr viel Kraft gekos-tet. Ich denke, es ist auch immer noch nicht klar,wie lange die Prozesse noch dauern und wie lange,die noch in Haft sein werden. Diese Ungewissheitist die zweite harte Phase. Man wei nicht, was aufmich zu kommt.Am Sylvester habe ich von der Demo nichts mitbe-kommen. Leider, wenn ich das gewut htte, htteich daran gedacht, dass drauen andere Menschenfr uns da sind.Von Ulrike Meinhof wusste ich. Ich hatte das malgelesen. (Ulrike war auch in Kln inhafti ert)Von unserem Verfahren wei ich momentan fastgar nichts... Ich dachte, dass Cengiz, Ahmet undich zusammen in Dsseldorf vor Gericht kommen.Mein Anwlte haben auch darber nichts gesagt.Nchste Woche werde ich die mal fragen. Also kurzgesagt,ich habe keine Ahnung, ob wir getrennt oder

    Neuer Knastshop in Hamburgzusammen verurteilt werden.Ich habe in der TAZ einen kleinen Bericht gelesen:In Dsseldorf hat das Verfahren von Faruk Ererenam 15.1. angefangen. Er hat auch schwere gesund-heitliche Probleme, besonders psychische. Er hatParanoia. Er kann nur durch Medikamente logischdenken... Als ich draussen war, hatte ich ber seineSituation erfahren. Und als (Mitglieder der) Anato-lischer Frderation wollten wir auch seinen Prozessbeobachten. Leider bin ich jetzt hi er. Ich hoffe, dasich durch Zeitungen und durch euch mehr ber die-ses Verfahren erfahre. Es ist auch ein 129b-Ver-fahren. Er ist auch seit anderthalb Jahren in Haft.Erhat bei ihm auch sehr lange gedauert, bis es zumProzess kam.Wie man das auch an diesem Beispiel feststellenkann, ist es bei uns sehr schwer vorauszusagen,wann es berhaupt zum Verfahren kommt. Viel-leicht wird es nicht dazu kommen. Das ist natrlicheine kleine Hoffnung.Zu Cengiz, Ahmet und darf ich keinen Kontakt ha-ben...Es freut mich, das du eine Karte von Cengizerhalten hast. Wenn ich mich nicht falsch erinne-

    re, kann Ahmet nicht sehr gut Deutsch. Fr dieFreunde, die nicht Deutsch knnen, fr die ist nochschwerer, denke ich. Wenigstens kann ich Deutsch.Es ist ein sehr groer Vorteil...Ich wrde mich freuen, wenn du weiter schreibenwrdest. Ich habe euch alle sehr vermisst....

    Ich gre dich herzlich

    Brief von Cengiz Oban vom 18.1.2008

    Ich bekomme die TAZ seit dem 12.Januar, musstenur ein paar Tage auf den Beschluss warten...Die Gefangenen Info ist und wird als eines derwichtigsten Informationsquelle fr die Gefangenenbleiben. Ich begre euer Engagement dafr, sieweiterhin am Leben zu lassen.Ich sitze hier in Isolationshaft. Sitze 23 Stunden inder Zelle und habe Kontaktsperre zu anderen Ge-

    fangenen. Die Zelle ist ungefhr 7 Quadratmetergro. Ich hatte fast zwei Monate in einem Kfig vonzirka 30 Quadratmeter Einzelhofgang. Es gab eini-ge Schikane von Seiten der Wrter. Nachdem mei-ne Zeitungen von Vortagen weggenommen wurde,meine Zelle whrend meines Hofgangs verwstetwurde und meine Sachen beschdigt wurden, habeich mit einem Hungerstreik darauf geantwortet.Nach neun Tagen hatten wir ein Gesprch und eshat sich alles normalisiert. Die Wrter sind jetztziemlich nett und freundlich.Seit dem 16.Januar darf ich auch auf einem Sport-platz meine Freistunde verbringen, wo ich auchSport betreibe. Soweit geht es mir ganz gut. EinFernseher und Bcher, die vor mehr als 3 Wochenin der JVA ankamen und einfach nur in der Kammerwarteten, wurden mir auch am zweiten Tag meinesHungersteiks ausgehndigt.Besuche habe ich mit Trennscheibe, bei Anwaltsbe-suchen ebenfalls.Die Solidarittsaktion zu Mustafa (am 24.12. in derHamburger Kirche) hat mich gefreut. Ich mache mirauch groe Sorgen um ihn und kann nur die Aussa-

    ge von Devrim (Gler einer der Mitangeklagten imStammheimer Verfahren) bettigen.Ob ich mit den anderen ein gemeinsame Verfahrenhabe oder ein getrenntes, wei ich nicht. Ich habehierzu nichts mitgekriegt.Da bist du besser als ichinformiert...Lieber ...ich gre dich sehr herzlichst und wnschedir alles Gute

    Schreibt Briefe:

    Cengiz ObanJustizvollzugsanstalt Bochum

    Krmmede 344791 Bochum

    Nurhan ErdemJVA Kln Haus 13 Zelle 119

    Rochusstrae 35050827 Kln

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    Briefe von Nurhan und Cengiz

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    Entfesselt Mrz - April 2009 Entfesselt Mrz - April 2009 23

    Nicht selten bin ich ein bisschen neidisch auf dieLeute, die sich als normal definieren (ob nun be-grndet oder auch nicht) Du weisst schon: Anony-me Individuen, die ihre Nachbar_innen nie (oderfast nie) zum nachdenken bringen (weder positivnoch negativ), am Tresen in einer Bar, auf Arbeitoder in der Schlange eines INEM.

    Normal zu sein heit in der Welt mit ihrer/sei-ner Lebensfhrung nicht aufzufallen wie hun-dert Millionen anderer, die heutzutage Brger_in-nen genannt werden: Glubige oder Atheist_innen,Arbeitslose oder Arbeiter_innen, Studierte odernicht, gesetzestreu (mehr oder weniger) mit klei-nen Lastern und Gewohnheiten, Familie usw...DieMehrheit solcher normaler Menschen sind davonberzeugt, dass sie Brger_innen mit Rechten sei-

    en, was sie dazu zwingt in den Schranken dieserRechte zu denken. Ihrer berzeugung nach werdenihnen, sollten sie eines Tages ein (oder mehrere)Probleme haben, Institutionen mit ihren verschie-denen Instanzen zur Seite stehen, die sie reprsen-tieren und ihnen helfen...Die Wahrheit zu kennenist eine Sache von Leben...und zu leben bedeutet inetwa fter auch mal inne zu halten, Erfahrungen zusammeln und sich eine Vorstellung von den ganzenDingen zu machen. Eine Person gibt auf normalzu sein sobald sie aufgibt ein_e Brger_in zu sein.Und auf Grund des ein oder anderen Ereignis wirdsie oder er zu jemandem die/der mit Konventionen,Stereotypen, Regeln usw. bricht und auch mit demFinger auf andere zeigt...In Zeiten der Fernseh-De-mokratie und egoistischem Denken wie in 1984 vonGeorge Orwell nehmen die Hohepriester_innen derMeinungsbildung die Rolle ein sagen zu knnen, wernormal, abnormal, semi-normal usw. sei. De-nen folgen die Wchter_innen der Ordnung und desGesetzes, die wie Halbgtt_innen der VERNUNFTund sichtbare Vertreter_innen des sichtbaren Sys-tems fungieren...fast htte ich die die Demagog_in-nen der professionellen und reprsentativen Poli-tik vergessen (ihr wisst schon die Gesichter auf

    der Mattscheibe oder auf Werbetafeln, die Dir dasBlaue vom Himmel versprechen...) und diejenigen,die den Mehrwert der Arbeit und des Kapitals ak-kumulieren und die Kpfe des ganzen darstellen:Bosse, Patron_innen. Chef_innen usw. ...Und ichhabe gesagt, dass ich nicht allzu selten neidisch aufsolche normalen Menschen und Persnlichkeitenbin weil sie einfach leben, sich einfach ernhren,bewegen in Beziehungen treten und mehr vgelnals ich...Ich glaube, dass fr die Mehrheit der Men-schen frei zu sein bedeutet solche grundstzlichenDinge (sich ernhren, besitzen, sich bewegen, v-geln, Beziehungen haben usw....) als gewhrleistet

    zu sehen... was die Mehrheit dabei aber vergisst ist,dass dieses System solche Dinge aus verschiede-nen Grnden nicht gewhrleisten kann...Sicherlichbedeutet Freiheit aber viel mehr als solche Sachen,die sogar ich in Gefangenschaft und meiner ganzenAbnormalitt geniee (auch wenn in viel gerin-gerem Mae)...Was fr mich immer ein Geheimnisbleiben wird ist wie es mglich sein kann, dass we-nige ber den Groteil der Menschheit regieren undsie beherrschen kann. Ich wre auch gerne nor-mal um mich nicht immer anstrengen zu mssendiese Gesamtheit der Dinge zu bekmpfen undmich dabei wie Don Quichotte in einem Land vol-ler Ungerechtigkeit und Bsem zu fhlen...Sicherbenutzen die Verteidiger_innen und Vertreter_in-nen dieses Systems Adjektive wie Verbrecher_in,System-Gegner_in usw. fr Menschen wie mich...

    und um ihr System (konomisch politisch - asozialund unmoralisch) vor Monstern wie mir zu schtzenhaben sie Lagersttten, die sie Zentren nenneneingerichtet.

    Vielleicht sollte ich zur Erklrung anfhren, dass ichseit ich 16 Jahre alt bin ich mich immer innerhalbsolcher Zentren aufgehalten habe (fr Jugend-liche, Erwachsene, gefhrliche, weniger gefhrli-che, usw....) und meinen Werdegang dem Staatverdanke. In einer logischen Folge brauchen sichder Staat und seine Institutionen genauso wie sei-ne Zentren nicht wundern oder davon schockiertsein, dass ein_e Verbrecher_in, Terrorist_in oderMonster ist, wer davon trumt einen Eintopf aus inkleine Stcke geschnittener Leber von Beamt_in-nen machen zu wollen...oder? Ich habe nicht vorfr diese berlegungen eine pdagogische und/oder philosophische Rechtfertigung zu suchen...Ichschreibe weil es fr mich an dem Ort, an dem siemich halten, der einzige Weg ist das Schweigen unddie Einsamkeit dieses Ortes aufzubrechen. Seltsa-merweise ist Geselligkeit eine Frage des Charaktersund nicht eine besondere Fhigkeit derer, die in ge-sellschaft leben umgeben von Brger_innen...

    Gabriel, Aachen Februar 2009

    INEM: spanisches Arbeitsamt

    Untergebene der Angst innerhalb einer Welt derUnsicherheiten: das ist was sie versuchen aus unszu machen.Um solch ein Ziel zu erreichen und Macht und Privi-legien erhalten zu knnen trufeln die Staaten fal-sche ngste und fette erfundene Monster ein; derDrang nach Sicherheit, der sich in unzhligen neuenSicherheitsmanahmen ausdrckt, wird jedes Maleinen neuen Feind identifizieren: Leute aus Rum-nien, Sinti, Fensterscheibenputzer_innen, Prostitu-ierte und generell die/das Fremde_n, alle werdensie zu Zielen an denen mensch ihre/seine Sorgenauslassen kann.In der Realitt hat es ganz andere Ursachen, wennmensch die Arbeit verliert oder stirbt, genauso wiees andere Grnde hat, wieso mensch keinen An-spruch weder auf ein Zuhause noch auf Behandlunghat.Die Machinerie des staatlichen und konomischenTerrors, versteckt sich im Schatten der Demokratie,prsentiert uns jegliches Projekt der berwltigungals ntzlich und notwendig: Von Atomkraft hinzuden groen Bauprojekten der Umweltzerstrung,von Krieg hinzu der letzten, phantasievollen Erfin-dung der sich abwechselnden Sheriffbrgermeis-ter.Das Verbot auf der Strae zu essen oder zu betteln,Autoscheiben zu putzen genauso wie Sandkstenzu bauen: Das alles sind Wege Sand in die Augenderjenigen zu werfen, die aufgrund der Propagan-da mde und entfremdet nicht realisieren knnen,dass alle diese Sachen fr sie oder ihn niemals einProblem dargestellt haben.Dementsprechend sind wir nicht mehr in der Lagezu erkennen, wovor wir eigentlich Angst haben soll-ten.

    Und was wre wenn morgen weder Wasser nochEssen in den Supermrkten zu finden wren? Odereine unerwartete Grippe uns treffen wrde, woge-gen wir keine Behandlung htten? Weder das ei-genstndige Wissen, das uns erlaubt selbststndigzu sein, wre vorhanden noch die Beziehungen zwi-schen den Individuen, die ein solidarisches Netz-werk garantieren knnten.Nicht mehr im Besitz unserer selbst, werden wir niewieder fhig sein, unsere Leben in unsere eigenenHnde nehmen zu knnen.Wir werden nicht vorhandene Feinde verfolgt ha-ben, whrend die wahren Verantwortlichen diesesZusammenbruchs, Herren und Regierende jeglicherCouleur, fest an ihren Pltzen sein werden, wo sieihre nchsten Zerstrungen planen.Vor allem werden wir das Realittsbewusstsein fruns innerhalb eines Meeres von Gleichgltigkeit undGroll verloren