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Ernährung und Flüssigkeit in der Palliativmedizin Prof. Dr. Gian Domenico Borasio Lehrstuhl für Palliativmedizin Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin Klinikum der Universität München 1) „Verdursten“ und „Ersticken“ in der Sterbephase Die Angst vor qualvollen Symptomen in der Sterbephase ist eine der häufigsten Ursache für die Befürwortung der Euthanasie in der Allgemeinbevölkerung. Zwei der am meisten verbreiterten Ängste sind die Angst vor Verdursten und Ersticken in der Terminalphase. Diese Ängste sind auch bei Ärzten und Pflegepersonal vorhanden und führen dazu, dass bei Sterbenden in Deutsch- lang reflexartig zwei Maßnahmen durchgeführt werden, um diesen Symptome vorzubeugen: Um Verdursten zu verhindern, bekommen Sterbende regelmäßig große Mengen Flüssigkeit durch i.v. Zugänge; Um einem Ersticken vorzubeugen verabreicht man Sterbenden Sauerstoff über eine Nasenbrille. Leider haben diese Maßnahmen zwei große Nachteile: Erstens: Sie bringen nichts. Flüssigkeitsgabe in der Sterbephase hilft nicht, das Durstgefühl zu verringern. Durstgefühl in der Sterbephase korreliert nicht mit der Menge der zugeführten Flüs- sigkeit, sondern mit dem Grad der Trockenheit der Mundschleimhäute. Ebenso bringt die Gabe von Sauerstoff bei Sterbenden nichts, denn die Verflachung der Atmung ist ein physiologisches Zeichen der Sterbephase und kein Zeichen der Atemnot. Zweitens: sie schaden den Patienten. Die Gabe von Sauerstoff über eine Nasenbrille trocknet die Mundschleimhäute aus, so dass dadurch tatsächlich ein qualvolles Durstgefühl entstehen kann, und zwar unabhängig von der Menge der zugeführten Flüssigkeit. Die i.v. zugeführte Flüssigkeit wiederum muss über die Niere ausgeschieden werden. Die Niere ist aber das Organ, das im Ver- lauf der Sterbephase mit als erstes seine Funktion einschränkt bzw. einstellt. Dadurch kann die zugeführte Flüssigkeit nicht mehr ausgeschieden werden und wird in die Gewebe eingelagert, insbesondere auch in die Lunge. Dies führt zum Lungenödem und dadurch zur Atemnot. Damit bringen die wohlgemeinten Maßnahmen zur angeblichen Vermeidung von Verdursten und Ersti- cken genau die Symptome hervor, die sie eigentlich vermeiden sollten. 2) Künstliche Ernährung über PEG bei fortgeschrittener Demenz Ein zweites Beispiel ist die routinemäßige Versorgung mit einer perkutanen, endoskopischen Gastrostomie (PEG-Sonde) zur künstlichen Ernährung von Patienten mit fortgeschrittener De- menz, die zu einer oralen Nahrungsaufnahme nicht mehr fähig sind. Alle vorhandenen Studien haben keine Hinweise dafür ergeben, dass die mit dieser Maßnahme angestrebten Therapieziele erreicht werden können. Es zeigen sich keine Hinweise auf Lebensverlängerung, Verbesserung des Ernährungsstatus, Verbesserung der Lebensqualität, Verbesserung der Wundheilung bei De- kubitus oder Verringerung der Aspirationsgefahr. Letztere ist sogar bei Patienten mit PEG leicht, aber signifikant erhöht. Die PEG hat außerdem schwere potentielle Nebenwirkungen, wie lokale und systemische Infektionen, Verlust der Freude am Essen und Verringerung der pflegerischen Zuwendung. Daher wurde schon vor Jahren von Experten wie Prof. Volicer aus Boston ausge- sprochen: „Dieses Missverhältnis zwischen Vorteile und Nachteile der künstlichen Ernährung begründet die Empfehlung, dass künstliche Ernährung bei Patienten mit fortgeschrittener De- menz nicht angewendet werden sollte“. Es fehlt für diese Maßnahme in dieser Patientengruppe schlicht die medizinische Indikation – trotzdem wird sie zigtausendfach jährlich in Deutschland durchgeführt.

Ernährung und Flüssigkeit in der Palliativmedizin · Marina Kojer 2006. Es geht um das Wiederentdecken des natürlichen Todes. Oft denk‘ ich an den Tod, den herben, und wie‘s

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Ernährung und Flüssigkeit in der Palliativmedizin

Prof. Dr. Gian Domenico Borasio Lehrstuhl für Palliativmedizin Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin Klinikum der Universität München

1) „Verdursten“ und „Ersticken“ in der Sterbephase

Die Angst vor qualvollen Symptomen in der Sterbephase ist eine der häufigsten Ursache für die Befürwortung der Euthanasie in der Allgemeinbevölkerung. Zwei der am meisten verbreiterten Ängste sind die Angst vor Verdursten und Ersticken in der Terminalphase. Diese Ängste sind auch bei Ärzten und Pflegepersonal vorhanden und führen dazu, dass bei Sterbenden in Deutsch-lang reflexartig zwei Maßnahmen durchgeführt werden, um diesen Symptome vorzubeugen: Um Verdursten zu verhindern, bekommen Sterbende regelmäßig große Mengen Flüssigkeit durch i.v. Zugänge; Um einem Ersticken vorzubeugen verabreicht man Sterbenden Sauerstoff über eine Nasenbrille.

Leider haben diese Maßnahmen zwei große Nachteile:

Erstens: Sie bringen nichts. Flüssigkeitsgabe in der Sterbephase hilft nicht, das Durstgefühl zu verringern. Durstgefühl in der Sterbephase korreliert nicht mit der Menge der zugeführten Flüs-sigkeit, sondern mit dem Grad der Trockenheit der Mundschleimhäute. Ebenso bringt die Gabe von Sauerstoff bei Sterbenden nichts, denn die Verflachung der Atmung ist ein physiologisches Zeichen der Sterbephase und kein Zeichen der Atemnot.

Zweitens: sie schaden den Patienten. Die Gabe von Sauerstoff über eine Nasenbrille trocknet die Mundschleimhäute aus, so dass dadurch tatsächlich ein qualvolles Durstgefühl entstehen kann, und zwar unabhängig von der Menge der zugeführten Flüssigkeit. Die i.v. zugeführte Flüssigkeit wiederum muss über die Niere ausgeschieden werden. Die Niere ist aber das Organ, das im Ver-lauf der Sterbephase mit als erstes seine Funktion einschränkt bzw. einstellt. Dadurch kann die zugeführte Flüssigkeit nicht mehr ausgeschieden werden und wird in die Gewebe eingelagert, insbesondere auch in die Lunge. Dies führt zum Lungenödem und dadurch zur Atemnot. Damit bringen die wohlgemeinten Maßnahmen zur angeblichen Vermeidung von Verdursten und Ersti-cken genau die Symptome hervor, die sie eigentlich vermeiden sollten.

2) Künstliche Ernährung über PEG bei fortgeschrittener Demenz

Ein zweites Beispiel ist die routinemäßige Versorgung mit einer perkutanen, endoskopischen Gastrostomie (PEG-Sonde) zur künstlichen Ernährung von Patienten mit fortgeschrittener De-menz, die zu einer oralen Nahrungsaufnahme nicht mehr fähig sind. Alle vorhandenen Studien haben keine Hinweise dafür ergeben, dass die mit dieser Maßnahme angestrebten Therapieziele erreicht werden können. Es zeigen sich keine Hinweise auf Lebensverlängerung, Verbesserung des Ernährungsstatus, Verbesserung der Lebensqualität, Verbesserung der Wundheilung bei De-kubitus oder Verringerung der Aspirationsgefahr. Letztere ist sogar bei Patienten mit PEG leicht, aber signifikant erhöht. Die PEG hat außerdem schwere potentielle Nebenwirkungen, wie lokale und systemische Infektionen, Verlust der Freude am Essen und Verringerung der pflegerischen Zuwendung. Daher wurde schon vor Jahren von Experten wie Prof. Volicer aus Boston ausge-sprochen: „Dieses Missverhältnis zwischen Vorteile und Nachteile der künstlichen Ernährung begründet die Empfehlung, dass künstliche Ernährung bei Patienten mit fortgeschrittener De-menz nicht angewendet werden sollte“. Es fehlt für diese Maßnahme in dieser Patientengruppe schlicht die medizinische Indikation – trotzdem wird sie zigtausendfach jährlich in Deutschland durchgeführt.

Aus diesen Beispielen lässt sich schließen, dass derzeit in Krankenhäusern und Pflegeheimen vieles in bester Absicht getan wird, was die Menschen ungewollt, aber aktiv am friedlichen Sterben hindert. Dies hat u.a. die paradoxe Folge, dass Patientenverfügungen heute vorwiegend dazu dienen, sich vor ärztlichen Kunstfehlern am Ende vom Leben zu schützen. Das ist aller-dings nicht der richtige Weg: der besten Schutz vor Kunstfehlern am Lebensende besteht in einer besseren Aus-, Fort- und Weiterbildung der Ärzte im Fach Palliativmedizin.

Im Vortrag wird auf die vorhandene wissenschaftliche Evidenz bzgl. Ernährung und Flüssigkeit in der letzten Lebensphase sowie auf deutsche und nationale Richtlinien zum Thema und Strate-gien zu deren Implementierung eingegangen. Außerdem wird das untenstehende Entscheidungs-diagramm zur Frage der PEG-Sondenanlage am Lebensende erläutert.

Patienteinwilligungs-

fähig?

Gem einsam eErmittlung destatsächlichen

Patientenwillens(Arzt/Patient/Angehörige)

PEG-Sondenanlage:ja oder nein?

Betreuer/Bevollm ächtigter

bestellt?

Gem einsam e Ermittlung desvorausverfügten oder

mutmaß lichen P atientenwillens(Arzt/Betreuer/Angehörige)

Konsens?

Dokumentation,Festlegung desTherapieziels

Überprüfung durchVormundschaftsgericht

Einrichtung einerEilbetreuungveranlassen

Künstliche Ernährungiv oder über N asensonde

zunächst durchführen

ja

ja

nein

nein

ja

Behandlung entsprechenddem Patientenwillen

Regelmäßige Überprüfung

nein

Medizin ischeIndikation?

ja

neinKeine PEG-Sondenanlage

Alternative M aßnahm en anbieten

Aufklärung über die PEG-Sondenanlage

Nutzen/Schaden

Aufklärung über die PEG-Sondenanlage

Nutzen/Schaden

Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin

www.izp-muenchen.de

Palliativmedizin dient der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit einer lebens-bedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind. Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung von Leiden mittels frühzeitiger Erkennung, hochqualifizierter Beurteilung und Behandlung von Schmerzen und anderen Problemen physischer, psychosozialer und spiritueller Natur.

WHO, 2002

Palliativmedizin ist Betreuungfür die letzte Lebensphase,

nicht nur in der letzten Lebensphase

Palliativmedizin ist Aufgabe aller Ärzte

Die Hilfe besteht in palliativmedizinischer Ver-sorgung und damit auch in Beistand und Sorge für Basisbetreuung. Dazu gehören nicht immer Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, da sie für Sterbende eine schwere Belastung darstellen können. Jedoch müssen Hunger und Durst als subjektive Empfindungen gestillt werden.

Grundsätze der BÄK zur ärztlichen Sterbebegleitung 2004

Häufige Fehler in der Sterbephase

Verdursten Ersticken

Flüssigkeitsgabe Sauerstoffgabe

Es wird derzeit in Krankenhäusern und Pflegheimen vieles in bester Absicht

getan, was die Menschen – ungewollt –aktiv am friedlichen Sterben hindert.

Patientenverfügungen dienen heute vorwiegend dazu, sich vor ärztlichen

Kunstfehlern zu schützen.

Der beste Schutz vor ärztlichen Kunst-fehlern am Lebensende besteht in einer besseren Aus-, Fort- und Weiterbildung

der Ärzte im Fach Palliativmedizin.

Das Konzept derTherapiezieländerung

Bei Patienten, die sich zwar noch nicht im Sterben befinden, aber nach ärztlicher Erkenntnis aller

Voraussicht nach in absehbarer Zeit sterben werden, weil die Krankheit weit fortgeschritten ist, kann eine

Änderung des Behandlungszieles indiziert sein, wenn lebenserhaltende Maßnahmen Leiden nur verlängern

würden und die Änderung des Therapieziels dem Willen des Patienten entspricht.

Grundsätze der BÄK zur ärztlichen Sterbebegleitung 2004

MaximaltherapieMinimaltherapieTherapieabbruch

TherapiereduktionTherapiedeeskalation

Palliativmedizin ist die Weiterführung der für den Patienten optimalen Therapie mit

geändertem Therapieziel

Therapieziele

• Heilung (Restitutio ad integrum)

• Lebensverlängerung

• Rehabilitation

• Linderung/Vermeidung von Leiden

• Lebensqualität

Medizinische Indikation

Überprüfung der Indikation

1. Was ist hier das Therapieziel?2. Ist dieses Therapieziel realistisch?

3. Stimmt dieses Therapieziel mit dem Patientenwillen überein?

Möglichkeiten und Grenzender Ernährung/Hydrierung

in der Palliativmedizin

Unterernährung: Symptome

• Kachexie• Anorexie• Verlust des subkutanen Fettgewebes• Ödeme• Hepatomegalie• Bradykardie• Hypotension• Dekubitus• Asthenie

Aber: In der letzten Lebensphase…

…besteht eine katabole Stoffwechsellage, an der selbst hyperkalorische Ernährung nichts mehr ändern kann

…ist daher Gewichtsverlust nicht zu verhindern…können „normale“ Nahrungsmengen nicht

mehr verarbeitet werden…reichen kleinste Menge aus um Hunger und

Durst zu stillen

Marina Kojer 2006

Wie viel Flüssigkeit braucht der Mensch?

• Hochbetagte Palliativpatienten sind mit dem „75 kg Normal-Menschen“ nicht vergleichbar

• Flüssigkeitsnormen für Jüngere haben für sie keine Gültigkeit

• 500 ml in 24 Stunden erweisen sich häufig als vollständig ausreichend

Marina Kojer 2006

Flüssigkeitszufuhr

• oral

• PEG

• i.v. (ZVK/peripher)

• s.c. (Hypodermoklyse)

Dehydratation: Typen

• hypoosmolare D. (iatrogen bei reiner Wasserzufuhr)

• hyperosmolare D. ( Durst, Schwäche, Fieber)

• „terminale“ D. (nach Billings, Mischform; wenig Durst!)

Dehydratation: Nachteile

• reduzierter Turgor

• Mundtrockenheit

• Durstgefühl (bei hyperosmolarer D.!)

• Obstipation

• Somnolenz

• Verwirrtheit, Agitiertheit, Delir

Dehydratation: Vorteile

• Oligurie → kein Katheter notwendig• ↓ Magensekretionen → ↓ Erbrechen• ↓ Lungensekretionen → ↓ Husten, Verschleimung• ↓ pharyngeale Sekretionen → ↓ Aspirationsgefahr• ↓ periphere Ödeme, Lungenödem + Aszites• ↓ Tumorödem → ↓ Schmerz• ↑ Endorphinausschüttung

Das Durstgefühl am Lebensende korreliert mit der Trockenheit der Mundschleimhäute, nicht mit der

Menge zugeführter Flüssigkeit

Mundtrockenheit: Ursachen

• Medikamente (Phenothiazine, Trizyklika, Opioide)

• Candidiasis

• lokale Bestrahlung

• Sauerstoffzufuhr

• Atmen durch den Mund

Mundtrockenheit: Therapie

• konsequente Mund/Lippenpflege

• Vermeidung von Zitrone/Glyzerin

• H2O2

• kleine Eiswürfel

• kleine Mengen Flüssigkeit (1-2 ml/30-60min)

„Verhungern“ und „Verdursten“

• Hunger/Durst: subjektive Empfindungen• palliativmedizinische Erfahrung

– in der Sterbephase i.d.R. kein Appetit,kein Hunger

– Durst: korreliert nicht mit der Flüssigkeitszufuhr

– Mundpflege, kein Sauerstoff

• Erfassung mit spezieller Leidensskala für Demenzpatienten (DS-DAT)

• Kontinuierliche Abnahme des Leidensstatus nach Entscheidung zur Nicht-Einleitung einer künstlichen Ernährung/Flüssigkeitszufuhr

• Interindividuelle Variabilität je nach Begleiterkrankungen

Arch Int Med, 2005

• 102/307 Pflegekräfte haben es erlebt• 85% Tod innerhalb von 15 Tagen• Friedlicher Tod (Skala von 0-9): Median 8

(2003)

PEG bei fortgeschrittener Demenz(Finucane et al., JAMA 1999; GIllick, NEJM 2000; Cervo et al., Geriatrics 2006)

• Studien zeigen keinen Hinweis auf– Lebensverlängerung– Verbesserung des Ernährungsstatus– Verbesserung der Lebensqualität– verbesserte Wundheilung bei Dekubitus– Verringerung der Aspirationsgefahr

• Nebenwirkungen der PEG– Infektionen (lokal und systemisch)– Verlust der Freude am Essen– Verringerung der pflegerischen Zuwendung

• Die PEG ist ein bedeutender Risikofaktor für AspirationFox et al, Am J Surg 170: 554-56, 1995

• Die PEG verursacht eher Infektionen als diese zu verhindernLocket et al, Am J Surg 68: 117-120, 2002

• Die PEG ist ein bedeutender Risikofaktor für Besiedlung mit Clostridium difficileBliss et al, Ann Intern Med 129:1012-1019, 1998

“This imbalance of burdens and benefits of tube feeding justifies the recommendation

that tube feedings not be used in individuals with advanced dementia.“

(L. Volicer, 2004)

Mortalität nach PEG

• Studie bei 7.369 Patienten(Rabeneck et al., J Gen Intern Med 1996)

– 23.5% während des KH-Aufenthalts verstorben

– Medianes Überleben 7,5 Monate• Studie bei 81.105 Patienten

(Grant et al., JAMA 1998)

– 63% verstorben nach 1 Jahr– 81.3% verstorben nach 3 Jahre

PEG-Sonden bei schwer demenz-kranken Menschen haben ein besonders hohes Mortalitätsrisiko:• 54% sterben im 1. Monat• 90% sterben innerhalb eines Jahres(Sanders et al, Am J Gastroenterol 2000)

Mortalität nach PEG bei Demenz

Severe dementia is a terminalillness that is not reversed by

feeding tube placement.

(Cervo et al., Geriatrics 2006)

Aktuell erklärter Wille des aufgeklärten und einwilligungsfähigen Patienten (immer vorrangig, wenn vorhanden)

vorausverfügter Wille, durch eine Patientenverfügung erklärt (fortwirkend und verbindlich, sofern auf die Situation anwendbar)

mutmaßlicher Wille (aus früheren Äußerungen/Wertvorstellungen zu ermitteln)

Entscheidung zum Wohl des Patienten(dem Lebensschutz ist Vorrang einzuräumen)

wenn nichtgegeben

wenn nichtvorhanden

wenn nicht möglich

Patientenwille: Maßstab medizinischen Handelns

Patienteinwilligungs-

fähig?

GemeinsameErmittlung destatsächlichen

Patientenwillens(Arzt/Patient/Angehörige)

PEG-Sondenanlage:ja oder nein?

Betreuer/Bevollmächtigter

bestellt?

Gemeinsame Ermittlung desvorausverfügten oder

mutmaßlichen Patientenwillens(Arzt/Betreuer/Angehörige)

Konsens?

Dokumentation,Festlegung desTherapieziels

Überprüfung durchVormundschaftsgericht

Einrichtung einerEilbetreuungveranlassen

Künstliche Ernährungiv oder über Nasensonde

zunächst durchführen

ja

ja

nein

nein

ja

Behandlung entsprechenddem Patientenwillen

Regelmäßige Überprüfung

nein

MedizinischeIndikation?

ja

neinKeine PEG-Sondenanlage

Alternative Maßnahmen anbieten

Aufklärung über die PEG-Sondenanlage

Nutzen/Schaden

Aufklärung über die PEG-Sondenanlage

Nutzen/Schaden

Fallbeispiel

• Patientin A.F., 44 J.

• schwerste fortschreitende Demenz mit Bewegungsstörungen seit 4 Jahren

• nicht kontaktfähig, nicht ernährbar

• Patientenverfügung: k.A. zur Ernährung

• Familie: Ehemann (Bevollmächtigter),2 Kindern (14 und 16 Jahre), Eltern

Entscheidungen am Lebensende bei Demenz

• Familienkonferenz: Bevollmächtiger, Angehörige, Arzt, Pflegekräfte, Sozialarbeiter, Seelsorger

• Therapieziele: Lebensverlängerung, Funktionserhaltoder Lebensqualität?

• Konsistenz mit den Wünschen des Patienten?

• Gemeinsame Entscheidungsfindung ist entlastend

• Entscheidungen auf der Basis der ärztlichen Indikation können Schuldgefühle verringern und das Risiko von pathologischen Trauerverläufen mindern

Wenn sich schwer dementeHochbetagte verstanden fühlen....... gehen sie nicht in die innere Emigration.... kommunizieren sie fast bis zuletzt mit uns .... verlieren sie ihre soziale Rolle nicht ganz.... verlieren sie ihre Beziehung zu den

Aktivitäten des täglichen Lebens nicht ganz.... vergessen die meisten bei liebevoller

Pflege bis zuletzt nicht ganz, wie mankaut und schluckt

Marina Kojer 2006

Es geht um das Wiederentdecken des natürlichen Todes

Oft denk‘ ich an den Tod, den herben,und wie‘s am End ich ausmach‘.

Ich möcht‘ ganz leicht im Schlafe sterbenund tot sein, wenn ich aufwach‘.

Carl Spitzweg