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ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger www.ec-net.de Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel, Till Ruben Erny

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ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

www.ec-net.de

Praxisbeispiel

Dezember 2007

Sebastian Klüpfel, Till Ruben Erny

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Sebastian Klüpfel

Till Ruben Erny

Praxis-Beispiel

ERP-Auswahl bei einem mittelständischen

Serien- und Auftragsfertiger

Dezember 2007

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Projektträger & Projektbeteiligte II

Projektträger & Projektbeteiligte

Netzwerk Elektronischer Geschäftsverkehr

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unterstützt seit Mitte

1998 insgesamt 25 regionale Kompetenzzentren sowie ein Branchenzentrum

(Handel) für den elektronischen Geschäftsverkehr. Ihre Aufgabe ist es, kleine

und mittlere Unternehmen sowie das Handwerk in ihrer jeweiligen Region

zum Thema Elektronischer Geschäftsverkehr (E-Business)

neutral zu informieren,

konkret zu beraten und Hilfestellung zu geben sowie

durch Schulungen und Seminare das Know-how zu steigern.

Es besteht für diese Zielgruppe aber nicht nur ein Bedarf an allgemeiner In-

formation und Beratung zu diesem Thema. Gerade spezielle Anwendungsbe-

reiche des E-Business erfordern qualifiziertes Wissen über passende Lösun-

gen. Deshalb beraten die Kompetenzzentren im Netzwerk auch in so unter-

schiedlichen Bereichen wie IT-Sicherheit, Funktechnologie (RFID), Kunden-

beziehung (CRM) oder elektronische Beschaffung.

Mainfränkisches Elektronik Commerce Kompetenz-

zentrum (MECK)

Das Mainfränkische Electronic Commerce Kompetenzzentrum MECK setzt

sich seit 1998 das Ziel, Electronic Commerce (eCommerce), die Abwicklung

von Geschäftsprozessen über Netze (z. B. das Internet), eines der schillern-

den Schlagworte aus dem Bereich der IT-Industrie auch den Unternehmen in

der Region Mainfranken und hier speziell den kleinen und mittelständischen

Unternehmen zugänglich zu machen. Hier sollten die Potenziale der digitalen

Geschäftsprozessabwicklung nutzbar gemacht werden, sowie die Sicher-

heitsmängel im Internet, rechtliche Rahmenbedingungen beim Handel über

das Internet und Möglichkeiten von Bezahlsystemen im Netz den Unterneh-

men verdeutlicht werden. Auch die Vermittlung der betriebswirtschaftlichen

Page 4: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

III Projektträger & Projektbeteiligte

Potenziale bereits verfügbarer Technologien und Ausblicke in die Zukunft

gehörten zu den Aufgaben des MECK. Dabei stand immer im Vordergrund,

die Geschäftsführer aufzurütteln, den Anschluss an das Internet-Zeitalter

nicht zu verlieren und Vorbehalte gegenüber dem Electronic Commerce ab-

zubauen. Den Anspruch, als neutraler Ansprechpartner für Electronic Com-

merce in der Region Mainfranken bekannt zu sein und als Institution zu ge-

lten, hatte das Kompetenzzentrum von Beginn an.

Seit Mitte 2006 unterstützt das MECK das Begleitprojekt „Zielgerichtete und

bedarfsgenaue IT-Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen

(KMU)“. Ziel dieses Projektes ist, die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer mittels-

tändischer Unternehmen durch angepasste IT- und damit einhergehenden

Prozessstrategien langfristig zu sichern, damit diese auch weiterhin von

Großunternehmen als fähige Partner in Wertschöpfungsketten wahrgenom-

men werden. Schwerpunkt ist dabei die Auswahlunterstützung bei der Ein-

führung betrieblicher Software im Unternehmen. Auch die vorliegende Arbeit

leistet hierzu einen Beitrag.

Universität Würzburg

Lehrstuhl für BWL und Wirtschaftsinformatik

Prof. Dr. R. Thome

Ziel des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik von

Prof. Dr. Thome ist die inner- und zwischenbetriebliche Integration der Infor-

mationsverarbeitung. Dazu erarbeitet der Lehrstuhl mit derzeit 15 wissen-

schaftlichen Mitarbeitern in vier zentralen Forschungsgebieten Ansätze und

praktisch verwertbare Lösungen. Die Forschungsschwerpunkte sind:

Die Erstellung und Weiterführung neuer Studienzweig wie z. B. eines berufs-

begleitenden MBA-Studiengangs, der Bereich eGovernment, besonders mit

den Ausprägungen Electronic Data Interchange (EDI) und Enterprise Appli-

cation Integration (EAI), die Themenkomplexe Multi Media und e-Learning

sowie der Bereich der Standardanwendungssoftware für die Bereiche En-

terprise Resource Planning (ERP) und Supply Chain Management (SCM).

Gerade die Auswahl und Einführung geeigneter Softwarelösungen sowie de-

ren betriebswirtschaftlich sinnvoller Einsatz sind Schwerpunkte dieses For-

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Projektträger & Projektbeteiligte IV

schungsbereiches. Bei allen Betrachtungen steht der Aspekt „Integration von

Daten und Inhalten" immer im Mittelpunkt der Betrachtungen.

Des Weiteren gehören die Simulation komplexer Systeme und die Verdrän-

gung klassischer Printmedien durch Electronic Publishing über die Vorteile

des Dokumentenmanagements zu Kernbereichen des Lehrstuhls.

Seit dem Jahr 2003 ist der Lehrstuhl durch Prof. Dr. Thome offizieller Berater

der Bayerischen Staatskanzlei zum Thema eGovernment. Hier entstand am

Lehrstuhl eine Kopfstelle zur Koordination von eGovernment-Aktivitäten in

Bayern. Durch eine intensive Kooperation mit der Stadt Würzburg konnte das

Thema eGovernment auch auf regionalem Gebiet vorangebracht werden.

Gerade die Konzeption sog. „Public-Private-Partnerships" steht dabei im Mit-

telpunkt der Betrachtungen.

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Inhaltsverzeichnis II

Die Autoren

Dipl.-Kfm. Sebastian Klüpfel

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. R.

Thome am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der

Universität Würzburg, wo er sich hauptsächlich mit

den Themengebieten ERP-Auswahl für den Mittels-

tand, Supply Chain Management, aber auch mit Pro-

zessmanagement beschäftigt. Seit 2006 betreut er

als Projektleiter das Begleitprojekt „ERP für kleine

und mittlere Unternehmen (KMU)" im Netzwerk Elekt-

ronischer Geschäftsverkehr.

Dipl.-Kfm. Till Ruben Erny

studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität

Würzburg und ist seit 2007 Mitarbeiter am Lehrstuhl

von Prof. Thome. Herr Erny war federführend im vor-

liegenden Auswahlprojekt beschäftigt und ist Experte

im Bereich Softwareauswahl für mittelständische Un-

ternehmen.

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III Projektträger & Projektbeteiligte

Inhaltsverzeichnis

1 MIT BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHER SOFTWARE ZUM ERFOLG ........................... 5

1.1 BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE ANWENDUNGSSOFTWARE ............................................... 5

1.2 VORGEHENSWEISE IM PROJEKT ................................................................................. 6

2 PROJEKTMANAGEMENT ALS RAHMEN DER ERP-AUSWAHL ............................... 7

2.1 WESEN VON PROJEKTEN UND PROJEKTMANAGEMENT ................................................ 8

2.1.1 Projektmanagement als Lösungsweg zum Projektziel ....................................... 9

2.1.2 Projektmanagement als komplexes System .................................................... 10

2.2 ZIELE ERKENNEN UND FORMULIEREN ALS ERSTE HÜRDE DES PROJEKTS .................... 11

2.2.1 Von der Vision zum Ziel ................................................................................... 11

2.2.2 Nutzen von Zielsystemen ................................................................................. 12

2.3 PROJEKTORGANISATION .......................................................................................... 13

2.4 PROJEKTLENKUNG .................................................................................................. 17

2.4.1 Regelkreis der Projektlenkung ......................................................................... 17

2.4.2 Projektplanung.................................................................................................. 18

2.5 VORGEHENSMODELLE, METHODEN UND INSTRUMENTE IM PROJEKTMANAGEMENT ...... 22

2.5.1 Vorgehensmodelle ........................................................................................... 22

2.5.2 Werkzeuge, Techniken und EDV-Unterstützung ............................................. 23

2.6 ASPEKTE MENSCHLICHEN VERHALTENS IM PROJEKTMANAGEMENT ............................ 24

2.6.1 Mehr Leistung durch Teamarbeit ..................................................................... 24

2.6.2 Motivation als Steuerung menschlichen Verhaltens ........................................ 25

2.6.3 Widerstände ..................................................................................................... 26

3 ERP-SYSTEME ............................................................................................................. 28

3.1 ERP-SYSTEME UND IHRE HISTORISCHE ENTWICKLUNG ............................................. 28

3.2 MERKMALE VON ERP-SYSTEMEN ............................................................................ 29

3.3 ERWEITERUNGEN ZU ERP-SYSTEMEN ..................................................................... 30

3.4 AKTUELLE ENTWICKLUNGEN .................................................................................... 31

3.5 ERP-MARKT ........................................................................................................... 31

3.6 NUTZEN VON ERP-SYSTEMEN ................................................................................. 32

4 BESONDERHEITEN VON KMU ................................................................................... 33

4.1 QUALITATIVE BESONDERHEITEN VON KMU............................................................... 33

4.2 AUSWIRKUNGEN DER BESONDERHEITEN VON KMU AUF DIE SYSTEMAUSWAHL ........... 34

5 MERKMALE VON SERIEN- UND AUFTRAGSFERTIGUNG ...................................... 36

5.1 KENNZEICHEN DER SERIEN- UND AUFTRAGSFERTIGUNG ........................................... 36

5.2 PROBLEME DER KOMPLEXEN PRODUKTIONSSTRUKTUR ............................................. 37

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Inhaltsverzeichnis IV

6 PROZESSORIENTIERUNG BEI DER AUSWAHL ....................................................... 38

6.1 ALLGEMEINER ORGANISATIONSBEGRIFF ................................................................... 38

6.2 FUNKTIONS- VS. PROZESSORIENTIERUNG ................................................................. 40

6.3 PROZESSVERBESSERUNG ........................................................................................ 41

6.3.1 Prozessbegriff ................................................................................................... 42

6.3.2 Management-Paradigmen der Prozessverbesserung ...................................... 42

6.3.3 Ansätze und Vorgehen bei der Prozessverbesserung ..................................... 44

6.3.4 Prozessmodellierung ........................................................................................ 45

6.3.5 Prozessmodellierungstechniken und -werkzeuge ............................................ 46

7 CHANGE MANAGEMENT ............................................................................................ 47

7.1 ORGANISATION ALS SOZIO-TECHNISCHES SYSTEM .................................................... 47

7.2 ABLAUF DES GEPLANTEN WANDELS .......................................................................... 48

8 ALLGEMEINE ANSÄTZE UND VORGEHENSMODELLE DER ERP-AUSWAHL ...... 50

8.1 PRINZIPIELLE ANSÄTZE BEI DER ERP-AUSWAHL ....................................................... 50

8.2 VORGEHENSMODELLE .............................................................................................. 52

8.3 FAZIT ...................................................................................................................... 55

9 PROZESSORIENTIERTES VORGEHENSMODELL FÜR MITTELSTÄNDISCHEN

SERIEN- UND AUFTRAGSFERTIGER ................................................................................. 58

9.1 AUSGANGSSITUATION DES AUSWAHLPROJEKTS ........................................................ 58

9.2 PROJEKTEINRICHTUNG ............................................................................................ 59

9.2.1 Personelle Anforderungen und Projektorganisation ......................................... 60

9.2.2 Ziele des Projekts ............................................................................................. 61

9.3 MARKTÜBERBLICK UND ORIENTIERUNG ..................................................................... 64

9.4 ANFORDERUNGSANALYSE ........................................................................................ 66

9.4.1 Allgemeine Anforderungen an ERP-Systeme .................................................. 66

9.4.2 Vorgehen bei der prozessorientierten Anforderungsanalyse ........................... 68

9.4.2.1 Prozessaufnahme ................................................................................................ 69

9.4.2.2 Prozessverbesserung........................................................................................... 70

9.5 LASTENHEFT ........................................................................................................... 71

9.6 MARKTANALYSE ...................................................................................................... 73

9.7 VORAUSWAHL ......................................................................................................... 73

9.8 ENDAUSWAHL ......................................................................................................... 74

9.9 VERTRAGSVERHANDLUNGEN .................................................................................... 76

9.10 FAZIT UND HANDLUNGSEMPFEHLUNG ....................................................................... 77

10 BEISPIEL LASTENHEFT ERP-PROJEKT ELEKTRO GMBH .................................... 79

QUELLENVERZEICHNIS .................................................................................................... 104

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

5

1 Mit betriebswirtschaftlicher Software zum Erfolg

„Wir haben hier viele Krücken!“ erzählt ein Mitarbeiter der Arbeitsvorberei-

tung der Elektro GmbH bei der Beschreibung des IT-Systems zur Unterstüt-

zung der Produktionsplanung und -steuerung des mittelständischen Elektro-

zubehörherstellers. Krücken sind einfache aber zweckdienliche Hilfsmittel,

um eine Person oder einen Prozess am „Laufen“ zu halten und Stabilität zu

geben. Oft kann schnell und mit relativ wenig Aufwand ein solches Mittel ge-

funden und eingesetzt werden, wodurch ein Unternehmen in der Lage ist,

flexibel auf Probleme oder Veränderungen zu reagieren. Gerade mittelstän-

dische Unternehmen sehen in dieser Flexibilität ihre Chance, sich auf dem

Markt zu behaupten. Eine gute Sache also so eine Krücke!

Die Aussage des selben Mitarbeiters, er verbringe mehr als 50 % seiner Ar-

beitszeit damit, Zahlen aus dem System zu suchen und in Excel-Tabellen

einzutragen, legt jedoch den Verdacht nahe, dass hier „aus der Not eine Tu-

gend gemacht wurde“.

Das bestehende IT-System wurde vor mehr als 20 Jahren individuell für das

Unternehmen entwickelt und seit dem mit vielen Hilfsmitteln an Veränderun-

gen angepasst. Das Resultat: zu viele Krücken nehmen Stabilität und sind

hinderlich beim vorankommen. Und die Umsetzung neuer Ziele und Strate-

gien ist nicht einfach, denn gerade das Treppensteigen ist schwer mit Krü-

cken.

Diese Erkenntnis ist in der Firma im Verlauf einer langen Zeit gereift, doch

nun werden immer mehr Stimmen laut, mit den Krücken zu brechen. Anders

als eine Krücke, die schnell zur Hand ist, ist jedoch die Implementierung ei-

nes neuen Standbeins ein chirurgischer Eingriff, der gut vorbereitet werden

muss, damit das Implantat nicht vom Körper abgestoßen wird. Und man wie-

der Treppen steigen kann.

1.1 Betriebswirtschaftliche Anwendungssoftware

Ein „Enterprise-Ressource-Planning-System“ (ERP-System) ist eine Soft-

ware zur prozessorientierten Unterstützung der Planung der Ressourcen ei-

nes Unternehmens. Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Implementie-

rung und Nutzung eines ERP-Systems ist die Auswahl eines geeigneten Sys-

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

6

tems, welches die Anforderungen eines Unternehmens erfüllt und in der La-

ge ist, die spezifischen Geschäftsprozesse abzubilden und zu unterstützen.

Da die Auswahl ein sehr komplexer Prozess ist, wird er aus verschiedenen

Blickwinkeln betrachtet. So wird das Problem in die wichtigsten Teilprobleme

zerlegt und diese zunächst isoliert analysiert, wobei neben den theoretischen

Grundlagen jeweils auch die praktische Umsetzung berücksichtigt wird. Aus

den erlangten Erkenntnissen der Teilprobleme wird dann die Synthese der

einzelnen Teile in einem ganzheitlichen Vorgehensmodell zusammengefasst.

Vorliegendes Praxisbeispiel erläutert den Auswahlprozess und das zugehöri-

ge Projektmanagement zunächst theoretisch, um dann im Anschluss konkret

die Vorgehensweise aus der Sicht eines mittelständischen Serien- und Auf-

tragsfertigers zu betrachten.

1.2 Vorgehensweise im Projekt

Den Rahmen des ERP-Projekts stellt das Projektmanagement (PM) dar und

ist somit Grundlage für die erfolgreiche Realisierung des Vorhabens. Das ge-

samte Projekt wird somit vom PM begleitet und viele spezielle Vorgehens-

weisen und Methoden sind darin eingebettet. Grundlagen und wesentliche

Elemente des PM für IT-Projekte werden in Kapitel zwei dargestellt.

In Kapitel drei wird beschrieben, was ausgewählt wird, indem Wesen und

Merkmale von ERP-Systemen erläutert und diese in historischen und aktuel-

len Kontext gesetzt werden. Danach wird näher bestimmt wer auswählt, in-

dem in Kapitel vier Besonderheiten von KMU und in Kapitel fünf Merkmale

von Auftrags- und Serienfertiger herausgearbeitet werden.

Die Bedeutung der Prozessorientierung und -verbesserung bei der Auswahl

wird in Kapitel sechs ausgeführt und die Verwirklichung des damit einherge-

henden organisatorischen Wandels im Rahmen des Change Managements

wird in Kapitel sieben aufgezeigt.

Ausgehend von den in Kapitel acht vorgestellten allgemeinen Grundsätzen

und Vorgehensmodellen wird in Kapitel neun unter Verwendung der Erkenn-

tnisse der voran stehenden Kapiteln ein Vorgehensmodell zur ERP-Auswahl

vorgestellt, welches die aktuelle Situation der Elektro GmbH würdigt und ei-

nen Vorschlag zum weiteren Vorgehen bei der Auswahl darstellt.

Page 12: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

7

2 Projektmanagement als Rahmen der ERP-

Auswahl

Die Wurzeln des modernen Projektmanagements (PM) stammen aus großen

Rüstungsprojekten und den Raumfahrtvorhaben in den 60er Jahren, wobei

es galt, sehr komplexe und interdisziplinäre Aufgaben mit knappen Ressour-

cen und unter hohem Zeitdruck zu lösen. Heute, ein halbes Jahrhundert spä-

ter, ist das Projektmanagement aktueller denn je und Grundlage vielfältigen

wirtschaftlichen Handelns in fast allen Unternehmen.

Der große Erfolg des Projektmanagements in den letzten Jahren hat seine

Ursache nicht zuletzt auch im Wandel der Märkte von Verkäufer- zu Käufer-

märkten, welcher eine große Flexibilität, Kundenorientierung und schnelle

Reaktionen der Unternehmen erfordert um im Wettbewerb bestehen zu kön-

nen und somit neue Organisationsformen und Projektmanagement in den

Unternehmen immer wichtiger werden lässt.

Das Projektmanagement ist somit in der heutigen Zeit ein vielfach bewährtes

Führungsinstrument und findet standardmäßig Anwendung bei einer Vielzahl

von Aufgaben- und Problemtypen. Speziell bei Investitionen und sonstigen

Vorhaben im IT-Bereich handelt es sich typischerweise um Projekte. Bei der

Auswahl und Implementierung neuer betrieblicher Standardsoftware, etwa

eines ERP-Systems, ist die Einrichtung eines Projekts heute die Regel. Da-

bei werden die speziellen Vorgehensweisen und die Methoden zur Auswahl

in ein Projektmanagement eingebettet um das Problem strukturiert zu lösen.

Bei der Bewältigung eines solchen Projekts spielen - neben der eingesetzten

Vorgehensmodelle Methoden und Techniken - vor allem psychologische und

soziologische Faktoren eine wesentliche Rolle. Dazu gehören zum Beispiel

Probleme der Motivation und Kommunikation sowie der Umgang mit Wider-

ständen.

In dieser Arbeit wird dem PM bei der ERP-Auswahl eine große Bedeutung

beigemessen, da zu beobachten ist, dass Projekte sehr häufig scheitern oder

die Ziele nur ungenügend erreicht werden und dass gerade bei ERP-

Projekten viele Fehler auf ein mangelhaftes PM zurückzuführen sind. Im Fol-

genden sollen die Aufgaben modernen Projektmanagements beschrieben

werden und das Vorgehen bei der strukturierten Lösung komplexer Aufgaben

aufgezeigt werden.

Page 13: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

8

2.1 Wesen von Projekten und Projektmanagement

In der Literatur gibt es unterschiedliche Definitionen mit vielen verschiedenen

Merkmalen von Projekten. Wenn man die Gemeinsamkeiten dieser Definitio-

nen nimmt, so wird der Projektbegriff auf folgende wesentliche Merkmale

verdichtet:

Ein Vorhaben mit eindeutigem Ziel,

begrenztem Einsatz von Ressourcen,

individuellem Charakter durch Neu- und Einzigartigkeit und

einer hohen Komplexität

Diese sehr allgemein gehaltenen Eigenschaften deuten darauf hin, dass es

sehr viele unterschiedliche Formen und Ausprägungen von Projekten gibt,

was auch in der Praxis gut zu beobachten ist. Aus diesen allgemeinen

Haupteigenschaften ergeben sich noch einige weitere Merkmale, die viele

Projekte kennzeichnen wie etwa ein hohes Risiko oder eine entscheidende

Bedeutung für das Unternehmen. Projekte unterscheiden sich teilweise

enorm in der Art der Aufgabe, der Projektdauer und der Anzahl der Beteilig-

ten. Dabei kann der Umfang von Projekten variieren, von einem Beteiligten

und einigen Tagen bis zu über Hundert Beteiligten über mehrere Jahre.

IT-Projekte

IT-Projekte befassen sich mit der Entwicklung, Auswahl, Änderung und dem

Betrieb von Informations- und Kommunikationssystemen und können Ele-

mente aller oben genannten, typischen Projekte beinhalten. Spezielle cha-

rakteristische Eigenschaften und Probleme von IT-Projekten sind:

Hohe Komplexität und organisatorische Änderungen

viele Projektbeteiligte aus verschiedenen Abteilungen,

die Notwendigkeit externen Know-Hows durch Berater,

die Integration vorhandener Softwaresysteme und IT-Infrastruktur,

Änderungen von Zielen und Organisation des Projekts während des

Projektablaufs,

die Schwierigkeit der Abschätzung von Terminen und Kosten im Vor-

aus und

daher insgesamt ein hohes Risiko.

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

9

Abgrenzung von Routinetätigkeiten

Routinetätigkeiten sind Prozesse, die täglich im operativen Geschäftsbetrieb

wiederholt werden und in der Linie, also innerhalb einer Abteilung der Auf-

bauorganisation, durchgeführt werden. Die erforderlichen Tätigkeiten bei Pro-

jekten unterscheiden sich wegen der oben genannten Merkmale von Projek-

ten stark von den Routinetätigkeiten. Die Durchführung von Projekten erfor-

dert daher eine besondere Nutzung der verschiedenen Ressourcen und se-

parate organisatorische Gestaltung.

2.1.1 Projektmanagement als Lösungsweg zum Projektziel

Viel interessanter als die Frage, ob es sich bei einer Aufgabe um ein Projekt

handelt, ist die Frage, wie man damit umgeht, wenn man sie als solches

identifiziert hat. Am Anfang steht immer eine Vision oder ein aufgetretenes

Problem und zum Schluss soll ein bestimmtes Ergebnis erzielt werden. Da-

bei kann es mehrere Wege geben, über die das Ziel mehr oder weniger gut

erreicht wird. Dieser Weg wird geprägt durch das PM und hängt von vielen

verschiedenen Faktoren ab.

Unter managen allgemein versteht

man das Setzen von Zielen und

deren Erreichung unter Einsatz

verschiedener Ressourcen sowie

durch Planung, Organisation, Füh-

rung und Kontrolle. Dies kann

auch auf den Rahmen von Projek-

ten übertragen werden.

Häufig ist im Zusammenhang mit

dem Projektmanagement die Rede

vom „Magischen Dreieck“ oder dem „triple constraint“, vgl. Abb. 2. Dies sind

die drei entscheidenden Rahmenbedingungen, die das Projekt determinie-

ren: Der inhaltliche Umfang, die Zeit und die eingesetzten Ressourcen. Diese

drei Größen stehen in einer ständigen Wechselbeziehung, müssen daher

ausbalanciert werden und sind maßgeblich verantwortlich für die Projektqua-

lität.

Qualität

Zeit

Inhalt

Kosten

Abb. 2: "Triple constraint“ des PM

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

10

2.1.2 Projektmanagement als komplexes System

Die Grundelemente jedes PM sind das Projektziel, die Projektorganisation,

die Lenkung des Projekts sowie die zur Erreichung des Ziels verwendeten

Instrumente. Da Projektarbeit sehr von den Fähigkeiten und dem Teamgeist

der Beteiligten lebt, sind die Unter-

nehmenskultur und die Mitarbeiter

weitere wichtige Faktoren für ein

adäquates Projektmanagement.

Das Projektmanagement ist univer-

sell einsetzbar, da es für jede Art

von Problemen und Aufgaben an-

wendbar ist, auch für mehrere Auf-

gaben gleichzeitig im Rahmen ei-

nes Projektportfolios.

Abb. 3 zeigt die Grundelemente des PM. Je nach Umfang des zu Grunde lie-

genden Projekts ist das PM selbst sehr komplex und besteht aus vielen Sub-

systemen. In der Praxis hat sich daher die Verwendung von phasenorientier-

ten Standardvorgehensmodellen bewährt, da diese das Projekt entsprechend

seiner Aufgaben sinnvoll vorstrukturieren und somit sichergestellt wird, dass

keine wichtigen Aufgaben und Schritte unberücksichtigt bleiben.

Jedes Projektmanagement besteht also aus einem festen, standardisierten

Rahmen mit obligatorischen Elementen wie etwa einer Aufbauorganisation,

Meilensteinen, Projektcontrolling. Daneben gibt es jedoch auch Elemente,

die Raum für eine individuelle Gestaltung des Projekts lassen, wie etwa die

Wahl der beteiligten Mitarbeiter und eingesetzten Methoden und Instrumente

oder die projektspezifische Organisation. Die Anpassung des Projektmana-

gements an die charakteristischen Umstände eines Projekts nennt man „Tai-

loring“ . Die Kunst der Projektgestaltung liegt wohl darin, die obligatorischen

Elemente eines Projektmanagements strikt einzuhalten und gleichzeitig den

für das Projekt und Unternehmen passenden Mix der Elemente zu finden und

diese richtig einzusetzen.

Ziele

Pro

jekt-

org

an

isation

Pro

jekt-

lenku

ng

Instr

um

ente

Mitarbeiter

Unternehmenskultur

Abb. 3: Elemente des Projektmanagements

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

11

2.2 Ziele erkennen und formulieren als erste Hürde des Pro-

jekts

Den Projektzielen kommt, auch wenn sie auf den ersten Blick banal wirken

mögen, eine große Bedeutung zu und sie sind ein fester Bestandteil jedes

Projekts, der häufig vernachlässigt wird. Um das, einem Projekt zu Grunde

liegende, komplexe Problem strukturiert zu lösen, ist das Suchen und Defi-

nieren der Ziele die erste kritische Aufgabe eines Projekts, da hier die Frage

geklärt wird, was erreicht werden soll und somit die Richtung vorgegeben

wird. Im Folgenden werden zunächst die wichtigsten Schritte zur Erreichung

von Zielformulierungen und Zielsystemen genannt und anschließend deren

Nutzen für ein Projektmanagement erläutert.

2.2.1 Von der Vision zum Ziel

Ein Ziel ist ein gedanklich vorweggenommener Soll-Zustand,

der in der Zukunft liegt,

der realistisch sein soll,

dessen Erreichen angestrebt wird,

der bewusst gewählt wurde und

nur erreichbar sind, wenn dazu aktiv Schritte unternommen werden.

Die Zielformulierung kann als ein Prozess angesehen werden, bei dem so-

wohl objektive Fakten als auch subjektive Visionen, Ideen und Interessen

verarbeitet werden. Die subjektiven Aspekte haben eine heterogene Herkunft

und können sowohl unternehmens- als auch bereichs- oder individuenbe-

dingt sein, Beispiele hierfür sind die Unternehmens- und IT-Strategie sowie

Interessen einzelner Mitarbeiter. Gerade diese unterschiedlichen, subjektiven

Faktoren machen es unabdingbar, sich auf Ziele zu einigen und diese zu fi-

xieren, da die unterschiedlichen Erwartungen an ein Projekt die Qualität der

Ergebnisse und somit das Erreichen der Ziele beeinflussen können.

Bei der Bestimmung der Ziele müssen daher schon die wichtigsten Beteilig-

ten des Projekts einbezogen werden, um eine hohe Akzeptanz zu erreichen

und die Zielformulierung muss

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

12

lösungsneutral,

frei von Widersprüchen,

realistisch bzw. erreichbar,

klar und positiv formuliert und

messbar sein.

Aus der Komplexität von Projekten ergibt sich, dass es in der Regel mehrere

Ziele verschiedener Art gibt, etwa Global- und Teilziele, strategische und

operative Ziele oder „Muss“- und „Kann“-Ziele. Diese Projektziele müssen

strukturiert und mit anderen Zielen, etwa Unternehmenszielen oder Zielen

anderer Projekte, in Einklang gebracht werden. Sie bilden dann ein Zielsys-

tem mit einer Zielhierarchie, welches die Rahmenbedingungen eines Projekts

darstellt.

Die Zielhierarchie wird erreicht, indem die einzelnen Ziele vom „Groben“ zum

„Feinen“ strukturiert werden. Dabei müssen prinzipiell mögliche Ziele, die je-

doch nicht verfolgt werden sollen - also außerhalb des Rahmens stehen -

auch explizit genannt werden, damit für diese „Nicht-Ziele“ des Projekts keine

Projektressourcen aufgewendet werden.

Neben den Zielen des inhaltlichen Umfangs, also was erreicht werden soll,

müssen auch noch die Vorgehensziele festgelegt werden, also wie es er-

reicht werden soll. Diese sind die zur Verfügung stehenden Ressourcen so-

wie die Zeit. Am Anfang eines Projekts werden zu diesem Zweck die Meilen-

steine festgelegt und eine grobe Kosten- und Aufwandsschätzung vorge-

nommen. Alle Ziele lassen sich dem in Abschnitt 2.1.2 beschriebenem „Ma-

gischen Dreieck“ des Projektmanagements zuordnen.

Projekte unterliegen aufgrund ihrer Komplexität und den vielen Einflussfakto-

ren einer gewissen Dynamik. Dies kann dazu führen, dass die Projektziele im

Verlauf geändert und angepasst werden müssen.

2.2.2 Nutzen von Zielsystemen

Sind die Ziele eines Projekts formuliert und existiert ein strukturiertes Zielsys-

tem, so sind erfüllen diese eine Reihe wichtiger Funktionen in einem Projekt,

die nachstehend beschrieben werden.

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

13

Erfolgsmessung

Die festgelegten Ziele sind die Ansatzpunkte für eine Erfolgsmessung und

daher Grundlage für das Projektcontrolling. Wenn die Ziele messbar sind,

kann ein Zielerreichungsgrad ermittelt werden. Hierdurch kann der Erfolg von

Projekten oder Teilprojekten beurteilt werden. Werden Abweichungen von

Teilzielen festgestellt, so kann dies spezielle Maßnahmen erfordern, um die

Erreichung weiterer Ziele nicht zu gefährden.

Orientierungsfunktion.

Da die Ziele die Rahmenbedingungen des Projekts darstellen, geben sie eine

Orientierung während des gesamten Projektverlaufs und vermeiden dadurch,

dass man sich mit Tätigkeiten, die außerhalb des definierten Rahmens lie-

gen, beschäftigt. Je detaillierter die Ziele sind, desto besser lassen sie sich

auch zur Auswahl von Projektaktivitäten nutzen. Das hierarchische, struktu-

rierte Zielsystem bietet grobe Anhaltspunkte für die Projektplanung und -

kontrolle.

Motivationsfunktion.

Ziele machen das Projekt transparenter und durch die Einbeziehung vieler

Beteiligter bei der Zielformulierung entsteht eine höhere Akzeptanz bei den

Mitarbeitern. Die führt dazu, dass sich die einzelnen Personen mehr mit dem

Projekt identifizieren und die Motivation steigt.

Legitimationsfunktion

Da im Zielsystem auch übergeordnete Ziele wie etwa Unternehmensziele be-

rücksichtigt werden, ergibt sich dadurch eine Legitimation für das Projekt, da

so Dritten gegenüber die Vorteilhaftigkeit eines Projekts für das Unterneh-

men erklärt werden kann.

2.3 Projektorganisation

Wie in Abschnitt 2.1 festgestellt wurde, handelt es sich bei Projekten um Auf-

gabenstellungen, die von den Routinetätigkeiten eines Unternehmens ver-

schieden sind und dementsprechend auch abweichend von diesen behandelt

werden müssen. Im Gegensatz zur Unternehmensorganisation ist die Pro-

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

14

jektorganisation nur auf eine begrenzte Zeit ausgerichtet und muss beson-

ders schnell und flexibel auf die Umwelt reagieren können.

Die Projektorganisation gilt als „die Summe all jener Regeln und Strukturen,

die eine effiziente Zusammenarbeit aller am Projekt beteiligten Personen

gewährleistet“ und beschreibt „die Definition von Rollen, samt zugehöriger

Kompetenzen und Verantwortungen, die Regelung des Informationsflusses

und die Vereinbarung sonstiger Regeln der Zusammenarbeit“ als deren Auf-

gaben. Eine Projektorganisation ist daher bei jedem Projekt obligatorisch, in

der Ausprägung jedoch teilweise sehr unterschiedlich und muss individuell

auf das jeweilige Projekt abgestimmt werden. Dabei spielen sehr viele Fakto-

ren eine Rolle, wie etwa Komplexität und Umfang des Projekts, seine Bedeu-

tung für das Unternehmen, die Struktur der vorhandenen Unternehmensor-

ganisation oder die Verfügbarkeit von Mitarbeiterressourcen.

Im Rahmen der Ablauforganisation müssen generelle, projektinterne Rege-

lungen für verschiedene Geschäftsvorfälle getroffen werden. Dies sind zum

Großteil administrative Vorschriften, etwa im Rahmen des Projektberichtswe-

sens, oder Vorschriften über den Umgang mit bestimmten Arbeitsobjekten.

Auch der Informationsfluss unter den Projektbeteiligten und der Projektum-

welt muss im Rahmen der Projektorganisation geregelt werden.

Ein Projekt lebt von den verschiedenen Akteuren, die an dem Projekt beteiligt

sind. Im Folgenden werden die allgemeinen Aufgaben und Kompetenzen der

wichtigsten Projektbeteiligten sowie die Anforderungen an diese vorgestellt.

Auftraggeber eines Projekts

Der Auftraggeber entstammt häufig aus dem Vorstand oder der Geschäfts-

führung. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehören die Ernennung des Pro-

jektleiters und die Erteilung des Projektauftrags, wodurch zwischen ihm und

dem Projektleiter ein Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnis entsteht. Der

Auftraggeber gibt dabei Ziele und Rahmenbedingungen des Projekts vor,

wodurch er eine wichtige Rolle bei der Weichenstellung des Projekts spielt.

Er ist weiter Vertreter des Unternehmens und als solcher zuständig für die

Vermittlung der allgemeinen Unternehmenskultur und der Unternehmenszie-

le, welche im Projekt berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus beglei-

tet er das Projekt auch während der gesamten Dauer, wobei er strategische

Entscheidungen im Rahmen des Projekts trifft, also solche, die langfristige,

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

15

bedeutsame oder risikobehaftete Auswirkungen auf das Unternehmen ha-

ben. Er überwacht das Projekt bietet - etwa bei Konflikten oder der Vertre-

tung des Vorhabens nach außen - Unterstützung.

Lenkungsausschuss

Dieses Gremium besteht in der Regel aus dem Auftraggeber, Mitgliedern der

Geschäftsführung und Vertretern besonders wichtiger Anspruchsgruppen. Es

hat die Aufgabe, die wesentlichen Entscheidungen zu treffen und somit das

Projekt zu lenken und wichtige Weichen zu stellen. Die Einrichtung eines

Lenkungsausschusses ist dann besonders wichtig, wenn das Projekt von den

obersten Unternehmenszielen geleitet wird und einen strategischen Charak-

ter hat.

Projektleiter

Der Leiter des Projekts, oder auch Projektmanager, hat eine zentrale Rolle

im Projektmanagement und der Projekterfolg hängt stark von seinen Fähig-

keiten ab. Er ist verantwortlich für die Erreichung der im Projektauftrag fest-

gelegten Ziele und die Verwendung der bereitgestellten Ressourcen des Pro-

jekts, wobei er große Freiheiten in der konkreten Ausgestaltung genießt.

Kompetenzen und Weisungsbefugnisse des Projektleiters hängen stark von

der gewählten Organisationsform ab und müssen zu Beginn des Projekts

vom Auftraggeber erteilt werden.

Der Projektleiter ist von Anfang an beteiligt an der Projektdefinition, der Aus-

wahl der passenden Projektmitglieder und der Organisationsform sowie wäh-

rend der gesamten Laufzeit für Planung, Steuerung und Kontrolle aller Aktivi-

täten verantwortlich. Durch seine vielen Aufgaben und Kompetenzen ist er

stets über alle wichtigen Fakten informiert und damit im Schnittpunkt aller

Kommunikationsbeziehungen, sowohl projektintern als auch -extern.

Um den hohen Anforderungen gerecht zu werden, muss der Projektleiter so-

wohl über ein hohes Maß an Führungs-, Methoden- und Fachkompetenz ver-

fügen, als auch, um eine gute Teamarbeit zu fördern und die Mitarbeiter zu

motivieren, ausgeprägte soziale Kompetenzen haben.

Bei IT-Projekten hat man in der Regel die Wahl, einen Projektleiter aus der

EDV-Abteilung zu nehmen oder aus einem Fachbereich. Ersterer wird seine

Schwerpunkte wohl eher auf technische Probleme setzten, der Zweite auf die

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

16

fachlichen. Daher ist darauf zu achten, dass der Projektleiter ein ausgewo-

genes Verhältnis zwischen technischen und fachlichen Gesichtspunkten

schafft und dabei auch Wirtschaftlichkeitsaspekte nicht vernachlässigt.

Projektteam

Der Projektleiter und die Projektmitarbeiter bilden das Projektteam. Die Pro-

jektmitarbeiter bearbeiten unter der Leitung des Projektleiters die Aufgaben

des Projekts, die aufgrund der Komplexität von Projekten sehr vielfältig sein

können und daher Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen des Unterneh-

mens erfordern. Da nicht alle Mitarbeiter in jeder Phase des Projekts benötigt

werden, gibt es neben den permanenten auch temporären Mitarbeitern die

nur für einen begrenzten Zeitraum oder bei einzelnen Aufgaben im Rahmen

des Projekts mitarbeiten.

Hinsichtlich der Zusammensetzung des Teams soll versucht werden, Mitglie-

der mit verschiedenen, sich gut ergänzenden Charaktereigenschaften und

Fähigkeiten zu finden, so dass in der Gruppe von den Ressourcen Wissen,

Erfahrung, soziale und fachliche Kompetenz und Engagement ein ausgewo-

genes Verhältnis vorhanden ist.

Für die Größe des Teams gilt, dass es nur so groß sein soll, dass die Ziele

gerade erreicht werden können, da bei vielen Mitgliedern der Aufwand für

Koordination und Kommunikation ansteigt. In der Praxis kann eine Teamgrö-

ße von drei bis fünf Personen als erstrebenswert und von zehn als gerade

noch handhabbar angesehen werden. Werden zur Erledigung mehr Perso-

nen benötigt, so sollten kleinere und effektivere Unterteams gebildet werden.

Auch an die Projektmitarbeiter werden besondere Ansprüche gestellt, da die

Bearbeitung von Projektaufgaben in der Regel schwerer ist, als die von Rou-

tineaufgaben. Infolgedessen müssen die Mitarbeiter überdurchschnittliche

Leistungen erbringen, sich mit den Projektzielen identifizieren, besonders

teamfähig sein und möglichst viel Erfahrung einbringen.

Sonstige Rollen im Projekt

Neben den oben vorgestellten Rollen kann es in Projekten, je nach gewählter

Organisationsform und sonstigen Umständen des Projekts, auch noch weite-

re Rollen geben. Dies können beispielsweise verschiedene Gremien, wie et-

wa Fach- oder EDV-Ausschüsse sein, die das Projekt begleiten und unters-

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

17

tützen oder auch einzelne einflussreiche Personen, die bestimmte Aufgaben

wahrnehmen, etwa als so genannte „Macht-Promotor“ die Durchsetzung ei-

nes Projekts fördern.

Grundsätzlich können Rollen in Projekten auch von Externen eingenommen

werden. Dabei können sie entweder mit der Durchführung von Aktivitäten be-

treut werden oder beratende Funktion haben. Die Einbindung Externer kann

in allen Phasen eines Projekts erfolgen, wozu als Basis Dienst- oder Werk-

verträge dienen können.

2.4 Projektlenkung

Die Projektlenkung wird auch als funktionelles Projektmanagement bezeich-

net und beinhaltet die

Projektplanung,

Projektkontrolle und

Projektsteuerung.

Im Folgenden wird gezeigt, wie diese drei Bestandteile zusammen einen Re-

gelkreis bilden und es werden die jeweilige Elemente sowie ihre Aufgaben

erläutert.

2.4.1 Regelkreis der Projektlenkung

Aufgabe der Projektplanung ist es, realistische Sollvorgaben für die gesamte

Projektdurchführung zu ermitteln. Diese Vorgaben werden im Rahmen der

Projektüberwachung mit den Ist-Werten verglichen, wodurch Abweichungen

sichtbar gemacht werden können. Im Rahmen der Projektsteuerung werden

diese durch Gegenmaßnahmen korrigiert. Sind die Abweichungen jedoch zu

schwerwiegend, müssen Änderungen in der Projektplanung vorgenommen

werden. Projektplanung, -steuerung und -kontrolle hängen somit voneinander

ab und bilden gemeinsam den Regelkreis der Projektlenkung, vgl. Abb. 4.

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

18

2.4.2 Projektplanung

Projektplanung ist „die systematische Informationsgewinnung über den zu-

künftigen Ablauf des Projekts und die gedankliche Vorwegnahme des not-

wendigen Handelns im Projekt“. Eine Planung ist notwendig für den Projekt-

erfolg, wobei jedoch der Planungsaufwand an die Aufgabenstellung ange-

passt werden muss und das Projekt nicht überorganisiert werden darf, um

einen gewissen Grad an Flexibilität und Raum für Kreativität zu lassen.

Die Projektplanung ist jedoch kein einmaliger Vorgang, sondern ein Prozess,

der das ganze, durch Phasen strukturierte Projekt begleitet. Neben dem gro-

ben Gesamtprojektplan werden jeweils detaillierte Pläne für die nächste Pha-

se erstellt. Nach Beendung einer Phase sind meist breitere und neue Infor-

mationen vorhanden, welche dann im weiteren Ablauf berücksichtigt werden

müssen. Dadurch wird der Projektplan mit der Zeit detaillierter und kann sich

ändern. Der Einsatz von Vorgehensmodellen unterstützt die Projektplanung

und schafft Transparenz, da die Durchführung in vordefinierten Phasen ver-

läuft. Im Folgenden werden die wichtigsten Teilaufgaben der Projektplanung

kurz vorgestellt.

Durchführung

Soll-Werte

Ist-Werte

Ziele

Störung

Änd

eru

n-

gen

Kontrolle

Planung Steuerung

Maß

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Soll-

Wert

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Abb. 4: Regelkreis der Projektlenkung

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

19

Strukturierung der Aufgaben

Ziel dieses ersten Planungsschrittes ist es, einen Strukturplan zu erstellen,

der eine Übersicht über das Projekt gibt und die einzelnen Teilaufgaben und

deren Zusammenhänge wiedergibt.

Der grobe Strukturplan enthält die Meilensteine, welche den Abschluss einer

Projektphase darstellen und als solche wichtige Schlüsselereignisse des Pro-

jekts markieren. Die Meilensteine bieten Orientierung über den Verlauf des

Projekts und sind Punkte, an denen häufig wichtige Entscheidungen getrof-

fen werden und somit die Weichen für das weitere Vorgehen gestellt werden.

Für die Erstellung eines detaillierten Projektplans werden die Aufgaben so-

weit zerlegt, dass Arbeitspakete gebildet werden, die den vorgesehenen Per-

sonen oder Teams zur Bearbeitung gegeben werden. Für die einzelnen Ar-

beitspakete muss eindeutig festgelegt werden, welche Ausgangsvorausset-

zungen zur Bearbeitung geschaffen werden müssen, welche Ergebnisse er-

reicht werden sollen und wer die Verantwortung dafür trägt.

Im Anschluss werden im Rahmen der Projektablaufplanung die Reihenfolge

der Erledigung der einzelnen Arbeitspakete festgelegt. Hierzu müssen die

Abhängigkeiten der einzelnen Pakete untereinander festgestellt und diese

dann logisch verknüpft werden. Unterstützt wird dieser Vorgang durch den

Einsatz von Listentabellen, Balkendiagrammen oder der Netzplantechnik.

Aufwandsschätzung

Aus der Aufwandsschätzung leitet sich zum einen die Termin- und Kapazi-

tätsplanung ab, zum anderen stellt sie die Grundlage für Investitionsent-

scheidungen im Projekt dar, beispielsweise für die Budgetkalkulation oder die

Wirtschaftlichkeitsanalyse bei einer Softwareauswahl. Die wichtigsten De-

terminanten des Projektaufwands sind die Quantität und Qualität der Ergeb-

nisse sowie die Dauer und Kosten des Projekts. Diese vier Bestandteile hän-

gen voneinander ab, so dass keine Veränderung bei einer Größe vorge-

nommen werden können ohne Auswirkungen auf mindestens eine der ande-

ren.

Im Verlauf eines Projekts kann mehrmals eine Aufwandsschätzung durchge-

führt werden, da die verfügbaren Daten für die Schätzung gegen Ende ge-

nauer werden. Die Probleme bei der Durchführung einer Aufwandsschätzung

bestehen hauptsächlich

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

20

in einer oft ungenauen Zieldefinition,

den schwer quantifizierbaren Einflüsse,

dem hohen Innovationsgrad, sowie

in den Veränderungen von Rahmenbedingungen,

was dazu führt, dass die Ergebnisse der Aufwandsschätzung zu Beginn des

Projekts oft nicht sehr zuverlässig sind.

Terminplanung

Im Rahmen der Terminplanung werden den einzelnen Aktivitäten Anfangs-

und Endtermine zugeordnet, indem zunächst eine Vorwärtsterminierung vom

Starttermin und anschließend eine Rückwärtsterminierung vom Endtermin

durchgeführt wird, auf der Grundlage der Zeiten die bei der Aufwandschät-

zung ermittelt wurden. Durch diese doppelte Terminierung werden Puffer

sichtbar, also Zeitspannen, um die ein Termin verändert werden kann, ohne

den Endtermin zu gefährden. Sind keine Puffer zwischen Aktivitäten vorhan-

den, werden als kritisch bezeichnet. Der kritische Weg ist die Folge von kriti-

schen Vorgängen vom Anfangs- bis zum Endzeitpunkt. Da hier keine zeitli-

chen Spielräume vorhanden sind, können Störungen zu Verzögerungen füh-

ren.

Aus Gründen der Motivation und Orientierung, sowie als Signalfunktion für

besonders wichtige Abschnitte werden bei der Terminplanung die Meilen-

steine hervorgehoben.

Kapazitätsplanung

Bei der Kapazitätsplanung sollen personelle, maschinelle und materielle

Engpässe frühzeitig erkannt werden, um Gegenmaßnahmen einleiten zu

können. Hierbei kommen neben der Verwendung von Balkendiagrammen

und Netzplänen auch Belastungsdiagramme zum Einsatz. Da Termin- und

Kapazitätsplanung sich gegenseitig beeinflussen, müssen sie in einem itera-

tiven Prozess miteinander abgestimmt werden.

Projektkostenplanung und Wirtschaftlichkeitsanalyse

Alle anfallenden Kosten im Rahmen der Erstellung des neuen Systems wer-

den bei der Kostenplanung ermittelt. Die wichtigsten Kosten im Rahmen von

Projekten sind Personalkosten sowie extern bezogene Sachmittel und

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

21

Dienstleistungen. Auch die Kostenplanung wird mehrmals durchgeführt und

angepasst, wobei zunächst grobe Schätzungen später - soweit möglich - ge-

nauere Werte verwendet werden.

Risikoanalyse

Umfangreiche Projekte werden durch vielfältige Risiken geprägt, die organi-

satorisch, technisch, terminlich, personell, kosten- und nutzenorientiert oder

psychologisch bedingt sein können.

Um diesen Risiken zu begegnen, müssen sie zunächst identifiziert und be-

züglich der Eintrittswahrscheinlichkeit und möglichen Auswirkungen bewertet

werden. Ausgehend von den identifizierten Risiken müssen - wenn möglich -

vorbeugende Maßnahmen getroffen werden und Vorgehenspläne erstellt

werden für den Fall des Eintretens. In der Praxis kann das Risikomanage-

ment mit Hilfe einer Risikomatrix durchgeführt werden, in der den jeweiligen

Risiken eine Bewertung, Maßnahmen und Verantwortliche zugeordnet wer-

den.

Projektüberwachung und -steuerung

Die Projektüberwachung sollte im Sinne eines umfassenden Controlling-

Begriffs verstanden werden. Dies erfordert, dass nicht nur ein vergangen-

heitsbezogener Ist-Soll-Vergleich durchgeführt wird, sondern auch zukünftige

Entwicklungen und Risiken Berücksichtigt werden müssen und somit eine

Frühwarnfunktion erfüllt wird. Weiter gehört zu dieser ganzheitlichen Sicht-

weise, dass nicht nur die primären Überwachungsparameter Zeit und Kosten

berücksichtigt werden, sondern auch die Qualität der Ergebnisse und andere

Aspekte wie etwa das Projektumfeld und die psychisch-soziale Situation der

Mitarbeiter. Da diese weichen Faktoren und der Blick in die Zukunft schwer

zu bewerten sind, sind hier die Erfahrung, Intuition sowie intensive informelle

Kontakte des Projektleiters zu den Beteiligten gefragt.

Ziel der Projektsteuerung ist es, die Planung zu realisieren und auf Änderun-

gen zu reagieren, indem die entsprechenden Maßnahmen und Eingriffe vor-

genommen werden. Dies geschieht durch Führungsaufgaben wie etwa die

Anleitung der Mitarbeiter, das Setzen von Anreizen oder die Koordination der

Projektaktivitäten. Die Projektsteuerung begleitet das ganze Projekt und for-

dert ein aktives Handeln der Projektleitung.

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

22

2.5 Vorgehensmodelle, Methoden und Instrumente im Pro-

jektmanagement

Um die komplexen Aufgaben von IT-Projekten bewältigen zu können, ist die

systematisierte Anwendung von Methoden und Vorgehensmodellen sowie

die Hilfe von Werkzeugen unumgänglich. Eine Methode ist ein planmäßiges

und begründetes Verfahren zur Lösung einer Aufgabe oder zur Gewinnung

von Erkenntnissen. Bei komplexen Projekten gibt es keine universelle Me-

thode, die allen Anforderungen gerecht wird, daher kommen, im Rahmen von

Vorgehensmodellen, mehrere Methoden nebeneinander - und auch mitei-

nander kombiniert - zum Einsatz.

Vorgehensmodelle sind daher die Grundlage jeder Projektdurchführung, da

hier die eingesetzten Methoden bestimmt werden und somit den Ausgangs-

punkt der strukturierten Projektdurchführung darstellen. Die wichtigsten Auf-

gaben und Merkmale von Vorgehensmodellen sollen im folgenden Abschnitt

erläutert werden. Die Methoden und Vorgehensmodelle basieren dabei auf

allgemeinen Prinzipien und Denkansätzen, die in diesem Kapitel anschlie-

ßend vorgestellt werden. Um die Methoden praktisch umzusetzen werden,

spezielle Techniken eingesetzt. Unter diese Techniken fallen zahlreiche

Werkzeuge und Instrumente, auf deren Bedeutung kurz eingegangen wird.

2.5.1 Vorgehensmodelle

Die Durchführung eines Projekts läuft in der Regel nach Vorgehensmodellen

ab, welche Voraussetzung für eine ingenieurmäßige, systematische Aufga-

benbewältigung sind und den Weg vom Ist zum Soll strukturieren. Die mögli-

chen Elemente eines Vorgehensmodells sind in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1: Elemente von Vorgehensmodellen

Aspekt Elemente

Planung Phasen, Arbeitsschritte, Tätigkeiten, Aktivitäten

Meilensteine, Entscheidungszeitpunkte

Durchführung Methoden, Techniken, Hilfsmittel, Prinzipien

Rollen, Personen, Teams

Produkte, Ergebnisse, Dokumente

Kontrolle Reviews, Tests, Kontrollen

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

23

Abb. 5 zeigt die wichtigsten Schritte eines allgemeinen Auswahlprojekts. In

Abhängigkeit von vielen Einflüssen, wie etwa Projektart, Umfang und Dring-

lichkeit, muss aus einer Vielzahl speziellerer wissenschaftlicher und prakti-

scher Vorgehensmodellen das ausgesucht werden, dass den Anforderungen

eines konkreten Vorhabens am besten entspricht.

Durch das ausgewählte Vorgehensmodell werden somit Erfahrungen und

„Know-how“ importiert und bereits bewährte Vorgehensschritte können über-

nommen werden. Das Vorgehensmodell bildet somit das Grundgerüst der

Projektdurchführung und es stellt eine Erweiterung des klassischen Phasen-

konzeptes dar.

Im Rahmen des „Tailorings“ werden Anpassungen des allgemeinen Modells

vorgenommen, um ein projektspezifisches Vorgehensmodell zu gestalten.

Hierzu werden die Besonderheiten des Unternehmens, des Projekts und

sonstiger Umwelteinflüsse berücksichtigt.

2.5.2 Werkzeuge, Techniken und EDV-Unterstützung

In Projekten kommen in der Regel mehrere verschiedene - teilweise EDV-

gestützte - Werkzeuge und Techniken zum Einsatz für das Managen eines

Projekts, beispielsweise Balkendiagramme zur Termin- und Ressourcenpla-

nung, Präsentationswerkzeuge, Tabellenkalkulation oder Dokumentenver-

waltung. Darüber hinaus kommen auch noch Werkzeuge und Techniken zum

Einsatz, die je nach Projekt zur Erfüllung der speziellen erforderlichen Aktivi-

täten benötigt werden. In einem ERP-Auswahlprojekt können dies beispiels-

weise Modellierungstools, Werkzeuge zur Auswahlunterstützung oder Tech-

niken zur Aufwandsschätzung oder Kostenanalysen sein.

Grundsätzlich ist der Einsatz vieler und sehr unterschiedlicher Hilfsmittel

denkbar. Es ist hierbei zu berücksichtigen, dass zum Einsatz von Werkzeu-

gen in der Regel neben den Anschaffungskosten vor allem Schulungs- und

Einarbeitungsaufwand entsteht. Die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes muss im

Einzelfall geprüft werden. Einige für ERP-Projekte relevante Werkzeuge und

Abb. 5: Phasenmodell

Projekt- anstoß

Hauptstudie Auswahlprozess

Implemen-

tierung

Inbetrieb-

nahme

Projekt-

abschluss

Vorstudie

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

24

Techniken werden noch in den folgenden Kapiteln genannt und kurz skiz-

ziert.

2.6 Aspekte menschlichen Verhaltens im Projektmanage-

ment

Bisher wurden hauptsächlich formal-strukturelle und technologische Aspekte

des PM aufgezeigt, die den organisatorischen Aufbau, die Planung, das

strukturierte Vorgehen sowie die Werkzeuge und Methoden zur Erreichung

der Projektziele fokussiert haben. Da Projekte jedoch von Menschen durch-

geführt werden, ist die psychologisch-soziale Komponente menschlichen

Verhaltens ein wesentlicher Faktor, der für das Scheitern vieler Projekte ver-

antwortlich ist.

Da die informellen Aspekte einen großen Anteil am Gelingen eines Projekts

haben, werden die sozialen und psychischen Einflüsse im Projektmanage-

ment in diesem Kapitel berücksichtigt, indem die Aspekte der Teamarbeit

und Motivation dargestellt werden und der Umgang mit Widerständen im Pro-

jekt geschildert wird.

2.6.1 Mehr Leistung durch Teamarbeit

Ein Team ist eine Gruppe von Menschen, die eine gemeinsame Aufgabe ha-

ben und in der die Handlung des Einzelnen Einfluss auf den Erfolg der gan-

zen Gruppe hat. Die Arbeit in Teams ist eine vielfach bewährte Form der Zu-

sammenarbeit, um komplexe, interdisziplinäre Aufgaben zu meistern. Um ei-

ne hohe Schlagkräftigkeit im Team zu erreichen, kommt es - neben der Aus-

wahl der richtigen Teammitglieder - auch auf die Beziehungen der Teammitg-

lieder untereinander an. Diese sind stark durch Gefühle, Bedürfnisse, Sym-

pathien und Normen geprägt. Daher müssen im Rahmen der Gruppenarbeit

spezielle Regeln und Grundsätze berücksichtigt werden, denen sich auch der

Projekt- oder Gruppenleiter unterordnet. Hierzu zählen etwa

die vollwertige Akzeptanz und Integration aller im Team,

Offenheit im Umgang miteinander und hoher Informationsaustausch,

eine hohe Kooperationsbereitschaft,

Geschlossenheit nach außen und

eine gemeinsame Meinungsbildung.

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

25

Neben der Beachtung dieser Regeln muss auch das Vorgehen der Gruppen-

arbeit geplant werden, indem die Treffen gut vorbereitet werden, eine reali-

sierbare Tagesordnung erstellt wird, eine ungestörte Arbeitsatmosphäre ge-

schaffen wird und die benötigten Werkzeuge bereitgestellt werden.

Durch die Zusammenarbeit verschiedener Individuen kommt es zwangsläufig

auch zu Konflikten, sowohl organisatorischer Natur als auch auf persönlicher

Ebene. Ursachen von persönlichen Konflikten können beispielsweise in der

mangelnden Eignung eines Gruppenmitglieds zur Teamarbeit oder in persön-

lichen Spannungen zwischen Gruppenmitgliedern liegen. Grundsätzlich gilt,

dass versucht werden soll, Konflikten vorzubeugen. Dennoch auftretende

dürfen nicht ignoriert werden und sollten durch Diskussion, konstruktive Ar-

gumentation und Vermittlung Dritter beseitigt werden.

2.6.2 Motivation als Steuerung menschlichen Verhaltens

Das menschliche Verhalten wird von Motiven gesteuert. Motive entstehen in

diesem Zusammenhang

durch verschiedenartige un-

befriedigte Bedürfnisse einer

Person, die in Abb. 7 sind.

Als Motivation bezeichnet

man den Prozess, in dem das

menschliche Verhalten durch

Motive so gesteuert wird,

dass es bestimmte Ziele be-

wusst oder unbewusst zu er-

reichen bemüht ist. Im Rah-

men eines Projekts ist es daher notwendig, die Projektbeteiligten zu motivie-

ren, indem die Ziele des Projekts mit den individuellen Bedürfnissen der Mi-

tarbeiter koordiniert werden.

Gerade in Projekten, die durch komplexe und neuartige Anforderungen ge-

kennzeichnet sind, kommt der Motivation im Projektmanagement eine be-

sondere Bedeutung zu, da durch Motivation auch eine besonders engagierte

Aufgabenerfüllung erreicht werden kann, beispielsweise durch eine größere

geistige und körperliche Anstrengung, mehr Kooperationsbereitschaft, höhe-

re Schnelligkeit oder ein gesteigertes Qualitätsbewusstsein.

Abb. 7: Grundlagen der Motivation

Bedürfnis nach materieller Exis-tenzsicherung

Bedürfnis nach sinnerfülltem

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Bedürfnis nach Gruppenzuge-

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

26

Während des gesamten Projekts ist es daher Aufgabe des Projektleiters, die

Beteiligten zu motivieren, was voraussetzt, dass er selbst auch in hohem

Maße motiviert ist und damit eine Vorbildfunktion erfüllt.

Um eine hohe Motivation zu erreichen, gibt es zahlreiche Einflussfaktoren,

beispielsweise

die Gestaltung der Projektorganisation,

der Umgang des Projektleiter mit dem Team und den Individuen,

die Identifikation der Mitarbeiter mit den Projektzielen,

die Effizienz der Informationskanäle und

die Transparenz des Projekts.

2.6.3 Widerstände

Da Projekte oft mit Veränderungen einhergehen, die unbequem und arbeits-

intensiv sind, kommt es häufig zu Frustration bei einzelnen oder mehreren

Beteiligten. Diese kann verschiedene Auswirkungen haben, von einer

Gleichgültigkeit gegenüber dem Vorhaben angefangen bis hin zu passivem

oder auch aktivem Widerstand und sogar Sabotage des Projekts. Dies stellt

ein großes Risiko für einen erfolgreichen Abschluss eines Projekts dar.

Widerstände in Projekten können viele Ursachen haben. So können die Be-

troffenen beispielsweise Angst vor dem Neuen in einem Veränderungspro-

zess haben, sehen ihren Status bedroht oder fühlen sich den neuen Aufga-

ben nicht gewachsen. Häufig führt auch eine gewisse „Trägheit“ im men-

schlichen Verhalten dazu, dass an alten Gewohnheiten und Denkmustern

festgehalten wird.

Um Widerständen von Anfang an vorzubeugen, muss schon während der

Planung eine große Transparenz im Hinblick auf Ziel, Durchführung und

Auswirkungen des Projekts geschaffen werden, damit größtmögliche Über-

einstimmung mit den individuellen Bedürfnissen und Motiven der einzelnen

Teammitglieder erzielt werden und diese motiviert sind, ihr Bestes zum Ge-

lingen des Projekts beizutragen.

Während der Projektdurchführung muss die Projektleitung Widerstände ernst

nehmen und versuchen, deren Ursachen zu verstehen und die Kooperati-

onsbereitschaft des Einzelnen oder des Teams durch Lösung der entstande-

nen Probleme wieder herzustellen.

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Projektmanagement als Rahmen der ERP-Auswahl

27

Es muss daher dafür gesorgt werden, dass

Änderungen als Chance betrachtet werden und

die positiven Aspekte des Neuen erkannt werden,

eine Vertrauensbasis zu den Betroffenen hergestellt wird,

eine offene Kommunikation herrscht,

Mitarbeiter früh einbezogen werden und deren

individuelle Ängste oder vorbehalte ernst genommen werden.

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ERP-Systeme

28

3 ERP-Systeme

Unternehmenssoftware ist heute, im so genannten Informationszeitalter, sehr

weit verbreitet. Man kann davon ausgehen, dass mindestens 80 % der gro-

ßen und mittleren Unternehmen verschiedene Softwaresysteme zur Unters-

tützung der betrieblichen Aufgaben einsetzen. Die eingesetzte Unterneh-

menssoftware bildet zusammen mit den Benutzern das Informationssystem

eines Unternehmens. Dieses sozio-technische System hat ganz allgemein

zum Ziel, Information und Kommunikation bestmöglich und nach wirtschaftli-

chen Kriterien bereitzustellen.

Seit der Einführung elektronischer Datenverarbeitung in den 60er Jahren bis

heute hat sich die Form der eingesetzten Software geändert bzw. weiterent-

wickelt und so prägen heute viele verschiedene Begriffe das Umfeld der Un-

ternehmenssoftware. In diesem Kapitel wird der Begriff ERP-System abge-

grenzt, indem die historische Entwicklung und Merkmale dieser Systeme

kurz beschrieben werden und ein Ausblick über die aktuelle Entwicklung ge-

geben wird. Für die Auswahl einer Software und die damit verbundene

Marktanalyse ist es notwendig zu wissen, was sich hinter den verschiedenen

Begriffen verbirgt, um herauszufinden, was die jeweiligen Systeme leisten

können. Es ist dabei auch zu beachten, dass der Markt für entsprechende

Softwaresysteme teilweise intransparent ist, da die Abgrenzungen zwischen

den Begriffen bei verschiedenen Lösungen verschwommen sind und es teil-

weise schwer zu kontrollieren ist, ob die angebotenen Produkte tatsächlich

den versprochenen Anforderungen entsprechen.

3.1 ERP-Systeme und ihre historische Entwicklung

Den Beginn der informationstechnischen Unterstützung markierten so ge-

nannte „Material Requirements Planning“-Systeme (MRP), welche die Pflege

von Stammdaten und Stücklisten unterstützen sowie eine bedarfs- und ver-

brauchsgesteuerte Materialdisposition realisieren. Diese wurden weiterentwi-

ckelt zu „Manufacturing Resource Planning“-Systemen (MRP II), welche

funktional erweitert sind und eine sukzessive Mengen-, Termin- und Kapazi-

tätsplanung unterstützen. Diese bilden auch die Grundlage von Produktions-

planung und -steuerungssystemen (PPS). Allen diesen Systemen ist ge-

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ERP-Systeme

29

meinsam, dass sie hauptsächlich die Produktionsprozesse unterstützten und

daher nur in Industrieunternehmen zum Einsatz kamen.

In den 90er Jahren wurden diese Systeme erweitert, indem weitere Funkti-

onsbereiche eines Unternehmens, beispielsweise Rechnungswesen, Buch-

haltung, Unternehmensplanung oder Personalwirtschaft, integriert wurden.

Somit verloren diese Systeme ihre Branchenspezifität und wurden nicht mehr

ausschließlich in produzierenden Unternehmen verwendet. Es setzte sich der

Name „Enterprise-Resource-Planning“-Systeme (ERP) durch.

3.2 Merkmale von ERP-Systemen

„Enterprise Resource Planning“ bedeutet allgemein, die ökonomische Pla-

nung aller Ressourcen eines Unternehmens. Diese wird durch ein ERP-

System unterstützt, jedoch nicht völlig selbstständig durchgeführt, weshalb

der Mensch immer noch wesentlicher Bestandteil des betrieblichen Planens

und Steuerns ist. Durch die breite Unterstützung verschiedener Unterneh-

mensbereiche rücken funktionsübergreifende Prozesse in den Fokus von

ERP-Systemen.

Trotz der Weiterentwicklungen und umfangreichen Funktionen ist die PPS

auf Basis der sukzessiven MRP II-Planung bis heute der Kern eines ERP-

Systems für Industrieunternehmen und daher nach wie vor ein besonders

entscheidender Bestandteil.

Spricht man von ERP-Systemen ist heute meist ein Standardsoftware-Paket

gemeint. Standard bedeutet dabei, dass sie, im Gegensatz zur Individual-

software, in mehreren Betrieben zum Einsatz kommen kann. Wenige speziel-

le Fälle ausgenommen - sollte eine individuelle Softwareentwicklung vermie-

den werden, da diese in der Regel teurer ist und Individualentwicklungen

schnell veralten. Des Weiteren haben ERP-Systeme überwiegend einen mo-

dularen Aufbau. Dabei unterstützen die einzelnen Module einzelne betriebs-

wirtschaftliche Funktionsbereiche, wodurch auch nur einzelne Module ver-

wendet werden können und somit eine schrittweise Einführung eines neuen

Systems ermöglicht wird. Dabei können die einzelnen Module sowohl von

verschiedenen Anbietern kommen und vernetzt werden, was man als „Best-

of-Breed“ bezeichnet, als auch im System eines einzelnen Anbieters integ-

riert sein. In der Praxis kommt es oft zu Architekturen, bei denen integrierte

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ERP-Systeme

30

Systeme eines Anbieters um einzelne Module anderer Anbieter ergänzt wer-

den.

Ein weiteres Merkmal von ERP-Systemen ist die zentrale Datenhaltung in ei-

ner gemeinsamen Datenbank, wodurch eine redundante Datenhaltung und -

erfassung vermieden und allen Modulen der Zugriff auf aktuelle Daten er-

möglicht wird.

Abb. 8: Lebenszyklus eines Informationssystems

Ein ERP-System durchlebt während des Einsatzes in einem Unternehmen

die typischen Stadien von Informationssystemen und beschreibt einen in

Abb. 8 dargestellten Lebenszyklus.

3.3 Erweiterungen zu ERP-Systemen

Mögliche Erweiterungen stellen APS- und MES dar, die in Verbindung mit

ERP-Systemen zum Einsatz kommen und auf deren Daten angewiesen sind.

Ein „Manufacturing Execution System“ (MES) ist das Bindeglied zwischen

dem ERP-System und der Produktion. Es unterstützt und steuert die tatsäch-

liche Umsetzung des Planungsergebnisses, indem aktuelle Daten aus der

Fertigung berücksichtigt werden und eine Feinplanung durchgeführt werden

kann.

„Advanced Planning and Scheduling“-Systeme (APS) ergänzen ERP-

Systeme und versuchen den Problemen, die sich aus der sukzessiven MRP

II-Planung ergeben, unter Einsatz verbesserter Lösungsalgorithmen, Heurist-

iken und Simulation zu begegnen. Dabei verwenden sie als Grundlage die

Daten des ERP-Systems und führen eine simultane Planung aller Restriktio-

nen und verfügbaren Kapazitäten im Hauptspeicher durch. Diese schnelle

Bearbeitung und die verbesserten Ergebnisse ermöglichen eine Planung von

Ressourcen auch über Unternehmensgrenzen hinweg und können so die

Koordination ganzer Lieferketten unterstützen, weshalb sie die Basis für

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ERP-Systeme

31

Supply Chain Management-Software darstellen und deshalb teilweise mit

dieser gleichgesetzt wird. Aufgrund der hohen Investitionen in diese Systeme

sind diese fortschrittlichen Planungssysteme nur unter bestimmten Voraus-

setzungen für mittelständische Unternehmen interessant.

3.4 Aktuelle Entwicklungen

Die aktuelle Entwicklung der betrieblichen Standardanwendungssoftware ist

geprägt durch die Möglichkeiten neuer Technologien und veränderten Anfor-

derungen an die Unternehmen durch den Wandel der Märkte. Die Tenden-

zen der Weiterentwicklung sind etwa die verstärkte Integration unterneh-

mensübergreifender Prozesse und eine Konzentration auf Belange von klei-

nen und mittleren Unternehmen (KMU).

Als ERP II-Systeme bezeichnet man eine neue Generation von Systemen,

die den veränderten Geschäftsanforderungen mit Hilfe von neuen Technolo-

gien wie flexiblen, webbasierten Systemarchitekturen und einer unterneh-

mensübergreifenden Integrationsfähigkeit gerecht werden. Diese Systeme

haben große Potentiale, sind aber bisher nur selten im Einsatz und es gibt

relativ wenige Anbieter.

3.5 ERP-Markt

Insgesamt ist der Markt für Unternehmenssoftware sehr intransparent und es

gibt eine große Anzahl verschiedener Lösungen und Anbieter. Der Markt wird

geprägt durch viele Zusammenschlüsse und Übernahmen, wodurch wenige

große Anbieter an Einfluss gewinnen. Es ist jedoch festzustellen, dass die

Zufriedenheit mit ERP-Systemen bei kleinen Anbietern nicht geringer ist als

bei den Marktführern. Gerade für die Zielgruppe KMU schneiden kleine spe-

zialisierte Anbieter und Branchenlösungen teilweise überdurchschnittlich gut

ab. Allein die mangelnde Größe eines Softwareherstellers sollte daher kein

Ausschlusskriterium sein, wenngleich die zukünftige Entwicklung eines klei-

nen Unternehmens beurteilt werden sollte. Ein wichtiger Faktor für die Zu-

friedenheit mit ERP-Systemen ist die Kundenbetreuung durch den Anbieter

und dies sollte entsprechend beachtet werden.

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ERP-Systeme

32

3.6 Nutzen von ERP-Systemen

Der Nutzen eines ERP-Systems ist - wie der von IT-Investitionen insgesamt -

schwer überprüfbar, da sowohl Kosten als auch Erträge schwer messbar und

zurechenbar sind. Ein ERP-System ist dann von Nutzen für ein Unterneh-

men, wenn es „im Vergleich zum Vorgängersystem einen höheren Beitrag

zur Erreichung von übergeordneten Unternehmenszielen leistet“. Der indivi-

duelle Nutzen eines Systems für ein Unternehmen wird daher auch beeinf-

lusst von der Tauglichkeit des bestehenden Systems sowie den Zielen des

Unternehmens und ist daher weder für ERP-Systeme allgemein noch für ein

bestimmtes Produkt einfach zu bestimmen. Um den Nutzen eines ERP-

Systems zu untersuchen, können die in Tab. 2 aufgezeigten Nutzenkatego-

rien herangezogen werden.

Tab. 2: Kategorien für die Nutzenbewertung von ERP-Systemen

Nutzenkategorie Beschreibung

Prozesseffizienz Fähigkeit der Verbesserung der Geschäftsprozesse hinsichtlich der

Kriterien Kosten, Qualität, Zeit

Markteffizienz Marktorientierung und Steigerung des Kundennutzen durch das Sys-

tem Systems

Ressourceneffizienz Produktivität und Wirtschaftlichkeit beim Einsatz der Ressourcen

Delegationseffizienz Hilfe bei der Gewinnung, Aufbereitung und Weitergabe von benötig-

ten Informationen

Motivationseffizienz Schafft das System Voraussetzungen für ein unternehmenszielkon-

formes Verhalten der Mitarbeiter

Ausgehend von der hohen Verbreitung von ERP-Lösungen sowie einer gro-

ßen Zufriedenheit der Unternehmen mit diesen kann man davon ausgehen,

dass ERP-Systeme im Allgemeinen zu Nutzensteigerungen in Unternehmen

führen.

Page 38: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

ERP-Systeme

33

4 Besonderheiten von KMU

Seit einigen Jahren gibt es den Trend, dass ERP-Systeme immer mehr auch

in KMU eingesetzt werden und es auf dem Markt deutlich mehr Systeme gibt,

die für den Mittelstand grundsätzlich geeignet sind. In diesem Kapitel werden

zunächst kurz die wesentlichen Besonderheiten von KMU herausgearbeitet

und dann die daraus resultierenden speziellen Anforderungen an das Vorge-

hen bei der Auswahl sowie an die Lösung selbst genannt.

4.1 Qualitative Besonderheiten von KMU

Es gibt mehrere Merkmale, welche die Besonderheiten von KMU im Ver-

gleich zu großen Unternehmen darstellen, die wichtigsten werden im Folgen-

den kurz genannt.

Das Unternehmen wird maßgeblich durch die Persönlichkeit des Un-

ternehmers geprägt, der oft Geschäftsführer und Eigentümer ist,

der Unternehmer hat ein Netz persönlicher Kontakte zu Lieferanten,

Kunden und sonstigen Personen im Unternehmensumfeld,

das Unternehmen orientiert sich stark an individuellen Kundenwün-

sche,

die Kontakte zwischen Geschäftsleitung und Mitarbeitern sind relativ

eng und informell,

die Organisation ist wenig formalisiert und es gibt flache Hierarchien.

Aufgrund dieser Merkmale haben KMU Vor- aber auch Nachteile gegenüber

großen Unternehmen. Die wichtigsten positiven Aspekte sind dabei eine ho-

he Flexibilität und Innovationsfähigkeit bei Produkten und Produktionsverfah-

ren sowie die große Anpassungsfähigkeit bei kundenindividuellen Wünschen.

Die größten Nachteile von KMU sind hingegen häufig geringe finanzielle und

personelle Ressourcen.

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ERP-Systeme

34

4.2 Auswirkungen der Besonderheiten von KMU auf die

Systemauswahl

Während sich die funktionalen Anforderungen von KMU an ERP-Systeme

nicht stark von denen großer Unternehmen unterscheiden, haben jedoch ihre

begrenzten finanziellen und personellen Mittel einen Einfluss auf die Auswahl

einer ERP-Lösung. Softwaresysteme für KMU müssen folgenden Anforde-

rungen gerecht werden:

Niedrige TCO und schnellen Return on Investment bei ähnlicher Funk-

tionalität,

einfache Bedienung und Handhabbarkeit,

hohe Skalierbarkeit und Flexibilität hinsichtlich des Funktionsumfangs,

um eine sukzessive Einführung zu ermöglichen und

geringe Anforderungen an vorhandene IV-Struktur und hohe Integrati-

onsfähigkeit in diese.

Der Mangel an personeller Kapazität und fachlicher Kompetenz führt oft da-

zu, dass Auswahlprojekte in KMU mehrfach angefangen und nicht beendet

werden, was auch bei der Elektro GmbH der Fall war. Um dies zu vermeiden,

ist ein systematisches Vorgehen und eine Planung der begrenzten Ressour-

cen im Rahmen eines Projektmanagements von großer Bedeutung und dar-

über hinaus der Import von fehlendem Know-how durch eine externe Bera-

tung sinnvoll.

Da KMU sehr flexibel in ihrer Produktion sind und auch spezielle Kunden-

wünsche erfüllen, zeichnen sich die Produktionssysteme durch eine große

Heterogenität aus. Diese stellt besondere Anforderungen an die Produkti-

onsplanung und -steuerung und stellt einen zentralen Aspekt bei der Aus-

wahl eines ERP-Systems dar, da KMU gerade in dieser Flexibilität Wettbe-

werbsvorteile haben.

Hinsichtlich verschiedener allgemeiner Auswahlkriterien, ist festzustellen,

dass KMU im Vergleich zu großen Unternehmen keine großen Abweichun-

gen bei der Gewichtung der einzelnen Kriterien aufweisen und ähnliche Er-

wartungen und Anforderungen an Softwareprodukte haben. Jedoch gibt es,

teilweise deutliche, Unterschiede hinsichtlich der Bewertung der einzelnen

Auswahlkriterien von Unternehmen zu Unternehmen. Besonders wichtige

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Besonderheiten von KMU

35

Kriterien sind eine höhere Transparenz und ein besserer Informationsfluss,

die Ausgereiftheit des Systems, die Verkürzung von Bearbeitungszeiten so-

wie die Anpassungsfähigkeit an die Bedürfnisse des Unternehmens.

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Merkmale von Serien- und Auftragsfertigung

36

5 Merkmale von Serien- und Auftragsfertigung

Ein Auftrags- und Serienfertiger, wie die Elektro GmbH, ist geprägt durch ei-

ne komplexe Struktur des Produktionssystems und die daraus resultierenden

Anforderungen an die PPS. Tab. 3 zeigt eine Übersicht über die Merkmale

zur Beschreibung eines Produktionssystems. In den nachstehenden Ab-

schnitten werden die Kennzeichen und Probleme der komplexen Produkti-

onsstruktur skizziert.

Tab. 3: Merkmale zur Beschreibung des Produktionssystems

Merkmal Ausprägungen

Auftragsauslösungsart Kundenauftragsorientierte Produkti-

on

Marktorientierte Produktion auf

Lager

Wiederholungsgrad Einzel-/Einmalfertigung Serienfertigung Massenfertigung

Dispositionsart der

Produktionsaufträge

Kundenauftrags-

orientiert

Überwiegend

kundenauftrags-

orientiert

Überwiegend

programm- orien-

tiert

Programm-

orientiert

Produktionstiefe Einstufige Produktion Mehrstufige Produktion

Erzeugnisspektrum

Kunden-

individuelle Pro-

dukte

Standardprodukte

mit kunden-

spezifischen Va-

rianten

Standardprodukte

mit Anbieter-

spezifischen Va-

rianten

Standard-

produkte

5.1 Kennzeichen der Serien- und Auftragsfertigung

Die wichtigsten Kennzeichen eines durch Auftrags- und Serienfertigung ge-

prägten Produktionssystems werden im Folgenden durch die Ausprägungen

der Merkmale Auftragsauslösungsart, Wiederholungsgrad der Produktion

und Dispositionsart beschrieben.

Auftragsauslösungsart

Die Auftragsauslösungsart charakterisiert die Verbindung zwischen Produkti-

on und Markt bzw. Kunde. Es werden hierbei zwei grundsätzliche Ausprä-

gungen unterschieden. Bei der auftragsorientierten Produktion werden die

Produktionsaufträge durch individuelle Kundenaufträge ausgelöst, wohinge-

gen bei der marktorientierten auf Lager produziert wird und die Produktions-

aufträge auf Absatzprognosen basieren.

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Merkmale von Serien- und Auftragsfertigung

37

Wiederholungsgrad der Produktion

Der Wiederholungsgrad der Produktion wird determiniert durch die Stückzah-

len, in der die einzelnen Produkte hergestellt werden. Grundvarianten sind

hierbei Einzelfertigung, Serienfertigung und Massenfertigung. Der Wiederho-

lungsgrad hat einen großen Einfluss auf die Stabilität der PPS. Während bei

der Massenfertigung die Strukturen relativ gefestigt sind, kommt es bei der

Einzel- und Serienfertigung laufend zu Veränderungen im Produktionssys-

tem.

Dispositionsart

Die Dispositionsart steht in Zusammenhang mit der Auftragsauslösungsart.

Im Rahmen der Disposition werden die zur Realisierung der Produktionsauf-

träge benötigten Rohmaterialien, Baugruppen und Einzelteile zugeordnet und

verwaltet. Es kommen hierzu sowohl deterministische bzw. programmgebun-

dene, als auch stochastische bzw. verbrauchsgebundene Verfahren zum

Einsatz.

5.2 Probleme der komplexen Produktionsstruktur

Ein Serien- und Auftragsfertiger ist dadurch gekennzeichnet, dass mehrere

der oben genannten Ausprägungen vorhanden sind und deswegen relativ

hohe Anforderungen an die PPS gestellt werden. Bei der Elektro GmbH wird,

bei einer hohen Eigenproduktionstiefe, zum einen anonym auf Lager gefer-

tigt, zum anderen auch auftragsorientiert gearbeitet. Sowohl Lager- als auch

Kundenaufträge können dabei Einzel- sowie Serienaufträge mit sehr unter-

schiedlichen Losgrößen sein. Bei der Disposition kommen bei den Rohmate-

rialien, den Baugruppen und den Einzelteilen stochastische und deterministi-

sche Verfahren zum Einsatz. Darüber hinaus werden unterschiedliche Pro-

duktgruppen mit verschiedenen Organisationsformen der Fertigung herges-

tellt und es gibt neben Standardprodukten auch Standardprodukte mit kun-

denindividuellen Varianten und kundenindividuelle Produkte.

Die Strukturen der Produktion sind also sehr verzweigt und dadurch kompli-

ziert. Neben den hohen funktionalen Anforderungen werden sie durch viele

Unsicherheiten aufgrund stochastischer Einflüsse geprägt und sind insge-

samt durch die vielen Merkmale relativ unstabil. Das PPS-System der Elektro

GmbH muss daher breite Aufgabenstellungen unterstützen und stellt eine he-

rausragende Rolle bei der Auswahl eines neuen ERP-Systems dar.

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Prozessorientierung bei der Auswahl

38

6 Prozessorientierung bei der Auswahl

Ein ERP-System hat den Anspruch, alle Geschäftsprozesse zu steuern und

zu kontrollieren, weshalb es ein Instrument zur Unterstützung der Prozesse

darstellt. Die Prozesse eines Unternehmens bilden die Ablauforganisation ei-

nes Unternehmens und diese wiederum steht in gegenseitiger Abhängigkeit

zu der Aufbauorganisation des Unternehmens. Dies ist der Grund, warum ein

ERP-Projekt auch immer zugleich ein Organisationsprojekt ist. Einerseits ist

man gezwungen, durch die Besonderheiten des einzuführenden ERP-

Systems Eingriffe in die Unternehmensorganisation vorzunehmen um eine

Anpassung von Organisation und Unternehmen zu erreichen. Andererseits

bietet es sich auch an, im Rahmen eines ERP-Projekts, bei dem man sich

sowieso mit den Geschäftsprozessen beschäftigt und Eingriffe in die Organi-

sation vornimmt, bewusst Reorganisationsmaßnahmen durchzuführen, um

das Unternehmen an veränderte Umweltbedingungen anzupassen.

Ziel dieses Kapitels ist es, zunächst den Organisationsbegriff zu erläutern

und die Vorteile einer prozessorientierten gegenüber einer funktionsorientier-

ten Organisationsgestaltung herauszustellen. Anschließend wird der Pro-

zessbegriff erläutert und das Vorgehen bei einer prozessorientierten Reorga-

nisation beschrieben.

6.1 Allgemeiner Organisationsbegriff

Organisation kann als „Resultat gewollten menschlichen Gestaltungshan-

delns im Sinne einer länger zeitlich hergestellten Systemstruktur“ verstanden

werden und ist ein betriebsordnendes und -gestaltendes Instrument.

Das Organisationsproblem kann aufgeteilt werden in das Koordinations- so-

wie das Motivationsproblem. Das Koordinationsproblem tritt dann auf, wenn

Akteure nicht wissen, wie sie sich am besten verhalten sollen, weil ihnen In-

formationen oder Erfahrungen fehlen. Das Motivationsproblem tritt dann auf,

wenn die Akteure nicht auf eine bestimmte Weise handeln wollen, da sie kei-

ne Anreize dafür haben. Hierbei geht es um so genannte „weiche Faktoren“,

wie etwa Bedürfnisse, Gewohnheiten und Gefühle einzelner Personen.

Hauptaufgabe der Organisation ist es, eine handlungsfähige und effektive

Einheit zu formen. Dies soll erreicht werden, indem

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Prozessorientierung bei der Auswahl

39

eine Unternehmens- bzw. Abteilungsstruktur durch Verteilung und

Koordination der Sachaufgaben erschaffen wird,

Mitarbeiter gesteuert, motiviert und diszipliniert werden,

Hierarchien aufgestellt und Zuständigkeiten auf Mitarbeiter verteilt

werden,

Grenzen von Zuständigkeiten definiert werden und

die Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens

gesichert wird.

Prägend für Gestalt und Wesen der Organisation sind die Aufbau- sowie die

Ablauforganisation.

Die Aufbauorganisation regelt die statische Struktur des Unternehmens, also

welche Bereiche und Arbeitsplätze es gibt, welche Mitarbeiter und sonstige

Faktoren an diesen Orten eingesetzt werden und welche Leistungen oder

Teilleistungen erbracht werden. Die Aufbauorganisation ist eine Auswirkung

der Spezialisierung und Arbeitsteilung, wodurch sie eine hierarchische

Anordnung der Instanzen und eine vertikale und funktionale Sichtweise der

Organisation fokussiert [BEAF02, S. 302].

Im Gegensatz zur Aufbauorganisation steht bei der Ablauforganisation die

dynamische Betrachtung der Prozesse zur Bearbeitung einer Aufgabe im

Vordergrund. Die Ablauforganisation legt fest, in welcher sachlichen, zeitli-

chen und räumlichen Reihenfolge die einzelnen Arbeitsschritte eines Ge-

samtprozesses erfolgen sollen. Während bei der Aufbauorganisation die

Struktur der zu erfüllenden Aufgaben im Vordergrund steht, ist bei der Ab-

lauforientierung der Arbeitsprozess im Mittelpunkt. Somit ist die Ablauforga-

nisation geprägt durch eine horizontale Sichtweise entlang der Wertschöp-

fungskette und hat Auswirkungen auf Flexibilität und Innovationsfähigkeit.

Diese beiden Gesichtspunkte hängen jeweils voneinander ab und beeinflus-

sen sich gegenseitig. Es ist daher keiner dieser Aspekte zu vernachlässigen,

aber es kann zu deutlichen Unterschieden der Gewichtung der einzelnen As-

pekte und damit zu großen Unterschieden der verschiedenen Organisations-

formen kommen.

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Prozessorientierung bei der Auswahl

40

6.2 Funktions- vs. Prozessorientierung

Bei der Gestaltung und Veränderung der Organisation eines Unternehmens

sind sowohl die Aufbau- als auch die Ablauforganisation betroffen. Hierbei

kommt es stark darauf an, ob man sich eher an den Funktionen oder den

Prozessen bei der Gestaltung orientiert.

Die Funktionsorientierung hat ihren Ursprung in den Ideen Taylors, der im

Wesentlichen eine unbedingte, technische Effizienz sowie eine radikale Ar-

beitsteilung postuliert. Dabei sollen die Aufgaben bis in die kleinsten Arbeits-

schritte zerlegt werden und davon ausgehend jeder einzelne für sich alleine

betrachtet, so effizient wie möglich bearbeitet werden. Die einzelne Funktion

wird hierbei weitestgehend isoliert vom Gesamtprozess betrachtet.

Im Gegensatz hierzu steht die Prozessorientierung, der eine ablauforientier-

te, ganzheitliche Sichtweise zugrunde liegt. Es wird dabei der gesamte Pro-

zess betrachtet, der zur Erfüllung einer Aufgabe führt. Bei einer prozess-

orientierten Vorgehensweise steht also nicht das Streben nach Optimierung

der einzelnen Funktionen, sondern vielmehr die sinnvolle Verknüpfung der

jeweiligen Aktivitäten im Vordergrund. Hierdurch rücken die Schnittstellen

zwischen den einzelnen Aktivitäten in den Fokus der Betrachtung, wodurch

unter anderem auch Medienbrüche vermieden werden. Zusammenfassend

können folgende Eigenschaften der Prozessorientierung genannt werden:

Dynamik und Flussorientierung,

Integration mehrerer Funktionen und ein ganzheitlicher Ansatz,

horizontale Betrachtungsweise,

Eigenverantwortung der Mitarbeiter und flache Hierarchien, sowie

eine hohe Kundenorientierung.

Eine wichtige Rolle bei der Gestaltung von Organisationen spielen die Tran-

saktionskosten. Sie sind ein Teil der Gesamtprozesskosten und fallen bei der

Koordination wirtschaftlicher Aktivitäten in einer arbeitsteiligen Gesellschaft

an. Sie sind Reibungsverluste, die auftreten, wenn die Beteiligten verschie-

dene Interessen verfolgen und die Informationsverteilung zwischen ihnen

asymmetrisch ist. Sie treten gleichermaßen bei Leistungsaustausch inner-

halb von Unternehmen, sowie bei Transaktionen auf Märkten auf. Zu den

Transaktionskosten zählen klassischerweise die in Tab. 4 abgebildeten.

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Prozessorientierung bei der Auswahl

41

Tab. 4: Transaktionskosten

Ex ante Ex post

Informationsbeschaffungskosten Abwicklungskosten

Anbahnungskosten Kontrollkosten

Vereinbarungskosten Anpassungskosten

Da bei allen Transaktionen Kosten entstehen, auch bei internen Vorgängen,

spielen sie eine wichtige Rolle für die Struktur und Organisation von Unter-

nehmen. So kann die Transaktionskostentheorie den Übergang von einer

funktionalen zu einer divisionalen Organisationsform erklären und auch Vor-

teile einer Prozessorientierung aufzeigen.

Nicht zuletzt der Wandel der Umweltbedingungen und die daraus resultie-

renden Veränderungen des Käuferverhaltens, der Marktstrukturen und der

Dynamik des Wettbewerbs haben die Fokussierung auf die Geschäftspro-

zesse intensiviert.

Aus den oben genannten Vorteilen der Prozessorientierung ergibt sich zum

einen die zentrale Rolle der Prozessgestaltung bei der Reorganisation eines

Unternehmens und zum anderen die Vorteilhaftigkeit eines integrierten ERP-

System, dass geeignet ist, funktionsübergreifende Geschäftsprozesse abzu-

bilden. Die Auswahl und Einführung eines ERP-Systems sollte sich daher in-

sbesondere an Prozessen orientieren.

6.3 Prozessverbesserung

Unter Prozessverbesserung wird im Folgenden die prozessorientierte Reor-

ganisation durch eine zeitliche, sachliche und soziale Effizienzsteigerung der

Unternehmensprozesse verstanden. Dabei gibt es verschiedene Ansätze zur

Prozessverbesserung, die sich vor allem in der Radikalität der Veränderung

unterscheiden.

Häufig wird auch der Begriff Prozessoptimierung verwendet, der suggeriert,

man könnte in jedem Fall ein Optimum bei der Gestaltung von Prozessen er-

reichen. Da dies jedoch in der Regel nicht der Fall ist, wird dieser Begriff hier

bewusst vermieden.

In den nachstehenden Abschnitten werden die Grundlagen, das Vorgehen

und die Techniken einer Prozessverbesserung beschrieben.

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Prozessorientierung bei der Auswahl

42

6.3.1 Prozessbegriff

Ein Prozess kann definiert werden als eine ganzheitlich integrierte Folge von

Tätigkeiten, in der innerhalb eines definierten Zeitraums ein Input in einen

Output transformiert wird. Ein Geschäftsprozess ist ein Prozess, der durch

die obersten Unternehmensziele geprägt ist, einen Kundennutzen erzeugt

und dadurch gekennzeichnet ist, dass er Schnittstellen zu den Marktpartnern

des Unternehmens wie etwa Lieferanten und Kunden aufweist.

Angestoßen wird ein Prozess durch verschiedene Ereignisse wie etwa Ver-

änderungen der Umwelt, das Ende einer vorgelagerten Aktivität oder die be-

wusste Entscheidung einer Person. Diese Ereignisse nennt man „Trigger“.

Abb. 9 zeigt einen Prozess mit seinen Bestandteilen. Jedem Prozess wird ein

Prozessverantwortlicher zugeordnet, da Prozesse oft über mehrere Abteilun-

gen hinweg laufen. Mit der Ernennung eines sogenannten „Process-Owners“

wird ein Verantwortungsbewusstsein für einen Prozess geschaffen, welches

Voraussetzung für eine Prozessverbesserung ist.

Die Abgrenzung von Prozessen erfolgt aus der subjektiven Sicht des Be-

trachters. Grundsätzlich können Prozesse sowohl gegenüber anderen Pro-

zessen aus einem Prozessgeflecht abgegrenzt werden, als auch durch eine

Zerlegung in Teilprozesse. Im ersten Fall spricht man von der horizontalen,

im zweiten Fall von der vertikalen Auflösung.

6.3.2 Management-Paradigmen der Prozessverbesserung

Der Begriff „prozessorientierte Reorganisation“ lässt einen großen Spielraum

und reicht von kleinen organisatorischen Anpassungen bis hin zu einer radi-

kalen Veränderung der Organisationsstruktur. Innerhalb dieses Spielraums

A1 A3 A2 A4

Input

Trigger

Transformation Output

Zeit

Abb. 9: Elemente eines Prozesses

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Prozessorientierung bei der Auswahl

43

gibt es verschiedene Management-Paradigmen, also praktische Handlungs-

empfehlungen, die sowohl auf wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch auf

Erfahrungen basieren. Das Business „Process Reengineering“ etwa stellt ei-

ne sehr radikale Handlungsempfehlung dar, da hier eine grundlegende Neu-

organisation und dramatische Veränderungen gefordert werden und der be-

stehende Ist-Zustand weitgehend unberücksichtigt bleibt. Aufgrund des gro-

ßen Ausmaßes der Änderungen findet hier also keine Verbesserung statt,

sondern eine Neugestaltung.

Ein weniger fundamentaler Ansatz ist dagegen die Methode des Kaizen. Hier

wird ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess in vielen kleinen Schritten

verfolgt. Alte Prozesse werden beispielsweise nicht ersetzt, sondern, in der

Regel nach Vorschlägen der Mitarbeiter, verbessert.

Ein weiteres Paradigma stellt das „Continuous System Engineering“ dar.

Auch hier steht ein kontinuierlicher Änderungsprozess im Vordergrund. In ei-

nem inkrementellen Vorgehen werden Organisation und Informationssystem

angepasst, wobei dem Einsatz von Standardsoftware eine große Bedeutung

zukommt, da diese die Unternehmensorganisation mitgestaltet.

Bei der Prozessreorganisation kann also revolutionär oder eher evolutionär

vorgegangen werden. Wie Abb. 10 zeigt, bieten sich bei revolutionären An-

sätzen größere Nutzenpotentiale, die jedoch mit einer höheren organisatori-

schen Veränderung einhergehen und somit mit mehr Aufwand und Risiko

verbunden sind. Deshalb sind bedingungslos radikale Vorgehensweisen in

der Praxis kaum durchsetzbar.

Ausmaß &

Risiko der

organisator.

Änderung

Potentieller

Nutzen

„revolutionär“

„evolutionär“

BPR

Prozess-

verbesserung

Abb. 10: Ansätze der Prozessgestaltung

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Prozessorientierung bei der Auswahl

44

6.3.3 Ansätze und Vorgehen bei der Prozessverbesserung

Als Leitgedanke eines Reorganisationsprojekts kommt den Grundsätzen des

„Lean Thinking“ eine große Bedeutung zu. Dieser Ansatz stammt aus dem

Bereich der Produktion, kann jedoch auch auf andere Unternehmensberei-

che übertragen werden. Die Ziele des „Lean Thinking“ sind eine Humanisie-

rung der Arbeit, die Steigerung der Kundenzufriedenheit sowie die konse-

quente Vermeidung von Verschwendung. Die Prinzipien, an denen sich das

„Lean-Thinking“ orientiert, sind in Tab. 5 zu sehen.

Tab. 5: Prinzipien des Lean Thinking

Prinzip Beschreibung

Value Wert einheitlich und aus Sicht der Kunden definieren

Value Stream Den Wertstrom in der Organisation identifizieren

Flow Wertschöpfende Prozesse zum Fließen bringen

Pull Wert vom Endkunden durch das System fließen lassen

Perfection Perfektion durch kontinuierliche Verbesserung anstreben

Die Prozessverbesserungen beruhen in der Regel auf Eingriffen in die zeitlo-

gische Folge der Aktivitäten sowie Veränderungen der horizontalen und ver-

tikalen Auflösung. Einige grundlegende Varianten Lösungsansätze der Pro-

zessverbesserung sind in Tab. 6 zu sehen.

Tab. 6: Lösungsansätze der Prozessverbesserung

Lösungsansatz Beispiele

Aufspalten und Parallelisie-

ren Erhöhung der Arbeitsteilung

Weglassen Überprüfen der Notwendigkeit von Aktivitäten

Beschleunigen/Verkürzen Bereitstellung von Mitteln zur effizienten Aufgabenerledigung;

Vermeidung von Warte- und Liegezeiten

Zusammenfassen Zusammenlegung von Aktivitäten

Verbessern Funktionalität einer Aktivität verbessern

Reihenfolge ändern Früherer Beginn von Aktivitäten

Auslagern Vergabe von Aktivitäten an externe Stellen;

Übernahme von Teilaktivitäten in vorgelagerte Aktivitäten

Einlagern Einbindung externer Aktivitäten in den Prozess

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Prozessorientierung bei der Auswahl

45

Die Prozessverbesserung wird als Projekt durchgeführt. Hierzu wird ein Er-

hebungs- und Modellierungsteam (EM-Team) zusammengestellt. Die typi-

schen Aktivitäten des Projektablaufs sind in Tab. 7 zu sehen.

Tab. 7: Projektablauf der Prozessverbesserung

Aktivität Ausführung

1) Zieldefinition und Teamzusammenstellung Unternehmensleitung, Teamleitung

2) Identifikation der Schwachstellen EM-Team, Prozessverantwortliche

3) Erfassung der Grobstruktur der Geschäftsprozesse

durch Interviews und Dokumentenanalyse EM-Team, Prozessverantwortliche

4) Datenerhebung, Befragungen, Workshops EM-Team, Prozessteilnehmer

5) Prozessmodellierung, Analyse der Schwachstellen

und Gestaltung der Soll-Prozesse EM-Team

6) Ergebnispräsentation und Entscheidung Unternehmensleitung, Projektlei-

tung

7) Implementierung Projektleitung,

Prozessteilnehmer, EM-Team

6.3.4 Prozessmodellierung

Wie in dem oben genannten Vorgehensmodell der Prozessverbesserung zu

sehen ist, spielt die Prozessmodellierung, die mit Hilfe verschiedener Techni-

ken und Werkzeuge durchgeführt wird, dabei eine wichtige Rolle.

Die Vorteile der Prozessmodellierung sind:

eine Verbesserung der Qualität verschiedener Aufgaben,

eine hohe Übersichtlichkeit,

das Erkennen von Schwachstellen und

eine umfassende Dokumentation und Transparenz.

Trotz dieser vielen Vorteile wird der Prozessmodellierung in der Praxis in vie-

len Bereichen eine geringe Bedeutung zugemessen und gerade KMU

scheuen sich, Modellierungstechniken anzuwenden. Gründe hierfür liegen

vor allem in der geringen Akzeptanz und in der Regel unbegründeten Vorur-

teilen gegenüber Modellierungswerkzeugen. Diese Vorurteile sind beispiels-

weise eine zu hohe Komplexität oder mangelnde Transparenz beim Einsatz

von Werkzeugen. Wegen dieser Berührungsängste mit der Prozessmodellie-

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Prozessorientierung bei der Auswahl

46

rung muss eine große Unterstützung der Geschäftsführung vorhanden sein,

die Werkzeuge Benutzerfreundlich und einfach sein sowie die Mitarbeiter

ausreichend geschult werden.

6.3.5 Prozessmodellierungstechniken und -werkzeuge

Es gibt eine Reihe verschiedener Techniken, die bei der Prozessmodellie-

rung zum Einsatz kommen. Einen groben Überblick über die Prozessland-

schaft eines Unternehmens bieten die verschiedenen Übersichtsdarstellun-

gen. Die Details der Prozessabläufe bleiben dabei unberücksichtigt.

Ablaufdiagramme und ereignisgesteuerte Prozessketten (EPK) sind Techni-

ken, die bei der Ablaufdarstellung von Prozessen häufig Verwendung finden.

Andere Techniken wie etwa Petrinetze sind zwar leistungsfähiger und unters-

tützen auch eine Prozesssimulation, sie sind jedoch auch komplizierter in der

Anwendung und haben daher eine geringere Akzeptanz und Verbreitung.

Flussdiagramme oder „Flow Charts“ sind eine sehr einfache Möglichkeit ei-

ner Prozessmodellierung. Sie sind einfach zu handhaben und verfügen über

eine lange Tradition, weshalb sie eine große Akzeptanz bei Benutzern ha-

ben. Der Nachteil liegt in der Unübersichtlichkeit komplexer Abläufe, weshalb

sie nur für einfach strukturierte Abläufe tauglich sind.

Bei der Modellierung von Geschäftsprozessen kommen EPK am häufigsten

zum Einsatz, da sie auch der Standard großer Softwareanbieter sind. Sie

sind leistungsfähiger als einfache Flussdiagramme und daher auch geeignet,

komplexere Prozesse übersichtlich abzubilden.

Die Werkzeuge, die am häufigsten eingesetzt werden, sind Visio von Micro-

soft, das ARIS Toolset von IDS Scheer.

Page 52: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Change Management

47

7 Change Management

Da im Rahmen eines ERP-Projekts die im vorherigen Kapitel beschrieben

Eingriffe in die Organisation des Unternehmens vorgenommen werden, ist es

notwendig, ein Change Management (CM) einzuführen. Allgemein versteht

man unter dem Begriff CM „die aktive Handhabung von Wandlungsprozes-

sen“ und es „umschließt alle Aufgaben, Prozesse, Träger und Instrumente

unternehmensbezogener Veränderungen und Entwicklung“ . In diesem weit

gefassten Sinne wurden bereits viele Bestandteile des CM genannt, etwa im

Rahmen des Projektmanagements oder dem Vorgehen bei der Prozessver-

besserung. In diesem Kapitel wird die Organisation als sozio-technisches

System betrachtet und die enorme Bedeutung der informellen Aspekte bei

der Umsetzung eines Wandels berücksichtigt.

In den nachstehenden Abschnitten werden die Grundlagen des CM aufge-

zeigt, indem der Begriff des sozio-technischen Systems erläutert wird, sowie

das Vorgehen eines geplanten Wandels dargestellt wird.

7.1 Organisation als sozio-technisches System

Das Zusammenspiel von Menschen - in bestimmten Strukturen und mit ver-

schiedenen Instrumenten - bildet ein sozio-technisches System bestehend

aus einem formal-strukturellen, einem technologischen und einem sozialen

Subsystem. Die einzelnen Sub-

systeme hängen dabei voneinan-

der ab und müssen aufeinander

abgestimmt werden, da die beste

Methode oder das beste Werk-

zeug nichts wert ist, wenn die

Menschen nicht bereit sind, diese

effektiv einzusetzen. Abb. 11

zeigt das Grundmodell eines so-

zio-technischen Systems.

Die Grundlage für diese Sichtweise kommt aus dem „Human-Relations“-

Ansatz der Organisationsforschung nach dem man eine Organisation auch

Technologie

Methoden

Formelle

Organisation

Informelle

Organisation

Aufgaben

Ziele

Technologisches Subsystem

Soziales Subsystem

Abb. 11: Sozio-technisches System

Page 53: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Change Management

48

als ein soziales System beschreiben kann, in dem Menschen miteinander

interagieren.

Ein Unternehmen hat demnach sowohl eine formale Organisation, die be-

wusst und planvoll hergestellt wird und somit sichtbar ist, als auch eine un-

sichtbare informelle Organisation, welche von psychischen und sozialen As-

pekten der Beteiligten geprägt ist und wo der „Faktor Mensch“ im Mittelpunkt

steht. Diese informellen Aspekte haben eine große Bedeutung bei der ge-

planten Veränderung einer Organisation. In Abb. 12 sind die Aspekte der Or-

ganisation dargestellt.

7.2 Ablauf des geplanten Wandels

In einer Organisation gibt es stets zwei entgegenwirkende Kräfte. Während

die eine Kraft nach Veränderung strebt, kämpft die andere für die Beibehal-

tung des aktuellen Zustands. In der Ausgangssituation, also vor dem Wan-

del, befinden sich die Kräfte in einem Gleichgewicht, sodass die bestehende

Organisation stabil ist und sich nicht verändert. Unter dieser Annahme kön-

nen Veränderungen nur stattfinden, wenn das Gleichgewicht instabil wird, al-

so eine der beiden Kräfte sich verändert. Bei dem geplanten Wandel, also

dem CM, nimmt man Einfluss auf das Verhältnis dieser beiden Kräfte. Hier-

bei hat man prinzipiell zwei Möglichkeiten eine Veränderung herbeizuführen:

man kann die Kräfte, die sich gegen den Wandel richten versuchen zu redu-

zieren oder die Kräfte, die Veränderung anstreben verstärken. Wenn einsei-

tig versucht wird, die Veränderungsbestrebungen zu verstärken, kommt es

Formale Aspekte: - Planung - Produktionsprozesse - Hierarchie - Unternehmenspolitik

Rational, sichtbar

Informale Aspekte: - Machtverteilung - Bedürfnisse, Erwartungen - Beziehungsverhältnisse - Vertrauen - Risikofreude - Unternehmenskultur

Affektiv,

verdeckt

Abb. 12: Eisbergmodell der Organisation

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Change Management

49

meist zu gesteigerten. Der Ablauf eines geplanten organisatorischen Verän-

derungsprozesses lässt sich gut anhand des „Unfreezing-Moving-

Refreezing“-Modells beschreiben, dessen Phasen in Tab. 8 kurz beschrieben

wird.

Tab. 8: Phasen geplanten Wandels

Phase des Wandels Beschreibung

Unfreezing

In dieser Phase wird versucht, eine Veränderungsbereitschaft her-

zustellen, indem versucht wird, Widerständen von Änderungsge-

gnern zu begegnen und ein Bewusstsein für einen Veränderungs-

bedarf zu schaffen.

Moving

Dies ist die eigentliche Wandlungsphase. Das Verhalten der Betrof-

fenen muss sich verändern, damit es mit den neuen Strukturen

harmoniert und die angestrebten Prozesse erreicht werden.

Refreezing

Die Veränderungen müssen schließlich gefestigt werden, damit

nicht wieder in alte Verhaltensmuster verfallen wird und ein neues,

stabiles Gleichgewicht geschaffen wird.

Eine herausragende Bedeutung haben im CM die in 2.6 beschriebenen As-

pekte der Motivation und Widerstandsauflösung, die nicht nur für die Projekt-

organisation und das Projektteam gelten, sondern auch auf Gesamtorganisa-

tionsebene des Unternehmens übertragen werden können.

Gerade in der Auswahlphase eines ERP-Projekts spielt das „Unfreezing“ -

nicht nur beim Kernteam, sondern auch bei allen zukünftigen Nutzern - eine

große Rolle. Es sollte daher zu Beginn eines „Change-Projekts“ eine Betrof-

fenheitsanalyse durchgeführt werden. Hierbei werden zunächst die Betroffe-

nen des Wandels identifiziert. Das Ausmaß der Betroffenheit der einzelnen

Personen wird dann untersucht und anschließend festgelegt, welche Maß-

nahmen bei den jeweiligen Betroffenen ergriffen werden müssen. Die wich-

tigsten Mittel, um eine Veränderungsbereitschaft herzustellen, sind eine

transparente und offene Kommunikation, eine frühe Einbeziehung betroffener

Mitarbeiter und eine ausreichende Schulungen.

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Allgemeine Ansätze und Vorgehensmodelle der ERP-Auswahl

50

8 Allgemeine Ansätze und Vorgehensmodelle der

ERP-Auswahl

Defizite der eingesetzten Systeme und eine geringe Zufriedenheit der Mitar-

beiter haben häufig ihren Ursprung in einem mangelhaften Auswahlprozess.

Die Auswahl eines ERP-Systems ist daher eine komplexe und schwierige

Aufgabe, welche die Entwicklung und den Unternehmenserfolg längerfristig

beeinflusst. In Abschnitt 2.5.1 wurden bereits die große Bedeutung sowie die

Vorteile von Vorgehensmodellen erläutert und die Grundtypen vorgestellt. In

den folgenden Abschnitten sollen zunächst die möglichen Ansätze bei einer

ERP-Auswahl thematisiert werden, anschließend ein Überblick über ver-

schiedene Vorgehensmodelle gegeben werden und abschließend eine Beur-

teilung dieser erfolgen.

8.1 Prinzipielle Ansätze bei der ERP-Auswahl

Da es bei der Auswahl einer ERP-Lösung viele verschiedene Einflüsse gibt,

sind auch verschiedene grundsätzliche Vorgehensweisen denkbar. In diesem

Abschnitt werden einige wichtige Ansätze kurz vorgestellt.

Prozessorientierte Auswahl

Bei der prozessorientierten Auswahl steht die Unterstützung der Unterneh-

mensprozesse der Software im Fokus und es wird die Lösung gesucht, wel-

che die gewünschten Prozesse am besten abbilden kann. Dieses Vorgehen

hat den Vorteil, dass sehr detaillierte Anforderungen an die Software gestellt

werden und somit die unternehmensspezifischen Eigenheiten und Wettbe-

werbsvorteile berücksichtigt werden. Allerdings ist diese Vorgehensweise

tendenziell aufwändig, da umfangreiche Prozessanalysen und -

verbesserungen durchgeführt werden müssen und oft große Anpassungen

der Software nötig sind.

Funktionsorientierte Auswahl

Hierbei soll eine Lösung gefunden werden, die möglichst alle vom Unter-

nehmen geforderten Funktionen unterstützt. Dies kann geschehen, indem

man einen Funktionskatalog erstellt und die Angaben der Anbieter mit den

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Allgemeine Ansätze und Vorgehensmodelle der ERP-Auswahl

51

Unternehmensanforderungen vergleicht. Hierbei besteht die Gefahr, dass die

Software die Unternehmensprozesse nicht ausreichend unterstützt, da sich

die Anforderungen an den Strukturen der Aufbauorganisation orientieren.

Strategieorientierte Auswahl

Die Unternehmensstrategie beschreibt den Weg zur Erreichung der längerf-

ristigen und übergeordneten Unternehmensziele. Strategien in diesem Sinne

könnten zum Beispiel das Erreichen der Kostenführerschaft in einem Markt,

die Verlagerung der Produktion ins Ausland oder die Einrichtung eines neuen

Vertriebskanals sein. Aufgabe der Auswahl ist es, das System zu finden,

welches die Umsetzung der Strategien am besten unterstützt.

Anbieterorientierte Auswahl

Der Anbieter eines ERP-Systems hat in der Regel weit mehr Aufgaben, als

die bloße Bereitstellung der Software. Er ist Partner des gesamten Projekts,

stellt sein Wissen und seine Erfahrungen zur Verfügung und begleitet auch

die Einführung des Systems und die Umsetzung organisatorischer Änderun-

gen. Bei der anbieterorientierten Auswahl werden diese Aspekte verstärkt

berücksichtigt.

Nutzenorientierte Auswahl

Die Frage nach dem Nutzen, den die Einführung eines neuen Systems mit

sich bringt ist natürlich besonders interessant für die Entscheidung zuguns-

ten eines ERP-Systems. Sind der Aufwand und der Nutzen bekannt, so kann

man daraus eine Auswahl ableiten. Das große Problem ist hierbei jedoch,

dass sowohl der finanzielle und zeitliche Aufwand, als auch der Nutzen

schwer einschätzbar sind, da nicht alle Einflussgrößen quantifizierbar und

bekannt sind. Nutzenorientierte Vorgehensweisen sind daher nicht allein für

eine Auswahl geeignet, sondern sind nur als Ergänzung zu anderen Ansät-

zen sinnvoll.

Vorabeingeschränkte Auswahl

Falls aufgrund verschiedener Umstände wie etwa Branchenbesonderheiten

oder einer besonderen Unternehmensstrategie nur wenige Produkte in Frage

kommen, so kann auf eine umfassende Analyse des gesamten Marktes ver-

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Allgemeine Ansätze und Vorgehensmodelle der ERP-Auswahl

52

zichtet werden und eine Auswahl aus nur wenigen Alternativen getroffen

werden.

Empfehlungsbasierte Auswahl

Bei diesem Vorgehen erfolgt die Auswahl hauptsächlich aufgrund einer Emp-

fehlung oder persönlichen Beziehung. Dieser Ansatz kommt häufig bei KMU

zum Einsatz, wenn eine Vertrauensbasis zwischen ERP-Anbieter und dem

Geschäftsführer des auswählenden Unternehmens besteht. Trotz des gerin-

gen Aufwands sollte dieser Ansatz jedoch nicht praktiziert werden, da die un-

ternehmensspezifischen Anforderungen unberücksichtigt bleiben und somit

ein hohes Investitionsrisiko besteht.

Alle diese Ansätze fokussieren andere Aspekte bei der Auswahlentscheidung

und haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Bei der Auswahl einer neuen

Unternehmenssoftware sollten daher mehrere Ansätze einbezogen werden

und nicht nur ein Aspekt Berücksichtigung finden.

8.2 Vorgehensmodelle

Bei der ERP-Auswahl sind grundsätzlich verschiedene Vorgehensmodelle

möglich und werden auch praktiziert, von der Auswahl aufgrund einer Emp-

fehlung oder persönlichen Beziehungen bis hin zu komplexen Auswahlpro-

zessen. Gerade in KMU werden häufig sehr minimalistische und daher un-

kalkulierbare Vorgehensweisen gewählt [SONT06]. Da die ERP-Auswahl je-

doch ein Projekt mit den in Abschnitt 2.1 beschriebenen Merkmalen und

Konsequenzen darstellt, werden im Folgenden nur systematische und struk-

turierte Vorgehensweisen berücksichtigt.

Bei den vorgestellten Vorgehensmodellen wird zu erkennen sein, dass ein

ERP-Projekt immer aus drei Teilprojekten besteht:

einem Prozessorganisationsprojekt,

einem Auswahlprojekt und

einem Einführungs- bzw. Implementierungsprojekt.

Diese drei Teile sind sehr eng miteinander verbunden, beeinflussen sich ge-

genseitig und greifen teilweise ineinander. Während Auswahlprojekt und Im-

plementierungsprojekt meist gut abzugrenzen sind und ausschließlich in die-

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Allgemeine Ansätze und Vorgehensmodelle der ERP-Auswahl

53

ser Reihenfolge Sinn machen, gelingt dies bei dem Aspekt der Prozessorga-

nisation nicht so leicht. Dies liegt daran, dass das Ausmaß der organisatori-

schen Veränderungen stark variieren kann und das Prozessorganisations-

projekt vor der Systemauswahl liegen kann oder, falls nur kleinere Änderun-

gen der Prozesse vorgenommen werden sollen, dies zeitgleich zur System-

auswahl und -einführung stattfindet. Die in Abschnitt 6.3.3 vorgestellten Vor-

gehensschritte werden also an verschiedenen Stellen in die Vorgehensmo-

delle integriert. Das Ausmaß der Veränderung der Unternehmensprozesse

hat daher einen Einfluss auf das verwendete Vorgehensmodell.

Morschheuser hat Auswahlmodelle von Schinzer, Kremer, Lang und Brenner

sowie Einführungsmodelle von Pietsch, Thome, Barbitsch und Kirchmer ana-

lysiert und leitet daraus das in Abb. 13 dargestellte idealtypische Vorge-

hensmodell zur Auswahl und Einführung einer Standardsoftware ab. Dabei

werden im Rahmen einer Voruntersuchung die Rahmenbedingungen festge-

legt und das Projekt eingerichtet. Die Anforderungen an die gesuchte Soft-

ware werden in einem zweiten Schritt analysiert und festgelegt und anhand

dieser erfolgt die Auswahl. Bei der Einführung geht eine Vorstudie - gefolgt

von einer Anforderungsanalyse - voraus. Bei der Anforderungsanalyse wer-

den die nötigen Anpassungen an Software und Organisation untersucht. Im

Anschluss erfolgen die eigentliche Umsetzung der Einführung und eine Kont-

rolle des Systems.

Häufig scheitern viele ERP-Projekte an einer mangelnden grundlegenden

Reorganisation der Unternehmensprozesse, weshalb der Auswahl und Ein-

führung eine umfassende Prozess- und Strukturreorganisation vorangestellt

werden sollte. Dies ist bei dem in Tab. 9 vorgestellten 3-Phasen-Konzept des

Aachener Forschungsinstituts für Rationalisierung zu sehen. In der ersten

Vorunter- Suchung u. Projektstart

Auswahl

Einführung

Anforderungs- analyse

Software- auswahl

Vorunter- Suchung u. Projektstart

Anforderungs- analyse

Einführung

Projekt-

controlling

Abb. 13: Idealtypische Phasen der Auswahl und Einführung

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Allgemeine Ansätze und Vorgehensmodelle der ERP-Auswahl

54

Phase erfolgt hierbei im Rahmen einer Organisationsanalyse eine umfang-

reiche Analyse und Reorganisation der Strukturen und Prozesse. Während

der zweiten Phase wird eine Vorauswahl getroffen, indem zunächst eine

Analyse des Marktes durchgeführt wird und anschließend die Produkte se-

lektiert werden, die den Anforderungen entsprechen. Aus den in Frage kom-

menden Produkten wird in der dritten Phase die Endauswahl getroffen.

Tab. 9: 3PhasenKonzept zur Auswahl

Phase Aktivitäten

1 Organisationsanalyse

1.1 Projekteinrichtung

1.2 Prozess- und Strukturanalyse

1.3 Prozess- und Strukturreorganisation

2 Vorauswahl

2.1 Analyse des Marktangebotes

2.2 Ermittlung und Gewichtung der Anforderungen

2.3 Evaluierung der Anforderungserfüllung

3 Endauswahl

3.1 Erstellung von Testfahrplänen

3.2 Durchführung von Systemtests

3.3 Erarbeitung der Entscheidungsgrundlage

Die der Auswahlphase vorgelagerte Organisationsphase erachtet Gronau als

in der Regel ungünstig, da die Zeit zwischen Konzeption und Realisierung

nicht zu lang sein sollte, und schlägt vor, die Organisationsanalyse während

der Anforderungsanalyse der Auswahlphase und der Implementierungs-

phase durchzuführen. Sein Phasenmodell der Auswahl ist in Abb. 14 darges-

tellt.

Treutlein und Sontow schlagen zur ERP-Auswahl ein Vorgehen in den in

Abb. 15 dargestellten acht Schritten vor [TREUT07, S. 5]. Nach der Projekt-

einrichtung und ersten Marktorientierung erfolgt eine prozessorientierte An-

forderungsanalyse und Lastenhefterstellung. Im Anschluss wird der Markt

genauer analysiert und die Anbieter werden herausgefiltert, welche die An-

forderungen erfüllen.

Abb. 14: Phasenmodell der Auswahl

Ziele Markt- übersicht

Screening End-

auswahl

Entschei-

dung

Anfor- derungen

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Allgemeine Ansätze und Vorgehensmodelle der ERP-Auswahl

55

Im Rahmen der Endauswahl wird schließlich ein Anbieter ausgewählt, mit

dem man sich in Vertragsverhandlungen begibt.

8.3 Fazit

Wie auch schon von Morschheuser festgestellt wurde, weisen die verschie-

denen Vorgehensmodelle viele Gemeinsamkeiten auf. Unterschiede beste-

hen in der Gliederung der einzelnen Phasen, deren Gewichtung und der

oben beschriebenen Rolle der Prozessorganisation.

In Abb. 16 wird ein mehrdimensionales Vorgehensmodell für ERP-Projekte

vorgestellt, welches die wesentlichen Aspekte des Vorhabens berücksichtigt

und in einen Kontext stellt. Die verschiedenen Teilprobleme bestimmen die

Inhalte und Aktivitäten des Vorgehens. Daneben müssen zeitliche Ziele und

die gesamten Kosten berücksichtigt werden.

Abb. 15: 8 Schritte der ERP-Auswahl

1. Projekt- einrichtung

3. Prozess- analyse

4.Lastenheft 2. Orientie-rung

5. Markt- recherche

7. Endauswahl 8. Vertrags- verhandlungen

5. Vorauswahl

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Allgemeine Ansätze und Vorgehensmodelle der ERP-Auswahl

56

Die Autoren Gronau, Schuh sowie Sontow/Treutlein geben in den oben ge-

nannten Quellen auch an, dass ihre Modelle sich an Praxiserfahrungen

orientieren und sich mehrfach bewährt hätten. Dies lässt den Schluss zu,

dass es mehrere Wege geben kann, die zum Erfolg führen und das Vorge-

hensmodell dem Vorhaben entsprechend ausgewählt und den gegebenen

Umständen angepasst werden müssen. Entscheidend für den Erfolg des

Projekts ist daher das in Abschnitt beschriebene Tailoring, also die Anpas-

sung des Vorgehens an den konkreten Fall, ohne dabei die wichtigen

Schlüsselpunkte unberücksichtigt zu lassen.

Abb. 16: Mehrdimensionales Vorgehensmodell für ERP-Projekte

TCO

Vor- studie

Hauptstudie/ Auswahlprozess

Ein-führ. Inbetrieb- nahme

Entwurf/Auswahl Implement. Betrieb u. Wartung

Projekteinrichtung Ist-Aufnahme und Modellierung des Soll-Zustandes

Ein- führ.

hr-

ung

KVP

Projekteinr.

„Unfreeze“ „Move“ „Refreeze“

Orien tier.

Anf. anal. Laste nheft

Markt analyse

Aus- wahl

Ver- trag

Ziele & Strategien

Entwicklung, Formulierung und Prüfung von Anforderungen; Detaillierung in iterativem Prozess

Anstoß Kick-off Entscheidung Betrieb Abschluss

Evaluatives PM-Modell Abschn. 2.5.1

Teilaspekte

Zeit

Softwarelebenszyklus Abschn. 3.2

Prozessreorganisation Abschn. 6.3.3

Change Management Abschn. 7.2

Anforderungsanalyse Abschn. 9.4

Systemauswahlmodelle Abschn. 8.2

Meilensteine

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Allgemeine Ansätze und Vorgehensmodelle der ERP-Auswahl

57

Sontow beschreibt dies wie folgt:

„Für die ERP-Auswahl gibt es keinen Königsweg, der für alle Unter-

nehmen gleichermaßen geeignet ist. Viele Wege können zum Ziel füh-

ren. Der Auswahlvorgang kann unterschiedlich verlaufen, weil einer-

seits das Investitionsrisiko reduziert, andererseits aber nicht zu viel

Aufwand betrieben werden soll. Letzteres soll Firmen allerdings nicht

so weit treiben, dass sie auf ein Lastenheft verzichten“ [SONT06].

Für die Auswahl eines ERP-Systems ist ein Vorgehen im Rahmen eines

passenden Modells unumgänglich und ein in der Praxis gewähltes Vorge-

hensmodell wird sich an mehreren der oben beschriebenen Modelle und An-

sätze orientieren.

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

58

9 Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittels-

tändischen Serien- und Auftragsfertiger

In diesem Kapitel wird aufbauend auf den bisherigen allgemeinen Erkenn-

tnissen, ein individuelles Vorgehensmodell zur ERP-Auswahl für einen mit-

telständischen Auftrags- und Serienfertiger am Beispiel der Elektro GmbH,

die sich gerade mit der Auswahl eines neuen ERP-Systems beschäftigt, ent-

wickelt. Hierbei werden die Situation des Unternehmens, das bisherige Vor-

gehen und die erlangten Erkenntnisse berücksichtigt und kritisch beurteilt.

Darüber hinaus soll die beschriebene Vorgehensweise als Vorschlag für den

weiteren Verlauf des Auswahlprozesses dienen, weshalb auf eine praktische

Umsetzbarkeit des vorgestellten Modells Wert gelegt wird.

Zunächst wird die Ausgangssituation des Unternehmens dargestellt und an-

schließend die einzelnen Phasen des Auswahlprojekts genauer beschrieben.

Zusammenfassend wird eine Übersicht über das Vorgehensmodell gegeben.

9.1 Ausgangssituation des Auswahlprojekts

Die Firma Elektro GmbH hat schon seit längerer Zeit erkannt, dass das alte

System, das vor weit mehr als 20 Jahren individuell entwickelt wurde, den

Anforderungen nicht mehr entspricht. Die Umwelt hat sich geändert, es gibt

mittlerweile Produktionsstandorte in Marokko und Tschechien, mit dem Be-

reich „Sichern“ sind neue Produkte mit neuen Produktionsverfahren hinzuge-

kommen und der Anteil der Auftragsfertigung ist seit der Einführung des Sys-

tems stark angestiegen. Dies sind nur einige beispielhafte Veränderungen,

es könnten noch mehr genannt werden.

Das Projekt ist geprägt von großen Anlaufschwierigkeiten. Es gab schon

mehrere Versuche das Thema anzugehen, die jedoch immer wieder ver-

schoben wurden bzw. mehr oder weniger „im Sande verlaufen“ sind. Gründe

dafür sind wohl vor allem mangelnde personelle Ressourcen, die Angst vor

hohen und unkalkulierbaren Investitionen und mangelndes Know-how im Be-

reich von ERP-Projekten. Wie in Abschnitt 4.2 aufgezeigt wurde, sind diese

Voraussetzungen jedoch typisch für KMU und stellen keine Besonderheit der

Elektro GmbH dar.

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

59

Ein erster Ansatz zur Lösung des Problems bestand darin, das bestehende

selbst entwickelte System zu ergänzen und anzupassen. In diesem Rahmen

wurde das bestehende System mehrfach dokumentiert und analysiert, sowie

Verbesserungsansätze diskutiert. Das Ergebnis dieser Bemühungen sind

mehrere Zusammenfassungen der Funktionen des Systems und Aufstellun-

gen der Defizite und Probleme des Systems. Das ernüchternde Fazit ist im

Vergleich der verschiedenen Problemdarstellungen klar zu erkennen: bei den

wesentlichen Mängeln wurden keine Verbesserungen erreicht, in der Analyse

aus dem Jahr 2006 wurden dieselben Probleme erkannt, die auch zehn Jah-

re zuvor schon identifiziert wurden.

Die Vision der Einführung eines neuen, integrierten ERP-Systems kommt

von einem Mitarbeiter des Führungskreises der Firma, der die Firma jedoch

verlassen hat. Das Thema „ERP-Einführung“ ist seitdem angestoßen, der Ini-

tiator des Projekts jedoch nicht mehr in der Firma. Dem Projekt fehlt daher

eine treibende Kraft im Führungskreis, weshalb der Projektverlauf als sehr

zäh beschrieben werden kann.

Mit der Auswahl einer möglichen ERP-Software wurde schon begonnen, je-

doch in einem sehr informellen Rahmen. Einen Start im Sinne des PM, also

mit Zieldefinition, Projektauftrag und „Kick-off“, gab es jedoch bisher noch

nicht.

Die prinzipielle Möglichkeit, das bestehende System durch verschiedene in-

dividuelle Anpassungen zu verbessern, wird im Folgenden nicht weiter unter-

sucht. Die nächsten Abschnitte beschreiben, wie im Rahmen eines geeigne-

ten Projektmanagements eine Softwareauswahl durchgeführt werden könnte.

Genauere Informationen über die Elektro GmbH sind dem Anhang zu ent-

nehmen.

9.2 Projekteinrichtung

Ausschlaggebend für die Projektwürdigkeit eines Vorhabens sind eine hohe

Komplexität, Interdisziplinarität und Wichtigkeit, ein großer finanzieller Auf-

wand, ein hohes Risiko, sowie ein großer Motivationsbedarf bei den Mitarbei-

tern. Bei der ERP-Auswahl ist daher von einer hohen Projektwürdigkeit aus-

zugehen und das PM wird von vielen Autoren als einer der wichtigsten Er-

folgsfaktoren der ERP-Auswahl bezeichnet. Daher sollten die geringen Res-

sourcen bei KMU nicht als Kontraindikation für eine Projekteinrichtung ange-

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

60

sehen werden, diese aber auch nicht als nebensächlich betrachtet werden.

Denn gerade bei den wenigen zur Verfügung stehenden Ressourcen ist es

wichtig, diese sinnvoll einzusetzen.

Die Anfangsphase von Projekten ist dadurch gekennzeichnet, dass mit relativ

geringem Aufwand verhältnismäßig wichtige und weit reichende Entschei-

dungen getroffen werden. Dies ist auch bei der ERP-Auswahl der Fall, da

hier der Aufwand nicht so umfangreich ist wie bei der Einführung der Soft-

ware, die Entscheidungen jedoch weit reichende Konsequenzen haben. De-

mentsprechend sind auch die Anforderungen an ein Projektmanagement bei

der Auswahl anders als bei der Implementierung.

Die entscheidenden Projektmanagementaufgaben bei der Auswahl liegen bei

der Auswahl der Projektorganisation und den beteiligten Mitarbeitern, der

Erstellung eines Zielsystems, dem Projektauftrag, einer Analyse des Risikos

sowie der Motivation der Mitarbeiter und des Umgangs mit Widerständen.

Eine Bürokratisierung des Projekts durch zu genaue Planung, umfangreiches

Controlling, Formalien und sonstige Regelungen sollte vermieden werden, so

dass ein schneller Ablauf und eine hohe Flexibilität erreicht werden.

In den nächsten Abschnitten wird die Einrichtung des Projekts im Sinne des

Projektmanagements geschildert, indem die nötigen personellen und organi-

satorischen Anforderungen sowie die inhaltlichen, zeitlichen und finanziellen

Rahmenbedingungen des ERP-Auswahlprojekts beschrieben und ein Pro-

jektplan mit den wichtigen Meilensteinen des weiteren Vorgehens dargestellt

werden.

9.2.1 Personelle Anforderungen und Projektorganisation

Für das Projekt wird ein Kernteam in der Größe von wenigen Mitgliedern

ausreichend sein. Die Mitglieder sind den Anforderungen entsprechend aus-

zuwählen. Bei der Elektro GmbH wurden bisher Mitarbeiter aus den Abtei-

lungen Arbeitsvorbereitung, EDV, Einkauf und Vertrieb involviert. Diese Zu-

sammensetzung ist prinzipiell auch sinnvoll, da die Produktionsplanung und -

steuerung als kritischer Faktor der Auswahl angesehen wird und diese Abtei-

lungen besonders berücksichtigt werden sollten. Als problematisch erwies

sich dabei, dass die entsprechenden Mitarbeiter nicht ausdrücklich ernannt

wurden und daher häufig unterschiedliche Mitarbeiter der jeweiligen Abtei-

lungen bei Besprechungen anwesend waren. Um ein persönliches Verant-

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

61

wortungsbewusstsein der Mitarbeiter für das Projekt zu erwecken, ist es da-

her notwendig, das Kernteam ausdrücklich zu ernennen und für die vom Pro-

jekt beanspruchte Zeit von den Linienaufgaben frei zu stellen.

Da die Anforderungen möglichst vieler späterer Benutzer bei der Auswahl

berücksichtigt werden sollen, werden neben dem Kernteam noch weitere

Repräsentanten aus allen betroffenen Abteilungen beteiligt. Diese „Key-user“

werden jedoch nur kurzfristig für das Projekt eingespannt, soweit sie für die

Spezifikation der Anforderungen benötigt werden.

Eine reine Projektorganisation ist bei KMU aufgrund der dünnen Personalde-

cke nur schwer möglich und zumindest in der Auswahlphase auch nicht not-

wendig.

Es erscheint sehr sinnvoll, einen Lenkungsausschuss für das Projekt einzu-

richten, dem auch Repräsentanten der Geschäftsleitung und/oder der Ge-

schäftsführer angehören. Dieser Ausschuss befasst sich mit Entscheidungs-

findungen, der Definition und Priorisierung von Zielen, sowie mit der Überwa-

chung der Ergebnisse. Durch ein solches Gremium wird das Projekt mehr

Unterstützung aus der Geschäftsleitung erhalten und wichtige Entscheidun-

gen können schneller getroffen werden.

Die bestehende selbst entwickelte Unternehmenssoftware ist bei der Elektro

GmbH weit über 20 Jahre in Betrieb und das Know-how bei der Auswahl

komplexer Standardsoftware ist daher im Unternehmen nur sehr gering. Dies

macht eine externe Unterstützung bei der Auswahl notwendig. Dabei müssen

nicht alle Prozessschritte von externen Dienstleistungsanbietern durchgeführt

werden, es sollte jedoch zumindest eine Beratung und Unterstützung bei den

einzelnen Schritten erfolgen. In jedem Fall ist bei der Wahl eines externen

Beraters auf die Neutralität, sowie eine große Erfahrung und Marktkenntnis

zu achten.

9.2.2 Ziele des Projekts

Die enorme Bedeutung der Projektziele wurde in Abschnitt 2.2.2 dargestellt

und diese besitzen auch bei der Einrichtung eines ERP-Projekts eine ele-

mentare Bedeutung. Die Ziele eines solchen Projekts werden oft als gegeben

angesehen. Dies ist jedoch nicht der Fall, sondern viele Zielsetzungen sind

sehr unklar und müssen daher zuerst erarbeitet werden. Zwingend erforder-

lich ist daher die Formulierung inhaltlicher, finanzieller und zeitlicher Ziele.

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

62

Inhalte

Bei den inhaltlichen Zielen können Inkonsistenzen auftreten, die zu Proble-

men führen und daher beseitigt werden müssen. Die Frage, ob das alte Sys-

tem individuell angepasst oder ob eine komplett neue ERP-Lösung gesucht

werden soll stellt beispielsweise einen Zielkonflikt dar. Dieser muss beseitigt

werden, da das „Denken im alten System“ zwar für Änderungen daran not-

wendig ist, auf der Suche nach einer neuen Lösung jedoch im Wege stehen

kann. Dies hat den Grund, dass bei der Suche nach Möglichkeiten der Sys-

temverbesserung ein „Bottom-up-Vorgehen“ Verwendung finden sollte, bei

der Suche nach einem neuen System die Rahmenkriterien aber eher „top-

down“ aus den Unternehmenszielen abgeleitet werden. Aus dem Zielsystem

werden später die Anforderungen an das System herbeigeführt, weshalb die-

se, zunächst groben, Ziele schon richtungweisend sind. Die Ziele sind daher

auch entscheidend für die wichtige Frage, welches Ausmaß das Reorganisa-

tionsvorhaben haben sollte.

Zeit

Die Festlegung eines zeitlichen Rahmens ist auch sehr wichtig, da sonst die

Gefahr besteht, dass das Auswahlprojekt immer wieder zu Gunsten anderer,

vermeintlich dringenderer Projekte, herausgezögert wird. Die Priorisierung

von Projekten ist zwar letztlich eine strategische Entscheidung der Ge-

schäftsführung, dieser muss jedoch dann auch vor Augen geführt werden,

wenn das Auswahlprojekt stark vom zeitlichen Rahmen abweicht. Wenn es

jedoch keine zeitlichen Ziele gibt, ist dies nicht möglich. Außerdem ist ein

schnelles Vorangehen generell wünschenswert, da sich sowohl der Markt als

auch die Situation der Firma ständig ändert und somit bei einer zeitlichen

Verzögerung verschiedene Phasen und Aktivitäten mehrfach ausgeführt

werden müssten.

Finanzen

Schon bei der Einrichtung des Projekts ist ein Kostenrahmen zumindest grob

abzustecken. Zwar ist eine Abschätzung der Kosten schwer, da der Soft-

waremarkt sehr heterogen ist und es viele unterschiedliche Kostenpositionen

gibt, dennoch ist es sinnvoll, sich von Anfang an die Größenordnung des

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

63

Projekts klar zu machen, um spätere Überraschungen zu vermeiden. Verfei-

nerungen der Kostenbetrachtung erfolgen dann im Verlauf des Projekts.

Über die gesamten Kosten des Projekts herrscht bei der Elektro GmbH Un-

klarheit. Von verschiedenen Messebesuchen und Anbieterpräsentationen

stehen sehr vage und unterschiedliche Zahlen im Raum. Daher sollte eine

systematische Aufwandsschätzung durchgeführt werden. Abb. 17 zeigt eine

mögliche Verteilung der Kosten bei ERP-Projekten und deren relative Anteile

am Gesamtbudget. Allerdings gibt es auch hier große Schwankungen bei

verschiedenen Projekten. Da die Schätzungen der Kosten im Wesentlichen

auf Erfahrungen und Analogien zu ähnlichen Projekten beruhen, ist auch hier

eine externe Beratung hilfreich.

Zieldefinition

Die wichtigsten oben beschriebenen Ziele müssen in jedem Fall schriftlich fi-

xiert werden und sind Bestandteil des Projektauftrags. Eine Zieldefinition soll-

te knapp sein aber trotzdem folgende wesentliche Punkte enthalten:

Eine knappe Beschreibung der Ausgangssituation,

angestrebte organisatorische Verbesserungen,

angestrebte technische Verbesserungen,

Budgetanteil

5%10%

10%

25%

50%

Hardware undInstallation

Anforderungsanalyse

Softwareauswahl

Softwarelizenzen

Einführungskosten

Abb. 17: Budgetanteile eines Softwareprojektes

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

64

angestrebte Verbesserung der Wettbewerbssituation,

terminliche Ziele sowie

das voraussichtliche Budget.

Im Anhang werden einige Ziele, die sich für die Elektro GmbH als wichtig he-

rausgestellt haben, im Rahmen des Pflichtenheftes genannt.

9.3 Marktüberblick und Orientierung

In vielen Vorgehensmodellen wird die erste Marktanalyse erst nach der An-

forderungsspezifikation durchgeführt. Es ist jedoch sinnvoll, sich schon früh-

zeitig einen Überblick über den unübersichtlichen Markt an ERP-Systemen

zu verschaffen. Dies hat den Vorteil, dass man sich vor der Spezifikation der

Ansprüche an die Software an den am Markt angebotenen Systemen hin-

sichtlich der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten orientieren und inspirieren

lassen kann. Deshalb sollte die Beobachtung des Marktes auch während der

Prozess- und Anforderungsanalyse stattfinden. Hierbei muss jedoch beachtet

werden, dass man sich nicht einseitig an einem Anbieter orientiert und somit

schon die spätere Auswahl beeinflusst.

Auch ist zu beachten, dass die Zeit der ERP-Auswahl insgesamt tendenziell

kurz gehalten werden sollte. Um dies zu erreichen sollte mit der Erstellung

eines groben Marktüberblickes schon frühzeitig angefangen werden, zumal

man etwa bei Messebesuchen und Veranstaltungen wie Seminaren oder

Workshops terminlich eingeschränkt ist.

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

65

Tab. 10: Informationsquellen für die Softwareauswahl

Informationsquelle Orientierung Vorauswahl Endauswahl

Softwarekataloge + - -

Fachmessen & Fachliteratur + o -

Informationsplattformen im Internet + o o

Seminare und Workshops + + o

Marktstudien + + o

Softwareberater + + +

Systembeschreibungen der Anbieter O + o

Allgemeine Anbieterpräsentationen - + o

Systematische Produktvergleiche - + o

Softwarepräsentation mit relevanten Daten

und Funktionen

- o +

Referenzkundenbesuche/Testinstallationen - o +

Prototyping - - +

Legende: + : gut geeignet, o : bedingt geeignet, - : nicht geeignet

Einen Überblick über geeignete Informationsquellen für die erste Marktorien-

tierung sind in Tab. 10 zu sehen und es wird deutlich, dass verschiedene In-

formationsquellen über den Markt und verschiedene Lösungen während des

gesamten Auswahlprozesses bis zur Entscheidung für ein System benötigt

werden.

In dieser frühen Phase ist es auch schon sinnvoll mit dem „Unfreezing“ zu

beginnen und zu versuchen Widerständen gegen das Projekt entgegenzu-

wirken und eine Veränderungsbereitschaft herzustellen. Hierbei könnten zum

Beispiel allgemeine Informationsveranstaltungen über ERP-Systeme hilfreich

sein. Grundsätzlich sollte versucht werden, eine Transparenz bezüglich des

Projekts und seinen Zielen herzustellen, wobei darauf geachtet werden soll-

te, dass die Mitarbeiter davon nicht abgeschreckt werden.

Bei der Elektro GmbH wurden zu diesem frühen Zeitpunkt schon allgemeine

Produktpräsentationen von Anbietern durchgeführt. Zum jetzigen Zeitpunkt

liegen noch keine präzisen unternehmensspezifischen Anforderungen vor.

Dennoch ist dieses Vorgehen zur Verschaffung eines Überblicks über die

Möglichkeiten von ERP-Lösungen und sonstigen Informationen geeignet.

Besonderes Interesse wurde dabei bezüglich des Einsatzes von APS-

Systemen erweckt. Sie stellen einen möglichen Ansatz zur Behebung einiger

Schwachstellen und Probleme des Unternehmens dar. Jedoch ist hierbei zu

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

66

Beachten, dass diese fortschrittlichen Planungslösungen ERP-Systeme le-

diglich erweitern und daher auf geeignete Daten dieser angewiesen sind.

9.4 Anforderungsanalyse

Die Auswahl eines Systems erfolgt letztlich auf Grundlage der Anforderungen

an das System. Eine Anforderung ist „eine Aussage über eine zu erfüllende

Eigenschaft oder eine zu erbringende Leistung eines Produkte, eines Pro-

zesses oder der am Prozess beteiligten Personen“.

Die Analyse der Anforderungen ist daher von großer Bedeutung. Denn nur

durch eine konsistente und vollständige Beschreibung der wesentlichen An-

forderungen kann ein passendes System gefunden und somit das Investiti-

onsrisiko verringert werden. Sie ist allerdings auch mit einem großen Auf-

wand verbunden, der vom Ausmaß der Reorganisation der Prozesse und

vom Detaillierungsgrad der Anforderungsspezifikation abhängt. Das Ziel ist

es daher, den Aufwand so gering wie möglich zu halten und dennoch die nö-

tigen Prozessverbesserungen zu berücksichtigen und die wesentlichen An-

forderungen zu formulieren.

Die Anforderungen an ein ERP-System leiten sich vor allem aus den Unter-

nehmensprozessen abhängt, da es ein Werkzeug zur Unterstützung von

Prozessen ist. Trotz einer Fokussierung auf die Prozesse darf eine Beach-

tung der Funktionen und Daten im System nicht vernachlässigt werden, da

Prozesse letztendlich aus Funktionen bestehen und Daten auch einen gro-

ßen Wert für ein Unternehmen darstellen.

In den folgenden Abschnitten wird zunächst ein allgemeiner Überblick über

die Anforderungen an ein ERP-System gegeben und anschließend das Vor-

gehen bei einer prozessorientierten Anforderungsanalyse geschildert.

9.4.1 Allgemeine Anforderungen an ERP-Systeme

Entsprechend der Komplexität eines ERP-Systems sind auch die Ansprüche

an ein solches vielfältig. Nach Inhalten gegliedert, können folgende Typen

von Anforderungen, die in diesem Kapitel kurz beschrieben werden, unter-

schieden werden:

technische Anforderungen,

funktionale Anforderungen,

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

67

nichtfunktionale Anforderungen und

adaptive Anforderungen.

Technische Anforderungen

Bei den technischen Anforderungen steht die Eingliederung der Software in

die bestehende bzw. gewünschte EDV-Landschaft im Vordergrund. Hierbei

müssen sowohl die Kompatibilität mit der Hardware als auch die Schnittstel-

len zu anderer Software und externen, wie etwa Kunden, berücksichtigt wer-

den. Auch der Datensicherheit und dem Datenschutz kommt hierbei eine Be-

deutung zu.

Bei der Elektro GmbH wird hier vorab die Frage zu klären sein, ob zwingend

an der bestehenden AS/400 von IBM festgehalten werden soll und welche

vorhandenen Standardsoftwaremodule beibehalten werden sollen. Eine

Übersicht über die vorhandene Applikationslandschaft ist im Anhang zu fin-

den.

Funktionale Anforderungen

Die gewünschte Unterstützung der Abläufe eines Unternehmens wird durch

die funktionalen bzw. fachlichen Ansprüche ausgedrückt. Es wird also be-

schrieben, was das System leisten können muss.

Die Ableitung dieser Ansprüche orientiert sich hauptsächlich an den Prozes-

sen und wird aufgrund der großen Bedeutung in den nächsten Abschnitten

ausführlicher erklärt.

Nichtfunktionale Anforderungen

Diese Anforderungen zielen auf die Qualität der zu leistenden funktionalen

Anforderungen ab. Im Einzelnen wird dies konkretisiert in der:

Sicherheit,

Zuverlässigkeit,

Verfügbarkeit,

Benutzbarkeit und Ergonomie, sowie dem

Zeitverhalten bzw. der Performance und dem

Verbrauchsverhalten bezüglich verschiedener Ressourcen.

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

68

Adaptive Anforderungen

Da Softwarelösungen dem Unternehmen in der Regel lange zur Verfügung

stehen, ist es wichtig, dass das gewählte System gut an organisatorische

Änderungen anpassbar ist und somit leicht eine strukturelle Analogie zwi-

schen Software und Organisation hergestellt bzw. beibehalten werden kann.

Neben den Anforderungen an das System selbst sind auch Anforderungen

an den Anbieter zu berücksichtigen, der nicht nur Lieferant, sondern auch

längerfristiger Partner sein soll. Hierzu zählen beispielsweise:

eine fachliche Kompetenz,

Erfahrung mit ähnlichen Projekten,

eine räumliche Nähe,

eine hohe Vertrauenswürdigkeit und Reputation.

Diese Punkte sind besonders wichtig bei einer anbieterorientierten ERP-

Auswahl wie sie in Abschnitt 8.1 beschrieben wurde. Aufgrund der geringen

Erfahrung der Elektro GmbH mit ERP-Projekten spielen die Anforderungen

an den Anbieter eine große Rolle.

9.4.2 Vorgehen bei der prozessorientierten Anforderungsanalyse

Das nachstehend geschilderte Vorgehen steht unter der Annahme, dass kei-

ne radikale Prozessreorganisation im Rahmen des ERP-Projekts stattfinden

soll, sondern die Entfernung von Schwachstellen in Abläufen und eine evolu-

tionäre Reorganisation angestrebt wird.

Das Vorgehen richtet sich nach dem in Abschnitt 6.3.3 beschriebenen Vor-

gehen, wobei zunächst im Rahmen einer Prozessaufnahme der Ist-Zustand

dargestellt wird und anschließend eine Modellierung des gewünschten Soll-

Zustands erfolgt. Die Anforderungen werden in den bestehenden Schwach-

stellen und modellierten Ist- und Soll-Prozessen sichtbar und daraus abgelei-

tet.

Die Anforderungsanalyse ist ein iterativer Prozess, der das ganze ERP-

Projekt begleitet und auch darüber hinaus nicht abgeschlossen wird, da sich

Anforderungen auch nach der Implementierung noch ändern und Anpassun-

gen vorgenommen werden müssen. Dies zeigt, dass der hier getriebene

Aufwand nicht nur für die Auswahl und Implementierung der Software betrie-

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

69

ben wird, sondern die erzielten Ergebnisse auch später noch von Nutzen

sind, wegen der in Abschnitt 6.3.4 genannten Dokumentations- und Transpa-

renzfunktion der Prozessmodellierung.

Die Spezifikation der Anforderungen wird im Projektverlauf immer detaillier-

ter. Während für die erste Eingrenzung von möglichen Anbietern noch relativ

grobe Angaben genügen, müssen sie für die weiteren Schritte wie Anbieter-

präsentationen, Endauswahl und Implementierung immer feiner beschrieben

werden.

In vielen Unternehmen gilt die Prozessmodellierung im Rahmen einer ERP-

Auswahl als irrelevant. Aus den in Abschnitt 6.3.4 genannten Gründen sollte

sie jedoch nicht vernachlässigt werden und trotz des damit verbundenen

Aufwands durchgeführt werden.

9.4.2.1 Prozessaufnahme

Das Ziel der Prozessanalyse ist, den Ist-Zustand des Unternehmens zu be-

schreiben. Grundlage hierfür bilden strukturierte Interviews und Befragungen

der prozessbeteiligten Mitarbeiter sowie Workshops und Gruppenarbeit. Bei

der Elektro GmbH hat es sich als notwendig herausgestellt, vor der Prozess-

aufnahme einige zentrale Begriffe zu definieren, da in verschiedenen Abtei-

lungen teilweise unter den Begriffen etwas anderes verstanden wurde oder

gleiche Dinge unterschiedlich bezeichnet wurden. Eine Definition dieser Be-

griffe ist im Anhang zu finden.

Das Vorgehen erfolgt in mehreren Schritten vom Groben zum Detail, d. h.

„Top-down“. Zunächst werden die Aufbaustrukturen des Unternehmens dar-

gestellt und die relevanten Hauptprozesse identifiziert und in den in 6.3.5 er-

wähnten Übersichtsdarstellungen abgebildet. Auch eine Abgrenzung von

Teilbereichen, die nicht relevant sind, ist an dieser Stelle sinnvoll, um den

Aufwand einzugrenzen.

Die identifizierten Hauptprozesse und die daraus abgeleiteten Teilprozesse

werden dann in Ablaufdarstellungen, überführt und genauer beschrieben.

Während für eine erste, grobe Darstellung die Verwendung von Flussdiag-

rammen ausreichend ist, sind für detailliertere Darstellungen EPK angeb-

rachter, siehe ebenfalls 6.3.5.

In dieser frühen Phase können schon große Probleme des Projekts sichtbar

werden. Da die Prozessaufnahme relativ zeitaufwändig ist und neben den Li-

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

70

nientätigkeiten erfolgt, kann es dazu kommen, dass die Beteiligten den Vor-

gang als Belastung oder als unnötig ansehen. Dies führt dazu, dass versucht

wird, die Sache möglichst schnell zu erledigen. Auch werden hier schon Wi-

derstände der Mitarbeiter gegen das ERP-Projekt spürbar. Ebenso die in Ab-

schnitt 6.3.4 genannten Probleme einer geringen Akzeptanz und Verwen-

dung von Modellierungstechniken treten hier auf.

Bei diesen Schwierigkeiten sind besonders die Unterstützung der Geschäfts-

führung und die Persönlichkeit des Projektleiters gefordert. Außerdem spie-

len die in Abschnitt 2.6 genannten Aspekte der Teamarbeit, Motivation und

von Widerständen eine große Rolle. Vor der Prozessaufnahme ist daher eine

Schulung der Betroffenen notwendig und die Ziele des Vorhabens müssen

kommuniziert werden.

Auch bei der Elektro GmbH sind die oben genannten Probleme während der

Prozessaufnahme deutlich zum Vorschein gekommen. Gerade die mangeln-

de Zeit und Motivation der Beteiligten ist verantwortlich für ein zeitlich und

qualitativ unbefriedigendes Vorankommen in dieser Phase. Darüber hinaus

wird eine detaillierte Beschreibung der Prozesse als nicht sehr wichtig ein-

gestuft. Zwar kann man auch aus groben Übersichten Anforderungen ablei-

ten, spätestens bei der Implementierung eines neuen Systems wird jedoch

eine genauere Beschreibung der Prozesse nötig.

Einige Prozesse, die schon grob beschrieben und aufgenommen wurden,

sind im Anhang einzusehen.

9.4.2.2 Prozessverbesserung

In der Phase der Prozessverbesserung wird, ausgehend vom Ist-Zustand,

ein Soll-Zustand auf der Grundlage der in Abschnitt 6.3.3 beschriebenen An-

sätze entwickelt. Hierbei bei wird vorwiegend in Gruppen mit Repräsentanten

aller Prozessbeteiligten gearbeitet. Die Verbesserungen sollen erfolgen um

die zuvor festgelegten Unternehmensziele zu erreichen und orientieren sich

daher an diesen. Bei dem Vorgehen ist zum einen eine gewisse Kreativität

und ein gestalterisches Potential gefragt, zum anderen jedoch auch die

Orientierung an Referenzmodellen hilfreich, um Aufwand zu vermeiden und

betriebswirtschaftliche Konzepte zu importieren. Dabei muss jedoch darauf

geachtet werden, dass die Individualität mit der sich ein Unternehmen von

Wettbewerbern differenziert, nicht zerstört wird. Gerade der Produktionspro-

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

71

zess kann in vielen KMU als individueller Erfolgsfaktor angesehen werden

und sollte nicht standardisiert werden. Dies wird auch bei der Elektro GmbH

als besonders kritisch in Bezug auf die ERP-Auswahl gesehen.

Besonders entscheidend ist hier insgesamt die Frage, wie weit man bei den

Veränderungen gehen möchte. Aus diesem Grund sind hier klare Zielvorga-

ben nötig. Auf jeden Fall sollten Schwachstellen und Probleme dabei an-

gesprochen und behoben werden.

Fachwissen im Bereich betriebswirtschaftliche Konzepte und die Kenntnis

über die Möglichkeiten von ERP-Lösungen sind hier notwendig, weshalb ex-

terne Beratung hilfreich sein kann. Des Weiteren hängt auch hier die Güte

der Ergebnisse von der Motivation der Beteiligten ab.

Bei der Elektro GmbH soll die Veränderung der Prozesse und Organisations-

strukturen sehr gering gehalten werden. Für einige Schwachstellen, wie etwa

die Integration der auswärtigen Produktionsstandorte oder mangelhafte Ver-

fügbarkeit wichtiger Planungsdaten, sollten jedoch auf jeden Fall Lösungen

gesucht werden. Eine weitere große Schwachstelle der bestehenden Soft-

ware ist, dass sie keine Kapazitätsplanung unterstützt sondern, lediglich auf

MRP, vgl. Abschnitt 3.1, basiert. Die Kapazitätsplanung erfolgt durch manuell

angelegte Exceltabellen und beruht größtenteils auf der Erfahrung der Mitar-

beiter der Arbeitsvorbereitung. Hier sind eventuell größere Eingriffe nötig, da

neue Anforderungen an die Betriebsdatenerfassung entstehen und kapazi-

tätsbezogene Stammdaten angelegt und gepflegt werden müssen. Allerdings

stecken hier auch große Verbesserungspotentiale bezüglich des Planungs-

ergebnisses, wodurch verschiedene Kennzahlen wie etwa der Lagerhaltung,

Kapazitätsauslastung oder Durchlaufzeit verbessert werden könnten.

Darüber hinaus muss die Frage gestellt werden, inwieweit man sich für neue

Technologien und Umweltbedingungen öffnen bzw. wappnen möchte. Hierzu

können beispielsweise die Möglichkeit des Supply Chain Managements oder

das eventuelle Engagement im außereuropäischen Raum genannt werden.

Im Anhang werden einige Schwachstellen des Ist-Zustandes bei der Elektro

GmbH aufgeführt.

9.5 Lastenheft

Die Erstellung eines Lastenheftes ist obligatorisch bei der Auswahl eines

ERP-Systems und enthält eine kurze Beschreibung der Ausgangssituation,

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

72

die Ziele und groben Rahmenbedingungen des Projekts sowie die Anforde-

rungen an die Software, die im Rahmen der Prozessanalyse ermittelt wur-

den. Auch Anforderungen an den Anbieter und eventuelle Dienstleistungen

werden dabei berücksichtigt. Es soll einen kurzen, prägnanten Überblick über

das Vorhaben geben und dient als Grundlage für die eigentliche Auswahl des

Systems.

Das Lastenheft muss klar strukturiert sein und sich auf die wesentlichen As-

pekte beschränken, was gerade für KMU wichtig ist. Eine Auflistung von

2000 oder mehr Kriterien würde den Rahmen sprengen, da zum Einen der

Aufwand der Erstellung und Auswertung zu hoch und zum Anderen die Ver-

gleichbarkeit eingeschränkt wäre, wegen der großen Unübersichtlichkeit.

Wichtig ist jedoch, dass die wettbewerbsdifferenzierenden und unterneh-

mensspezifischen Anforderungen berücksichtigt werden.

Bei der Aufstellung der Anforderungen ist es hilfreich, sich an Mustern,

Checklisten oder sonstigen Referenzmodellen zu orientieren. Insbesondere

folgende Kriterien sind bei der Aufstellung des Lastenhefts zu berücksichti-

gen:

Relevanz, Konsistenz,

Verständlichkeit, Korrektheit,

Lösungsneutralität und Realitätsnähe.

Um eine Vergleichbarkeit von Systemen herzustellen und somit die Auswahl

zu erleichtern ist eine Gewichtung der einzelnen Kriterien erforderlich. Diese

sollte zusammen mit der Geschäftsleitung erfolgen und sich an den Unter-

nehmenszielen orientieren. Üblicherweise werden dabei A-, B- und C-

Prioritäten vergeben. A-Prioritäten sind „K.O.“-Kriterien, die auf jeden Fall er-

füllt werden müssen, B-Prioritäten sind wichtige aber nicht zwingende Krite-

rien und C-Prioritäten stellen Anforderungen dar, die lediglich als wün-

schenswert angesehen werden. Im nächsten Auswahlschritt der Marktre-

cherche spielen zunächst nur die A-Prioritäten eine Rolle, bei der Vor- und

Endauswahl dann auch die B-Prioritäten. C-Prioritäten haben auf den Aus-

wahlprozess wenig Einfluss.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Lastenheftes ist, dass es sich entwickelt

und verändert. Daher ist es nicht nur für die Weitergabe an Anbieter gedacht,

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

73

sondern auch schon vorher eine interne Arbeitsgrundlage und dient als

Schablone bei der Analyse von Systemen. Die Entwicklung des Lastenheftes

wird schon während der Prozessanalyse begonnen und es wird mehrfach ak-

tualisiert und modifiziert.

9.6 Marktanalyse

Ziel der Marktanalyse ist es, eine erste grobe Eingrenzung des Marktes vor-

zunehmen, indem eine Gruppe von Anbietern gesucht wird, welche die A-

Prioritäten erfüllen. Diese „K.O.“-Kriterien werden bei der Elektro GmbH zu

einem großen Teil in der Abbildung der wichtigsten Merkmale des Produkti-

onssystems und der Vertriebsstruktur sowie der Integration des Systems in

die bestehende EDV-Landschaft liegen. In der Tab. 10 wurden die möglichen

Informationsquellen zur Erschaffung einer Marktübersicht genannt. In dieser

Phase sind allgemeine und öffentlich verfügbare Informationsquellen in der

Regel ausreichend. Die Beratung durch einen Markt- bzw. Branchenkenner

kann jedoch bei der Marktsondierung viel Aufwand sparen. Auf die Neutralität

eines Beraters sollte dabei jedoch geachtet werden.

Die Einschränkung der in Frage kommenden Anbieter erfolgt vom Groben

zum Feinen. Aus einer Übersicht aller Lösungen werden zunächst die ge-

sichtet, die für die Unternehmensgröße und Branche geeignet sind und die

gewünschten Module abdecken können. In weiteren Schritten werden die

Lösungen selektiert, bei denen keine „K.O.“-Kriterien auftreten. Je weniger

Anbieter ausgewählt werden, desto weniger aufwändig wird die nächste

Auswahlstufe. Allerdings sollten keine Anbieter ohne plausible Gründe aus-

geschlossen werden.

9.7 Vorauswahl

Die Anbieter, die bei der Marktanalyse ausgesiebt wurden, werden nun ge-

nauer unter die Lupe genommen. Im Rahmen der Vorauswahl sollten ca. drei

Anbieter ausgesucht werden, die neben der Erfüllung der „K.O.“-Kriterien den

höchsten Abdeckungsgrad der Anforderungen erreichen und sich im finan-

ziellen Rahmen der Zieldefinition bewegen. In dieser Phase ist ein großer

technischer und fachlicher Sachverstand gefragt. Sie wird vom Kernteam und

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einem eventuellen Berater durchgeführt. Auch Rückfragen an verschiedene

Fachbereiche und die IT-Abteilung sind dabei nötig.

Da die Anforderungen immer spezieller werden, reichen hier allgemeine In-

formationen nicht mehr aus, geeignete Informationsquellen für die Voraus-

wahl sind in Tab. 10 genannt. Von großer Bedeutung sind in dieser Phase

beispielsweise fundierte Marktstudien und Anbieterbefragungen.

Im Rahmen der Befragung wird ein Lastenheft an die ausgewählten Anbieter

verschickt und von diesen bearbeitet. Aussagen von Anbietern sind jedoch

grundsätzlich zu hinterfragen, da diese stark vom Vertriebsinteresse geleitet

sind. Deshalb sollte festgelegt werden, dass die Angaben im Lastenheft Be-

standteil eines möglichen Vertrags werden. Das Lastenheft, das an die An-

bieter geschickt wird, ist zu großen Teilen deckungsgleich mit dem oben ers-

tellten Lastenheft. Allerdings darf der Umfang nicht zu groß sein und es sollte

keine C-Kriterien enthalten, damit es zum einen nicht unübersichtlich wird

und zum anderen - sowohl für die Bearbeitung beim Anbieter als auch für die

interne Auswertung - nicht zu viel Zeit gebraucht wird. Um eine größere Ver-

gleichbarkeit und klarere Aussagen zu erhalten, sollten die Anforderungen in

der Form von Fragen formuliert sein, die nur mit „ja“, „nein“ oder „mit zusätz-

lichem Aufwand realisierbar“ beantwortet werden können.

Neben den Anforderungen enthält es weiter eine kurze Beschreibung des

Unternehmens, der Zielen des Projekts und wichtigen Prozessen. Darüber

hinaus erfragt es ein Profil des Anbieters, mögliche Implementierungsstrate-

gien und -unterstützung sowie erste grobe Kostenangaben für einzelne Leis-

tungen. Auf der Grundlage der angegebenen Kosten erfolgt eine Kosten-

schätzung der verschiedenen Lösungen wie in Abschnitt 0 beschrieben.

Schließlich werden die wesentlichen Ergebnisse der Analyse gegenüberge-

stellt und der Kreis der Teilnehmer der Endauswahl von der Projektleitung

und der Geschäftsführung bestimmt. Neben den Kriterien der Funktionsab-

deckung und der Kosten sollten bei der Elektro GmbH vor allem Fragen der

Implementierung sowie das Anbieterprofil fokussiert werden, da Erfahrungen

aus vergleichbaren Projekten fehlen.

9.8 Endauswahl

Die Endauswahl stellt den letzten Schritt des Auswahlprozesses im engeren

Sinne dar. Ziel ist es nun, Effektivität und Effizienz zu analysieren und da-

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durch fundierte Aussagen über Wirtschaftlichkeit und Nutzen der ERP-

Systeme zu erlangen. Bei der Effektivitätsbetrachtung steht der Grad der Er-

reichung der Ziele und Anforderungen im Vordergrund und die Effizienzbe-

trachtung nimmt hauptsächlich Aufwand und Kosten ins Visier. In dieser

Phase der Auswahl wird der Kontakt zu den Anbietern intensiviert, indem

Anbieterpräsentationen, Referenzkundenbesuche, Testinstallationen und

ähnliches durchgeführt werden.

Im Rahmen von Anbieterbefragungen und Testinstallationen wird den Be-

werbern die Möglichkeit gegeben, ihr Produkt vorzustellen sowie die Unters-

tützung kritischer Prozesse realitätsnah zu demonstrieren und dabei unter-

nehmensspezifische Gegebenheiten zu berücksichtigen. Durch die Tests sol-

len Lösungen zur Anpassung des Systems an die Soll-Prozesse gefunden

werden. Sie sollten dann in einem Pflichtenheft dokumentiert werden. Dafür

ist es erforderlich, dem Anbieter vorab genauere Informationen und Stamm-

daten bereit zu stellen sowie bestimmte Problembereiche zu nennen, auf die

eingegangen werden soll. Bei der Elektro GmbH muss besonders darauf

geachtet werden, inwieweit die bestehenden Stammdaten den Anforderun-

gen der Systeme gerecht werden, da diese teilweise schlecht gepflegt sind

und Arbeitspläne und Stücklisten beispielsweise zum Teil unvollständig oder

nicht aktuell sind.

Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und des Nutzens der verschiedenen

Systeme kommen in der Endphase der Auswahl die in 3.5.2.5 vorgestellten

Verfahren der Wirtschaftlichkeitsanalyse zum Einsatz. Neben der Durchfüh-

rung einer Investitionsrechnung sollte auch eine Nutzwertanalyse erfolgen.

Hierbei werden zunächst die einzelnen Kriterien bezüglich ihrer Bedeutsam-

keit gewichtet. Anschließend werden, je nachdem wie gut die einzelnen Krite-

rien erfüllt sind, Punkte für die einzelnen Systeme verteilt und in einem Nutz-

wert verdichtet.

Bei der Kostenbetrachtung sollte der „Total Cost of Ownership-Ansatz“

(TCO) Verwendung finden. Dieser umfassende Ansatz berücksichtigt die

Tatsache, dass bei der Anschaffung eines ERP-Systems neben den Investi-

tionskosten während des gesamten „Lifecycles“ der Software noch weitere

Kosten anfallen. Neben den Kosten der Hard- und Software sind hier vor al-

lem Einführungs-, Anpassungs- und Wartungskosten zu berücksichtigen um

die Entscheidungsgrundlage zu verbessern. Unterschieden werden direkte

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und indirekte Kosten. Während die direkten Kosten klar erfassbar und zure-

chenbar sind, ist dies bei den indirekten Kosten nicht möglich, weshalb sie

geschätzt werden müssen. Zu den direkten Kosten zählen beispielsweise Li-

zenzkosten der Software, indirekte Kosten sind etwa Opportunitätskosten der

Mitarbeiterfreistellung von den Linientätigkeiten.

Sowohl Nutzwertanalyse als auch der „Total Cost of Ownership“-Ansatz sind

zwar relativ einfach anwendbar, es ist jedoch zu beachten, dass viele subjek-

tive Bewertungen und Schätzungen in diese Verfahren einfließen.

Zuletzt wird eine Bilanz der Argumente erstellt, in der alle Aspekte einander

gegenüber gestellt werden und es sollten noch einmal die wichtigsten Betei-

ligten aus den Fachabteilungen sowie aus der IT-Abteilung und externe Be-

rater angehört werden. Schließlich wird eine Entscheidung durch die Ge-

schäftsleitung getroffen.

9.9 Vertragsverhandlungen

Schon in der Phase der Endauswahl beginnen die Vertragsverhandlungen.

Bevor die Entscheidung gefallen ist, können meist günstigere Konditionen

ausgehandelt werden, die man sich zusichern lassen sollte. Allgemeine Ver-

tragsbedingungen von Anbietern sollten nicht verwendet werden.

Während der Vertragsverhandlungen im engeren Sinn müssen

die zu erbringenden Leistungen,

die Vergütung sowie

die wesentlichen Organisations- und Verhaltensregeln des Projekts

bestimmt und festgehalten werden. Die zu erbringenden Leistungen orientie-

ren sich am Lastenheft und sollten so genau, wie es zu diesem Zeitpunkt

schon möglich ist, beschrieben werden. Um eine haltbare Kostenabschät-

zung zu ermöglichen, ist es in der Regel nötig, eine Feinkonzeption durchzu-

führen und dabei ein Pflichtenheft zu erstellen, welches eine sehr detaillierte

Beschreibung der Leistungen sowie der Maßnahmen zur Umsetzung bein-

haltet. Bei der Vergütung gibt es verschiedene Möglichkeiten, die zu prüfen

sind, etwa Zahlung eines Festpreises oder Preis nach Aufwand. Auch sind

die Zeitpunkte von Teilzahlungen festzulegen. Prinzipiell besteht auch die

Möglichkeit, die Software zu leasen.

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Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

77

Abschließend sollte ein Projektplan mit Meilensteinen erstellt werden, ver-

antwortliche Personen ernannt werden und verschiedene Situationen wie

beispielsweise Projektabbrüche berücksichtigt werden.

9.10 Fazit und Handlungsempfehlung

Es wurden bisher im Rahmen der ERP-Auswahl schon wichtige Erkenntnisse

erlangt, etwa über Probleme der PPS und anderer Abläufe und einige wichti-

ge Kriterien, die ein neues System erfüllen sollte. Auch ein grober Überblick

über den Markt wurde durch Produktpräsentationen und Messebesuche ge-

schaffen. Insbesondere wurde die Möglichkeit des Einsatzes von Systemen

mit fortschrittlichen Planungsmethoden in Betracht gezogen um die Anforde-

rungen der komplexen Produktionsstrukturen erfüllen zu können. Ein fundier-

tes und systematisches Vorgehen wurde jedoch bisher vernachlässigt. Um

eine geeignete Auswahl treffen zu können und eine angemessene Investiti-

onssicherheit zu erlangen ist dies jedoch zwingend notwendig. Es muss

schon in der Phase der Auswahl ein größerer personeller und finanzieller

Aufwand betrieben werden, um späteren Aufwand und Risiken zu reduzie-

ren. Das weitere Vorgehen sollte sich daher an dem beschriebenen Modell

orientieren und es sollte ein Mindestmaß an Unterstützung durch einen ex-

ternen Partner erfolgen Know-how zu importieren. In Tab. 11 werden die

wichtigsten Erfolgsfaktoren für das weitere Vorgehen zusammengefasst.

Tab. 11: Erfolgsfaktoren beim weiteren Vorgehen

Erfolgsfaktor Beschreibung

Ziele und Unterstüt-

zung der Geschäftslei-

tung

Unterstützung des Vorhabens durch die Geschäftsleitung ist von

großer Bedeutung. Die wichtigsten Unternehmensziele müssen klar

formuliert und kommuniziert werden. Die Einrichtung eines Len-

kungsausschusses ist hierzu hilfreich.

Projektmanagement Schon die Auswahl eines ERP-Systems ist ein komplexes und

aufwändiges Vorhaben. Es ist daher notwendig, ein Projekt einzu-

richten, in dem die wesentlichen Aspekte des PM berücksichtigt

werden ohne zu bürokratisieren. Das PM bildet den Rahmen zur

Umsetzung des Auswahlprozesses und verwendet verschiedene

Verfahren und Werkzeuge zur Zielerreichung Die beteiligten Per-

sonen und Aspekte menschlichen Verhaltens spielen eine wichtige

Rolle.

Page 83: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Prozessorientiertes Vorgehensmodell für mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger

78

Externe Beratung Eine externe Beratung kann Know-how und Erfahrung aus ähnli-

chen Projekten einbringen. Sie sollte das Projekt zumindest beglei-

tend unterstützen. Auf Neutralität eines Beraters ist dabei zu acht-

en.

Vorgehensmodelle Das Vorgehen sollte sich an einem geeigneten Vorgehensmodell

orientieren. Es gibt dem Projekt eine grobe Struktur und beinhaltet

Erfahrungen ähnlicher Vorhaben und wissenschaftliche Erkenn-

tnisse. Eine individuelle Anpassung des Modells muss erfolgen

Change Management Das Projekt ist als ein geplanter Wandlungsprozess zu verstehen.

Mitarbeiter müssen dazu motiviert und Widerstände beseitigt wer-

den. Dies wird durch Kommunikation, Transparenz und Schulung

erreicht. Das Ausmaß der Veränderungen muss Bedacht gewählt

werden und sich an den Zielen orientieren.

Prozessorientierung

und -modellierung

Die Geschäftsprozesse stehen im Mittelpunkt der Auswahl. Eine

eingehende Auseinandersetzung mit ihnen ist erforderlich. Aus

dem Ist-Zustand muss unter Berücksichtigung technischer und

fachlicher Kriterien ein Soll-Zustand entwickelt werden. Eine geeig-

nete Modellierungsmethode muss dazu gewählt und Mitarbeiter

geschult werden.

Anforderungsanalyse Die Auswahl findet anhand des Erfüllungsgrads zahlreicher und

verschiedener Anforderungen statt. Neben den Prozessen müssen

auch die darin enthaltenen Funktionen, Schnittstellen und Daten

berücksichtigt werden. Die wesentlichen Anforderungen müssen

systematisch erfasst und gewichtet werden. Dies geschieht in ei-

nem iterativen Prozess vom „Groben zum Detail“.

Page 84: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Beispiel Lastenheft

79

10 Beispiel Lastenheft ERP-Projekt Elektro GmbH

1 Über dieses Lastenheft

Dieses Lastenheft ist zunächst für den internen Entscheidungsprozess ge-

dacht. Beim weiteren Vorgehen müssen die unternehmerischen und strategi-

schen Ziele der Geschäftsführung berücksichtigt werden und dementspre-

chend der Rahmen für die Softwareauswahl genau festgelegt werden.

Danach muss das Lastenheft gemäß der Zielsetzung erweitert, angepasst

und modifiziert werden, bevor es an geeignete Anbieter weitergeleitet werden

kann. Die Liste der angeführten Probleme muss noch um weitere Punkte er-

gänzt werden und die sich daraus ergebenden Anforderungen aufgenommen

werden. Der Fokus des Lastenhefts liegt bei den Anforderungen im Bereich

Vertrieb, Einkauf und Produktionsplanung und -steuerung. Weitere relevante

Bereiche müssen ebenfalls nach Bedarf hinzugefügt bzw. erweitert werden.

2 Einführung in das Projekt

Im folgenden Abschnitt soll die Elektro GmbH kurz vorgestellt und eine Ein-

führung in das ERP-Auswahl Projekt gegeben werden.

2.1 Kurzbeschreibung der Elektro GmbH

Die Elektro GmbH ist ein mittelständisches Unternehmen der Elektrotechnik

mit ca. 800 Mitarbeitern. Der Hauptstandort befindet sich in Müllhausen, wei-

tere Produktionsstandorte sind in Marokko und Tschechien.

Von der Produktentwicklung, über einen eigenen Werkzeug- und Betriebsmit-

telbau und die Einzelteilfertigung in der Kunststoff- und Metallverarbeitung

bis zur Endmontage liegen bei Elektro GmbH alle Schritte der Wertschöp-

fungskette in eigener Hand. Die Eigenfertigungstiefe ist somit sehr groß.

Page 85: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Beispiel Lastenheft

80

Die Produktpalette gliedert sich in die zwei großen Bereiche „Sichern“ und

„Verbinden“. Sichern umfasst eine Vielzahl verschiedener Sicherungen wie

Leitungsschutzschalter, Motorschutzschalter und entsprechendes Zubehör.

Zum Bereich Verbinden gehören verschiedene Steckvorrichtungen, zum

großen Teil für industrielle Anwendungen, Steckdosenkombinationen, sowie

Geräte-Anschlussdosen und ähnliches.

Die Anzahl der verschiedenen Produkte ist sehr groß. Außerdem werden,

neben den Standardprodukten, auch viele kundenindividuelle Varianten rea-

lisiert. Tab.12 gibt einen kurzen Überblick über die Firma.

Tab.12: Rahmendaten der Elektro GmbH

Rahmendaten

Branche: Elektrozubehör; Metall- und Kunststoffverarbeitung

Produktlinien: Sichern: Leitungsschutzschalter, Sicherungsautomaten, Mo-

torschutzschalter und Zubehör

Verbinden: verschiedene Steckvorrichtungen, Steckdosen-

kombinationen, Geräte-Anschlussdosen und ähnliches

Vertriebsstruktur: Vertrieb hauptsächlich an Großkunden und Industrie.

Anzahl der Mitarbeiter: 800

Fertigungstyp Einzelfertiger, Variantenfertiger, Serienfertiger

Auftragsbezug Anonyme Lagerfertigung, Kundenauftragsfertigung

Organisationstyp der Ferti-

gung

Werkstattfertigung

Eigenfertigungstiefe Hoch

Disposition/Beschaffung Auftragsbezogen, programmbezogen

Handelsfunktion Mittel

Anzahl geführter Produkte Ca. 2000

Anzahlz Standaorte 2 Firmenstandorte und eine externe Produktionsstätte

Anzahl Lagerorte 4

2.2 Beschreibung des ERP-Projekts

Der Kern der heutigen EDV-Landschaft ist ein vor über 20 Jahren individuell

entwickeltes PPS-System, erweitert um einige dazu gekaufte Standardsoft-

warelösungen, auf einer AS/400 der Firma IBM.

Page 86: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Beispiel Lastenheft

81

Aufgrund der Veränderungen der Firmenumwelt und -struktur in den letzten

Jahren sieht die Elektro GmbH einen Handlungsbedarf im Bereich des be-

trieblichen Informationssystems, da die Prozesse teilweise schlecht unters-

tützt werden, die Bereitstellung benötigter Informationen mangelhaft ist und

das System insgesamt intransparent ist. Kennzahlen wie etwa Lagerhal-

tungskosten, Lieferbereitschaft, Durchlaufzeit und Termintreue werden als

unbefriedigend eingestuft.

Bei den Betrachtungen zu einer neuen Unternehmenssoftware stehen die

Produktionsplanung und damit eng verbundene Bereiche wie Einkauf und

Vertrieb im Fokus, da diese als kritischer Faktor bei der Systemeinführung

gesehen werden. Zu den Hauptanforderungen an ein neues System gehört

es, die komplexe Produktion abzubilden. Es muss sowohl eine prognoseo-

rientierte Serienproduktion auf Lager als auch die Produktion kundenindivi-

dueller Aufträge unterstütz werden. Außerdem soll eine Planung gegen be-

grenzte Kapazitäten möglich sein und die verschiedenen Produktionsstan-

dorte müssen im System abgebildet werden können. Um diese Anforderun-

gen zu erfüllen, wird eine Lösung mit einer fortschrittlichen Produktionspla-

nung angestrebt.

Aufgrund der momentan hohen Auslastung der Produktion wird ein schlüssi-

ges Konzept zur reibungslosen Einführung einer neuen Lösung eine wichtige

Rolle bei der Entscheidung spielen.

Fraglich ist, ob die neue Software mit der bestehenden AS/400 (Betriebssys-

tem OS/400 und integrierter Datenbank DB2/400) kompatibel sein muss und

vorhandene Ressourcen genutzt werden sollen, oder ob die Auswahl unab-

hängig davon getroffen werden soll.

3 Beschreibung des Ist-Zustands

Im Folgenden werden die, für die Auswahl eines ERP-Systems relevanten,

Merkmale des heutigen Zustandes der Organisation und Prozesse der Elekt-

ro GmbH geschildert. Zunächst werden einige wichtige Begriffe definiert, die

in der Firma gebräuchlich sind um für ein besseres Verständnis zu sorgen.

Page 87: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Beispiel Lastenheft

82

Nach einer kurzen Übersicht über die Aufbauorganisation des Unternehmens

werden einige wichtige Prozesse im Bereich der Produktionsplanung und -

steuerung beschrieben und grafisch modelliert, da sich zum großen Teil aus

ihnen die Anforderungen an die zu beschaffende Software ableiten. Im An-

schluss sollen die wichtigsten Probleme der Organisationsstruktur und der

Prozessabläufe genannt werden, da diese auch wesentlichen Einfluss auf die

Modellierung des Soll-Zustands haben und daher auch relevant für die An-

forderungen sind. Schließlich wird ein grober Überblick über die bestehende

Applikationslandschaft gegeben.

3.1 Definitionen wichtiger Begriffe

Im Folgenden werden wichtige Begriffe, die in der Firma im Umfeld der PPS

häufig verwendet werden, erläutert. Dies hat den Zweck, sowohl Internen, als

auch Dritten gegenüber, eine gemeinsame Sprache zu finden, eine Transpa-

renz herzustellen und somit Missverständnisse zu vermeiden. Auch sollen

die Erklärungen helfen, die Prozessabläufe besser nachvollziehen zu kön-

nen.

Fertigungsplanung (FERR200):

Im Betrieb wird sowohl für die Fertigungsplanung als auch für den wöchent-

lich erscheinenden Ausdruck eines begrenzten Teils der Fertigungsplanung

der Begriff Bandplanung verwendet. Die Bandplanung als Ausdruck ist be-

schränkt sich auf die Produktionsaufträge der nächsten 3-4 Wochen und

enthält nicht alle Aufträge. Es muss deshalb darauf geachtet werden, was im

Einzelnen gemeint ist, um Verwechslungen zu vermeiden.

Die Fertigungsplanung enthält alle von der AS 400 ausgelösten Fertigungs-

und Montageaufträge. Dies entspricht den Aufträgen für alle Arbeitsplätze.

Die Aufträge werden durch Stücklistenauflösung der Primärbedarfe über alle

Produktionsstufen generiert.

Sie Aufträge bekommen automatisch Soll-Termine zugeordnet, die angeben,

wann der Auftrag fertig sein soll.

Solange ein Auftrag nicht eingeplant ist (durch „E“ oder „*“ gekennzeichnet),

entspricht der Ist-Termin dem Soll-Termin.

Page 88: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Beispiel Lastenheft

83

Die Soll-Termine ergeben sich aus der Rückwärtsterminierung ausgehend

vom Bedarf an Fertigartikeln.

Täglich können neue Aufträge in die Bandplanung aufgenommen werden,

daher kann sich die Fertigungsplanung nach jedem Dispositionslauf ändern.

Ist-Termin und Priorität des Auftrags werden manuell eingetragen.

Der Status eines Auftrags wird teils maschinell teils manuell geändert (W, R,

H bzw. F)

Für Montageaufträge und Heimarbeit wird angezeigt, ob die benötigten Mate-

rialien bereitgestellt sind (K, M).

Die Fertigungsplanung wird mit jedem Dispositionslauflauf aktualisiert (täg-

lich).

In der Nacht zum Freitag werden 2 Listen gedruckt, welche einen Teil der

Fertigungsplanung enthalten. Zur besseren Übersichtlichkeit werden jedoch

nicht alle Arbeitsplätze und nicht der gesamte Planungshorizont berücksich-

tigt. Die Listen sind für die AV und für die Meister der Montage/Fertigung

(„Bandplanung“).

Rückstandsliste Fertigartikel (FERQ010):

Diese Liste wird automatisch erstellt.

Hier stehen alle Artikel, deren bestätigter Liefertermin überschritten ist oder

bald überschritten wird. Aufgrund der Dringlichkeit werden die Prioritäten von

der AV verändert. Sie erhalten die Prioritätsstufe 2 (Termin überschritten)

oder T (Terminauftrag).

Sie kommt am Montag (für die laufende Woche) und am Donnerstag (für die

laufende und die nächste Woche).

Die Liste stellt ein Hilfsmittel dar um die Rückstände bei Kundenaufträgen zu

vermeiden oder zu minimieren.

Fehlteilliste (FERR004):

Diese Liste wird automatisch erstellt.

Es werden alle Teile aufgeführt, die fehlen, um einen Fertigungsauftrag fertig

zu stellen.

Die Fehlteilliste stellt die Fertigungsplanung aus einer anderen Sicht dar. So

werden hier für alle Komponenten (Teile, Baugruppen und Material) die je-

Page 89: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Beispiel Lastenheft

84

weiligen Montageaufträge angezeigt, für welche diese benötigt werden. Auch

die jeweiligen Soll-Termine werden angegeben und dadurch eventuelle

Rückstände sichtbar.

Die Liste dient dazu, besonders dringliche Fehlteile zu markieren und nötige

Maßnahmen einzuleiten.

Sie geht zuerst an die AV und nach der Bearbeitung an den Einkauf und teil-

weise an die Fertigungs- und Montageabteilungen.

Dispoliste (FER007):

Diese Liste wird automatisch erstellt.

Hier werden alle Zukaufteile und Materialien sowie die Handelswaren aufge-

führt, die vom Einkauf bestellt werden sollen.

Für die Teile wird automatisch ein Soll-Termin errechnet (Stücklistenauflö-

sung und Rückwärtsterminierung).

Die Liste wird von der AV durchgesehen und alle Teile markiert, deren Start-

termin erreicht ist oder deren Liefertermin in Verzug ist.

Es wird notiert, wann die Teile benötigt werden bzw. die Dringlichkeit wird

vermerkt.

Die bearbeitete Liste geht dann weiter an den Einkauf, wo die Bestellungen

oder Mahnungen durchgeführt werden.

Unterdeckungsliste:

Hier werden alle C-Teile aufgelistet, die einen Mindestbestand haben, der

unterschritten ist. Diese Liste erhält zunächst der Vertrieb. Er legt Bedarf und

Termine fest. Dann geht die bearbeitete Liste an die AV und die entspre-

chenden Aufträge werden erfasst und deren Machbarkeit geprüft.

Meldebestandsliste:

Hier sind wichtige Komponenten und Materialien aufgeführt, die unregelmä-

ßig verbraucht werden und bei denen der Meldebestand unterschritten wur-

de. In der AV wird geprüft, ob und zu welchem Termin eine Bestellung erfor-

derlich ist.

A- Teile:

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Beispiel Lastenheft

85

Sind Teile mit hohem und regelmäßigem Verbrauch. Sie werden Prognoseo-

rientiert disponiert (Dispositionsart 1).

B- Teile:

Sind Teile mit geringem und regelmäßigem Verbrauch. Sie werden disponiert

wie A-Teile.

C-Teile:

Der Verbrauch ist gering und unregelmäßig. Sie werden entweder mindest-

bestandsorientiert oder kundenauftragsorientiert disponiert (Dispositionsart 2)

Soll-Termin:

Die Soll-Termine werden, ausgehend von den Terminen der Primärbedarfe,

durch Stücklistenauflösung und Rückwärtsterminierung automatisch errech-

net.

Ist-Termin:

Die Ist-Termine sind die tatsächlichen Fertigungsendtermine, die von der AV

nach der Einplanung in das System eingegeben werden. Der Ist-Termin liegt

vor dem Soll-Termin, wenn Aufträge vorgezogen werden, um freie Kapazitä-

ten zu nutzen, oder nach dem Soll-Termin, wenn nicht genügend Kapazitäten

verfügbar sind, um planmäßig zu beginnen.

Der eingetragene Ist-Termin ist die neue Grundlage für die Berechnung der

Bedarfe der eingehenden Teile. Ein veränderter Ist-Termin verändert auch

den Soll-Termin eingehender Teile, falls der Ist-Termin vor dem Solltermin

liegt. Ist-Termine nach den Soll-Terminen sind nicht Dispo-wirksam.

Auftragsauslösung:

Durch das Entstehen eines Primärbedarfs (Dispositionsart 1 oder 2) werden

von der AS/400 Aufträge automatisch, in Form von Bestellsätzen, ausgelöst.

Starttermin:

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Beispiel Lastenheft

86

Der Starttermin (Zeit laut Arbeitsplan x Menge + Vorlaufzeit) liegt vor dem

Solltermin und gibt an, dass ein ausgelöster Auftrag aufgrund seiner indivi-

duellen Durchlaufzeit eingeplant werden muss.

Auftragseinplanung:

Aufträge werden eingeplant, indem sie mit einem „E“ vermerkt werden und

tatsächlich als Aufträge in die Montage bzw. Fertigung gehen.

3.2 Aufbauorganisation der Elektro GmbH

Die Geschäftsführung der Elektro GmbH obliegt dem geschäftsführenden

Gesellschafter. Die nächste Stufe in der Hierarchie der Organisation bilden

die Leiter der Bereiche „Vertrieb“, „Entwicklung“, „Produktion“, „Kaufmänni-

scher Bereich“ und „Personalwesen“. Die vier erstgenannten Bereiche und

der Geschäftsführer bilden den Führungskreis.

Der Bereich Vertrieb besteht aus zehn Abteilungen. Neben den sechs Abtei-

lungen die zuständig für bestimmte, abgegrenzte Kundenkreise sind gibt es

noch die vier Serviceabteilungen. Dies sind „Disposition/Preisstrategie“,

„Marketing“, „Kundenservice“, und „Logistik“.

Zum Bereich Entwicklung gehören die Konstruktionsabteilungen (Sichern

und Verbinden) sowie die Abteilung Qualitätsmanagement.

Der Bereichsleiter Produktion ist verantwortlich für die Kunststoff- und Metall-

verarbeitung und die Montageabteilungen (Sichern und Verbinden), sowie für

die Serviceabteilungen Arbeitsvorbereitung (mit den Gruppen Fertigungspla-

nung und -steuerung und Teilelager), Werkzeugtechnik, Maschinentechnik

und Haustechnik.

Zum Kaufmännischen Bereich zählen die Abteilungen Controlling, Rech-

nungswesen, Einkauf und EDV.

Die Serviceabteilungen erbringen jeweils Leistungen für alle anderen Abtei-

lungen des jeweiligen Bereichs.

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Beispiel Lastenheft

87

Zur Anzeige wird der QuickTime™ Dekompressor „Keine“

benötig t.

Bereich

Führungskreis

Serviceabteil ung

Abteilung

Zur Anzeige wird der QuickTime™ Dekompressor „Keine“

benötig t.Geschäftsführung

Montage

Ver binden

Werkzeugtechnik

Maschinentech

nik

Haustechnik

Arbei tsvorbere

itung

Zur Anzeige wird der QuickTime™ Dekompressor „Keine“

benötig t.

Kaufmännischer

Ber eich

Zur Anzeige wird der QuickTime™ Dekompressor „Keine“

benötig t.

Per sonalwesen

Disposition/Preis

strateg ie

Logistik

Marketing

Kundenser vice

Ausland 1

Industrie Inland

Ausland 2

Zur Anzeige wird der QuickTime™ Dekompressor „Keine“

benötig t.

Ver trieb

GH Key- Kunden

1

GH Top-Kunden

Inland

GH Key- Kunden

2

Zur Anzeige wird der QuickTime™ Dekompressor „Keine“

benötig t.

Entwicklung

Konstr uktion

Sicher n

Konstr uktion

Ver binden

Quali tätsmanage

ment

Zur Anzeige wird der QuickTime™ Dekompressor „Keine“

benötig t.

Produktion

Kunststoffverar

beitung

Metallverar

beitung

Montage Sichern

Control ling

Rechnungswesen

Einkauf

EDV

Abb. 18: Organigramm der Elektro GmbH. Die Serviceabteilungen haben Querschnittsfunk-

tionen über die gesamte Abteilung.

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Beispiel Lastenheft

88

3.3 Die EDV-Landschaft

Die Applikationslandschaft der Elektro GmbH wird nachstehend kurz skiz-

ziert.

Abb. 19: Applikationslandschaft der Elektro GmbH.

3.4 Prozessaufnahme

In diesem Kapitel wird der Ist-Zustand einiger Prozesse im Bereich der Pro-

duktionsplanung und -steuerung grob dargestellt. Bei den Ablaufdarstellun-

gen werden folgende Elemente verwendet:

Start/

StoppProzess Entscheidung DokumentManuelle

Eingabe

Abb. 20: Legende für Ablaufdarstellungen

Page 94: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Beispiel Lastenheft

89

Übersicht Produktionsprozess

Die Produktionsplanung und -steuerung beginnt mit der Ermittlung der benö-

tigten Fertigartikel (Primärbedarf). Hierbei werden, je nach Teileart und Be-

darfsauslöser, verschiedene Methoden zur Ermittlung verwendet. Verant-

wortlich für die Primärbedarfsermittlung sind der Vertrieb und die AV.

Ausgehend von dem Primärbedarf werden automatisch in der AS/400 Ferti-

gungs- und Montageaufträge generiert. Diese werden von den Mitarbeitern

der AV bearbeitet (Materialwirtschaft, Termin- und Kapazitätsplanung) und es

gehen die entsprechenden Aufträge zur Produktion in die Montage bzw. Me-

tall- und Kunststoffverarbeitung, sowie in die auswärtige Fertigung und zur

Heimarbeit.

Durch Materialabgabescheine an das Teilelager, oder ohne Beleg durch das

Lagerprogramm „Syspo“, wird das benötigte Material in der Produktion be-

reitgestellt.

Der Bedarf an Zukaufteilen und Material für die Produktion wird der Ein-

kaufsabteilung mitgeteilt. Diese kümmert sich um die Auswahl der Lieferan-

ten und die Bestellung. Die bestellten Zukaufteile und Materialien gehen ent-

weder an das Teilelager oder an die Materiallager der Fertigungen.

Das Teilelager versorgt die Montage und die Fertigung mit benötigten Einzel-

teilen und Baugruppen.

Die gefertigten Metall- und Kunststoffteile gehen in der Regel vor der Weiter-

verwendung in der Montage erst in das Teilelager. Ein Großteil der Metalltei-

le wird nach der Fertigung noch extern veredelt. Dies wird von der Metallver-

arbeitung oder der AV gesteuert.

Die in der Montage hergestellten Fertigartikel gelangen nach der Qualitäts-

prüfung durch die QS in das Fertigartikellager und sind dann versandbereit.

Die Artikel bzw. Teile werden im Lager in den „Syspo“-Lagerbestand einge-

bucht, sowie von der AV, aufgrund der zurückkommenden Laufkarten, in den

AV-Bestand gebucht.

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Beispiel Lastenheft

90

Einkauf

Einzelteillager

Lieferant

Montage/Bau

gruppen

Produkt aus

lieferfähigFertigartikellager

Metall- und Kun

ststoffverar

beitung

Auswärtige Vere

delung

Lieferung

Bestel- lung

Übersicht Produktions-

prozess AV

Februar 2007

Produktionspla

nung und -

steuerung

AV

Primärbedarfser

mittlung

Vertrieb/AV

Primärbedarf

ausgelöst

Qualitätsprüfung

auf allen Stufen

Mon

tageauf

träge

Ferti

gungsauf

träge

Materialab

gabescheineDispoliste Meldebestandsliste

Fehlteilliste

Abb. 21: Übersicht Produktionsprozess

Primärbedarfsermittlung

Die Primärbedarfsermittlung wird vom Vertrieb und der AV durchgeführt und

erfolgt auf drei verschiedenen Wegen:

Dispositionsart 1:

Der Bedarf für A- und B-Teile erfolgt jeweils für den laufenden Monat und die

sechs folgenden Monate. Die Bedarfe werden durch den Vertrieb festgelegt.

Er orientiert sich dabei an dem Vorjahresverbrauch sowie den erwarteten

Absätzen. Die zukünftigen Bedarfe werden laufend gepflegt bzw. verändert.

Von der AV wird ein Mindestbestand festgelegt. Neue Aufträge werden aus-

gelöst, wenn Lagerbestand – Mindestbestand - Bedarf < 0 ist. dadurch kann

die AV die Auslösung eines Auftrags beeinflussen. Die AV nutzt die Verän-

derung des Mindestbestands, um die Produktion gemäß der vorhandenen

Kapazität zu steuern. Die Losgröße wird von der AV und den Meistern in Ab-

sprache bestimmt.

Dispositionsart 2:

Diese Dispositionsart findet bei den C-Teilen Verwendung hat zwei verschie-

dene Ausprägungen.

Bei C-Teilen mit, vom Vertrieb festgelegtem, Mindestbestand werden ent-

sprechende Hinweise in der Unterdeckungsliste vermerkt, wenn der Min-

destbestand unterschritten ist. Der Vertrieb bestimmt daraufhin Fertigungs-

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Beispiel Lastenheft

91

menge und -termin. Die AV prüft die Machbarkeit, erfasst die Aufträge und es

wird ein Bedarfsatz (VS 16) erstellt.

Bei C-Teilen ohne Mindestbestand werden Bedarfe durch Kundenaufträge

ausgelöst. Der Vertrieb nimmt die Kundenaufträge entgegen, die AV erfasst

sie und löst somit Aufträge aus.

Der Bedarf an Handelsware wird vom Vertrieb bestimmt, auch hier erfolgt die

Disposition auf die oben beschriebenen Arten, also entweder prognoseorien-

tiert, durch Unterdeckung oder durch einen Kundenauftrag. Die vom Vertrieb

ermittelten Bedarfe werden an den Einkauf weitergeleitet und der Bestellpro-

zess ausgelöst.

Die Bestellmenge wird vom Einkauf und Vertrieb gemeinsam festgelegt.

Bedarfsermittlung

abgeschlossen

Primär- bedarfser-

mittlung

Vertrieb/AV Februar 2007

Start

BedarfsermittlungTeileart

Bedarfsauslöser

Bedarfsplanung

A+B-Teile für 6+1

Monate

Vertrieb: Bedarfs

festlegung

AV: Mindestbe

standsfestlegung

Bedarfsplanung

aus Unterdeck

ungsliste

Vertrieb: Min

destbestands

festlegung;

Dringlichkeit ver

merken

AV: Aufträge er

fassen und Mach

barkeit prüfen

Bedarfsplanung

aus Kundenauf

trägen

Vertrieb: Auf

tragsannahme

AV: Auftragser

fassung

A+B-Teile Dispoart 1

C-Teile Dispoart 2 Unterdeckung

Kundenauftrag

Abb. 22: Primärbedarfsermittlung

Angebotserstellung

Der Angebotserstellungsprozess beginnt mit der Anfrage eines Kunden be-

züglich bestimmter Produkte. Je nach dem, welche Produkte nachgefragt

werden gibt es Unterschiede in der Ermittlung der Produktionszeiten und -

kosten.

Der einfachste Fall ist der, wenn die Produkte auf Lager sind, Lieferzeiten

und Kosten sind dann schon bekannt.

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Beispiel Lastenheft

92

Handelt es sich um ein schon Standardprodukt, muss bei der AV nachgefragt

werden, wie schnell das Produkt gefertigt werden kann. Die AV muss evt.

Nachfragen im Verkauf einholen. Bei Handelswaren werden Termine und

Preise teilweise direkt im Einkauf erfragt.

Handelt es sich bei den Produkten um neue, kundenindividuelle Produkte, so

muss zusätzlich in der TK nachgefragt werden und die Realisierbarkeit über-

prüft werden.

Sind Produktionszeit und -kosten ermittelt, wird der Liefertermin errechnet

und der Preis durch den Vertriebsleiter kalkuliert. Anschließend wird das An-

gebot erstellt und abgegeben.

Kundenan

frage einge

gangen

Angebot er

stellt

Angebotserstel

lung

Nein

Produkt auf

Lager?

Neues Produkt? Anfrage TKJa

Nein

Absprache

Handelsware?

Anfrage AV

Termin/Kosten

Anfrage Einkauf

Termin/Kosten

Nein

Ja

Absprache

Angebotserstellung

Vertrieb Februar 2007

Ja

Preiskalkulation

durch

Vertriebsleiter

Abb. 23: Angebotserstellung

Produktionssteuerung

Die Produktionssteuerung ist ein sich andauernd wiederholender und Verän-

derungen verarbeitender Prozess.

Ist ein Dispositionslauf abgeschlossen, so sind Produktionsaufträge ausge-

löst. Der entscheidende Prozess ist die Terminierung und Reihenfolgenfest-

legung bei der Einplanung der Aufträge, wenn der Starttermin erreicht ist.

Für die Einplanung stehen dem Bearbeiter verschiedene Hilfsmittel zu Verfü-

gung. Dies sind im Wesentlichen manuell erstellte Hilfslisten, die Fehlteilliste

und die Rückstandsliste Fertigartikel.

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Beispiel Lastenheft

93

Eingeplante Aufträge gehen in die Produktion. Werden diese vom Meister

freigegeben und realisiert, so wird die Fertigstellung der AV mitgeteilt. Die

Übermittlung fertig gestellter Aufträge geschieht in der Regel jeden Mittwoch.

Der Auftrag wird dann in der AV mit „F“ gekennzeichnet und erscheint nicht

mehr in der nächsten „Bandplanung“. Nicht realisierte Aufträge bleiben be-

stehen und bilden zusammen mit den neu ausgelösten Bestellsätzen den

Auftragspool. Die Reihenfolge und Terminierung kann sich aufgrund ver-

schiedenster Einflüsse immer ändern.

Mit der Möglichkeit, pauschal die Mindestbestände in Abhängigkeit zum

durchschnittlichen Verbrauch zu ändern, kann der Sachbearbeiter die Auf-

tragsauslösung beeinflussen und hat somit ein zusätzliches Werkzeug um

die Kapazitätsauslastung zu steuern.

Produktionssteuerung Sachbearbeiter

AV Februar 2007

Dispolauf

abgeschlossen

Auftragseinpla

nung

Produktion

Neuer Dispolauf

Rückstand

slisteFehlteil liste

Hilfsliste/

Exceltabelle

Mindestbestand

sänderung zur

Steuerung der

Auftragsauslö

sung

Produktions- aufträge

Rückmeldung aus Produktion

Aufnahme neuer

Aufträge

Abb. 24: Produktionssteuerung

Materialdisposition

Dieser Prozess beschreibt die Disposition der, in die Fertigartikel und Bau-

gruppen eingehenden, Einzelteile und Materialien. Dabei gibt es zum einen

Zukaufteile, zum anderen die Teile aus der Kunststoff- und Metallverarbei-

tung. Ausgelöst wird der Prozess jeweils durch die Generierung von Aufträ-

gen bzw. Bestellvorschlägen, aufgrund einer Stücklistenauflösung des Pri-

märbedarfs und Rückwärtsterminierung.

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Beispiel Lastenheft

94

Bei den Zukaufteilen und Handelswaren erscheinen die Bestellvorschläge

auf der Dispoliste. Diese wird von der AV bearbeitet, indem die Bestellvor-

schläge, deren Starttermin erreicht oder überschritten ist, markiert werden

und, eventuell von den Sollterminen abweichende, Bestelltermine festgelegt

werden. Die so bearbeitete Dispoliste geht dann an den Einkauf und löst den

Bestellprozess aus.

Bei Teilen aus der Kunststoff- bzw. Metallverarbeitung werden die Ferti-

gungsaufträge auch automatisch generiert.

Ist deren Starttermin erreicht, so bekommen die Aufträge Ist-Termine zu-

geordnet und werden eingeplant. Dieser Prozess verlangt eine simultane

Kapazitäts-, Material- und Terminprüfung des Sachbearbeiters. Hilfsmittel

sind hierbei die Fehlteilliste sowie manuell erstellte Hilfslisten.

Da die Steuerung der Fertigung stark abhängig von der Montagesteuerung

ist, müssen sich diese Bereiche ständig eng abstimmen.

Anschließend gehen die Fertigungsaufträge in die Fertigung.

Die Aufträge werden von der AV bis zur Einlagerung kontinuierlich verfolgt.

Gegebenenfalls kann in den Produktionsprozess eingegriffen werden, um auf

Änderungen zu reagieren.

Ein Großteil der Metallteile bedarf noch einer externen Veredelung. Dies wird

in der Regel direkt von der Metallverarbeitung gesteuert.

Exceltab

elle

Montage-

steuerung

Auftragseinpla

nung

simultane Prü

fung Material, Ka

pazität, Termin

Fertigung

Fertigungs

-aufträge

Fremdveredelung

Material-disposition

AV Februar 2007

Material ist

disponiert

Fehlteil

liste

Fertigungs

planung er

stellt

Abstimmung

Bearbeitung der

Dispoliste;

Markierung wenn R,

H oder Liefertermin

verzug;

Festlegung Bestell

termin

Einkauf

Bearbeitete

Fehlteil liste

Dispoliste

Bezugsteile

und Material

Bearbeitete

Dispoliste

Vorgeschlagene Fertigungsaufträge

Abb. 25: Materialdisposition

Page 100: ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und ... · ERP-Auswahl bei einem mittelständischen Serien- und Auftragsfertiger Praxisbeispiel Dezember 2007 Sebastian Klüpfel,

Beispiel Lastenheft

95

Auftragseinplanung

Wurde ein Auftrag ausgelöst, so hat dieser einen Starttermin. Der Starttermin

gibt an, dass der Auftrag eingeplant werden muss. Er ergibt sich aus der in-

dividuellen Durchlaufzeit des Auftrags.

Ist der Starttermin eines Auftrags erreicht, so wird der Auftrag vom Sachbe-

arbeiter eingeplant. Hierbei wird der Auftrag simultan bezüglich der Material-

wirtschaft sowie der Termin- und Kapazitätsplanung bearbeitet.

Die Materialverfügbarkeit ist in der Fertigungsplanung mit (*, K, M) gekenn-

zeichnet und wird vom Sachbearbeiter geprüft. Weitere Informationen wer-

den durch Rückfragen an Fertigung, Wareneingang und Lager erlangt.

Die Verfügbarkeit der benötigten Kapazitäten wird geprüft und mit den jewei-

ligen Meistern oder Vorarbeitern abgeglichen. Auch kommen hierzu ver-

schiedene Hilfslisten zum Einsatz, welche die Auslastungen einzelner Ar-

beitsplätze übersichtlich darstellen und dokumentieren.

In Abstimmung mit der Verfügbarkeit von Material und Kapazitäten sowie der

Dringlichkeit beim Vertrieb und der anfallenden Rüstkosten werden die Auf-

träge eingeplant, indem sie ein Einplanungskennzeichen bekommen und ih-

nen einen Ist-Termin sowie eine Priorität zugeordnet werden. Dies ist für die

Schnelligkeit der tatsächlichen Auftragsfertigung entscheidend.

Die Produktionsaufträge, bestehend aus Laufkarte, Materialliste, Materialab-

gabeschein (Beleg für Lager), Lohnschein (inklusive Arbeits- und Qualitäts-

anweisungen) und der Meldung „Fertigungsbeginn“, gehen dann in die Pro-

duktion. Jeden Mittwoch erfragt der Sachbearbeiter der AV beim Meister,

welche Aufträge schon fertig sind oder in dieser Woche noch fertig werden.

Diese Aufträge werden dann im System mit „F“ gekennzeichnet und erschei-

nen nicht mehr im „Auftragspool“. Aufträge, die nicht erledigt werden bleiben

im System, evt. werden Termin und Priorität geändert, und werden mit neuen

Aufträgen abgestimmt. Dann wiederholt sich der Steuerungsprozess mit den

neuen Daten.

Bei dem Auftragseinplanungsprozess ist besonders darauf zu achten, dass

eine ständige Absprache zwischen der Steuerung der Teilefertigung und der

Montage bzw. Vormontage erfolgt, da sich diese Bereiche jeweils beeinflus-

sen und auf Änderungen gegenseitig reagieren müssen.

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Beispiel Lastenheft

96

Die Ergebnisqualität des Einplanungsprozesses hängt zu einem großen Teil

von den Sachkenntnissen und dem Erfahrungsschatz des Bearbeiters ab, da

viele Dinge gleichzeitig beachtet werden müssen.

Die Laufkarten der fertigen Aufträge gehen zurück in die AV und werden ge-

bucht. Hierbei kann es auch zu Teilbuchungen kommen, wenn Aufträge oder

Langläufer noch nicht komplett fertig sind. In diesen Fällen kann die Laufkar-

te mehrere Male bis zur Komplettierung umlaufen. Die Teilbuchung erfolgt in

der Regel dann, wenn eine Teilabgabe an das Lager erfolgt.

Bei der auswärtigen Fertigung werden die Laufkarten durch Lieferscheine er-

setzt.

Starttermin eines

Auftrags ist

erreicht

Rückmeldung über nicht

fertiggestellte Aufträge

Kapazitätverfügbarkeitsprü

fung;

Berücksichtigung der

Rüstkosten (Hilfslisten; Ab

sprache mit Meistern)

Berücksichti

gung des Kun

dentermins

Materialverfügbarkeits-

prüfung

(Durch Kennzeichnung in

Fertigungsplanung oder Ab

sprache mit Fertigung/

Einkauf)

Simultane Abstimmung

Simultane Abstimmung

Auftragseinplanung

Sachbearbeiter AV

Februar 2007

Fertigung/

Montage

Terminfestlegung;

Vergabe der Priori

tät

Einbuchung der

fertigen Aufträge

AV und Lager

Laufkarten

Fertigungs-

aufträge/

Laufkarten

Auftrag

eingeplant

Abb. 26: Auftragseinplanung

Bestellauslösung

Auslöser des Bestellprozesses für Materialien und Zukaufteile ist in der Re-

gel die von der AV bearbeitete Dispoliste. Hier werden alle ausgelösten Be-

stellvorschläge aufgeführt und die, deren Starttermin erreicht oder überschrit-

ten ist werden markiert.

Die AV legt den Bestelltermin, je nach dem wann die Komponenten tatsäch-

lich benötigt werden, fest und ergänzt die Liste eventuell um sonstige Infor-

mationen.

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Beispiel Lastenheft

97

Der Starttermin ergibt sich aus der Durchlaufzeit und der Lieferzeit. Diese

Zeiten werden von der AV gepflegt.

Zusätzlich gibt es eine Meldebestandsliste für C-Teile mit unregelmäßigem

Verbrauch, die vor drohender Unterdeckung warnt und somit Bestellungen

auslöst.

Jeden Freitag erscheint eine Fehlteilliste. Diese Liste kommt bearbeitet aus

der AV und führt alle fehlenden Teile auf. Sie hat Warn-, Kontroll- und Über-

sichtsfunktion.

Der Vertrieb löst die Bestellung von Handelsware in der Einkaufsabteilung

durch die Eingabe der Bedarfe im System direkt aus.

Hilfs- und Betriebsstoffe werden direkt von den einzelnen Abteilungen be-

stellt. Per E-mail oder Bestellformular wird der Bestellprozess ausgelöst.

Nach ausgelöstem Bestellprozess folgen die Lieferantenauswahl, die Be-

stimmung der Bestellmenge, die Erstellung einer Anfrage und schließlich das

Auslösen einer Bestellung.

Bestellauslösungsprozess

Einkauf Februar 2007

Hilfs- und Be

triebsstoffe

bestellen

verschiedene

Abteilungen

Einzelteile,

Rohstoffe und

Material

bestellt AV

Bedarf aus

gelöst

Bestellformular;

E-Mail

Fehlteil liste,

erscheint Fre

itags, hat

Warn-, Kon

troll- und

Übersichts

funktion

Meldebe

standsliste für

C-Teile mit

unregel

mäßigem

Verbrauch

Von AV über

arbeitete und

markierte

Dispoliste

(Lieferzeiten

werden von

AV

eingeplant)

Bestellprozess

(Lieferantenauswahl,

Bestimmung der

Bestellmenge, An

frage erstellen,

Bestellung auslösen)

Bestellung er

folgt

Komponente ?

Ja

Nein

Abb.9: Bestellauslösung

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Beispiel Lastenheft

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Bestellprozess

Ausgelöst wird der Bestellprozess meist durch die Dispoliste der AV. Bei

neuen Materialien, Mustern und Produktneuentwicklungen löst die TK den

Bestellprozess aus.

Handelt es sich um eine neue Komponente, muss sie erst freigegeben wer-

den. Dazu werden zunächst Lieferanten ausgewählt und Anfragen an sie ge-

stellt. Die eingehenden Angebote und evt. Muster werden vom Einkauf kauf-

männisch und von der TK und QS qualitativ geprüft.

Ist die Ware freigegeben, so kann die Bestellung erfolgen. Hierzu werden

zunächst der Termin und die Menge festgelegt. In der Regel werden die Be-

stellungen dann täglich nachts gefaxt.

Die eingehende Auftragsbestätigung vom Kunden wird mit der Bestellung

abgeglichen, Termin und Menge überprüft, gegebenenfalls auf Abweichun-

gen reagiert.

Anhand der wöchentlich erscheinenden Fehlteilliste werden die Bestellun-

gen kontrolliert und eventuell Terminerinnerungen oder Mahnungen an den

Lieferanten geschickt.

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Beispiel Lastenheft

99

Abb. 27: Bestellprozess

Warenein gangskontrolle Lieferung

Mangel

Lieferschein

Rechnung

Bestell prozess

Einkauf

Ja

Nein

Freigabe TK/QS

Standardprodukt?

Kontrolle durch Fehlteilliste

Terminerin nerung/Mah

nung

Auftrags bestätigung

Pflege der Lieferantendaten

Menge und Termin festlegen

Angebot

Bestellung

Anfrage

Lieferant

Prüfung

Elektro GmbH

Ware in Ordnung?

Nein

Ja

Mengen- und Wertmäßige Er

fassung

Bestell prozess beendet

Weitergabe LS und Rechnung an

Buha

Rechnungsprü fung und -freiga

be

Liefer schein

Nein

Ja

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Beispiel Lastenheft

100

Nach erfolgter Lieferung der Ware wird sie zunächst im Wareneingang einer

Qualitätskontrolle unterzogen. Ist die Ware in Ordnung, so wird sie in der

Regel eingelagert. Der Wareneingang wird gemeldet und der Lieferschein

geht an den Einkauf. Hier wird die Ware Mengen- und Wertmäßig im System

erfasst.

Wenn die Rechnung eingetroffen ist, wird sie mit dem Lieferschein abgegli-

chen, geprüft und freigegeben. Rechnung und Lieferschein werden dann an

die Buchhaltung weitergegeben.

Vorgehen bei Lieferung mangelhafter Ware

Wird ein Mangel der gelieferten Ware bei der Wareneingangskontrolle fest-

gestellt, so wird diese Ware nicht in das System eingebucht, sondern die Wa-

re wird von der QS geprüft. Danach existieren verschiedene mögliche Vor-

gehensweisen.

Ist die Ware auf keinen Fall zu gebrauchen, wird sie umgehend zurückge-

schickt.

Ansonsten wird eine Mangelrüge an den Lieferanten geschickt. In Absprache

mit Lieferant, QS und Einkauf wird entweder die Ware zurückgesendet und

fehlerfreie Ware nachgeliefert, der Mangel vor Ort behoben und dem Liefe-

rant in Rechnung gestellt oder die Ware erhält eine Sonderfreigabe. Der letz-

te Fall tritt am häufigsten ein, hierbei wird die Ware ausnahmsweise freige-

geben und die mangelhafte Qualität mit einer „Besserungsaufforderung“ dem

Lieferanten angezeigt.

Wird der Mangel erst während der Produktion bemerkt, da ein versteckter

Mangel vorliegt, wird erst die Ware ausgebucht und der Eingang belastet.

Der Einkauf belastet dann den Lieferanten. Der weitere Ablauf ist wie oben

beschrieben.

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Beispiel Lastenheft

101

Mangel bei Wareneingang

skontrolle bemerkt

Keine

Einbuchung

der Ware

Mangel bei

Produktion

bemerkt

Prüfung durch

QS

Ausbuchung

der Ware und

Belastung

des EK

Belastung des

Lieferanten

Sofortige

Rücksendung der

Ware

Ware

freigegeben

Lieferung neuer

Ware

Behebung des

Mangels vor Ort

Rücksendung der

Ware nach

Absprache

Mangelrüge

Sonderfreigabe

Rechnung

an

Lieferant

Vorgehen bei Mangelhafter

ware Einkauf

Februar 2007

Mangelhafte

Ware geliefert

Mangel sofort

bemerkt?

Nein

Ja

Entscheidung

QS

Abb. 28: Mangelhafte Ware

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Beispiel Lastenheft

102

3.4 Schwachstellen und Verbesserungsansätze

Die nachstehende Tabelle zeigt einige Schwachstellen auf, die bei der Elekt-

ro GmbH existieren und als wichtige Verbesserungsansätze genannt und

diskutiert wurden. Im Rahmen des weiteren Vorgehens müssen diese Punkte

berücksichtigt werden.

Tabelle 13: Schwachstellen und Verbesserungsansätze

Problem Bemerkung

Transparenz & Kennzah-

len

Das System ist insgesamt sehr intransparent. Viele wichtigen

Kennzahlen und Daten sind nicht oder nur aufwändig verfüg-

bar.

Viele Funktionen des Systems sind nur schwer nachvollzieh-

bar. Daher ist man dringend auf die Erfahrung langjähriger Mi-

tarbeiter angewiesen

Losgrößen und Primärbe-

darf

Die Ermittlung der Losgrößen und des Primärbedarfs erfolgt

quasi ohne Unterstützung sowie und basiert auf der Erfahrung

des Bearbeiters.

Stammdatenpflege Die Stammdaten sind zum Teil nicht gepflegt. Stücklisten und

Arbeitspläne sind daher teilweise nicht für Automation geeignet,

da wichtige Informationen fehlen.

Betriebsdatenerfassung Die Erfassung der Betriebsdaten ist nicht automatisiert und wird

nicht unterstützt. Wichtige Daten der Produktion sind daher

nicht immer verfügbar und müssen nachgefragt werden

Planungshorizont Der Planungshorizont der Fertigungsplanung ist mit 7 Monaten

sehr kurz, da Materialien oft mehrere Monate Lieferzeit haben.

Dispoarten Die Aufteilung in A-, B-, C- Teile und die Zuordnung zu den

Dispoarten sollte überdacht werden.

Prioritäten Der Vertrieb kann keine Dringlichkeit oder besondere kunden-

spezifischen Eigenheiten im Auftrag vermerken, z. B. „dieser

Kunde ist wichtig“ oder „dieser Kunde beschwert sich schnell“.

Vorkalkulation Die dargestellte Angebotsermittlung findet so in der Regel nicht

statt. Eine Vorkalkulation existiert nicht.

Komponentenreservierung Spontan eingehende Kundenaufträge benötigen Komponenten,

die für A- und B-Teile benötigt werden, ohne dies. Es kommt

dann dazu, dass „plötzlich“ Komponenten fehlen und Aufträge

in Verzug geraten.

Materialverfügbarkeit Die Abfrage der Materialverfügbarkeit für einzelne Aufträge ist

schwer, da zwar Materialien vorhanden sind aber für evt. ande-

re Aufträge gebraucht werden, siehe oben.

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Beispiel Lastenheft

103

Sprünge in der Ferti-

gungsplanung

Am Monatsende kommt es zu großen Sprüngen in der Monats-

planung, weil der Vertrieb bei Lieferengpässen die Stückzahlen

erhöht um Produkte schneller zu bekommen. Dann sind zu ho-

he Aufträge im System, die Plötzlich nicht mehr gebraucht wer-

den. Die Planung des Primärbedarfs muss überdacht werden.

Wareneingang Eingegangene Waren werden teilweise erst 1 Woche später für

die AV im System sichtbar. Bei dringenden Komponenten kann

dies zu Verzögerungen führen.

Kommunikation TK EK Die Kommunikation zwischen EK und TK bei der Einführung

neuer Produkte ist schlecht und wird nicht unterstützt. Der Mus-

terungsprozess orientiert sich nicht an einem definierten Ablauf.

Die gilt auch für die Kommunikation mit anderen Abteilungen.

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Dieses Praxisbeispiel wird vom Mainfränkischen Elektronik Commerce Kompetenzzentrum und dem Lehrstuhl für BWL und Wirtschaftsinfor-matik der Universität Würzburg im Rahmen des Begleitprojektes „ERP für kleine und mittlere Unternehmen“ als Teil der BMWi-Förderinitiati-ve „Netzwerk Elektronischer Geschäftsverkehr“ herausgegeben.

www.ec-net.de | www.meck-online.de | www.wiinf.uni-wuerzburg.de

Mittelständische Unternehmen bzw. kleine und mittlere Unternehmen stehen seit geraumer Zeit im Mittelpunkt des öentlichen Interesses. Die Politik, die Unterneh-mensverbände sowie die Gewerkschaften sprechen all zu gern von der besonderen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung des Mittelstandes und dessen Rolle als „Rückgrat“ der Wirtschaft. Auch die Branche der Informations- und Kommuni-kationstechnologie (ITK) hat die große Bedeutung dieser Zielgruppe erkannt. Vor allem Kleinbetriebe rücken derzeit vermehrt in den Blickwinkel der Anbieter von betriebswirtschaftlicher Software (ERP).Die Mehrzahl der Software-Hersteller umwirbt aus gutem Grund dieses Marktseg-ment, denn mit seinen ca. zwei Millionen Handwerksbetrieben, Einzelhändlern, Fer-tigungsbetrieben und Dienstleistungsunternehmen sowie öffentlichen Institutionen gilt diese Kundengruppe als Wirtschaftsmotor der ITK-Branche und verspricht mit weiterhin wachsendem Bedarf in Zukunft gute Absatzchancen.Kleinbetriebe, die sich auf die Suche nach einer geeigneten betriebswirtschaftlichen Softwarelösung begeben, stehen vor einer großen Herausforderung. Das Angebot auf dem Business-Software-Markt ist mit nahezu 300 verschiedenen Softwareprodukten immens und nur sehr schwer zu überblicken.Die genaue Kenntnis der eigenen Anforderungen ist eine wichtige Voraussetzung für die Softwareauswahl. Der Einsatz von ERP-Systemen scheitert meist weniger an technischen Problemen als an ungenau denierten Anforderungen. Ohne spezielles Fach- und Hintergrundwissen ist diese Aufgabe sehr schwierig und erfordert einen hohen Zeitbedarf. Hinzu kommt, dass Kleinbetriebe meist nicht über die notwen-digen Mitarbeiterressourcen verfügen, die sich neben ihrem Tagesgeschäft mit der Analyse der Geschäftsprozesse befassen. Vorliegendes Praxisbeispiel erläutert den Auswahlprozess und das zugehörige Pro-jektmanagement zunächst theoretisch, um dann im Anschluss konkret die Vorge-hensweise aus der Sicht eines mittelständischen Serien- und Auftragsfertigers zu betrachten.

Weitere Informationen zu diesen und anderen Themen fi nden sie auch im Internet unter www.ec-net.de