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16 I m Frühling hieß es plötzlich, Jürgen B. Hausmann (50) müsse seine Tournee absagen, brauche einfach mal eine Pau- se. Schon damals war hinter vorgehaltener Hand fast klar: Der beliebte Kabarettist und Karnevalsredner aus Alsdorf reiht sich in die Riege seiner Kollegen Marc Metzger und Willibert Pauels ein – Burnout! Heute kann und will Beckers über seinen Zusammenbruch sprechen – und er geht die knapp 50 abgesagten Tour- Termine ab August aufs Neue an. Jetzt aber mit dem Wissen im Gepäck, was er tun muss, um nicht noch einmal „einfach umzufallen.“ Alexander Kuffner sprach mit ihm über die vergangenen Monate. Herr Beckers, im November 2012 hatten wir beide schon einmal das Vergnügen. Da- mals war eines der Themen Burnout, waren gerade Marc Metzger und Willibert Pauels mit ihren Zwangspausen im Gespräch. Ich hatte Sie deswegen gefragt, ab welchem Belastungspegel Sie selbst die Reißleine ziehen würden. Ich würde Ihnen Ihre Antwort darauf gerne noch einmal vorlesen, damit Sie sie einfach kommentieren können. Ich bitte darum! Sie sagten: „Ich habe früher, als ich mit dem Kabarett begann, schon öfter mal an meiner persönlichen Grenze gestanden, vor allem in der Session. Lehrer, Bütt und Büh- ne war manchmal wirklich zu viel auf einmal. Ich hatte zwar noch kein richtiges Burnout, war aber 2007 schon mal Nahe dran. Das hat sich eingeprägt und seitdem weiß ich, wann ich die Reißleine zu ziehen habe. Vor allem habe ich gelernt, „Nein“ zu sagen. Aktuell habe ich die Karnevalsauftritte für die Session 2014 von 150 auf rund 100 zurückgeschraubt. Ich will mich nicht mehr durch eine Session hetzen müssen. Überhaupt bin ich kein Typ, der immer mehr will – und das gibt einem eine gewisse Gelassenheit.“ Ja. Na ja. Das stimmte im Kern auch alles so. Woran ich damals nicht gedacht habe ist, dass auf privater Ebene etwas schief lau- fen kann, das einem den Boden unter den Füßen wegzieht. Das passierte aber, und so kam da eine plötzliche Belastung hinzu, mit der ich gar nicht gerechnet hatte. Dazu kam, dass nach un- serem Gespräch Ende 2012 mein Kabarettprogramm immer weiter boomte, es immer mehr Auftritte wurden. Ich habe auch mit aller Gewalt gebremst und zurückge- nommen, aber das hat offensicht- lich nicht so gut geklappt. Haben Sie denn die Karnevals- termine tatsächlich abgebaut? Ja. Das habe ich so eingehalten, wie ich es damals gesagt habe, von 150 auf 100. Die Sessionen waren seitdem auch tatsächlich entspannter, nur natürlich nicht – wie gesagt – mit dem privaten Hintergrund plus die immer häufigeren Kabarett-Auftritte. Letztes Jahr habe ich im Dezem- ber zum Beispiel an 14 Tagen 12 Soloprogramme gespielt. Damit bin ich dann in die Session ge- gangen, das hält kein Pferd aus. Darf ich fragen, welche private Probleme Sie ansprechen? Natürlich. Meine Frau und ich stecken seit zwei Jahren in einer Ehekrise, die auch noch nicht gelöst ist. Das macht einen na- türlich noch mürber, wenn man zusätzlich beruflich unter Druck steht. Da fehlt einem dann die nötige Ruhe und Gelassenheit. Wie hat sich denn bei Ihnen die Belastungsstörung oder neudeutsch Burnout bemerk- bar gemacht? Ich bin zum Glück nicht betroffen, aber ich stelle mir immer vor, dass man doch irgendwann merken muss, dass es einem nicht gut und sogar immer schlechter geht. Oder ist es dann schon zu spät? Nach der Ochsentour im Dezem- ber letzten Jahres von der ich eben sprach, war ich an Weih- nachten zwar ziemlich erschöpft, aber ich habe mich gewundert, dass ich das so gut weggesteckt hatte. Dann war eine Woche frei und danach gingen die ganzen Sessions-Termine los. Das war aber auch alles relativ harmo- nisch und nach Karneval habe ich dann wieder eine Woche frei gemacht. In diesem kurzen Urlaub wurde mir dann plötzlich alles zu viel. Ich hatte einfach noch keine Lust und vor allem keine Kraft, sofort ein neues Pro- gramm zu schreiben, einzuüben, in Vorpremieren auszutesten und dann auf Tour zu gehen. Ich habe also schon etwas gemerkt. Aber an dem Punkt hätte ich sagen müssen: „Ich kann das gerade nicht, ich bin krank, wir müssen absagen.“ Da standen 47 fest gebuchte Termine! Wenn man da nicht etwas ganz Schlimmes in der Hinterhand hat, wird es schwer, so viele Absagen zu begründen. Also habe ich weitergemacht. Wenn sie einfach sagen würden „Ich habe Angst umzufallen, es geht nicht!“ dann sagen die Leute „Ach komm, das haben wir doch alle mal!“ Haben Sie also insgeheim fast gehofft, dass etwas passiert? Ich sage es Ihnen wie es war: Ein paar Tage vor meinem Zusam- menbruch haben wir eine Be- kannte im Krankenhaus besucht, die dort gerade in der Reha war. Da habe ich mich bei dem Gedanken ertappt, dort bleiben zu wollen. „Hättest du jetzt Arm oder Bein gebrochen und könn- test vier Wochen nix tun, das könntest du jetzt brauchen“, habe ich gedacht. Das klingt natürlich komisch, denn eigentlich ist man ja froh, gesund zu sein. Aber der Wunsch, einfach abzuschalten, gar nichts machen zu müssen, der war da. Und wenn du etwas körperliches hast fragt auch niemand komisch und jeder sagt „Jetzt musst du dich erst mal schonen.“ Man muss sich nicht legitimieren. Und was ist dann wenige Tage später passiert? Es war der 4. März, ein ganz normaler Morgen, einen Tag vor Et jeht widder! Jürgen Beckers alias Jürgen B. Hausmann im EM-Interview

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Im Frühling hieß es plötzlich, Jürgen B. Hausmann (50)

müsse seine Tournee absagen, brauche einfach mal eine Pau-se. Schon damals war hinter vorgehaltener Hand fast klar: Der beliebte Kabarettist und Karnevalsredner aus Alsdorf reiht sich in die Riege seiner Kollegen Marc Metzger und Willibert Pauels ein – Burnout! Heute kann und will Beckers über seinen Zusammenbruch sprechen – und er geht die knapp 50 abgesagten Tour-Termine ab August aufs Neue an. Jetzt aber mit dem Wissen im Gepäck, was er tun muss, um nicht noch einmal „einfach umzufallen.“ Alexander Kuffner sprach mit ihm über die vergangenen Monate.

Herr Beckers, im November 2012 hatten wir beide schon einmal das Vergnügen. Da-mals war eines der Themen Burnout, waren gerade Marc Metzger und Willibert Pauels mit ihren Zwangspausen im Gespräch. Ich hatte Sie deswegen gefragt, ab welchem Belastungspegel Sie selbst die Reißleine ziehen würden. Ich würde Ihnen Ihre Antwort darauf gerne noch einmal vorlesen, damit Sie sie einfach kommentieren können. Ich bitte darum!

Sie sagten: „Ich habe früher, als ich mit dem Kabarett begann, schon öfter mal an meiner persönlichen Grenze gestanden, vor allem in der Session. Lehrer, Bütt und Büh-ne war manchmal wirklich zu viel auf einmal. Ich hatte zwar noch kein richtiges Burnout, war aber 2007 schon mal Nahe dran. Das hat sich eingeprägt und seitdem weiß ich, wann ich die Reißleine zu ziehen habe. Vor allem habe ich gelernt, „Nein“ zu sagen. Aktuell habe ich die Karnevalsauftritte für die Session 2014 von 150 auf rund 100 zurückgeschraubt. Ich will mich nicht mehr durch eine Session hetzen müssen. Überhaupt bin ich kein Typ, der immer mehr will – und das gibt einem eine gewisse Gelassenheit.“Ja. Na ja. Das stimmte im Kern auch alles so. Woran ich damals nicht gedacht habe ist, dass auf

privater Ebene etwas schief lau-fen kann, das einem den Boden unter den Füßen wegzieht. Das passierte aber, und so kam da eine plötzliche Belastung hinzu, mit der ich gar nicht gerechnet hatte. Dazu kam, dass nach un-serem Gespräch Ende 2012 mein Kabarettprogramm immer weiter boomte, es immer mehr Auftritte wurden. Ich habe auch mit aller Gewalt gebremst und zurückge-nommen, aber das hat offensicht-lich nicht so gut geklappt.

Haben Sie denn die Karnevals-termine tatsächlich abgebaut? Ja. Das habe ich so eingehalten, wie ich es damals gesagt habe, von 150 auf 100. Die Sessionen waren seitdem auch tatsächlich entspannter, nur natürlich nicht – wie gesagt – mit dem privaten Hintergrund plus die immer häufigeren Kabarett-Auftritte.

Letztes Jahr habe ich im Dezem-ber zum Beispiel an 14 Tagen 12 Soloprogramme gespielt. Damit bin ich dann in die Session ge-gangen, das hält kein Pferd aus.

Darf ich fragen, welche private Probleme Sie ansprechen?Natürlich. Meine Frau und ich stecken seit zwei Jahren in einer Ehekrise, die auch noch nicht gelöst ist. Das macht einen na-türlich noch mürber, wenn man zusätzlich beruflich unter Druck steht. Da fehlt einem dann die nötige Ruhe und Gelassenheit.

Wie hat sich denn bei Ihnen die Belastungsstörung oder neudeutsch Burnout bemerk-bar gemacht? Ich bin zum Glück nicht betroffen, aber ich stelle mir immer vor, dass man doch irgendwann merken muss, dass es einem nicht gut

und sogar immer schlechter geht. Oder ist es dann schon zu spät?Nach der Ochsentour im Dezem-ber letzten Jahres von der ich eben sprach, war ich an Weih-nachten zwar ziemlich erschöpft, aber ich habe mich gewundert, dass ich das so gut weggesteckt hatte. Dann war eine Woche frei und danach gingen die ganzen Sessions-Termine los. Das war aber auch alles relativ harmo-nisch und nach Karneval habe ich dann wieder eine Woche frei gemacht. In diesem kurzen Urlaub wurde mir dann plötzlich alles zu viel. Ich hatte einfach noch keine Lust und vor allem keine Kraft, sofort ein neues Pro-gramm zu schreiben, einzuüben, in Vorpremieren auszutesten und dann auf Tour zu gehen. Ich habe also schon etwas gemerkt. Aber an dem Punkt hätte ich sagen müssen: „Ich kann das gerade nicht, ich bin krank, wir müssen absagen.“ Da standen 47 fest gebuchte Termine! Wenn man da nicht etwas ganz Schlimmes in der Hinterhand hat, wird es schwer, so viele Absagen zu begründen. Also habe ich weitergemacht. Wenn sie einfach sagen würden „Ich habe Angst umzufallen, es geht nicht!“ dann sagen die Leute „Ach komm, das haben wir doch alle mal!“

Haben Sie also insgeheim fast gehofft, dass etwas passiert?Ich sage es Ihnen wie es war: Ein paar Tage vor meinem Zusam-menbruch haben wir eine Be-kannte im Krankenhaus besucht, die dort gerade in der Reha war. Da habe ich mich bei dem Gedanken ertappt, dort bleiben zu wollen. „Hättest du jetzt Arm oder Bein gebrochen und könn-test vier Wochen nix tun, das könntest du jetzt brauchen“, habe ich gedacht. Das klingt natürlich komisch, denn eigentlich ist man ja froh, gesund zu sein. Aber der Wunsch, einfach abzuschalten, gar nichts machen zu müssen, der war da. Und wenn du etwas körperliches hast fragt auch niemand komisch und jeder sagt „Jetzt musst du dich erst mal schonen.“ Man muss sich nicht legitimieren.

Und was ist dann wenige Tage später passiert?Es war der 4. März, ein ganz normaler Morgen, einen Tag vor

et jeht widder!Jürgen beckers alias Jürgen b. hausmann

im em-interview

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der Vorpremiere meines neuen Programms. Mir war nicht gut, ich fühlte mich gestresst. Das war kein normales Lampenfi e-ber. Irgendwie hatte ich generell das Gefühl, das am nächsten Tag nicht zu packen. Dann habe ich meine Tochter zur Schule gefah-ren und bin danach einfach ohn-mächtig umgefallen. Klassischer Black-Out mit Aussetzern in der Erinnerung. Natürlich kam ich sofort ins Krankenhaus und wur-de komplett umgekrempelt, aber es wurde zum Glück keine kör-perliche Ursache gefunden. Nach drei Tagen wurde ich entlassen. Danach hat mein Manager, der vorher für Willibert Pauels gerarbeitet hat, mich sofort vier Wochen in Kur geschickt.

Ihr Körper hatte also so gese-hen abgeschaltet.Ja, genau. Er hat mir signalisiert, dass im Moment bühnentech-nisch eigentlich nichts geht. Man könnte sagen, er hat die „Not-Aus“-Taste gedrückt. Ich bin dann in die selbe Klinik ge-kommen, in der Willibert Pauels auch war. Die haben sich auf Burn-Out Patienten spezialisiert. Da gibt es Gespräche, allei-ne und in Gruppen, man lernt Entspannungsübungen. Es gibt aber auch Phasen, in denen man ganz für sich ist. Dann geht man spazieren, oder liest. Oder man macht einfach gar nichts. Das kannte ich gar nicht. Vor allem merkt man in so einer Einrich-tung, dass es vielen genauso geht und dass sie das selbe erleben, wie man selbst.

Wie kamen Sie dann jetzt dar-auf, schon vier Monate später Ihre Tournee zu starten?Ich habe mich nach der Klinik

sehr zurück genommen und seit Anfang Juni erst sechs Auftritte gemacht. Das ist schon eine sehr niedrige Dosis für mich. Außerdem macht das Spaß! Die Auftritte waren ja auch nicht der Hauptauslöser meiner Krise. Und der Unterschied zu damals ist einfach, dass ich mich jetzt trauen würde. Auch wenn es Konsequenzen hat würde ich mich jetzt trauen, die Notbremse zu ziehen, wenn es nötig wäre.

Haben Sie denn Angst vor den kommenden Monaten? Tournee, unterwegs, jeden Tag woanders …Es hält sich in Grenzen. Richtig Angst hatte vor dem allerersten richtigen Auftritt Anfang Juni, als ich meine neues Solopro-gramm in einer Premiere vor kleinem Publikum gab. Aber als der Abend dann überstanden

und alles gut gegangen war … das war ein positiver Push nach vorn.

Was tun Sie konkret im Alltag und im Beruf, um einem er-neuten Burnout vorzubeugen?Ich bin jemand, der immer gerne alles im Griff und selber ge-macht hat, am liebsten in einem hohen Tempo. Das habe ich jetzt stark entschleunigt. Wenn Pause ist, ist Pause. Da gibt es kein Handy und nix. Und vor einem Auftritt nehme ich mir eine halbe Stunde, um völlig abzuschalten. Auch da gibt’s weder Autogram-me oder Gespräche noch sonst etwas.

Oliver Welke von der „heute show“ legt sich ja vor jeder Aufzeichnung immer eine halbe Stunde auf´s Ohr. Das ist auch sehr vernünftig,

habe ich auch schon gemacht.

Sagen Sie denn am Anfang des Abends kurz ein paar Worte zum Publikum?Das Programm heißt ja „Wie jeht et? Et jeht!“ Als ich das schrieb, wusste ich natürlich noch nicht, was passieren würde. Aber bei dem Titel bietet es sich an, am Anfang ein paar Worte zu sagen. Und die Reaktionen sind auch immer sehr positiv und freund-lich.

Sie könnten es die Tour ja noch schnell in „Et jeht widder“ umbenennen …(Lacht herzlich) Ja, genau! Jedenfalls freue ich mich total auf die Auftritte! Das Programm kommt gut an und all die Lacher und positiven Reaktionen, das pusht mich ungemein, das ist mein Lebenselixier!

Jürgen B. Hausmann mit „Wie jeht et? Et jeht!“ live im und ums „EM-Land“:08. August 2015 Monschau18. August 2015 Mechernich11. September 2015 St. Vith (B)12. September 2015 Ruppichteroth

Tickets und Infos unter 02405/40860 oder www.meyer-konzerte.de (Ausnahme Termin in Mechernich: 02443/4031).Alle weiteren Termine unter www.juergen-beckers.de

Tel: 0 24 82 / 21 [email protected], www.murk-reisen.deIh

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Silvesterreise 201530.12.2015 - 02.01.2016Tatort Münster: Krimi, Varieté und Feuerwerk• 3x ÜF im 4****Hotel• 1x Abendessen im Hotel• Eintrittskarte GOP-Varieté • Silvesterfeier im Hotel mit • Örtliche Reiseleitung „Krimistadt Münster - Wilsberg, Tatort und wahre Verbrechen“• Tagesausfl ug Wasserburgen p.P. 459,- €

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Hat wieder gut lachen: Nach Burnout und Bühnenpause ist Jürgen B. Hausman wieder voll im Geschehen.