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1 Evidenznachweis zur Faktenbox Psychotherapie Wie wurde die Literatur recherchiert und bewertet? Alle Informationen entsprechen dem aktuellen Stand der Forschung und wurden aus der aktuellen Versorgungsleitlinie ( http://www.depression.versorgungsleitlinien.de) entnommen, die von Vertretern vieler Fachgesellschaften erarbeitet wurde [1,2]. Ergänzend wurden weitere aktuelle wissenschaftliche Arbeiten einbezogen, die nach dem Erscheinen der Leitlinie veröffentlicht wurden. Dabei erfolgte eine Zusammenarbeit mit dem Team, welches derzeit mit der Aktualisierung der Leitlinie befasst ist. Es wurden Arbeiten ausgewählt, in denen verwertbare Zahlen zu den bearbeiteten Fragestellungen dargestellt wurden. Lagen mehrere Quellen vor, so wurden die aktuellsten bzw. umfassendsten berücksichtigt. Auf welchen Quellen beruhen die Hauptaussagen? Die Hauptaussagen beruhen auf der aktuellen Versorgungsleitlinie zur Unipolaren Depression [1,2]. Auf welchen Quellen beruhen die angegeben Zahlen? Die Daten zum Vergleich zwischen Psychotherapie und Antidepressiva (Symptomverbesserung bei 8- bis 26-wöchigen Behandlungen) stammen aus 16 internationalen Studien [3-18]. Die Recherche der Studien erfolgte in einem mehrstufigen Prozess: Zunächst wurden Studien einbezogen, die Psychotherapie und Antidepressiva vergleichen und in der Leitlinie des National Institute for Health and Care Excellence ( NICE) zitiert wurden. Aufgrund ihrer wissenschaftlichen Qualität wird die NICE-Guideline z.T. als Quelle für die Entwicklung deutscher Leitlinien verwendet. Zusätzlich wurden in Kooperation mit dem Team, welches die deutsche Leitlinie derzeit aktualisiert, neuere Studien recherchiert. Studien, die die Einschlusskriterien in Tabelle 1 erfüllten, wurden in die Analysen eingeschlossen. Tabelle 1: Einschlusskriterien nach PICOS (engl. Population, Intervention, Control, Outcome, Studydesign) Population • Erwachsene (ab 18 Jahre, Alter nach oben unbegrenzt) Diagnose: unipolare Depression (alle Subdiagnosen) als primäre Diagnose • Eine zusätzliche Stichprobenselektion (z.B. Diabetiker mit Depressionen) sollte nicht vorgenommen worden sein, komorbide Erkrankungen stellen aber kein Ausschluss- kriterium dar • Diagnose muss formal gestellt worden sein

Evidenznachweis zur Faktenbox Psychotherapie - weisse-liste.de · Die Daten zur Rückfallwahrscheinlichkeit nach der Beendigung der Behandlung (Antidepressiva versus Psychotherapie)

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Page 1: Evidenznachweis zur Faktenbox Psychotherapie - weisse-liste.de · Die Daten zur Rückfallwahrscheinlichkeit nach der Beendigung der Behandlung (Antidepressiva versus Psychotherapie)

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Evidenznachweis zur Faktenbox PsychotherapieWie wurde die Literatur recherchiert und bewertet?

Alle Informationen entsprechen dem aktuellen Stand der Forschung und wurden aus der aktuellen Versorgungsleitlinie (http://www.depression.versorgungsleitlinien.de) entnommen, die von Vertretern vieler Fachgesellschaften erarbeitet wurde [1,2]. Ergänzend wurden weitere aktuelle wissenschaftliche Arbeiten einbezogen, die nach dem Erscheinen der Leitlinie veröffentlicht wurden. Dabei erfolgte eine Zusammenarbeit mit dem Team, welches derzeit mit der Aktualisierung der Leitlinie befasst ist.

Es wurden Arbeiten ausgewählt, in denen verwertbare Zahlen zu den bearbeiteten Fragestellungen dargestellt wurden. Lagen mehrere Quellen vor, so wurden die aktuellsten bzw. umfassendsten berücksichtigt.

Auf welchen Quellen beruhen die Hauptaussagen?

Die Hauptaussagen beruhen auf der aktuellen Versorgungsleitlinie zur Unipolaren Depression [1,2].

Auf welchen Quellen beruhen die angegeben Zahlen?

Die Daten zum Vergleich zwischen Psychotherapie und Antidepressiva (Symptomverbesserung bei 8- bis 26-wöchigen Behandlungen) stammen aus 16 internationalen Studien [3-18]. Die Recherche der Studien erfolgte in einem mehrstufigen Prozess: Zunächst wurden Studien einbezogen, die Psychotherapie und Antidepressiva vergleichen und in der Leitlinie des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) zitiert wurden. Aufgrund ihrer wissenschaftlichen Qualität wird die NICE-Guideline z.T. als Quelle für die Entwicklung deutscher Leitlinien verwendet. Zusätzlich wurden in Kooperation mit dem Team, welches die deutsche Leitlinie derzeit aktualisiert, neuere Studien recherchiert. Studien, die die Einschlusskriterien in Tabelle 1 erfüllten, wurden in die Analysen eingeschlossen.

Tabelle 1: Einschlusskriterien nach PICOS (engl. Population, Intervention, Control, Outcome, Studydesign)

Population• Erwachsene (ab 18 Jahre, Alter nach oben unbegrenzt) • Diagnose: unipolare Depression (alle Subdiagnosen) als

primäre Diagnose• Eine zusätzliche Stichprobenselektion (z.B. Diabetiker mit

Depressionen) sollte nicht vorgenommen worden sein, komorbide Erkrankungen stellen aber kein Ausschluss- kriterium dar

• Diagnose muss formal gestellt worden sein

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Intervention• Verhaltenstherapeutische und kognitiv-verhaltensthera-

peutische Ansätze nach Churchill et al. [19]• Ausschluss: Ansätze, die kognitiv-verhaltenstherapeutische

Techniken mit anderen Ansätzen kombinieren (z.B. Interper-sonelle Psychotherapie und CBASP)

• Individualisierte Therapeuten-Patienten-Kontakte sollten stattfinden, Telefon- und Online-Interventionen werden ebenfalls eingeschlossen

• Ambulante und stationäre Behandlungen• Die Interventionsgruppen sollte keine spezifische antide-

pressive Medikation bekommen.

Kontrollbedingung• Spezifische antidepressive Medikation in angemessener

Dosis und Zeitraum• Zusätzliche Gespräche im Sinne des Clinical Management

sind kein Ausschlusskriterium

Outcome (Ergebnismessung)• Depressive Symptomatik (Remission), gemessen mit der

Hamilton-Skala [HAMD; 20]• Dropout• Messzeitpunkt Behandlungsende sollte vorliegen

Studiendesign• Randomisiert-kontrollierte Studien (RCT)

Die Daten zu Remission und Dropout wurden extrahiert wie in den jeweiligen Publikationen angegeben. Waren Remissionsraten nicht direkt angegeben, so wurden diese unter Verwendung der folgenden Formeln berechnet:

(Cutt – off – Mpost ) = z Anzahl remittierte PatientenSDpost = Fläche von z × N

Als Remissionskriterium wurde bei den eigenen Berechnungen HAMD < 8 als Remissionskriterium angelegt. In den Studien, die die Remissionsraten selbst berichteten, galt HAMD < 10, < 8 oder < 7 als Remissionskriterium.

Die Daten wurden von zwei unabhängigen Ratern (Sarah Liebherz, Dipl. Psych. und Dr. Alessa von Wolff, Dipl. Psych.) extrahiert und abgeglichen.

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Referenzen

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[2] DGPPN, BÄK, KBV et al. PatientenLeitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitli-nie Unipolare Depression, Version 1.0 24. August 2011

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[18] Segal ZV, Kennedy SH, Gemar M et al. Cognitive Reactivity to Sad Mood Provocation and the Prediction of Depressive Relapse. Archives of General Psychiatry 2006; 63: 749-755

[19] Churchill R, Moore THM, Caldwell D et al. Cognitive behavioural therapies versus other psychological therapies for depression. Cochrane Database of Systematic Reviews 2010; Issue 9: Art. No.: CD008698

[20] Hamilton M. A rating scale for depression. Journal of neurology, neurosur-gery, and psychiatry 1960; 23: 56-62

[21] De Maat S, Dekker J, Schoevers R et al. Relative efficacy of psychotherapy and pharmacotherapy in the treatment of depression: A meta-analysis. Psychotherapy Research 2006; 16: 566-578

[22] Ladwig I, Rief W, Nestoriuc Y. Welche Risiken und Nebenwirkungen hat Psychotherapie? - Entwicklung des Inventars zur Erfassung Negativer Effekte von Psychotherapie (INEP). Verhaltenstherapie 2014; 24: 252-263

Weitere Informationen unter:

www.faktencheck-gesundheit.de und www.faktencheck-depression.de Dieses Dokument wird zur Verfügung gestellt vom „Faktencheck Gesundheit“ der Bertelsmann Stiftung. © Juni 2015 Bertelsmann Stiftung

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Die Daten zur Rückfallwahrscheinlichkeit nach der Beendigung der Behandlung (Antidepressiva versus Psychotherapie) stammen aus einer Metaanalyse von De Maat et al. [21]. Die Patienten wurden sechs Monate bis zwei Jahre nach Beendigung von meist 8 bis 20wöchigen Behandlungen befragt. Meist war Verhaltenstherapie das eingesetzte Verfahren, eine Studie untersuchte zusätzlich Interpersonelle Psychotherapie, eine Studie untersuchte Cognitive-Behavioral Analysis System (CBASP).

Ergänzend wurden Informationen zu Nebenwirkungen von Psychotherapie angegeben [22].