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Antidepressiva Pro und Contra Max Schmauß Bezirkskrankenhaus Augsburg Memmingen, 21. Juni 2017

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Antidepressiva –

Pro und Contra

Max Schmauß

Bezirkskrankenhaus Augsburg

Memmingen, 21. Juni 2017

Walter Jens im

SZ-Interview - 22./23. 02. 2003

„Ich bin einer der wenigen, die mit absoluter

Schonungslosigkeit über die eigene Depression

sprechen. O Gott, Depression, da muß ich ja in die

Psychiatrie! heißt es. Muss ich nicht. Es gibt dafür

Medikamente. Eine Depression, unter der weiß Gott

viele aus unseren Kreisen gelitten haben, ist nicht

ehrenrühriger als eine Prostatavergrößerung.“

Walter Jens im

SZ-Interview - 22./23. 02. 2003

Und wer hilft einem in der Depression?

„Da braucht man seine Frau am dringendsten, man

braucht einen verständigen Arzt und man braucht die

Chemie. Antidepressiva sind ein ungeheurer Segen.

Danach ging es mir besser als je zuvor.“

Was sind Antidepressiva?

Antidepressiva sind Medikamente, die vom Hausarzt, Internisten und Psychiater sehr häufig eingesetzt

werden.

Sie gehören zur Gruppe der Psychopharmaka, mit denen

Störungen bzw. Erkrankungen der Psyche behandelt werden. Sie

wirken u. a. stimmungsaufhellend und angstlösend.

Bei welcher Diagnose werden Antidepressiva

eingesetzt?

Antidepressiva sind bei mehreren Diagnosen einsetzbar.

Im engeren Sinn sind sie angezeigt bei Depressionen unterschiedlicher

Ursachen und Verlaufsformen.

Seit einigen Jahren werden mit ihnen auch Angststörungen

unterschiedlicher Ausprägung erfolgreich therapiert, sowohl

solche mit Depression als auch ohne.

Wie wirken Antidepressiva?

Antidepressiva beeinflussen die Übertragung von Signalen im Gehirn. Dort können die ungefähr 5-10 Mrd. Nervenzellen nur sinnvoll arbeiten,

wenn die Reizübertragung und -weiterleitung funktioniert.

Dies geschieht mittels der sog. Botenstoffe, u.a. Serotonin oder

Noradrenalin. Diese müssen in der richtigen Menge und

im richtigen Verhältnis zueinander vorhanden sein.

Bei der Depression sind Störungen sowohl in der Menge

wie auch im Verhältnis der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin aufgetreten.

Antidepressiva bewirken, dass wieder genügend Botenstoffe

Noradrenalin und Serotonin zur Verfügung stehen.

Wie erkenne ich eine therapeutische

Wirkung?

Eines der wichtigsten Kriterien für die Wirkung eines Antidepressivums ist z. B.

die Stimmungsaufhellung.

Der Patient spürt allmählich, dass seine Traurigkeit und Freudlosigkeit

nachlassen, es kehrt das Interesse an der eigenen Person (Kleidung, Hobby) und an seiner Umgebung (Verwandte,

Freunde) wieder zurück.

Die Antriebslosigkeit bessert sich, Ängste und Schlaflosigkeit lassen nach.

Wann kommt die Wirkung?

Antidepressiva sind keine „Hämmer“, die kurz und

grob zuschlagen.

Es dauert üblicherweise 4-6 Wochen, bevor die Wirkung

eines Antidepressivums zu beobachten ist.

Leider lässt sich keine individuelle Voraussage für den Wirkeintritt

machen.

Selbst das beste Antidepressivum

kann nicht das Umfeld des Patienten verbessern.

Über ungünstige soziale, familiäre und finanzielle

Umstände sollte der behandelnde Arzt genau

Bescheid wissen!

Die Genesung von einer Depression wird leider nicht selten durch

Unwissenheit und Unverständnis im sozialen Umfeld des Patienten

behindert.

Eine Depression ist eine Erkrankung

und kein schuldhaftes Versagen! Der Betroffene braucht Zuwendung

und Hilfe und keine Vorwürfe!

Wie lange muss man Antidepressiva nehmen?

Eine Besserung der meisten depressiven Symptome

unter Antidepressiva ist kein Hinweis, die Therapie nun

abzubrechen!

Auch nach Besserung der Depression sollten Sie

die Antidepressiva noch mindestens 6 Monate

einnehmen!

Wie findet man die richtige Dosierung?

Alle wirkungsvollen und bewährten Antidepressiva sind

verschreibungs- und rezeptpflichtig.

Es gibt eine Standarddosierung für das jeweilige Antidepressivum.

Diese Standarddosierungen unterscheiden sich bei

unterschiedlichen Antidepressiva deutlich.

Standarddosierungen für:

Citalopram (Cipramil) 20 mgAmitriptylin (Saroten) 75 mgMirtazapin (Remergil) 30 mgVenlafaxin (Trevilor) 75 mg

Kann man erkennen, ob die

Dosierung zu hoch oder zu niedrig ist?

Das Finden der richtigen Dosierung ist nicht nur unter dem Aspekt der Wirkung,

sondern auch unter dem Gesichtspunkt des Auftretens möglicher Nebenwirkungen wichtig.

Unter der Belastung einer Depression kann beim Patienten der Eindruck entstehen, dass die im

Beipackzettel des Antidepressivums aufgeführten Nebenwirkungen sämtlich bei ihm

auftreten!

In einer solchen Situation sollte er nicht vorschnell das Präparat absetzen,

sondern möglichst rasch das Gespräch mit seinem Arzt suchen!

Wie werden Antidepressiva

abgesetzt bzw.

wie muss die sinnvolle Umstellung auf ein anderes erfolgen?

Wenn nach Einschätzung des behandelnden Arztes die Genesung so stabil ist, dass ein

Wiederauftreten einer Depression weitgehend ausgeschlossen werden kann, wird sich der

Arzt für das Absetzen eines Antidepressivums entscheiden.

Dabei ist strikt der Empfehlung zu folgen, dies nicht abrupt zu tun, sondern die Dosierung

schrittweise zu reduzieren. Dies gilt auch für die Umstellung von einer

hohen auf eine niedrige Dosis!

Bei einem plötzlichen Absetzen des Präparats können kurzfristige Störungen des Allgemein-

befindens nicht ausgeschlossen werden!

Können Antidepressiva

heilen?

Antidepressiva können heilen!Internationale Studienergebnisse bekräftigen

dies zunehmend. Voraussetzung ist der Einsatz von

Antidepressiva mit einer Psychotherapie und eine konsequente Akut- und

Langzeitmedikation!

Jedes wirksame Antidepressivum hat ein bestimmtes Spektrum an Nebenwirkungen.

Manche treten etwas häufiger auf, sind dafür aber zum Teil nur vorübergehend und leicht!

Schwere Nebenwirkungen sind eher die Ausnahme. Moderne Antidepressiva haben deutlich weniger Nebenwirkungen als die

älteren Antidepressiva!

Mit welchen Nebenwirkungen muss man häufig

rechnen?

Häufige Nebenwirkungen:

- Mundtrockenheit- Verstopfung- Akkommodationsstörungen- Restharnbildung (bei Männernmit Prostataproblemen)

- Übelkeit- Schwindel- Schlaflosigkeit- Kopfschmerzen

Sollten Sie irgend welche Nebenwirkungen verspüren, die Sie auf die Einnahme des Medikaments zurückführen,

informieren Sie bitte Ihren Arzt darüber.

Denken Sie aber bitte immer daran, dass leichte Nebenwirkungen, wie z. B.

Übelkeit in den ersten Behandlungs-tagen auftreten können! Diese sind in der

Regel nur kurzfristig und klingen nach ein paar Tagen wieder ab.

Machen Antidepressiva

abhängig?

Antidepressiva machen nicht abhängig!

Die Notwendigkeit einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme bedeutet nicht Abhängigkeit!

Beruhigungsmittel (Benzodiazepine, z.B. Adumbran) und Schlafmittel (z. B. Stilnox) können abhängig machen.

Es gibt einen Unterschied zwischen Psychopharmaka und Antidepressiva.

Der Begriff Psychopharmaka ist der Oberbegriff für mehrere Gruppen von Medikamenten, die zur Behandlung

psychischer Erkrankungen eingesetzt werden.

Dazu zählen die Neuroleptika (Antipsychotika), die Beruhigungsmittel (Benzodiazepine),

die Antidepressiva und andere Präparategruppen wie z. B. Lithium.

Gibt es Unverträglichkeiten

mit anderen Medikamenten?

Moderne Antidepressiva vertragen sich im Allgemeinen recht gut mit anderen Medikamenten. Einzelne Wechselwirkungen zwischen Stoffen sind

Ihrem Arzt bekannt und sollten mit ihm auch besprochen werden.

Die gleichzeitige Gabe mit Medikamenten aus der Inneren Medizin (gegen Bluthochdruck, Diabetes,

Asthma, etc.) ist ebenfalls möglich.

Besondere Vorsicht ist mit zunehmendem Alter geboten, wo oft mehrere Krankheiten und damit

Medikamente zusammen auftreten bzw. verwendet werden.

Achtung bei Medikamenten, die in der Apotheke ohne Rezept erhältlich sind!

Nicht-medikamentöse somatische

Therapieverfahren bei Depression

Tiefenhirnstimulation SchlafentzugLichttherapie

Sport, körperliche AktivitätEKT Transkranielle

Magnetstimulation

Vielen Dankfür Ihre Aufmerksamkeit

10 Goldene Regeln für die Einnahme von

Antidepressiva

Bitte nehmen Sie die Medikamente regelmäßig ein.

Sollten Sie die Einnahme einmal vergessen haben,

ist das kein Problem.

Sie brauchen die ausgelassene Dosis dann nicht zusätzlich

einzunehmen.

Reduzieren Sie nie eigenmächtig die Dosis der Medikamente,

sondern behalten Sie die Dosierung bei, die nötig war, um eine Besserung herbeizuführen.

Bei jeder Dosisreduktion kann es jederzeit zu einer Verschlechterung des Zustandes oder sogar zu einem

kompletten Rückfall kommen!

Sie sollten Ihr Antidepressivum von dem Zeitpunkt an, von dem

an es Ihnen deutlich besser geht,

über einen weiteren Zeitraum von mindestens 6-12 (!!)

Monaten einnehmen.

Ist das Ende der Behandlungsphase erreicht, können Sie mit Ihrem Arzt darüber sprechen, das Medikament

schrittweise abzusetzen.

Bitte setzen Sie niemals abrupt ab, sondern verringern Sie die Dosis

schrittweise.

Ansonsten kann es zu einer erneuten Depression kommen!

Haben Sie Vertrauen in die Behandlung durch Ihren Arzt und in

Ihr Medikament!

Und haben Sie vor allem Geduld!

Eine Besserung Ihres Zustandes wird nicht von heute auf morgen

eintreten.

Oft ist die Wirkung erst nach 4-6 Wochen spürbar!

Sollten Sie zu den Menschen zählen, die nur sehr ungern Medikamente einnehmen

– und dazu zählen die Meisten –denken Sie immer wieder daran,

dass bei bestimmten Erkrankungen die Einnahme von Medikamenten zwingend

erforderlich ist.

Der Zweck der Medikamenteneinnahme ist hier zunächst viel anschaulicher als im Falle

der Depression (Infektionen-Antibiotika; Diabetes-Insulin; hoher Blutdruck-blutdrucksenkende Medikamente)

Die pharmazeutischen Firmen sind gesetzlich verpflichtet, alle

Nebenwirkungen im Beipackzettel aufzuführen – unabhängig davon, wie oft,

in welcher Anzahl und wie lange sie aufgetreten sind.

Dies trifft nicht nur für Antidepressiva, sondern auch für

Blutdruckmedikamente, Herzmedikamente, Antidiabetika und

Schmerzmedikamente zu.

Johanniskraut

Nur deutsche Patienten und Ärzte lieben Johanniskraut!

In anderen europäischen Ländern, in den USA, Kanada oder Australien

kommt Johanniskraut kaum oder überhaupt nicht zum Einsatz!

Fast alle frei verkäuflichen Johanniskrautpräparate sind unterdosiert!

Auch nicht-rezeptpflichtige, pflanzliche Antidepressiva haben Nebenwirkungen (z.B. ausgeprägte Lichtempfindlichkeit

der Haut bei Johanniskraut)

Vielen Dank für

Ihre Aufmerksamkeit

Die Behandlung der Depression mit Medikamenten ist eine sehr gängige und wirksame Form, gegen die Depression

anzukämpfen.

Verschreibt Ihr Arzt Ihnen Medikamente gegen Ihre Depression, scheuen Sie sich

nicht, diese sog. Psychopharmaka einzunehmen.

Damit die medikamentöse Behandlung der Depression aber tatsächlich

erfolgreich ist, im folgenden einige Hinweise, die unbedingt beachtet

werden sollten:

Was sind moderne Antidepressiva?

Warum sind die neuen Medikamente besser als

die traditionellen?

Neue Antidepressiva stehen seit 10-15 Jahren zur Verfügung

und habe eine selektive pharmakologische Wirkung.

Sie bewirken einen gezielteren Effekt im Gehirn und damit eine schonendere, d. h.

besser verträgliche Therapie.

Mit modernen Antidepressiva hat der Patient üblicherweise deutlich weniger

Nebenwirkungen und eine größere Chance auf eine dauerhafte Heilung bei

Langzeiteinnahme.

Warum gibt es so viele

Antidepressiva?

Gegen viele Erkrankungen (Bluthochdruck, Herzinsuffizienz,

Diabetes, Asthma) gibt es mehrere Präparate.

Das gleiche gilt auch für das Krankheitsbild der Depression.

Lässt man verschiedene Zubereitungsformen (Tablette,

Retardkapsel, Tropfen, Infusion) außer Betracht, gibt es sowohl von den

älteren wie auch von den neueren Antidepressiva unterschiedliche

Medikamente.

Darf man unter Antidepressiva Auto fahren?

Grundsätzlich darf man unter Antidepressiva Auto fahren.

Dies sollte aber mit dem behandelnden Arzt abgesprochen

werden.

Besondere Vorsicht ist geboten bei sedierenden Antidepressiva und

insbesondere zu Beginn einer Behandlung und bei jeder Art der

Medikamentendosierung!

Gibt es einen Unterschied

zwischen Psychopharmaka

und Antidepressiva?

Sollten Sie aus Versehen eine zu hohe Dosis Ihres

Antidepressivums eingenommen haben, informieren Sie bitte umgehend Ihren Arzt.

Im Fall der Einnahme von Antidepressiva ist es dringend

erforderlich, dass Sie jeden Ihrer behandelnden Ärzte

über die Medikamente informieren, die Sie zur Zeit

einnehmen. Nur so kann vermieden werden,

dass es zu sog. Wechselwirkungen kommt.

Die Dosierung eines Antidepressivums ist

wesentlicher Bestandteil des Arzt-Patienten-Gesprächs.

Der Arzt kann ohne Angaben des Patienten darüber, wie er

sich fühlt und wie er das Medikament verträgt, nicht optimal dosieren können.