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7/30/2019 Exklusiv-Interview _ Hier Bricht Richard Wagner Endlich Sein Schweigen - Nachrichten Kultur - Musik - DIE WELT
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22.05.13 Exklusiv-Interview : Hier bricht Richard Wagner endlich sein Schweigen - Nachrichten Kultur - Musik - DIE WELT
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22. Mai. 2013, 13:39
Diesen Artikel finden Sie online unter http://www.welt.de/116379024
21.05.13 Exklusiv-Interview
Alle sprechen im Jubiläumsjahr über Richard Wagner. Jetzt spricht er
endlich selbst: Über seine bisher peinlichste Premiere, Christian
Thielemann als Wagner-Dirigenten und ein mögliches Comeback. Von Lucas
Wiegelmann
Der Geruch von Rosenwasser und Duftpuder hängt schwer über den knarzenden Holzdielen,
als hätte Richard Wagner nicht nur sich selbst, sondern auch die rosa Seidentapete damit
eingerieben. Die grünen Samtvorhänge der Etagenwohnung im zweiten Stock sind zugezogen
und verwehren den Blick hinunter auf den Innenhof mit dem Gemüsegärtchen. Der Hausherr ist
diskret. Er möchte nicht, dass sein Aufenthaltsort bekannt wird. Unten auf dem Klingelschild
steht lediglich: Wagner.
In der Ecke des Arbeitszimmers verrät der geöffnete Deckel eines nussbraunen Klaviers
regelmäßigen Gebrauch. Noten sind nicht zu sehen. Wer hier Platz nimmt, blickt direkt auf
einen angegilbten Kupferstich von Neuschwanstein. Wagner sitzt auf der dem Klavier
gegenüberliegenden Seite an einem wuchtigen Schreibtisch. Vor ihm starrt eine Beethoven-
Büste vor sich hin, auf der er sein Barett abgelegt hat. Mit seinen 1,66 Metern sieht er hinter der
großen Eichenplatte etwas verloren und einsam aus. Im Gespräch aber wirkt er munter und
selbstbewusst, und je mehr ihn ein Thema berührt, desto stärker wird sein Sächseln.
Hier bricht Richard Wagner endlich sein Schweigen
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Die Welt: Herr Wagner, nicht nur Bayreuth, sondern die ganze Welt feiert in diesem Jahr
Richard-Wagner-Festspiele ...
Richard Wagner: Ich heiße Wilhelm Richard Wagner. ( Alle Antworten sind unveränderte
Originalzitate Richard Wagners. Liste der verwendeten Schriften: siehe Ende des Artikels)
Die Welt: Gut, also, Wilhelm-Richard-Wagner-Festspiele. Sie selbst aber waren bisher völlig
abgetaucht.
Wagner: Unsere berühmtesten Theatermusik-Rezensenten betrachteten mich als nicht mehr
unter den Lebenden.
Die Welt: Wie geht es Ihnen?
Wagner: Danke! Gut geschlafen – es muss gehen!
Die Welt: Nächste Woche erreicht das Jubiläum seinen Höhepunkt. Ihr Geburtstag am 22. Maiwird mit einem Festkonzert in Bayreuth gefeiert. Wie gefällt Ihnen Ihr Jubiläum bisher?
Wagner: Meine Pein und Niedergeschlagenheit ist groß!
Die Welt: Warum?
Wagner: Die Kunst ist das Sondereigentum einer Künstlerklasse geworden; Genuss bietet sie
nur denen, die sie verstehen, und zu ihrem Verständnis erfordert sie ein besonderes, dem
wirklichen Leben abgelegenes Studium, das Studium der Kunstgelehrsamkeit. Dieses Studiumund das aus ihm zu erlangende Verständnis glaubt zwar heutzutage sich jeder zu Eigen
gemacht zu haben, der sich das Geld zu Eigen gemacht hat, mit dem er die ausgebotenen
Kunstgenüsse bezahlt; ob die große Zahl vorhandener Kunstliebhaber den Künstler in seinem
besten Streben aber zu verstehen vermag, wird dieser Künstler bei Befragen jedoch nur mit
einem tiefen Seufzer zu beantworten haben.
Die Welt: Sie fühlen sich unverstanden?
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Wagner: Es gehört zu den größten Peinigungen, die ich in neuerer Zeit empfinden musste, dass
ich bei den stattgefundenen einzelnen Versuchen, meine dramatischen Arbeiten aufzuführen,
nicht zugegen sein konnte, um über unendlich mannigfaltige Einzelheiten, aus deren genauer
Beachtung erst eine durchaus richtige Auffassung des Ganzen vonseiten der darstellenden
Künstler möglich wird, mit den Betreffenden mich zu verständigen.
Die Welt: Sie sind halt auch schwierig zu erreichen. Die ganzen Regisseure und Dirigenten, die
sich im Moment mit Ihren Opern beschäftigen, wären ja sicher dankbar für jeden Tipp ...
Wagner: … doch ist bekannt geworden, dass ich durchaus zurückgezogen bleiben will, und
nachdem einige Visiten konsequent abgewiesen worden sind, lässt man mich in Ruhe.
Die Welt: Sie können sich doch nicht darüber beschweren, dass Sie zu wenig Einfluss auf
Wagner-Produktionen nehmen, und gleichzeitig lassen Sie jeden abblitzen, der Sie um Rat
bittet.
Wagner: Ich kann nun alles!
Die Welt: Gerade im Jubiläumsjahr wünschen sich viele, Sie würden noch mal wieder was
Neues schreiben. Machen Sie Ihren Fans Hoffnung?
Wagner: Nein! Gewiss nicht!
Die Welt: Sie schließen ein Comeback als Komponist definitiv aus?
Wagner: Ich schreibe keine Opern mehr.
Die Welt: Es könnte ja auch was Kleineres sein. Ein Lied vielleicht, oder wenigstens irgendein
kammermusikalisches...
Wagner: Nein! Nein!
Die Welt: Gut, dann lassen Sie uns über die Interpretation Ihrer vollendeten Werke sprechen. Ihr
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liebster Wagner-Dirigent? Thielemann?
Wagner: Über das Dirigieren unsrer Kapellmeister in der Oper ist für mich nicht zu streiten.
Dies können etwa die Sänger tun, wenn sie sich über den einen Dirigenten zu beklagen haben,
dass er ihnen nicht genug nachgäbe, über den andren, dass er ihnen nicht aufmerksam genug
einhälfe; kurz, auf dem Standpunkte der allergemeinsten Handwerksleistung, auf welche es hier
herauskommt, kann da etwa ein Disput erhoben werden. Vom höhere Standpunkte einer
wirklichen künstlerischen Leistung aus ist dieses Dirigieren aber gar nicht in Betrachtung zunehmen.
Die Welt: So schlimm?
Wagner: In diesem Bezug habe ich von nichts als vom Tempo zu reden, welches widersinnig
entweder verjagt – wie zum Beispiel von Mendelssohn selbst dereinst in einem Leipziger
Konzert meine "Tannhäuser"-Ouvertüre, um sie als abschreckendes Beispiel hinzustellen –
oder verschludert – wie in Berlin oder meistens sonst überall mein "Lohengrin"-Vorspiel – oder
verschleppt oder verschludert zugleich – wie neuerdings mein Vorspiel zu den ,Meistersingern'in Dresden und anderen Opern –, nirgends aber mit der sinnvollen Modifikation zugunsten eines
verständlichen Vortrages behandelt wird, auf welche ich mit nicht minderer Bestimmtheit wie
auf das Richtigspielen der Noten selbst rechnen muss.
Die Welt: Sie sprechen die vielen aktuellen Wagner-Produktionen an. Nie wurden so viele Ihrer
Werke gespielt wie im Jubiläumsjahr. Können Sie sich noch an Ihre allererste Aufführung
erinnern?
Wagner: Ich war damals in meinem sechzehnten Jahre, und zumal durch die LektüreHoffmanns zum tollsten Mystizismus aufgeregt: am Tage, im Halbschlafe, hatte ich Visionen, in
denen mir Grundton, Terz und Quinte leibhaft erschienen und mir ihre wichtige Bedeutung
offenbarten: Was ich aufschrieb, starrte von Unsinn.
Die Welt: Was Sie natürlich nicht davon abgehalten hat, weiterzumachen.
Wagner: Meine Lust zum Studium erlahmte immer mehr, und ich zog vor, Ouvertüren für
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großes Orchester zu schreiben, von denen eine einmal im Leipziger Theater aufgeführt wurde.
Diese Ouvertüre war der Kulminationspunkt meiner Unsinnigkeiten; ich hatte sie eigentlich, zum
näheren Verständnis desjenigen, der die Partitur etwa studieren wollte, mit drei verschiedenen
Tinten schreiben wollen, die Streichinstrumente rot, die Holzblasinstrumente grün und die
Blechinstrumente schwarz. Beethovens neunte Symphonie sollte eine Pleyelsche Sonate
gegen diese wunderbar kombinierte Ouvertüre sein. Bei der Aufführung schadete mir
besonders ein durch die ganze Ouvertüre regelmäßig alle vier Takte wiederkehrender
Paukenschlag im Fortissimo: Das Publikum ging aus anfänglicher Verwunderung über dieHartnäckigkeit des Paukenschlägers in unverhohlenen Unwillen, dann aber in eine mich tief
betrübende Heiterkeit über.
Die Welt: Ist diese Blamage der Grund, warum Sie sich so häufig über das schwierige
Verhältnis zwischen Künstler und Publikum auslassen?
Wagner: Hier muss ein dämonisches Geheimnis liegen. Er, der Selige, der Überglückliche,
Überreiche – geht betteln. Er bettelt um eure Gunst, ihr Gelangweilten, ihr
Vergnügungssüchtigen, ihr eitlen Eingebildeten...
Die Welt: Herr Wagner?
Wagner: ... ignorante Alleswisser, schlechtherzige, neidische ...
Die Welt: Sie schwitzen ja.
Wagner: … käufliche Rezensenten, und – Gott weiß! – aus was allem du dich noch
zusammensetzen magst, du modernes Kunstpublikum, öffentliches Meinungsinstitut! Undwelche Demütigungen erträgt er!
Die Welt: Wenn Sie sich ständig so ungerecht behandelt fühlen, warum haben Sie dann eigene
Opernfestspiele gegründet? Im eigenen Festspielhaus? Warum haben Sie eine Autobiografie
geschrieben, Ihre "Gesammelten Werke" herausgegeben, offene Briefe geschrieben? Warum
drängen Sie sich dem Publikum so auf, wenn Sie es so verabscheuen?
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Wagner: Lassen Sie mich eben diese Frage nach meiner besonderen Ansicht beantworten.
Die Welt: Bitte sehr.
Wagner: Unzweifelhaft ist hier der göttliche Trieb zur Mitteilung der eignen inneren Beseligung
an menschliche Herzen, der alles beherrschende und in den furchtbarsten Nöten einzig
kräftigende. Dieser Trieb nährt sich jederzeit durch einen Glauben des Genies an sich, dem kein
andrer an Stärke gleichkommt, und dieser Glaube erfüllt den Künstler wiederum mit dem Stolze,der ihn im Verkehr mit den Mühseligkeiten des Erdenjammers eben zu Falle bringt. Er fühlt sich
frei, und will nun auch im Leben frei sein: Er will mit seiner Not nichts gemein haben; er will
getragen sein, leicht und jeder Sorge ledig. Dies darf ihm gelingen, wenn sein Genie allgemein
anerkannt ist, und so gilt es, dieses zur Anerkennung zu bringen.
Die Welt: Ihr musikalisches Genie ist heute überall anerkannt. Ihr Charakter dagegen bleibt
umstritten. Sie gelten als jähzornig, selbstsüchtig, wehleidig. Vor allem aber lehnen Sie es bis
heute ab, sich von Ihren antisemitischen Hetzschriften zu distanzieren. Ihre Verehrer sagen,
das alles störe sie nicht, sie konzentrierten sich nur auf Ihre Musik. Machen sich Wagnerfreundedie Sache zu einfach?
Wagner: Für meine Freunde kann ich nicht halten, welche vorgeben, mich als Künstler zu
lieben, als Mensch jedoch mir ihre Sympathie versagen zu müssen glauben. Ist die
Absonderung des Künstlers vom Menschen eine ebenso gedankenlose, wie die Scheidung der
Seele vom Leibe, und steht es fest, dass nie ein Künstler geliebt, nie seine Kunst begriffen
werden konnte, ohne dass er – mindestens unbewusst und unwillkürlich – auch als Mensch
geliebt und mit seiner Kunst auch sein Leben verstanden wurde, so kann weniger als je gerade
gegenwärtig und bei der heillosen Missbeschaffenheit unserer öffentlichen Kunstzustände einKünstler meines Strebens geliebt und seine Kunst somit verstanden werden, wenn dieses
Verständnis und jene ermöglichende Liebe nicht vor allem auch in der Sympathie, das heißt
dem Mitleiden und Mitfühlen mit seinem allermenschlichsten Leben, begründet ist.
Die Welt: Am meisten Sympathie wird Ihnen traditionell in Bayreuth entgegengebracht. Dort
teilen sich mittlerweile Ihre Urenkelinnen Katharina und Eva die Leitung Ihrer Festspiele. Ein
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wichtiges Amt ...
Wagner: Was meinen Sie? Wollen Sie es übernehmen?
Die Welt: Nein nein, ich wollte fragen, ob Sie die bisherige Bilanz der beiden kommentieren
möchten.
Wagner: Der Richter ihrer Leistungen wird die freie Öffentlichkeit sein.
Die Welt: In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Management-Probleme auf dem
Hügel. Ihre Urenkelinnen haben sich deshalb nun einen Kaufmann als Geschäftsführer ins
Team geholt. Eine gute Entscheidung?
Wagner: So lange man in einem Theaterinstitute dem herrschenden Charakter der
Öffentlichkeit nach und bei der dem Theaterdirektor auferlegten Notwendigkeit, mit dem
Publikum eben nur als geschickter kaufmännischer Spekulant zu verkehren, nichts anderes als
ein Mittel für den Geldumlauf zur Produktion von Zinsen für das Kapital erblickt, ist es natürlichauch ganz folgerichtig, dass man nur einem in solchem Bezug Geschäftskundigen seine
Leitung, das heißt Ausbeutung, übergibt.
Die Welt: Die Ticketpreise in Bayreuth sind moderat, verglichen mit anderen Opernfestivals. Wo
sehen Sie da Ausbeutung?
Wagner: Das Publikum müsste unentgeltlichen Zutritt zu den Vorstellungen des Theaters
haben. So lange das Geld zu allen Lebensbedürfnissen nötig ist, so lange ohne Geld dem
Menschen nur die Luft und kaum das Wasser verbleibt, könnte die zu treffende Maßregel nur bezwecken, die wirklichen Theateraufführungen, zu denen sich das Publikum versammelt, nicht
als Leistungen gegen Bezahlung erscheinen zu lassen – eine Ansicht von ihnen, die bekanntlich
zum allerschmachvollsten Verkennen des Charakters von Kunstvorstellungen führt: Die Sache
des Staates, oder mehr noch der betreffenden Gemeinde, müsste es aber sein, aus
gesammelten Kräften die Künstler für ihre Leistungen im Ganzen, nicht im Einzelnen zu
entschädigen.
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Die Welt: Die Festspiele erhalten schon jetzt Millionenzuschüsse. Wie wollen Sie die Politik
überzeugen, noch mehr zu zahlen?
Wagner: Wo die Kräfte hierzu nicht hinreichen, würde es für jetzt und für immer besser sein,
ein Theater, welches nur als industrielle Unternehmung seinen Fortbestand finden könnte,
gänzlich eingehen zu lassen, mindestens auf ebenso lange, als das Bedürfnis der Gemeinde
sich nicht kräftig genug erweist, um seiner Befriedigung das nötige gemeinsame Opfer zu
bringen.
Die Welt: Regisseur Hans Castorf und Dirigent Kirill Petrenko bringen im Juli Ihren "Ring des
Nibelungen" in Bayreuth neu heraus. Welche Erwartungen haben Sie?
Wagner: Das wird sehr erschütternd.
Die Welt: Im positiven oder negativen Sinn?
Wagner: Die musikalischen Dirigenten unsrer Theater haben sich fast durchgängig gewöhnt,die Szene und die für sie zu treffenden Anordnungen gänzlich ihrer Aufmerksamkeit entzogen
sein zu lassen; dementsprechend beschränken sich unsre Regisseure einzig auf die Szene,
mit völligem Außerachtlassen des Orchesters. Aus diesem Übelstande ergibt sich die innere
Zusammenhangslosigkeit und dramatische Unwirksamkeit unsrer Opernvorstellungen; in ihnen
hat sich folgerichtig der Darsteller der Beobachtung irgendwelches Zusammenhanges eines
Ganzen entwöhnt.
Die Welt: Wessen Schuld ist das denn? Sie haben den Darstellern doch die ganzen lauten,
hohen Noten komponiert. Damit haben die Sänger schon genug zu tun. Da kann der Sinn für dramatischen Ausdruck schon mal in den Hintergrund treten.
Wagner: Ich muss daher auf eine Zusammenkunft sämtlicher Darsteller unter Leitung des
Regisseurs und Beiwohnung des Kapellmeisters dringen, bei welcher die Dichtung auf die
Weise, wie dies beim Schauspiel in Übung ist, von den einzelnen Darstellern aus ihren Rollen
laut gelesen wird; das Chorpersonal möge bei dieser Lesung ebenfalls zugegen sein, und die
Stellen des Chores sind von dem Chordirektor selbst oder einem Chorführer vorzutragen.
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Hierbei ist nun darauf zu achten, dass diese Lesung bereits mit vollem dramatischen Ausdrucke
stattzufinden hat, und wenn aus Mangel an Verständnis oder Übung der richtige, dem
Gegenstand als Dichtung genügende Ausdruck nicht sobald zu erzielen ist, diese Probe so oft
wiederholt wird, bis der nötige Ausdruck vermöge des Verständnisses der Situationen sowie
des eigentlichen Organismus, der Handlung, gewonnen ist.
Die Welt: Wie realistisch ist das? In Bayreuth singen international erfolgreiche Stars mit engen
Terminkalendern.
Wagner: Auf dieser meiner Behauptung bestehe ich so fest, und auf die Erfüllung der
Bedingung gegenüber Leseproben halte ich so bestimmt, dass ich gegen diese Forderung
meinerseits wiederum den Wunsch, ja den Willen ausdrücke, dass wenn durch diese
Leseproben nicht ein allseitiges Interesse an dem Gegenstand und an dem Unternehmen seiner
Darstellung unter den dabei Beteiligten erweckt worden ist, mein Werk gänzlich beseitige gelegt
und seine Aufführung unterlassen werde.
Die Welt: Herr Wagner, vielen Dank, dass Sie sich so viel Zeit genommen haben ...
Wagner: Ich bin sehr lang und weitschweifig gewesen.
Die Welt: So war das gar nicht gemeint.
Wagner: Verzeihen Sie mir, wenn ich Sie ermüdet habe.
Die Welt: Haben Sie nicht.
Wagner: Ich – hoffe.
Die Welt: Wirklich. Es war sehr interessant.
Wagner: Der Meister hat's einmal wieder gut gemacht!
Die Welt: Und Sie meinen wirklich, Sie könnten nicht doch noch irgendwas Kleines
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komponieren? Eine kleine Melodie, die man dann vielleicht neben dem Artikel auf die Website ...
Wagner: Leben Sie wohl.
Die Welt: O. k. Dann vielleicht wenigstens noch einen letzten Jubiläumsgruß? An die
Wagnerianer?
Wagner: Feiern Sie meinen Geburtstag für mich, ich trete ihn Ihnen ab. Somit – gratuliere ich!
Die Antworten stammen aus folgenden Schriften Richard Wagners: Autobiografische Skizze;
Der Künstler und die Öffentlichkeit; Die Kunst und die Revolution; Das Kunstwerk der Zukunft;
Eine Mitteilung an meine Freunde; Über musikalische Kritik; Über die Aufführung des
Tannhäuser; Über das Dirigieren; Briefe an Franz Liszt, Julie Ritter, Mathilde Wesendonck u. a.
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