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Vor einigen Jahren wurde in evangelikalen Kreisen immer wieder das Thema „Schweigen der Frau in der Gemeinde“ diskutiert. Eine Fülle von Büchern und Zeitschriftenartikeln zu diesem Thema erschienen und schließlich kam es nach intensiven Diskussionen dahin, dass man zu der Überzeugung kam, dass es Frauen erlaubt sein sollte, sich zunächst in Gemeindestunden im Gebet und in kleinen Wortbeiträgen zu beteiligen. Es dauerte auch in den freikirchlichen Gemeinden nicht mehr so sehr lange, bis Frauen auch zum Pastorinnendienst in den Freien Evangelischen Gemeinden und den Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinden (Baptisten) zugelassen wurden. Heute ist das Thema in diesen Gemeinschaftskreisen kaum noch umstritten. Strategisches Vorgehen Durch die organisatorische Verbindung zum Bund evangelisch- freikirchlicher Gemeinden war es nur eine Sache der Zeit, dass auch in einem Teil der sog. „Brüderversamm-lungen“ dieses Thema brandaktuell wurde. Es begannen diverse Diskussionen und an manchen Orten wurde diese Thematik zu einem „Dauerbrenner“. In einer Zeit, wo Frauen zunehmend mehr Führungspositionen in der Gesellschaft einnehmen und vermehrt einnehmen sollen, müsse doch endlich die „althergebrachte konservative Vorstellung“ vom Schweigen der Frau in der Gemeinde, die einem „patriarchalischen Weltbild“ entstamme, verschwinden. Christen – so heißt es - müssen sich dem Geist der Zeit, ja, dem Wirken des Geistes, der ganz neue Voraussetzungen zum geistlichen Dienst schaffe, doch endlich öffnen. So wie man sich von den „kulturbedingten“ Auffassungen in 1Kor 11 schon seit langem befreit habe, so müsse man sich nun auch ganz neu den Texten über das Schweigen der Frau in der Gemeinde widmen. Die Entwicklung verlief häufig in Freikirchen so, dass man zunächst Hauskreise installierte, indem Brüder und Schwestern sich über das Wort Gottes austauschten. Dann wurden Schwestern nach und nach Hauskreisleitungsaufgaben übertragen. Zunehmend mehr erkannte man, dass durchaus Schwestern befähigte Lehrerinnen sein können und so kam es schließlich dazu, dass man den Schwestern zuerst die Möglichkeit eröffnete, die Gemeinde auch im Gebet zu leiten und schließlich eröffnete man ihnen, dass sie sich in

Frauen Sollen Schweigen in Den Gemeinden

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Vor einigen Jahren wurde in evangelikalen Kreisen immer wieder das Thema „Schweigen der Frau in der Gemeinde“ diskutiert. Eine Fülle von Büchern und Zeitschriftenartikeln zu diesem Thema erschienen und schließlich kam es nach intensiven Diskussionen dahin, dass man zu der Überzeugung kam, dass es Frauen erlaubt sein sollte, sich zunächst in Gemeindestunden im Gebet und in kleinen Wortbeiträgen zu beteiligen. Es dauerte auch in den freikirchlichen Gemeinden nicht mehr so sehr lange, bis Frauen auch zum Pastorinnendienst in den Freien Evangelischen Gemeinden und den Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinden (Baptisten) zugelassen wurden. Heute ist das Thema in diesen Gemeinschaftskreisen kaum noch umstritten.

Strategisches Vorgehen

Durch die organisatorische Verbindung zum Bund evangelisch-freikirchlicher Gemeinden war es nur eine Sache der Zeit, dass auch in einem Teil der sog. „Brüderversamm-lungen“ dieses Thema brandaktuell wurde. Es begannen diverse Diskussionen und an manchen Orten wurde diese Thematik zu einem „Dauerbrenner“. In einer Zeit, wo Frauen zunehmend mehr Führungspositionen in der Gesellschaft einnehmen und vermehrt einnehmen sollen, müsse doch endlich die „althergebrachte konservative Vorstellung“ vom Schweigen der Frau in der Gemeinde, die einem „patriarchalischen Weltbild“ entstamme, verschwinden. Christen – so heißt es - müssen sich dem Geist der Zeit, ja, dem Wirken des Geistes, der ganz neue Voraussetzungen zum geistlichen Dienst schaffe, doch endlich öffnen. So wie man sich von den „kulturbedingten“ Auffassungen in 1Kor 11 schon seit langem befreit habe, so müsse man sich nun auch ganz neu den Texten über das Schweigen der Frau in der Gemeinde widmen.

Die Entwicklung verlief häufig in Freikirchen so, dass man zunächst Hauskreise installierte, indem Brüder und Schwestern sich über das Wort Gottes austauschten. Dann wurden Schwestern nach und nach Hauskreisleitungsaufgaben übertragen. Zunehmend mehr erkannte man, dass durchaus Schwestern befähigte Lehrerinnen sein können und so kam es schließlich dazu, dass man den Schwestern zuerst die Möglichkeit eröffnete, die Gemeinde auch im Gebet zu leiten und schließlich eröffnete man ihnen, dass sie sich in Bibelstunden und schließlich auch in der Predigt beteiligen konnten. Natürlich schloss diese Entwicklung auch eine gewisse Art von Ältestendienst ein. Es sollte nicht mehr schöpfungsorientiert gedacht werden, sondern gabenorientiert.

Für viele Christen in den protestantischen Großkirchen ist es unfassbar, dass man überhaupt noch zu diesem Thema Stellung nimmt. Und wenn in den Freikirchen die Türen für die Beteiligung der Frauen in den Gemeindestunden offen stehen, warum sollte das in den sog. „Brüderversammlungen“ nicht möglich sein?

Wir wissen natürlich auch, dass es bei dieser zunehmenden Öffnung nicht bleibt. So ist man ja im kirchlichen Bereich – trotz Widerstand an manchen Orten - auch dazu übergegangen, die „Bibel in gerechter Sprache“ herauszubringen und dann liest man eben auch von „Apostelin, Jüngerin, Diakonin“ und betont, dass diese „Bibel“ nunmehr das Buch der Bücher für das neue Jahrtausend sei „auf der Höhe der derzeitigen Forschung, so verständlich wie möglich.“

Die feministische Uminterpretation der Bibel wird inzwischen mit Macht in das sog. evangelikale Lager eingeschleust. Wie ist es sonst zu verstehen, dass inzwischen in

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England unter den Methodisten die Möglichkeit besteht, sowohl zu Gott-Vater als auch zu Gott-Mutter zu beten? Postmoderne Philosophien, verbunden mit einem postmodernen Lebensgefühl, verändern langsam, aber sicher die von Gott gegebenen Ordnungen.

Homosexuelle Pastoren predigen in den Kirchen und man ist gespannt, wie lange es dauern wird, dass dieses Thema auch in Freikirchen thematisiert, langsam mit Widerständen eingeführt, dann durch den Gewöhnungseffekt („es ist gewöhnungsbedürftig“) nicht mehr „so eng gesehen“ und schließlich anerkannt wird.

Der Gewöhnungseffekt

Aber wieso kommt es zu diesen Veränderungen? Jahrhundertelang waren diese Fragen doch kaum oder gar nicht Thema in den Kirchen. Und für die Freikirchen waren doch viele Jahrzehnte diese Fragen auch tabu. Doch nun – im Zeitalter von Feminismus und Gender Mainstream - wanken die Christen und orientieren sich völlig neu – an wem und an welchen Lehren?

Hat man durch intensives Bibelstudium genauere Erkenntnisse zu diesem Thema gewonnen und vor Gott bekannt, dass man viele Texte völlig falsch gesehen und kommentiert hat? War man in den vielen Jahrzehnten blind für die Texte der Schrift, die doch von fast allen geistlichen Führern der sog. Brüderbewegung und auch von vielen geistlichen Führern der Freikirchen so „eindeutig“ erschienen? Sah man Bibeltexte durch die gefärbte Brille einer jahrhundertelang „offensichtlich durch patriarchalische Denkvoraussetzungen in der Exegese“ gekennzeichneten Gesellschaft?

Oder hat man sich dem gesellschaftlichen Trend, der öffentlichen Meinung, ja, dem Zeitgeist, angepasst, um nicht zu „vereinsamen“ und das Ansehen der Gesellschaft in Kirche oder Freikirche nicht zu verlieren, um Menschen aus der Welt in die Gemeinde zu locken?

Das Froschgleichnis

Wirft man einen Frosch in heißes Wasser, wird dieser sehr schnell diese unangenehme Umgebung durch einen Sprung aus dem heißen Wasser wieder verlassen. Wird man allerdings den empfindsamen Frosch in ein mit kaltem Wasser gefülltes Gefäß setzen und langsam (ganz allmählich) die Wassertemperatur in kleinen Schritten erhöhen, wird der Frosch vielleicht denken: „Naja, diese Temperatur ist gewöhnungsbedürftig“ und er gewöhnt sich tatsächlich langsam daran. Mit der Zeit wird die Temperatur so stark erhitzt, dass der Frosch keine Kraft hat, herauszuspringen und so verbrennt er schließlich.

Wer sich mit dem prophetischen Wort des Alten und Neuen Testaments näher befasst und wer sich mit der „Psychologie der Manipulation“ und den „psychischen Mechanismen des menschlichen Anpassungsverhalten“ etwas auskennt, wird schneller erkennen, was die Ursachen für die Entwicklungen in bestimmten Bereichen unter den Evangelikalen und auch in den sog. Brüderversammlungen ist.

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Leitsätze

Drei Leitsätze wollen wir dieser Arbeit voranstellen: Joh 5,44: Wie könnt ihr glauben, die ihr Ehre voneinander nehmt und die Ehre, die von Gott allein ist, nicht sucht? (Joh 5,44) und „noch suchten wir Ehre von Menschen, weder von euch noch von anderen,…“(1Thes 2,6)Röm 12,2: „Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“

Dreierlei sollte uns als Christen nach diesen Texten kennzeichnen:

Anerkennung suchenIst es nicht so, dass wir Mensch im tiefsten Bereich unserer Persönlichkeit die Anerkennung unserer Mitmenschen suchen? Wie schnell schauen wir auf Menschen, orientieren uns an sogenannten erwecklichen kirchlichen Strömungen und vergessen dabei, dass Gott uns sein Wort und seinen Geist gegeben hat und wir uns zuerst an IHM ausrichten und Seinen Willen erkennen und tun sollen. Hat der Herr Jesus bei seiner Zusammenfassung des Gesetzes nicht sehr ausdrücklich sozusagen beide Tafeln des Gesetzes hervorgehoben, wenn Er sagt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Dieses ist das große und erste Gebot. Das Zweite aber, ihm Gleiche, ist: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten“ (Mth 22,37-40)?Die Gottesliebe und die Nächstenliebe werden hier miteinander eng verbunden. Und zeigt uns nicht 1Joh 5,2-4 sehr deutlich, dass die Liebe Gottes immer bedeutet, dass wir Gott gegenüber gehorsam sein wollen, die Welt überwinden und zugleich die Kinder Gottes lieben? Wir überwinden die Welt und die Steuerungsmechanismen dieser Welt durch unseren Glauben, d.h. durch unser Vertrauen auf Gott und unseren Gehorsam Gott gegenüber. Es heißt: „Hieran erkennen wir, dass wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten. Denn dies ist die Liebe Gottes, dass wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer. Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube.“

Andererseits ist es auch wahr, dass wir – was an uns liegt - mit allen Menschen in Frieden leben sollen. Wir sollen dem Frieden und der Heiligung nachstreben – aber das ist etwas anderes als die Ehre der Menschen zu suchen, das Schulterklopfen und die Anerkennung unserer Mitgläubigen und das Ansehen der Welt. Jeder Bibellehrer muss sich diese Frage immer wieder neu stellen: Geht es mir wirklich um die Ehre des lebendigen Gottes und seines Sohnes Jesus Christus, geht es mir um die Wahrheit Gottes und einer echten durch Gottes Geist bewirkten Liebe zu meinen Mitgeschwistern?

Liebt nicht die Welt, noch was in der Welt ist!Mit diesen Worten warnt der Apostel Johannes in seinem ersten Brief seine Mitgläubigen. Die Welt ist ein System, das von Satan geführt wird. Er ist der „Fürst der

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Welt“ (Joh 12,31; 14,30; 16,11), der „Gott dieses Zeitlaufs“ (2Kor 4,4) und ist darum bemüht, seine Gedanken, die sich als „Ideologien“, „philosophische Denkweisen“ und „intelligente Prinzipien“ in dieser Welt manifestieren, in Form von „brennenden Pfeilen“ (Eph 6,) in unseren Kopf zu schießen. Nur durch Anlegen der „ganzen Waffenrüstung“ (Eph 6,12-20) können wir „widerstehen“ und „stehen“ und schließlich „überwinden“. Das geht nur in der Kraft des Heiligen Geistes und im Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber.

„Seid nicht gleichförmig dieser Welt“, das bedeutet: wir müssen uns davor hüten, das „Schema“ dieser Welt, die Denk- und Handlungsweisen und kulturellen Normen dieser Welt nachzuahmen und darin zu leben;

„Werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes“ meint: wir benötigen jeden Tag diese geistliche „Metamorphose“, indem wir unser Denken konsequent am Wort Gottes ausrichten. Es muss unsere Nahrung sein. In diesem Sinn sind wir letztlich das, was wir essen.

„Prüfen, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“ Wir können sicher sein, dass der Wille Gottes immer gut für unser persönliches Leben, für unsere Ehen und unsere Familien und die Gemeinden Gottes (eben nicht „unsere“ Gemeinden“) ist.

In diesem Buch möchten wir uns nach diesen Leitgedanken richten und wir beten darum, dass der Herr Jesus Christus die folgenden Seiten benutzt, um uns neu anzuregen, Gottes Wort konsequent auszuleben – auch in den Punkten, die heute für viele ad acta gelegt worden oder einfach „tabu“ sind.

Die Lehre von Mann und Frau

Gott schuf den Menschen als eine Einheit von Mann und Frau: „Gott schuf den Menschen, männlich und weiblich schuf er sie“ (1.Mo.1,27). In dem Ausdruck “d e n Menschen“ und in dem nachfolgenden Worten “männlich und weiblich“ erkennt man den göttlichen Willen: Einheit in der Unterschiedenheit. Gott unterscheidet weiblich und männlich sehr eindeutig. Männlich ist nicht gleich weiblich und weiblich ist nicht gleich männlich. Sie bilden zusammen d e n Menschen, obwohl klar ist, dass es zwei Menschen sind, nämlich ein Mann und eine Frau. Keine Rede ist von einem androgynen ersten Menschen, keine Rede von einer transsexuellen genetischen Grundanlage.

In 1Mo.2,18-25 wird dieser Gedanke der Einheit des ersten Menschenpaares noch vertieft und näher erläutert.

Während Gott Adams Körper aus dem Erdboden bildete, wird Evas Körper aus der Seite (Rippe) Adams gebildet. Diese Tatsache könnte auch eine sinnbildliche Bedeutung haben: Adam ist der mehr sachorientierte Teil in der Einheit von Mann und Frau, während Eva den mehr personenbezogenen Teil darstellt.

Nach 1Mo.2,15.18.19-20 erhält der Mensch – in diesem Fall der Mann Adam - drei Aufgaben:

1. Er soll den Garten Eden bebauen und bewahren.

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2. Er soll Gottes Gebot gehorsam sein und nicht von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen essen.3. Er soll den Tieren Namen geben.

Adam benötigt also kreatives und konstruktives Denken, sowie moralische Festigkeit, um seinen ihm von Gott verliehenen Aufgaben entsprechen zu können.Gott gibt der Frau unmittelbar nach ihrer Erschaffung keine Aufgaben. Allerdings zeigen einige Ausdrücke doch, was ihre Bestimmung ist.1Mo 2,18: Gott will dem Mann Adam eine Hilfe machen: “ihm (Adam) entsprechend“.Das hebräische Wort “gehzer“(=Hilfe) wird sehr oft von den Menschen gebraucht, wenn sie Gottes Hilfe benötigen1.So wie Adam Gott wirklich als seine Hilfe braucht, so ist die Frau als eine Hilfe und nicht als eine Sklavin des Mannes gedacht und von Gott bestimmt.Das hebräische Wort “kenegdu“ drückt vor allem Ähnlichkeit und Übereinstimmung aus. Unter den Tieren fand Gott keines, das Adam entsprechend gewesen wäre (V.20), obwohl auch Tiere durchaus eine Hilfe sein können. Doch der Ausdruck “ihm entsprechend“ bedeutet viel mehr. Er besagt nämlich, dass Adam für den ganzen Bereich seiner Persönlichkeit eine Hilfe brauchte. Eva sollte in jeder Hinsicht Adams Hilfe sein, nicht nur in materieller, sondern auch und ganz besonders in gefühlsmäßiger und intellektueller Hinsicht.Als Adam sie dann nach ihrer Erschaffung sah, sprach er: “Diese ist einmal Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleisch; diese soll Männin heißen, denn vom Mann ist diese genommen.“ Die Tatsache, dass Adam sie „Männin“ nennt, zeigt, wie er sie einschätzte.In Kap.2,24 wird schließlich deutlich, dass Gott die Einheit von Mann und Frau auf den folgenden Gebieten wünscht:- auf der intellektuellen und emotionalen Ebene (“anhangen“);- auf der mehr körperlichen Ebene (“e i n Fleisch sein“).

Nach dem Sündenfall in 1.Mo.3 wird der Frau gesagt, dass sie Mühsal in ihrer Schwangerschaft haben würde. Außerdem wird sie nach ihrem Mann verlangen, dieser aber wird über sie herrschen; dem Mann wird dann mitgeteilt, dass der Erdboden um seinetwillen verflucht und er alle Tage seines Leben mit Mühsal von dem Erdboden essen werde. Der Erdboden soll Dornen und Disteln hervorbringen und im Schweiß seines Angesichts soll der Mann sein Brot essen.

Die Ehe als Einheit besteht auch nach Gottes Willen gleichsam als Geschenk aus dem Paradies weiter. Nur eines hat sich in der Ehe verändert:Die Frau wird nach dem Mann verlangen und der Mann wird über sie herrschen. Der Satz steht nicht als Gebot, sondern als Prophezeiung. Hat sich diese Prophezeiung nicht in der Geschichte der Menschheit zum Teil in schrecklichster Weise erfüllt?

Gott hat die Ehe im Paradies gestiftet und durch unsere zunehmende Anpassung an weltliche Grundsätze zerstören wir in unserer postmodernen Gesellschaft diese paradiesische Institution Gottes.

1 2.Mo.18,4; 5.Mo.33,26.29; Ps.20,3; 33,20; 70,5; 121,1.2; 124,8; 146,5

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Gott hat die Familie im Paradies gestiftet und durch unsere am Humanismus und an ökonomischen Anreizen orientierten Erziehungsmaßnahmen zerstören wir das Bild der von Gott gegebenen Institution „Familie“.

Die Gesellschaft und die Gemeinde setzt sich zuerst aus Einzelpersonen weiblichen und männlichen Geschlechts zusammen, sodann aus Ehen, die „Gott zusammenfügt“ und schließlich aus Familien, die Gott segnen möchte. Wenn wir als Christen die von Gott eingesetzte Schöpfungsordnung missachten, wird das Auswirkungen auf das Eheleben haben und damit auch auf unser Familienleben.

Lasst uns vor Gott darum im Gebet ringen, dass wir als Kinder Gottes „völlig überzeugt in allem Willen Gottes“ stehen (Kol 4,12).

1 Korinther 14

Ein wichtiger Brief, der sich mit unserer Thematik befasst, ist der 1.Korintherbrief. Hier wird eine Gemeinde angesprochen, in der Unordnungen, moralische Verfehlungen und falsche Lehren Einzug gehalten hatten, die nun von dem Apostel Paulus korrigiert werden. Daher ist dieser Brief ein auch heute für bibeltreue Christen sehr zu schätzendes göttliches Dokument, an dem wir uns in der Lehre über das örtliche Zusammenkommen als Gemeinde orientieren sollten.

Die folgenden Verse aus Kap. 14 machen dies ganz deutlich: Vers 3: „…. Wer aber weissagt, ist größer, als wer in Sprachen redet, es sei denn, dass er es auslegt, damit die Gemeinde Erbauung empfange.“Vers 12: „So auch ihr, da ihr um geistliche Gaben eifert, so sucht, dass ihr überströmend seid zur Erbauung der Gemeinde.“Vers 19: „Aber in der Gemeinde will ich lieber fünf Worte reden mit meinem Verstand, um auch andere zu unterweisen, als zehntausend Worte in einer Sprache.Vers 23: „Wenn nun die ganze Gemeinde an einem Ort zusammenkommt und alle in Sprachen reden, es kommen aber Unkundige oder Ungläubige herein, werden sie nicht sagen, dass ihr von Sinnen seid?“Vers 26: „Was ist es nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder [von euch] einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprache, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung.“Vers 28: Wenn aber kein Ausleger da ist, so schweige er in der Gemeinde, rede aber sich selbst und Gott.“Vers 33: „Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens, wie in allen Gemeinden der Heiligen. Die Frauen sollen schweigen in den Gemeinden, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt.Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen; denn es ist schändlich für eine Frau, in der Gemeinde zu reden.

Es werden zwei Begriffe gebraucht, die das örtliche Zusammenkommen als Gemeinde verdeutlichen: „Gemeinde“ und „Zusammenkommen“

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„Gemeinde“ bzw. „in der Gemeinde“

Das Wort im Grundtext ist „ekkläsia2“, abgeleitet von „ek-kaleo“, das so viel wie „heraus-rufen“ bedeutet. Die ekkläsia ist also einmal die Summe der Herausgerufenen aus einem geographischen Ort – Christi Leib (1Kor 12,27). Alle wahrhaft Gläubigen an dem betreffenden Ort gehören zu dieser ekkläsia. Zum anderen gehören alle Gläubigen zu der weltweiten ekkläsia, die zugleich der Leib Christi (Eph 4,4) ist.

W. Bauer3 schreibt zu dem Begriff „ekkläsia“: 1. Versammlung als die ordnungsgemäß einberufene politische Gemeinde (Apg 19,39); 2. Menschenansammlung überhaupt

(1Kön 19,20 LXX; Apg 19,32.40; 3. die Versammlung der Israeliten, bes. wenn sie zu heiligen Zwecken antritt (5Mo 4,10.31 LXX; Apg 7,38).

Benseler4 übersetzt mit „Volksversammlung, Versammlung, Heeresversammlung, die Versammelten, der Versammlungsplatz.“ „in der Gemeinde“

Dieser Ausdruck „en ekkläsia“ steht in 1Kor 14,28.35 in der Einzahl und weist auf das Versammeln der örtlichen Gemeinde hin. In Vers 33 heißt es aber dann: in den Gemeinden der Heiligen („en tais ekkläsiais ton hagion“). Hier sind die Gemeinden als solche gemeint, wobei der Ausdruck auch die Gemeindezusammenkünfte beinhaltet. Es wird ausdrücklich der Begriff „Heilige“ noch hinzugefügt, denn der wahre Charakter der Zusammenkünfte ist durch Heiligkeit gekennzeichnet, da dort Heilige“ zusammenkom-men, solche, die von der Welt durch Gottes Geist abgesondert sind.5 Der Brief selbst ist ja in Kap. 1,1-2 an die „Geheiligten in Christus Jesus“, die „berufenen Heiligen“ adressiert, samt allen, „die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, ihres und unseres Herrn.“ In Vers 23 heißt es von einem Unkundigen oder Ungläubigen, der hereinkommt: „das Verborgene seines Herzens wird offenbar, und so, auf sein Angesicht fallend, wird er Gott anbeten und verkündigen, dass Gott wirklich unter euch ist.Es geht also um ein Zusammenkommen, ein Versammeln, eine Versammlung von Christen, unter denen Gott anwesend sein will, daher versteht man auch, dass dieses Kapitel durch Sätze wie „Strebt nach der Liebe“ und „Alles geschehe anständig und in Ordnung“ eingerahmt ist und Gott als „Gott des Friedens und nicht der Unordnung“ vorgestellt wird (Vers 33). Es sollte daher für ein Kind Gottes undenkbar sein, menschliche, von augenblicklich vorherrschenden gesellschaftspolitischen Grundsätzen geprägte Ordnungsgesichts-punkte und –strukturen, die den Aussagen des Wortes Gottes entgegen stehen, in die Gemeinde Gottes einführen zu wollen.

Daher sollten wir die Worte in den Versen 36-37 sehr ernst nehmen: „Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? Oder ist es zu euch allein gelangt? Wenn jemand meint,

2 Eigentlich sollte man den sprachlich besseren und richtigeren Begriff „Versammlung“ verwenden. Wichtig ist, dass man unter „ekkläsia“ (Versammlung/Gemeinde das richtige versteht. Ich verwende in dieser Arbeit den Begriff „Gemeinde“, obwohl die Übersetzung „Versammlung“ sicher die bessere ist. „ekkläsia“ meint also nicht irgendeine Benennung, sondern die Summe der zum Namen des Herrn Jesus versammelten Gläubigen an einem Ort. 3 Bauer, W.: Wörterbuch zum Neuen Testament, de Gruyter Berlin 1971, S. 4774 Benselers Griechisch-Deutsches Wörterbuch, bearb. von A. Kaegi, 231, B.G. Teubner, Leipzig 1931, S. 231 5 2Thes 2,13; 1Petr 1,2; 1Kor 6,11

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ein Prophet zu sein oder geistlich, so erkenne er, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist.“Es handelt sich um „Gottes Wort“, das zu allen Gemeinden ausgegangen ist und das wirklich geistliche Personen und Propheten in Korinth deutlich als „Gebot des Herrn“ anerkennen würden.

„an einem Ort zusammenkommen“

Dies ist ein besonders interessanter Ausdruck. Er lautet im Griechischen: synelthä ekkläsia holä epi to auto, das bedeutet wörtlich „zusammenkommt Gemeinde ganze auf das Selbe.“ Hier wird deutlich gemacht, dass die örtliche Gemeinde zusammenkommt und beisammen ist. Das Tätigkeitswort „synerchomai“ und der folgende Ausdruck „epi to auto“ kommt nur in den folgenden Versen des Neuen Testaments vor: Apg 2,1: „Und als der Tag der Pfingsten erfüllt wurde, waren sie alle an einem Ort beisammen (epi to auto).“Apg 2,44: „Alle aber, die glaubten, waren beisammen (epi to auto) und hatten alles gemeinsam;…“Apg 4,26: „Die Könige der Erde traten auf, und die Obersten versammelten sich

miteinander (synächthesan epi to auto) gegen den Herrn und gegen seinen Christus“.“

1Kor 7,5: „Entzieht euch einander nicht, es sei denn etwa nach Übereinkunft eine Zeit lang, um zum Beten Muße zu haben; und kommt wieder zusammen (epi to auto), damit der Satan euch nicht versuche wegen eurer Unenthaltsamkeit.“

1Kor 11,20: „Wenn ihr nun an einem Ort zusammenkommt (synerchomenon …epi to auto), so ist das nicht des Herrn Mahl essen.

1Kor 14,23: „Wenn nun die ganze Versammlung an einem Ort zusammenkommt und alle in Sprachen reden, es kommen aber Unkundige oder Ungläubige herein, werden sie nicht sagen, dass ihr von Sinnen seid?“

Dieses „epi to auto“, verbunden mit den Begriffen „ekkläsia“ und synerchomai“ drückt die Zusammengehörigkeit, ja, man kann könnte fast sagen, das Einssein der Gläubigen an einem Ort, aus. Alle Vorkommen sind: Matt. 22:34; Lk. 17:35; Acts 1:15; 2:1, 44; 3:1; 4:26; 1 Co. 7:5; 11:20; 14:23Es fehlen bei Dir welche.Der große Zweck des Zusammenkommens ist die Erbauung dieser örtlichen Gemeinde

14,5: „Wer aber weissagt, ist größer, als wer in Sprachen redet, es sei denn, dass er es auslegt, damit die Gemeinde Erbauung empfange.“14,12: „So auch ihr, da ihr um geistliche Gaben eifert, so sucht, dass ihr überströmend seid zur Erbauung der Gemeinde.“ 14,26: „…; alles geschehe zur Erbauung.“

Die örtliche Gemeinde wird verglichen mit einem Hausbau. Die lebendigen Steine müssen immer wieder ausgerichtet, korrigiert und gesäubert werden. Dazu dient der Dienst in der Gemeinde. Die Liebe soll die Quelle für alles sein (14,1), alles soll "in Ordnung" und „anständig“ geschehen. Es sollen "alle lernen und alle getröstet

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[ermahnt]" sowie Lernprozesse und Verhaltensänderungen bei den Versammelten ausgelöst werden.Die sich beteiligenden "Propheten" (männlich, vgl. 1Kor 12,28; Eph 3,5; Offb 22,9) sollen sich selbst beherrschen können. Sie stehen nicht unter einem Zwang, Botschaften zu geben, sondern können auf andere warten, sie können auch schweigen, lassen sich von dem Heiligen Geist leiten und nicht von ihrem Ich und ihren Wünschen (14,30.32).

Die Adressaten – „Brüder“ oder „Geschwister“?

Immer wieder wird von Bibelauslegern betont, dass die Anrede in 1Kor 14,26 „Was ist es nun, Brüder?“ eigentlich „Was ist es nun, Geschwister“ bedeute. Es sollte dann auch weiter heißen: „Wenn ihr [Geschwister] zusammenkommt, so hat jeder [von euch Geschwistern] einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprache, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung“. Jahrhundertelang war dies unter bibeltreuen Christen kein linguistisches Problem. Aber in einer Zeit der Geschlechter-vermischung, des Gender mainstream, ist das nicht mehr selbstverständlich. Sollte der Ausdruck „Geschwister“, d.h. Brüder und Schwestern, hier gemeint sein, könnte sich der Gedanke verfestigen, dass die folgende Aufzählung an Brüder und Schwestern ergeht und die Ausdrücke „hat eine Lehre, eine Offenbarung, eine Sprache und eine Auslegung“ auch auf Schwestern zu beziehen sind. Damit sei es auch klar, dass in den Zusammenkünften Schwestern sich genauso wie die Brüder beteiligen und predigen könnten.

Zunächst erscheint diese Aussage sehr folgerichtig, aber sie erweist sich nach einigem Nachdenken als völlig unhaltbar.

Der Vokativ im 1. und 2. Korinterbrief

Im Griechischen ist der Vokativ Plural immer identisch mit dem Nominativ Plural. Stimmt ! Den Vokativ „adelphoi“ (Brüder), „adelphoi mou“ (meine Brüder) oder „adelphoi mou agapätoi“ (meine geliebten Brüder) finden wir in den folgenden Texten des 1. und 2.Korintherbriefes: 1,10.11.26; 2,1; 3,1; 4,6; 7,24; 7,29; 10,1; 11,33; 12,1; 14,6; 14,20; 14,26; 14,39; 15,1; 15,50; 15,58; 16,15; 2Kor 1,8; 8,1; 13,11.Sind noch ein paar Stellen mehr: Acts 1:16; 2:29, 37; 3:17; 6:3; 7:2; 13:15, 26, 38; 15:7, 13; 20:32; 22:1; 23:1, 5-6; 28:17; Rom. 1:13; 7:1, 4; 8:12; 10:1; 11:25; 12:1; 15:14-15, 30; 16:17; 1 Co. 1:10-11, 26; 2:1; 3:1; 4:6; 7:24, 29; 10:1; 11:2, 33; 12:1; 14:6, 20, 26, 39; 15:1, 50, 58; 16:15; 2 Co. 1:8; 8:1; 13:11; Gal. 1:11; 3:15; 4:12, 28, 31; 5:11, 13; 6:1, 18; Eph. 6:10; Phil. 1:12; 3:1, 13, 17; 4:1, 8; 1 Thess. 1:4; 2:1, 9, 14, 17; 3:7; 4:1, 10, 13; 5:1, 4, 12, 14, 25; 2 Thess. 1:3; 2:1, 13, 15; 3:1, 6, 13; Heb. 3:1, 12; 10:19; 13:22; Jas. 1:2, 16, 19; 2:1, 5, 14; 3:1, 10, 12; 4:11; 5:7, 9-10, 12, 19; 2 Pet. 1:10; 1 Jn. 2:7; 3:13Das NT kennt die Anrede „Schwester“ oder „Schwestern“ nicht

Die Anrede „Schwestern“ (adelphai) gibt es im ganzen Neuen Testament nicht. Grundsätzlich hätten in den neutestamentlichen Schriften die Apostel auch „adelphoi kai adelphai“ (Brüder und Schwestern) schreiben können. Aber der Geist Gottes, der hinter den Heiligen Schriften steht, hat es für gut befunden, dass die Männer, also die „adelphoi“, angesprochen werden. Wir können aber unmöglich aus adelphoi“ einfach

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„adelphoi kai adelphai“ (Brüder und Schwestern) oder eben „Geschwister“ machen. Das bedeutet: die Briefschreiber wollten tatsächlich die Brüder ansprechen.

So wie im Neuen Testament unterschiedliche Wörter für die Einzahl „Bruder“ (adelphos) und Schwester“ (adelphä) gebraucht werden (1Kor 7,15.29; Jak 2,15), so werden auch unterschiedliche Wörter für die Mehrzahl „Brüder“ (adelphoi) und Schwestern“ (adelphai) verwendet (Mth 19,29; Lk 14,26; Mk 10,30). Aus den folgenden Textstellen wird sehr klar, dass der Begriff „adelphoi“ („Brüder“) im Gegensatz zu den Schwestern steht und eben nicht „Schwestern“ ohne weiteres einbezieht:

Apg 1,14: „Diese alle verharrten einmütig im Gebet mit einigen Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern. “

Die Brüder sind hier die männlichen Verwandten Jesu.

Apg 15,7: „Als aber viel Wortwechsel entstanden war, stand Petrus auf und sprach zu ihnen: Brüder, ihr wisst, dass Gott mich vor längerer Zeit unter euch dazu auserwählt hat, dass die Nationen durch meinen Mund das Wort des Evangeliums hören und glauben sollten.“

Hier redet Petrus eindeutig die Männer (Apostel und Älteste) an, wie das aus Vers 6, wo die Apostel und Ältesten erwähnt werden, hervorgeht.

1Kor 7,29: „Dies aber sage ich, Brüder: Die Zeit ist gedrängt. Im Übrigen, dass auch die, die Frauen haben, seien, als hätten sie keine,…“. Hier würde der Text unverständlich, da dem Zusammenhang nach deutlich die geistlichen "Brüder" (Männer) angesprochen sind (7,1-2.24.27.29). Der Ausdruck „Frauen haben“ belegt, dass hier ausschließlich männliche Personen gemeint sind.

1Kor 9,5: „Haben wir etwa nicht das Recht, eine Schwester als Frau mit uns zu führen wie auch die übrigen Apostel und die Brüder des Herrn und Kephas?“ Auch hier meint „Brüder“ die männlichen Verwandten des Herrn Jesus.

In 1. Timotheus 5,1 werden die jüngeren Brüder (Männer) im Gegensatz zu den jüngeren Schwestern erwähnt. „Einen älteren Mann fahre nicht hart an, sondern ermahne ihn als einen Vater, jüngere als Brüder; ältere Frauen als Mütter, jüngere als Schwestern, in aller Keuschheit.“

In 1. Timotheus 6,2 können "Brüder" nur "männliche Brüder" sein, da vorher von "Herren" geschrieben wird. „Die aber, die gläubige Herren haben, sollen sie nicht verachten, weil sie Brüder sind, sondern ihnen umso mehr dienen, weil sie Treue und Geliebte sind, die die Wohltat empfangen.“

Unterscheidung zwischen Brüdern, Schwestern und Verwandten

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Nun ist es sicher wahr, dass nach Benseler und anderen Wörterbüchern tatsächlich hoi adelphoi ("die Brüder") im Altgriechischen "Geschwister", ja sogar "Verwandte" bedeuten kann. Aber kann man daraus schließen, dass man im NT ohne weiteres das Wort „adelphoi“ (Brüder) mit "Geschwister" übersetzen kann?

Das Neue Testament kennt sehr wohl die Ausdrücke „Brüder“ und „Verwandte“ als unterschiedliche Personengruppen. Wir lesen z.B. in Mk 6,4; Lk 1,36.58; 2,44; 14,12; 21,16; Joh 18,26; Apg 10,24; Röm 9,3; 16,7.11.21 von „Verwandten“ (syngenäs) und in Lk 1,61; Apg 7,3.14 von „syngeneia“ (Verwandtschaft).

In Lk 14,12 und Lk 21,16 wird sogar deutlich unterschieden zwischen „Freunden“, Brüdern“ und „Verwandten“. In Röm 9,3 werden „Brüder“ Verwandte nach dem Fleisch genannt.Das Wort „adelphoi“ kann „Verwandte eines Volkes“ bzw. „Volksgenossen“ (Apg 3:22; 7.37) bedeuten. Wenn das der Fall ist, folgt das unmittelbar aus dem Kontext.

Ohne Frage sind Texte, in denen grundlegende christliche Lehren behandelt werden, für Brüder und Schwestern geschrieben (wie z.B. Römer 8,29; 12,1; Hebräer 2,11; 3,1; 1Joh 3,14), aber deswegen können wir nicht einfach aus dem Vokativ „Brüder“ die Anrede „Geschwister“ konstruieren.

Wenn im Neuen Testament „Schwestern“ angesprochen werden, dann steht dort der Vokativ ai gynaikäs6 = "Frauen" und gerade nicht „Schwestern“ (Kol 3,18; 1Pet 3,1; vgl. auch Eph 5,22).

„Brüder“ (adelphoi) im Vokativ, also in der Anrede, meint eben wirklich „Brüder“.

Es ist sprachlich eindeutig, dass „adelphoi“ mit „Brüder“ übersetzt werden muss und nicht mit „Geschwister“, auch wenn sich die dann folgende Lehraussage als solche bei den Anreden durchaus auf Brüder und Schwestern beziehen.

Es ist völlig klar, dass dieses sog. „patriarchalische Denken“ nicht mehr in unsere Zeit zu passen scheint. In einer Zeit des Feminismus, der Emanzipation und des Gender Mainstream, die letztlich als atheistische und antibiblische Denkströmungen gegen Gottes Schöpfungsordnungen rebellieren, wird es sicher immer schwieriger, nach Gottes Vorstellungen zu leben. Aber Gottes Ordnungen sind nicht nur segensreich für die Gemeinde Gottes, sondern letztlich für die Gesellschaft. Wenn Gottes Ordnungen beiseite gesetzt werden, müssen die Folgen verheerend sein. Wir leben in einer Zeit gewaltiger anthropologischer (Lehre vom Menschen) und theologischer (Lehre über Gott) Veränderungen. Selbst solche, die früher einmal völlig anders gesprochen haben, reden heute mehr und mehr von dem androgynen Menschen (ein männlich-weiblicher Mensch) oder von der "fraulichen Seite in Gott".

Wenn wir nun zusammenfassen, dann stellen wir fest, - dass sprachlich gesehen die richtige Übersetzung „Brüder“ und eben absolut nicht

„Geschwister“ ist,

6 wörtlich heißt es hier: die Frauen, der Vokativ ist im Plural identisch mit dem Nominativ.

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- dass in den Briefanreden niemals Frauen als Schwestern angesprochen werden, sondern immer die Männer als Brüder, so dass die angesprochenen Brüder für die Weitergabe der Lehrinhalte verantwortlich sind,

- dass es auch Texte gibt, aus denen hervorgeht, dass die Brüder deutlich von den Schwestern unterschieden werden.

„Was ist es nun, Brüder“?

Während in Vers 26 die Brüder angesprochen werden, wird den Brüdern in Vers 34 mitgeteilt, dass die Frauen schweigen sollen. Sie sollen als verantwortliche Briefadressaten auf diese Hinweise achten.

„Die Frauen sollen schweigen in den Gemeinden (finde „Versammlung“ besser), denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt“ (1Kor 14,34):

In manchen Bibelübersetzungen beginnt Vers 34 auch mit dem zweiten Versteil von Vers 33: „Wie in allen Versammlungen der Heiligen sollen die Frauen schweigen in den Gemeinden…“.7 Uns soll diese Einteilung jetzt nicht besonders interessieren. Sie ist für unsere Untersu-chung weniger wichtig, würde aber ganz klar herausstellen, dass das Schweigen der Frauen für alle Gemeinden verbindlich ist.

„Die Frauen“

Viele Texte lesen auch „ai gynaikes hymon“, das bedeutet: „die Frauen eure“, also „eure Frauen.“ Wenn diese Lesart richtig ist, würde ganz deutlich werden, dass hier die Brüder die verantwortlichen Adressaten sind und sie den Frauen diese Mitteilung weitergeben müssen. Aber selbst bei „ai gynaikes“ ist deutlich, dass die Frauen in Korinth in den Gemeinden schweigen sollen. Es wird auch nicht der Ausdruck „Schwester“ gebraucht, einfach deshalb, weil hier der Unterschied zwischen dem Männlichen und Weiblichen in der Gemeinde herausgestellt werden soll.

„sollen schweigen in den Gemeinden“

Im Grundtext steht „en tais ekkläsiais sigatosan“, übersetzt: in den Gemeinden sollen schweigen.8 Es geht hier also um die Aufforderung, dass die Frauen schweigen sollen in den Gemeinden. Es handelt sich um ein Gebot. Der Ausdruck „in den Gemeinden“ bzw. „in allen Gemeinden“ wird in 2Thes 1,4 und in 1Kor 7,17 auch gebraucht und meint deutlich „in den Zusammenkünften der Gemeinde, also dort, wo man als Gemeinde zusammenkommt.“ Im AT (LXX) wird der Ausdruck in den Psalmen verwendet:

7 vgl. Nestle Aland Novum Testamentum Graece 26. Aufl. 8 sigatosan, 3.Pers. Plural Präsens Imperativ

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Ps 26,12: „Mein Fuß steht auf ebenem Boden: Den HERRN werde ich preisen in den Versammlungen.“Ps 68,27: „Preist Gott, den Herrn, in den Versammlungen, die ihr aus der Quelle Israels seid!“

Zum Begriff „sollen schweigen“

Aber bedeutet nun „schweigen“ wirklich „absolut nicht den Mund öffnen“? Dann dürften die Frauen ja auch nicht mitsingen. Widerspräche das denn nicht z.B. Eph 5,19-22 und Kol 3,17?

Was meint „sigao“? Griechischexperten wie Benseler und Bauer übersetzen das Verb

intransitiv mit „schweigen“, „still sein“, „sich schweigend ruhig verhalten“, stillschweigen „nichts gegen etwas tun“, „verstummen“, „seinen Mund halten“, „bei etwas zu reden aufhören“ und

transitiv mit „verschweigen“, etwas gegenüber jmd. verschweigen

Wenn man sich nun den Gebrauch des Verbs im NT ansieht, dann wird es deutlich, dass es eben wirklich „schweigen“ im Gegensatz zum Reden, zum verbalen Mitteilen, bedeutet:

Das Wort selbst kommt in den folgenden neutestamentlichen Texten vor: Lk 9,36: „Und als die Stimme erging, wurde Jesus allein gefunden. Und sie

schwiegen (esigäsan9) und berichteten in jenen Tagen niemand etwas von dem, was sie gesehen hatten.“Hier meint „schweigen“ das Aufhören mit Reden.

Lk 20,26: „Und sie vermochten nicht, ihn bei einem Wort vor dem Volk zu fangen; und sie verwunderten sich über seine Antwort und schwiegen (esigäsan).“Auch hier war offensichtlich gesprochen worden, aber nun redete keiner mehr. Offensichtlich waren sie überführt und konnte nicht mehr weitersprechen.

Apg 12,17: „Er aber winkte ihnen mit der Hand, zu schweigen (sigan10), und erzählte ihnen, wie der Herr ihn aus dem Gefängnis herausgeführt hatte; und er sprach: Berichtet dies Jakobus und den Brüdern. Und er ging hinaus und zog an einen anderen Ort.“Die Aufforderung zu schweigen beinhaltete zugleich ein aktives Zuhören und nicht ein aktives Reden.

9 3.Pers. Plural Aorist 1 Indikativ10 Präsens Infinitiv

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Apg 15,12-13: „Die ganze Menge aber schwieg (esigäsen11), und sie hörten Barnabas und Paulus zu, die erzählten, wie viele Zeichen und Wunder Gott unter den Nationen durch sie getan hatte. Nachdem sie aber ausgeredet hatten (sigäsai12), antwortete Jakobus und sprach: Brüder, hört mich!“Hier schwieg man und hörte zwei Brüdern zu.

Röm 16,25: „Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus, nach der Offenbarung des Geheimnisses, das ewige Zeiten hindurch verschwiegen war (sesigämenou13),…“.nicht geredet und auch nicht geschrieben. Kein Prophet sprach darüber im AT.

1Kor 14,28: „Wenn aber kein Ausleger da ist, so schweige (sigato14) er in der Versammlung, rede aber sich selbst und Gott. Propheten aber lasst zwei oder drei reden, und die anderen lasst urteilen. Wenn aber einem anderen, der dasitzt, eine Offenbarung zuteil wird, so schweige (sigato) der erste.“

Der in Sprachen Redende sollte nicht reden, wenn kein Ausleger/Übersetzer anwesend war.

In Apg 21,40 und Off 8,1 wird das Nomen „sigä“ gebraucht, was einmal mit „Stille“ und zum anderen mit „Schweigen“ übersetzt wird.

Apg 21,40: „Als er es aber erlaubt hatte, winkte Paulus, auf den Stufen stehend, dem Volk mit der Hand; nachdem aber eine große Stille (Schweigen) eingetreten war, redete er sie in hebräischer Mundart an und sprach:…“.Auch hier beginnt ein aktives schweigendes Zuhören.

Off 8,1: „Und als es das siebte Siegel öffnete, entstand ein Schweigen in dem Himmel, etwa eine halbe Stunde.“Die Betonung des Zeitabschnittes macht deutlich, dass es um ein wirkliches Schweigen geht.

Schweigen steht also im Gegensatz zum Reden, nicht zum Singen. Die folgende Anweisung des Apostels unterstreicht dies noch ausdrücklich: „es ist ihnen nicht erlaubt zu reden“

Der Ausdruck „ou epitrepetai“ (nicht erlauben) drückt aus, dass etwas nicht gestattet ist. Das Reden der Frau ist also in den Gemeindeversammlungen nicht gestattet. Dieses Wort wird auch in 1Tim 2,12 gebraucht. Dort lesen wir: „Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein.“

Manche Ausleger wollen hier in 1Kor 14,34 das Wort „reden“ gern mit „didaskei" (lehren) verbinden, weil gleich im Anschluss an diesen Vers von einem möglichen Fragen der Frauen gesprochen wird, was nicht stattfinden soll. Aber "reden" wird in 1. Korinther

11 Aorist Indikativ12 Aorist I Infintiv13 Gen. Neutr. Part. Perf. Passiv14 3.Pers Sing. Präsens Imperativ

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14 auf alle Äußerungen in einer örtlichen Zusammenkunft als Versammlung angewendet (vgl. V. 2-3.6.9.11.19.28-29). Es handelt sich also um ein ausdrückliches Redeverbot in den Zusammenkünften.

„reden“ (laleo)

Aber was meint denn nun konkret „reden“ im Zusammenhang des Textes und überhaupt im NT?Reden (laleo) meint tatsächlich „reden“, „sprechen“; es meint nicht nur „lehren“, „predigen“, weissagen“, „in Sprachen reden“, sondern dieses Wort „laleo“ wird wie folgt im 1Korintherbrief gebraucht:

über geistliche Themenbereiche reden (2,6.7.13; 3,1; vgl. auch 2Kor 2,17; 4,13; 12,19; 13,3),

durch den Heiligen Geist reden (12,3), das kindliche alltägliche Reden (13,11), Sprachenreden (14,2.45.6.9.11.18.18.23.27.28.39) Weissagen (14,3,19.29)

Das Wort "reden" bedeutet nach Benseler im Neuen Testament "laut werden, lehren, sprechen, anweisen" und nach Bauer "Töne laut von sich geben, reden, sich äußern, vortragen, verkündigen". Im Zusammenhang von 1. Korinther 14 bezieht es sich auf das Reden in Sprachen (V. 2.5-6.18.23.27 usw.), auf das Weissagen (V. 3.29), überhaupt auf das Reden mit dem Verstand (V. 19), auf das Beten und das Preisen mit dem Verstand (V. 15-16). Dabei ist es wichtig, dass es immer darum geht, dass ein Einzelner entweder im Auftrag Gottes zu den Versammelten oder ein Einzelner als "Mund" der Versammelten zu Gott redet (vgl. das Wort "Amen" in Vers 16), er also die Anwesenden leitet.

In dem ganzen Kapitel geht es überhaupt nicht um das gemeinsame Singen, es sei denn, dass - wie manche denken - der Ausdruck "alle weissagen" oder "alle in Sprachen reden" in Vers 23-24 ein gemeinsames Singen bedeuten soll; was aber doch schwer zu beweisen ist.

Auch Kapitel 14,26 zeigt deutlich, dass gerade der Abschnitt von Vers 26-40 nicht das gemeinsame Singen betont, sondern die Erbauung der Versammelten.

In den übrigen neutestamentlichen Schriften wird „laleo“ gebraucht, um hinzuweisen auf:

das Reden Jesu in den Evangelien (z.B. Mth 13,3; 14,27; Joh 18,20), das In – Sprachen - Reden (Mk 16,17; Apg 2,4.11; 10,46; 19,6), das Reden von Engeln (Apg 7,38; 8,26; 10,7; 18,9; 23,9), das Reden des Heiligen Geistes (Apg 6,10; 28,25), das Reden der Apostel (Apg 4,1.20; 9,29; 14,9; 16,6), das Reden verschiedener Menschen im täglichen Miteinander (Lk 4,36; 7,15;

12,3; 24,36 usw.)

Die häufig gehörte Behauptung, dass es sich hier um das Verbot des „Dazwischenredens“

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oder des „Reinquatschens“ handele, ist sprachlich absurd und vom Textzusammenhang her völlig unhaltbar. Amen !Der Apostel erlaubt den Frauen nicht, in den Gemeindezusammenkünften zu reden; sie sollen schweigen.

„sondern sie sollen sich unterordnen“

Die Verwendung des Wortes „hypotassesthosan“ drückt aus, dass es für die Gemeinde-zusammenkünfte eine Ordnung gibt, der sich die Männer und die Frauen zu fügen haben, denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung. Das Verb „hypotasso“ meint wörtlich „unterordnen, was eine vorgegebene Ordnung voraussetzt. In 1Kor 14,40 findet man ein Wort, das mit diesem Wort verwandt ist: taxis. Paulus ermahnt die Korinther, dass alles in den Gemeindezusammenkünften „anständig und in Ordnung“ geschehen soll. In Kol 2,5 freut Paulus sich über „ihre Ordnung und die Festigkeit ihres Glaubens an Christus.“ Das Verb „tasso“ (ordnen, bestimmen) wird in Röm 13,1; 1Kor 16,15 mit „einsetzen“ bzw. „verordnen“ übersetzt. Es geht also um gottgegebene apostolische Ordnungen, Verordnungen, die wir nicht einfach ignorieren können. Die christlichen Frauen werden an den folgenden Stellen ermahnt sich unterzuordnen15: Eph 5,22: „Ihr Frauen, ordnet euch euren eigenen Männern unter16, als dem Herrn.“Kol 3,18: „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter, wie es sich geziemt im Herrn.“Tit 2,4-5: „…, damit sie die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig, sich den eigenen Männern unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde.“1Petr 3,1.5: „Ebenso ihr Frauen, ordnet euch euren eigenen Männern unter, damit, wenn auch einige dem Wort nicht gehorchen, sie durch den Wandel der Frauen ohne Wort gewonnen werden mögen,….Denn so schmückten sich einst auch die heiligen Frauen, die ihre Hoffnung auf Gott setzten und sich ihren eigenen Männern unterordneten“

In allen diesen Versen geht es um die Unterordnung der Frau in der Ehe. In 1Kor 14 geht es aber nicht um die Ehe, sondern um die Ordnung in den Gemeindeversammlungen. Auch hier sollen die Frauen sich unterordnen. Und in diesem Fall geht es darum, dass Gott in den Gemeinden anordnet, dass die Frauen schweigen und eben nicht reden sollen.

Übrigens wird ausdrücklich gesagt „sie sollen schweigen“ (Befehlsform) – es ist ihnen nicht erlaubt zu reden.

„wie auch das Gesetz sagt“

15 hypotasso=unter-ordnen, d.h. dass die Frauen sich unter die göttlichen Ordnung stellen sollen16 Nicht alle Handschriften haben hier das Wort „hapotassesthe“ (2.Pers.Pl. Präsens Subjunktiv Medium= ordne unter, z.B. Mehrheitstext) oder „hypotassesthosan“ (3.Pers.Pl. Präsens Imperativ) Die Auslassung von „unterordnen“ ist faktisch nicht zu belegen, nur von eine paar ohnehin schlechten belegt (P46, B), neben dem Byz Text haben das Wort auch der Sinaiticus und Alexandrinus. D.h. das Wort ist bombensicher belegt (von den frühen Übers. ganz abgesehen (syr, got, lat., kopt., kopt.). D.h. die Aulassung haben nur zwei ohnehin hochproblematische HSS (P46, B). Die Auslassung in NA ist absurd.

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Der Apostel beruft sich auf das Gesetz. Er sagt nicht „das Gesetz Gottes“, sondern nur „das Gesetz.“ Könnte es sich also – wie manche denken - um das römische Gesetz handeln, das durch Cicero erlassen wurde, um den von Frauen ausgeübten Dionysuskult, dass nämlich nachts Opfer dargebracht wurden, zu stoppen? Oder geht es – wie andere meinen - um die jüdische Halacha, das den jüdischen Frauen verbot, im jüdischen Synagogengottesdienst zu reden? Der Apostel schreibt „wie auch das Gesetz sagt.“ Er betont das Gesetz durch den bestimmten Artikel „to“. Soweit mir bekannt ist, finden wir keinen Text im NT, wo ein Schreiber sich in dieser Ausdrucksweise auf ein weltliches Gesetz beruft, um ein neutestamentliches Gebot mitzubegründen. Im 1.Korintherbrief wird der Gebrauch des Wortes „to nomos“ ausschließlich mit dem göttlichen Gesetz verbunden (1Kor 9,8; 9,9; 15,56). Warum sollte der Apostel sich eigentlich auf die Normen der Welt berufen oder die jüdische Überlieferung? Es ist überhaupt nicht einzusehen, dass dies die Bedeutung seiner Aussage ist. Viel sicherer ist es, davon auszugehen, dass er das göttliche Gesetz meint, das Gesetz im Alten Testament, wobei nicht ohne weiteres einzig und allein die fünf Bücher Mose gemeint sein müssen. In Joh 15,25 wird das Gesetz in Verbindung mit den Psalmen, in 1Kor 14,22 in Verbindung mit Jesaja erwähnt.

Aber woran könnte Paulus gedacht haben? Manche haben angenommen, dass er an 1Mo 3,16 gedacht hat, wo es heißt: „Zu der Frau sprach er: Ich werde die Mühsal deiner Schwangerschaft sehr mehren, mit Schmerzen sollst du Kinder gebären; und nach deinem Mann wird dein Verlangen sein, er aber wird über dich herrschen.“ Auf jeden Fall könnte dieser Vers ein Hinweis darauf sein, dass der Mann in der Folge des Sündenfalls über die Frau herrschen würde (übrigens nicht „soll“). Das hebräische Wort „maschahl“ wird in der Septuaginta mit „kyrieuo“ übersetzt. Dieses Wort wird nirgendwo im NT in Verbindung mit der Beziehung von Mann und Frau gebraucht. Allerdings wird einmal betont, dass Sarah ihren Mann Abraham „Herr“ (kyrios) nannte (1Petr 3,6). Doch sind das durchaus keine befriedigenden Lösungen für unsere Frage.

Lesen wir doch noch einmal den Nebensatz, der mit der Konjunktion sondern“ einge-führt wird: „…, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt.“Das Gesetz sagt, dass eine Frau sich unterordnen soll. Es steht nicht ausdrücklich die Formulierung dort: „wie geschrieben steht“ oder „damit erfüllt werde“. Nein, das Gesetz, die Gesamtheit der Weisungen Gottes im Gesetz Moses, aber auch im AT, machen die Unterordnung der Frau im öffentlichen Dienst deutlich.

Schauen wir uns also in diesem Sinn einmal die Thora, die 5 Bücher Mose, an: In den fünf Büchern Mose finden wir keinen Text, wo die Frauen einen öffentlichen Dienst von Seiten Gottes ausüben oder die Versammlung Israels leiten sollen. Priester sollen den öffentlichen Dienst vor und im Zelt der Zusammenkunft ausüben:

- Sie besorgen das Opfern und Räuchern (2Mo28,1.3.4.41; 29,1; 3Mo 1-7); - sie sollen das Volk die Unterscheidung zwischen rein und unrein sowie zwischen

heilig und unheilig lehren (3Mo 10,8-11; 11,47; 14,57; 5Mo 24,8; Mi 3,11; Mal 2,7-9);

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- männliche Leviten mussten die Stiftshütte tragen und halfen später auch im öffentlichen Gesangsdienst oder als Torhüter (4Mo 1,53; 5Mo 27,14; 2Chron 5,12. 7,6; 8,14; Es 7,24);

- wenn es um den öffentlichen Prophetendienst geht, dann benutzt Gott in der Regel Männer; es gibt auch keine Töchter, sondern nur „Söhne der Propheten“, die offensichtlich von Elisa und Elia gelehrt wurden; in Ausnahmefällen traten auch Prophetinnen auf. Denken wir an Mirjam, die in 2Mo 15,20 vor den Frauen herzieht und singt; Debora, die Israel richtete unter der Debora-Palme und eben nicht in einer öffentlich Gemeindeversammlung (Ri 5,4-5) und mit Barak später das Siegeslied: „Weil Führer führten in Israel“ sang (Ri 5,1); Hulda, die zur Zeit Hiskias dessen Boten eine wichtige Botschaft in ihrem Haus übermittelte (2Kön 22,14; 2Chron 34,22). Ansonsten lesen wir noch von einer Prophetin Noadja, die Nehemia keinen guten Dienst erwies und von der Frau Jesajas, die einfach „Prophetin“ genannt wird (Neh 6,14; Jes 8,3). Im ganzen AT sind Frauen keine Personen, die einen in irgendeiner Weise leitenden Dienst für das Volk ausüben sollten. Dennoch haben die Frauen im AT ihre Würde und ihre herausragende Rolle und waren wertvolle Personen, die in unterschiedlicher Weise von Gott gebraucht wurden. Denken wir nur daran, was manche Mütter gottesfürchtiger Könige geleistet haben? Gott weiß den treuen Dienst von Frauen, die IHM ergeben leben, sehr wohl zu würdigen.

„Wie auch das Gesetz sagt“ könnte also sehr gut ein Hinweis darauf sein, dass Gott den geistlichen Dienst in der Öffentlichkeit, in den Gemeindeversammlungen, durchaus nicht billigt und deswegen neben dem neutestamentlichen Schweigegebot auch auf das alttestamentliche Gesetz als Summe der alttestamentlichen Weisungen hinweist. „Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen; denn es ist schändlich für eine Frau, in der Versammlung zu reden“ (1Kor 14,35)

Offensichtlich setzt das Wort Gottes voraus, dass Frauen in den christlichen Zusammen-künften aktive Zuhörer sind und vielleicht hier und da Fragen zur Verkündigung haben. Das wird in diesem Text positiv bewertet. Sie wollen lernen und „lernen“ ist eine Voraussetzung für geistliches Wachstum. Und selbstverständlich sind Frauen, die im geistlichen Wachstum Fortschritte machen, ein Segen für die Familien und örtlichen Gemeinden. Eindeutig geht es in diesem Text um verheiratete Frauen. Sie sollen daheim ihre eigenen Männer fragen. Im eigenen Heim kann ein reger geistlicher Austausch stattfinden. Vielmehr sollte dies geschehen. Jedes Ehepaar, das Erfahrungen im gemeinsamen Gebet und im gemeinsamen Austausch über das Wort Gottes gesammelt hat, wird sicher davon erzählen können. Wir Männer haben dabei eine besondere Verantwortung, denn wir sollten die Fragen unserer Ehefrauen beantworten können. Wenn die Jungfrauen hier nicht erwähnt werden, heißt das nicht, dass sie sich sehr wohl öffentlich durch Fragen äußern dürfen. Sie werden andere Möglichkeiten wahrnehmen, um ihre Fragen beantwortet zu bekommen. Auch um solche Schwestern sollten sich verheiratete Eheleute kümmern und ihnen bei ihren Fragen behilflich sein. Der folgende Satz zeigt dann aber unmissverständlich, wie undenkbar das Reden der Frau in der Gemeindeversammlung ist. Der Apostel Paulus bezeichnet es als „schändlich“.

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Dieses Wort „schändlich“ (aischron) wird noch in Eph 5,12 und 1Kor 11,6 benutzt: „Und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, vielmehr aber straft sie auch; denn das, was heimlich von ihnen geschieht, ist schändlich auch nur zu sagen.“ Eph 5,12)„Denn wenn eine Frau nicht bedeckt ist, so lasse sie sich auch das Haar abschneiden; wenn es aber für eine Frau schändlich ist, dass ihr das Haar abgeschnitten oder sie geschoren werde, so lass sie sich bedecken.“ (1Kor 11,6).„Schändlich“ meint, dass man sich für etwas schämen muss. So wird dieses Wort in anderen Textstellen mit einem weiteren Wort verbunden:

dem Wein ergeben (1Tim 3,3.8; Tit 1,7; 1Petr 5,2), schändliches Reden (Kol 3,8), Schändlichkeit, d.h. etwas, wofür man sich schämen muss (Eph 5,4).

Es ist also für die Frau schändlich, wenn sie ihre Haare abschneidet und in den Gemeindezusammenkünften redet. Solche deutlichen und durchaus harten Worte kommen in unserer Zeit nicht mehr gut an. Das ändert aber nichts an der Aussagekraft des Wortes Gottes und der Notwendigkeit, dass wir auf dieses „Schändliche“ sehr wohl aufmerksam machen.

„Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? Oder ist es zu euch allein gelangt?Wenn jemand meint, ein Prophet zu sein oder geistlich, so erkenne er, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist“ (1Kor 14,36)Nachdem nun von dem Apostel Paulus einige deutliche Worte wie "nicht erlaubt“, „untergeordnet sein“, „schändlich" gesagt worden sind, teilt er mit: "Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen?" Seine Botschaft ist Gottes Wort. Nicht die Korinther hatten diese Tradition, diese griechische oder jüdische Gewohnheit. Paulus war auch kein Frauenhasser, wie manche entweder aus Unwissenheit oder aus Bosheit behaupten, nein, er lehrte Gottes Wort. Es folgt dann: "Oder ist es zu euch allein gelangt?" Jeder geistliche Korinther würde sofort antworten: Nein, es ist verbindlich für alle Gemeinden (vgl. übrigens 1Kor 1,2). Man kann in dieser Frage nicht seine eigenen Gedanken haben, der Beliebigkeit das Wort reden, ohne dem Wort Gottes ungehorsam und dadurch untreu zu sein. Wenn Gemeinden diesem ausdrücklichen Gebot ungehorsam sind, nachdem sie es jahrzehntelang biblisch praktiziert haben, dann darf man doch fragen, ob der Heilige Geist oder das vom Zeitgeist geprägte Fleisch hinter einer solchen neuen „Ordnung“ besser „Unordnung“ steht.

Wenn Gläubige es praktizieren, weil sie bisher so aufgewachsen sind und es nie anders gelernt haben, sollte man sicher milde sein und nicht vorschnell verurteilen, sondern liebevolle Aufklärungsarbeit leisten. Denn häufig sind diese Geschwister durch falsche Übersetzungen oder kirchliche Führer dahin geleitet worden und haben es daher nicht leicht, in diesen Punkten umzudenken.

Dieser anschließende Text ermutigt den Leser, das zuvor Geschriebene als „Wort Gottes“ anzusehen. Dieses Wort war nicht nur eine Botschaft für die Korinther, nein, offensichtlich hat der Apostel Paulus diese Worte auch in den anderen Gemeinden gelehrt. Es handelt sich um eine apostolische Botschaft, gewirkt durch Gottes Geist.

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Propheten würden diese Worte sicher als Gottes Wort erkennen und natürlich auch anerkennen; geistliche Geschwister würden ihnen darin folgen, denn sie weisen Fleischliches ab. Zum Schluss spricht er über wahre Erkenntnis und benutzt hier das Wort „epiginosko“17, was „voll erkennen“ oder „anerkennen“ bedeutet.

Was bedeutet „alle“ in 1Kor 14,23-24.31? Aber es heißt doch in 1Kor 14,23: „Wenn aber alle18 weissagen, und irgendein Ungläubiger oder Unkundiger kommt herein, so wird er von allen überführt, von allen beurteilt.“ Meint denn nicht auch „alle“ wirklich „alle“?

Dieses kleine Wörtchen „alle“ wird in Kap 10,2.3.4.17.33; 12,6 und vielen anderen Stellen benutzt, um den Gegensatz zwischen einzelnen und allen Personen auszudrücken.

Auch hier ist es wichtig, wer denn angesprochen ist: In Kap 10,2-4 geht es um das Volk Gottes. Aber auch da wird von den „Vätern“ gesprochen, die „alle unter der Wolke waren und alle durch das Meer hindurchgegangen sind und alle auf Mose getauft wurden in der Wolke und in dem Meer und alle dieselbe geistliche Speise aßen und alle denselben geistlichen Trank tranken;…“. Obschon hier Männer, Frauen und Kinder gemeint sind, werden doch die Väter erwähnt und in Kap 10,17 nehmen alle Glieder des e i n e n Leibes am Brotbrechen teil.

Wenn dann aber gesagt wird…

„Ich wollte aber, dass ihr alle in Sprachen redetet, viel mehr aber, dass ihr weissagtet“ oder

„Ich danke Gott, ich rede mehr in Sprachen als ihr alle“ oder „Wenn nun die ganze Versammlung an einem Ort zusammenkommt und alle in

Sprachen reden, es kommen aber Unkundige oder Ungläubige herein, werden sie nicht sagen, dass ihr von Sinnen seid?“ und

„Wenn aber alle weissagen, und irgendein Ungläubiger oder Unkundiger kommt herein, so wird er von allen überführt, von allen beurteilt;…“

und „denn ihr könnt einer nach dem anderen alle weissagen, damit alle lernen und alle getröstet werden.“,

dann ist es deutlich, dass es niemals so sein kann, dass hier wirklich alle Korinther im absoluten Sinn gemeint sein können, denn

es konnten nicht alle in Sprachen reden, da es nach Kap 12,30 heißt: „Reden alle in Sprachen? Legen alle aus?“

zudem sollte gerade dem fleischlichen Beteiligungseifer gewehrt werden, Unkundige oder Ungläubige würden denken, dass sie von Sinnen sind,

das „Wenn“ ist an dieser Stelle entscheidend. Es heißt „gesetzt den Fall, dass alle in Sprachen reden…“. Das sollte gerade nicht sein. Deswegen folgt ja dann

17 siehe dieses Wort „epiginosko“ in 1Kor 13,12; 16,18; 1Tim 4,3; 2Petr 2,2118 „pantes“ meint hier und im Folgenden „alle, die die Gnadengabe des Weissagend und Sprachenredens haben

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gerade der Text ab Vers 26, um dem fleischlichen Redezwang Einhalt zu gebieten.

Übrigens zeigt ja auch Vers 31, dass "alle" nicht "alle Anwesenden" bedeuten kann, da hier ja die Weissagenden nicht zu den Angesprochenen gehören, aber die Angespro-chenen doch mit dem Wort "alle" identifiziert werden. Zudem spricht Vers 29 von zwei oder drei Propheten, die weissagen. Auch dies schränkt Vers 31 in gewisser Hinsicht ein. Es ist ganz deutlich, dass mit dem Argument, dass "alle weissagen", nicht Vers 34 aufgehoben werden kann, weil einerseits "Brüder" angesprochen sind und andererseits Vers 34 offensichtlich eine Einschränkung ist.

Geschlechtsneutrale Wörter

Manche wollen uns sagen, dass in den dann folgenden Versen verschiedene geschlechts-neutrale Worte stehen. Aber die folgenden Begriffe sind männlichen Geschlechts:

"ein jeder" (hekastos) "einer lege aus" (kai eis diermäneueto) "Ausleger" (ho diermeneutäs) "so schweige er" (sigato, 3. Pers. Sg. Präs. Imp. – zu "Ausleger", klar maskulin) "einem anderen" (allo, Dat. Sing.) "so schweige der Erste" (ho protos sigato) "einer nach dem anderen" (kat'hena)

Auch diese Texte belegen, dass es dem Apostel gar nicht in den Sinn gekommen ist, an die öffentliche Beteiligung von Schwestern zu denken.

Einwände

Einwand a) Zudem sei es doch so, dass im Christentum Männer und Frauen zum allgemeinen Priestertum gehören und der Unterschied zwischen Mann und Frau in Christo und damit auch im christlichen Dienst aufgehoben sei (1Petr 2,5; Gal 3,28). Antwort: Es ist wahr, dass Brüder und Schwestern Priester sind und das „heilige Priestertum“ dar- stellen; es ist auch wahr, dass in Christus nach Gal 3,28 weder Jude noch Grieche, Sklave noch Freier, Mann und Frau ist, „denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ Aber der Ausdruck „in Christo“ redet von unserer geistlichen Stellung vor Gott, nicht von unserem praktischen Leben als Menschen, als Geschöpfe auf der Erde. Die Schrift redet sehr wohl von Männern und Frauen und Kindern, Juden und Griechen, Sklaven und Freien und über ihr angemessenes Verhalten in ihren Beziehungen auf der Erde. Unsere Beziehungen als Geschöpfe auf dieser Erde werden zwar durch unsere himmlische Beziehung und unsere Stellung in Christo beeinflusst, aber heben sie nicht auf (z.B.1Petr 3,1-7; Eph 5,22-33; Kol 3,18-21; Tit 2,1-10). Es ist ein großer Irrtum, wenn man diese eindeutigen Hinweise in der Schrift für unser irdisches „bürgerliches“ Leben aufgibt zugunsten von Texten, die genauso eindeutig über unsere geistliche, himmlische Stellung in Christus reden.

Einwand b)

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Aber steht denn nicht in 1Kor 11,5, dass Frauen in der Gemeinde beten und weissagen (prophetisch reden) können? Manche Bibelübersetzungen haben auch eine entsprechende Überschrift. Dem Textzusammenhang von 1Kor 11 nach kann sich dieser Text doch nicht auf ein privates Treffen beziehen, wobei die Verschleierung dann auch wenig Sinn mache. Antwort: Es ist wirklich so, dass hier nicht direkt von einer ehelichen Gemeinschaft oder einer privaten Unterhaltung und Ähnliches geredet wird. Das sollte man klar erkennen. Aber daraus den Schluss zu ziehen, dass es sich hierbei um Gemeindezusammenkünfte handele, ist genauso wenig textbezogen, denn es ist doch nicht anzunehmen, dass die Frauen bzw. die Männer nur in den Zusammenkünften lange bzw. kurze Haare tragen oder nur in den Zusammenkünften Gott das Haupt des Christus, Christus das Haupt des Mannes oder der Mann das Haupt der Frau ist. Oder ist nur in der Gemeindeversamm-lung der Mann „Gottes Bild und Herrlichkeit“ und die Frau „des Mannes Herrlichkeit“? Warum sollte der Grundsatz, dass sich eine Frau beim Gebet und beim Weissagen bedeckt, nicht grundsätzlich gelten bzw. diese Bedeckung in Gegenwart von anderen, die sie im Gebet leitet (z.B. andere Frauen, Kinder), Sinn machen, wenn sie – egal wo – deutlich machen will, dass durch ihr Auftreten und Leiten im Gebet oder Reden im Namen des Herrn sie eigentlich die Stellung des Mannes einnimmt und sie dies durch die Kopfbedeckung den Engeln zeigen möchte. Ich behaupte nicht, dass dies zwingend die Auslegung ist, aber sie sollte zumindest erwogen werden. Amen !Einwand c) Auch argumentieren einige, dass Beten und prophetisches Reden von Männern und Frauen normale Aktivitäten gerade in Gemeindeversammlungen gewesen seien, wie Apg 1,14; 2,17-18; 21,9; Röm 12,6; 1Kor 14,24.31; 1Thes 5,20 zeigt und dies offensichtlich auch ein Beweis geistlichen und erwecklichen Lebens sei. Antwort: Es ist sicher richtig, dass Gebet und prophetisches Reden (Weissagen) normale Aktivitäten in den Gemeindeversammlungen waren und sind (siehe Apg. und 1Kor 14), aber aus diesen normalen Aktivitäten die Schlussfolgerung zu ziehen: Daher sei es ein Beweis geistlichen und erwecklichen Lebens einer Gemeinde, wenn die Frauen in den Zusammenkünften weissagen oder laut beten, ist doch etwas zu vorschnell argumentiert. Lasst uns dazu die Bibeltexte, auf die man sich häufig bezieht, etwas näher in Augenschein nehmen:

In Apg 1,14 heißt es: „Und als sie hineingegangen waren, stiegen sie in den Obersaal hinauf, wo sie blieben: sowohl Petrus als Johannes und Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, der Eiferer, und Judas, der Bruder des Jakobus. Diese alle verharrten einmütig im Gebet mit einigen Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.“ Es geht hier gar nicht um eine Zusammenkunft als örtliche Gemeinde, denn die entstand erst Pfingsten; zum anderen wird auch nicht gesagt, dass alle laut beteten, wohl – wie uns 1Kor 14 lehrt – laut „Amen“ sagten.

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Der Text in Apg 2,17-18 ist ein Zitat aus Joel 3,1-5. Es heißt: „Und es wird geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, dass ich von meinem Geist ausgießen werde auf alles Fleisch, und eure Söhne und eure Töchter werden weissagen, und eure Jünglinge werden Gesichte sehen, und eure alten Männer werden Träume haben. Und sogar auf meine Knechte und auf meine Mägde werde ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie werden weissagen. Und ich werde Wunder geben in dem Himmel oben und Zeichen auf der Erde unten: Blut und Feuer und Rauchdampf; die Sonne wird in Finsternis verwandelt werden und der Mond in Blut, ehe der große und herrliche Tag des Herrn kommt. Und es wird geschehen: Jeder, der irgend den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden.““Ist das nun ein Text, der auf die Gemeindesituation in unserer Zeit anzuwenden ist? Erwarten wir eine Ausgießung des Heiligen Geistes auf „alles Fleisch“, rechnen wir in den Zusammenkünften damit, dass „Jünglinge, Mägde und Knechte Gesichte sehen“, alte Männer „Träume haben“? Erwarten wir „Feuer und Rauchdampf“ und dass die „Sonne in Finsternis“ und der „Mond in Blut verwandelt“ wird? Wenn man Joel 2,18-27 liest, wird man leicht erkennen, dass hier eine außergewöhnliche Segenszeit für Israel prophezeit wird und der prophetische Text dann mit „Und danach wird es geschehen“ weitergeführt wird. Die Segnungen werden anschließend auf „alles Fleisch“ ausgegossen und dann werden die im Zitat angegebenen Dinge erfolgen. Es werden unterschiedliche Personengruppen ganz besonders von Gott gebraucht, aber nichts erinnert im Text daran, dass es hier um eine Prophezeiung im Blick auf Gemeindeversamm-lungen geht. Außerdem wird dieses Zitat in Apg 2 nicht mit den Worten „damit erfüllt würde“ (Mth 1,22; 2,23; 4,14; 8,17; 13,14; Lk 22,37; 24,44; Joh 13,18; 15,25; 19,24; Apg 13,27.33; Jak 2,23 u.a.m.) eingeleitet, sondern mit den Worten: „sondern dies ist es, was durch den Propheten Joel gesagt ist“.Beachte besonders die Worte „dies ist es“19! Ist touto nicht ein Marker für die Situation weniger auf ein spezielles Einzelwort ? Diese Aussage bezieht sich auf die Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten und wird nicht so dargestellt, als ob die aus Joel zitierten Begleiterscheinungen zu Pfingsten geschehen sind. Tatsächlich sind sie ja nicht vorgekommen – auf jeden Fall werden sie nicht berichtet. Das Sprachenreden – wie es der Herr Jesus in Mk 16 angedeutet hat – findet statt, aber von Weissagungen, Gesichten und Träumen wird gar nichts berichtet. Im Gegenteil: Petrus verkündigt das Evangelium, indem er sich auf die Schriften des AT bezieht, die Person und das Werk des Herrn Jesus Christus bezeugt und zur Buße aufruft.

Was den Text in Apg 21,9 betrifft, so stellt der Schreiber nur fest, dass Paulus nach Cäsarea in das Haus des Philippus kam und dort blieb und dieser vier Töchter hatte, „welche weissagten“. Zu behaupten, dass sie nur in den Gemeindeversammlungen weissagen konnten, ist völlig textunangemessen. Als es dann um konkrete Weissagungen ging, kam der Prophet Agabus, der dem Paulus prophezeite, dass er in Jerusalem von den Juden gebunden und in die Hände der Nationen überliefert werden würde.

19 alla touto estin to eiromenon dia… „touto estin to“ bezieht sich auf das im Griech. sächliche „to pneuma“

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Die Texte in Röm 12,6 und 1Thes 5,20 weisen daraufhin, dass solche, die weissagen, in der Weissagung bleiben sollen und wir „Weissagungen nicht verachten“ sollen. Sie sprechen überhaupt nicht ausdrücklich über die örtliche Anwendung dieser Gabe in den Gemeindezusammenkünften und auch nicht, wer denn hier weissagt.

In 1Kor 14,24.31 wird der Ausdruck „alle weissagen“ gebraucht. Auf das Wörtchen „alle“ habe ich schon Verbindung mit 1Kor 14 hingewiesen und betone noch einmal, dass „Brüder“ angesprochen werden und „alle“ im 1Korinterbrief nicht im absoluten Sinn „alle“ bedeutet.

Solche, die behaupten, dass die Brüder, die das Schweigen der Frauen in den Gemeinden lehren, „erweckliches und geistliches Leben behindern“, müssen sich fragen lassen, ob sie nicht letztlich Gott selbst und seinen Knecht Paulus auf die Anklagebank setzen, denn es wird ja ausdrücklich gesagt: „Die Frauen sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden,… Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen; denn es ist schändlich für eine Frau, in der Versammlung zu reden.Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? Oder ist es zu euch allein gelangt?“

„Sie sollen schweigen“ bedeutet nicht „sie sollen reden“. Es ist schon mehr als bedenklich, wenn Gläubige anderen Mitgeschwistern aufgrund ihres Gehorsams dem Wort Gottes gegenüber ein Behindern erwecklichen und geistlichen Leben in den Gemeinden vorwerfen.

Einwand d) Auch diese Auffassung wird vertreten, dass nämlich die Kopfbedeckung nur in Verbindung mit Eph 3,10 Sinn mache („damit jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung kundgetan werde die mannigfaltige Weisheit Gottes,…“) und daher diese Bedeckung nur dann in den Gemeindeversammlungen sinnvoll sei, wenn die Frauen reden dürfen.

Antwort: Dieser Einwand ist sicher nicht so ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Warum sollen sich Frauen beim Beten oder Weissagen bedecken? Der Text in 1Kor 11 lautet: „Jede Frau aber, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt; denn es ist ein und dasselbe, wie wenn sie geschoren wäre.“Vers 15 sagt deutlich, dass erstens das lange Haar der Frau ihr als Schleier gegeben und es zugleich ihre Herrlichkeit (Ehre) sei. Nirgends im Wort Gottes wird gesagt, dass etwas vom Menschen seine Herrlichkeit ist. Ausschließlich von der Frau wird ganz eindeutig mitgeteilt, dass sie einerseits selbst die Herrlichkeit des Mannes sei (V.7) und als Ausdruck ihres Frauseins eine Herrlichkeit besitze, nämlich ihre langen Haare, die ihr von Gott gegeben seien. Weil das Wort Gottes dieses Haar (komä) im NT als etwas ganz besonderes ansieht, gebraucht es nur hier – im Unterschied zu „thrix“20 - dieses Wort für

20 vgl. Mth 3,4; 5,36; 10,30; Mk 1,6; Lk 7,38.44; 12,7; 21,18; Joh 11,2; 12,3; Apg 27,34; 1Petr 3,3; Off 1,14; 9,8

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„langes Haar“. Unser Wort „Komet“ (Kopf mit langem haarähnlichem Schweif“) leitet sich übrigens von diesem griechischen Wort „komä“ (langes Haar) ab. Übrigens: Ist es nicht interessant, dass das „lange Haar“ des Nasiräers am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft auf das Feuer gelegt wurde, das unter dem Friedensopfer ist? Das Wort, was in 4Mo 6 in der Septuaginta gebraucht wird, ist genau dasselbe wie in 1Kor 11,15: „komä“ (langes Haar). Nichts vom Menschen durfte je in Verbindung mit einem Opfer verbrannt werden, ausschließlich dieses „lange Haar“ des Nasiräers. Offensichtlich ist das „lange Haar“ der Frau und des Nasiräers für Gott sehr kostbar.

Wenn eine Frau in die Gegenwart Gottes tritt, um zu beten oder aus der Gegenwart Gottes heraus weissagt (gemäß 1Kor 14,3 reden zur Erbauung, Ermahnung und zum Trost), dann sollten nicht die langen Haare, ihre Herrlichkeit, oder sie selbst als Herrlichkeit des Mannes, hervorstrahlen, sondern Gott und Christus. Der Heilige Geist will – wenn es um geistliche Aktivitäten geht, Christus verherrlichen, nicht die Frau und auch nicht ihr langes Haar. Könnte es sein, dass sie sich unter anderem auch deswegen in den Zusammenkünften bedecken soll, selbst wenn sie sich nicht öffentlich durch Reden beteiligt? Immerhin wird das Wort „bedecken“ (katakalypto=verhüllen, bedecken) ja in den Versen 5.6.7.13 wie folgt erwähnt.

Wenn sie sich beim Beten oder Weissagen nicht bedeckt, entehrt sie ihr Haupt, den Mann (V 5), (wieso reflexiv „sich“)?

Wenn eine Frau nicht bedeckt sein will, so sollen ihre Haare abgeschnitten werden (V6), das aber ist schändlich,

da kurzes Haar für eine Frau schändlich ist, soll sie sich bedecken (V.6), sie soll sich bedecken (sie soll bedeckt sein – reflexiv?), weil sie des Mannes

Herrlichkeit ist, während der Mann sein Haupt nicht bedecken soll, weil er Gottes Bild und Herrlichkeit ist.

Schließlich heißt es in V.10: „Darum soll die Frau eine Macht auf dem Haupt haben um der Engel willen.“ Vielleicht ist TLG doch etwas. Reden wir mal, denn da könnte man alle Vorkommen dieser Phrase analysieren.Die Verbindung zu Eph 3,10 ist sicher angebracht, obwohl dort nicht vorrangig die Zusammenkünfte als solche im Vordergrund stehen, sondern die Gemeinde als Leib Christi.

Paulus schreibt, dass er Menschen und Engeln „ein Schauspiel geworden“ sei (1Kor 4,9) und in Kap 6,3 lesen wir: „Wisst ihr nicht, dass wir Engel richten werden, …“? Wir lesen nicht nur von guten, auserwählen Engeln (1Tim 5,21 vgl. Mth 4,11; Lk 2,10.13; 4,10; 9,26; 15,10; 22,43; Hb 1,14 usw.), sondern auch von Engeln als Satans Boten (2Kor 12,7; Gal 1,8), letztlich Dämonen. Engel sind interessiert an den Schöpfungsordnungen Gottes (Hi 38) und daher ist es nicht unwesentlich, dass beim Beten oder Weissagen (außerhalb der Gemeindeversamm-lungen) der Kopf der Frau bedeckt ist, weil sie durch dieses sichtbare Zeichen anerkennt und bezeugt, dass sie dem Mann in der Schöpfungsordnung untergeordnet und doch von Gott aus ermächtigt ist, laut betend vor anderen in die Gegenwart Gottes zu treten oder aus der Gegenwart Gottes zu anderen prophetisch zu sprechen.

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Das Wort „exousia“, was in der Elb. mit „Macht“ übersetzt wird, meint an den meisten Stellen des NT „Autorität, Recht, Vollmacht, Gewalt“.21 In unserem Text geht es darum, dass die Bedeckung die Frau ermächtigt (bevollmächtigt, ihr das Recht gibt), zu beten oder zu weissagen. Sie ist nicht nur ermächtigt die Kopfbedeckung zu tragen, sondern verpflichtet, schuldig (opheilei), dies zu tun (siehe Anm. 17). M.R. Vincent schreibt in „Word studies of the NT, dass es sich um ein „Symbol von Kraft, Macht“ handele. Es sei ein „Zeichen der Autorität ihres Mannes.“22

A.T. Robertsen meint in „Word pictures in the NT“ ähnlich, dass „die Bedeckung ein Symbol der Autorität sei, die der Mann über die Frau habe.23 W.E. Vine argumentiert in „The Collected Writings – 1.Corinthians“ entsprechend, wenn er äußert, dass der Ausdruck „exousia“ ein „Zeichen der Autorität“24 sei, unter welcher die Frau stehe. Kenne ich, aber das sind enorm eingreifende Meinungen, m.E. ginge es auch ohne „Zeichen“. Bin aber noch nicht bei dem Vers.Man kann also nicht schlussfolgern, dass es nur sinnvoll sei, sich in den Gemeindezusam-menkünften beim Beten und Weissagen zu bedecken (reflexiv ?- Warum nicht bedeckt sein, als Zustand, der auch außerhalb der Versammlung da sein muss: Gebet, Weissagung ist nicht auf die Versammlungen beschränkt, ja dort sogar verboten), sondern die Verse 11-15 drücken einen Schöpfungsgrundsatz aus. 1Kor 14 schränkt klar 1Kor 11 ein und zeigt, wo Frauen auf jeden Fall nicht „Mund“ der Versammelten sein sollen. 1Kor 11 belegt, dass es sehr wohl Situationen und Umstände geben kann, wo Frauen laut beten oder auch weissagen können in dem Bewusstsein, dass sie die Ordnung Gottes in seinem Herrschaftssystem anerkennen.

Einwand e) Wieder andere äußern, dass Paulus sich gemäß V.16-17 explizit auf die Ortsgemeinde und ihre Zusammenkünfte beziehe und es daher erlaubt sei, dass Frauen in den Gemeindezusammenkünften beten und weissagen dürfen.

Antwort:1Kor 11,16 bezieht sich zwar auf die örtliche Gemeinde, aber sagt noch nichts über das Zusammenkommen als Gemeinde. Paulus macht in V 16 deutlich, dass die Gemeinden Gottes nicht die Gewohnheit haben, streitsüchtig zu sein, aber sie sollen nicht nur während der Zusammenkünfte nicht streitsüchtig sein, sondern grundsätzlich. Übrigens schreibt Paulus bestimmt nicht 16 Verse über dieses Thema, wenn er damit sagen will: Beachtet es einfach nicht; kurzes Haar bei Frauen ist zwar schändlich, aber es ist nicht so wichtig, macht das alles, wie ihr wollt; Kopfbedeckung ist zwar ein Thema, es geht sogar um die Engel, aber deswegen streiten wir nicht. Macht das, was euch gut dünkt. Hauptsache, ihr bleibt in Frieden!

21 Es heißt in 1Kor 11,15: dia touto opheilei hä gynä exousian echein epi täs kephaläs dia tous angelous kann wie folgt übersetzt warden: durch diese ist die Frau verpflichtet, ist schuldig eine Autorität zu haben auf dem Kopf wegen der Engel. Das Wort „opheilei“ (3.Pers.Sing. Präsens Indikativ; vgl. das Wort in 11,7; 2Kor 12,14; („soll“; 7,36; Hb 2,17 („muss“), Mth 23,16.18; Röm 13,8; Eph 5,28; 2Thes 1,3; 2,13; 1Joh 2,6 („schuldig sein“).

Das Verb „opeilo“ wird auch noch in 1Kor 5,10 mit „müssen“, in 7,3 mit „verpflichtet sein“. Das Hauptwort „opheilä“ bzw. „opheiläma“ bedeutet „Schuld (Mth 18,32; Röm 13,7; Mth 6,12; Röm 4,4)

22 Vincent, M.R: Word studies in the NT, p. 24823 Robertsen, A.T.: Word pictures in the NT; p. 16124 Vine, W.E.: The Collected Writings – 1.Corinthians, p. 123

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Nein, wir wollen nicht streiten und vor allem nicht streitsüchtig sein, sondern einfach gehorsam.

Die Verse 17-18 lauten: „Indem ich aber dieses vorschreibe, lobe ich nicht, weil ihr nicht zum Besseren, sondern zum Schlechteren zusammenkommt. Denn zuerst einmal, wenn ihr als Versammlung zusammenkommt, höre ich, es seien Spaltungen unter euch, und zum Teil glaube ich es. Denn es müssen auch Parteiungen unter euch sein, damit die Bewährten unter euch offenbar werden.“

In Kap. 11,1 begann Paulus mit den Worten: „Ich lobe euch aber, dass ihr in allem meiner gedenkt und die Überlieferungen, wie ich sie euch überliefert habe, festhaltet.“ Dieser Vers bezieht sich deutlich auf die Verse 11,1-16. Nun aber folgt in Vers 17 das „Indem ich aber dieses vorschreibe“25, nämlich das, was folgt. Jetzt geht es um das Zusammenkommen und das „denn“ macht klar, dass Parteiungen da sind, die dann im Folgenden in Verbindung mit dem Abendmahl beschrieben werden.

Einwand f) Schließlich argumentieren einige, dass die Ausdrucksweise in Vers 13 „Entspricht es etwa der Sitte, wenn die Frau unverhüllt zu Gott betet“ ja sehr deutlich auf eine damalige Sitte anspiele und daher die Kopfbedeckungsfrage zeitbedingt sei; heute gebe es andere „gesellschaftliche Spielregeln und Sitten“, an denen man sich entsprechend orientieren müsse. Entsprechend gelte auch das Schweigegebot für die Frau nicht mehr. Antwort: Der Satz in Vers 13 enthält das Wort „Sitte“ gar nicht. Das Wort „prepon“, was hier mit „Sitte“ wiedergegeben wird, heißt „sich gebühren“; „sich geziemen“ und wird im NT niemals in Verbindung mit kulturellen Sitten verwendet. Das Wort meint so viel wie „angemessen sein, sich schicken, entsprechen.“26 Es wird verwendet, wenn es um typisch Christliches, Gott-Gewolltes, also um christliche Bräuche, geht:

Gemäß Eph 5,3 geziemt es Christen nicht, über Hurerei und Unzucht sich reden, wobei es heute in der Welt tatsächlich Sitte geworden ist;

Frauen, die sich zur Gottesfurcht bekennen, geziemt es „gute Werke“ zu tun (1Tim 2,10); das sollte der Wunsch jeder Schwester sein – natürlich auch ein Wunsch von uns Brüdern;

Titus sollte das reden, was der „gesunden Lehre geziemt“ (Tit 2,1) und eben nicht falsche Lehren verbreiten, die das Volk Gottes vergiften;

auch in Hb 2,10 und 7,26, wo es um Christus geht, kann man unmöglich von kultureller Sitte sprechen.

Diese Argumentation, dass die Anordnungen des Apostels Paulus bezüglich der Haarfrage, der Kopfbedeckung und konsequenterweise auch des Schweigegebots für die 25 touto de parangellon= wörtl.: dies aber anordnend; das „dies (touto) weist auf die folgende Situation hin,

worüber er sich nicht lobend äußern kann (ouk epaino= ich lobe nicht). Die folgende Konjunktion „hoti“ (weil) begründet die Tatsache, dass die Korinther zum Schlechteren zusammenkommen und dann folgt die Aussage mit der zweiten Konjunktion „gar“ (denn): „proton men gar synerchomenon hymon en ekkläsia“: (denn zuerst aber ihr zusammenkommend (oder: indem ihr zusammenkommt) in Versammlung) Sehr deutlich weist also der Text ab V. 17 auf das Folgende hin und bezieht sich auf die anstehenden Parteiungen der Gemeinde. Der Vers 20 unterstreich das noch einmal.

26 Bauer, W: Wörterbuch zum NT; S. 1387

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Frauen in den Gemeinden den damaligen Sitten angepasst seien, scheint bei vielen Diskussionen um dieses Thema der wahre Hintergrund zu sein. Und wenn das wirklich der Fall wäre, dann sind alle diese Hinweise ja absolut nicht mehr verbindlich. Aber: Wenn Paulus über die Kopfbedeckung als Sitte sprechen wollte, dann wäre das Wort „ethos“ (Lk 1,9; 2,42; 22,39; Apg 6,14; 15,1; 16,21; 21,21; 25,16; 26,3; 28,17; Hb 10,25) bzw. „synätheia“ (Joh 18,39) angebracht. Im übrigen empfehle ich die Anlage 1, die sich mit der Sitte der damaligen Zeit auseinandersetzt.

Wir sollten gut bedenken, dass die heutigen „gesellschaftlichen Spielregeln“ und „modernen Sitten“ die Schöpfungsordnung in Ehe und Familie und damit auch in Kirche und Gemeinde zersetzen wird und dringend eine Rückbesinnung stattfinden muss, wenn wir nicht durch den Säkularisationstrend und Anpassungsdruck der großen „christlichen Masse“ weggespült werden wollen. Könnte es sein, dass die Zunahme von Ehescheidungen, Wiederverheiratungen, zerstörten christlichen Familien und die zunehmende Kraftlosigkeit unter Christen ihren Ursprung darin haben, dass wir die guten und weisen Schöpfungsordnungen Gottes einfach so beiseitesetzen und die Werte unserer gegenwärtigen Gesellschaft übernehmen, um angepasster (sprich: weltförmiger) zu sein?Hier gilt ganz besonders der Vers in Mth 5,13:„Ihr seid das Salz der Erde; wenn aber das Salz kraftlos geworden ist, womit soll es gesalzen werden? Es taugt zu nichts mehr, als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden.“

Einwand g) Besonders kritische Personen denken, dass der Begriff „kephalä“ nicht vorrangig „Haupt“ meine, sondern auch „Quelle“ und damit deutlich werde, dass eine Zuordnung von Mann und Frau gemeint sei und nicht etwa eine Unterordnung.

Antwort: Es gibt die Auffassung, dass der Begriff „kephalä“ im klassischen Griechisch niemals den Gedanken der Autorität beinhalte. Würde mich wundern, wenn das einer umfassend alles gelesen hätte. Vorsicht ! Es ist wahr, dass dieses Wort im klassischen Griechisch unter anderem so gebraucht wurde, aber erstens ist es falsch, dass es niemals mit „Autorität“ in Verbindung gebracht wird und zweitens kommt „kephalä“ aus der Septuaginta und ist die Übersetzung des hebräischen „rosh“, das mit „Kopf“ (1Mo 3,15; 28,11; 4Mo 6,5; 5Mo 28,13; 2Sam 13,19; 15,30; Ps 18,44; 110,6; Jes 7,8 usw.), Gipfel (1Mo 8,5), Spitze eines Turms (1Mo 11,4) übersetzt wird. Die fettgedruckten Texte beinhalten immer den Gedanken der Autorität und Führung (Dan 2,38). Man versuche einmal in den folgenden neutestamentlichen Texten, wo der metaphorische Gebrauch des Wortes „Haupt“ vorkommt, „Quelle“ zu übersetzen:

„Ich will aber, dass ihr wisst, dass der Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, das Haupt der Frau aber der Mann, das Haupt des Christus aber Gott.“Ist Gott wirklich die Quelle für Christus? Ist Christus aus Gott entsprungen? Welche verderbliche Irrlehre! Er ist Gott! Amen !

„Jeder Mann, der betet oder weissagt, indem er etwas auf dem Haupt hat, entehrt sein Haupt.“ (Kata Kephaläs etwas genauer wiedergeben- nicht „auf“ –

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das wäre epi. Kata ist „von herab“ – es darf dem Mann nichts vom Kopf herunterhängen – das im Gegensatz zur Frau, wo das sein soll) „Jede Frau aber, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt; denn es ist ein und dasselbe, wie wenn sie geschoren wäre.“In wiefern könnte der Mann die Quelle für die Frau sein? Wenn überhaupt, dann lehrt die Schrift, dass der Mann als Baby in der Frau seinen Ursprung, seine „Quelle“ hat.

„…für die Verwaltung der Fülle der Zeiten: alles unter ein Haupt zusammenzu-

bringen in dem Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist, in ihm,..“Wie kann man in einer Quelle alles zusammenbringen; sie ist ja gerade der kleine Anfang eines Baches, von etwas also, das dann zum Fluss und zum Strom wird.

„…und hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben,…“Wie kann Gott Christus als Quelle seiner Gemeinde geben?

„…, sondern die Wahrheit festhaltend in Liebe, lasst uns in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, [der] Christus,…“Wie kann man zur Quelle hinwachsen?

„Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Versammlung ist; er ist des Leibes Heiland.“ „Und er ist das Haupt des Leibes, der Versammlung, der der Anfang ist, der Erstgeborene aus den Toten, damit er in allem den Vorrang habe.“Hier wird „kephalä“ gerade mit „Vorrang“ verbunden.

Es ist wirklich ein abenteuerlicher Versuch, das Thema „Unter- und Überordnung“ von Mann und Frau auf diese Weise linguistisch auszuhebeln.

1Tim 2,8-15

Wenden wir uns nun noch zu einem weiteren Text im NT, der zu unserem Thema wichtige Hinweise gibt:

„Ich will nun, dass die Männer an jedem Ort beten, indem sie heilige Hände aufheben, ohne Zorn und zweifelnde Überlegung. Ebenso auch, dass die Frauen sich in bescheidenem Äußeren mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit schmücken, nicht mit Haarflechten und Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung, sondern was Frauen geziemt, die sich zur Gottesfurcht bekennen durch gute Werke. Eine Frau lerne in der Stille in aller Unterordnung. Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein, denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva; und Adam wurde nicht betrogen, die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung. Sie wird aber gerettet werden beim Kindergebären, wenn sie bleiben in Glauben und Liebe und Heiligkeit mit Sittsamkeit.“

Wer soll an jedem Ort beten und wie soll das geschehen?

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„Ich will nun, dass die Männer an jedem Ort beten, indem sie heilige Hände aufheben, ohne Zorn und zweifelnde Überlegung.

„Ich will nun“ (Boulomai oun)

Es geht um einen apostolischen Beschluss, der uns in dem inspirierten Wort Gottes mitgeteilt wird. Das Wort „boulomai“ drückt einen festen Beschluss aus. In Phil 1,12; 1Tim 5,14; Tit 3,8; Jud 5 wird diese grammatische Form gebraucht. Das Wort „boulä“ in Lk 7,30; 27,12.42; Eph 1,11 leitet sich von diesem Verb ab und wird mit „Rat, Ratschluss, Wille“ übersetzt. Das Wort weist auf das Ergebnis eines gedanklichen Planens, Überlegens hin. Es bezeichnet den göttlichen Ratschluss (Lk 7,30; Apg 2,23; 4,28; 5,38; 13,36; 20,27; Hb 6,17), den Behördenrat (Lk 23,51; Apg 5,38), den Rat bzw. auch die Herzensüberlegung von Menschen (Apg 27,12; 1Kor 4,5). Zu der Wortgruppe gehört auch noch bouläma“ (Vorhaben Apg 27,43), der feste Wille Gottes (Röm 9,17), der feste Wille der ungläubigen Heiden (1Petr 4,3).

„Boulomai“ (Ich will) deutet darauf hin, dass dahinter ein Beschluss steht, nämlich ein göttlicher Wille, der hinter dem apostolischen Willen steht.

So wie Paulus will, dass die Männer an jedem Ort beten sollen, so will er auch, dass jüngere Witwen heiraten (1Tim 5,14; vgl. das Wort auch in 2Kor 1,15; Phlm 13; Jak 1,18; Jak 4,4; 2Petr 3,9; 2Joh 12).

…, dass die Männer an jedem Ort beten“ (tous andras panti topo)

„Männer“ ist hier betont: die Männer. Daraus wir deutlich, dass er wirklich die Männer und nicht Frauen meint. Sollen denn Frauen nicht beten? Natürlich sollen sie beten, aber eben nicht an „jedem Ort“ (panti topos). „Topos“ beinhaltet hier nicht nur die örtliche Gemeinde, sondern jeden öffentlichen Ort oder Raum. Das Wort meint in Mth 12,43; 14,13; 24,7; 27,33; Lk 2,7; 10,1 einfach öffentliche Orte, Plätze, Stätten; in 1Kor 1,2; 2Kor 2,14; 1Thes 1,8 werden konkrete Orte damit benannt; in 2Petr 1,19 meint es die Welt als dunklen Ort; in Joh 14,2-3 werden die Wohnungen im Vaterhaus damit bezeichnet; in Joh 8,37; Röm 12,19; Eph 4,27; Hb 8,7; 12,17 wird es mit „Raum“ übersetzt, wobei hier der Bereich in unserem Innersten angesprochen wird.

Der Apostel will also klar herausstellen, dass die Männer überall beten sollen. Im Gegensatz zu den Frauen haben sie nicht nur das Vorrecht, sondern die Pflicht, an jedem Ort zu beten.

Aber es wird noch etwas hinzugefügt:

„…, indem sie heilige Hände aufheben…“ (epairontas hosious cheiras)

Das „Aufheben heiliger Hände“ meint, dass die Hände der Männer von Unreinheit, Eigenwille, Bosheit und Egoismus befreit sind. Das Wort „heilig“ (hosios) wird in Apg 2,27 auf den Herrn Jesus selbst bezogen; in Apg 13,35 mit „Frommer“ übersetzt, in Tit 1,8; Hb 7,26 Off 15,4 und 16,5 mit „heilig“. Das Wort hat die Bedeutung von „frei von Schlechtigkeit, Bosheit“; „heilig, um in die Gegenwart Gottes treten zu können“, ein Verhalten, das den Verhaltensregeln Gottes entspricht.

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Das Wort „aufheben“ (epairo) wird z.B. benutzt, um das Aufheben der Augen (Mth 17,8; Lk 6,20; 16,23; Joh 4,35; 6,5; 17,1), der Stimme (Lk 11,27; Apg 2,14; 14,11; 22,22), des Kopfes (Lk 21,28), der Hände (Lk 24,50) und der Ferse (Joh 13,18) zu bezeichnen.

Hier wird nicht der Schwerpunkt auf das physische Hochheben der Hände zum Gebet gelegt, als ob dies eine besondere Wirkung hat; nein, es geht darum, dass meine Handlungsweisen dem Willen Gottes entsprechen. Das ist der ausgesprochene apostolische Wille: Sind unsere täglichen Handlungen, ist unser Verhalten als christlicher Mann, so, dass wir freimütig, mit gutem und reinem Gewissen, vor Gott treten können?Diese Frage müssen wir Männer uns stellen – täglich neu!

„…ohne Zorn und zweifelnde Überlegungen“ (choris orgäs kai dialogismou)

Hier ist ein Zorn und Ärger gemeint, der aus unserem Fleisch kommt (Röm 12,19; Eph 4,31; Kol 3,8; Jak 1,18.20). Es gibt auch einen göttlichen Zorn, der gerecht ist, weil er aus Gott kommt (Röm 1,18; 2,5; 3,5; 9,22; Eph 5,6; 1Thes 1,10; 5,9; Off 6,16; 11,18; 16,19; 19,15). Es kann ein gerechtes Zornigsein auch beim Christen geben, aber dann wird hinzugefügt: „aber sündigt nicht“ (Eph 4,26).

Der Ausdruck „zweifelnde Überlegungen“ (dialogismou) weist auf unser natürliches menschliches Herz hin (Mth 15,19). „Dialogismoi“ (Überlegungen) wird im NT nur negativ gebraucht. Der Leser möge die folgenden Textstellen gut studieren und er wird erkennen, wie berechtigt diese Ermahnung des Apostels ist: Lk 2,35; 5,22; 6,8; 9,46.47; 24,38; Röm 1,21; 14,1; 1Kor 3,20; Phil 2,14; Jak 2,4. Eigentlich meint das Wort, dass in unserem Inneren, unserem Herzen, zwei Mächte miteinander im Widerstreit befinden, wodurch ein zweifelndes Nachdenken erfolgt.

Wenn wir beten, dann sollten wir im Vertrauen auf Gott unsere Anliegen IHM vorlegen und uns ruhig unter Seinen Willen beugen (Phil 4,6ff).

Im Folgesatz kommt der Apostel nun auf die Frauen zu sprechen:

„Ebenso auch, dass (die) Frauen sich in bescheidenem Äußeren mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit schmücken, nicht mit Haarflechten und Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung, sondern was Frauen geziemt, die sich zur Gottesfurcht bekennen durch gute Werke.“

Das „Ebenso auch“ (hosautos27) bezieht sich auf „Ich will nun“. Es handelt sich um zwei Infinitivsätze, die beide mit „Ich will nun“ beginnen und durch das Wort ebenso“ verbunden und zugleich unterschieden werden. So wie Paulus will, dass die Männer an jedem Ort beten, so will er „ebenso“ (nicht, dass Frauen auch an jedem Ort beten), sondern durch ein vorbildliches Betragen und eine entsprechende Kleidung

27 Das Adverb „hosautos“ bedeutet „ebenso“, „gleicherweise“ (vgl Röm 8,26; 1Kor 11,25; 1Tim 3,8.11; 5,25; Tit 2,3.6); in 1Tim 3,8 und 11 bezieht sich „hosautos“ auf das Verb „muss“ in 3,2. Die Behauptung, es handele sich um eine Ellipse (z.B. Hans geht nach Hause, Peter [geht] in den Wald), d.h. der vollstän-dige Satz aus dem vorigen Vers gilt auch für Frauen. Aber das ist durchaus nicht nachvollziehbar, denn dann müsste „Frauen“ mit Artikel stehen. Zudem zeigt der Konsekutivsatz (eingeleitet mit „dass“), dass gerade ein Gegensatz aufgezeigt werden soll. Weiterhin weisen die Folgesätze daraufhin, dass die Frau im „Stillsein“ und im „gute Werke tun“ ihre Positionierung hat und eben nicht im öffentlichen Auftreten, auch nicht im öffentlichen Beten.

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gekennzeichnet sind, die Ausdruck ihrer Gottesfurcht ist. Vor „Frauen“ steht kein Artikel und das bedeutet, dass hier auf den fraulichen Charakter besonders abgehoben wird. Das Frauliche im Christentum ist durch die folgenden Aussagen besonders geprägt: Ein AcI, wobei das Prädikat fehlt. Ganz klar. Wer kommt darauf, dass „beten“ erlaubt sei ? Ist doch Quatsch, das hiermit zu begründen wollen.Bescheidenes Äußeres (en katastolä kosmio)

Das Wort „katastolä“ (kata=herunter, stolä=Kleid) kommt nur hier vor und hat die Bedeutung von „ein herabhängendes Kleid“. „kosmios“ bedeutet „sittsam, ordentlich, gutes Verhalten“ (vgl. 1Tim3,2). Das bescheidene Äußere bezieht sich somit auf eine Kleidungsart, die nicht herausfordernd, hervorstechend ist.

„mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit sich schmücken“ (meta aidous kai sophrosynäs kosmein heautas)“

Das Kleidungsverhalten soll also durch zwei Merkmale ausgezeichnet sein:

Schamhaftigkeit (aidos): Dieses Wort wird in Hb 12,28 mit „Frömmigkeit“ übersetzt. Es handelt sich um ein Verhalten, dass bei Außenstehenden niemals niedere Reize oder Triebe in Bewegung bringt. Sittsamkeit (sophrosynä): An anderen Stellen wird dieses Wort mit „Besonnenheit“ wiedergegeben. Es handelt sich wörtlich um ein „gerettetes Denken“, d.h. die Frau möchte sich (heautos=von sich aus) so verhalten, dass sie nicht durch ihre Kleidung oder durch ein attraktives Äußeres und die Figur betontes Erscheinungsbild auffällt, sondern durch etwas ganz anderes. Die Betonung des Wortes „sich“ impliziert, dass sich im Äußeren der Charakter der Frau wiederspiegelt.

„nicht mit Haarflechten28 und Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung29“

Hier sind die künstlichen Haarflechten gemeint und die Schmuckgegenstände (Ketten, Ohrringe usw.) sowie die hervorstechende teure Kleidung, die andere neidisch macht und die Erscheinung der Frau insbesondere hervorhebt. Das ist nicht der wahre Schmuck der Frau, nein, dieser Schmuck wird in der folgenden Aussage sehr kurz und deutlich bezeichnet:

„…, sondern was Frauen geziemt30, die sich zur Gottesfurcht bekennen, durch gute Werke31.“

Christinnen möchten vor Gott leben, IHN in ihrem Leben respektieren und ihn fürchten. Sie bekennen sich – im Gegensatz den Frauen dieser Welt – zu einem unsichtbaren Gott, der auf wunderbare Weise den Kosmos geschaffen hat. Dieser Kosmos ist ein Schmuckgegenstand, an dem sich Menschen erfreuen können. Das Wort „kosmeo“

28 plegmasin29 himatismos: GewandMth 27,35; Lk 7,25; 9,29; Joh 19,24; Apg 20,33 Das Wort „kostbar“ steht nicht im

Text, aber das hier gemeinte Kleidungsstück war schon ein besonders Gutes und damit auch sehr teuer. 30 Kosmeo=geziemen, schmücken (Mth 12,44; 23,29; 25,7; Lk 11,25; 21,5; 1Tim 3,5; Off 21,2.19)

geziemen (1Tim 2,9); zieren (Tit 2,10)31 di’ ergon agathon= durch gute Werke 5,10; 2Kor 9,8; Kol 1,10; 2Tim 2,21; 3,17; Tit 1,16; 3,1; Hb 13,21;

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(geziemen) ist verwandt mit „Kosmos“. Der natürliche, Gott wohlgefällige Schmuck einer Frau sind ihre guten Werke, die einem gottesfürchtigen Herzen und Wandel entspringen.

Fassen wir diesen Text kurz zusammen, so lernen wir hier, dass der apostolische, ja, Gottes Wille für die Frau ein gottesfürchtiges Leben ist, das durch ein schamhaftes, nicht sexuell stimulierendes oder eifersüchtig machendes Äußeres geprägt, sondern durch gute Werke ausgezeichnet ist.

„Eine Frau lerne in der Stille in aller Unterordnung.“

Hier wird wieder hervorgehoben, dass Frauen auch geistlich wachsen sollen. Sie sollen in der Stille in aller Unterordnung lernen. Der Ausdruck „häsychia“ (Stille, Ruhe) kommt in den folgenden Versen vor:

Apg 22,2: „Als sie aber hörten, dass er sie in hebräischer Mundart anredete, waren sie umso ruhiger“ (wörtl.: hielten sie Ruhe)

2Thes 3,12: „Solchen aber gebieten wir und ermahnen sie in dem Herrn Jesus Christus, dass sie, in der Stille arbeitend, ihr eigenes Brot essen.“

1Tim 2,12: „Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein,…“ (en häsychia=in Stille, Ruhe)

Dieser Vers sagt dreierlei:

Frauen sollten lernwillig sein, Dieser Lernprozess sollte in Ruhe, in der Stille stattfinden, Sie sollen den Männern untergeordnet sein.

„Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein32, …“.

„Ich erlaube aber einer Frau nicht“

Dieser Vers beginnt mit den apostolischen Worten „Ich erlaube nicht“ (ouk epitrepo). Der Leser sei an 1Kor 14,35 erinnert. Nur zweimal redet Paulus in seinen Briefen auf diese Weise und in jedem Text geht es um die Position der Frau in der Öffentlichkeit: in 1Kor 14 sollen die Frauen in den Zusammenkünften der Gläubigen schweigen, es ist ihnen nicht erlaubt zu reden; in 1Tim 2,12 ist es den Frauen nicht erlaubt zu lehren und über den Mann zu herrschen.

Die Auffassung, dass hier kein Imperativ gebraucht wird und Paulus einfach seine paulinische Meinung im Indikativ Präsens wiedergibt, ist ein erbärmlicher Versuch, grammatische Formen zu benutzen, um apostolische Anweisungen auszuhebeln.

Wenn das „Ich erlaube nicht“ keine Verbindlichkeit besitzt, dann können wir Aussagen wie die in 1Kor 10,133 und viele andere Stellen als autoritative Aufforderungen streichen. Aber dann sollten wir auch 1Tim 1,1ff streichen; doch dort steht, dass er „nach Befehl

32 didaskein de gynaiki ouk epitrepo oude authentein andros all’ einai en häsychia33 1Kor 10,1: „Denn ich will nicht, dass ihr darüber unwissend seid, Brüder,…“

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Gottes“ apostolische Briefe schreibt. Dieser absurde bibelkritische Denkansatz muss mit Entschiedenheit abgelehnt werden.

„zu lehren noch über den Mann zu herrschen“

Die Infinitive „didaskein“ und „authentein“ drücken ganz ohne Frage aus, dass der Frau in der Gemeinde nicht zugestanden wird, von sich aus Autorität auszuüben und zu lehren.

Das Verb „didaskein“ wird an keiner Stelle im NT in Verbindung mit einer Frau gebracht.

Christus lehrte (Mth 5,2; 7,29; 11,1; 13,54; 21,23; 22,16; 26,55;Apg 1,1), der Heilige Geist würde die Jünger lehren (Lk 12,12; Joh 14,26; 1Joh 2,27), die Jünger selbst sollten lehren (Mth 28,20) und taten dies auch (Apg 4,2.18; 5,21.25.28.42; 11,26; ; 15,35; ; 18,11.25; 20,20; 21,28; 28,31). Paulus lehrt (1Kor 4,17; Gal 1,12; Kol 1,28; 2Thes 2,15); Timotheus soll lehren (1Tim 4,11; 6,2; 2Tim 2,2), die Natur lehrt (1Kor 11,14) und falsche Lehrer lehren auch (Apg 15,1; Röm 2,21; Tit 1,11; Off 2,14).

In Kol 3,16 wird allen Gläubigen gesagt: „Lasst das Wort des Christus reichlich in euch wohnen, indem ihr in aller Weisheit euch gegenseitig lehrt und ermahnt mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern, Gott singend in euren Herzen in Gnade.“

Aber hier geht es nicht vorrangig um die Zusammenkünfte als örtliche Gemeinde, sondern um ein singendes Lehren und Ermahnen, das überall stattfinden kann – auch in den Zusammenkünften.

Die einzige Stelle, die von „Lehrerinnen“ spricht, ist Tit 2,3, wo von den alten Frauen als „Lehrerinnen des Guten“ geschrieben wird, die die jungen Frauen „unterweisen“ sollen, „ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig“ zu sein sowie „sich den eigenen Männern unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde.“ Aber hier wird für „unterweisen“ das Wort „sophronizo“ und nicht „didaskein“ verwendet. Die alten Frauen sollen die jungen Frauen, die hier Mütter sind, dahingehend unterweisen bzw. besonnen anleiten, „gute Werke“ zu tun und mit häuslichen Arbeiten beschäftigt zu sein, damit die Ehe und Familie Vorbilder für die Umgebung sind.

Diese Lehrerinnen des Guten werden genau das Gegenteil von dem tun, was in der Regel heute von Feministinnen gepredigt wird. Wer will schon „mit häuslichen Arbeiten beschäftigt“ und den „eigenen Männern untergeordnet“ sein? Will man überhaupt noch Kinder gebären oder sind ein Kind und ein Kaninchen oder ein Hund nicht genug?

„Lehren“ ist immer ein autoritatives Lehren, daher kann es auch für sich stehen; während „über den Mann herrschen“ den fleischlichen Antrieb einer Frau meint, über den Mann als solchen Macht auszuüben. Hier steht nicht „exousiazo“ (Autorität ausüben, die einem verliehen wird), sondern von sich aus herrschen wollen (authenteo).

Das Wort „exousiazo“ wird für die Regenten der Nationen gebraucht (Lk 22,25) oder für Dinge, die uns beherrschen können (1Kor 6,12) oder für die eheliche Beziehung in 1Kor

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7,4, aber niemals steht es in Verbindung mit der Autorität der Frau in der Gemeinde. Und das Wort „authenteo“ bedeutet ein „Von-sich-aus-Autorität-Ausüben“.

Die Frau soll nicht lehren noch über den Mann herrschen. Das Wörtchen „oude“ meint „und nicht“ bzw. „auch nicht“. Manche denken, dass dieser Satz bedeute, dass die Frau nicht lehren soll, indem sie über den Mann herrscht (herrschend lehren), aber sie könne doch lehren. In Kirchen und Freikirchen sei das doch üblich. Und diese Aussage stelle nur fest, dass die Frau nicht machohaft oder einfach autoritär den Mann bestimmen soll, sondern mit ihm zusammenarbeiten muss.

Nun, diese Auslegung scheint etwas für sich zu haben (finde ich nicht, dass die Sicht etwas für sich hat – aber schreibst da ja was dagegen), aber sie stimmt nicht. Wir lasen ja schon, dass die Frau in Unterordnung und Stille lernen soll. Soll sie sich nun unterordnen oder nicht? Sie soll sich unterordnen. Aber wenn sie sich unterordnen soll, dann soll sie eben nicht lehren und auch nicht eigenmächtig Autorität ausüben (herrschen). Sodann steht hier keine Partizipialkonstruktion, sondern einfach die Konjunktion „oude“, die die beiden Infinitivsätze miteinander verbindet: - Ich erlaube …nicht, zu lehren - Ich erlaube aber …nicht, über den Mann zu herrschen. Damit das „nicht“ nicht noch einmal wiederholt werden muss, steht „oude“. Ähnliche Satzkonstruktionen findet man in Röm 3,10; 9,16; 1Kor 2,6; 5,1; 11,16; Gal 1,17; 2Thes 3,8; 1Tim 6,16.

„...sondern still zu sein“ (wörtl.: in Ruhe zu sein)

Zum dritten Mal verwendet der Apostel Paulus das Wort „häsychia“ bzw. „häsychios“.

Als Christen sollen wir dafür beten, dass wir ein „stilles und ruhiges Leben in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst führen können“ (1Tim 2,2),

die Frauen sollen „in Stille lernen in aller Unterordnung“ und sie sollen „still sein“, denn sie sollen nicht lehren noch über den Mann herrschen

Der Apostel Petrus schreibt in 1Petr 3,4 von einer Frau, die einen „sanften und stillen Geist“ hat und fügt hinzu, dass dieser vor Gott „sehr köstlich“34 ist. Es ist eine von drei Stellen, wo das Wort gebraucht wird.

In Lk 14,4 wird das Wort „häsychazo“ mit „schweigen“, in Lk 23,56 mit „ruhen“, in Apg 11,18 mit „beruhigen“, in Apg 21,14 mit „schweigen und in 1Thes 4,11 mit „still sein“ wiedergegeben.

Die Bedeutung des Wortes hier im 1.Timotheusbrief scheint zu sein, dass die gottesfürchtigen Frauen gerade das nicht tun sollen, wozu Gott die Männer berufen hat, sondern sie sollen sich durch positive, Gottes Liebe und Weisheit ausdrückende Verhaltensweisen auszeichnen. Dazu gehören eine sittsame Kleidung, gute Werke, ein insgesamt zurückhaltendes, ruhiges Benehmen und schließlich das Kindergebären.

34 polyteläs: Mk 14,3 (kostbare Narde); 1Tim 2,9 (kostbare Kleidung; vgl. aber auch das Wort „polytimos“ in Mth 13,46 und Joh 12,3

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Die Gründe, die Paulus für das Gesamtverhalten der Frau in unserem Text angibt, lauten:

…, denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva;

Der Mensch ist also nicht als „androgynes Wesen gebildet worden, sondern Gott hat den Mann zuerst erschaffen, danach Eva. Der Mann wurde aus dem Staub des Erdbodens gebildet, während Gott die Frau aus der Seite des schlafenden Mannes baute. Diese Tatsache wird in Eph 5,28 zu einem Bild von Christus und der Gemeinde. So wie Adam schlief, so „entschlief“ (starb) unser Herr; so wie Adam erwachte und seine Frau als seine Hilfe wahrnahm, so lebt unser Herr jetzt zur Rechten Gottes und hat eine Frau, die aus ihm ist: sein Leib.

So wie die Gemeinde Christus untergeordnet ist, so ist auch die Frau dem Mann untergeordnet.

Wenn es in 1Mo 1,26-27 heißt: “Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, nach unserem Gleichnis. Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf er ihn, männlich und weiblich schuf er sie“, dann bedeutet dieses nicht, dass e i n androgynes Wesen geschaffen wurde, denn es wird zunächst von „Menschen“ gesprochen und dann wird der Gattungsbegriff „haadam“ verwendet. Sowohl der Mann als auch die Frau wurden im Bild Gottes erschaffen. Das hebräische Wort “zäläm“(Bild) wird außer in 1Mo 1 auch noch in 1Mo 5,3 und in 1Mo 9,6 auf den Menschen bezogen. In der griechischen Übersetzung des AT, der sog. Septuaginta (LXX), wird das Wort mit “eikon“ wiedergegeben. Sehr oft wird das Wort im NT auch für das Götzenbild der Heiden verwendet. Es meint einfach die genaue Repräsentation der Gedanken eines Bildners, die dieser sichtbar durch seine Werkschöpfung zum Ausdruck bringt. Daher ist es gut verständlich, wenn manche meinen, dass der Mensch ursprünglich der Repräsentant Gottes auf der Erde gewesen sei, ausgestattet mit vorzüglichen mentalen, psychischen und körperlichen Fähigkeiten. Das hebräische Wort “demuth“35 (Gleichnis) wird noch einmal in 1.Mo.5,1 in derselben Weise wie in 1.Mo.1,26 verwendet. Es meint insbesondere die Ähnlichkeit mit Gott. Jemand betonte einmal: “Der Mensch ist nicht nur ein Bild, sondern ein Gleichnis-Bild. Der Mensch ist der sichtbare Repräsentant des unsichtbaren körperlosen Gottes. ‚Demuth’ steht dafür, dass der Mensch eine adäquate und getreue Darstellung Gottes auf Erden ist.“

Gott erschafft Menschen, einen Mann und eine Frau. Er will eine deutliche Unterscheidung zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlecht und andererseits auch eine wunderbare Einheit zwischen Mann und Frau. Wir wollen V.27 noch einmal genau lesen: “Und Gott schuf den Menschen (haadam) in seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf er ihn (otu, Sing.), männlich und weiblich schuf er sie (otam, Pl.)“.

Die Reihenfolge wird dann in 1Mo 2 auf einzigartige Weise dargelegt: “Und Jahwe Gott bildete den Menschen (Adam als Mann), Staub von dem Erdboden

35 demuth: 1 Mo.1,26; 5,1—3; 2Kön 16,10; 2Chr 4,3; Ps 58,4; Jes 13,4; Jes 40,18; Hes 1,5.10.13.16.22.

Hes 1,26.28; Hes 8,2; 10,1.10.21.22; 23,15; Dan 10,16

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und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens, und der Mensch wurde eine lebendige Seele“ (2,7).

Das Wort “jahzar“ (warum ein „h“? – Man könnte da an ein Dehnungs-h denken, was aber unangebracht ist) meint “bilden, formen, gestalten, entwerfen, entwickeln“. Es wird z.B. gebraucht, um die gestaltende Fähigkeit eines Töpfers oder Götzenbildners zu betonen.36 Jahwe Gott hauchte in die Nase des Menschen Odem des Lebens. So wie der menschliche Körper Gott gehört, denn ER hat ihn gebildet, so gehört auch der immaterielle Bereich des Menschen IHM, denn der Lebensodem Gottes ist untrennbar mit dem Geschöpf verbunden.

Erst nachdem Adam „aus Staub gebildet“ war, machte Gott die Frau aus seiner Seite. Sie sollte „ihm entsprechend“ und eine „Hilfe“ sein. Wie einzigartig drückt dieses harmonische Miteinander von Mann und Frau der Text in 1Kor 11,18-12 aus: „Denn der Mann ist nicht von der Frau (ek gynaikos: aus Frau), sondern die Frau vom Mann (ex andros: aus Mann); denn der Mann wurde auch nicht um der Frau willen (dia tän gynaika: durch die Frau) geschaffen, sondern die Frau um des Mannes willen (dia ton andra: durch den Mann). … . Dennoch ist weder (die) Frau ohne (choris: getrennt) (den) Mann noch (der) Mann ohne (choris: getrennt) (die) Frau im (wörtl.: in) Herrn. Denn so wie die Frau vom (ek ton andros) Mann ist, so ist auch der Mann durch (dia täs gynaikos: durch, mittels) die Frau; alles aber von Gott (ek tou theou: aus dem Gott).“

Ohne Gott gäbe es keine Männer und Frauen, sie sind aus (von) Ihm, ohne den Mann gäbe es keine Frau, denn die Frau wurde aus ihm gemacht; aber ohne die Frau gäbe es auch keine Männer, denn sie wurden seit dem Sündenfall aus den Frauen geboren. Jedes machohafte und egozentrische Verhalten der Männer dem anderen Geschlecht gegenüber wird durch diesen Text Einhalt geboten.

… und Adam wurde nicht betrogen, die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung.

In 1Mo 3 wird die Frau von der Schlange betrogen und zog Adam in das Elend mit hinein. Daher soll die Frau nicht die Führung übernehmen, sondern der Mann. Offensichtlich ist aus Gottes Sicht die Frau eher verführbar. Sie war es auf jeden Fall in einem Zustand der Unschuld. Natürlich sind seit dem Sündenfall genügend Männer verführt worden, trotzdem bleibt die Schöpferperspektive bindend auch für uns Christen. Das zeigt 1Tim 2 sehr deutlich.

Der Mann ist also a) das Haupt der Frau, b) zuerst geschaffen worden, c) fiel nicht auf die List der Schlange herein, sondern ließ sich von Eva verleiten und soll an jedem Ort beten, während die Frau betrogen wurde. Die gottesfürchtige Frau soll daher weder lehren noch über den Mann herrschen, sondern durch „gute Werke“ auffallen. Es ist eben nicht in Übereinstimmung mit der Schrift, Ältestinnen, Gemeindeleiterinnen oder Pastorinnen zu benennen und ihnen leitende Funktionen in der Gemeinde zu übertragen.

Weitere Einwände

36 Wir lesen davon insbesondere in Jes 29,16; 44,2.9.24; 45,9; 64,8 und Jes 45,9—11.

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Einwand 1

In Mi 6,4 liest man „Denn ich habe dich aus dem Land Ägypten heraufgeführt und dich aus dem Sklavenhaus erlöst; und ich habe Mose, Aaron und Mirjam vor dir hergesandt.“ Hier wird Mirjam in einer Reihe mit Mose und Aaron aufgeführt. Ist das nicht ein Hinweis auf Mirjam als Mit-Leiterin des Volkes Israel?

Antwort:

Wir sollten nicht über das hinausgehen, was geschrieben steht. Es heißt „vor dir hergesandt“. In 2Mo 15,20 heißt es: „Und Mirjam, die Prophetin, Aarons Schwester, nahm das Tamburin in ihre Hand; und alle Frauen zogen aus, hinter ihr her, mit Tamburinen und in Reigen.“

Dieser Text weist daraufhin, dass Mirjam die Frauen anführte. In 5Mo 24,9 wird warnend gesagt: „Erinnere dich daran, was der HERR, dein Gott, an Mirjam getan hat auf dem Weg, als ihr aus Ägypten zogt“, wobei sich der Text auf die Rebellion Mirjams und ihren Aussatz bezieht. Keine Textstelle des AT spricht über Mirjam als Leiterin oder Mitleiterin des Volkes. Außerdem, selbst wenn es so gewesen wäre, ist das noch lange keine Anweisung für das Zusammenkommen der NT-Gemeinde.

Einwand 2

Aber was sagen wir zu Debora, die Barak mit den Worten ermutigte: „Hat nicht der HERR, der Gott Israels, geboten: Geh hin und zieh auf den Berg Tabor, und nimm mit dir 10.000 Mann von den Kindern Naphtali und von den Kindern Sebulon; und ich werde Sisera, den Heerobersten Jabins, zu dir heranziehen an den Bach Kison samt seinen Wagen und seiner Menge, und ich werde ihn in deine Hand geben?“ woraufhin Barak antwortet: „Wenn du mit mir gehst, so gehe ich; wenn du aber nicht mit mir gehst, so gehe ich nicht“ und Debora wie folgt reagiert: „Ich will gewiss mit dir gehen“.

Antwort:

Die Zeit Deboras ist eine Zeit des Verfalls, eine Zeit, in der die Männer offensichtlich Versager waren, daher auch die Aufforderung Deboras an Barak.

Später sagt sie noch: „…, nur dass die Ehre nicht dein sein wird auf dem Weg, den du gehst, denn in die Hand einer Frau wird der HERR Sisera verkaufen.“ Das zeigt sehr deutlich, dass Debora wusste, dass es eigentlich überhaupt nicht ihre Aufgabe war, in den Kampf zu ziehen. Allerdings lebte Debora offensichtlich nahe beim HERRN und konnte Barak deutlich sagen, wann er in den Kampf ziehen soll.

In Ri 5,1ff singen Debora und Barak ein Siegeslied, wobei es in diesem Lied heißt:

„Weil Führer führten in Israel, weil freiwillig sich stellte das Volk, preist den HERRN! Mein Herz gehört den Führern Israels, denen, die sich freiwillig stellten im Volk. Preist den HERRN!“

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Debora wird nicht erwähnt als Führerin; wohl in Vers 12, wo es heißt: „Wach auf, wach auf, Debora! Wach auf, wach auf, sprich ein Lied! Mach dich auf, Barak, und führe gefangen deine Gefangenen, Sohn Abinoams!“

Debora wird in Verbindung mit dem Lied gebracht, aber nicht mit dem Kampf.

Dieser Text zeigt sehr wohl, dass geistliche Frauen eine bedeutende Rolle im Volk Gottes gespielt haben und auch heute noch von unschätzbarer Bedeutung sind. Das zeigen auch viele andere Texte.

Aber diesen Text als Argument für die Beteilugung der Frau in den Gemeindeversamm-lungen zu nehmen, ist doch sehr weit hergeholt.

Einwand 3

Priska belehrt in Apg 18,26 den weisen Apollos. Ist das nicht Hinweis genug, dass Frauen auch in den Gemeindeversammlungen lehren und weissagen können?

Antwort:

Ohne Frage war Priska eine weise und wertvolle Schwester. Sie arbeitete mit ihrem Mann als Zeltmacherin und hatte wahrscheinlich keine Kinder. Sie war gastfrei und nahm Apollos auf und sie und Aquila werden in Apg 18,18 als Wegebegleiter des Apostels Paulus erwähnt; in Röm 16,3 wird sie zusammen mit ihrem Mann als Mitarbeiterin des Apostels Paulus genannt mit den Worten „die für mein Leben ihren eigenen Hals preisgegeben haben, denen nicht allein ich danke, sondern auch alle Versammlungen der Nationen“. Sie war mit ihrem Ehemann Aquila eine außerordentlich wertvolle und mutige Schwester.

Die Textstelle, an die in der Frage gedacht wird, ist Apg 18,26: „Und dieser (Apollos) fing an, freimütig in der Synagoge zu reden. Als aber Priszilla und Aquila ihn hörten, nahmen sie ihn zu sich und legten ihm den Weg Gottes genauer aus.“

Hier sollten wir genau lesen: Sie nahmen ihn zu sich in ihre Wohnung und legte ihm den Weg genauer aus. Hier geht es also um eine Unterhaltung in der eigenen Wohnung. Man kann sich nur darüber freuen, wenn Schwestern a) gastfrei sind und b) mit ihrem Mann zusammen anderen Personen den christlichen Glauben und wichtige Lehren genauer auseinanderzusetzen. Gäbe es doch mehr von diesen Ehen! Nur mit den öffentlichen Zusammenkünften der örtlichen Gemeinde hat dies nichts zu tun. Die Schrift widerspricht sich nicht. Außerdem wurde 1Kor und 1Tim danach inspiriert, das käme noch dazu. Danach ist alles geregelt, selbst wenn es noch zuvor unklar gewesen sein könnte. Aber du hast recht: keine Regelung für die Versammlung aus Begebenheiten aus der Apg.

Einwand 4

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Es gab auch eine Apostelin, nämlich Junian. Ist das nennt nicht genug Beleg dafür, dass Frauen auch Autoritäten in den Gemeinden waren?

Antwort:

Der Fragesteller bezieht sich auf Röm 16,7: „Grüßt Andronikus und Junias, meine Verwandten und meine Mitgefangenen, die unter den Aposteln ausgezeichnet sind, die auch vor mir in Christus waren.“ Zunächst scheint es einen Unterschied zwischen „Junian“ und „Junias“ (Elb) zu geben. Im griech. Text (Nestle-Aland) steht „Junian“ und dies ist der Akkusativ von weiblich „Junia“ und männlich „Junias“.

Auch wenn in der Antike der Name „Junian“ nicht belegt ist, kann er doch als Kurzform für Junianus stehen (vgl. Silvanus – Silas).

Andererseits kann es gut sein, dass Andronikus und Junian (vielleicht ein Ehepaar) im weitesten Sinne Gesandte (apostoloi) waren. Denn es gab ja nicht nur die bekannten 12 Apostel und Paulus, sondern es gab unter andem auch „Abgesandte (apostoloi) von Versammlungen“ und Brüder, die einfach „Gesandte“ genannt wurden. Wir wollen die Texte lesen, die das Wort „Apostel“ für diejenigen gebraucht, welche nicht zu den 12 Aposteln gehören:

Apg 14,14: „Als aber die Apostel Barnabas und Paulus es hörten, zerrissen sie ihre Kleider, sprangen hinaus unter die Volksmenge und riefen…“

Gal 1,19: „Ich sah aber keinen anderen der Apostel, außer Jakobus, den Bruder des Herrn.“

Phil 2,25: „Ich habe es aber für nötig erachtet, Epaphroditus, meinen Bruder und Mitarbeiter und Mitstreiter, aber euren Abgesandten und Diener meines Bedarfs, zu euch zu senden,…“

1Thes 2,6: „Denn niemals sind wir (Paulus und Silvanus) mit schmeichelnder Rede aufgetreten, wie ihr wisst, noch mit einem Vorwand für Habsucht, Gott ist Zeuge; noch suchten wir Ehre von Menschen, weder von euch noch von anderen, obwohl wir als Christi Apostel euch zur Last sein konnten; sondern wir sind in eurer Mitte zart gewesen, wie eine nährende Frau ihre eigenen Kinder pflegt.“

2Kor 8,23: „Sei es, was Titus betrifft, er ist mein Genosse und in Bezug auf euch mein Mitarbeiter; seien es unsere Brüder, sie sind Gesandte der Versammlungen, Christi Herrlichkeit.“

Selbst wenn hier eine weibliche Junian „Apostel“ genannt wird, gehört sie auf jeden Fall nicht zu den 12 Aposteln, sondern ist einfach mit Andronikus zu einem Dienst ausgesandt.

Weiter lesen wir, dass Andronikus und Junias „unter den Aposteln ausgezeichnet37 sind“.

37 episemoi=ausgezeichnet, in hervorragender Weise, hervorstechend

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Aber das bedeutet doch nicht, dass sie im eigentlichen Sinn Apostel waren? Sie waren vor Paulus zum Glauben gekommen und wohlbekannt unter den Aposteln wie Silas und andere. Als Gesandte waren sie in hervorragender Weise unter den Aposteln bekannt.

Konkret wird von ihnen nur gesagt, dass sie Mitgefangene sind. Es ist geradezu abenteuerlich daraus abzuleiten, dass es sich hier um eine Apostelin handele, die also offensichtlich Autorität habe und daher auch einer Gemeinde vorstehen könne.

Übrigens geht M. Luther von einem Männernamen aus.

Das Thema hatten wir in extenso auf der BG-Liste. In summa: kein Beleg für Frauen in Führungspositionen.

Schlussgedanken

Aber vielleicht fragt mancher Leser auch, warum Gott diese Entwicklung zulässt, warum Er denen keinen Einhalt gebietet, die sich zunehmend für diese Entwicklung öffnen? Aber warum sollte Gott Einhalt gebieten, wenn Seine Kinder einen falschen Weg gehen wollen? Hat Er den Verfall der Christenheit nicht ganz klar und deutlich prophetisch vorausgesagt? Er ist ein liebender, wenn auch warnender Vater. Wenn man 1. Korinther 11,1-16 nicht mehr ernst nimmt, weil man sich bestimmten Trends anschließen will, warum soll Gott Einhalt gebieten, wenn man auf dem Weg der Verweltlichung und des Ungehorsams weitergehen will? Nein und nochmals nein, nicht Gottes Handeln wollen wir kritisieren, sondern uns selbst.

Wir Männer haben versagt, sind möglicherweise karrieresüchtig, Geld liebend und eitel geworden, haben das Lesen und Studium des Wortes Gottes vernachlässigt, um die Welt mit ihrer Scheinschönheit zu genießen. Ist uns unser Beruf, unser Auto, unser Garten, unser Hobby so ans Herz gewachsen, dass wir keine Zeit mehr im Gebet verbringen und dadurch auch die Gebetszusammenkünfte mehr befruchten können? Sind alle diese Dinge uns wichtiger als das tägliche Lesen des Wortes Gottes und die Andachten in unserer Familie?

Wir Männer haben versagt, weil wir unseren Frauen vielleicht nicht im biblischen Sinn Haupt waren und sind, sondern von der Liebe Christi zu wenig in unserer Ehe gezeigt haben.

Wir Männer haben versagt, weil wir eben kaum noch Männer sind (1Tim 2,8), sondern uns so schnell jedem Wind der Lehre anpassen und zu wenig in der Sanftmut des Christus (2Kor 10,1) und als Knechte Gottes zu Seinem Wort fest stehen.

Wir Männer haben versagt, weil wir in vielen Fällen unsere Frauen dazu gebracht haben, sich weltförmig zu geben, weil wir letztlich in uns selbst einen weltlichen Sinn genährt haben.

Nein, nein, wir geben nicht unseren lieben Schwestern die vorrangige Schuld, sondern uns oft so ungeistlichen Männern, die in den Gebetszusammenkünften häufig den Mund nicht öffnen können, weil sie ihr tägliches Leben ohne Gemeinschaft mit dem Herrn leben. Wenn wir wirklich wieder M ä n n e r werden wollen, die nicht "das Gewand einer

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Frau" tragen (5Mo 22,5), d. h. zum Beispiel in den Gemeindestunden schweigen und nur eine Konsumentenhaltung einnehmen, dann werden die Schwestern ihre von Gott gegebene Position gern einnehmen und so viele Dienste für den Herrn Jesus bekommen, dass sie dankbar sind, in den Zusammenkünften schweigen zu dürfen. Was würde das eine Freude für den Herrn sein und zu einer Belebung im Volk Gottes führen!

Möge der Herr uns zu Seinem Wort zurückführen, das immer noch "feststeht in den Himmeln".

Kultur oder Gegenkultur – Das ist hier die Frage!Kultur oder Gegenkultur – Das ist hier die Frage!Fred Colvin

Auslegungen zu 1. Korinther 11,2-16 umfassen die ganze Bandbreite des Vorstellbaren. Einige moderne Ausleger sind überzeugt, dass Paulus ein Produkt seiner religiös-kulturellen Umgebung war und lassen sich auf einen Streit mit dem Apostel ein. Paulus’ rabbinische Ausbildung38 und seine frauenfeindliche Neigung39 führten ihrer Meinung nach dazu, dass er ungerechtfertigte Eingeständnisse gegenüber der dominierenden patriarchalen Gesellschaft40 machte. Diese gipfelten schließlich in einer patriarchalen Gemeinde.41 Andere denken, dass Paulus’ Anweisungen an die Korinther hinsichtlich der

38 Siehe Max Küchler, Schweigen, Schmuck und Schleier. Drei neutestamentliche Vorschriften zur Verdrängung der Frauen auf dem Hintergrund einer frauenfeindlichen Exegese: (Novum testamentum et orbis antiquus 1) Freiburg, CH: Universitätsverlag, 1986, S. 114.39 Zum Beispiel nutzt Elisabeth Schlüssler Fiorenza Wires Ausdruck „veiled hostility“, um Paulus’ Haltung in dem Abschnitt über die Frauen im 1. Korintherbrief zu beschreiben. Schüssler Fiorenza, Elisabeth. “Rhetorical Situation and Historical Reconstruction in 1 Corinthians.“ New Testament Studies 33 (1987): S. 386-403, S. 399.40 Paul K. Jewett kritisiert Paulus, „The apostle elevates the relativities of culture to the absolutes of Christian piety.” Paul K. Jewett, Man as Male and Female: A Study in Sexual Relationships from a Theological Point of View. Grand Rapids, Michigan: Wm. B. Eerdmans Publishing Company, 1996, S. 118.41 Schlüssler Fiorenza kommentiert 1. Korinther 11, 2-16 und 14,33b-36 folgendermaßen: „Der Liebespatriarchalismus der deuteropaulinischen Haustafeln und die Vorschriften der Pastoralbriefe jedenfalls sind spätere Weiterentwicklungen der Argumentation des Paulus – Entwicklungen, die in der Zukunft zum schrittweisen Ausschluss aller Frauen vom kirchlichen Amt und zur schrittweisen Patriarchalisierung der Kirche führen werden.“ Schüssler Fiorenza, Elisabeth. Zu ihrem Gedächtnis: eine feministisch –theologische Rekonstruktion der christlichen Ursprünge. München: Chr. Kaiser Verlag, 1988,

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Kopfbedeckung die kulturelle Verankerung der Antike widerspiegeln. Dieses interessante Detail der Kopfbedeckung gebe dem heutigen Leser zwar Einblick in den kulturellen Hintergrund des NTs, habe uns darüber hinaus heute aber wenig zu sagen. Wiederum andere42 sehen die Praxis der Kopfbedeckung als etwas kulturell Bedingtes an, das heute längst überholt sei. Es sei unsere Verantwortung, die zeitlosen geistlichen und theologischen Prinzipien, die in Paulus Anweisungen enthalten sind, aufzuspüren, und sie in einer Art anzuwenden, die unserer zeitgenössischen Situation angemessen ist. Andere halten weiterhin daran fest, dass die Anweisungen von 1. Korinther 11,2-16 eine apostolische Tradition seien und damit ein Ausdruck des Willens des Herrn. Diese Tradition gilt es aufrecht zu erhalten und zu praktizieren – ungeachtet dessen, was die jeweilige Kultur vorschreibt. Zunächst wollen wir aber das Urteil der oben erwähnten bibelkritischen Ansichten zurückstellen und unser Augenmerk auf die Kultur des ersten Jahrhunderts richten.

Ist die Anwendung von 1. Korinther 11,2-16 auf eine bestimmte kulturelle Situation beschränkt?

Wann immer dieser kontrovers behandelte Abschnitt in einer Diskussion zur Sprache kommt, äußern viele bibeltreue Christen eine Meinung, die der folgenden Erklärung eines Bibelstudienkurses gleicht:„Das elfte Kapitel von 1. Korinther enthält eine recht sonderbar anmutende Argumentation dafür, weshalb eine Frau beim Beten ihr Haupt verhüllen soll. Bis vor relativ kurzer Zeit wurde das Kopftuch als Zeichen echter Frömmigkeit gewertet. Hat diese Anweisung aber für alle Generationen und Völker Bedeutung? […] Um diesen Text richtig zu verstehen, müssen wir wissen, wie die korinthische Kultur im ersten Jahrhundert aussah. Dabei begegnen wir auf Schritt und Tritt der großstädtischen Unmoral. Eine ganze Reihe von Verhaltensregeln musste befolgt werden, damit die Gemeinde und der Herr Jesus Christus nicht in Verruf kamen. Erschien eine Frau unverhüllten Hauptes in der Öffentlichkeit […], zeigte sie damit an, ihr Körper wäre käuflich. Darum sollten die Frauen sorgfältig darauf achten, solchen Fehldeutungen

S. 291.42 Bruce, F.F. I & II Corinthians: The New Century Bible Commentary. Grand Rapids: Wm. B. Eerdmans Publishing Company, 1990, S. 107. de Boor, Werner. Der erste Brief des Paulus an die Korinther in Wuppertaler Studienbibel. Wuppertal: R. Brockhaus, 1957, S. 183-185. Fee, Gordon. The First Epistle to the Corinthians in NICNT. Grand Rapids: Wm. B. Eerdmans Publishing Company, 1987. Hodge, Charles. A Commentary on 1 & 2 Corinthians in The Geneva Series of Commentaries. Edinburgh: The Banner of Truth, 1978. Kuen, Alfred. Die Frau in der Gemeinde. Wuppertal: R. Brockhaus Verlag, 1994, S. 142-153. Lowery, David K. „The Head Covering and the Lord’s Supper in 1 Corinthians 11:2-34.” Bibliotheca Sacra 143/570 (1986): S. 155-162. Schreiner, Thomas R. „Head Coverings, Prophecies and the Trinity“ in Piper, John, Grudem, Wayne, eds. Recovering Biblical Manhood & Womanhood: A Response to Evangelical Feminism Wheaton: Crossway Books, 1991. Tucker; R.A., Liefeld, W. Daughters of the Church: Women and Ministry from New Testament Time to Present. Grand Rapids: Zondervan Publishing House, 1987, S. 456-457. Wilson, Kenneth T. “Should Women Wear Headcoverings?” Bibliotheca Sacra 148/592 (1991): S. 442-462.

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keinen Raum zu geben. Wir sehen also, wie zeitgebunden die Einzelheiten waren. Trotzdem lässt sich auch hier ein allgemeingültiges Prinzip ableiten: Wir sollen uns nicht so verhalten, dass der Name unseres Herrn und seine Gemeinde in Verruf kommen.”43

Wir wollen die antiken Aufzeichnungen untersuchen und uns dabei folgende Fragen stellen: Fordert Paulus von seinen Lesern in Korinth, dass sie an den kulturellen Normen ihrer Gesellschaft festhalten? Ist die Kopfbedeckung etwas Kulturspezifisches und deshalb nicht verpflichtend für andere Kulturen und sich ändernde Zeiten? Oder ist diese Praxis vielmehr kulturell unabhängig und somit verpflichtend für die Christen heute? Anders gesagt: muss Paulus’ Anweisung als ein Zugeständnis an die damalige Kultur verstanden werden oder nicht? Oder ist sie vielleicht Gegenkultur?

Würde eine Frau ohne Kopfbedeckung im Stadtzentrum von Korinth als schändlich angesehen werden?

a. Die griechisch-römische Kultur

Der oben erwähnte Bibelstudienkurs zitiert keinerlei historische Quellen zur Unterstützung seiner Auffassung der kulturellen Normen im Korinth des ersten Jahrhunderts. David K. Lowery dagegen zitiert Quellen für seine Sicht: „Es kann nicht eindeutig behauptet werden, aber die Mehrheit der Beweise deutet darauf hin, dass es im ersten Jahrhundert für eine Frau üblich war, ihren Kopf in der Öffentlichkeit zu bedecken, sowohl in der jüdischen Kultur (Josephus The Antiquities of the Jews 3.270; Mishnah, Ketuboth 7.6; Babylonian Talmud, Ketuboth 72a-b), als auch in der griechisch-römischen Kultur (Plutarch Moralia 3.232c; 4.267b, Apuleius The Golden Ass 11.10).“44

Die Erklärungen des erwähnten Bibelstudienkurses als auch die von Lowery zeigen, wie wichtig das sorgfältige Zitieren historischer Quellen ist. Wir wollen Lowerys Quellen nun genauer überprüfen. Weit entfernt davon, die Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit als allgemeine Gewohnheit und Sitte in der griechisch-römischen Kultur des ersten Jahrhunderts zu dokumentieren, beschrieb Apuleius die Teilnahme der weiblichen Anbeter beim Festgottesdienst der Göttin Isis. Den Gebrauch von Kopfbedeckungen bei solch einem besonderen kulturellen Anlass wollen wir später diskutieren. Erst einmal genügt es herauszustellen, dass der Gebrauch religiöser Kopfbedeckungen nicht verwechselt werden darf mit den kulturellen Normen für Frauen in der Öffentlichkeit.

43 Bibelstudium mit Gewinn. Ein grundlegender Kurs zur Methode des induktiven Bibelstudiums. Wien: Biblische Ausbildung am Ort, S. 94.44 Lowery, David K. „The Head Covering and the Lord’s Supper in 1 Corinthians 11:2-34.” Bibliotheca Sacra 143/570 (1986): S. 157. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.

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Lowerys Zitat von Plutarch ist ebenso problematisch. In Moralia 3.232c zitiert Plutarch Charillus, einen frühen König von Sparta: „Wenn jemand fragt, weshalb sie ihre (unverheirateten) Mädchen unverschleiert in die Öffentlichkeit bringen, ihre verheirateten Frauen dagegen verschleiern, sagte er: ‚Weil die Mädchen noch einen Ehemann finden müssen, während die verheirateten Frauen bei ihren Männern bleiben sollen, denen sie gehören!’”45 Damit beantwortete Charillus die Frage bezüglich einer örtlichen lakonischen Sitte, die eine Ausnahme der Regel darstellte.46 Gleichzeitig muss zur Kenntnis genommen werden, dass diese Aussage dennoch bestimmten Frauen erlaubt, unverschleiert in die Öffentlichkeit zu gehen, selbst in der eben erwähnten örtlichen Gegebenheit.

Plutarchs Spekulation hinsichtlich der Gewohnheit der Römer ist in Moralia 4.267b dokumentiert:„Warum bedecken Söhne ihre Köpfe, wenn sie ihre Eltern zum Grab geleiten, während Töchter mit unbedecktem Kopf und offenem (nicht gebundenem) Haar gehen? […] Oder ist es so, dass das Unübliche beim Trauern zulässig ist und es ansonsten üblicher ist, dass Frauen mit bedecktem Kopf in die Öffentlichkeit gehen, Männer hingegen mit unbedecktem?”47 Cynthia L. Thompsons Erklärung ist an dieser Stelle hilfreich: „Plutarch behandelt Kopfbedeckung und Haarlänge. In den Römischen Forschungen stellt Plutarch römische Sitten den griechischen Sitten und Gewohnheiten im Rahmen von Trauerritualen für jemandes Vater gegenüber. Während Römer trauern, indem die Männer ihre Köpfe bedecken und die Frauen ihr Haar offen und ungebunden tragen, trauern Griechen, indem die Männer ihr Haar lang wachsen lassen und Frauen es kurz schneiden. Nach Plutarch kehrt dies die gewöhnliche griechische Sitte ins Gegenteil um: normalerweise tragen Frauen ihr Haar lang, während Männer ihres schneiden. Ebenso spekuliert Plutarch, dass auch die Römer beim Trauern ihre gewöhnlichen Sitten ins Gegenteil verkehrt haben könnten und Frauen normalerweise mit Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit erscheinen. Diese spekulative Erklärung hinsichtlich der Sitten und Gewohnheiten römischer Frauen wird jedoch aus dem Zusammenhang gerissen, um zu beweisen, dass korinthische Frauen Schleier trugen. Diese Stelle ist der einzige literarische Beleg von Bedeutung für eine allgemein übliche Sitte der Frauen im Griechenland des ersten Jahrhunderts, Kopfbedeckung zu tragen.“48

45 BIBLIOGRAPHY??? Which Volume? P 393.46 Wolfgang Schrage, „...wohl eine lokale Sitte.“ Schrage, Wolfgang. Der erste Brief an die Korinther. of Evangelisch - Katholischer Kommentar zum Neuen Testament. Vol. 7/2, Solothun and Düsseldorf, Neukirchen-Vluyn: Benziger Verlag and Neukirchener Verlag, 1995, S. 491. Siehe auch Oepke, Albrecht. Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament: Studienausgabe. Bd. 3. Gerhard Kittel, & Gerhard Friedrich, eds. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH. 1990, S. 564.47 Plutarch. Plutarch’s Moralia, Vol. 4. Trans. Frank Cole Babbitt. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1957, S. 24-27.48 Cynthia L. Thompson, „ Hairstyles, Head-coverings, and Saint Paul: Portraits from Roman Corinth.” Biblical Archaeologist, June, 1998, S. 104. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.

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Thompsons Forschungsarbeiten zu den in Korinth ausgegrabenen Marmorstatuen, Tonfiguren und Münzen zeichnen ein vollkommen anderes Bild: „Da fast alle dieser Darstellungen die Frauen mit unbedeckten Köpfen abbilden, könnte man schließen, dass die Tatsache eines unbedeckten Kopfes selbst keinesfalls das Zeichen eines sozial verwerflichen Lebensstils war. Mit Sicherheit wollten diese Frauen als anständig, ehrbar und geachtet angesehen werden.”49 David Gills Funde stimmen damit überein: „Öffentliche Marmorskulpturen von Frauen in Korinth, vermutlich Mitglieder reicher und angesehener Familien, werden zumeist mit unbedecktem Kopf dargestellt. Dies gibt Anlass zu der Annahme, dass es in einer römischen Kolonie [Korinth] für Frauen gesellschaftlich akzeptabel war, in der Öffentlichkeit ohne Kopfbedeckung gesehen zu werden.”50 Auch Gerd Theißens Beschreibung eines antiken Grabsteins bestätigt Thompsons Aussage: „Wir können davon ausgehen, dass im Leben zulässig war, was am Grab zu beobachten ist. Am Grab verstößt man nicht gegen die Sitte. Grabbräuche sind in der Regel weit konservativer als die begrabenen Menschen.”51

Albrecht Oepke zitiert Quellen, die aufzeigen, dass die Verschleierung der Frauen unter den Juden im Osten gebräuchlich war52 und schlussfolgert: „Im Allgemeinen kann man sagen: je weiter nach Osten, desto strenger die Schleieretikette! [...] Es kann keine Rede davon sein, dass für die griechische Frau irgendein Zwang bestanden hätte, in der Öffentlichkeit nur verschleiert zu erscheinen.“53 Theißens Grabsteinforschung bestätigt ein „eindeutiges Ost-West-Gefälle.“54 Er schließt daraus: „Man kann daher nicht behaupten, es habe in Griechenland einen sozialen Zwang gegeben, der die Kopfbedeckung der Frau zur Pflicht machte.“55

Wolfgang Schrage fasst seine Funde wie folgt zusammen: „Die Hellenistische Welt kennt den Schleier nur am Hochzeitstag oder als modischen Schmuck, sonst besteht offenbar keine Gewohnheit, einen Schleier, ein Kopftuch, eine Haube o.ä. zu tragen, weder in der Öffentlichkeit noch im Gottesdienst, auch wenn es Ausnahmen gibt, die aber die Regel bestätigen, dass Frauen in Griechenland im Unterschied zum Vorderen Orient in der Öffentlichkeit nicht verpflichtet waren, verschleiert zu erscheinen, wie die allerdings ganz uneinheitlichen literarischen und archäologischen Zeugnisse zu erweisen scheinen.“56

49 Ebd., S. 112. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.50 Gill, David W.J. „ The Importance of Roman Portraiture for Head-Coverings in 1 Corinthians 11:2-16.” Tyndale Bulletin 41.2 (1990): S. 251. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.51 H. Ingholt. Studier over palmyrensk skulptur. Kopenhagen, 1928, Tf. X-XVI; E. Pfuhl; H. Möbius. Die ostgriechischen Grabreliefs. 4 Bde, Mainz, 1977/1979. Zitiert in Theissen, Gerd. Psychologische Aspekte paulinischer Theologie. 2. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1993, S. 164-165.52 Siehe Dio Chystostom (Or 33,46).53 Oepke. Theologisches Wörterbuch. S. 564.54 Theißen. Psychologische Aspekte. S. 164.55 Ebd., S. 166.56 Schrage. Der erste Brief an die Korinther, S. 491.

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Die allgemeine Annahme, dass die Bürger im Griechenland des ersten Jahrhunderts es als schändlich angesehen hätten, wenn eine Frau sich in der Öffentlichkeit mit unbedecktem Kopf gezeigt hätte, stimmt nicht mit den zur Verfügung stehenden Quellen überein. Paulus will die christlichen Frauen in Korinth nicht anweisen, dass sie die allgemein gültigen kulturellen Normen der sie umgebenden griechisch-römischen Gesellschaft annehmen.

b. Die Kopfbedeckung der Frauen im Judentum

Für jüdische Frauen war es allgemein üblich, dass sie ihren Kopf bedeckten, wenn sie sich in die Öffentlichkeit begaben. Nach 3. Makkabäer 4,6 war es für die verheirateten jüdischen Frauen der zwischentestamentlichen Zeit [zwischen Abschluss des ATs und Beginn des NTs] Sitte, sich in der Öffentlichkeit zu bedecken. Dieser Vers bringt unbedeckte Bräute mit Schande und Beleidigung in Verbindung.

Strack und Billerbeck haben aufgezeigt, dass es jüdischen Männern freigestellt war, unbedeckt in die Öffentlichkeit zu gehen, während jüdische Frauen ihr Haupt in der Öffentlichkeit bedeckten. „GnR 17 (12a): Man fragte den Rabbi Jehoschua (ca. 90 n.Chr.) „Warum geht der Mann aus, indem sein Kopf unbedeckt ist, und die Frau, indem ihr Kopf bedeckt ist?” Ned 30b: „Die Männer bedecken bald ihren Kopf, bald entblößen sie ihren Kopf, aber Frauen bedecken ihn immer”.57 Der Autor fährt damit fort, einige rabbinische Quellen zu zitieren, um folgende Aussage zu untermauern: „Die Halakha verlangte von der jüdischen Frau, dass sie sich außerhalb des Hauses nur mit bedecktem Haupte zeigte. Das Ausgehen mit bloßem Kopf rechnete man der Frau als etwas Schandbares an, so dass ihr Mann sie deshalb entlassen dürfte, und zwar ohne verpflichtet zu sein, ihr die ausbedungene Hochzeitsverschreibung zu zahlen.“58

Andere historische Quellen bestätigen diese Feststellung. Josephus, ein Geschichtsschreiber des ersten Jahrhunderts, beschreibt das Gerichtsverhör einer verheirateten und des Ehebruchs angeklagten Frau (Drittes Buch, 11. Kapitel, 6.): „Hatte jemand sein Weib im Verdacht des Ehebruchs […] Einer der Priester stellte darauf das Weib an das Thor, welches gegen den Tempel hin sieht, zog ihr den Schleier [to himation] vom Haupte, schrieb den Namen Gottes auf ein Stück Haut und hieß sie schwören, dass sie ihrem Gatten keinen Schimpf angetan“59. Später berichtet Tertullian,

57 Strack, H. L., Billerbeck, P., Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch: Dritter Band: Die Briefe des Neuen Testaments und die Offenbarung Johannis. München: C.H.Beck’sche Verlagsbuchhandlung, 1926, S. 423-424.58 Ebd., S. 427-429.59 Josephus, Flavius. Jüdische Altertümer: 10th ed. Vol 1. Trans. Heinrich Clementz. Wiesbaden: Fournier Verlag, 1990, S. 181.

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dass Jüdinnen in Nordafrika an ihrem Schleier erkannt wurden (De Corona 4.2).

Eine vorläufige Bilanz

Die oben angeführten Quellen machen zumindest eines klar: Für die Mehrheit seiner Leser in Korinth (Griechen und Römer) waren Paulus’ Anweisungen weit davon entfernt, ein Zugeständnis an ihre eigene Kultur zu sein. Sie waren gegenläufig zur vorherrschenden Kultur; oder bestenfalls ein Zugeständnis an eine andere Kultur.

Einige merken zu diesem offensichtlichen Konflikt zwischen historischen und archäologischen Daten an: „Wie man sieht, liefert uns die Geschichte in diesem Punkt keine absolute Gewissheit.”60 „Die tatsächlichen Funde und Nachrichten sind viel zu unterschiedlich, als dass man eindeutig festlegen könnte, was für welche Kultur galt, geschweige denn, was im antiken Korinth zur Zeit der Abfassung des Korintherbriefes üblich war.“61 „Das antiquarische Material führt zu keiner sicheren Auskunft. Die jüdische Sitte ist zwar eindeutig festzustellen, und sie entspricht der Anordnung des Paulus: Die Jüdin darf in der Öffentlichkeit nur mit bedecktem Kopf erscheinen. Dagegen ist die griechische Kopf- und Haartracht schon deswegen nicht eindeutig festzustellen, weil die Mode wechselt.“62

Doch dieser Konflikt ist nicht tatsächlich existent, sondern nur angenommen. Die Einordnung der Quellen wird erleichtert, wenn der Rahmen des biblischen Textes bei der Untersuchung berücksichtigt wird. Paulus schreibt nicht darüber, wie Frauen in der Öffentlichkeit gekleidet sein sollen. Das liegt ganz außerhalb des Rahmens dieses Abschnitts und ist nicht relevant. Vielmehr gibt der Apostel sowohl Männern als auch Frauen Anweisungen zum Gebrauch der Kopfbedeckung, wenn sie zu Gott beten oder in seinem Namen prophetisch reden. Dem folgt eine Erörterung über den Gebrauch der Kopfbedeckung von Männern und Frauen in Verbindung mit der Ausübung ihrer religiösen Pflichten.

Der Gebrauch der Kopfbedeckung in verschiedenen kulturellen Umgebungen

Craig S. Keeners Beobachtung führt in die richtige Richtung: „Da Paulus das Thema nur im Zusammenhang mit der Anbetung in der Gemeinde anspricht (an keiner Stelle in 1. Korinther 11 wird den Frauen vorgeschrieben, während des ganzen Tages bedeckt zu 60 Kuen. Die Frau…, S. 129.61 Schirrmacher, Thomas. Paulus im Kampf gegen den Schleier: Eine alternative Auslegung von 1 Korinther 11,2-16. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 1993, S. 62.62 Conzelmann, Hans. Der erste Brief an die Korinther. Göttingen: Vanderhoeck und Ruprecht, 1981, S. 225.

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sein), wird es hilfreich sein, den Gebrauch der Kopfbedeckung im Zusammenhang mit dem antiken religiösen Umfeld zu untersuchen.”63

Doch: Vergiss die Männer nicht!

Es scheint, als ob viele Gelehrte das Hauptaugenmerk im Text auf die Frauenfrage richten, obwohl das Verhalten der Männer ein ebenso wichtiges Thema des Abschnitts ist (1.Kor 11,3-4. 7-9. 11-12. 14).64 Hinsichtlich der Rolle der Männer in Paulus’ Argumentation bemerken Robertson und Plummer: „Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass Männer in Korinth diesen Fehler in der Versammlung begingen. Die für Männer falsche und unanständige Verhaltensweise wurde erwähnt, um diejenigen Frauen zu tadeln, die sich in dieser Beziehung wie Männer verhalten.“65 Wolfgang Schrage stimmt dem zu: „doch ist der Mann nur als Kontrastfolie bzw. zur Illustration seiner gegensätzlichen Stellung Thema.”66 Paulus jedoch schreibt: „Jeder Mann, der betet oder weissagt, indem er etwas auf dem Haupt hat, entehrt sein Haupt.“ (1.Kor 11,4) Seine wiederholte Bezugnahme auf das Verhalten der Männer verlangt eine Untersuchung der Praxis der Männer hinsichtlich ihrer Kopfbedeckung in religiöser Umgebung. Dies mag dann die offene Frage bezüglich des kulturellen Umfelds dieser Textstelle klären.

Kopfbedeckung im jüdischen Gottesdienst

Strack und Billerbeck zitieren eine Reihe rabbinischer Quellen als Beleg für ihre Schlussfolgerung: „[Für] die jüdische Männerwelt in der neutestamentlichen Zeit […] hat […] keinerlei Verpflichtung bestanden, bei religiösen u. gottesdienstlichen Handlungen vor Gott bedeckten Hauptes zu erscheinen. Die ältere Halakha schreibt nur vor, dass der Mann nicht nackt vor Gott hintrete, darum soll er beim Rezitieren des Schema seine

63 Keener, Craig S. Paul, Women & Wives: Marriage and Women’s Ministry in the Letters of Paul. Peabody, MA: Hendrickson Publishers, 1992, S. 28. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.64 „The titles given to 1 Cor 11.2-16 in the major commentaries and translations attest the widespread conviction that the point at issue concerned women alone. Acceptance of this consensus inevitably colors the exegesis of the passage, to the point where some commentators refuse to take seriously the reference to men. In fact, men figure equally prominently in this section. […] The problem, therefore, involved both sexes” Jerome Murphy-O’Connor. „Sex and Logic in 1 Corinthians 11:2-16.” The Catholic Biblical Quarterly 42 (1980): S. 483.65 Robertson, A. T., & Plummer, A. A Critical and Exegetical Commentary on the First Epistle of St Paul to the Corinthians in The International Critical Commentary. Edinburgh: T. & T. Clark Ltd., 1986, S. 229. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.66 Schrage, Wolfgang. Der erste Brief an die Korinther: Evangelisch - Katholischer Kommentar zum Neuen Testament. Vol. 7/2, Solothun and Düsseldorf, Neukirchen-Vluyn: Benziger Verlag and Neukirchener Verlag, 1995, 504. Andere beurteilen Paulus’ Diskussion zum Verhalten des Mannes als hypothetisch: Bruce. I & II Corinthians, S. 104. Fee. The First Epistle, S. 505. Theissen, Gerd. Psychologische Aspekte paulinischer Theologie. 2. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1993, S. 164.

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Blöße verhüllen und beim Gebet sich bis an die Brust bedecken. Von einer Bedeckung des Kopfes beim Gebet weiß also die ältere Zeit nichts. Aber ohne Zweifel ist das Bemühen der gesetzesstrengen Kreise dahin gegangen, die religiöse Sitte in dieser Richtung fortzuentwickeln […] Unsere Quellen bieten hierüber nur spärliches Material; doch scheint zu Anfang des 4. Jahrhunderts das Beten bedeckten Hauptes bereits in weiten Kreisen feststehende Sitte gewesen zu sein.“67

Weil jüdische Frauen ihren Kopf bedeckten, wenn sie in die Öffentlichkeit gingen, schlossen viele, dass sie sich auch bei religiösen Anlässen zu verhüllen hatten. Aber augenscheinlich äußerten sich die antiken Rabbiner nicht zu dieser Frage. Wir wissen also nicht mit Sicherheit, ob sich jüdische Männer oder jüdische Frauen im ersten Jahrhundert zu religiösen Anlässen bedeckten.68

Kopfbedeckung im griechischen und römischen Gottesdienst

Mann kann davon ausgehen, dass die Christen im Korinth des ersten Jahrhunderts mit den religiösen Gebräuchen sowohl der Griechen als auch der Römer vertraut waren. Nach dem Zeugnis antiker Literatur übten sowohl griechische Männer als auch Frauen ihre Anbetung und ihren Gottesdienst mit unbedecktem Kopf aus. Schrage schreibt hinsichtlich des heidnischen griechischen Gottesdienstes: „In einer Mysterieninschrift von Andania heißt es über Frauen bei der Prozession zu Ehren der Demeter: ‚Aufgelöste und über dem Nacken herabwallende Haare sollen die Teilnehmerinnen des Festzuges tragen.’“ (Ditt. Syll. II 461-473, Nr. 653; übersetzt bei Lösch 240.)69

Grotius stellt die Gebräuche der Griechen denen der Römer gegenüber: „Bei den Griechen war es Sitte, heilige Riten mit unbedecktem (wörtlich: offenem) Haupt

67 Strack, H. L., Billerbeck, P. Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch: Dritter Band: Die Briefe des Neuen Testaments und die Offenbarung Johannis. München: C.H.Beck’sche Verlagsbuchhandlung, 1924, S. 424-425. Gordon Fees Vermutung zu dieser Annahme ist von Interesse: „Since at some point in time the cloak of Deut. 22:12 (LXX, peribolaion), mentioned by Jesus in Matt. 23:5, came to be used by Jewish men as the tallith (“prayer shawl”), it is tempting to see in this another disavowal by Paul of Jewish customs that divide Jew and Gentile […] But the greater problem is that the evidence for the use of the tallith in prayer is much too late to be helpful for Jewish customs at the time of Paul […] The possibility that it goes back to the time of Paul is to be found in the basic conservatism of such practices; i.e., that even though these references are late, the may well reflect a tradition that goes way back.” Fee, The First Epistle to the Corinthians, S. 507.68 John Lightfoot behauptet, dass – nach rabbinischem Judentum –, Frauen in der Öffentlichkeit verschleiert sein mussten, „yet when they resorted unto holy service they took off their veils, and exposed their naked faces; and that not out of lightness, but out of religion.” John Lightfoot, The Whole Works of the Rev. John Lightfoot: Vol. 9. Edited by John Rogers Pitman, London: G. Cowie and Co., 1823, S. 513-515. Doch der Beweis, den Lightfoot vorbringt, ist wenig überzeugend.69 Schrage. Der erste Brief an die Korinther. S. 493. Siehe auch F.C. Grant, ed., Hellenistic Religions: The Age of Syncretism, LLA (Indianapolis: Bobbs-Merrill, 1953, S. 26-27. Zitiert in Keener. Paul, Women & Wives, S. 28.

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durchzuführen. Dies ist in Macrobius70, Saturn. 8 zu lesen: ‚Hier wird der Gottesdienst nach dem griechischen Ritus mit unbedecktem Haupt durchgeführt.’ Dies geht aus einer Stelle im 10. Kapitel desselben Buches hervor, wo das Thema von Saturn gleicherweise behandelt wird; es wird gesagt: ‚der Gottesdienst wird für ihn mit unbedecktem Haupt durchgeführt, entsprechend dem fremden Ritus’, und aus einer Stelle im Buch III 6, wo er folgendes bemerkt: Varro71 sagt: ‚Es ist ein Kennzeichen des griechischen Brauchs, mit unbedecktem Haupt zu opfern’. Plutarch verwendet den Ausdruck ‚mit unverschleiertem Haupt’, wenn er die Riten für denselben Saturn behandelt (in Plutarchs “Römische Forschungen”). Festus bezeugt, dass dies gebräuchlich beschrieben ist als ‚Licht machen’. In der gleichen Art, also mit unbedecktem Haupt, ist es üblich den Gottesdienst beim großen Altar des Herkules durchzuführen. Zeuge dafür ist (zusätzlich zu Macrobius im Buch III 6, welcher oben zitiert wurde) Dionysius Halicarnassus Buch I, offenbar deshalb,

weil dieser Ritus von einem Griechen, Evander, eingeführt worden war. Aber Äneas72

führte in Italien den gegenteiligen Brauch ein, die Durchführung des Gottesdienstes mit verschleiertem Haupt, damit kein schlechtes Omen über die Augen oder Ohren eindringen kann, so berichten uns Vergil (Äneis III)73, und Servius (in seinem Kommentar zu Vergil), als auch Aurelius Victor in seinem Brevier und Plutarch in den Römischen Forschungen. Und auch Plautus erwähnt in einigen seiner Komödien diesen Brauch, weil es für ihn üblich ist, römische Dinge mit griechischen zu vermischen.“74

Richard Oster hebt hervor, wie wichtig es ist, die römische Frömmigkeit zu kennen, wenn man 1. Korinther 11 studieren will. Indem er zur Unterstützung seiner Aussage eine Reihe von Quellen zitiert (etliche davon wurden bereits oben erwähnt), bemerkt Oster: „die Wiederholungen dieser griechischen Autoren, die capite velato als ‚römische Sitte’ kennzeichnen, zeigt, dass dies die übliche Gewohnheit frommer Römerinnen und Römer war, ungeachtet des Standes oder der Beschäftigung im Alltag.“75 Er erklärt den Unterschied zwischen griechischer und römischer Frömmigkeit mittels des jeweiligen Selbstverständnisses: „Das Selbstverständnis der Griechen beruhte größtenteils auf ihrer Redekunst und Bildung, während die Römer sich oft durch ihre Kleidung definierten.

70 Macrobius: Neuplatoniker, Anfang 5. Jh. v. Chr., verfasste Kommentar zu Scipios Traum, sowie die unvollständig erhaltenen Saturnalia in 7 Büchern (enthalten Tischgespräche vornehmer Herren bei einem Saturnalienfest über Grammatik, Philosophie und Literatur).71 Varro (116-27 v. Chr.): „der größte gelehrte Schriftsteller Roms”, Reichsbibliothekar unter Cäsar.72 Äneas: Trojanischer Held, sagenhafter Ahnherr der Römer; die Äneis (von Vergil verfasst [70-19 v. Chr.]), römisches Gegenstück zur Homers “Ilias” und “Odysee”, ist das römische Nationalepos.73 „Moreover, […] when now thou raisest altars and payest vows on the shore, veil thy hair with coverings of purple robe, that in the worship of the gods no hostile face may intrude amid the holy fires and mar the omens.“ Aeneis 3.403-9. Virgil, Loeb Classical Library (Cambridge: Harvard University Press, 1956 vol. 1, 374. „Then we pray to the holy power of Pallas, queen of clashing arms, who first welcomed our cheers, before the altar veiled our heads with Phrygian robe, and, following the urgent charge which Helenus had given, duly off to Argive Juno the burnt sacrifice prescribed.“ Aeneis 3.543-7. Virgil, Loeb. vol. 1, 385.74 Zitiert in Alford, Henry. The Greek Testament. Vol. 2, Chicago: Moody Press, 1958, S. 564. Ins Englische übersetzt von David W. Gooding. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.75 Ebd., S. 502. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.

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Nicht dass die Griechen Kopfbedeckung mieden. Vielmehr war es ihnen und den Römern klar, dass die gewohnheitsmäßige Neigung der Römer, zu liturgischen [religiösen] Anlässen Kopfbedeckung zu tragen, in scharfem Gegensatz zur Gewohnheit anderer [Nichtrömer] stand. In religiösen Angelegenheiten erkannten Griechen und Römer an, dass es sowohl eine ‚griechische Art’ (ritus Graecus) als auch eine ‚römische Art’ (ritus Romanus) der Anbetung und des Gottesdienstes gab.“76 Oster fährt fort und zitiert mehrere antike Quellen, um zu zeigen, dass die römischen Priester während ihres Dienstes ihren Kopf bedeckten und dass römische Machthaber portraitieren ließen, wie sich beim Ausüben ihrer religiösen Pflichten vor ihren Göttern capite velato erschienen. Dies förderte ihr Ansehen als fromme, konservative Führer.77

Auch die römischen Abbildungen bestätigen das literarische Zeugnis. David W. J. Gill berichtet über seine Funde zu den Gebräuchen römischer Frauen: „Im Fries der Ara Pacis werden Frauen gezeigt, die Schleier tragen. Sie scheinen Jungfrauen der Göttin Vesta darzustellen, die eine religiöse Handlung ausüben. Allerdings scheinen die meisten im Fries dargestellten Frauen ihren Kopf nicht bedeckt zu haben. Die Abbildung von Frauen capite velato, entsprechend männlichen Priestern, sieht man in der Statue von Eumachia aus Pompeii. Ihre Abbildung wurde in einem Schrein des Herrschers in der Markthalle gefunden und zeigt eine Frau, die eine stola über ihren Kopf gezogen trägt. In ihrer rechten Hand hält sie eine patera. Und es ist klar, dass die Abbildung sie in der aktiven Ausübung einer herrschaftlichen [kaiserlichen] Kulthandlung zeigen will.“78 Witherington fügt folgendes Beispiel hinzu: „wir können auch auf den Altar von Cn. Domitius Ahenobarus hinweisen, der im Louvre zu finden ist. Er stellt klar eine Frau dar, die mit bedecktem Kopf im Begriff ist ein Opfer darzubringen. Kein anderer Teilnehmer der dargestellten Opferprozession hat seinen Kopf bedeckt, nicht einmal der Mann, der das Tablett mit der Weihinschrift hält – nur die eine Person, die im Begriff ist das Opfer darzubringen. Ein weiterer Beweis ist es auch ein Steinrelief im ‚Museo Archeologico’ in Mailand, das die Opferung eines Stiers darstellt. Dabei trägt nur der eine Kopfbedeckung, der das Opfer darbringt.79

„In Korinth wurden etliche Darstellungen von Männern mit bedecktem Kopf gefunden. Die bekannteste ist eine, die leicht überlebensgroße Statue des Kaisers Augustus. Sie wurde in der so genannten Julianischen Basilika an der Ostseite des Forum Romanum gefunden. Augustus trägt bei dieser Darstellung die typische Kleidung eines römischen Bürgers, eine Tunika und eine Toga. Diese ist über seinen Kopf gezogen. Die rechte Hand 76 Oster, Richard E. Jr. „When Men Wore Veils to Worship: The Historical Context of 1 Corinthians 11.4.” New Testament Studies 34 (1988): S. 481-505, S. 494. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.77 Ebd., S. 497-500.78 Gill, David W.J. “The Importance of Roman Portraiture for Head-Coverings in 1 Corinthians 11:2-16.” Tyndale Bulletin 41.2 (1990): S. 245-260, S. 252. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.79 Witherington, Ben III. Conflict and Community in Corinth: A Socio-Rhetorical Commentary on 1 and 2 Corinthians. Grand Rapids: William B. Eerdmans Publishing Company, 1995, S. 233. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.

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fehlt zwar, hielt aber mit großer Sicherheit eine patera und eine flache [Opfer-]Schale, um Trankopfer darzubringen […] es gibt etwa 20 bekannte Statuen, die ihn als Opfernden darstellen.”80 Augustus spielt in diesen Darstellungen eindeutig eine spezielle Rolle: Er ist entweder im Begriff ein Opfer darzubringen oder zu beten. Dieses Merkmal des so genannten capite velato war das ikonographische Kennzeichen eines Opfernden, der einem bestimmten römischen Ritual vorstand.81 Cynthia Thompson ergänzt: „Die religiöse Symbolik des bedeckten Hauptes des Augustus war unmissverständlich und passend, da Augustus im Jahr 13 v. Chr. pontifex maximus geworden war, der Oberste Priester Roms, und da er als Herrscher darauf bedacht war, die traditionelle Frömmigkeit wiederherzustellen.”82

Die oben beschriebenen Entdeckungen aus der antiken Literatur und Archäologie bestätigen einige Annahmen. Erstens wurde in der griechisch-römischen Welt das Auftreten einer Frau mit unbedecktem Haupt in der Öffentlichkeit nicht als schändlich angesehen. Zweitens wurde die Verwendung einer rituellen [religiösen, gottesdienstlichen] Kopfbedeckung in den unterschiedlichen Volksgruppen unterschiedlich gehandhabt. Wir haben keine absolute Sicherheit darüber, ob jüdische Männer und Frauen im ersten Jahrhundert ihre Köpfe während eines Gottesdienstes bedeckten oder nicht. Der griechische Gottesdienst- und Anbetungsritus (ritus Graecus) war geprägt davon, dass Männer und Frauen barhäuptig vor ihre Götter zu treten hatten. Nach dem römischen Gottesdienstritus (ritus Romanus) dagegen bedeckten an religiösen Verrichtungen beteiligte Männer und Frauen ihr Haupt.

Das römische Korinth

Was aber hat römische Frömmigkeit mit einer griechischen Stadt zu tun? Die Arbeit von D. F. Engels83 beweist, dass Korinth in den Tagen von Paulus bereits eine umfassende Romanisierung durchlaufen hatte. Korinth hatte eine gesellschaftliche, politische und religiöse Umwandlung durchlebt. Im Jahr 44 v. Chr. war die Stadt unter Julius Cäsar reformiert und zu einer römischen Kolonie gemacht worden. Die ersten Kolonisten in Korinth waren freie Bürger und Arme aus römischen Städten sowie Veteranen aus Cäsars Armee. Rom belohnte die neuen Bürger mit Landzuteilungen. Die meisten nichtrömischen Einwohner waren wahrscheinlich Griechen. Der Rest der in der Kolonie Lebenden und Arbeitenden waren Orientalen (einschließlich Juden), die in die aufstrebende, aufblühende Stadt strömten.84

80 Ebd., S. 246. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.81 Ebd., S. 247. Siehe auch: Theißen. Psychologische Aspekte. S. 166.82 Thompson, „ Hairstyles”, S. 101. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.83 Engels, D.F. Roman Corinth: An Alternative for the Classical City. Chicago: University of Chicago, 1990.84 Ebd., S. 67-71.

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„Korinths Status als Provinzhauptstadt trug wahrscheinlich zu der ausgeprägten römischen Identität ihrer Elite bei. Die politische und richterliche Macht des Gouverneurs (gewöhnlich ein ehemaliger Konsul oder praetor) und seiner Mitarbeiter hätte die Ansicht der Elite bestärkt, dass sozialer und gesellschaftlicher Aufstieg mit der lateinischen Sprache und der römischen Kultur gleichgesetzt seien.”85 Latein hatte nachweislich auf griechischem Boden Wurzeln gefasst. „Von den 104 Texten, die vor der Regierungszeit Hadrians geschrieben worden sind, waren 101 in lateinischer Sprache und nur 3 in griechischer verfasst.”86 „Römische Bürger und ihre Nachkommen dominierten die Gesellschaft Korinths zumindest bis zum frühen dritten Jahrhundert n. Chr., zu der Zeit, als die schriftlichen Nachweise abnehmen. Römer kontrollierten die politischen und religiösen Einrichtungen der Stadt.”87

Bruce Winter schlussfolgert: „Daher war Korinth nicht eine griechische Stadt mit einer römischen Fassade. Korinth war mit Absicht und gezielt als römische Kolonie geplant. Der Terminus Romanitas88 beschreibt den archäologischen Stil Korinths im ersten Jahrhundert und spiegelt eine ideologische Ansicht wieder, die uns einen wichtigen Nachweis zur Kultur im Korinth zu Paulus’ Zeit anbietet.“89 Gill fügt hinzu: „Der römische Charakter [romanness] der Kolonie sollte nicht unterschätzt werden. Die Stadt hatte einen vollständig römischen Namen, nämlich Colonia Laus Julia Corinthiensis. Ihr Magistrat [Stadtverwaltung] brachte Münzen mit lateinischen Prägungen in Umlauf. Bis zum frühen zweiten Jahrhundert n. Chr. waren öffentliche Inschriften überwiegend in Latein statt in Griechisch verfasst […] Die Architektur öffentlicher Gebäude war italienisch, nicht griechisch. Ebenso waren die Bilder und Darstellungen der Kaiser in römischer Gestalt. Das Portrait von Augustus zeigt ihn als italienischen Richter mit einer über den Kopf gezogenen Toga. Diese Art der Darstellung findet man nicht in der griechischen Stadt Athen, wo dem griechischen Stil stärker angepasste Statuen aufgestellt wurden. Zusammengefasst sollten wir versuchen, die Korintherbriefe vor einem Hintergrund römischer Kultur und Werte auszulegen.“90

Der Einfluss römischer Werte und Religion auf die Gläubigen in Korinth

85 Ebd., S. 69. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.86 Ebd., S. 71. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.87 Ebd., S. 68. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.88 Romanitas ist heute ein üblicher Ausdruck unter Althistorikern, um römische Werte und Kultur zu beschreiben. Winter, After Paul left Corinth, S. 11, Fn. 39.89 Winter, Bruce W. After Paul left Corinth: The Influence of Secular Ethics and Social Change. Grand Rapids, Michigan,: Wm. B. Eerdmans Publishing Company, 1980, S. 11. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.90 Gill, David W.J. „In Search of the Social Élite in the Corinthian Church.” Tyndale Bulletin 44.2 (1993): 323-337, S. 328. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.

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Die kulturellen Gegebenheiten spielten im Leben der Korinther allgemein eine entscheidende Rolle. Einige der Gläubigen waren Römer. Andere mögen römische Namen angenommen haben. Winter stellt heraus: „Es gibt acht lateinische Namen unter den 17 korinthischen Christen, die Paulus erwähnt, im Speziellen Aquila, Fortunatus, Gaius, Lucius, Priscilla, Quartus, Titus Justus und Tertius.”91 Die römische Religion war allgegenwärtig und beeinflusste jeden Bereich des gesellschaftlichen Lebens in Korinth.92 Die Größe Roms, die Beliebtheit der römischen Lebensart und der mit Romanitas beschriebene Einfluss werden ihre Spuren in der christlichen Gemeinde in Korinth hinterlassen haben.Gill führt aus: „Die Kolonie war relativ jung (weniger als 100 Jahre alt) und in der Folge war es in Mode, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens die römische Lebensart anzunehmen […] Wenn also, wie Spawforth argumentiert, Korinth das Zentrum der Romanitas in Griechenland war, dann würde auch die Gemeinde versuchen, sich mehr in einer römischen Weise darzustellen anstatt in einer griechischen oder jüdischen.”93

Korinthische Christen, die versucht waren, sich in einer römischen Art und Weise auszudrücken, wären natürlich auch anfällig dafür, der römischen Sitte des Kopfbedeckens zu folgen. Oster betont die Bedeutung der römischen Kultur für die Auslegung von 1. Korinther 11: „Diese römische Sitte kann für viele Generationen vor und nach dem Aufkommen des Christentums in Korinth dokumentiert werden. Sie wird auf Münzen, durch Statuen und Bauwerke und Monumente rund um das Mittelmeer deutlich dokumentiert […] Dieser Beweis der materiellen Kultur zeigt offenkundig, dass die Praxis der Männer, ihre Köpfe beim Beten und Prophezeien zu bedecken, ein allgemein übliches, alltägliches Merkmal römischer Frömmigkeit war, das über die ganze späte Republik und das frühe Kaiserreich Verbreitung fand. Da Korinth selbst eine römische Kolonie war, sollte es kaum Zweifel darüber geben, dass dieser Aspekt römischer Religionsausübung seitens der Kommentatoren größere Beachtung verdient als bisher.“94

Es ist an der Zeit zu versuchen, die Situation in der Gemeinde in Korinth zu rekonstruieren, die Paulus dazu veranlasste, seine Anweisungen in 1. Korinther 11,2-16 zu schreiben. Wahrscheinlich spiegelte diese Gemeinde die ethnische Mannigfaltigkeit wieder, die in Korinth herrschte; sie umfasste neben einer Mehrheit von Griechen auch 91 Winter. After Paul left Corinth, S. 14. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.92 Oscar Broneer fasst seine Bewertung der paganen Kulte in diesem Gebiet zusammen: „The innovations which the imperial cult brought to religious practices probably did not reach the indigenous population of Greece with the same impact as in Italy. But Corinth was at that time essentially a Roman city with local administration patterned on that of Rome, even to the extent of having most municipal documents published in Latin.” Broneer, Oscar. „Paul and the Pagan Cults at Isthmia.” Harvard Theological Review, Vol. 64, (1971): S. 169-187, S. 185.93 Ebd., S. 331. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.94 Oster, Richard E. Jr. „Use, Misuse and Neglect of Archaeological Evidence in Some Modern Works on 1 Corinthians (1 Cor 7:1-5;8:10; 11:2-16; 12:14-26),” Zeitschrift für neutestamentliche Wissenschaft 83 (1992): S. 52-73, S. 68-69. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.

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Römer95 und Juden96. Die Gemeinde selbst wurde vom Streit über verschiedene Themen bewegt (1,10-13; 3,3). Eine Spaltung zwischen den Wohlhabenden und den Armen wurde bei den Gemeindeversammlungen offenbar (11,18-22). Vielleicht kam es in dieser multi-ethnischen Versammlung zu Meinungsverschiedenheiten über die passende Bekleidung beim Beten und Weissagen. Es sind durchaus auch Spannungen zwischen den Anhängern der ursprünglichen griechischen Lebensweise und denen der römischen Kolonialkultur vorstellbar.

Paulus spricht zuerst die Männer an. Im Licht der oben erwähnten Zeugnisse aus der Antike ist es sehr wahrscheinlich, dass zumindest einige der Männer entsprechend der beliebten römischen Sitte beteten und ihren Kopf bedeckten und damit möglicherweise andere drängten, dem zu folgen. Die Art, in der Paulus die Frauen erwähnt, verdeutlicht, dass zumindest einige von ihnen ohne Kopfbedeckung beteten und weissagten. Vielleicht waren ihre Gründe dafür ebenso in ihrer Kultur zu finden: die Bräuche der Griechen und der oben erwähnten heidnischen Götterkulte. Andere Frauen handelten vielleicht so aufgrund ihrer eigenen Auffassung ihrer neu gefundenen „Freiheit“ oder „Vollmacht“ (exousia - V. 10) in Christus.97 Andere mögen immer noch die jüdische Gewohnheit vertreten haben, obwohl Unsicherheit über die zeitgenössische Praxis jüdischer Männer und Frauen beim Ausüben ihrer religiösen Pflichten herrscht.

Ist die Praxis der in 1. Korinther 11 vorgeschriebenen Kopfbedeckung kulturell oder gegenkulturell?

Vertritt Paulus etwa, dass die Christen in Korinth die vorherrschenden kulturellen Gewohnheiten übernehmen sollen? Ruft er wirklich zu einer Anpassung an die „herkömmlichen Maßstäbe anständigen Verhaltens”98 auf? Oder mit anderen Worten: muss der Abschnitt etwa als ein Zugeständnis an die griechisch-römische Kultur des ersten Jahrhunderts oder an das jüdische Verständnis von Anstand und Sitte verstanden werden? Wenn ja, so würden einige argumentieren: „Die Zeiten haben sich geändert! Wir leben heute in einer anderen Kultur. In unserer heutigen modernen Welt sind Kopfbedeckungen passé.“ Und so wiederholen wir die Frage: War Paulus’ Anweisung kulturell zu verstehen, oder stand sie im Widerspruch zur vorherrschenden Kultur bzw. den vorherrschenden Kulturen seiner Zeit?

95 Winter zeigt auf, „There are eight Latin names among the seventeen Corinthian Christians whom Paul mentions, i.e., Aquila, Futunatus, Gaius, Lucius, Priscilla, Quartus, Titus Justus and Tertius.” Winter. After Paul left Corinth, S. 14.96 Die evangelistische Aktion begann in der Synagoge (Apg. 18,1-8).97 Dieser Aspekt wird im nächsten Kapitel behandelt. 98 Bedale, Stephen. „The Meaning of in the Pauline Epistles.” Journal of Theological Studies, Vol. 5 (1954): S. 211-215, siehe S. 214. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.

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Wenn wir diese Frage einem männlichen römischen Gläubigen des ersten Jahrhunderts stellen könnten, würde er antworten: „Gegenkulturell.“ Bedingt durch seine Kultur hätte er Paulus’ Anweisung als anstößig empfunden. Die Vorstellung, sein Gebet mit traditioneller Kopfbedeckung sei schändlich, ist gegenläufig zu seiner Kultur. Bedingt durch ihre Kultur würde die gläubige Frau zu Recht fragen: „Warum sollte Paulus darauf bestehen, dass es entehrend für mich ist, mit unbedecktem Kopf zu beten oder zu weissagen? Wir stehen unter keinem Zwang, unsere Köpfe in der Öffentlichkeit zu bedecken, und es ist nicht unsere Sitte, unsere Köpfe bei religiösen Anlässen zu bedecken!“Der Apostel steuert einen Kollisionskurs gegen die allgemeingültigen kulturellen Normen des religiösen Anstands. Er verbietet sowohl die römische Praxis als auch die griechische. Viele römische und griechische Gläubige des ersten Jahrhunderts würden sich der Auffassung des Paulus natürlicherweise widersetzen und eine gründliche Erklärung brauchen. Paulus ist sorgsam bemüht, sie mit Antworten zu versorgen und erwartet Widerstand im Bezug auf diese Angelegenheit (V. 16).

Und was ist mit den Juden des ersten Jahrhunderts? Nachdem Oepke etliche Quellen zitiert, die zeigen, dass von griechischen Frauen nicht erwartet wurde, in der Öffentlichkeit ihren Kopf zu bedecken, wohl aber von jüdischen Frauen, schlussfolgert er: „Paulus hat hiernach in seinen Gemeinden auch auf griechischem Boden eine Sitte einzuführen versucht, die zwar nicht griechischem, wohl aber orientalischem und speziell jüdischem Anstandsempfinden entsprach.”99 Es muss angemerkt werden, dass Oepkes jüdische Quellen sich nicht auf rituelles Kopfbedecken beziehen, sondern auf solches in der Öffentlichkeit. Nehmen wir einmal an, dass jüdische Männer nicht verpflichtet waren, während Gottesdiensten eine Kopfbedeckung zu tragen, Frauen jedoch schon. Stimmt es dann, dass Paulus den Gemeinden auf griechischem Boden eine jüdische Sitte aufbürdete?

Es wäre mit Sicherheit sehr ‚unpaulinisch’, außerbiblische jüdische Gepflogenheiten einer weitgehend heidenchristlichen Gemeinde aufzuerlegen! Nicht einmal die ausdrücklichen Wünsche des Konzils von Jerusalem100 bürdete Paulus den zumeist nichtjüdischen Gläubigen in Korinth auf, sondern entschied sich stattdessen, seine eigene, ausführliche Abhandlung zur Frage des Essens von Götzenopferfleisch zu schreiben (Kapitel 8-10). Eine ethnische Mehrheit dazu aufzurufen, die kulturellen Normen einer ethnischen Minderheit anzunehmen, würde Paulus’ Gewohnheit zuwiderlaufen, allen Menschen alles zu werden (1. Kor 9,18-23) und der Gesellschaft im Allgemeinen oder der Gemeinde keinen unnötigen Anstoß zu geben in Angelegenheiten,

99 Oepke. Theologisches Wörterbuch. 563-564. Siehe auch die ähnliche Äußerung in Conzelmann, Hans. Der erste Brief an die Korinther. Göttingen: Vanderhoeck und Ruprecht, 1981, S. 225-226.100 „Denn es hat dem Heiligen Geist und uns gut geschienen, keine größere Last auf euch zu legen, als diese notwendigen Stücke: euch zu enthalten von Götzenopfern … (Apg. 15,28-29).

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die nicht die Moral betreffen (10,31-32).101 Darüber hinaus hat Paulus wiederholt seine Zurückhaltung und Scheu gezeigt, Gläubigen aus den Nationen jüdische Frömmigkeitsnormen aufzubürden (Apg 15, Galater, Philipper 3 etc.).102

Die Untersuchung des Beweismaterials hat folgendes enthüllt: das Argument für das kulturelle Veralten der Kopfbedeckung, das auf der Annahme basiert, Paulus‘ primäres Interesse sei die Erhaltung der zeitgenössischen kulturellen Normen, ist falsch. Die kulturellen Gewohnheiten der Menschen im Mittelmeerraum des ersten Jahrhunderts waren nicht überall gleich. Selbst wenn eine Ähnlichkeit zwischen der außerbiblischen Kultur der Juden des ersten Jahrhunderts und Paulus’ Anweisung besteht, gehört dies nicht zur Sache. Paulus war weit davon entfernt, bestehende griechisch-römische oder rabbinische Gebräuche des ersten Jahrhunderts ‚verchristlichen’ zu wollen und hat vielmehr „mit eigenständigen christlichen Prinzipien argumentiert.“103 Paulus und seine apostolischen Mitarbeiter gaben diese neue Sitte weiter (V. 2) – eine Sitte, die bereits vorhanden und zur allgemeinen Gewohnheit in allen Gemeinden des ersten Jahrhunderts geworden war, mit Ausnahme von Korinth (V. 16). Diese sichtbaren Kopfbedeckungen verkündeten insgeheim eine sich unterscheidende christliche – nicht jüdische – Botschaft. Der christliche Mann und die christliche Frau machen mit ihrer komplementären Kopfbedeckung eine bildhafte Aussage. Damit wollte Paulus, dass die Gläubigen in Korinth (und auch wir) die tiefgehende Bedeutung ihrer (und unserer) symbolischen Erklärung verstehen. In diesem Abschnitt will er die theologischen und sozialen Aussagen darlegen, die durch den unbedeckten Kopf des christlichen Mannes und den bedeckten Kopf der christlichen Frau gemacht werden, wenn sie in die Gegenwart Gottes treten, um zu ihm zu sprechen oder eine Botschaft von Ihm an andere zu verkündigen. Ihre sinnbildliche Botschaft erzählt, wie sich das großartige Unterfangen der Erlösung auf die Beziehung zwischen Gott und seinem Christus ausgewirkt hat. Diese wunderbare Beziehung ist zu dem Muster für die Beziehung zwischen dem Mann, der Frau und Christus in dieser Erlösungsordnung geworden (V. 3-6). Die Symbole sprechen von der herrlichen Rolle, die Gott ursprünglich für Mann und Frau in der

101 Weder Römer, noch Grieche noch Jude ist in dieser Frage aufgefordert, was das öffentliche Auftreten betrifft, seinen Brauch zu ändern.102 „The Jew-Gentile issue does not come up here at all, as it did in chs. 8-10. Considering what Paul says in 9:20ff., it is difficult to believe that he would impose a specifically Jewish custom on Christians, either men or women, in Roman Corinth, some of whom were certainly not Jewish. Furthermore, both Roman and Corinthian evidence make it unlikely that Paul would impose any foreign or specifically Jewish custom on the ethically mixed ekklesia in Corinth.” Witherington. Conflict and Community in Corinth, S. 235.103 Robertson & Plummer. A Critical and Exegetical Commentary, S. 229. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.

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Schöpfungsordnung beabsichtigt hatte (V. 7-9),104 und das im Blick auf die vor den Engeln getragene Vollmacht der Frau105 (V. 10).

Weiterhin will der Apostel, dass seine Leser in allen Jahrhunderten nicht nur die geschlechtsspezifische Unterscheidung anerkennen (V. 7-10). Er will auch, dass sie die gegenseitige Abhängigkeit und die wechselseitigen Rollen von Mann und Frau verstehen, damit sie sich gegenseitig respektieren und ehren (V. 11-12). Zusätzlich zu dem erwähnten theologischen Argument fordert Paulus die Männer und Frauen in Korinth auf, die Angemessenheit ihrer unterschiedlichen natürlichen Kopfbedeckung zu beurteilen, welche in Gegenzug zu einer angemessenen Verwendung der textilen Kopfbedeckung im Rahmen der Anbetung anstoßen will. Paulus geht davon aus, dass seine Leserschaft diesem „natürlichen“ Argument zustimmt (V. 13-15).

Witherington erklärt, wie Paulus’ Berufung auf die Natur auf sein theologisches Fundament baut: „Der Großteil des Arguments basiert auf einer theologischen Begründung (2-12). Die theologische Begründung wird nicht als nachträglicher Gedanke eingeführt, um ein Argument zu stützen, das hauptsächlich auf kulturelle Gewohnheiten oder auf ‚die Natur selbst’ gegründet ist. Ganz im Gegenteil: Paulus beruft sich auf die Natur und die Sitte, um in seinen abschließenden Argumenten (Verse 13f.) Einwänden aller Art entgegenzutreten und diese endgültig zu entkräften. Offensichtlich, wie Vers 16 schließen lässt, sah er voraus, dass Einige in dieser Sache gegensätzlicher Ansicht sein würden.”106

Im nächsten Kapitel werden wir Paulus’ Argumente der Theologie und Natur genauer untersuchen. Aber hier genügt es festzuhalten, dass die Beweise der Archäologie und Literatur des ersten Jahrhunderts sehr beredt alle Behauptungen widerlegen, der Apostel plädiere für eine Anpassung an die Kultur107 seiner Tage. Das theologische Argument des Paulus kann schwerlich als ein Plädoyer für kulturelles Einfühlungsvermögen verstanden werden. Ganz im Gegenteil: Paulus erklärt die 104 Noel Weeks bemerkt zu der Sichtweise, dass Paulus Gleichförmigkeit zu kulturellen Standards forderte „It is often asserted that Paul’s purpose was to make the church conform to local standards of decency. His teaching in this passage may have relevance for us in that the principle of seeking to avoid offense is applicable to us, but the specific details are not binding upon us. This interpretation of the whole passage finds no warrant in the text itself. In the previous chapter the apostle had argued against certain practices which could be misinterpreted within Corinthian society. In 14:23 he raises as an argument the effect that church behavior would have upon outsiders. In chapter 11 there is no such appeal. The argument consistently turns upon the created order. Being the created order, it is an order valid in all times and places.” Weeks, Noel. „Of Silence and Head Covering.“ Westminster Theological Journal: 35/1 Fall 1972, S. 21.105 Engel sind räumlich oben und sind nicht an zeitlich begrenzten örtlichen Gebäuchen interessiert.106 Witherington. Conflict and Community in Corinth, S. 235. Vom Autor aus dem Englischen übersetzt.107 Mcquilkin, J. Robertson. „Limits of Cultural Interpretation.” Journal of the Evangelical Theological Society 23/2 (1980): S. 113-124.: „But what is culture? ’Culture’ is a sociological abstraction describing the way a particular group of people lives, relates, behaves. Thus it might be said that ’culture’ is what the Bible is all about. The Bible was given to reveal how God wants people to live, relate, behave. So to mold the teaching of Scripture by contemporary human behavior is exactly the opposite of what is intended by revelation. The Bible was intended to create a culture, not to be molded by it.” S. 121.

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Bedeutung zweier unterschiedlicher christlicher Symbole und die zeitlose Botschaft, die sie beredt verkünden.