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22 Extrathema Die neue DIN 18008 Dickes Ende: Glasermittlung künftig nach DIN-Norm DIN-Normen beschreiben nun erstmals seit vielen Jahren umfas- send die Ermittlung der Glasdicke. Die neuen Regeln sind leider komplizierter und unterscheiden sich vom bisherigen Standard. GFF - Experten Autor/Foto: Dipl.-Wi.-Ing. Reiner Ober- acker, technischer Berater des Fach- verbands GFF Baden-Württemberg Bis vermutlich 2012 stellen sich Anwender die leidige Frage, ob sie sich bereits auf die neuen Normengrundlagen als anerkannte Re- geln der Technik beziehen sollen oder gar müssen. Oder ob auch für die privatrechtliche Vereinbarung eine bauaufsichtliche Einfüh- rung abgewartet werden kann. Gute Soft- wareprogramme ermöglichen beide Re- chenmethoden, die gelegentlich zu durchaus abweichenden Glasdicken führen. So kann der Ausführende für die Übergangszeit dem Auftraggeber den Schwarzen Peter zuschie- ben: Er soll die Entscheidung über die anzu- wendenden Grundlagen treffen. Die DIN 18008, „Glas im Bauwesen – Be- messungs- und Konstruktionsregeln“ wurde in Teil 1 „Begriffe und allgemeine Grund l agen“ und Teil 2 „Linienförmig gelagerte Vergla- sungen“ mit dem Ausgabedatum 2009-07 vom DIN veröffentlicht. Weitere Teile, z.B. zu punktförmig gelagerten Verglasungen und solche mit Zusatzanforderungen an absturz- sichernde Verglasungen, sollen kurzfristig folgen. Der zeitliche Ablauf sieht vor, dass der Normenausschuss nach den fertigen Tei- len 1 und 2 der DIN 18008 den Teil 3 zu den punktförmig gelagerten Verglasungen und den Teil 4 zu den absturzsichernden Vergla- sungen sehr zügig fertig bearbeitet. Mit der gemeinsam vorgesehenen bauaufsichtlichen Einführung und damit der Ablösung von TRLV, TRAV & Co. ist dann bis Anfang 2012 zu rech- nen. Die Geschichte der allgemeinen Verunsicherung Die Ausführung von Verglasungen in der richtigen Dicke und damit die Stabilität ist seit Jahrzehnten die ureigenste Sache der Glaser. Besonders große Scheiben, z.B. in Schaufenstern, fordern auch heute ein besonderes Know-how. Viele Fachunter - nehmer wünschen sich seit langem eine gesicherte Grundlage für die Glasdicken - ermittlung. Als erstes Papier, das sich mit der Glasdickenermittlung näher beschäftigte, ist die DIN 18056:1966 „Fensterwände“ zu nen- nen. Von der Tatsache abgesehen, dass die Norm nur für mindestens neun Quadratme- ter große Fensterwände mit mindestens zwei Meter Kantenlänge galt, gab es keine Mög- lichkeiten, z.B. eine zweiseitige Lagerung, an- dere Glaserzeugnisse oder andere Windlas- ten zu betrachten. Vieles, besonders im klein- formatigen Bereich, machten die Fachleute nach Erfahrung und Gefühl. Und in der Pra- xis hat das auch ganz gut funktioniert. Da immer wieder Bestrebungen scheiterten, das Thema in eine DIN zu fassen, nahmen die im Technischen Beirat des Bundesin- nungsverbands des Glaserhandwerks ver- tretenen Fachkreise das Heft in die Hand. Dort wurde die Technische Richtlinie des Gla- serhandwerks (TR) Nr. 2 „Windlast und Glas- dicke“ erarbeitet und erstmals 1981 veröf- fentlicht. Die Verbandsrichtline zeigte ein in der Darstellung der DIN 18056 ähnliches Di- agramm für die Ablesung von „Glasdicken- grundwerten“ für senkrecht eingebaute und allseitig gelagerte Verglasungen. Hinzu ka- men Faktoren für verschiedene Glaserzeug- nisse/-arten. Dazu zählten außer dem im Di- agramm direkt berücksichtigten Spiegelglas das ESG, VSG und auch Gussglas. Für unter- schiedliche Windlasten waren Ablesetabel- len enthalten und für diese und andere Be- dingungen und Auflagerungsarten hatten die Experten Rechenformeln angegeben. Mit ein bisschen Übung und einem Taschenrechner ermittelte der Profi entsprechende Einfach- scheiben schnell und zuverlässig. Da die Überkopfverglasungen in den 80er Jahren immer mehr an Bedeutung gewannen, folgte 1987 die Herausgabe der gleichnami- gen TR Nr. 19. Darin waren, außer einer Be- schreibung zur Ermittlung der Wind- und der Schneelasten (nach DIN 1055), Ableseta- bellen und auch Rechenformeln für die zwei- Diese Schriften des Glaserhandwerks stellten die Glasdickenermittlung vor vielen Jahren auf eine nachvollziehbare Basis. GFF  10-2010

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  • 22 Extrathema Die neue DIN 18008

    Dickes Ende: Glasermittlungknftig nach DIN-NormDIN-Normen beschreiben nun erstmals seit vielen Jahren umfas-send die Ermittlung der Glasdicke. Die neuen Regeln sind leider komplizierter und unterscheiden sich vom bisherigen Standard.

    GFF - Experten

    Autor/Foto: Dipl.-Wi.-Ing. Reiner Ober-acker, technischer Berater des Fach-verbands GFF Baden-Wrttemberg

    Bis vermutlich 2012 stellen sich Anwenderdie leidige Frage, ob sie sich bereits auf dieneuen Normengrundlagen als anerkannte Re-geln der Technik beziehen sollen oder garmssen. Oder ob auch fr die privatrechtlicheVereinbarung eine bauaufsichtliche Einfh-rung abgewartet werden kann. Gute Soft-wareprogramme ermglichen beide Re-chenmethoden, die gelegentlich zu durchausabweichenden Glasdicken fhren. So kannder Ausfhrende fr die bergangszeit demAuftraggeber den Schwarzen Peter zuschie-ben: Er soll die Entscheidung ber die anzu-wendenden Grundlagen treffen.Die DIN 18008, Glas im Bauwesen Be-messungs- und Konstruktionsregeln wurdein Teil 1 Begriffe und allgemeine Grund lagenund Teil 2 Linienfrmig gelagerte Vergla-sungen mit dem Ausgabedatum 2009-07vom DIN verffentlicht. Weitere Teile, z.B. zupunktfrmig gelagerten Verglasungen undsolche mit Zusatzanforderungen an absturz-sichernde Verglasungen, sollen kurzfristigfolgen. Der zeitliche Ablauf sieht vor, dassder Normenausschuss nach den fertigen Tei-len 1 und 2 der DIN 18008 den Teil 3 zu denpunktfrmig gelagerten Verglasungen undden Teil 4 zu den absturzsichernden Vergla-sungen sehr zgig fertig bearbeitet. Mit dergemeinsam vorgesehenen bauaufsichtlichenEinfhrung und damit der Ablsung von TRLV,TRAV & Co. ist dann bis Anfang 2012 zu rech-nen.

    Die Geschichte der allgemeinen VerunsicherungDie Ausfhrung von Verglasungen in der richtigen Dicke und damit die Stabilitt istseit Jahrzehnten die ureigenste Sache derGlaser. Besonders groe Scheiben, z.B. inSchaufenstern, fordern auch heute ein besonderes Know-how. Viele Fachunter -nehmer wnschen sich seit langem eine gesicherte Grundlage fr die Glasdicken -ermittlung. Als erstes Papier, das sich mitderGlasdickenermittlung nher beschftigte, istdie DIN 18056:1966 Fensterwnde zu nen-nen. Von der Tatsache abgesehen, dass die

    Norm nur fr mindestens neun Quadratme-ter groe Fensterwnde mit mindestens zweiMeter Kantenlnge galt, gab es keine Mg-lichkeiten, z.B. eine zweiseitige Lagerung, an-dere Glaserzeugnisse oder andere Windlas-ten zu betrachten. Vieles, besonders im klein-formatigen Bereich, machten die Fachleutenach Erfahrung und Gefhl. Und in der Pra-xis hat das auch ganz gut funktioniert.Da immer wieder Bestrebungen scheiterten,das Thema in eine DIN zu fassen, nahmendie im Technischen Beirat des Bundesin-nungsverbands des Glaserhandwerks ver-tretenen Fachkreise das Heft in die Hand.Dort wurde die Technische Richtlinie des Gla-serhandwerks (TR) Nr. 2 Windlast und Glas-dicke erarbeitet und erstmals 1981 verf-fentlicht. Die Verbandsrichtline zeigte ein inder Darstellung der DIN 18056 hnliches Di-agramm fr die Ablesung von Glasdicken-

    grundwerten fr senkrecht eingebaute undallseitig gelagerte Verglasungen. Hinzu ka-men Faktoren fr verschiedene Glaserzeug-nisse/-arten. Dazu zhlten auer dem im Di-agramm direkt bercksichtigten Spiegelglasdas ESG, VSG und auch Gussglas. Fr unter-schiedliche Windlasten waren Ablesetabel-len enthalten und fr diese und andere Be-dingungen und Auflagerungsarten hatten dieExperten Rechenformeln angegeben. Mit einbisschen bung und einem Taschenrechnerermittelte der Profi entsprechende Einfach-scheiben schnell und zuverlssig.Da die berkopfverglasungen in den 80erJahren immer mehr an Bedeutung gewannen,folgte 1987 die Herausgabe der gleichnami-gen TR Nr. 19. Darin waren, auer einer Be-schreibung zur Ermittlung der Wind- und derSchneelasten (nach DIN 1055), Ableseta-bellen und auch Rechenformeln fr die zwei-

    Diese Schriften des Glaserhandwerks stellten die Glasdickenermittlung vor vielen Jahren auf einenachvollziehbare Basis.

    GFF 10-2010

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  • 24 Extrathema Die neue DIN 18008

    und vierseitige Lagerung formuliert. Auer-dem empfahl diese Verbandsrichtlinie, dieuntere Scheibe von berkopfverglasungengenerell in VSG auszufhren; jede Scheibewar auf die volle Belastung auszulegen. AufBasis dieser Richtline fertigte und baute dieBranche Millionen von Scheiben mit bisheute einwandfreier Funktion. Auch hier er-mittelte der Praktiker Glasdicken noch miteinfachen Hilfsmitteln selbst, auch im Iso-lierglas. Es galt die Annahme, dass fr dieAuen- und die Innenscheibe jeweils die vol-le statische Last, die maximal aus der Wind-last, der Schneelast und dem Eigengewichtbestand, anzusetzen war.

    Technische Regeln statt NormInfolge wissenschaftlicher Erkenntnisse undeinzelner Schadensflle zum Problem Klima -last gab das Deutsche Institut fr Bautech-nik (DIBt) 1996 die Technischen Regeln frdie Verwendung von linienfrmig gelagerten

    berkopfverglasungen (TRko) heraus. Indiesem bauaufsichtlichen Regelwerk wurdenBedingungen zur Bemessung von berkopf-verglasungen in der Form beschrieben, dasszu den vorher zu bercksichtigenden uerenBeanspruchungen Wind, Schnee und Eigen-gewicht zustzlich die Klimalast als innereLast anzusetzen ist. Diese ergibt sich ausTemperaturnderungen, Schwankungen desbarometrischen Luftdrucks und aus Luft-druckunterschieden aufgrund der Hhen -lagen von Produktions- und Einbauort. Vor-zunehmen ist ein Spannungs- und ein Durch-biegungsnachweis. 1998 wurde die TRkoum Vertikalverglasungen erweitert, die in dieTechnischen Regeln fr die Verwendung vonlinienfrmig gelagerten Verglasungen (TRLV)einflossen. Die technischen Regeln wurdendann kurzfristig bauaufsichtlich eingefhrt.Da eine Berechnung mit dem Taschenrechneroder Tabellenablesungen faktisch nicht mehrmglich waren, entwickelten Softwarehu-ser EDV-Programme zur Glasdickenbestim-

    mung. Damit setzt der Anwender die Regel-werkbestimmungen und insbesondere dievielen zu unterscheidenden Lastflle schnellund sicher um. Allerdings musste der Prak-tiker z.B. fr die Glasdickenermittlung einerberkopfscheibe mehr als 20 Objektdatenerfassen.2003 verffentlichte das DIBt die Techni-schen Regeln fr die Verwendung von ab-sturzsichernden Verglasungen (TRAV), umdie Bemessung von Scheiben mit absturzsi-chernder Funktion zu ermglichen. Ihre Wir-kung entfaltete die neue Regel durch Tabel-len mit den Eigenschaften von Glasaufbau-ten mit nachgewiesener absturz sichernderFunktion, wodurch sich eine weitere Nach-weisfhrung etwa im Rahmen von Allgemei-nen bauaufsichtlichen Zulassungen (AbZ),von Allgemeinen bauaufsichtlichen Prf-zeugnissen (AbP) oder von Zustimmungenim Einzelfall (ZiE) erbrigte. Gleichwohl gibtes Wege, wenn die Tabellenwerte nicht pas-sen oder neue Systeme, die bisher nichtnachgewiesen sind, verwendet werden sol-len. 2006 aktualisierte das DIBt die TRLV undverffentlichte Technische Regeln fr dieBemessung und Verwendung von punktfr-mig gelagerten Verglasungen (TRPV) zu-stzlich. Letztere trugen der Tatsache Rech-nung, dass zunehmend nicht linienfrmig ineinem Glasfalz gelagerte Scheiben, sondernsolche mit Punktlagern eingesetzt werden.Auch diese Papiere sind mit konventionellenBemessungsmethoden bauauf sichtlich ein-gefhrt. Die punktfrmig ge lagerten Vergla-sungen werden als Teil 3 der DIN 18008 ein-gereiht. Dabei werden zunchst die wesent-lichen Inhalte der TRPV als Norm bernom-men. Dies gilt auch fr die Vorgaben an ab-sturzsichernde Verglasungen in DIN 18008-4, in welche die TRAV mit geringen nde-rungen berfhrt wird.

    Die fnf wichtigsten nderungenim berblick1. Das Bemessungskonzept wird von reinenSpannungs- und Durchbiegungsnachweisenauf Teilsicherheitsbeiwerte umgestellt, wel-che mit statistischen Werten auch Wahr-scheinlichkeitsbetrachtungen verlangen.2. Dabei geht es um Nachweise von Grenz-zustnden der Tragfhigkeit und der Ge-brauchstauglichkeit (bei denen doch wiederSpannungen und Durchbiegungen die we-sentliche Rolle spielen).3. Vllig neu ist die Betrachtung von auer-gewhnlichen Bemessungssituationen, z.B.Zerstrungszustnden, Erdbeben.4. Die Einwirkungsdauer spielt eine wesent-lich grere Rolle.5. Vorgespannte Glser und Verbundglserwerden gnstiger beurteilt.

    Bisherige Unterlagen zur Glasdickenermittlung auf einen Blick

    DIN 18056:1966-06 Fensterwnde Bemessung und Ausfhrung

    TR 2: Windlast und Glasdicke Dickenwahl von Glasscheiben in Abhngigkeit vonder Windlast; 1981

    TR 18: Umwehrungen mit Glas Konstruktionshilfen anhand von bewhrten Bei-spielen aus der Praxis; 1985

    TR 19: berkopfverglasungen Bestandsaufnahme der Ausfhrungsvorschriften Dickenwahl von Glasscheiben fr nicht senkrechten Einbau: 1987

    Technische Regeln fr die Verwendung von linienfrmig gelagerten berkopf-verglasungen; 1996

    Technische Regeln fr die Verwendung von linienfrmig gelagerten Verglasungen(TRAV); 1998

    Technische Regeln fr die Verwendung von absturzsichernden Verglasungen; 2003

    Technische Regeln fr die Verwendung von linienfrmig gelagerten Verglasungen(TRLV); 2006

    Technische Regeln fr die Bemessung und Ausfhrung von punktfrmig gelagertenVerglasungen (TRPV); 1996

    Normenfamilie DIN 18008 Glas im Bauwesen Bemessungs- und Konstruktionsregeln

    DIN 18008-1:2010-12; Teil 1: Begriffe und allgemeine Grundlagen

    DIN 18008-2:2010-12; Teil 2: Linienfrmig gelagerte Verglasungen

    Entwurf DIN 18008-3:2010; Teil 3: Punktfrmig gelagerte Verglasungen

    Entwurf DIN 18008-4:2010; Teil 4: Zusatzanforderungen an absturzsichernde Verglasungen

    Arbeitspapier DIN 18008-6:2010; Teil 5: Zusatzanforderungen an begehbare Verglasungen

    Arbeitspapier DIN 18008-6:2011; Teil 6: Zusatzanforderungen an zu Reinigungs-und Wartungsmanahmen betretbare Verglasungen

    Arbeitspapier DIN 18008-7:2011; Teil 7: Sonderkonstruktionen

    Grafiken: GFF; Quelle: Oberacker

    GFF 10-2010

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