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Fahrwerk perfekt einstellen D a spendieren die Konstrukteure mo- dernen Maschinen alle erdenklichen Einstellmöglichkeiten, doch nur die wenigs- ten Biker nutzen das Potenzial. In der Hoff- nung, die Abstimmung wird schon irgend- wie passen, lassen viele einfach die Finger von den Stellschräubchen am Fahrwerk. Doch keine Angst, jede Technik ist be- herrschbar, so lassen sich auch Federung und Dämpfung mit einem konkreten Plan und dem „Gewusst wie“ in die gewünschte Richtung optimieren. Schritt eins beginnt mit dem Blick ins Fahrerhandbuch und der Einstellung der dort angegebenen Werte. In der Regel tau- gen diese als Grundabstimmung für einen ambitionierten 75-Kilo-Kradler. Sollten Sie nicht in dieses Raster passen oder gar Ihr Handbüchlein verschlampt haben, kein Drama: einfach wie folgt weitermachen. Helm auf, Motor an, Abfahrt! Maschine warm fahren. Warum? Weil sich das Hy- drauliköl in Gabel und Stoßdämpfer durch die Federbewegungen verändert. In der Gabel vermischt sich das Öl mit Luft, was zu einer Emulsion führt, die etwas weniger Dämpfkraft aufweist als ein nicht aufge- schäumtes, kaltes Öl. Am Federbein ist das Öl zwar meist vom Gasdruckpolster getrennt, erwärmt sich aber beim Fahren durch die Dämpferarbeit und die Abwärme des Motors und verliert somit ebenfalls leicht an Dämpfkraft. Schritt zwei: Einstellung der soge- nannten Fahrhöhe. Dies geschieht über die Vorspannung der Federn (Federbasis). Vorn an den Sechskant-Gewindespindeln in den Gabelholmen, hinten meist über zwei gekonterte Nutmuttern oder eine Raster- mechanik. Nur wenige Maschinen besitzen eine hydraulische Verstellung per Handrad. Je stärker die Federn vorgespannt werden, desto höher stehen Front- beziehungs- weise Heckpartie. Als Faustformel gilt, Von Werner Koch; Fotos: fact, Koch; Comic: Holger Aue; Zeichnungen: Wilbers Products Stellschrauben und Rädchen an allen Ecken und Enden, doch kaum jemand traut sich ran an Gabel oder Stoßdämpfer. MOTOR- RAD erklärt, wie man auch ohne Maschinenbau-Studium gezielt und individuell seinem Motorrad- fahrwerk Beine macht. EINSTELLUN FAHRWERK Know-how EINSTELLUN 70 test + technik MOTORRAD

Fahrwerk perfekt einstellen_05_2007

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Fahrwerk perfekt einstellen

Da spendieren die Konstrukteure mo-dernen Maschinen alle erdenklichen

Einstellmöglichkeiten, doch nur die wenigs-ten Biker nutzen das Potenzial. In der Hoff-nung, die Abstimmung wird schon irgend-wie passen, lassen viele einfach die Fingervon den Stellschräubchen am Fahrwerk.Doch keine Angst, jede Technik ist be-herrschbar, so lassen sich auch Federungund Dämpfung mit einem konkreten Planund dem „Gewusst wie“ in die gewünschteRichtung optimieren.

Schritt eins beginnt mit dem Blick insFahrerhandbuch und der Einstellung derdort angegebenen Werte. In der Regel tau-gen diese als Grundabstimmung für einenambitionierten 75-Kilo-Kradler. Sollten Sienicht in dieses Raster passen oder gar Ihr Handbüchlein verschlampt haben, keinDrama: einfach wie folgt weitermachen.

Helm auf, Motor an, Abfahrt! Maschinewarm fahren. Warum? Weil sich das Hy-drauliköl in Gabel und Stoßdämpfer durchdie Federbewegungen verändert. In derGabel vermischt sich das Öl mit Luft, waszu einer Emulsion führt, die etwas wenigerDämpfkraft aufweist als ein nicht aufge-schäumtes, kaltes Öl. Am Federbein istdas Öl zwar meist vom Gasdruckpolstergetrennt, erwärmt sich aber beim Fahrendurch die Dämpferarbeit und die Abwärmedes Motors und verliert somit ebenfallsleicht an Dämpfkraft.

Schritt zwei: Einstellung der soge-nannten Fahrhöhe. Dies geschieht über dieVorspannung der Federn (Federbasis). Vornan den Sechskant-Gewindespindeln in denGabelholmen, hinten meist über zwei gekonterte Nutmuttern oder eine Raster-mechanik. Nur wenige Maschinen besitzeneine hydraulische Verstellung per Handrad.Je stärker die Federn vorgespannt werden,desto höher stehen Front- beziehungs-weise Heckpartie. Als Faustformel gilt,

Von Werner Koch; Fotos: fact, Koch; Comic:Holger Aue; Zeichnungen: Wilbers Products

Stellschrauben und Rädchen an allen Ecken und Enden, dochkaum jemand traut sich ran anGabel oder Stoßdämpfer. MOTOR-RAD erklärt, wie man auch ohneMaschinenbau-Studium gezieltund individuell seinem Motorrad-fahrwerk Beine macht.

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EINSTELLUN

70 test + technikMOTORRAD

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GS-SACHEGS-SACHE

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N I = Negativfederweg I: Messung ohne Fahrer N II = Negativfederweg II: Messung mit Fahrer

Lineare Feder (links) mit gleichbleibenden Wicklungen. Die Zahlen bedeuten: 90 Kilogramm Federkraft pro Zentimeter Federweg und 150Millimeter freie Länge. Die rechte Feder ist progressiv gewickelt, was an den unterschiedlich großen Abständen des Federdrahts zu erkennen ist

Gesamtfederweg 120 mmN II = 40 +/– 5 mmN I = 30 +/– 5 mm

72 test + technik 5/2007MOTORRAD

Federung, steht der Lenkkopf ein Grad zuflach, was den Nachlauf um rund sechsMillimeter verlängert. Folge: schlechtesHandling, indifferentes Lenkverhalten undin langen Kurven die Tendenz zu einemgroßen Radius.

Also ran jetzt. Wir beginnen vorn: DerMesswert bei vollständig ausgefederterGabel ist die Grundlage. Dazu zwei Mess-punkte festlegen, dann das Motorrad mit einem Helfer über den Seitenständer kippen, Meterstab anlegen, Wert notieren.Danach wird das Motorrad mehrmals

durchgefedert und die Messung (Motor-rad ausbalanciert stehend) wiederholt. Die Differenz der beiden Werte ergibt denNegativfederweg I (N I). Die dritte Messungerfolgt mit Fahrer, der das Motorrad in korrekter Fahrhaltung neutral in der Balan-ce hält. Auch dieser Wert wird von der Messung eins abgezogen und als Negativ-federweg II (N II) notiert.

Das ganze Prozedere wird nun hintenwiederholt. Und zwar mit Messungen zwi-schen Hinterradachse und Rahmenheck.Der fixe Messpunkt am Rahmenheck solltein einem leichten Winkel (etwa 15 Grad)mit Klebestreifen oder wasserlöslichemMarker angebracht werden.

Anschließend werden die Messwertemit den Sollwerten (siehe Abbildungenoben) verglichen. Sind sie kleiner, mussVorspannung heraus genommen werden,fallen die Werte höher aus, gilt es, die Vor-spannung zu vergrößern. Unsere Beispielebeziehen sich auf einen Gesamtfederwegvon 120 Millimetern, der bei allen aktuellenStraßenmaschinen nahezu identisch ist.Bei längeren Federwegen, etwa bei Reise-Enduros, erhöhen sich die Negativanteilelogischerweise prozentual. Achtung: FürBMW-Telelever-Systeme gelten andereGesetze, da diese durch den Bremsnick-ausgleich mit extrem weichen Federn be-stückt sein können.

Wenn vorne und hinten überhauptnichts stimmt, haben Sie ein Problem:nämlich zu weiche oder zu harte Federn.Und an der Federhärte – im Fachjargon

Die Federvorspannungan der Telegabel wirdüber Gewindespindeln(blau) eingestellt.Eine Nuss mit gerun-detem Sechskant(kleines Foto) schont dabei die empfindliche,eloxierte Oberfläche

Zwischen Stand- undTauchrohr lassen sich die Anteile desNegativfederwegsvermessen. Die klei-nern Werte (- 5 mm)gelten für schwereFahrer, die größeren(+ 5 mm) für leichte

FEDERUNG

FEDERWEGAM VORDERRAD

FAHRWERKKnow-how

90-150

dass die Gabel durch Aufsitzen des Fah-rers um etwa ein Drittel, das Heck um etwaein Viertel des Gesamtfederwegs (Herstel-lerangabe) abtaucht (Negativfederweg II).Nur so lässt sich die Gefahr minimieren,dass die Federelemente beim Einfederndurchschlagen und die Räder beim Aus-federn den Bodenkontakt verlieren.

Nun beeinflusst die Fahrhöhe abernicht nur den Anteil der Negativ- und Posi-tivfederwege, sondern auch die Lenk- undRahmengeometrie. Hängt zum Beispiel einMotorrad hinten 25 Millimeter zu tief in der

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Gesamtfederweg 120 mmN II. = 30 +/– 5 mmN I. = 10 +/– 5 mm

Federrate – lässt sich, Vorspannung hinoder her, nichts drehen (siehe Diagrammlinks unten). In welche Richtung die Feder-rate abweicht, errechnet sich aus der Dif-ferenz von N I zu N II. Übersteigt diese an unserem Beispiel-Heck 35 Millimeter,ist die Feder zu weich, liegt sie unter 15 Millimeter, ist sie zu hart. Effektive Abhilfeschafft dann nur der Einsatz einer neuenFeder (Bezugsquellen Seite 74).

An der Gabel hingegen federn nicht nurdie Schraubenfedern, sondern zusätzlichdie Luftkammern in den beiden Gabelhol-men. Diese haben eine progressive Wir-kung und sorgen für mehr Durchschlagsi-cherheit beim Bremsen. Dieses Luftpolster(Tabelle Seite 76 unten) wird über die Öl-menge einjustiert und ohne Feder gemes-sen. Wer nun den Gabelölstand verändernwill, muss jedoch nicht in jedem Fall die Fe-

der entfernen. Mit einer Spritze (siehe Seite76) kann Öl eingefüllt (härter), manchmalauch abgesaugt (weicher) werden. Dazumuss man wissen, dass sich das Volumenfür zehn Millimeter Ölstand aus der Flächedes Standrohrinnendurchmessers mal zehnMillimeter errechnet (� x d2/4 x 10). BeimExperimentieren bitte nur in kleinen Schrit-ten von maximal zehn Millimeter Füllhöhevorgehen. Achtung: Wird zu viel Öl einge-

Zwischen Fixpunkt am Rahmenheck (Pfeil) und Achsewerden die Federwegsanteile am Hinterrad festgelegt

Schlimmstenfallsmüssen unzu-gängliche Feder-beine mit Umlenk-systemen zur Veränderung derVorspannungausgebaut werden.Soll das Rahmen-heck um zehn MilIimeter höherstehen, muss dieFedervorspannungmittels Haken-schlüssel (kleinesFoto) um rundfünf Millimeter erhöht werden.Warum? Da Um-lenkungen in derRegel mit einemÜbersetzungs-verhäItnis von 2:1 arbeiten

FEDERWEGAM HINTERRAD

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füllt, kann es zu einem gefährlichen Ab-blocken der Federung kommen.

Die Toleranz der Negativfederwege erlaubt es, das Motorrad auch über die Vorspannung auf gewisse fahrdynamische Eigenschaften zu trimmen. Wer mehr Fahr-stabilität wünscht, kann an der Gabel denkleineren Wert von N II einstellen, am Feder-bein dagegen den größeren Wert. Damitkippt die Maschine um insgesamt zehnMillimeter, das entspricht etwa 20 Winkel-minuten, also einem knappen halben Gradnach hinten, was Lenkkopfwinkel undNachlauf auf eher „stabile“ Werte trimmt.

Bei der Suche nach einer besserenHandlichkeit geht man den umgekehrten

Weg: also vorne tiefer einsacken lassen(größerer Wert N II), hinten über die Vor-spannung höher stellen (kleinerer Wert N II).Die Praxis zeigt, dass eine Kombinationaus Absenken/Anheben besser ist, als nurFront- oder Heckhöhe zu verändern.

Wer mit hoher Zuladung oder Soziusunterwegs ist, sollte an der Gabel auf jedenFall den kleineren N II-Wert einstellen undhinten die Feder so weit vorspannen, bisder Negativfederweg N I (ohne Fahrer) beinull liegt. Denn neben der Durchschlag-sicherheit des Federbeins und der korrek-ten Geometrie ist auch die Position derSchwinge beziehungsweise der Schwin-genwinkel bei ketten- oder zahnriemenge-

Alpha-Technik, 83071 Stephanskirchen, Telefon 0 80 36/30 07-20, www.alphatechnik.de,Bitubo-Stoßdämpfer, TieferlegungenHH Race Tec, 72108 Rottenburg, Telefon 0 74 72/2817 06, www.hh-racetech.de, Gabel- und Stoß-dämpfer-Reparaturen, Umbauten aller MarkenMizu, 78247 Hilzingen, Telefon 0 77 31/90 67-0,Heck-Höher- und Tieferlegungen, Hyperpro-Fahr-werksteileIkon, 52068 Aachen, Telefon 02 41/82 32 96,www.ikonshocks.com, Federbeine für YoungtimerZupin Moto-Sport, 83301 Traunreut, Telefon 0 86 69/8 48-0, www.zupin.de, Öhlinsund Marzocchi-Federbeine und Fahrwerksteile.WP Suspension, 93073 Neutraubling, Telefon 0 94 01/5212 25, www.wp-germany.com,WP-Federbeine und FahrwerksteileWilbers Products, 48527 Nordhorn, 0 59 21/72 7170, www.wilbers.de, Wilbers-Federbeine,Sonderanfertigungen, Tieferlegungen, Hagon-FederbeineWirth, 21274 Undeloh, Telefon 0 4189/8110 20,www.wirth-federn.de, Gabelfedern, Stoßdämpfer

TECHNISCHER FAHRWERKSCHECKAlle Schraubenverbindungen an Rahmen- undMotorlagern kontrollieren.Freigängigkeit und Spiel im Lenkkopflager überprüfenGabel und Federbein auf Ölverlust an Stand-rohren oder Dämpferstange prüfen.Hinterradfederung und Umlenksystem auf Höhenspiel überprüfen.Schwingenlagerung und Radlager auf Spiel überprüfen.Luftdruck der Reifen prüfen, gegebenenfalls aufdie Angaben des Herstellers korrigieren.Hinterrad auf korrekt eingespurten Einbau prüfen. Kettenspanner müssen links und rechts

gleiche Markierungen aufweisen. Zur Nachprü-fung können zwei gerade Messlatten links undrechts parallel zum Hinterrad angelegt werden.Federung und Dämpfung sollten zunächst denHerstellerangaben entsprechen.Gabel und Federbein müssen sensibel und ohnegroßen Widerstand auf Belastung reagieren.Rahmen und Schwinge auf mögliche Risse und Brüche prüfen.Die Sitzposition des Fahrers muss absolut entspannt sein. Schalter und Hebel müssen griffbereit positioniert, Schalt- und Bremshebelohne Verrenkungen zu bedienen sein.

FAHRWERKS-SPEZIALISTEN

Sauber einge-stellte Fahrwerkebringen auf kurvigen Streckenmehr Fahrspaßund im Handling-Parcours bessereRundenzeiten

FAHRWERKKnow-how

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triebenen Maschinen ein entscheidenderFaktor. Durch die nach unten ausgelenktenSchwingenholme entsteht beim Beschleu-nigen ein regelrechter Anti-Dive-Effekt, derverhindert, dass die Maschine trotz der hohen dynamischen Achslast hinten zuweit einfedert. Steht die Schwinge bedingt

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Zahlen und Messwerte fassen lässt. Dyna-misch deshalb, weil sich die hydraulischeDämpfung erst aufbaut, wenn die Fede-rung in Bewegung kommt. Je schneller die Räder ein- oder ausfedern, desto stär-ker muss die Dämpfkraft ansteigen. DieSchnelligkeit der Federbewegungen beiStraßenmaschinen wird in den Lowspeed-Bereich (0 bis etwa 0,3 m/s) und High-speed-Bereich (ab 0,3 bis etwa 1,0 m/s)unterteilt. Gemessen werden die Feder-bewegungen an den Gabeltauchrohren imVerhältnis eins zu eins, da hier der Feder-weg identisch ist mit dem Federhub der

durch eine geringe Federvorspannung zuflach, nimmt dieser gewünschte Effekt ab.Problematisch vor allem beim Beschleuni-gen aus Schräglage: Taucht die Maschinedabei hinten zu tief ein, muss sie mit hoherLenkkraft auf dem gewünschten Kurs ge-halten werden.

Mit der Justierung der richtigen Feder-vorspannung, ist die Grundlage für einneutrales Fahrverhalten geschaffen.

Die Suche nach dem geeignetenDämpfungsverhalten ist zugegebener-maßen etwas diffiziler, da sich das dyna-mische Dämpfungsverhalten nur schwer in

Gabel. Am Hinterrad besitzen die meistenmodernen Motorräder ein Zentralfederbeinmit progressiv wirkendem Umlenksystem.Die Übersetzung zwischen Hinterradfeder-weg gemessen an der Radachse und demtatsächlichen Hub am Stoßdämpfer beträgtetwa zwei zu eins. Heißt: Bei 120 Milli-meter Federweg legt der Dämpferkolbenim Federbein nur 60 Millimeter zurück.

Fahrwerks-Spezialisten und erfahreneMechaniker können mit „Drücken“ der Ma-schine meist schon eine sehr gute Dämp-ferabstimmung herausarbeiten. Um diesesmysteriöse „Drücken“ und die folgendenFederbewegungen transparenter zu ma-chen, hat MOTORRAD diese Vorgängeüber Federwegssensoren und Datarecor-ding aufgezeichnet und in den Diagram-men (oben) dargestellt. Doch bevor mansich im Nirwana von Zug- und Druckstufeverirrt, müssen alle eingestellten Werte no-tiert werden. Dazu die Einstellschräubchenhineindrehen und alle Klicks oder Umdre-hungen mitzählen, anschließend geht manwieder zurück zur Ausgangseinstellung.

Die Funktionsweise ist relativ einfach(siehe Skizzen): Konische Stellschraubenragen in eine Bohrung, durch die das Ölbeim Einfedern (Druckstufendämpfung)oder Ausfedern (Zugstufendämpfung) hin-

DÄMPFUNG

Bremse ziehen, Gabel kraftvolleintauchen, dabei Feder- undDämpfungsverhalten beobachten

Kleiner Trick: Für mehr Federpro-gression des Luftpolsters wird derGabelölstand geringfügig erhöht

Die Druckstufendämpfung wirkt beim Einfedern und lässt sich untenam Bodenventil einstellen

Das Diagramm zeigt deutlich, dass eine zu straffe Dämpfung (grün) zäh, eine zu weicheEinstellung (rot) mit Nachwippen reagiert

Oberer Gabelstopfenmit Verstellung derZugstufendämpfung

Funktion: Nadel eingedreht= harte Dämpfung, Nadeloffen = weiche Dämpfung

Bei Gabeln älterer Maschinen kannmeist nach Abschrauben des Stop-fens der Ölstand verändert werden

LUFTPOLSTER TELEGABEL

O weich mittel hart40 mm 160 mm 150 mm 130 mm41 mm 160 mm 150 mm 130 mm42 mm 160 mm 150 mm 130 mm43 mm 140 mm 130 mm 110 mm45 mm 140 mm 130 mm 110 mm48 mm 130 mm 120 mm 100 mm50 mm 130 mm 120 mm 100 mm

Moderne USD-Cartridge-Gabelnverlangen zum Feder- und Ölwechsel nach Spezialwerkzeug

LUFTPOLSTER UPSIDE-DOWN-GABEL

O weich mittel hart40 mm 160 mm 140 mm 120 mm42 mm 160 mm 140 mm 120 mm43 mm 150 mm 130 mm 110 mm45 mm 140 mm 130 mm 100 mm46 mm 140 mm 120 mm 100 mm48 mm 130 mm 110 mm 90 mm50 mm 130 mm 110 mm 90 mm

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Zahlen und Messwerte fassen lässt. Dyna-misch deshalb, weil sich die hydraulischeDämpfung erst aufbaut, wenn die Fede-rung in Bewegung kommt. Je schneller die Räder ein- oder ausfedern, desto stär-ker muss die Dämpfkraft ansteigen. DieSchnelligkeit der Federbewegungen beiStraßenmaschinen wird in den Lowspeed-Bereich (0 bis etwa 0,3 m/s) und High-speed-Bereich (ab 0,3 bis etwa 1,0 m/s)unterteilt. Gemessen werden die Feder-bewegungen an den Gabeltauchrohren imVerhältnis eins zu eins, da hier der Feder-weg identisch ist mit dem Federhub der

durch eine geringe Federvorspannung zuflach, nimmt dieser gewünschte Effekt ab.Problematisch vor allem beim Beschleuni-gen aus Schräglage: Taucht die Maschinedabei hinten zu tief ein, muss sie mit hoherLenkkraft auf dem gewünschten Kurs ge-halten werden.

Mit der Justierung der richtigen Feder-vorspannung, ist die Grundlage für einneutrales Fahrverhalten geschaffen.

Die Suche nach dem geeignetenDämpfungsverhalten ist zugegebener-maßen etwas diffiziler, da sich das dyna-mische Dämpfungsverhalten nur schwer in

Gabel. Am Hinterrad besitzen die meistenmodernen Motorräder ein Zentralfederbeinmit progressiv wirkendem Umlenksystem.Die Übersetzung zwischen Hinterradfeder-weg gemessen an der Radachse und demtatsächlichen Hub am Stoßdämpfer beträgtetwa zwei zu eins. Heißt: Bei 120 Milli-meter Federweg legt der Dämpferkolbenim Federbein nur 60 Millimeter zurück.

Fahrwerks-Spezialisten und erfahreneMechaniker können mit „Drücken“ der Ma-schine meist schon eine sehr gute Dämp-ferabstimmung herausarbeiten. Um diesesmysteriöse „Drücken“ und die folgendenFederbewegungen transparenter zu ma-chen, hat MOTORRAD diese Vorgängeüber Federwegssensoren und Datarecor-ding aufgezeichnet und in den Diagram-men (oben) dargestellt. Doch bevor mansich im Nirwana von Zug- und Druckstufeverirrt, müssen alle eingestellten Werte no-tiert werden. Dazu die Einstellschräubchenhineindrehen und alle Klicks oder Umdre-hungen mitzählen, anschließend geht manwieder zurück zur Ausgangseinstellung.

Die Funktionsweise ist relativ einfach(siehe Skizzen): Konische Stellschraubenragen in eine Bohrung, durch die das Ölbeim Einfedern (Druckstufendämpfung)oder Ausfedern (Zugstufendämpfung) hin-

DÄMPFUNG

Bremse ziehen, Gabel kraftvolleintauchen, dabei Feder- undDämpfungsverhalten beobachten

Kleiner Trick: Für mehr Federpro-gression des Luftpolsters wird derGabelölstand geringfügig erhöht

Die Druckstufendämpfung wirkt beim Einfedern und lässt sich untenam Bodenventil einstellen

Das Diagramm zeigt deutlich, dass eine zu straffe Dämpfung (grün) zäh, eine zu weicheEinstellung (rot) mit Nachwippen reagiert

Oberer Gabelstopfenmit Verstellung derZugstufendämpfung

Funktion: Nadel eingedreht= harte Dämpfung, Nadeloffen = weiche Dämpfung

Bei Gabeln älterer Maschinen kannmeist nach Abschrauben des Stop-fens der Ölstand verändert werden

LUFTPOLSTER TELEGABEL

O weich mittel hart40 mm 160 mm 150 mm 130 mm41 mm 160 mm 150 mm 130 mm42 mm 160 mm 150 mm 130 mm43 mm 140 mm 130 mm 110 mm45 mm 140 mm 130 mm 110 mm48 mm 130 mm 120 mm 100 mm50 mm 130 mm 120 mm 100 mm

Moderne USD-Cartridge-Gabelnverlangen zum Feder- und Ölwechsel nach Spezialwerkzeug

LUFTPOLSTER UPSIDE-DOWN-GABEL

O weich mittel hart40 mm 160 mm 140 mm 120 mm42 mm 160 mm 140 mm 120 mm43 mm 150 mm 130 mm 110 mm45 mm 140 mm 130 mm 100 mm46 mm 140 mm 120 mm 100 mm48 mm 130 mm 110 mm 90 mm50 mm 130 mm 110 mm 90 mm

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www.motorradonl ine.de test + technik 77MOTORRAD

durchgepresst wird. Wird der Ringspaltdurch Zudrehen der Stellschraube kleiner,erhöht sich der hydraulische Widerstand,die Dämpfung wird härter und umgekehrt.Ausgehend von der Serieneinstellung kannjedes Motorrad mit entsprechend ausge-statteten Federelementen individuell abge-stimmt werden.

Die gegen die Federkraft arbeitendeZugstufendämpfung bremst den Ausfeder-vorgang mehr oder weniger stark ab undunterbindet ein Nachschwingen der Fahr-zeugmassen. Die Druckstufendämpfungarbeitet beim Einfedern, wirkt also feder-unterstützend und sorgt dafür, dass dasMotorrad mitsamt Bordpersonal bei Boden-wellen, in Wechselkurven oder bei Brems-vorgängen nicht zu tief eintaucht oder gardie Federelemente auf Block gehen.

Je härter die Dämpfung, desto stabilerverhält sich die Maschine. Mit zunehmen-der Dämpfung reduziert sich jedoch derFederungskomfort auf holprigem Straßen-belag, da der hohe hydraulische Wider-stand die Stöße schlechter absorbiert undvermehrt ins Fahrwerk einleitet. Deshalb istjede Abstimmung auch immer ein indivi-dueller Kompromiss aus Komfort und Sta-bilität. Wichtig: immer nur eine Änderungmit anschließender Probefahrt vornehmen.

Für welche Richtung man sich ent-scheidet, hängt folglich vom persönlichen Anspruch ab. Wer sportlich flott unterwegsist, sollte sich in Richtung härtere Dämp-fung orientieren, da die stramme Hydraulikauch einen transparenten Kontakt zwi-schen Fahrer und Straße herstellt, dieRückmeldung verbessert.

Aber auch der Tourenfahrer sollte aufStabilität und Rückmeldung nicht ganzverzichten und beim Zurücknehmen derZug- sowie Druckstufe schrittweise vor-gehen. Denn speziell bei Zuladung geratendie Fahrzeugmassen heftig in Wallung undbringen ein unterdämpftes Reise-Krad vomrechten Weg ab. Diese Grundsätze geltensowohl für Gabel- als auch Federbein-abstimmung.

Bevor man sich an die Feinabstimmungseiner Maschine macht, müssen alle ande-ren mechanischen Bauteile am Fahrwerkgründlich überprüft werden. Die Check-liste dazu findet sich auf Seite 74. Sollteder eifrige Schrauber vor lauter Lug- undTrugstufen-Wirrwarr den Überblick verlorenhaben, helfen die einschlägig bekanntenSpezialisten weiter.

Motorrad am Heck kräftig in die Feder drücken, dabei dasDämpfungsverhalten beobachten

Eine zusätzliche Verstellung der Druckstufe sitzt zwischen Federbein und Ausgleichsbehälter

Auch hier regelt das über die Stellschraube betätigte Nadelventil den Durchflusswiderstand

Das Heck darf auf keine Fall Nachschwingen (rot)oder wegen zu harter Zugstufendämpfung nach einer Bodenwelle regelrecht stecken bleiben (grün)

Die Zugstufen-Stell-schraube an gängigenFederbeinen liegt unten

Zugstufendämpfung: Ölwird über ein Nadelventil(verstellbar) und Ventil-plättchen (rot) gepresst

Ausfedern

Druckstufendämpfung:Ventilplättchen (rot) unddie Nadel der Zugstufesteuern den Ölfluss

Einfedern