2
teetn ssse zur Die Polizei hat zu Recht gegen die Tierschützer ermittelt. Der Freispruch war unabdingbar, die Anklage ein Skandal KOMMENTAR : FLORIAN KLENK ndlich hat dieses unwürdige Spektakel ein Ende. 14 Mo · nate brauchte Richterin Son ja Arleth, um zur Überzeu- gung zu gelangen, dass die angeklag· ten Tierschützer keine kriminelle Organisation gebildet haben. Sämt liche Angeklagten wurden von allen Vorwürfen freigesprochen. Das Ur· teil ist nicht rechtskräftig. War die "Causa Tierschützer " nun ein Skandal? Oder hat sich alles durch die richterliche Schelte an der Polizei · arbeit in Wohlgefallen aufgelöst? Hat die Polizei wirklich versucht, zi vilgesellschaftliches Engagement zu kriminalisieren, wie Martin Balluchs Gesinnungs freunde behaupteten? Die Antwort auf diese Frage ist komplex. Sie setzt voraus, dass man zwischen den Anliegen der Opfer, der Arbeit der Polizei und der Rolle von Staatsanwälten und Richtern uno terscheidet, die Schuld nicht nur zu vermuten, sondern zu beweisen , haben. Da sind zunächst die Anliegen der Geschädigten - Eigen tümer von Tex· , tilketten, die ein Recht auf eine ge- I l naue polizeiliche Untersuchung ha , ben. Noch gilt nicht das Faustrecht militanter Tie rrech sa k ivisten. , Peter Graf, der Chef der Firma K1ei I der·Bauer, hatte den Fall ins Rollen ge - bracht. De r Manager hatte, wie vie le andere Feindbilder der Tierschutz- I zene, zunächst Drohbriefe von . radikalen Sektierern bekommen, die ihn zum Ausstieg aus dem Pelzhan del zwingen wollte n - und z war m it Sachbeschädigungen in der Höhe von hunderttausenden Euro und dem Stal king von Mitarbeiterinnen. All das ist dokumentiert. Dass das Innenministerium eine Sonderkommission einsetzte, die die se und andere ungeklärte, teilsschwe re Straftaten von Tierrechtsextremis ten aufklären wollte, war völlig rich· tig. Erst kürzlich wurde ja nächten s das Haus des Novartis - Chefs in Tirol niedergebrannt. In Deutschland la gen Brandsätze von Tierschützern in Pelzfilialen. Diese Gewalt kleinzure · den und Opfer als tierquälende Bon zen zu verhöhnen, ist dreist, hat aber In der extremen Linken Tradition. Nun wurde die zweite Seite in die sem Fall sichtbar. Unter der Aufsicht der Staatsanwaltschaft begann die Po lizei wegen Bildung einer kriminel len Organisation zu er mitteln_ Das war eine kilhne These der Ermittler, aber die Polizei war - mit Blick nach Deutschland - höchst nervös. Wären nicht Pelzhändler, sondern Asylwer ber bedroht worden, hätte der Exe kutive übrigens wohl niemand einen Vorwurf !Ur Ihren Eifer gemacht. Der Fall bekam jedoch eine grässll · nen sich alles Mögliche zusammen zureimen, sogar in einer Freilandei- er-Kontrolls telle saben sie auf einmal einen möglichen Handlanger der or ganisierten Kriminalität. Sie setzten Spitzel ein, ohne eine Genehmigung des Staatsanwalts zu beantragen, wie die Richterin rügte. Das harte Vorgehen hatte für die Poli zei den Nebeneffekt, dass eine kons pirative und gewaltbereite Tierschüt ze rszene, von der die Behörden prak tisch ni chts wussten, ausgeleuchtet werden konnte. Und sie hatte für die Beschuldigten den.Vorteil", dass die se sich als Opfer eines .Polizeistaats" inszenieren konnten, der angeblich Großindustrielle deckt und die .Zivil gesellschaft" kriminalisiert. Verges sen wird, dass es Richtersenate waren, die all e Maßnahmen absegneten. Hier liegt der Skan dal in diesem Fall: Wo Sektierer, egal welcher Welt· anschauung, mit Gewalt drohen oder sie einsetzen, muss die Polizei ermit- teln. Doch die Exekutive mu ss bei ih rer Fahndung von einer unabhängi gen Justiz geführt und kontrolliert werden, damit nicht Unschuldige zu Schaden kommen. Die Staatsanwalt sc haft hat in ihrer Anklage und bei ei ne m öffentlichen Gerichtsverfahren alle Beweise auf den Tisch zu legen . D er Wiener Neustädter Staatsan walt Wolfgang Handler hielt sich nicht an diese Rollenvert eilung. Er spitzte gnadenlos zu und unterschlug wichti ge Entlastungszeugen, etwa die Au s sagen von polizeilich angeheuerten privaten Spitz eln, die nichts Strafba res Die Staat sanwaltschaft, nicht die Polizei, trägt also Schuld, dass dieser Gerichtsprozess so entglitten ist. Die Staatsanwaltschaft hat sich den Fall von der Polizei pfannenfertig liefern : las sen - und jeden ziv ilen Ungehor· sam als Straftat angeklagt. Die Ri cb terin hat, spät aber do ch, die Schwä· ehen der Anklag e er kannt und die An geklagten freigesprochen. Politi sch hat das Ju stiz ministerium als letzte Kontrollinstanz versagt. Die ins Rudergreifen und den Kursändern müssen. Die Staatsanwaltschaft muss nämlich "u numwund en" vortragen, was für und gegen einen ten spricht. Stattdessen klitterte der Ankläger dutzende kleine, durchau s hässliche ungeklärte Straftaten zu ei nem ungeheuren Verbrechen zusam men, für die alle Angeklagten auf ein mal als Organisation Verantwortung tragen sollten. Letztlich verkam der Prozess selbst zur Strafe. Die Justiz zwang alle Be· schuldigten, fast IOO-mal na ch Wie· ner Neustadt zu pilgern, viele verlo ren deshalb ihre Jobs. Da s Verfahren verschlang ein Vermögen an Anwalts kosten, das der Staat den Bes chuldig · ten nicht ersetzen mu ss. Das ist nicht gerecbt - und es muss nicht nur An· lass sein, den Mafiaparagrafen zu überdenken, sondern auch die Rege lung von Ersatzansprüchen für jene, deren Schuld man nicht beweisen kann. Ohne erwiesene Schuld so ll es in einem Recht ss taat nämli ch kei n e Strafe gebe n, auch keine indir ekte . Denn es gilt in diesem Land bekannt· lieh die Unschuldsvermutung. 11 Der Autor ist stellvenretender Chefredakteur des Falter und leitet die Politikredaktion

Falter Klenk Kommentar zu 278a Freisprüchen 4.5.11

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Falter Klenk Kommentar zu 278a Freisprüchen 4.5.11

8/7/2019 Falter Klenk Kommentar zu 278a Freisprüchen 4.5.11

http://slidepdf.com/reader/full/falter-klenk-kommentar-zu-278a-freispruechen-4511 1/1