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67 -. -~ - 37. Jahrgang 1634 1 Brab: Farbstoffe der Phenanthrenreihe Helligkeit sind, in ihrer Masse annahernd iibereinstimmen. Uber die Unsicherheit bloDer Vermutungen erhoben, liegt das Werden der Sterne vor uns: Wie sich im Kampfe von Schwerkraft und Strahlungs- druck die Entwicklung vom Weltennebel zum Riesenstern, zum Zwerg- stern, endlich zum dunklen Stern vollzieht. Das Atom: eine Welt im Kleinen - die HimmelskBrper: Atome der Welt. In vieler Hinsicht trifft dieser Vergleich zu: In der Ahn- lichkeit, wie ungefiihr massegleiche Karper in der Leere ungeheurer Raume verteilt und zu Systemen zusammengeschlossen sind; in der Ubereinstimmung der Bahnen, in denen sie sich um Zentralkorper bewegen; auch in den von riesiger Energieentwicklung begleiteten Katastrophen, die sie erleiden konnen; die einen im Atomzerfall, die anderen in jenen noch unerklilrlichen, gewaltigen Vorgilngen, von tlenen uns das plotzliche helle Aufleuchten vorher dunkler Sterne un- heimliche Kunde gibt. Dichterische Phantasie moge das Bild ausmalen und die Himmelskorpersysteme als Atome und Molekeln eines Riesen- organismus betrachten oder die Atombestandteile mit denkenden Wesen bevolkern und deren Eindrurke schildern. Wir wollen uns in den nuchternen Grenzen einer Gesellschaft zur Forderung der W i s se n s c h a f t e n halten. Vieles, das grBBte bleibt der Wissenschaft noch zu tun. ,,Ge- heimnisvoll am lichten Tag, ladt sich Natur des Schleiers nicht be- rauben." Ungelost sind, um nur weniges zu nennen, die Riltsel der Elektrizitat, der Schwerkraft, des Weltathers. Wird ihre Losung ge- lingen? Was wird uns die Atomforschung weiter bescheren? Werden wir lernen, die ungeheuren Energien der Atomumwandlung der Menschheit dienstbnr zu machen, Elemente nach unserem Belieben ineinander umzuwandeln und so dem Mange1 an wichtigen Grund- stoffen abzuhelfen? Vorliluflg erspilht das sehnsuchtige Auge hier- fur noch keine Andeutungen. Doch, darf man in der Wissenschaft prophezeien? Oft folgte dem ersten Begreifen einer Naturerscheinung uberraschend schnell das Meistern. Die Naturwissenschaft wird ihren Siegeszug fortsetzen. Mochte Deutschland dabei nicht allzusehr zu- ruckbleiben! Im Kreise der Mitglieder und Freunde der Kaiser- Wilhelm-Gesellschaft zur Forderung der Wissenschaften wagt man es zu hoffen, so schwer auch die deutsche Wissenschaft von Not, Gleich- gtiltigkeit und Unverstand bedroht ist. [A. 228.1 -. __ Farbstoffe der Phenanthrenreihe. Ein Beitrag zur Konstitution von Farbstoffen *). Von KURT BRASS. Mitteilung aus dem chem. Lnboratorium des Deutschen Forschungs- instituts fur Textil-hdustrie Stuttgart-Reut1inb.cn. (Ring-. 51.9 1829.) In den Jahren 1922 und 1923, also gerade in einer Zeit, in der die organische Chemie auf eine 50jahrige Kenntnis des Phenanthrens bzw. Phenanthrenchinons zuriickblickt, sind, wie zur Erinnerung an die Entdeckungen von C. G r a e b e und von R. F it t i g , eine grode Zahl von Arbeiten im Phenanthrepgebiet geschaffen worden. E. R. W a t s o n und S. D u t t haben neue Farbstoffe aus Phenan- threnchinonl) herzustellen versucht,undP. F r i e d 1 a n d e r , W. H e r- zog und G. v. VoD haben den noch unbekannten 2'-Thionaphthen- 9'-phenanthrenindigo 2) synthetisiert. Auch in die Chemie der orga- nischen Radikale mit einwertigem Sauerstoff hat das Phenanthren Eingang gefunden durch die Arbeit von St. G o l d s c h m i d t und W. S c h m i d t iiber Phenanthroxyle s). 41s Fortsetzung der erwiihn- ten Arbeit iiber Farbstoffe aus Phenanthrenchinon sind die Unter- suchungen von A. Ch. S i r c a r und S. D u t t tiber Phenanthronaphtha- zine und diejenigen von S. D u t t iiber Naphthoflavinduline 4) anzu- sehen. Auch J. S c h m i d t hat seine ,,Studien in der Phenanthren- reihe" wieder aufgenommen. Diese Arbeiten, mit den Mitarbeitern 0. Spoun und 0. S c h a i r e r , berichten uber Abkommlinge des Phenanthrens und Phenanthrenchinons, die aus 2-Nitro-phenanthreq- chinon 5) hergestellt wurden, sowie uber die Gewinnung von 2-OXY- morpholchinon aus 4-Nitro-phenanthrenchinon 6). Es wurde ferner von A. Ch. S i r c a r und G. Ch. S i r c a r eine Arbeit') veroffentlicht, worin die Darstellung von Nitroanilino-phenanthren-iminazolen beschrieben wird; auch diese sind .Farbstoffe. --- *) Vortrag in der Fachgruppe ,,Organ. Chemrie" bei dcr Herbsttaming 1) Journ. Chem. SOC. 119, 1211 119211: C. 22, I. 07. z) R.56, 1592 119221. 3) R. 66, 3197 119221. 4) Journ. Chem. SOC. 121, 1944 u. 1951 119221: C. 23, I. 539. 6) R. 55, 1194 119221. 8) 13.68, 1331 119231. 7) Journ. Chem. SOC. 123, 1559 [19221: C. 23. IIJ. 769. des Vemins deutscher Cherniker zu dena am 28. 9. 1923. Endlich haben K. B r a s s und E. F e r b e r mehrere Anilino-phenan- threnchinone dargestellt 8). nachdem es gelungen war, eine gute Dar- stellungsmethode fur A m i n 0 - p h en: n t h r enc h i n o n e 0) zu finden. Letztere besteht in der glatt verlaufenden Reduktion der Nitro-phenanthrenchinone mit Hilfe von Natriumhydrosulfit oder Na- triumsulfhydrat. So kann man nun die bisher schwer zugilnglich ge- wesenen Amino-phenanthrenchinone leicht gewinnen. Ihre leichte Zuglnglichkeit hat Veranlassung gegeben, sie nilher zu studieren, was alsbald zur Auffindung der P h e n a n t h I- e n c h i n o n a z i d e 10) fuhrte. Dariiber und uber die sehr interessanten weiteren Umwand- lungen dieser letzteren wird ausfiihrlich an anderer Stelle 11) berichtet werden. Deshalb sei hier nur kurz mitgeteilt, dab sich die Azide des Phenanthrenchinons iihnlich verhalten wie die einfachen Phenylazide. Dies gilt insbesondere von der Zersetzung der Azide mit Schwefel- slure. Diese fuhrt in der Renzolreihe zu p- oder o-Amino-phenolen. Phenanthrenchinon-2-azid liefert beim Erwarmen mi1 Schwefelsiiure 3-Ox y-2 - a m i n o - p h e n a n t h r en c h i n on (I), welches auf die ubliche Art des Diazotierens und Verkochens leicht iibergefuhrt wer- den kann in 2,3-Dioxy-phenanthrenchinon (11). A A ' I \/\ I co \/'\co I -- I /\/ ' I -.--* co /<TO co I w d I /\/ HO I A/ HO I NH, OH I 11 Daneben wird auffallenderweise 2-A m i n 0-p h ena n t h r en chi - non regeneriert. Auch fiir dieses Auftreten der den Aziden ent- sprechenden Basen bei der sauren Zersetzung der ersteren gibt es genug Beispiele in der Benzolreihe. Weiter konnte gezeigt werden, daB aus Phenanthrenchinon4azid beim Verkwhen mit Schwefelsaure unter bestimmten Bedingungen 1 -0xy-4-a m i n o - p he n a n t h re n c h i non (111), unter enderen Bedingungenaberals einzigesZerfallsprodukt quantitativ 1, 4 - D i ox y- p h e n a n t h r e n c h i n o n (IV) entateht. /\ ! A (\ ''/\CO I co \/ I \A& IV Bemerkenswert ist der E i n t r i t t e i n e s S u b s t i t u e n t e n (der Hydroxylgruppe) i n d i e 1 - S t e 11 u n g des Phenanthrenchinons, weil es bisher noch in keinem einzigen Falle gelungen ist, 1-Derivate des Phenanthrenchinons zu erhalten. Die Zersetzung der Phenanthrenchinonazide, die so verschieden in der 2- und hi der CReihe verlauft, ist ein Verfahren, welches ge- stattet, A m ino- o x y - und D i o xy-p h en an t h r en c h in o n e b e q u e m h e r z u s t e 11 e n. Worauf hier aber niiher eingegnngen werden soll, das ist der Fa r b s to f f c h a r a k t e r dieser neuen Phenanthrenchinonderivate. Die Verbindungen I, IT, 111 und IV, von denen noch keine bis jetzt bekannt war 12), wurden hinsichtlich ilires Verhaltens zur anima- lischen und zur vegetabilischen Faser systematisch untersucht : 3-Oxy- 2-amino-phenanthrenchinon und 2,3-Dioxy-phenanthrenchinon sind sehr gute, sauer ziehende Wollfarbstoffe. Fur Baumwolle eignen sie sich weniger. 1-Oxy4amino-phenanthrenchinon und 1,4-Dioxy-phenan- threnchinon sind ausgezeichnete Woll- und Baumwollfarbstoffe, deren - - _ 8) u. S& 541 "221. 0) D. 11. P. (v. K. Bra 8 s v. J. 1921) 373978. 10) Vortr. b. d. Tagung d. SUdwestd. Chemiedoz. 10. 12. 1922 in Frank- furt a. M. und Dias. E. F e r b e r . MUnchen. Techn. Hochschule, 1E2. 11) K. Brass, E. Ferber und J. Stadler B. 57, ln 119241. sowit. K. Brass und .J. S t a d l e r B. 67. 128 119241. 1s) Nur 2,3-Dioxs-phenanthrenchinon wurde ale Dimethylather v. R. P 8 c h o r r u. W. B u c k ow synthet. hergestellt: Bi 88, 1832 I19001. 6.

Farbstoffe der Phenanthrenreihe. Ein Beitrag zur Konstitution von Farbstoffen

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67 -. -~ - 37. Jahrgang 1634 1 Brab: Farbstoffe der Phenanthrenreihe

Helligkeit sind, in ihrer Masse annahernd iibereinstimmen. Uber die Unsicherheit bloDer Vermutungen erhoben, liegt das Werden der Sterne vor uns: Wie sich im Kampfe von Schwerkraft und Strahlungs- druck die Entwicklung vom Weltennebel zum Riesenstern, zum Zwerg- stern, endlich zum dunklen Stern vollzieht.

Das Atom: eine Welt im Kleinen - die HimmelskBrper: Atome der Welt. In vieler Hinsicht trifft dieser Vergleich zu: In der Ahn- lichkeit, wie ungefiihr massegleiche Karper in der Leere ungeheurer Raume verteilt und zu Systemen zusammengeschlossen sind; in der Ubereinstimmung der Bahnen, in denen sie sich um Zentralkorper bewegen; auch in den von riesiger Energieentwicklung begleiteten Katastrophen, die sie erleiden konnen; die einen im Atomzerfall, die anderen in jenen noch unerklilrlichen, gewaltigen Vorgilngen, von tlenen uns das plotzliche helle Aufleuchten vorher dunkler Sterne un- heimliche Kunde gibt. Dichterische Phantasie moge das Bild ausmalen und die Himmelskorpersysteme als Atome und Molekeln eines Riesen- organismus betrachten oder die Atombestandteile mit denkenden Wesen bevolkern und deren Eindrurke schildern. Wir wollen uns in den nuchternen Grenzen einer Gesellschaft zur Forderung der W i s s e n s c h a f t e n halten.

Vieles, das grBBte bleibt der Wissenschaft noch zu tun. ,,Ge- heimnisvoll am lichten Tag, ladt sich Natur des Schleiers nicht be- rauben." Ungelost sind, um nur weniges zu nennen, die Riltsel der Elektrizitat, der Schwerkraft, des Weltathers. Wird ihre Losung ge- lingen? Was wird uns die Atomforschung weiter bescheren? Werden wir lernen, die ungeheuren Energien der Atomumwandlung der Menschheit dienstbnr zu machen, Elemente nach unserem Belieben ineinander umzuwandeln und so dem Mange1 an wichtigen Grund- stoffen abzuhelfen? Vorliluflg erspilht das sehnsuchtige Auge hier- fur noch keine Andeutungen. Doch, darf man in der Wissenschaft prophezeien? Oft folgte dem ersten Begreifen einer Naturerscheinung uberraschend schnell das Meistern. Die Naturwissenschaft wird ihren Siegeszug fortsetzen. Mochte Deutschland dabei nicht allzusehr zu- ruckbleiben! Im Kreise der Mitglieder und Freunde der Kaiser- Wilhelm-Gesellschaft zur Forderung der Wissenschaften wagt man es zu hoffen, so schwer auch die deutsche Wissenschaft von Not, Gleich- gtiltigkeit und Unverstand bedroht ist. [A. 228.1

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Farbstoffe der Phenanthrenreihe. Ein Beitrag zur Konstitution von Farbstoffen *).

Von KURT BRASS. Mitteilung aus dem chem. Lnboratorium des Deutschen Forschungs-

instituts fur Textil-hdustrie Stuttgart-Reut1inb.cn. (Ring-. 51.9 1829.)

In den Jahren 1922 und 1923, also gerade in einer Zeit, in der die organische Chemie auf eine 50jahrige Kenntnis des Phenanthrens bzw. Phenanthrenchinons zuriickblickt, sind, wie zur Erinnerung an die Entdeckungen von C. G r a e b e und von R. F i t t i g , eine grode Zahl von Arbeiten im Phenanthrepgebiet geschaffen worden.

E. R. W a t s o n und S. D u t t haben neue Farbstoffe aus Phenan- threnchinonl) herzustellen versucht,undP. F r i e d 1 a n d e r , W. H e r - z o g und G. v. V o D haben den noch unbekannten 2'-Thionaphthen- 9'-phenanthrenindigo 2) synthetisiert. Auch in die Chemie der orga- nischen Radikale mit einwertigem Sauerstoff hat das Phenanthren Eingang gefunden durch die Arbeit von S t . G o l d s c h m i d t und W. S c h m i d t iiber Phenanthroxyle s). 41s Fortsetzung der erwiihn- ten Arbeit iiber Farbstoffe aus Phenanthrenchinon sind die Unter- suchungen von A. Ch. S i r c a r und S. D u t t tiber Phenanthronaphtha- zine und diejenigen von S. D u t t iiber Naphthoflavinduline 4) anzu- sehen. Auch J. S c h m i d t hat seine ,,Studien in der Phenanthren- reihe" wieder aufgenommen. Diese Arbeiten, mit den Mitarbeitern 0. S p o u n und 0. S c h a i r e r , berichten uber Abkommlinge des Phenanthrens und Phenanthrenchinons, die aus 2-Nitro-phenanthreq- chinon 5 ) hergestellt wurden, sowie uber die Gewinnung von 2-OXY- morpholchinon aus 4-Nitro-phenanthrenchinon 6 ) . Es wurde ferner von A. Ch. S i r c a r und G. Ch. S i r c a r eine Arbeit') veroffentlicht, worin die Darstellung von Nitroanilino-phenanthren-iminazolen beschrieben wird; auch diese sind .Farbstoffe. ---

*) Vortrag in der Fachgruppe ,,Organ. Chemrie" bei dcr Herbsttaming

1 ) Journ. Chem. SOC. 119, 1211 119211: C. 22, I. 07. z) R.56, 1592 119221. 3) R. 66, 3197 119221. 4) Journ. Chem. SOC. 121, 1944 u. 1951 119221: C. 23, I. 539. 6 ) R. 55, 1194 119221. 8 ) 13.68, 1331 119231. 7) Journ. Chem. SOC. 123, 1559 [19221: C. 23. IIJ. 769.

des Vemins deutscher Cherniker zu dena am 28. 9. 1923.

Endlich haben K. B r a s s und E. F e r b e r mehrere Anilino-phenan- threnchinone dargestellt 8 ) . nachdem es gelungen war, eine gute Dar- stellungsmethode fur A m i n 0 - p h en: n t h r e n c h i n o n e 0 ) zu finden. Letztere besteht in der glatt verlaufenden Reduktion der Nitro-phenanthrenchinone mit Hilfe von Natriumhydrosulfit oder Na- triumsulfhydrat. So kann man nun die bisher schwer zugilnglich ge- wesenen Amino-phenanthrenchinone leicht gewinnen. Ihre leichte Zuglnglichkeit hat Veranlassung gegeben, sie nilher zu studieren, was alsbald zur Auffindung der P h e n a n t h I- e n c h i n o n a z i d e 10)

fuhrte. Dariiber und uber die sehr interessanten weiteren Umwand- lungen dieser letzteren wird ausfiihrlich an anderer Stelle 11) berichtet werden.

Deshalb sei hier nur kurz mitgeteilt, dab sich die Azide des Phenanthrenchinons iihnlich verhalten wie die einfachen Phenylazide. Dies gilt insbesondere von der Zersetzung der Azide mit Schwefel- slure. Diese fuhrt in der Renzolreihe zu p- oder o-Amino-phenolen. Phenanthrenchinon-2-azid liefert beim Erwarmen mi1 Schwefelsiiure 3-Ox y-2 - a m i n o - p h e n a n t h r e n c h i n o n (I), welches auf die ubliche Art des Diazotierens und Verkochens leicht iibergefuhrt wer- den kann in 2 , 3 - D i o x y - p h e n a n t h r e n c h i n o n (11).

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Daneben wird auffallenderweise 2 - A m i n 0 - p h e n a n t h r e n c h i - n o n regeneriert. Auch f i i r dieses Auftreten der den Aziden ent- sprechenden Basen bei der sauren Zersetzung der ersteren gibt es genug Beispiele in der Benzolreihe.

Weiter konnte gezeigt werden, daB aus Phenanthrenchinon4azid beim Verkwhen mit Schwefelsaure unter bestimmten Bedingungen 1 - 0 x y - 4 - a m i n o - p h e n a n t h r e n c h i n o n (111), unter enderen Bedingungenaberals einzigesZerfallsprodukt quantitativ 1, 4 - D i o x y- p h e n a n t h r e n c h i n o n (IV) entateht.

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Bemerkenswert ist der E i n t r i t t e i n e s S u b s t i t u e n t e n (der Hydroxylgruppe) i n d i e 1 - S t e 11 u n g des Phenanthrenchinons, weil es bisher noch in keinem einzigen Falle gelungen ist, 1-Derivate des Phenanthrenchinons zu erhalten.

Die Zersetzung der Phenanthrenchinonazide, die so verschieden in der 2- und hi der CReihe verlauft, ist ein Verfahren, welches ge- stattet, A m i n o - o x y - und D i o x y - p h e n a n t h r e n c h i n o n e b e q u e m h e r z u s t e 11 e n. Worauf hier aber niiher eingegnngen werden soll, das ist der F a r b s t o f f c h a r a k t e r dieser neuen Phenanthrenchinonderivate.

Die Verbindungen I, IT, 111 und IV, von denen noch keine bis jetzt bekannt war 12), wurden hinsichtlich ilires Verhaltens zur anima- lischen und zur vegetabilischen Faser systematisch untersucht : 3-Oxy- 2-amino-phenanthrenchinon und 2,3-Dioxy-phenanthrenchinon sind sehr gute, sauer ziehende Wollfarbstoffe. Fur Baumwolle eignen sie sich weniger. 1-Oxy4amino-phenanthrenchinon und 1,4-Dioxy-phenan- threnchinon sind ausgezeichnete Woll- und Baumwollfarbstoffe, deren - - _

8 ) u. S& 541 "221. 0 ) D. 11. P. (v. K. B r a 8 s v. J. 1921) 373978.

10) Vortr. b. d. Tagung d. SUdwestd. Chemiedoz. 10. 12. 1922 in Frank- furt a. M. und Dias. E. F e r b e r . MUnchen. Techn. Hochschule, 1E2.

11) K. B r a s s , E. F e r b e r und J. S t a d l e r B. 57, ln 119241. sowit. K. B r a s s und .J. S t a d l e r B . 67. 128 119241.

1s) Nur 2,3-Dioxs-phenanthrenchinon wurde ale Dimethylather v. R. P 8 c h o r r u. W. B u c k o w synthet. hergestellt: Bi 88, 1832 I19001.

6.

[ Zcitschrilt fur anKewandte Cheniie Bra6: Farbstoffe der Phenanthrenreihe

~. . . . . -- - 68

Farbungen viel kraftiger und im Ton viel schoner sind als jene der beiden erstgenannten Farbstoffe. I flrbt gebeizte wie ungebeizte Schafwolle steingriin, gebeizte Baumwolle fast gar nicht. I1 farbt ge- beizte wie ungebeizte Schafwolle rotbraun, gebeizte Baumwolle eben- so, nber viel schwilcher. 111 farbt gebeizte wie ungebeizte Schafwolle grilnschwarz, gebeizte Baumwolle blaugrau. IV fiirbt gebeizte wie ungebeizte Schafwolle violettschwarz, gebeizte Baumwolle grun. Alle diese Farbungen zeichnen sich durch sehr gute Echtheit aus.

Bekannt war bisher von ahnlichen Abkommlingen des Phen- anthrenchinons nur das 3,4-Dioxy-phenanthrenchinon oder M o r p h o 1 - c h i n o n 13) (V), welches als eines der stickstofffreien Abbauprodukte des Morphins seineneit eine Rolle spielte. Seine Synthese aus Phen- anthrenchinon-3-azid ist iibrigens in Angriff genommen. Morphol- chinon ist ein vorzuglicher Beizenfarbstoff, der auf mit Tonerde ge- beiztein Sloff mit tiefvioletter, nuf Chrombeize mit reinblauer Farbe aufzieht.

Sucht man nach iiIinlichen und isomeren Farbstoffen in der An- thrachinonreihe, so finden sich unter den 0 x y - a m i n o - a n t h r a - c h i n o n e n z. H. ,,Alizaringranat" oder ,,Alizarinmarron" l a ) , welche jedoch mehr wie eine Hydroxylgruppe enthalten. Ebenso sind nur bis zu einem gewissen Grade mit den einfachen Oxy-amino-phen- anthrenchinonen vergleichbar jene Anthrachinonfarbstoff e, die sich von Oxy-phenylamino-anthrachinonen ableiten und Sulfogruppen enthal- ten Is), wie z. B. die Sulfosauren von 1-Oxy4phenylainino-anthra- chinon, und von 2-Phenylamino-chinizarin u. v. a. Wie es aber mit dcm Farbstoffcharakter der beiden Alizarinamide 18) bestellt sein mag, ist nicht bekannt. Hingegen kennen wir homonucleare I) i o x Y - a n t h r a c h i n o n e , die in ihrem Bau an die genannten Dioxy-phen- anthrenchinone erinnern, namlich Hystazarin (VI), Chinizarin (VII) und Alizarin (VIII).

0 0 0 n I1 " 11 HO n

\/ ' ' OH v OH v

I1 IV V

VI VII VIII

Soweit also die Oxy-phenanthrenchinone in Frage kommen, koiinte man sich hinsichtlich der Erkllrung ihres Farbstoffcharakters auf die ahnlich gebauten Dioxy-anthrachinone berufen. Wie aber ist die Art des Farbstoffcharakters der Oxy-amino-phenanthrenchinone nufzu- klaren? Zwischen beiden Gruppen miissen ohne Zweifel Beziehungen bestehen, das lehren vor allem ihre AusfLirbungen. Deshalb wird bei beiden auch ein und dieselbe Ursache fur ihren Farbstoffcharakter maBgebend sein. Dies ist in der Tat der Fall.

Wie die Untersuchung niimlich weiter ergab, sind schon die e i n - f a c h e 11 A m i n o - p h e n a n t h r e n c h i n o n e sowohl Beizenfarb- stoffe filr Wolle, als auch sauer ziehende W o 11 f n r b s t o f f e. 2-Amino-phenanthrenchinon filrbt ungebeizte Wolle grau, rnit Tonerde gebeizte violett. 4Amino-phenanthrenchinon farbt ungebeizte und ge- beizte Schafwolle braunviolett. Alle diese Flirbungen sind sehr echt. Es gibt keine einfacher aufgebauten Farbstoffe, die ebenso tief und echt fiirben. Die Theorie von O t t o N. W i t t bzw. von H u g o K a u f f m a n n laDt sich an den Amino-phenanthrenchinonen wie a n dem besten Schulbeispiel erliiutern: Das Chromogen Phenanthren- chiiion wird durch dio Einfuhrung nur einer auxochromen Gruppe - der Aminogruppe - zum einwandlreien Farbstoff.

Nach dieser Feststellung habe ich die unsubstituierten e i n - f a c h e n A m i n o - a n t h r a c h i n o n e geprUft und gefunden, daB

151 E. V o n g e r i c h t e n , U. 32, 1522 [18991. 14) G. S c h u 1 t z , Farbstofftabellen 1923. I, Nr. 707 11. 798: siehe aucli

15) Zeitschr. f. Farb. Text. Ch. 1. 104 u. 128 [19021; A. B u n t r o c k ,

16) Beilst. 111. 419 (3. Aufl.).

Zeitschr. f. Farb. Text. Ch. 1. 104 [19021.

Rev. g6n. d. mat. col. 6. 99 [19011.

tmh sie F a r b s t o f f e sind, allerdings von viel schwacherem Cha- *akter als die Amino-phenanthrenchione. 1-Amino-nnthrachinon farbt ingebeizte Wolle unecht und b h l j lachsrot, gebeizte Wolle ebenso, iber echter an. 2-Amino-nritllrachinon farbt ungebeizte wie gebeizte khafwollc unecht schmutziggelb.

Demnarh ist das bei der Synthese von Farbstoffen wenig beliebte ' h e n a n t h r e n c h i n o n e i n C h r o m o g e n , w e l c h e s h o c h - AJ e r t i g e r i s t als das fruchtbare A n t h r a c h i n o n. Dies zeigt ;ich weiterhin deutlich, wenn man 1,4-Dioxy-phenanthrenchinon (IV) nit Chinizarin (VII) vergleicht. Letzteres enthiilt zwnr ebenfalls zwei iuxochrome Hydroxylgruppen in p-Stellung, das ihm zugrunde lie- Zende Chromogeii aber, das Anthrachinon, wird durch ihre Gegen- wart auch xum Farbstoff, dieser Farbstoff jedoch, das Chinizarin, steht im Ton seiner Farbungen unter dem 1,4Dioxy-phenanthrenrhinon. Jer unbestreitbare Farbstoffcharakter der Amino-phenanthrenchinone ceigt aber aucli, dnD es trotz des weiten Ausbaues der Chemie der or- canischen Farbstoffe imnier noch lehrreiche Tatsachen einfacher Art zibt, die unbekannt geblieben sind.

E i n f a c h e Renktionen und e i n vonugliches Auxochrom ver- nogen aus geeigneten Chroniogenen Farbstoffe zu machen. Urn wie- Fie1 liinger sind dagegen die Wege, welche in manchen der eingangs mvahnten neuesten Arbeiten auf dem Gebiet des Phenanthrens ein- Teschlagen wurden, urn zu Phenanthrenfarbstoffen zu gelangen, und wie kompliziert gcbaut sind diese hochmolekularen Farbstoffe!

Fiir den Farbstoffcharakter der Oxy-amino-phenanthrenchinone (I ind 111) und der Dioxy-phenanthrenchinone (I1 und IV) ist also vor allem die Hochwertigkeit des zugrunde liegenden Chromogens Phen- mthrenchinon ausschlaggebend. Vergegenwartigt man sich weiter jeden ;inzelnen der vier Farbstoffe, so ergibt sich folgendes Bild: In den beiden Oxy-amino-phenanthrenchinonen, die als hydroxylierte Amino- phenanthrenchinone aufzufassen sind, macht sich auUerdem der EinfluB le r ausgezeichneten auxochromen Aminogruppe hervorragend geltend. Die Hydroxylgruppe aber, die im 3-Oxy-2-amino-phenanthrenchinon (I) in o-Stellung zur Aminogruppe getreten ist, ubt keinen Einflu5 aus. 3ie vermag aber den Farbstoffcharakter sehr stark zu verbessern, wenn jie die p-Stellung zur Aminogruppe besetzt, wie im 1-Oxy4-amino- phennnthrenchinon (111). In den zwei Dioxy-phenanthrenchinonen ist neben der Hochwertigkeit des Chromogens die Wirkung von zwei Hydroxylgruppenzu beriicksichtigen. Sie macht sich nur wenig gunstig bemerkbar, wenn diese sich in o-Stellung befinden. Die Wirkung ist hingegeii cine vorzugliche, wenn es sich um p-standige Hydroxyl- gruppen handelt. Darum ubertrifft 1,4-Dioxy-phenanthrenchinon (IV) in seinen Ausfiirbungen wesentlich 2,3-Dioxy-phenanthrenchinon. Dies gilt insbesondere fur die Flhigkeit, gebeizte Baumwolle zu farben.

Zu sehr beachtenswerten Ergebnissen kommt man schliefilich, wenn man die neuen Phenanthrenchinonfarbstoffe (I, 11, 111, IV) hin- sichtlich ihres C h a r a k t e r s a 1 s B e i z e n f a r b s t of f e naher betrachtet. Das Beizfiirbevermogen ist in der Anthrachinonreihe ein- gehend studiert worden. Lange nachdem C. L i e b e r m a n n und St. v. K o s t a n e c k i die erste Regel fur den Aufbau von Beizen- farbstoffen aufgestellt hatten I?), erhob sich ein lebhafter Widerstreit Ober die Drauchbnrkeit dieser Regel, an dem sich A. B u n t r o c k , E. N o e l t i n g , G. v. Q e o r g i e v i c s und R. M o h l a u auf Grund ihrer Untersuchungen beteiligten 18). Die Folge davon war, dnB die Regel wesentliche Einschrankungen erfahren hat. Nach der letzten Mitteilung von G. v. G e o r g i e v i c s hat die Unter- suchung der Poly-oxy-anthrachinone 10) (insbesondere die Eigen- schaften d r s Octa-oxy-anthrachinons) ergeben, daB von der L i e b e r - m a n n schen Regel nur das ubrigbleibf dalj zwischen Beizfarbever- mogen und o-Stellung von zwei Ilydroxylgruppen eine besondere Be- ziehung besteht; tatsiichlich sind in der Reihe der Oxy-anthrachinone diejenigen Glieder die kraftigsten Beizenfarbstoffe, welche o-stindige Hydroxyle enthalten.

In dcr Phenthrenchinonreihe sind 2,3-Dioxy- und 3-0xy-2- amino-phennnthrenchinon (I1 und I) mindere Beizenfarbstoffe. Mit Hystnmrin konnten sie in dieser Hinsicht noch ebensowenig ver- glichen wwtlen, wie Morpholrhinon (V) rnit Alizarin, da weder Hysta- wr in noch Morpholchinon zur Verfiigung standen. Was aber vor alleni auffiillt, dns ist das k r a f t i g e R e i z f a r b e v e r m o g e n , welches 1,4- D i o x y - und 1 - Ox y - 4 - a m i n 0 - p h e n a n t h r e n - c h i n o n (IV und 111) in gleichern Mafie auszeichnet; es ist hoher cntwickelt nls beini Chinizarin. Ich fuhre es auf den b e s o n d e r e n

17) €3. 18. 2145 [18851 u. A. 242. 246 118871. 18) 13. 34, 2344 119011: Farh. Ztg. 1901. 179: Verhandlan. d. Ges. Dtsch.

Naturf. u. Arzte 1901: Zeitschr. f. Farb. Text. Ch. 1. 623 Il9021: 3. 273 u. 358 " 0 4 1 u. 4. 185 [100.',1: S. a. C. L i e b e r m a n n , B. 84. 1562 [1901] u. B. 35. 1490 [19021.

10) M. 32, 320 [19111.

37. Jahrnsag 1924 1 Mintz: Die Entwicklung der Warenzeichen-Rechtsprechung 69 ._ ~ ~ _ _ _

C h a r a k t e r d e r S t e 1 1 u n g 1 des orthochinoiden Phenanthren- chinons zurikk, durch deren Besetzung - von einer Hydroxylgruppe - ohne Zweifel ein schr giinstiger lJmstand fur die Bildung von Kom- plexsalzen geschaffen wird. Die farberischen Eigenschaften der Mono- oxy-phenanthrenchinone, vor allem jene des noch unbekannten 1 - O x y - p 11 e n a n t h r e 11 c h i n o n s werden dies zu bestatigen haben. [A. 191.1

Die Entwicklung der Warenzeichen- Rechtsprechung.

Von Patentanwalt MINTZ, Berlin. Yorgetragen auf der Jenenser Tagung voni 2i. September 1923 in der

Fachgruppe fiir gewerblichen liechtsschutz. Eingeg. 15.110 1923.)

Man kann mit Genugtuung feststellen, dab in der Rechtsprechung fur Warenzeichen das Patentamt eine feine Empfindung fiir die For- derung d e s Tages hat. Verfolgt man die Entscheidungen, insbesondere der Beschwerdeabteilungen in den letzten Jahren, so findet man, da13 beide Beschwerdeabteilungen bemuht sind, den modernen Bediirf- nisseii des Handels und der Industrie Rechnung zu tragen, eine Fest- stellung, die man nicht in allen anderen Abteilungen des Patent- amtes zu machen in der angenehmen Lage ist.

Man wird nicht fehlgehen, wenn niaii diese sehr erfreuliche Erscheinung nicht zum geringsten als ein Verdienst des Geh. Reg.- Rates Dr. J ii n g e 1 anspricht, dessen Einflub gerade auf diese Ab- teilung des Pntentamtes nicht zu unterschatzen ist. Leider, was an dieser Stelle hervorgehoben sei, ist Herr Geh.-Rat J ii n g e 1 wegen Altersgrenze nicht Direktor geworden und hat jetzt vielmehr die internationale Markenregistrierung iibernommen, was diesem Zweige der Anmeldungen sicherlich nur sehr zugute kommen wird.

Es ist eben nicht ohne Bedeutung, wenn die rechtsprechenden Organe mit den beteiligten Kreisen in lebendige Fiihlung treten, und hierzu hat J ii n g e 1 jeden Anlnb aufgegriffen, zum Nutzen der Recht- sprechung und der Entwicklung der einschlagigen Fragen.

Meine Ausfuhrungen bez\\'ecken keineswegs eine geschlossene Ubersicht iiber die Vorgange in der Rechtsprechung zu geben, son- dern sollen einzelne, mir aus meiner Praxis bekanntgewordene Fille bringen.

Es wird dem Leser bekannt sein, daD die Bezeichnungen 1. Deutzer Motoren 3. Elberfelder Farbenfabriken 3. Elberfelder Farben

als Warenzeichen (Nr. 3 unter der Nummer 282 103; fur die Ietzt- genannte Anmeldung steht die Nummer noch aus) eingetragen wor- den sind. Zu dieser giinstigen Stellungnahme haben die wesentlichen folgenden Gesichtspunkte gefiihrt, die auch dann von den Entschei- dungen iibernommen wurden. Deninach wurde darauf hingewiesen, dab die Bezeichnung ,,Elberfelder Farbenfabriken" die geschafts- iibliche Bezeichnung fur die anmeldende Firma geworden ist, und dab daher anzuerkennen sei, dab auf Grund dieser Tatsache auch fur die warenzeichenmlBige Verwendung der Worte die Unter- scheidungskrFft und damit ihre Eintragungsfahigkeit gegeben sei. Die Priifungsstelle hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dab auch andereri in Elberfeld bestehenden Farbenfabriken offengelassen bleiben miisse, die fraglichen Worte zur Bezeichnung ihrer Waren zu verwenden. Demgegeniiber wurde gellend gemacht, daB ein sol- ches Unternehmen tatsachlich nicht bestehe und auch kein Anlab vor- liege, zu unterstellen, dab demniichst eine solche Firma sich grunden konne. %u diesem Zwecke wurde dem Patentamt eine Bescheinigung der Flnndelskammer fur den Wuppertaler Industriebeqirk iiberreicht, aus der sich ergab, dab die mabgebenden Verkehrskreise der ent- gegengesetzten Auffassung sind n i e die Priifungsstelle. In dieser Bescheinigung fand sich auch bestatigt, dab der Elberfelder Register- richter mit Riicksicht auf die tatslchlichen Umstiinde die Eintragung einer gleichen oder ahnlichen Firma ablehnen wiirde. Es wurde ferner tatsachlich darauf hingewiesen, dab bei dem in Frage kommenden Warenverzeichnis von einer Beschaffenheitsangabe nur fur den gering- sten Teil der Waren die Rede sein lionne, nimlich fiir Farben. Da- gegen konne fur chemische Praparate, fur photographische Zwecke, Arzneimittel fur Menschen und Tiere, Desinfektionsmittel, Konser- vierungsrnittel schlechterdings niemand aus dem Wort Farben einen SchluD auf die Beschaffenheit der Waren ziehen oder gar eine Be- zeichnung in dem Worte fiir die fraglichen Waren erblicken. Wenn in Elberfeld ein dortiger Industrieller oder Handler sich veranlabt siihe, fur Farben die Bezeichnung ,,Elberfelder Farben" zu verwenden, so ware das unlnuterer Wetlbewerb in Reinkultur, dem entgegenzu-

treten mit die vornehniste Aufgabe der Schutz erteilenden Behorde sei. Da13 aber ein Elberfelder Handler oder Fabrikant auf den ver- stiegenen Gedanken kommen konne, z. B. ein Mausevertilgungsmittel oder aber einen photographischen Entwickler mit den Worten ,,Elber- felder Farben" warenzeichengemab zu benennen, sei ausgewhlossen, denn eine solche Bezeichnung sei soaohl widersinnig, als offen- sichtlich ein Einbruch in die Rechte der Leverkusener Firma.

In rechtlicher Beziehung habe ich betont, dab, v i e iibrigens die Prufungsstelle anerkannt hatte, die Bezeichnung sich selbst im Ver- kehr durchgesetzt habe. Vor allem aber sei auf die Einwirkung des internationalen Rechts auf das deutsche Recht hinzuweisen.

Auf der Washingtoner Konferenz zur Revision der Pariser fiber- einkunft (Mni-Juni 1911) ist unter besonderer neriicksichtigung der gerade im vorliegenden Falle in Betracht kommenden Zuriickweisungs- griinde aus 9 4 Ziffer 1 W. Z. G. einmiitig anerkannt worden, dai3 die tatsachlichen Umstande namentlich auch die Dauer des Gebrauches bei der Priifung der Eintragungsfahigkeit beriicksichtigt werden miisse (Akten der Konferenz S. 308). Die Folge dieser Erorterungen war, dnD die nachstehende EntschlieBung gefabt wvurde:

,,Dans I'apr6ciation du caractere destinctil d'une marque, on devra tenir compte de toutes les circonstances de fait, notamment de la dur6e de l'usage de la marque."

Diese Restimmung ist demnach bei der Behandlung auswartiger Anmelder in Deutschland geltendes Recht, und es sei eine unab- weisbare Pflicht des Patentnmtes, die Bestimmung auch im Verkehr mit deutschen Anmeldern anzuwenden, solange das deutsche Gesetz die Behtirde in dieser freieren Anwendung nicht hindere, und davon konne keine Rede sein. Diese Bestimmung miisse als bestimmend gelten und zur Eintragung des Zeichens fiihren, wenn man erwage, da8 es sich bei der Industrie um ein Gebiet handle, bei dem das Ausland alle Anstrengungen mache und keine Mittel scheue, um sich Vorteile zu sichern. Die triiben Erfahrungen aus der Kricgs- und Kachkriegszeit muDten uns doch endlich die GewiBheit verschafft haben, dab kein Weg zu krumm sei, dai3 ihn nicht ein feindlicher Auslander ginge, wenn er nur die Aussicht habe, am Ende des Weges eine Schiidigung deutscher Interessen zu sehen.

In der folgenden Entscheidung stellte das Patentamt fest, dab Jangjahriger Gebrauch eines Zeichens und die durch einen solchen erworbene Anerkennung im Verkehr fur die Eintragbarkeit von Be- deutung sein konne. Es wurde insbesondere weiter anerkannt, dab sich zwar Art. 6 des in Washington revidierten Pariser Unionvertrages formell betrachtet nur auf Auslander beziehe, daB jedoch keine Be- denken bestehen, den im genannten Artikel verkorperten Grundsatz auch fur den Geltungsbereich des deutschen Zeichengesetzes zur An- wendung zu bringen". Die Entscheidung fdhrt fort, zu erklaren, ,,dab die Weiterbildung und Fortentwicklung des Rechtes zur vornehmen Aufgabe jeder richterlichen Tatiglreit gehort".

Es sei also entscheidend fur das Urteil, ob die Bezeichnung sich im Verkehr durchgesetzt habe, und dies anzuerkennen habe die Be- schwerdeabteilung keine Bedenken getragen; insbesondere auf Grund der Bescheinigung der Handelskammer f i r den Wuppertaler Industrie- bezirk in Elberfeld.

Die spatere Anmeldung, welche einen Schritt weiter ging und lediglich auf ,,Elberfelder Farben" lautet, hat, trotzdem bereits die Entscheidung der Beschwerdeabteilung vorlag, die Priifungsstelle nicht veranlabt, die Eintragung anzuerkennen, mit der sehr merkwiirdigen Begriindung, dalj es sich bei der Anmeldung ,,Elberfelder Farben" offensichtlich (?) uni eine Firma handele! I.:s war also auch notig, hier in die Beschwerde zu gehen und in dieser die iihnliclien Aus- fiihrungen zu machen, wie ich sie oben schon vortrug. Nur wurde noch eine Reihe von tatsiichlichem Material vorgelegt, namlich Schrei- ben einer Reihe von deutschen und sonstigen Firmen, welche be- statigten, dab gerade die Bezeichnung ,,Elberfelder Farben" im Bor- sen- und Geschaftsverkehr iiblich und der gebrauchliche Ausdruck fur die Waren der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. in Lever- kusen sei. Es wurde ferner eine Reihe politischer und anderer Zeit- schriften iiberreicht, auf Blatter und Gazetten anderer Stadte und nuf die Borsenberichte hingewiesen, in denen lediglich iiberall von ,,Elber- felder Farben" die Rede ist. Die Reschwerdeabteilung hat sich in diesem Falle noch durch eine Rundfrage bei einer Anzahl von Handels- kammern Sicherheit iiber die tatslchlichen Verhiiltnisse verschnfft, und es wurde, wie ja nicht anders zu erwarten, von diesen Stellen bestatigt, daB nicht nur die konkurrierende, also chemische Industrie, sondern iiberhaupt die Geschaftswelt auf dem Standpunkt stehe, daB nach den allgemeinen Verkehrsanschauungen in Deutwhland unter der Bezeichnung nur die Waren der Anmelderin verstanden werden.

Mit diesen Entscheidungen ist der grobe Fortschritt gernacht und die Sicherheit gewonnen, daD auf dem Gebiete des Warenzeichen- wesens nunmehr das Patentamt unzweifklbaft der Frage des Ge-