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Texte zu Bildern und Textenvon Paul Schoemaker

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„Die vorige Feststellung: Wir sehen keine Bilder, sondern wir sehen etwas im Medium von Bildern, ließe sich ergänzen durch die Feststellung: Wir sehen keine bloßen Dinge, sondern wir sehen die Dinge in ihrer eigenen leibhaftigen Bildlichkeit. Dinge ähneln anderen Dingen und verweisen auf sie, indem sie sich zugleich selbst ähnlich sehen und auf sich verweisen. Das Vexierspiel von Bild und Ding, von Realität und Fiktion gehört zur Wahrnehmung, weil sie niemals reine Wahrnehmung oder reines Wahrnehmungsbewußtsein ist, sondern ein leibhafter Prozeß, der uns in ein bildliches Vor- und Nachspiel verwickelt. Noch das künstlerische Spiel mit den Extremen von Bild-Dingen und Ding-Bildern kreist um eine ikonische Differenz, die schon in der Wahrnehmung am Werk ist und die sich in der piktoralen Differenz fortsetzt. Man könnte nun einen Schritt weiter gehen und alltägliche Situationen ins Auge fassen, wo wir die Dinge nicht wahrnehmend vor Augen haben, sondern auf Vermittlungsinstanzen angewiesen sind. Wir stoßen hier auf Erinnerungs- und Erwartungsbilder, die für Nichtvorhandenes einstehen. Also scheint es doch innere, mentale Bilder zu geben, die ihre Stütze in der Bildlichkeit der Dinge eingebüßt oder noch nicht gefunden haben.“

Waldenfels, Bernhard. Phänomenologie der Aufmerksamkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 2004, S. 213.

Chancellor, David. „Huntress with Buck“, 2010

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Waldenfels gibt den Takt an, das Feuilleton groovt mit.

Spätestens seit es Feuilletons gibt, hat es die Kunst nicht einfach. Besonders gefährdet: Die Kunst, Dinge auf den Punkt zu bringen. Und das – sollte man zumindest meinen – obwohl es genau die Aufgabe des gemeinen „Feuilletonisten“ ist, eben das zu tun: Komplexes verständlich zu machen, zugänglich, erfahrbar.

Vielleicht haben sie einfach die falschen Vorbil-der: intellektuelle Schwertransporter wie Bernhard Waldenfels zum Beispiel, die Texte mit Namen wie „Phänomenologie der Aufmerksamkeit“ schreiben. Die Relevanz seiner Gedanken in allen Ehren – wer es nicht schafft, Inhalte im Medium Sprache verständlich zu vermitteln, sollte sich vielleicht ein anderes suchen.

Wie der französische Künstler René Magritte zum Beispiel, der gut 75 Jahre vor Waldenfels eigentlich schon alles zur Bild-Ding Problematik gesagt hat: Er hat eine Pfeife gemalt und drunter geschrieben, dass es keine ist. Den Rest kann man sich jawohl selbst erklären.

Wer das nicht kann, muss deshalb noch lange nicht durch ein Fernglas in die schillernden Sphä-ren der Kultur-Elite blicken. Er könnte zum Beispiel Fotograf werden und mysteriöse Frauen auf mys-teriösen Pferden ablichten. Noch schnell mit der richtigen Galeristin schlafen und er kann sich fast sicher sein: das Feuilleton groovt mit, Waldenfels-Style.

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„Ich schlage vor, die Kybernetik von beobachteten Systemen als Kybernetik erster Ordnung zu betrach-ten; die Kybernetik zweiter Ordnung ist dagegen die Kybernetik von beobachtenden Systemen. Dies stimmt mit einer Formulierung von Gordon Pask überein. Auch er unterscheidet zwei Ordnungen System eindringt, indem er den Zweck des Systems festsetzt. Nennen wir dies eine »Festsetzung erster Ordnung«. Bei einer »Festsetzung zweiter Ordnung« begibt sich der Beobachter in das System, indem er sein eigenes Ziel festsetzt. Aus diesem Grund dürfte Klar sein, daß soziale Kybernetik eine Kybernetik zweiter Ordnung sein sollte, damit der Beobachter seine eigenen Ziele selbst bestimmt: er ist autonom. Wenn wir das nicht täten, würde ein anderer an unserer Stelle ein Ziel setzen. Wenn wir das nicht täten, würden wir überdies denjenigen, die die Ver-antwortung für ihre Taten an andere deligieren, die Rechtfertigungen liefern: »Ich bin für meine Taten nicht verantwortlich; ich folge nur Befehlen.« Wenn wir schließlich nicht jedem Autonomie zugestehen, würden wir uns in eine Gesellschaft verwandeln, die sich bemüht, Verpflichtungen zu erfüllen, und dabei die Verantwortung aus den Augen verliert.“

Von Foerster, Heinz. Short cuts. Frankfurt am Main: Zweitausendeins, 2001, S. 73f.

Popova, Irina. ”Another family“, 2009

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Auf dem Papier ist man sich einig. Jedes System des sozialen Zusammenlebens sollte immer ein Ziel haben: Die Autonomie des Einzelnen. Doch was in der Theorie für kollektives Kopfnicken sorgt, erweist sich in der Praxis oft als Plage. Autonomie, das kann auch bedeuten, sich vor den Augen seines Kindes hemmungslos zu betrinken, um dann nackt auf dem Sofa ins Delirium zu gleiten. Das, oder so etwas Ähnliches, hat der Mann auf dem Foto von Irina Popova ganz autonom für sich entscheiden.

Doch der Blick der Fotografin ist kein anklagen-der, sie dokumentiert lediglich das Leben einer jun-gen Familie. Das Kind, etwas unscharf, scheint nur zufällig ins Bild gelaufen zu sein. Wäre es nicht da, wäre das Bild ein ganz anderes: Ein paar Junkies auf dem Sofa sind kein Grund zur Aufregung. Doch das Kind läuft in den Ausschnitt und stellt damit unseren Glauben an Selbstbestimmtheit auf eine harte Probe. Kann man Menschen Autonomie zu-gestehen, die damit nicht nur ihr eigenes, sondern auch das Leben ihrer Kinder gefährden?

Heinz Von Foerster argumentiert, dass man das nicht nur kann, sondern muss*. Denn wer dem Menschen seiner Autonomie entzieht, entzieht ihm seiner Verantwortung. In wenigen Einzelfällen mag das unumgänglich sein, doch die Grenze dazu verläuft viel weiter entfernt, als es die Reizpunkte öffentlicher Empörung vermuten lassen. Eine Ge-sellschaft, die sofort einschreitet, wenn etwas falsch läuft, mag dabei das ehrenwerte Ziel sozialer Ge-rechtigkeit im Auge haben. Doch der Versuch, eine vollkommen gerechte Gesellschaft zu errichten, ist nicht umsonst schon mehr als einmal gescheitert.

Wie so oft geht es also um die Balance. Die Ba-lance zwischen Autonomie und Verantwortung, die es immer wieder neu einzupendeln gilt.

* Von Foerster, Heinz. Short cuts. Frankfurt am Main: Zweitausendeins, 2001, S. 73f.

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„Die Codierung der Sprache bedeutet mithin, daß die Selbstkonditionierung der Gesellschaft Srukturen entwickelt, die es ermöglichen, Erwartungenim Hinblick auf Annehmbarkeit bzw. Ablehnbarkeit von Kommunikation zu bilden. Erst über solche Strukturen wird die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation in Wahrscheinlichkeit transformiert. […] Es scheint, daß es bereits in den einfachsten Gesellschaften hierfür Vorkehrungen gibt, die den Sprachcode in zwei verschiedene Richtungen entwickeln. Die eine besteht in einer Anwendung des Code auf die Kommunikation delbst, also in Kommuni-kationsverboten, die als Notwendigkeit der Geheimhaltung erscheinen und von uns der Religion zugerechnet werden. Die andere Seite der Kommunikation wird mit einem Tabu belegt, das dann wieder für Kommunikation zugäng-lich ist. Tabuisierung ermöglicht den Einschluß des Ausschließens. […] Eine andere zunächst kaum unterscheidbare, denn sich mehr und mehr ablösende und verselbstständigende Lösung desselben Problems besteht in einer weiteren Codierung, nämlich in einem Moralcode, der verdeutlicht, was anzunehmen und was abzulehnen ist. Das Tabu wird durch eine Unterscheidung ersetzt, die reichere gesellschaftliche Anschlußmöglichkeiten eröffnet.“

Luhmann, Niklas. Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1997, S. 230f.

Ruscha, Ed. ”Tulsa Slut”, 2002

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Niklas Luhmann erläutert in seiner Abhandlung zur Codierung der Sprache*, dass bestimmte Struktu-ren, er nennt sie Codes, dafür sorgen, dass über manches, oder gar wesentliches schlicht weg nicht gesprochen wird.

Wie wir unser Dasein erleben, hängt also stark von etwas ab, worauf man als Einzelner so gut wie keinen Einfluss hat: nämlich die Beschaffenheit unserer Sprache. Über Dinge, für die wir keine Wörter haben, können wir nicht reden. Und das, worüber wir nicht reden können, ist für viele auto-matisch nicht existent.

Eine der wenigen Möglichkeiten, aus diesen Strukturen auszubrechen, ist die Kunst. So ist es doch die Aufgabe des Künstlers, Dinge sichtbar zu machen, die unsere Sprach- und damit auch Denkstrukturen verschleiern.

Das Bild “Tulsa Slut“ von Ed Ruscha ist ein Bild voller Fragezeichen. Man versteht nicht, was man sieht und noch weniger versteht man, wie der Text mit dem Bild in Beziehung steht. Und dennoch entfaltet das Bild beim Betrachter eine kaum zu bestreitende Wirkung.

Fehlen uns einfach die Worte, um einzuordnen, was das Bild mit uns macht? Falls ja, ist es ein gutes Bild. Denn es ermöglicht uns eine Erfah-rung, die über die begrenzten Strukturen unserer codierten Sprach- und Denkwelt hinausragt.

* Luhmann, Niklas. Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1997, S. 230f.

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„Vermutlich ist jedoch die Leere gerade mit dem Eigentümlichen des Ortes verschwistert und darum kein Fehlen, sondern ein Hervorbringen.“

Heidegger, Martin. Die Kunst und der Raum. Frankfurt, M.: Klostermann, 2007, S. 12.

Braeckmann, Dirk. “C.A.-A.D.-09“

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Der leere Raum ist nur solange leer, bis einer die Tür öffnet. Ein Blick genügt und er wird zur Rumpelkammer. Dahinten ist eine Ecke, hier eine Schwelle, da oben eine Decke. Wenn man von vorne links nach hinten rechts läuft, sind das locker mehrere Meter.

Der leere Raum riecht seiner Leere entsprechend völlig neutral – etwa so wie bei den Ur-Ur-Ur-Groß-eltern, da riecht es auch immer so. Nur die Luft fühlt sich verhältnismäßig kalt an. Zumindest kälter, als zum Beispiel in einer Sauna, in der keiner sitzt.

Der leere Raum sieht im Kopfstand betrachtet voller aus, als in der Kniebeuge. Vermutlich, weil das Rauschen mit deutlich mehr Blut im Kopf auch deutlich lauter ist. Der leere Raum ist nur solange leer, bis keiner die Tür aufgemacht hat.

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„Wo es in den Niederungen der Welt nicht stimmt, wird auf das Höhere verwiesen. Im alten China, im alten Griechenland hingen Abbildungen der Hausgötter an der Wand, im Mittelalter das Kruzifix. Heute ist es die Kunst.“

Otl Aicher, Analog und Digital, Ernst und Sohn Verlag 1991, S. 162.

Phelps, Andrew. “Ohne Titel”

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Im Puppenhaus Modell „Classic American Flat“ brennt noch Licht, drinnen nur der Fernseher. Das Kind freut sich: Jedes Minus Eins seitens der Nach-barskinder bedeutet ein Plus Eins in der Spielzeug-sammlung. Kein schlechter Deal für ein Mädchen, das nur so sein will wie ihre Mutter.

Die schmiert drinnen hastig ein Erdnussbutter-Sandwich für ihren neuen Freund. Nachdem der letzte Krümel von der Ablage gewischt ist, gilt Ihre volle Aufmerksamkeit wieder dem Priester auf Daystar-TV. Gar nicht mal so unattraktiv für einen Neger.

„Wo es in den Niederungen der Welt nicht stimmt, wird auf das Höhere verwiesen.“ (Otl Aicher, Analog und Digital, S. 162) Gilt das auch umgekehrt? Wo das Höhere nur noch Fassade ist, bleibt nur noch das Niedere?

Das Bild „Ohne Titel“ von Andre Phelps erzählt mir eine Geschichte, deren Autor ich selbst bin. So viel offensichtliche Abwesenheit lechzt nach etwas Leben, egal welcher Art.

Seitdem die anderen alle weggezogen sind, sind die Angebote in der Shopping-Mall deutlich gestiegen. Das Dreirad Modell „Lady-Rider“ gab es sogar glatt für die Hälfte. Kein schlechter Deal für eine Mutter, die nur das Beste für ihr Kind will.

* Otl Aicher, Analog und Digital, Ernst und Sohn Verlag 1991, S. 162.

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Gursky, Andreas. “Bahrain”, 2007

„Sollte diese Umschaltung gelingen, Würde der Begriff ›Bild‹ eine vierte, neue Bedeutung gewinnen. Es handelte sich dann um eine körperlose Oberflä-che, auf welcher durch die Zusammenarbeit vieler Beteiligten Bedeutungen entworfen werden Können. Damit wären aber auch die vorangegangenen Bedeutungen von ›Bild‹ auf einer neuen Ebene ›aufgehoben‹. Das Bild bliebe, wie gegenwärtig, allgemein zugänglich, es bliebe ein bequem transportierbares Multipel. Es hätte sein politisches, erkenntnistheoretisches und ästhetisches Potential wiedergewonnen, wie zu jener Zeit, in der Maler seine Hersteller wa-ren. Und vielleicht würde es sogar etwas von seinem ursprünglichen sakralen Charakter wiedergewinnen. Das ist alles technisch gegenwärtig möglich. Das Gesagte ist nicht nur für Bilder, sondern für die künftige Existenz überhaupt von Bedeutung. So wie sie gegenwärtig geschaltet sind, machen die neuen Medien Bilder zu Verhaltensmodellen und Menschen zu Objekten, aber sie können anders geschaltet werden und damit Bilder in Bedeutungsträger und Menschen zu gemeinsamen Entwerfern von Bedeutung verwandeln.“

Flusser, Vilèm. Bilder in den Neuen Medien. In: Vilèm Flusser: Medienkultur. Herausgegeben von Stefan Bollmann.

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Andreas Gursky drängt mit seinen neueren Bildern in die Schnittstelle zwischen Fotografie und Ma-lerei. Dabei ist es interessant zu beobachten, wie er mit den verschiedenen Voraussetzungen zweier unterschiedlicher Disziplinen spielt.

Jahrhunderte lang war der beste Maler derjeni-ge, der die Wirklichkeit möglichst perfekt ab-bilden konnte. Heute ist der begehrteste Fotograf jemand, der sie perfekt überhöht. Der Realität meisterlich vortäuscht und sie dabei ebenso subtil wie offensichtlich verfremdet.

Mit dem Bild „Bahrain“ erzielt Gursky mittels dieser Methodik eine Reaktion, die Vilèm Flusser in seinem Buch „Bilder in den Neuen Medien“ treffend als „sakralen Charakter“ eines Bildes umschreibt. Eine fast göttliche Perspektive ver-stärkt diesen Eindruck von seltsamer Anmut und Erhabenheit.

Doch die Unmöglichkeit der sich windenden Rennstrecke steht nur im scheinbaren Kontrast zu ihrer faktischen Abbildung. Die Rennstrecke ist da, sie gibt es – wenn auch nur auf diesem Bild.

Einer Welt, die schon lange durch keine Abbil-dung mehr zu fassen ist, hält Gursky den Spiegel vor. Dass er dabei die Wirklichkeit nur als ein kom-positorisches Element versteht, ist nur folgerichtig.

* Flusser, Vilèm. Bilder in den Neuen Medien. In: Vilèm Flusser: Medienkultur. Herausgegeben von Stefan Bollmann.

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Fotografische Positionen

Donnerstag, 29.11.2012: PodiumsdiskussionAndreas Gursky führt ein Gespräch mit Fotografen-kollegen dreier Generationen. Wo steht die Fotografie heute, welche Fragen werden verhandelt?Referenten: Andreas Gursky, Hilla Becher, Annette Kelm, Michael Schmidt, Moritz WegwerthModeration: Thomas Weski Uhrzeit: 19.00 UhrOrt: Robert-Schumann-SaalGebühr: 5 EuroTickets an der Abendkasse oder im Vorverkauf an unseren Museumskassen erhältlich.

Döring ,Matthias Ferdinand. 2012

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Sehr geehrte Damen undlast but not least Andreas Gurskydie Nabelschnur muss getrennt werdenes gibt doch auch die Wahrheit gar nicht

ich fotografiere für die Fotografieich fange drüben an und geh im Kreis herumick persönlich seh dat aber auch sodie nähe zur Malerei wurde überstrapaziert

Berthold Brecht sagte 1931Rhein 1 gibt es glaub ich nicht, aber Rhein 2 gibt esdas Faszinosum der Fotografiewir haben auch Büsche abgesägt

die Fotografie wurde freiwas hat die Malerei davon?ja: Scheren, Messerne: richtige Bäume warn‘s zwei

die Fotografie in der Publikationzu sogenannten Typologien zusammengestelltHilla, wir kennen uns ungefähr seit 1980die Welt existiert auch ohne mich

und das haste auch sehr gut gemacht was willste mehr?mir geht‘s mir um Bilderich habe die Frage leider nicht verstanden

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„Alles was wir von der Vergangenheit aussagen, sagen wir von uns selbst aus. Wir können nie von etwas anderem reden, etwas anderes erkennen als uns selbst. Aber indem wir uns in die Vergangenheit versenken, entdecken wir neue Möglichkeiten unseres Ichs, erweitern wir die Grenzen unseres Selbstbe-wußtseins, machen wir neue, obschon gänzlich sub-jektive Erlebnisse. […] Dennoch verleiht ein solcher bewußter Wille zum Fragment und Ausschnitt, Akt und Torso, Stückwerk und Bruchwerk jeder Darstel-lung einen ganz besonderen stilistischen Charakter. Wir können die Welt immer nur unvollständig sehen; sie mit Willen unvollständig zu sehen, macht den künstlerischen Aspekt.«„

Friedell, Egon. Kulturgeschichte der Neuzeit. Kulturgeschichte Ägyptens. Frankfurt, M.: Zweitausendeins, 2009, S. 25.

Wall, Jeff. “Men Waiting”, 2006

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Jeff Wall macht in seiner Kunst im Grunde immer dasselbe: Er tut so, als ob. Dabei inszeniert er häu-fig Momente, die es in seinen Augen tatsächlich gegeben hat. Bei dem Bild „Waiting Men“passiert hierbei jedoch etwas Seltsames:

Menschen, die so tun, als ob sie warten, tun nicht nur so – sie warten tatsächlich. Und Men-schen, die so tun, als ob sie nachdenken, denken dabei nach: An leichtverdientes Geld, das letzte Eishockey-Spiel, oder darüber, dass sie nach-denken sollen.

Egon Friedell schreibt:„Alles was wir von der Vergangenheit aussagen, sagen wir von uns selbst aus“. Wall versucht in seinen Bildern nicht, Vergangenes wieder herzustellen. Er sieht in seiner subjektiven Rekonstruktion von etwas bereits Geschehenen die Chance auf etwas Neues.

Dass seine Bilder dabei ein Eigenleben entwi-ckeln, liegt vor allem auch an seiner Methodik: So zu tun, als ob, bedeutet nämlich immer auch, dass man es anders macht.

* Friedell, Egon. Kulturgeschichte der Neuzeit. Kulturgeschichte Ägyptens. Frankfurt, M.: Zweitau-sendeins, 2009, S. 25.

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„Die ›Einfarbigkeit‹ der Leere tötet zwar die Farben, die in sich verharren. Aber dieser Tod belebt sie zugleich. Sie gewinnen an Weite und Tiefe oder an Stille. Die ›Einfarbigkeit‹ hat also mit der unter-schiedslosen, farblosen oder eintönigen Einheit nichts gemeinsam. Man könnte sagen: Das Weiß bzw. die Leere ist die Tiefenschicht oder der unsichtbare Atemraum der Farben bzw. der Formen. […] Die wechselseitige Durchdringung im Feld der Leere zieht kein gestalt- und formloses Durcheinander nach sich. Sie bewahrt die Gestalt. Leere ist Form.“

Han, Byung-Chul. Philosophie des Zen-Buddhismus. Stuttgart: P. Reclam, 2002, S. 50.

Xiuzhen, Yin.“Thought“, 2009

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Yin Xiunzhens Skulptur „Thought“ setzt sich mit der rätselhaften Verbindung zwischen Gehirn und Gedanke auseinander. Doch das Werk bringt einen neuen Impuls in die Körper-Geist Dialektik: Es nähert sich mit den Mitteln der Poesie einer Frage, die unser Verstand nur schwer fassen kann.

Was ist die Differenz zwischen dem menschli-chen Bewusstsein und der chemisch-biologischen Reaktion im Gehirn? Auf dem ersten Blick könnte man Xiunzhens Kunstwerk so deuten, dass es keine gibt. Doch dieser Deutungsansatz greift zu kurz – denn ihre Installation ist mehr, als nur ein Gehirn, das Gedanke heißt.

Der entscheidende Unterschied ist ihre Farbig-keit: das Blau ihrer aus vielen einzelnen Kleidern zusammengesetzten Skulptur. Byung-Chul Han schreibt: „Die ›Einfarbigkeit‹ hat also mit der un-terschiedslosen, farblosen oder eintönigen Einheit nichts gemeinsam.“ Auch bei Xiunzhen steht der Farbverlauf für eine weitere Bedeutungsebene voller Symbolik.

Das Blau, das traditionell für Klarheit und Harmo-nie steht, ist hier ein poetischer Fingerzeig auf die Körper-Geist Problematik. Unsere Gedanken sind blau. Solche, die näher zum Himmel ragen, werden heller und zugänglicher. Die Niederen dagegen sind dunkel und abweisend.

Die Skulptur ist nicht das Werk einer nüchtern bilanzierenden Materialistin. Im Gegenteil: Yin Xiunzhens feiert mit „Thought“ die menschliche Phantasie und Einbildungskraft – irgendwo zwi-schen Gehirn und Gedanke.

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Impressum

Gestaltung und Text:Paul Schoemaker

Die Arbeit ist entstanden im Kurs „Wissenschaft-liches Schreiben“ unter der Leitung von Arne Rawe.

FH Düsseldorf 2012

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