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ix5. Jura I945] Communications provisoires - Comunicati provvisori 91 Folgt die H~imolyse dem Alles- oder- Nichts- Gesetz ? Die Frage, ob bei partieller H~molyse ein Teil der Zel- len alles H/imoglobin oder alle einen Teil ihres H~moglo- bins abgeben, ist mehrfach untersucht worden ~. Fiir S/iu- getierblut schien sic nach den neueren sorg- f/iltigen Messungen yon SA'SLOW (1929) ~ und PArtP.~RT (1931) 3 definitiv in dem Sinn entschieden, dab die It~imolyse dem Alles- oder - Nichts- Gesetz folgt, indem die Ein- zelzelle H~moglobin bis zumDilfusionsaus- gleich mit der Aul3en- 16sung abgibt. Die H/~- molyse wfirde darin prinzipiell etwa der Depolarisation bei der Erregungsleitung im Nerven oder der Kon- traktion des Muskels /ihneln, die sich nach den heutigen Vorstel- lungen durch die Zahl der beteiligten Ele- mente und nicht durch Variation der Elemen- tarleistung abstufen. Die experimentelle .............. Basis, auf die sich die- se Anschauung sttitzt, ist indirekt (in erster Linie Vergleich zwi- schen Zahl der ver- schwundenen Zellen und Menge des Irei- gesetzten H/~moglo- bins). Ihre Beweis- kraft sei hier nicht dis- kutiert. Doch scheint eine Beobachtung der Mitteilung wert, die 1 i sich bei Untersuchun- I ~ " gen fiber andere H~t- I molyseprobleme er- I gab und die die Frage f fir die osmotischeH/i- : i molyse in unmittel- " barerer Vgeise beant- wortet. Suspendiert man frisches, defibriniertes Menschenblut 1:10 in hypotonischen Koch- salzl6sungen im Konzentrationsgebiet eben beginnen- der H/imolyse und zentrifugiert nach Erreichen des H~i- .~ --I: IF'-- ~z2~, $ ::--5" ~'-"'~, tif-:'-- --'--'- -'-I Abb. 1. Suspensionen von Mcnschcnblut 1:10 in hypotonischen Kochsalz- 15sungen, m]t50 mit Phosphat auf PH 6,8 gcpuffert, nach mehrcren Stunden zentrifugiert. Die Zahlen geben die Salzkonzcntratioucn in Einheiten der Iso- tonie (1 ~ 0,95% NaC1). Die StromasSule zeigt, am dcutlichsten in 0,5 isoton. NaCI, wescntlich h6heren H/imogiobingehalt als dic dariibcrstehende Liisung. Abb. 2. Derselbc Vcrsuch wie in Abb. 1 mit seitlicher Beleuchtung. Die im durchfallenden Licht lackfarben crschcincnde ~,Stromas/iule~ erweist sich durch starke Lichtstrcuung als aus Zellen zusammengesetzt. 1 L. DI~NES, Bioch. Zs. 33,268 (1911) ; S. RUSZNYAK, Bioch. Zs. 36, 394 (1911); H. HANDOVSKV, Arch. exp. Path. Pharm. 69, 412 (1912); S. C. BROOKS, J. Gem Physiol. 1, 61 (1919); J. BARON, Arch. ges. Physiol. 220, 243 (1928). G. SASLOW,Quart. J. Exp. Physiol. 19, 329 (1929); A. K. PAn- PART,Biol. Bull. Mar. Lab. Woods Hole 61, 500 (1931). molysegleichgewichts in HXmatokritr6hren geeigneter Form (s. Abb.), so beobachtet man folgendes. Mit zuneh- mender H/imolyse wird die abgeschleuderte Bluts/iule kfirzer. Zwischen ihr und der fiberstehenden klaren H/i- moglobinsalzl6sung setzt sich, mit scharfer Grenze gegen beide, eine Stromaschicht ab, die mit stei- gender H~tmolyse zu- n/tchst l~nger, sp~.ter in stark hypotoni- schen L6sungen wie- der kfirzer wird. Diese Schicht ist rot gef/~rbt, und zwar, vor allem in den hSchsten noch h/imolysierenden Salz- konzentrationen, we- sentlich dunkler Ms die dariiberstehende L6- sung (Abb. 1). Sie kann auf den ersten Blick lackfarbenen Ein- druck erweeken, zeigt aber bei seitlicher Be- leuchtung ihren Zelt- gehalt deutlich durch starke Liehtstreuung (Abb. 2). Die Beobachtung zeigt, dab ein Diffu- sionsausgleich ftir alas H~moglobin bei os- motischer H~molyse nicht zustandekommt. Das H~tmolysegleich- gewicht ist vom Diffu- sionsausgleich desto weiter entfernt, je ge- ringer der HAmolyse- grad ist. Die scharfe Grenze zwischen Blut- k6rperehen- und Stro- mas/£ule zeigt zwar, dab nut ein definier- ter, mit fallender Salz- konzentration zuneh- mender Bruchteil der Zellen yon der HXmo- lyse ergriffen wird. Dieser Bruchteil h~t- molysiert abet desto unvollst/indiger, je kleiner er ist. Die H~i- molyse stuft sich so- wohl durch die Zahl der betrofIenen Zellen ab als auch durch die Menge des vouder Ein- zelzelle abgegebenen H~tmoglobins. Der er- steMechanismuswiegt vor, aber (lie Existenz des zweiten ist nlcht zu bezweio feln. W. W:LBRANDT Hallerianum und Pharmakologisches Institut, Bern, den 19. M/irz 1945.

Folgt die Hämolyse dem Alles-oder-Nichts-Gesetz?

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ix5. J u r a I945] Communications provisoires - Comunicati provvisori 91

Folgt die H~imolyse dem Alles- oder- Nichts- Gesetz ?

Die Frage , ob bei par t ie l le r H~molyse ein Teil der Zel- len alles H/ imog lob in oder al le e inen Tei l ihres H~moglo - bins abgeben , is t mehr f ach un t e r such t worden ~. Fi i r S/iu- ge t i e rb lu t schien sic nach den neueren sorg- f / i l t igen Messungen yon SA'SLOW (1929) ~ und PArtP.~RT (1931) 3 def in i t iv in d e m Sinn en tschieden , dab die It~imolyse dem Alles- oder - N i c h t s - Gesetz folgt, i ndem die Ein- zelzelle H ~ m o g l o b i n bis zumDi l fu s ionsaus - gleich m i t de r Aul3en- 16sung abgibt . Die H/~- molyse wfirde dar in pr inzipie l l e twa der Depo la r i sa t ion bei der E r r e g u n g s l e i t u n g im N e r v e n oder der Kon- t r a k t i o n des Muskels / ihneln, die sich nach den heu t igen Vorste l - lungen durch die Zahl der be te i l ig ten Ele- m e n t e und n ich t durch Var i a t i on der E l emen- t a r l e i s t u n g abs tufen .

Die expe r imen te l l e . . . . . . . . . . . . . . Basis, auf die sich die- se A n s c h a u u n g s t t i tz t , ist i nd i rek t (in e r s te r Lin ie Vergle ich zwi- schen Zahl der ver - s c h w u n d e n e n Zel len und Menge des Irei- gese t z t en H/~moglo- bins). Ih re Beweis- k ra f t sei h ier n i ch t dis- ku t ie r t . Doch sche in t eine B e o b a c h t u n g der Mi t t e i l ung wer t , die 1 i

s ich bei U n t e r s u c h u n - I ~ " gen fiber ande re H~t- I m o l y s e p r o b l e m e er- I gab und die die F r a g e f fir die osmot i scheH/ i - : i molyse in u n m i t t e l - " barerer Vgeise bean t - wor te t .

Suspend ie r t m a n frisches, def ibr in ier tes Menschenb lu t 1:10 in h y p o t o n i s c h e n Koch - sa lz l6sungen im K o n z e n t r a t i o n s g e b i e t eben beginnen- der H/ imolyse und zen t r i fug ie r t nach Er re i chen des H~i-

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Abb. 1. Suspensionen von Mcnschcnblut 1:10 in hypotonischen Kochsalz- 15sungen, m]t50 mit Phosphat auf PH 6,8 gcpuffert, nach mehrcren Stunden zentrifugiert. Die Zahlen geben die Salzkonzcntratioucn in Einheiten der Iso- tonie (1 ~ 0,95% NaC1). Die StromasSule zeigt, am dcutlichsten in 0,5 isoton. NaCI, wescntlich h6heren H/imogiobingehalt als dic dariibcrstehende Liisung.

Abb. 2. Derselbc Vcrsuch wie in Abb. 1 mit seitlicher Beleuchtung. Die im durchfallenden Licht lackfarben crschcincnde ~,Stromas/iule~ erweist sich

durch starke Lichtstrcuung als aus Zellen zusammengesetzt.

1 L. DI~NES, Bioch. Zs. 33,268 (1911) ; S. RUSZNYAK, Bioch. Zs. 36, 394 (1911); H. HANDOVSKV, Arch. exp. Path. Pharm. 69, 412 (1912); S. C. BROOKS, J. Gem Physiol. 1, 61 (1919); J. BARON, Arch. ges. Physiol. 220, 243 (1928).

G. SASLOW, Quart. J. Exp. Physiol. 19, 329 (1929); A. K. PAn- PART, Biol. Bull. Mar. Lab. Woods Hole 61, 500 (1931).

molyseg le ichgewich ts in H X m a t o k r i t r 6 h r e n gee igneter F o r m (s. Abb.) , so b e o b a c h t e t m a n folgendes. Mit zuneh- mender H/ imolyse wird die abgesch leude r t e Bluts / iu le kfirzer. Zwischen ihr und der f ibe rs tehenden k la ren H/i- moglobinsa lz l6sung se tz t sich, m i t schar fe r Grenze gegen beide, eine S t r o m a s c h i c h t ab, d ie m i t s tei-

gende r H~tmolyse zu- n/ tchst l~nger, sp~.ter in s t a rk h y p o t o n i - schen L6sungen wie- de r kf i rzer wird . Diese Sch ich t is t ro t gef/~rbt, und zwar, v o r a l l em in den hSchs ten noch h / imolys ie renden Salz- k o n z e n t r a t i o n e n , we- sentl ich d u n k l e r Ms die dariiberstehende L6 - sung (Abb. 1). Sie k a n n auf den e rs ten Bl ick l ackfa rbenen E i n - d ruck erweeken, ze ig t aber bei se i t l icher Be- l euch tung ih ren Zelt- gehal t deu t l i ch d u r c h s tarke L i e h t s t r e u u n g (Abb. 2).

Die B e o b a c h t u n g zeigt, dab ein Diffu- s ionsausgleich ftir alas H~moglob in bei os- mot i scher H ~ m o l y s e n ich t z u s t a n d e k o m m t . Das H~tmolysegleich- gewicht ist v o m Diffu- s ionsausgleich de s to wei te r en t fe rn t , je ge- r inger der HAmolyse- grad ist. Die schar fe Grenze zwischen B lu t - k6rperehen- und St ro- mas/£ule zeigt zwar , dab n u t ein def inier- ter, mi t fa l lender Salz- konzen t r a t i on zuneh- mende r Bruch te i l de r Zellen yon der HXmo- lyse ergr i f fen wird. Dieser Bruch te i l h~t- molys ie r t a b e t des to unvol l s t / indiger , je kleiner er ist. Die H~i- molyse s tu f t sich so- wohl du rch die Zahl der be t ro f I enen Zel len ab als auch du rch die Menge des v o u d e r E in - zelzelle a b g e g e b e n e n H~tmoglobins. Der er- s t e M e c h a n i s m u s w i e g t

vor , aber (lie Ex i s t enz des zwei ten ist n l ch t zu bezweio feln.

W. W:LBRANDT

H a l l e r i a n u m und P h a r m a k o l o g i s c h e s In s t i t u t , Bern , den 19. M/irz 1945.