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FRIDA KAHLO Bekenntnisse Basierend auf einem bislang unveröffentlichten Interview bietet Bekenntnisse noch nie dagewesene Einsichten in Frida Kahlos Innenwelt. Dieser intime Blick auf die rätselhafte Künstlerin wird von ausgewählten Photographien und Werken Kahlos, darunter selten gesehenen Zeichnungen, illustriert. Salomon Grimberg Frida Kahlo: Bekenntnisse 160 Seiten mit 50 Abbildungen Gebunden mit Schutzumschlag 978-3-7913-4188-0 SALOMON GRIMBERG Mit einem Vorwort von Hayden Herrera 9 783791 341880 ISBN 978-3-7913-4188-0

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F R I D A K A H LOBekenntnisse

Basierend auf einem bislang

unveröffentlichten Interview bietet Bekenntnisse noch nie

dagewesene Einsichten in Frida Kahlos Innenwelt.

Dieser intime Blick auf die rätselhafte Künstlerin

wird von ausgewählten Photographien und Werken Kahlos,

darunter selten gesehenen Zeichnungen, illustriert.

Salomon GrimbergFrida Kahlo: Bekenntnisse

160 Seiten mit 50 AbbildungenGebunden mit Schutzumschlag978-3-7913-4188-0

S A L O M O N G R I M B E R GMit einem Vorwort von Hayden Herrera

9 7 8 3 7 9 1 3 4 1 8 8 0

ISBN 978-3-7913-4188-0

F R I D A K A H L O : B E K E N N T N I S S E

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O L G A C A M P U S : I N T E R V I E W M I T F R I D A K A H L O

ich ein Bild, das ich Dr. [William] Valentiner, Kurator des Museums in Detroit, schenk-

te.52 1933 bis 1934 interessierte ich mich sehr für politische Dinge.53 Ich malte so gut

wie nichts: mein kleines Selbstbildnis54, das Porträt von Diego55 und einen Flugzeug-absturz56 (unten). Edward G. Robinson besitzt diese Bilder und ein weiteres von mir57.Inzwischen war ich zurück in Mexiko.

1935 reiste ich nach New York und tat nichts: Ich malte Ich alleine58. Hier nahm dieschlimmste Leidenszeit ihren Anfang. Damals wurde die erste Scheidung, die nicht statt-fand, geplant. Ich kehrte nach Mexiko zurück und wohnte in dem Haus an der Avenida

de los Insurgentes, und Diego blieb in San Ángel. Von 1936 bis 1938 tat ich nichts außer Malen. 1938 hatte ich meine Ausstellung in

New York. Mit dem Geld, das Robinson mir gab, bezahlte ich meine Reise nach NewYork, und von dort ging ich nach Paris, wo ich ebenfalls ausstellte. Dort malte ich

nichts. Ich hatte nur eine herrliche Zeit und war untätig.Als ich nach Mexiko zurückkam, ereignete sich all der Ärger und Schlamassel mit

[Leo] Trotzki, und Diego und ich ließen uns scheiden. Ich fing an, ernsthafter zu malen,

und warf meine Bilder nicht weg, weil ich dafür Geld bekam. Ich malte Porträts des[Komponisten] Carlos Chavez59, des [Filmstars] Dolores del Río60 und anderer; ebensovon Nickolas Muray61 [dem amerikanisch-ungarischen Fotografen, Kahlos Liebhaber].

Ich glaube, ich habe mich etwa zehn Mal selbst gemalt. Ein Selbstporträt gehörtMary Sklar (sie besitzt zwei meiner Gemälde)62; ein anderes gehört zur Sammlung

A. Conger Goodyear63. Die zwei Fridas [1939] ist im MuseoNacional [Mexiko-Stadt, jetzt

das Museo de Arte Moderno];Jetzt, wo ich kahl bin, liebst dumich nicht mehr befindet sich im Museum of Modern Art[New York]64. In Die verwunde-

te Tafel (gegenüber) sitze ichalleine am Tisch neben einemjudas und einem ídolo, das ich

füttere. Ich gab es dem Museum

in Moskau.65 Ein Weiteres warein selbstporträt im Bett, und da

ich es malte, als ich nicht essen mochte, benutzte ich dafür einen Trichter.66 MorilloSafa hat es. Baum der Hoffnung bleibe stark [1946] wurde von Dr. Carillo Gil, einem

Freund von Inés Amor, angekauft.67 Der verletzte Hirsch [1946] gehört Arcady Boyt-ler.68 Ein Selbstporträt ist im Besitz von Mrs. Florence Arquin69; und dem Ingenieur

[Eugenio] Riquelme gehört Umarmung der Erde [sic]70. Ich malte Porträts von Marte R. Gómez71 und von den Morillo Safas72; die Blume

des Lebens [1943]73; und Helena Rubinstein hat ein Stillleben74. Dem Ingenieur José

Domingo Lavín gehört das Bildnis der Marucha Lavín [1942]75 und Moses [1945], eines

meiner hübschesten Bilder76. Er gab mir Freuds Moses [Der Mann Moses und die mo-notheistische Religion, 1939] zu lesen und sagte mir, ich sollte darüber ein Bild malen.

Eine Zeitlang zeichnete ich mit brauner Tusche, Bartolí [Josep Bartolí, Kahlos Lieb-

haber] hat einige dieser Zeichnungen. Einige habe ich zerrissen, andere aufgehoben.

Der Flugzeugabsturz, 1934 Die verwundete Tafel, 1940

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K I N D E R

Ich hätte sehr gerne einen Sohn, weil Männer sich besser verteidigen. Wenn ich einenSohn hätte, wünschte ich, dass er aussähe wie Diego. Wenn ich ein Mädchen hätte,wünschte ich, dass sie etwa so aussähe wie ich, aber ein bisschen besser.

Für meine Kinder gefiele mir der Name Diego und jeder Name außer Frida.Als ich das erste Mal einen Sohn haben wollte, war ich 13. Ich sah Diego vorüber-

gehen und träumte davon, von ihm einen Sohn zu haben. Ich erzählte meinen kleinen

Freundinnen beim Eisessen auf der Plaza in Coyoacán davon. Es ist gut, Kinder zu haben, weil es normal ist.Ich würde von meinen Kindern nichts erwarten, außer dass sie sorgenfreier leben als

ich. Ich würde nicht wollen, dass mir meine Kinder helfen. Ich würde ihnen helfen wol-

len. Eltern und Kinder sollten füreinander keinerlei Opfer bringen.Ich hätte gerne gut aussehende und physisch privilegierte Kinder; vor allem gesund.

Ich wünschte mir, dass sie zufrieden sind.

Ich würde mich ständig wegen ihrer Gesundheit ängstigen. Es wären insbesondere Sor-gen über ihre Ernährung, wenn sie Kinder sind, und ihren Geist, wenn sie heranwachsen.

Ich würde meine Kinder nicht zu sehr behelligen.

Man muss mit Kindern vernünftig reden. Kindern gegenüber habe ich niemals Todeswünsche verspürt.

Frida Kahlo mit ihrer Nichte Isolda und ihrem Neffen Antonio, 1935

Frida Kahlo_1-160 v.4_dt mit register 30.11.2008 20:06 Uhr Seite 94

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D E R B L I C K I N D E N S P I EG E L

S A L O M O N G R I M B E R G

Im Jahr 1947 malte Frida Kahlo das Selbstbildnis mit offenem Haar (gegenüber). Sie stellt sich vor einer Wand aus Vulkangestein dar, an der eine Schlangenfetthenne

(Sedum morganianum) heftet. Kahlo wirkt verstört, ihr Blick ist nach innen gerichtet.Ihr in der Mitte gescheiteltes Haar fällt lose über ihre Tehuana-Bluse (der traditionellenKleidung in Tehuantapec im Staat Oaxaca) fast bis auf das entrollte Schriftband unten

im Bild. Darauf ist zu lesen: Ich, Frida Kahlo, malte mich hier nach dem Spiegelbild. Ich bin 37 Jahre alt und wir schreiben den Monat Juli neunzehnhundertsiebenundvierzig.In Coyoacán, Mexiko, dem Ort meiner Geburt. Eine Analyse des Selbstporträts im Kon-

text von Kahlos Biografie offenbart eine reiche Symbolik, die darauf schließen lässt, wie sie sich selbst wahrnahm, wie sie von anderen wahrgenommen werden wollte undwie sie ihr Leben empfand. Kahlo gestaltete ihr bekennendes Selbstbildnis mit offenem

Haar in einer Weise, die darüber, wer sie war, in die Irre führen sollte – wodurch sieparadoxerweise preisgab, wer sie sein wollte. Dieser Konflikt verleiht dem Bild seineKraft und Rätselhaftigkeit.

Um das Selbstbildnis mit offenem Haar zu beurteilen, ist es notwendig, Kahlos Lebenzu verstehen.1 Magdalena Carmen Frida Kahlo y Calderón, geboren am 6. Juli 1907 in der Stadt Coyoacán an der Peripherie von Mexiko-Stadt, war das vierte von fünf

Kindern des Paares Guillermo Kahlo und Matilde Calderón y González.2 Frida, mit derihre Mutter kurz nach dem Tod des einzigen Sohnes schwanger wurde, ging ein dunkler

Schatten voraus. Es muss für Matilde eine emotional belastende Schwangerschaft gewe-

sen sein. Wie häufig in solchen Situationen wurde die trauernde Mutter in dem Versuch,

das verlorene Kind irgendwie zu ersetzen, erneut schwanger. Der Wunsch erfüllte sich

nicht: Das mit dem verlorenen Kind nicht identische Neugeborene wird zum Objekt von

Enttäuschung und anhaltendem Kummer.3 Es ist nicht verwunderlich, dass sich MatildeCalderón nach Fridas Geburt in eine Depression flüchtete und die Pflege ihres Neuge-borenen einer Amme überließ. Als sie entdeckte, dass die Amme während des StillensAlkohol trank, war die mit sich selbst beschäftigte Matilde bereits erneut schwanger mitCristina, Fridas elf Monate jüngerer Schwester.

Selbstbildnis mit offenem Haar, 1947

Frida Kahlo_1-160 v.4_dt mit register 30.11.2008 20:06 Uhr Seite 18

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