11
Impulse 04|2011 FriEnt ist eine Arbeitsgemeinschaft von: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) | Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) | FriedrichEbertStiftung (FES) | Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH | HeinrichBöllStiftung (hbs) | Katholische Zentralstelle für Entwicklungshilfe / Misereor | Konsortium Ziviler Friedensdienst | Plattform Zivile Konfliktbearbeitung / Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) | Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) 1 FriEnt Team Inhalt FriEntTeam FriEnt wird 10! Umfangreiche Aktivitäten im Jubiläumsjahr 1 FriEntRundtisch Nahost: Der Menschenrechtsansatz in Palästina 2 Mitgliedsorganisationen FES/ÖNZ: Wahlen in der DR Kongo – Konfliktlinien und Konsequenzen 3 EED: Sorge um politische Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche Friedensund Entwicklungsarbeit 4 ZIF: Briefing zur Vernetzten Sicherheit 5 ZIF: Neue UNEmpfehlung zur zivilen Friedenskonsolidierung 6 BMZ: INCAF veröffentlicht Planungshilfen zu "Armed Violence Reduction" 7 Impuls Natascha Zupan: Alte und neue Wege beschreiten 8 FriEnt Tipps & Infos Weltentwicklungsbericht 2011 zu "Konflikt, Sicherheit und Entwicklung" 10 Weltbildungsbericht: Bildung durch bewaffneten Konflikt gefährdet 10 FriEnt wird 10! Umfangreiche Aktivitäten im Jubiläumsjahr Am 1. September 2001 gründeten staatliche Organisationen, kirchliche Hilfswerke, zivilgesellschaftliche Netzwerke und politische Stiftungen mit FriEnt eine einzigartige Vernetzungsund Lernplattform. Seit nunmehr zehn Jahren fördert FriEnt den vertrauensvollen Dialog zwischen Staat und Zivilgesellschaft, regt Kooperationen an und unterstützt den Kompetenzaufbau bei seinen Mitgliedern. Im Jubiläumsjahr 2011 blicken wir auf die letzten zehn Jahre entwicklungspolitischer Friedensarbeit zurück. Gemeinsam mit den FriEntMitgliedern wollen wir daraus aktuelle Herausforderungen ableiten und damit verbundene Handlungsoptionen für staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure diskutieren. Eine Reihe von Fachgesprächen wird in verschiedenen thematischen Bereichen dazu beitragen. Neben den Fortschritten und „Baustellen“ bei der Integration von Friedensförderung in klassische Sektoren der Entwicklungszusammenarbeit – Bildung, Gesundheit und Land – stehen der Blick auf die internationale Ebene, umfassende Ansätze sowie Transformationsund Demokratisierungsprozesse auf dem Programm. Eine achtteilige EssaySerie begleitet die FriEntAktivitäten im Jubiläumsjahr. Zum Start geht Natascha Zupan in dieser Ausgabe der FriEnt Impulse ausgewählten Trends der letzten zehn Jahre nach und leitet daraus alte und neue Herausforderungen ab. Weitere Informationen Marc Baxmann, FriEnt [email protected] Natascha Zupan, FriEnt [email protected] Neuer Name Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) mit diesem neuen und einheitlichen Namen tragen wir den Entwicklungen der letzten zehn Jahre Rechnung. Gleichzeitig soll das zehnjährige Jubiläum auch dazu dienen, die Themen, Stärken und Beiträge entwicklungspolitischer Friedensarbeit sichtbarer zu machen. Zum Start in das Jubiläumsjahr präsentiert die Arbeitsgemeinschaft auch ihr neues Logo. Die etablierte Pfeilform wurde dabei aufgegriffen und weiterentwickelt. Symbolisch steht das Logo damit für die Untrennbarkeit von Frieden und Entwicklung. Bei FriEnt arbeiten die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft gemeinsam an der konkreten Ausgestaltung. In Kürze wird auch die Homepage überarbeitet. Bereits jetzt freuen wir uns über Ihre Rückmeldungen zum neuen Logo und zum neuen Design der Impulse!

FriEnt Impulse 04/2011

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Newsletter der Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt)

Citation preview

Page 1: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

  FriEnt ist eine Arbeitsgemeinschaft von: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent‐wicklung (BMZ) | Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) | Friedrich‐Ebert‐Stiftung (FES) | Deutsche Ge‐sellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH | Heinrich‐Böll‐Stiftung (hbs) | Katholische Zent‐ralstelle für Entwicklungshilfe / Misereor | Konsortium Ziviler Friedensdienst | Plattform Zivile Konfliktbe‐arbeitung / Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) | Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) 

1

 

FriEnt‐Team  Inhalt 

FriEnt‐Team   

FriEnt wird 10! Umfangreiche Aktivitä‐ten im Jubiläumsjahr

FriEnt‐Rundtisch Nahost: Der Men‐schenrechtsansatz in Palästina

Mitgliedsorganisationen   

FES/ÖNZ: Wahlen in der DR Kongo –Konfliktlinien und Konsequenzen 

EED: Sorge um politische Rahmenbe‐dingungen für zivilgesellschaftliche Friedens‐ und Entwicklungsarbeit

ZIF: Briefing zur Vernetzten Sicherheit  5 

ZIF: Neue UN‐Empfehlung zur zivilen Friedenskonsolidierung

BMZ: INCAF veröffentlicht Planungshil‐fen zu "Armed Violence Reduction"

Impuls   

Natascha Zupan:  Alte und neue Wege beschreiten

FriEnt Tipps & Infos   

Weltentwicklungsbericht 2011 zu "Konflikt, Sicherheit und Entwicklung"

10 

Weltbildungsbericht: Bildung durch bewaffneten Konflikt gefährdet

10 

FriEnt wird 10! Umfangreiche Aktivitäten im Jubiläumsjahr 

Am 1. September 2001 gründeten staatliche Organisa‐tionen,  kirchliche  Hilfswerke,  zivilgesellschaftliche Netzwerke  und  politische  Stiftungen mit  FriEnt  eine einzigartige  Vernetzungs‐  und  Lernplattform.  Seit nunmehr  zehn  Jahren  fördert  FriEnt  den  vertrauens‐vollen Dialog zwischen Staat und Zivilgesellschaft, regt Kooperationen  an  und  unterstützt  den  Kompetenz‐aufbau bei seinen Mitgliedern.  

Im Jubiläumsjahr 2011 blicken wir auf die letzten zehn Jahre  entwicklungspolitischer  Friedensarbeit  zurück. Gemeinsam  mit  den  FriEnt‐Mitgliedern  wollen  wir daraus  aktuelle  Herausforderungen  ableiten  und  da‐mit verbundene Handlungsoptionen für staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure diskutieren.  

Eine Reihe von Fachgesprächen wird in verschiedenen thematischen  Bereichen  dazu  beitragen.  Neben  den Fortschritten und „Baustellen“ bei der Integration von Friedensförderung in klassische Sektoren der Entwick‐lungszusammenarbeit – Bildung, Gesundheit und Land –  stehen der Blick  auf die  internationale Ebene, um‐fassende Ansätze  sowie Transformations‐ und Demo‐

kratisierungsprozesse auf dem Programm.  

Eine achtteilige Essay‐Serie begleitet die FriEnt‐Aktivitäten  im  Jubi‐läumsjahr.  Zum  Start  geht Natascha  Zupan  in  dieser  Ausgabe  der FriEnt  Impulse  ausgewählten  Trends  der  letzten  zehn  Jahre  nach und leitet daraus alte und neue Herausforderungen ab. 

 

Weitere Informationen 

Marc Baxmann, FriEnt [email protected]

Natascha Zupan, FriEnt [email protected]

Neuer Name 

Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) ‐ mit diesem neuen und einheitli‐chen Namen tragen wir den Entwicklungen der letzten zehn Jahre Rechnung. 

Gleichzeitig  soll  das  zehnjährige  Jubiläum  auch  dazu  dienen,  die Themen,  Stärken  und  Beiträge  entwicklungspolitischer  Friedensar‐beit  sichtbarer  zu machen. Zum Start  in das  Jubiläumsjahr präsen‐tiert  die  Arbeitsgemeinschaft  auch  ihr  neues  Logo.  Die  etablierte Pfeilform wurde  dabei  aufgegriffen  und weiterentwickelt.  Symbo‐lisch  steht das Logo damit  für die Untrennbarkeit von Frieden und Entwicklung. Bei  FriEnt  arbeiten die Mitglieder der Arbeitsgemein‐schaft  gemeinsam  an  der  konkreten  Ausgestaltung.  In  Kürze wird auch die Homepage überarbeitet. Bereits  jetzt  freuen wir uns über Ihre  Rückmeldungen  zum  neuen  Logo  und  zum  neuen Design  der Impulse! 

Page 2: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

2

FriEnt‐Rundtisch Nahost: Der Menschenrechtsansatz in Palästina 

Was verstehen wir unter dem „Menschenrechtsansatz“ in der Entwicklungszusammenarbeit und wie systematisch wenden wir ihn an? Welche Erfahrungen existieren in der Umsetzung in Israel und Palästina, wo  liegen Chancen und Grenzen für die entwicklungspolitische Frie‐densarbeit und wie  können  zivilgesellschaftliche und  staatliche Akteure  ihr Handeln  kom‐plementär gestalten? Anknüpfend an den letzten FriEnt‐Rundtisch Nahost standen diese Fragen  im Mittelpunkt des Treffens Ende März  in Berlin mit knapp 30 Teilneh‐menden.  

 

Weitere Informationen 

Bodo Schulze, FriEnt [email protected]

Links & Literatur 

Zunächst  gab  Andrea  Kämpf  (Deutsches  Institut  für Menschenrechte) einen Überblick über die Kernelemen‐te  des  Menschenrechtsansatzes,  wie  die  Menschen‐rechtsstandards und ‐prinzipien und die dualistische Be‐trachtungsweise  von  Pflichten‐  und  Rechtsträgern. Tsafrir  Cohen  (medico  international)  und Giancarlo  de Picciotto  (Direktion  für  Entwicklung  und  Zusammenar‐beit, DEZA) berichteten im Anschluss von der Arbeit vor Ort,  ihren Erfahrungen mit dem Menschenrechtsansatz und  beschrieben Herausforderungen  aus  ihren  jeweili‐gen Perspektiven. 

Die  Diskussion  zeigte,  dass  der Menschenrechtsansatz von den Vertreterinnen und Vertretern der  staatlichen und  zivilgesellschaftlichen  Akteure  unterschiedlich  sys‐tematisch  in der Planung und Durchführung von Vorha‐ben genutzt wird, nicht zuletzt aufgrund seiner Komple‐xität. Dennoch prägt der Ansatz indirekt große Teile der Arbeit vor Ort. So böten Menschenrechte und das Hu‐manitäre Völkerrecht nicht nur einen  rechtlichen Rahmen, sondern auch einen politischen Hebel  für  die  Stärkung  benachteiligter Gruppen.  Ferner  integriere  die  gleichzeitige Arbeit mit  Rechts‐  und  Pflichtenträgern  das  Ziel  der  Veränderung  gesellschaftlicher Machtbezie‐hungen bereits  in den Arbeitsprozess – und zwar nicht nur beim Einfordern, Erhalten und Stärken der politischen und bürgerlichen, sondern vor allem auch der wirtschaftlichen, so‐zialen und kulturellen Rechte. Denn die  langfristige Veränderung gesellschaftlicher Macht‐beziehungen zugunsten marginalisierter Bevölkerungsteile sei nicht nur mittelfristig zur Ver‐besserung  der  Lebensbedingungen wichtig,  sondern  langfristig  auch  zur  Bearbeitung  von Konfliktursachen von großer Bedeutung.  

Human Rights and the Imbalance of Power: The Palestinian‐Israeli ConflictBerghof Handbook Dialogue No. 9 | Marwan Darweish | 2010 

The Human Rights‐Based Approach in German Development Cooperation  

GTZ, DIMR | 2009 

Deutsches Institut für Menschenrechte (DIMR)

medico international

DEZA in Gaza und der Westbank

Die Potentiale  für die entwicklungspolitische Friedensarbeit  in Palästina und  Israel wurden daher als hoch eingestuft,  insbesondere wenn der Ansatz stärker als bisher als Analyserah‐men  für Vorhaben genutzt würde. So könnte die  friedenspolitische Relevanz  in einem von großen Machtasymmetrien geprägten Umfeld gestärkt werden – auch  im Sinne des „Do no harm“ und der Frage, ob und inwieweit die eigene Arbeit den Status Quo vor Ort festige. Die spezifischen  politischen  Rahmenbedingungen  stellten  externe  sowie  lokale  Akteure  aller‐dings  vor  große Herausforderungen:  So  dürfe  die  Erbringung  staatlicher  Leistungen  nicht durch Dritte  substituiert werden,  selbst wenn die Pflichtenträger nicht  immer eindeutig  i‐dentifiziert und  zur Rechenschaft gezogen werden könnten  (israelische Regierung, Palästi‐nensische Autonomiebehörde, De‐facto‐Regierung  in Gaza). Ebenso erschwere eine schlei‐chende  Entdemokratisierung  in  Teilen  der  palästinensischen  und  israelischen Gesellschaft die Arbeit mit rechtsbasierten Ansätzen. Mit Blick auf komplementäres Arbeiten staatlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure böten sich hinsichtlich Strategien, Ebenen und Partnerzu‐

Page 3: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

3

gänge große Potentiale, die bislang nur zum Teil genutzt würden. Hierzu seien gemeinsame Kontextanalysen wichtig,  um  beispielsweise  Doppelstrukturen  zu  vermeiden  und  Verant‐wortlichkeiten und Rollen zu klären. Zudem müsse die Risikobereitschaft der Akteure realis‐tisch eingeschätzt und der Frage nachgegangen werden, auf welchen  (politischen) Ebenen sie bereit sind, Menschenrechte einzufordern. 

Vor dem Hintergrund der Umbrüche  in Nordafrika und dem Nahen Osten reflektierten die Teilnehmenden im zweiten Teil des Rundtisches die Entwicklungen in der Region und disku‐tierten die Herausforderungen für die Arbeit vor Ort. Beeindruckt von der Kraft der nationa‐len Bewegungen, waren sich alle einig, dass die Unterstützung von außen nicht vorschnell und  auf der Grundlage  genauer Analysen  erfolgen müsste. Der Rundtisch wird diese Ent‐wicklungen weiterverfolgen und sich den Herausforderungen des Menschenrechtsansatzes in Palästina auch in Zukunft widmen. 

Mitgliedsorganisationen 

FES/ÖNZ: Wahlen in der DR Kongo – Kandidaten, Konfliktlinien, Konsequenzen 

Die bevorstehenden Parlaments‐ und Präsidentschaftswahlen  in der Demokratischen Repu‐blik  Kongo  (DR  Kongo) waren  das  Thema  einer  Podiumsdiskussion,  die  das Ökumenische Netz  Zentralafrika  gemeinsam mit der  Friedrich‐Ebert‐Stiftung am 18. April 2011  in Berlin veranstaltete.  

Daniel Stroux, der Interimsleiter der Wahldivision der Blauhelmmission MONUSCO in der DR Kongo erläuterte die technische und logistische Unterstützung von Seiten der Vereinten Na‐tionen  bei  den  anstehenden Wahlen. Aufgrund  organisatorischer  Schwierigkeiten  bei  der Wähler‐ und Kandidatenregistrierung in allen Provinzen ist derzeit noch unklar, ob die Wah‐

len wie geplant im November stattfinden werden. Eine schwach ausgebildete  Infrastruktur und die  teure,  technisch aufwendige Erstellung der Wählerlisten und Wahlzettel tragen dazu bei, die Wahlvorbereitung  ebenso  zu  verzögern  wie  das  ausstehende Wahlgesetz, das vom Parlament immer noch nicht abschließend beraten und beschlossen ist. Sollten die Wahlen des Präsidenten und des Parlaments allerdings nicht wie  in der Verfassung vor‐gesehen bis zum 6. Dezember stattgefunden haben, würde dies zu einem Legitimationsproblem der amtierenden Regierung füh‐ren.  

 

Weitere Informationen 

Ilona Auer‐Frege. ÖNZ [email protected]

Jean Claude Kibala, Vize‐Gouverneur des Süd‐Kivu, betonte die Bedeutung  von Wahlen  auf  lokaler  Ebene  für  eine  Vertiefung des  kongolesischen  Demokratisierungsprozesses.  Seit  über  40 Jahren  ist  in  der DR  Kongo  nicht mehr  auf  Provinz‐, Distrikts‐ und Gemeindeebene gewählt worden. Im Gegensatz zu den Prä‐sidentschafts‐ und Parlamentswahlen sind auch dieses mal von 

Geberseite bislang  keine  finanziellen Mittel  für  Lokalwahlen eingeplant.  Für Kibala  ist der Aufbau eines  funktionierenden Staatsapparates allerdings eng verknüpft mit den Partizipa‐tionsmöglichkeiten der Bevölkerung auf lokaler Ebene. Nur mündige, aktive Bürger könnten sich für wirtschaftliche Fortschritte einsetzen und vor Ort Politiker aufgrund ihrer Leistungen bewerten und gegen Korruption direkt vorgehen.  

Florian Dähne, FES [email protected]

Links & Literatur 

Ökumenische Netz Zentralafrika

FES International / Afrika

Der kongolesische Pfarrer und Menschenrechtsaktivist Jean‐Gottfried Mutombo unterstrich die Bedeutung  freier Wahlen als  Identitätsstifter  für die kongolesische Bevölkerung. Aller‐

Page 4: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

4

dings müsse,  um  die Wahlen  gerecht und  fair  abhalten  zu  können,  ein  viel  stärkeres Be‐wusstsein  innerhalb der Bevölkerung geschaffen  sowie eine  stärkere Sensibilisierung über die Bedeutung von Wahlen in einem demokratischen Prozess angestoßen werden. Nach wie vor sei die Korruption nicht ernsthaft angegangen und neben der herrschenden Straflosig‐keit eines der zentralen Probleme in der Gesellschaft. Diese Faktoren hätten zu einer Desil‐lusionierung  in der Zivilgesellschaft geführt, die sich von den Wahlen 2006 massive Verbes‐serungen erhofft hatte,  inzwischen aber kaum noch die Erwartung hege, dass Wahlen  tat‐sächlich zu positiven Veränderungen in ihrem von Gewalt und Korruption geprägten Umfeld führen könnten. 

Die  Journalistin Andrea  Böhm merkte  an,  dass  sich  die Durchführung  von  zweiten  freien Wahlen  in  einem  fragilen  Staat  wie  der  DR  Kongo  immer  schwieriger  gestalte  als  die hoffnungsbringenden  ersten  freien  Wahlen  nach  einem  politischen  Umsturz.  Vor  allem ginge es dem amtierenden Machthaber zumeist um eine erfolgreiche Wiederwahl, bei der vielfach  unlautere  Mittel  eingesetzt  würden.  Die  Verfassungsänderung  zu  Gunsten  der Wahlchancen Kabilas sei ein gutes Beispiel dafür und hätte auf viel nachdrücklichere Kritik bei  den  internationalen  Gebern  stoßen  müssen.  In  der  DR  Kongo  sei  das  fehlende Demokratieverständnis  zudem  ein  fundamentales  Problem,  was  sich  auch  in  dem Bedeutungsdefizit von Opposition zeige. Die oppositionelle Position werde oftmals nicht als Möglichkeit gesehen, sich konstruktiv in das politische Geschehen einzubringen.  

Konsens der Teilnehmenden war, dass den Wahlen eine große Bedeutung für die politische Zukunft des Landes zukommt. Neben der Hoffnung auf eine fortschreitende Institutionalisie‐rung demokratischer Prozesse durch und mit Wahlen bestehen allerdings auch berechtigte Sorgen  bezüglich  der  zu  erwartenden  Freiheit  und  Fairness  der  bevorstehenden  Urnen‐gangs.  Eine  gewaltsame  Eskalation  bestehender    Konflikte  und Machtkämpfe  im  Vorfeld, während und nach den Wahlen steht weiterhin zu befürchten. 

EED: Sorge um politische Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche Friedens‐ und Entwicklungsarbeit 

Die Mitglieder von ACT Alliance, dem weltweiten Bündnis protestantischer Hilfswerke, zei‐gen  sich  besorgt  über  den  schwindenden  politischen  Handlungsspielraum  für  zivilgesell‐schaftliche Organisationen. Diese Sorge bestätigt sich in den Ergebnissen von 14 Länderstu‐dien, die nun  in einem ACT Policy Briefing zusammengefasst wurden. Der EED hat als Mit‐glied der ACT Alliance gemeinsam mit der Afrikanischen Kirchenkonferenz Länderstudien zu Ghana, Sambia und Burkina Faso beigetragen. 

Demnach gibt es einen Trend zur restriktiven Verregelung von zivilgesellschaftlichen Aktivi‐täten seitens des Staates. Laut ACT Alliance leiden zivilgesellschaftliche Akteure unter ande‐rem unter Negativkampagnen, administrativen Restriktionen oder direkter Strafverfolgung. Damit werden die  internationalen Verpflichtungen  im Rahmen der Reformen zur Wirksam‐keit der Entwicklungszusammenarbeit konterkariert. So haben sich die Geber‐ und Partner‐ländern im Accra Aktionsplan aus dem Jahr 2008 auf die Gewährleistung und Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen  („Enabling Environment“)  für eine wirksame Arbeit zivilge‐sellschaftlicher Akteure verständigt. Gerade in fragilen Situationen und in von Konflikten be‐troffenen Ländern sei dieser Trend besonders besorgniserregend.  

Page 5: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

5

Die Ergebnisse der Studien werden von der ACT Alliance in die  aktuellen  Vorbereitungsprozesse  für  die  vierte  Mi‐nisterkonferenz  über  die  Wirksamkeit  der  Hilfe  in  der Stadt Busan in Südkorea eingebracht. Gleichzeitig beschäf‐tigt sich die Zivilgesellschaft  im Rahmen des  internationa‐len  „Open  Forums“  mit  der  Wirksamkeit  der  Entwick‐lungszusammenarbeit.  In diesem Rahmen wurden aus 75 Länderbeispielen  fünf  Minimalkriterien  gefiltert,  die  auf Länderebene  gegeben  sein  sollten, wenn  von  „günstigen Rahmenbedingungen“  für eine wirksame Entwicklungsar‐beit der Zivilgesellschaft ausgegangen werden  soll. Dabei handelt es sich um:  (1) Versammlungsfreiheit,  (2)  rechtli‐che  Anerkennung  zivilgesellschaftlicher  Organisationen, (3)  Recht  auf  freie Meinungsäußerung,  (4)  das  Recht  in‐nerhalb  der  Gesetze  frei  von  ungerechtfertigter  Einmi‐schung des  Staates  zu arbeiten,  (5) das Recht darauf, Fi‐nanzmittel und Unterstützung  für diese Arbeit  zu mobili‐sieren und sicherzustellen. 

 

Weitere Informationen 

Peter Lanzet, EED [email protected]

Links & Literatur

Changing political spaces of Civil Soci‐ety Organisations ACT Alliance | 2011 

Shrinking political spaces for civil so‐ciety action  ACT Alliance | Policy Brief | 2011 

The enabling environment for Civil Society is shrinking  ACT Alliance | Policy Brief | 2011 

Istanbul Principles for CSO Develop‐ment EffectivenessDie  besonderen  Herausforderungen,  die  sich  für  zivilge‐

sellschaftliche  Organisationen  in  Konflikten  und  fragilen Situationen  stellen, behandelt das Open Forum  in einem eigenen Konsultationsprozess. 

Open Forum thematic consultation on CSOs working in situations of conflict

ZIF: Briefing zur Vernetzten Sicherheit  

Das ZIF beleuchtet  in einem neuen Briefing das Konzept der Vernetzten Sicherheit. Dieses lässt  sich  demnach  verstehen  als  ein  ganzheitliches  Konzept, um Ressourcen der militäri‐schen und polizeilichen Sicherheitskräfte, der zivilen Friedenskräfte, der Diplomatie und der Entwicklungszusammenarbeit, auf nationaler, internationaler und auf lokaler Ebene, ressort‐ und  institutionenübergreifend abzustimmen und – durch Bündelung oder Arbeitsteilung – optimiert einzusetzen. Ziel ist es, internationale Konflikte wirksam zu bearbeiten und damit indirekt zur Sicherheit Deutschlands beizutragen.  

Seit 2006  ist Vernetzte Sicherheit ein offizielles Konzept der deutschen Sicherheitspolitik. Damit betrifft es auch friedenserhaltende  Einsätze  internationaler Missionen, an  denen  deutsche  Institutionen  und  Entsandte  teil‐nehmen. Allerdings wird der Begriff nicht einheitlich ge‐braucht und  ist Gegenstand  innenpolitischer Kontrover‐sen.  Eine  Begriffsklärung  ist  deshalb wiederholt  einge‐fordert worden. 

Instrumentell  zielt  das  Konzept  auf  die  Kohärenz  der deutschen Aktivitäten untereinander  sowie auf das Zu‐sammenspiel von  internationalen und  lokalen Akteuren auf  der multilateralen  Ebene und  in den  Konfliktregio‐nen.  Seine Umsetzung erfordert eine Kombination  von dauerhaften  Institutionen,  die  vernetztes  Handeln  er‐

möglichen,  sowie von Ad‐hoc‐Arrangements, die auf den konkreten Konflikt maßgeschnei‐dert sind. In der Praxis stellt sich die Frage, wo sich personelle, finanzielle und organisatori‐sche  Investitionen  in  neue Arrangements der Vernetzten  Sicherheit  lohnen  – und wo die Grenzen zur Vernetzung anerkannt werden müssen.  

 

Weitere Informationen 

Andreas Wittkowsky, ZIF A.Wittkowsky@zif‐berlin.de

Links & Literatur 

Das Konzept der Vernetzten Sicherheit:  Dimensionen, Herausforderungen, Grenzen Andreas Wittkowsky und Jens Philip Meier‐johann | ZIF | 2011 

Page 6: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

6

Im Zentrum der  innenpolitischen Kontroverse steht die Befürchtung der Kritiker, dass Ver‐netzte Sicherheit eine zunehmende Militarisierung der deutschen Außenpolitik und die Un‐terordnung der zivilen Politikbereiche unter das Militärische bedeute. Genährt worden sind diese Befürchtungen vor allem durch die Debatte über die Vernetzung ziviler und militäri‐scher Akteure in Afghanistan. Vernetzte Sicherheit erfordert in solchem Kontext die Berück‐sichtigung der legitimen Interessen aller beteiligten Akteure – seien sie staatlich oder nicht‐staatlich. 

Grundsätzlich geht es bei Vernetzter Sicherheit nicht um die Unterordnung des Zivilen unter das Militärische,  sondern um die Ausrichtung  ziviler und militärischer Ressourcen  auf das gemeinsame Ziel Sicherheit. Der umfassende, vernetzte Einsatz ziviler konfliktvermeidender oder  ‐mindernder Ressourcen  soll  gerade die Notwendigkeit militärischen Handelns mini‐mieren.  

Der Sicherheitsbegriff und die abgeleiteten Ziele bleiben im Konzept aber unbestimmt. Eine entsprechende Klärung des Sicherheitsbegriffs bleibt also eine Aufgabe deutscher Friedens‐ und Sicherheitspolitik. Möglicherweise  findet sich dabei ein Begriff, der sowohl den  instru‐mentellen Aspekt der Vernetzung als auch die inhaltliche Bestimmung umfasst.  

ZIF: Neue UN‐Empfehlung zur zivilen Friedenskonsolidierung 

Zivile ExpertInnen und Experten  leisten  im Rahmen von UN‐Missionen einen wesentlichen Beitrag zur Friedensförderung und  ‐konsolidierung. UN‐Generalsekretär Ban Ki Moon hatte im Jahr 2009  in seinem Bericht über ‚Peacebuilding  in the Immediate Aftermath of Conflict’ eine Überprüfung angefordert, wie dieser Beitrag verbessert werden könnte. Eine unabhän‐gige Beratergruppe hat nun im März 2011 zahlreiche Empfehlungen vorgelegt. Eine aktuelle ZIF‐Kurzinfo fasst die wichtigsten Empfehlungen des Berichts zusammen.  

 Ownership  ‐  Die  Erfahrung  zeigt,  dass  Friedenskonsolidie‐rung  nur  erfolgreich  sein  kann,  wenn  betroffene  Gesell‐schaften eigenständige Fähigkeiten  im Umgang mit Konflik‐ten und den damit einhergehenden Veränderungsprozessen entwickeln.  Eine  zentrale  Herausforderung  liegt  deswegen in der Erkennung, Stärkung und dem wirksamen Einsatz von nationalen  Kapazitäten  sowie  der  raschen  Wiederherstel‐lung  grundlegender  Regierungsfunktionen.  Bei  der  Umset‐zung von Maßnahmen sollten nationale Experten daher Vor‐rang haben. 

 

Weitere Informationen 

Andreas Hirblinger, ZIF A.Hirblinger@zif‐online.de

Links & Literatur 

 Partnership ‐ Viele der in Friedenseinsätzen benötigten zivi‐len  Kapazitäten  können  durch  den  Personalpool  der  UN nicht  abgedeckt  werden.  Außerhalb  dieses  Pools  existiert jedoch  in vielen UN‐Mitgliedsstaaten eine beträchtliche An‐zahl geeigneter Experten. Die Vermittlung  ziviler Kapazitäten aus externen Pools  scheitert jedoch oft an schlechter Koordination. Hier mangelt es an einem Mechanismus, der die ad‐ministrativen Beziehungen  zwischen Mietgliedsländern, Vermittlungsorganisationen, Missi‐onen und den UN koordiniert und so erfolgreiche zivile Partnerschaften zur Personalvermitt‐lung etabliert. Deswegen wird empfohlen, eine zentrale Koordinationsstelle einzurichten.  

Civilian Capacity in the aftermath of Conflict ZIF Kurzinfo | 2011 

Website der UN‐Beratergruppe

Expertise ‐ Wie der Bericht feststellt, benötigen die Vereinten Nationen ein besseres Perso‐nalmanagement  um  rechtzeitig  auf  die  ständig  wechselnden  Verhältnisse  in  den  Frie‐denseinsätzen  reagieren  zu  können. Das  System  sollte einen  schnellen Überblick über die tatsächlich zur Verfügung stehenden Kapazitäten bieten sowie Lücken erfolgreich identifizie‐ren.  Empfohlen wird  deswegen  unter  anderem  die  Einführung  eines  Cluster‐Systems,  im 

Page 7: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

7

Rahmen dessen Kernaktivitäten der  Friedenskonsolidierung  (beispielsweise die  Justiz oder der wirtschaftliche Wiederaufbau) koordiniert werden.  

„Nimble“  ‐ Damit UN‐Missionen  gut  auf wechselnden Verhältnisse  reagieren, und die  zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Mittel effektiv einsetzen können, sollten sie sich möglichst „flink“ anpassen können. Der Bericht kritisiert diesbezüglich auch die kon‐zeptionelle Überfrachtung der UN  im Rahmen der  friedenserhaltenden Maßnahmen. Des‐wegen empfiehlt der Bericht unter anderem die Haushaltsbefugnisse von Missionsleitungen zu stärken und Mittel nach dem Prinzip des komparativen Vorteils zu vergeben. 

BMZ: INCAF veröffentlicht Planungshilfen zu "Armed Violence Reduction" 

Im Rahmen der Arbeiten zu "Armed Violence Reduction  ‐ AVR" hat das „International Net‐work on Conflict and Fragility“  (INCAF) des OECD Entwicklungsausschuss  (DAC) Ende März drei so genannte "Programming Notes" als Planungshilfen veröffentlicht.  

Die Mehrheit der Menschen, die direkt oder  indirekt durch bewaffnete Gewalt ums Leben kommen, ist inzwischen außerhalb von klassischen Konflikt‐ und Kriegsgebieten zu verzeich‐nen und zum großen Teil auf (organisierte) Kriminalität und Gewalt im persönlichen Umfeld  

zurückzuführen. Genau hier setzen die neuen konzepti‐onellen Analysen, Ansätze und Initiativen zu AVR an. Sie stellen  die  Menschen,  die  unter  bewaffneter  Gewalt und  einem  hohen  gesamtgesellschaftlichen  Gewaltni‐veau leiden, in den Mittelpunkt.  

 

Weitere Informationen 

Christoph Bleis, GIZ [email protected]

Links & Literatur 

AVR  versteht  sich  damit  als  konzeptionelle  Klammer, unter der diese Ansätze zusammen mit klassischen Sek‐toren der Entwicklungszusammenarbeit wie Bildung und Gesundheit kombiniert und umgesetzt werden können. Eine  solche  integrierte  Perspektive  bietet  die Möglich‐keit, das Thema Gewalt in seinen verschiedenen Dimen‐sionen und Ausprägungen  kohärent  zu bearbeiten und gleichzeitig zur Prävention beizutragen. 

Folgende Programming Notes können über die OECD Library Website bestellt und/oder als PDF‐Datei heruntergela‐den werden: 

Reducing the Involvement of Youth in Armed Violence  

Preventing and Reducing Armed Vio‐lence in Urban Areas 

Linking Security System Reform and Armed Violence Reduction 

Die  nun  veröffentlichten  Planungshilfen  brechen  die konzeptionellen Debatten  zu Gewaltprävention  für  die operative Ebene runter und zeigen konkrete Möglichkei‐ten  und  Empfehlungen  für  die  Planung  und Durchfüh‐rung von AVR‐orientierten Maßnahmen auf. 

Armed Violence Reduction – Enabling Development  OECD/DAC | 2009 

Das  BMZ  hat  durch  das GIZ‐Sektorprogramm  „Frieden und  Sicherheit“  aktiv  die  Arbeitsgruppe  zu  AVR  inner‐halb  der  OECD  unterstützt  und  die  Erstellung  des  Pa‐piers  zur  Reduzierung  von  Jugendgewalt  finanziell  ge‐fördert.  

Page 8: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

8

Impuls 

Alte und neue Wege beschreiten 

Die  Herausforderungen  entwicklungspolitischer  Friedensarbeit  der  kommenden  Jahre  auf zwei Seiten zu skizzieren  ist eine Herausforderung an sich. Das Feld  ist weit und  reicht von Reformprozessen bei den Vereinten Nationen und der Europäischen Union, über Klimawan‐del, die Verknappung natürlicher Ressourcen, die Rolle neuer Geber wie China,  Indien und Brasilien, Diskussionen über Kohärenz, statebuilding, „good enough governance“ und „hybri‐de  Institutionen“ bis hin zu aktuell noch schwer zu durchdringenden politischen Umwälzun‐gen im Nahen Osten und Nordafrika. Der folgende Impuls klammert all dies aus und konzent‐riert sich auf eine Frage: Welche „Bausteine“ machen zukünftig das Handlungsfeld aus?   

Baustein Nr. 1: Debatten erweitern und „strukturelle Prävention“ klären 

„Conflict, Security, and Development“ – unter diesem Titel veröffentlichte die Weltbank vor wenigen  Tagen  ihren  diesjährigen Weltentwicklungsbericht  (WDR).  Sie  sendet  damit  ein wichtiges politisches Signal, denn der WDR 2011 widmet sich erstmals gezielt der Frage, vor welchen Herausforderungen Entwicklung(szusammenarbeit) in von Gewalt geprägten Situa‐tionen steht. Zentrale Erkenntnisse aus Praxis und Wissenschaft werden hier gebündelt: Die Bedeutung von Vertrauensbildung zwischen staatlichen Institutionen und Bürgern während Wiederaufbau‐ und Reformprozessen, die generationsübergreifende Dauer solcher Prozesse oder  die  Notwendigkeit,  wiederkehrende  Gewaltdynamiken  zu  beachten,  sowie  kreative und durchaus risikobehaftete Ansätze zu entwickeln, um nur einige zu nennen.  

Gleichzeitig  spiegelt  kaum  eine  andere Veröffentlichung  aus  dem  entwicklungspolitischen Kontext die diskursive Annäherung von Außen‐, Sicherheits‐ und Entwicklungspolitik so stark wider, wie dieser Bericht. Schon  jetzt  ist absehbar, dass er mit seiner griffigen Forderung nach mehr „citizen’s security, justice and jobs“ der neue Star in der Debatte um Sicherheit und  Entwicklung werden wird. Nachdrücklich  zeigt  er  Ent‐wicklungspolitik  und  ‐praxis  auf,  dass  physische  Sicherheit (Polizei, Armee), ein  funktionierendes  Justizwesen und ein‐kommensschaffende  Maßnahmen  für  die  Prävention  und die Bearbeitung unterschiedlichster Gewaltphänomene un‐abdingbar sind. 

 

Weitere Informationen 

Natascha Zupan, FriEnt [email protected]

So wichtig diese Aspekte sind, arbeitet man an der Schnittstelle von Frieden und Entwick‐lung, offenbart sich hier auch eine Schwachstelle des Berichts – und der in den letzten Jah‐ren  geführten Diskussionen  über  die Handlungsoptionen  entwicklungspolitischer Akteure. Denn  trotz  eines  gewachsenen Bewusstseins über die Komplexität  von Krisen‐ und Nach‐kriegssituationen,  trotz  des  in  der  Entwicklungspolitik  vertretenen weiten  Verständnisses von  „menschlicher  Sicherheit“,  und  trotz  der Arbeit  an  „strukturellen Ursachen“  von Ge‐waltkonflikten hat  sich die Debatte über die Handlungsfelder entwicklungspolitischer Frie‐densarbeit in den letzten Jahren verengt ‐ und nach außen verlagert. 

Was  ist mit dieser Verengung und Verlagerung gemeint? Zugespitzt  formuliert, spricht ein Großteil der  entwicklungspolitischen Akteure unter  sich über Milleniumsentwicklungsziele und die Paris Agenda, aber kaum über Frieden und Do no harm. Der weitaus kleinere Teil hingegen  spricht  mit  Außen‐  und  Sicherheitspolitikern  über  Fragilität,  Governance,  Si‐cherheits‐  und  Justizsektorreform,  selten  jedoch mit  anderen  entwicklungspolitischen Ak‐

Page 9: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

9

teuren über den Zusammenhang von Gesundheit, Bildung oder  ländlicher Entwicklung und Friedensförderung.  

Parallele Diskurse und Abgrenzungen zwischen Sektoren und Politikbereichen sind keine Sel‐tenheit. Ohne  Zweifel  ist dies nicht  zuletzt eine  Frage begrenzter Kapazitäten, es  ist  aber auch eine Frage von Prioritäten. Die Diskussionen über Afghanistan, whole‐of‐government Strategien, erweiterte Sicherheit und zivil‐militärische Zusammenarbeit haben so viele Res‐sourcen auf staatlicher wie zivilgesellschaftlicher Seite absorbiert, dass kaum Raum für das Nachdenken  über  alternative  Ansätze,  eine  Konkretisierung  der  eher  vage  formulierten „strukturellen  Prävention“  und  sektorspezifisches Mainstreaming  blieb. Geht man  jedoch davon aus, dass mangelnde oder ungleiche Zugänge zu wirtschaftlichen Ressourcen, politi‐scher Partizipation oder Bildung häufig Ursache von Gewaltkonflikten sind, so besitzen klas‐sische  entwicklungspolitische  Sektoren  bei  entsprechend  friedens‐  und  konfliktsensibler Planung viele Potentiale für präventive oder friedensfördernde Arbeit.  

Akteure der entwicklungspolitischen Friedensarbeit müssen in Zukunft Diskurs und Praxis in beide Richtungen erweitern und klären: einerseits gilt es, den internen Dialog wieder aufzu‐nehmen und gemeinsam mit den Kollegen der klassischen Sektoren die Potentiale zu kon‐kreten Handlungsansätzen auszubauen, andererseits müssen sie den politikfeldübergreifen‐de Dialog zu Frieden und Entwicklung weiterführen. Dabei wird entscheidend sein, ob sich dieser  externe  Dialog  auf  „citizen’s  security,  justice  and  jobs“  konzentriert  und  entwick‐lungspolitische  Friedensarbeit  (staatlicher  Akteure)  in  Zukunft  eng mit  Justiz‐  und  Sicher‐heitssektorreform sowie ökonomischen Quick‐Impact Maßnahmen assoziiert wird, oder ob es gelingt, ein umfassenderes Verständnis von Gerechtigkeit und Sicherheit – freedom from want and freedom from fear ‐ einzubringen. 

Baustein Nr. 2: Paradigmen hinterfragen und Strategien weiterentwicklen 

Entwicklungspolitische Friedensarbeit hat seit Mitte der 90er Jahre auf zwei Aspekte abge‐hoben. Neben der schon erwähnten „strukturellen Prävention“ ging und geht es um die För‐derung und Stärkung von  Institutionen und Mechanismen, die eine gewaltfreie Austragung von  Konflikten  ermöglichen.  Demokratieförderung,  Menschenrechtsschutz  und  Versöh‐nungsarbeit heute ihren festen Platz in der Entwicklungszusammenarbeit.  

Einen  ebenso  festen,  aber weniger  offensichtlichen  Platz  haben  die mit  diesen  Ansätzen verbundenen  „Theorien des Wandels“: Versöhnung durch Dialog und Begegnung, eine an marktwirtschaftlichen  Prinzipen  ausgerichtete,  liberale  Demokratie,  Strafverfolgung  und Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft als Brückenbauer oder Motor demokratischer Reform‐prozesse, Allparteilichkeit und Vermittlung ‐ all diese Eckpfeiler nachhaltiger Friedensförde‐rung  fußen nicht zuletzt auf unseren eigenen Erfahrungen  friedlicher Transformation nach dem Zweiten Weltkrieg.  

Doch obwohl vor Blaupausen gewarnt und kontextspezifische Strategieentwicklung als zent‐ral erachtet wird, greift ein Großteil externer Akteure unter häufig selbst auferlegtem Zeit‐druck auf etablierte Ansätze zurück. Hierzu gehören beispielsweise Wahrheitskommissionen und Strafgerichte. Aber welche Vorstellungen von Gerechtigkeit und Wahrheitsfindung ha‐ben Menschen in so unterschiedlichen Kontexten wie Kambodscha, der Demokratischen Re‐publik  Kongo  oder  Kolumbien? Und welche  Schritte müssen  zivilgesellschaftliche Akteure gehen, um  in  einer  tief  gespaltenen, hierarchisch  geprägten Gesellschaften  zum Brücken‐bauer zu werden? Führt Dialog tatsächlich zu Versöhnung, oder vertieft er nicht mitunter die Gräben  zwischen  Bevölkerungsteilen, weil  Ungleichheiten  und Marginalisierung  nach wie vor Bestand haben? Und wie glaubwürdig können wir in Afghanistan, Bosnien oder Palästina für Frieden und die Universalität von Menschenrechten eintreten? Dies ist kein Plädoyer für die Relativierung von Werten oder den Rückzug aus politisch sensiblen Handlungsbereichen. 

Page 10: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

10

Im Gegenteil. Schließlich ist Friedensentwicklung auf das Engste mit Werten verknüpft – und läuft je nach Kontext umso schneller Gefahr, entwertet zu werden.  

Wenn  entwicklungspolitische  Friedensarbeit  auch  in  Zukunft  glaubwürdig  und  nachhaltig Veränderungsprozesse begleiten und unterstützen möchte, muss sie sich der Herausforde‐rung stellen, nach 15 Jahren Praxis und Forschung ihre Paradigmen zu hinterfragen, inne zu halten, Bilanz zu ziehen und neue Wege bei der Strategieentwicklung zu gehen.  

Natascha Zupan ist Leiterin des FriEnt‐Teams. 

FriEnt Tipps & Info 

Weltentwicklungsbericht 2011 zu "Konflikt, Sicherheit und Entwicklung" 

Die  Instrumente und  Strategien der  internationalen Gemeinschaft  zur Befriedung von Ge‐waltkonflikten  und  zur  Transformation  fragiler  Staaten  sind  aktuellen Herausforderungen häufig  nicht  gewachsen  und  müssen  angepasst  werden.  So  die  zentrale  Erkenntnis  des Weltentwicklungsberichts 2011 der Weltbank, der vor kurzem veröffentlicht wurde. 

Etwa 1,5 Milliarden Menschen leben heute in Staaten, die von Gewaltkonflikten  oder  einem  hohen Maß  an  krimineller Ge‐walt gekennzeichnet sind.  In der großen Mehrheit handelt es sich um Entwicklungsländer. Anders als noch vor einigen Jahr‐zehnten vermischen sich in diesen Staaten heute oft politische Konflikte,  sozial motivierte  Gewalt,  Kleinkriminalität,  organi‐sierte Kriminalität und Terrorismus zu komplexen Gewaltkreis‐läufen, die die Entwicklung hemmen. Um die Gewaltkreisläufe zu durchbrechen und Perspektiven  für eine  friedliche Entwicklung zu schaffen,  fordern die Autoren klare Prioritäten für Entwicklung. 

 

Links & Literatur 

World Development Report 2011: Conflict, Security, and Development 

Demnach  sind  Investitionen  in  die  Sicherheit  der  Menschen,  in  den  Aufbau  von  Jus‐tiz/Rechtssystemen und  in die Schaffung von Arbeitsplätzen ganz zentral, um weitere Ent‐wicklung zu ermöglichen.  

Der Bericht empfiehlt eine Reihe von Maßnahmen, um Vertrauensbildung und institutionel‐le Reformen zu unterstützen. Dazu gehören Programme zur Gewaltprävention und Arbeits‐beschaffungs‐Maßnahmen auf Gemeindeebene und eine stärkere Einbeziehung von Frauen und von lokalen Einrichtungen zur Konfliktlösung. Internationale Entwicklungsagenturen sol‐len  ihre Hilfe  stärker darauf ausrichten, Programme  zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Verbesserung von Polizei und Justiz in fragilen Staaten zu finanzieren. 

Die Präsentation und Diskussion des Berichts in Deutschland wird am 23. Mai 2011 im BMZ stattfinden. Neben einer Vorstellung der zentralen Erkenntnisse werden Vertreter von BMZ, AA, BMVg und der Zivilgesellschaft darüber diskutieren, wie die Ergebnisse des Berichts  in der deutschen Außen‐, Sicherheits‐, und Entwicklungspolitik umgesetzt werden können. 

Weltbildungsbericht: Bildung durch bewaffneten Konflikt gefährdet 

Von den weltweit 67 Millionen Kindern, die keine Schule besuchen,  leben 28 Millionen  in Ländern  in Konfliktsituationen. Bewaffnete Konflikte nehmen diesen Kindern  ihre Zukunft. Das ist das Fazit des UNESCO‐Weltbildungsbericht 2011, der am 1. März 2011 am Hauptsitz der Vereinten Nationen  in New York  vorgestellt wurde.  Sexuelle Gewalt, gezielte Angriffe auf Schulen und weitere Menschenrechtverletzungen gefährden Bildung  

Page 11: FriEnt Impulse 04/2011

  Impulse  04|2011 

Der  Bericht  „Die  unbeachtete  Krise:  Bewaffneter  Konflikt und  Bildung“ warnt,  dass  die  internationale Gemeinschaft die  im Jahr 2000 eingegangenen Ziele zur „Bildung für alle“ nicht erreichen wird. Obwohl es viele Fortschritte gibt, wer‐den die meisten Ziele deutlich verfehlt,  insbesondere  in Re‐gionen  mit  dauerhaften  Konflikten.  Der  Bericht  kritisiert, dass  Bildung  der  am  stärksten  vernachlässigte  Bereich  im unterfinanzierten System humanitärer Hilfe ist.  

 

Links & Literatur 

The Hidden Crisis: Armed Conflict and Education Education for All Global Monitoring  Report 2011 

Die unbeachtete Krise: Bewaffneter Konflikt und Bildung Kurzfassung | Hrsg. von Deutsche U‐NESCO‐Kommission e.V. (DUK) |  Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung  

Stärkere  gemeinsame  Anstrengungen  von  Partnerländern und  Gebern  seien  laut  Bericht  erforderlich,  um  die  sechs EFA Ziele bis 2015 zu erreichen. 

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und  Entwicklung  und  die  Deutsche  UNESCO‐Kommission veröffentlichen  zum  weltweiten  Launch  eine  deutschspra‐chige Kurzfassung des Berichts. 

 

 

 

 

Impressum 

Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) c/o BMZ, Dahlmannstr. 4 53113 Bonn Tel.  +49‐228‐535‐3259 Fax.  +49‐228‐535‐3799 [email protected] www.frient.de

ISSN: 1861‐8642 

Redaktion:   Marc Baxmann  Tel. +49‐228‐535‐3447,  Fax: +49‐228‐535‐3799 [email protected]  

V.i.S.d.P:   Natascha Zupan 

Die FriEnt‐Impulse erscheinen monatlich. Ein kostenloses Abo kann per Formular auf der FriEnt‐Website bestellt werden. Die Inhalte der FriEnt‐Impulse geben die Meinung des FriEnt‐Teams bzw. der Autoren und nicht notwendi‐gerweise die der FriEnt‐Mitgliedsorganisationen wieder.  

 

11