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7/23/2019 Fruhe Religiose Ausserungen in Catal Huyu http://slidepdf.com/reader/full/fruhe-religiose-ausserungen-in-catal-huyu 1/16 Frühe religiöse Äußerungen in Çatal Hüyük Eine kritische Auseinandersetzung mit Ina Wunns „Die eligi!nen in "!rgeschichtlicher #eit$ %&' Ein(ührung Das Herausarbeiten von Umrissen einer prähistorischen Religion in all ihren Bestanteilen ist immer die Arbeit an einem theoretischen Konstrukt. Diese kann, aufgrund der meist mangelhaften, primären uellenlage, die in der archäologischen !undlage begr"ndet liegt, nur unter #inbe$iehung von anderen, %issenschaftlichen &eilbereichen erfolgen. Besonderer 'ch%erpunkt liegt hier bei auf der #thnologie und der Religions%issenschaft in denen ein %eit ver$%eigtes 'pektrum an (nformationen $usammengetragen %ird. #ine Aufarbeitung der archäologischen uellen ohne die )*glichkeit dieses +ugriffes %äre nicht $ielf"hrend. or diesem Hintergrund ist der 'ch%erpunkt von (na -unns Arbeit $u sehen, die sich vor allem in ihrer osition als Religions%issenschaftlerin um eine +usammenf"hrung der verschiedenen (nformationsstränge %idmet. #inen umfassenden /berblick $u diesem &hema hat (. -unn mit ihrer 0112 erschienenen Arbeit im Rahmen der Reihe 3Die Religionen der )enschheit4 vorgelegt, die hier als 5rundlage f"r %eitere, kritische Betrachtungen dient. Dabei %erden vor allem die archäologischen uellen kritisch hinterfragt. +ur eranschaulichung von -unns Arbeits%eise %ird beispielhaft der Abschnitt "ber die fr"hneolithische 'iedlung 6atal H"7"k, 21 km s"d*stlich von Kon7a auf der anatolischen Hochebene gelegen 8 , herange$ogen. %)' *er(ahrens+eise (n ihrer gesamten im 9ahr 0112 erschienenem Arbeit mit dem &itel 3Die Religionen in vorgeschichtlicher +eit4 ist das 5rundkon$ept auf einer logischen, $eitlichen Abfolge der  prähistorischen #reignisse aufgebaut. -unn versucht dabei einen /berblick "ber die vorliegenden !undmaterialen der 'tein$eit aus dem aläolithikum bis in das ausgehende  :eolithikum b$%. die Kupfer$eit $u geben. Diesem /berblick beigestellt sind auch immer die (nterpretationsansät$e, die sich f"r -unn aus dem aufgef"hrten )aterial ergeben. (n diesen interpretativen Bereichen ihrer Arbeit neigt (. -unn ;edoch da$u, sich in ihrem ansonsten 8 9. )ellaart, 8<=>, 08? #. Klengel, H. Klengel, 8<>1, 8@. 0

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Frühe religiöse Äußerungen in Çatal Hüyük 

Eine kritische Auseinandersetzung mit Ina Wunns

„Die eligi!nen in "!rgeschichtlicher #eit$

%&' Ein(ührung

Das Herausarbeiten von Umrissen einer prähistorischen Religion in all ihren Bestanteilen ist

immer die Arbeit an einem theoretischen Konstrukt. Diese kann, aufgrund der meist

mangelhaften, primären uellenlage, die in der archäologischen !undlage begr"ndet liegt, nur 

unter #inbe$iehung von anderen, %issenschaftlichen &eilbereichen erfolgen. Besonderer 

'ch%erpunkt liegt hier bei auf der #thnologie und der Religions%issenschaft in denen ein%eit ver$%eigtes 'pektrum an (nformationen $usammengetragen %ird. #ine Aufarbeitung der 

archäologischen uellen ohne die )*glichkeit dieses +ugriffes %äre nicht $ielf"hrend. or 

diesem Hintergrund ist der 'ch%erpunkt von (na -unns Arbeit $u sehen, die sich vor allem in

ihrer osition als Religions%issenschaftlerin um eine +usammenf"hrung der verschiedenen

(nformationsstränge %idmet.

#inen umfassenden /berblick $u diesem &hema hat (. -unn mit ihrer 0112 erschienenen

Arbeit im Rahmen der Reihe 3Die Religionen der )enschheit4 vorgelegt, die hier als5rundlage f"r %eitere, kritische Betrachtungen dient. Dabei %erden vor allem die

archäologischen uellen kritisch hinterfragt. +ur eranschaulichung von -unns Arbeits%eise

%ird beispielhaft der Abschnitt "ber die fr"hneolithische 'iedlung 6atal H"7"k, 21 km

s"d*stlich von Kon7a auf der anatolischen Hochebene gelegen8, herange$ogen.

%)' *er(ahrens+eise

(n ihrer gesamten im 9ahr 0112 erschienenem Arbeit mit dem &itel 3Die Religionen in

vorgeschichtlicher +eit4 ist das 5rundkon$ept auf einer logischen, $eitlichen Abfolge der 

 prähistorischen #reignisse aufgebaut. -unn versucht dabei einen /berblick "ber die

vorliegenden !undmaterialen der 'tein$eit aus dem aläolithikum bis in das ausgehende

 :eolithikum b$%. die Kupfer$eit $u geben. Diesem /berblick beigestellt sind auch immer die

(nterpretationsansät$e, die sich f"r -unn aus dem aufgef"hrten )aterial ergeben. (n diesen

interpretativen Bereichen ihrer Arbeit neigt (. -unn ;edoch da$u, sich in ihrem ansonsten

8 9. )ellaart, 8<=>, 08? #. Klengel, H. Klengel, 8<>1, 8@.

0

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linearen erfahren, in un"bersichtlichen #rklärungen der +usammenhänge $u verfangen. #in

Beispiel hierf"r ist die Aufschl"sselung eines m*glichen &an$ritus anhand von Bildmaterial

an den -änden der untersuchten 5ebäude. -unn kommt mehrfach auf diese rituellen

Handlungen $u sprechen0. Hier$%ischen liegen ;edoch %eitere umfangreiche Ausf"hrungen

$u Befunden und Architektur, $u !undmaterialen und $u den verschiedenen, ethnologisch,

religions%issenschaftlichen (nterpretationsm*glichkeiten bei, sodass der Anschluss an die

Ausgangspassage un"bersichtlich bleibt.

Aus der 'icht%eise der Archäologie ist die Arbeit -unns, die hier vorliegt, durchaus als

umfangreich an $u sprechen. (n ihr %erden eine iel$ahl !undstellen in einem umfangreichen

+eitraum "berblicksartig erfasst. Diese !undorte teilen sich %iederum in primäre und

sekundäre lät$e, %odurch ergleichsm*glichkeiten geschaffen %erden die in verschiedenen

!ällen archäologischer, aber auch ethnologischer und religions%issenschaftlicher :atur sein

k*nnen. (n ein$elnen Beispielen findet auch eine +usammenf"hrung dieser 

ergleichsmomente statt, die eine umfangreiche Auseinanderset$ung mit der )aterie in ihren

verschiedenen -issenschafts$%eigen $ur 5rundlage hat. Diese materielle +usammenf"hrung

gestaltet sich bis%eilen allerdings problematisch f"r die Autorin, die manchmal eine d"nne

(nformationsdichte, ;edenfalls hinsichtlich des ausge%ählten, archäologischen )aterials,

auf%eist. +umindest die archäologischen uellen sind, so macht es den #indruck, nach ihrem

otential an /bersicht "ber das behandelte &hema und der )*glichkeit $ur (nterpretation oder 

den bereits vorhandenen, theoretischen Ansät$en ge%ählt %orden. Bei dem vorliegenden

Umfang der Arbeit ist dies auch nicht ver%underlich. Die Autorin beschränkt sich auf eine

"berschaubare uellenlage die vor allem namenhafte -issenschaftler ber"cksichtig.

Hinsichtlich der archäologischen Aspekte 6atal H"7"ks sind dies vor allem die :amen der 

 beiden 'chirmherren der archäologischen #rschlieung des Csth"gels 9ames )ellaart EFeiter 

der Ausgrabungen von 8<=8 bis 8<=G und (an Hodder EFeiter der Ausgrabungen seit 8<<1.

Cft herange$ogen %erden auch der erfasser verschiedener /bersichts%erke in der 

 prähistorischen Archäologie, Hermann )"llerKarpe, und die Begr"nderin der &heorie des

matrilinearen 3Alteuropa4, )ari;a 5imbutas.

%,' Die In(!rmati!nsgrundlage

Die Aus%ertung der vielfältig gesammelten, archäologischen (nformationen findet durch (.

-unn umfangreich und ge%issenhaft statt. 'ie bilden die Basis f"r eine %eiterf"hrende

0 'ieh hier$u vor allem (. -unn, 0112, 01<, 08@.

@

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Aufarbeitung im 'inne eines Religionsvergleichs auf ethnographischer 5rundlage. #in

5rundproblem, %elches sich bei der (nformationssammlung ergeben hat ist, ;edoch die Arbeit

mit $.&. veraltetem uellenmaterial. 'o bilden die Ausf"hrungen $u 6atal H"7"k durchaus

einen roten !aden. Dieser hangelt sich ;edoch vor allem an dem von 9. )ellaart,

vorinterpretierten )aterial entlang, der als erster die ergrabenen !unde sichtete und beschrieb.

Hieraus ergibt sich ;edoch das roblem, dass )ellaart eine, aus heutiger 'icht, sehr eigene

Betrachtungs%eise der Befunde und des !undmaterials hatte. Dies ahnt auch -unn und %eist

im KonteIt der architektonischen (nterpretationen als m*gliche &empelgebäude auf die

geistigen Urspr"nge )ellaarts hin, die vor allem in der klassischen 5eschichte und

Jg7ptologie $u suchen sind@.

Das Beispiel m*glicher &empelbauten illustriert die Arbeits%eise, die -unn bei )ellaart

vorfindet und die ihr in einigen 'ituationen als Ausgangspunkt dient. (n den Darstellungen 9.

)ellaarts %ird davon ausgegangen, dass verschiedene !ormen von sakralen Bauten

 bestanden, die in ihren KonteIten durch die Be%ohner genut$t %urdenG. 5rundlegendes

roblem hinter dieser (nterpretation ist ;edoch der %eitreichend homogene Aufbau der 

gesamten 'iedlung. Die in ihrer Basisstruktur als rechteckig an $u sprechenden 5ebäude

$eichnen sich vor allem durch ihren homogenen Aufbau aus. Dieser besteht aus lattformen,

die durch )ellaart als 'chlafplattformen angesprochen %erden2, eine (nterpretation, der sich

auch -unn anschliet=. )it 'icherheit kann ;edoch lediglich festgestellt %erden, dass es sich

 bei den #rhebungen, die sich deutlich im Raumkon$ept ab$eichnen, keine Brandspuren

feststellen lassen, sodass es sich %ahrscheinlich nicht um Herdstellen handelte>. Die

(nterpretation als 'chlaf und 'it$stelle lässt sich %ahrscheinlich primär "ber den

Bestattungsritus erschlieen. #iner der 'ch%erpunkte dieses Ritus liegt in der Bestattung

unter den angesprochenen lattformen. Diese !orm der Bestattung ist besonders häufig in den

als Heiligt"mer angesprochenen 5ebäuden an$utreffen. 'ie sind vor allem in 'chicht ( A

@ (. -unn, 0112, 080.

G 9. )ellart, 8<=>, >8, <<818

2 9. )ellart, 8<=>, >G.

= (. -unn, 0112, 012.

> H. )"llerKarpe, 8<>G8<<L, 0>>.

G

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und B gut nachvoll$iehbar und set$en sich auch unter den !ub*den der ein$elnen 5ebäude

fort, %enn unter den odesten kein lat$ mehr gefunden %urdeL.

#in basales roblem hinsichtlich des oben aufge$eigten +usammenspiels $%ischen

Architektur und :ut$ung ist in der fehlenden Kenntnis "ber die konkrete er%endung der 

Räumlichkeiten $u sehen. R. Bernbeck %eist darauf hin, dass sich die :ut$ung des Raumes

eher in der architektonischen Umset$ung durch die Be%ohner niederschlägt, als dass die !orm

die :ut$ung bedingen %"rde<. #s ist also davon aus$ugehen, dass die de$idierte

orstellungs%elt der be%ohnenden (ndividuen sich in den Raumnut$ungskon$epten

niederschlägt. Dieser (nterpretation schliet sich auch (. -unn an, die von einer 

3%eltanschaulichen (nterpretation4 der Räumlichkeiten81 durch die Be%ohner spricht. !"r eine

individuelle :ut$ung sprechen vor allem die Details in den Ausstattungen der Räume. on

den 8@< durch 9. )ellaart ausgegrabenen 5ebäuden in den 'traten ((M %urden G1 durch ihn

als 'akralbauten interpretiert. #in besonders hohes Aufkommen scheint es in 'tratum ( A $u

geben, in dem er von G8 Räumen 8@ als sog. Kultstätten be$eichnet88. (n ( B $eichnet sich

mittler%eile ein ähnliches Bild ab. Die individuelle Ausf"hrung und 5r*e der 

Räumlichkeiten variiert mit der An$ahl der feststellbaren -andver$ierungen. 9edoch stagniert

die 5r*e des Raumes ab einer An$ahl von $%ei er$ierungen und bleib auf einem ähnlichen

 :iveau80.Unterschiede in der Bau%eise sind lediglich hinsichtlich der Ausstattung eindeutig

nach%eisbar. 9ene k*nnen eher darauf hindeuten, dass die Räumlichkeiten auf ein ge%isses

restige der sie nut$enden Bev*lkerung $ur"ckf"hrbar sind. R. Becks und &. 9akob %eisen

darauf hin, dass restige an die #rf"llung ge%isser :ormen und &raditionen gekoppelt ist,

%elche sich %iederum in der Ausstaffierung der Häuser %iderspiegeln kann 8@. Auch (. -unn

geht auf diesen unkt näher ein, indem sie die Aufhängung der oft $itierten

L R. Becks, &. 9akob, 8<<=, 2<.

< R. Bernbeck, 8<<>, 8L8.

81 (. -unn, 0112, 012.

88 'iehe hier$u auch R. Becks, &. 9akob, 8<<=, 2<, (. -unn, 0112, 01>

80 R. Becks, &. 9akob, 8<<=, 2<.

8@ R. Becks, &. 9akob, 8<<=, 2Lf.

2

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-andapplikationen näher betrachtet8G, die in unterschiedlichen, Nualitativen Ausprägungen

vorhanden sind.

Bei diesen -andapplikationen handelt es sich um die Kranien verschiedener Aasfresser oder 

&iere, die Aas als &eil ihrer :ahrungsstrategie ver$ehren. Da$u geh*ren ertreter des

5änsegeiers EGyps vulpus, des -iesels E Mustela und des !"chse EVulpini82. 'ie %urden als

Halterungen in die -and eingebracht und "berput$t. Bis%eilen entstanden so !ormen, die in

der Fiteratur als Brustapplikationen angesprochen %erden. Diesen (nterpretativen Ansat$

"bernimmt auch (. -unn und kommt dabei auf die bekannten 'tatuetten mit entbl*ten

 br"sten $u sprechen die sich in diesen Kanon einf"gen. Bereits )ellaart sah hier eine

erbindung mit dem am Crt prakti$ierten, mehrstufigen Begräbnisritual, %elches eine

)a$eration der K*rper als Bestanteil auf%eist. #ine m*gliche erbindung $%ischen den

'chädeln der Aasfresser, Darstellungen von aasfressenden *geln und einem

 :ach%eltglauben ist also ein durchaus naheliegender R"ckschluss. Die sog. 5eierheiligt"mer,

u.a. # (( L und dessen orgängerbau 3Kultbau # ((( L4 und # (( 08 8= $eigen in (hren

-andillustrationen m*glicher%eise Raubv*gel und kopflose, menschliche 5estalten, die diese

(nterpretation unterst"t$ten k*nnten.

Der mehrstufig verlaufende ro$ess der Bestattung, der vor allem in den 'chichten (A und B

unter den 5ebäuden endete ist bereits fr"h durch die separierten 'chädel und deren gesonderte

Behandlung, in machen !ällen durch /bermodellieren mit &on, bekannt ge%orden. Auch

 ;"ngere #indr"cke bekräftigen diese #rkenntnis, indem sie den &ransfer kleinerer 

K*rperbestanteile unter den 5räbern nachvoll$iehbar machen, die so eine !läche f"r %eitere

Asso$iationen bieten. Diese ergän$en durchaus die interpretativen Ansät$e im 'inne (. -unns.

'o beschreibt (. Hodder die /bernahme von +ähnen in den 'chädel einer ;"ngeren Bestattung

aus einer älteren8>.   (n diesem umfangreichen, s7mbolischen Kanon soll nun auch die

%eibliche 5estalt in ihren verschiedenen Ausf"hrungen eingreifen. Da$u geh*ren $um einen

die angesprochenen Brustapplikationen, $um anderen aber auch geometrische er$ierungen,

die als gesprei$te Beine und damit als eine ge%isse 5ebärhaltung interpretiert %erden k*nnen.

8G (. -unn, 0112, 08G.

82 9. )ellaart,8<=>, 821.

8= 9. )ellaart, 8<=>, 8<081@, Abb. 8G82, 80280>.

8> (. Hodder, 018G, 8=.

=

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Diese Aspekte %urden von 9. )ellaart schon fr"h als +eichen eines Kults in erbindung mit

einer )uttergottheit verstanden8L.

(n den Ausf"hrungen von (. -unn %erden nun diese Argumente mit m*glichen

ergleichsaspekten der #thnographie verbunden. Unter anderem %ird der sudanesische

'tammesverband der :uba angef"hrt, bei dem farbliche er$ierungen der (nnenräume, durch

geometrische )uster bekannt sind. :eben verschiedenen gegenständlichen #rscheinungen

verbinden sich die Finien auch $u %eiblichen 'chambereichen8<. erschiedene, ethnologisch

fassbare 'tammesverbände %erden auf diese -eise von -unn als Beispiele herange$ogen. (n

ihren rituellen Handlungen besit$t das +eigen der %eiblichen 5eschlechtsmerkmale eine

herausragende 'tellung. 'ie %erden auch auf rituellen 5e%ändern oder an den !assaden von

Häusern $ur 'chau gestellt01. (m 5egensat$ $u )ellart geht -unn ;edoch nicht von einem

 pol7theistischen 5*tterpantheon aus08, %elcher in der Darstellung %eiblicher )erkmale und

in !igurinen f"r uns sichtbar %ird. #her eine iel$ahl von m7thischen 5estalten %ird f"r sie

hier greifbar, die f"r uns in der 5estalt einer 3Urmutter4 $ugänglich %ird, %elche sich in

verschiedenen Rollen %iederfindet00. Um diese als 3Urmutter4, be$eichnete Darstellung

versammeln sich die Ahnen, die den -andmalereien $ufolge als kopflose -esen einen

%iderschein in der f"r uns greifbaren '7mbolik gefunden haben k*nnten 0@. Am deutlichsten

%"rde dies in den als 9agdrituale oder 9agds$enen interpretierten (llustrationen sichtbar 

%erden. Hier k*nnen sich vermutlich mit Feopardenfellen bekleidetet ersonen, so%ie

&an$ende0G  und musi$ierende -esen mit der trans$endentalen -elt vereinigen, um eine

-irkung im Diesseits $u erreichen02.   #inen ergleich versucht -unn %iederum auf 

8L 9. )ellaart, 8<=>, 8@<8G8, 0@=? (. -unn, 0112, 01>.

8< (. -unn, 0112, 08@.

01 'iehe hier$u ausf"hrlich (. -unn, 0112, 08808@.

08 (. -unn, 0112, 080

00 (. -unn, 0112, 0@00@@.

0@ 9. )ellaart, 8<=>, 80G802, 80=, 8<L.

0G 9. )elleart, 8<=>, 8==8=>, &af. =8=@.

02 (. -unn, 0112, 01<, 08=08>.

>

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ethnographischem -eg $u erbringen, indem sie die Beschreibung eines ähnlichen 9agdrituals

 bei den ueblo (ndianer :e% )eIikos anf"hrt. Diese sind $ur +eit der Auf$eichnung noch in

einem fr"hen 'tadium der Fand%irtschaft begriffen und die 9agd spielt eine entsprechend

groe Rolle, so %ie dies auch f"r 6atal H"7"k angenommen %erden kann. (m )ittelpunkt des

&an$es, der eine %ichtige Rolle innerhalb des Rituals einnahm, standen $um einen die 9äger 

und $um anderen ein %eibliches -esen, %elches als 3)utter aller &iere4 be$eichnet %urde0=.

Ab%eichend hiervon spricht -unn, %olm*glich auch unter dem #indruck einer bekannt

ge%ordenen 'tatuette auf einem &hron0>, der $%ei Oarnivoren beigestellt sind, diese

Darstellung als 3Herrin der &iere4. Den #indruck, dass die -irkung von &ieren,

m*glicher%eise von Feoparden, als mächtiges )ittel der &arnung oder des 'chut$es bei der 

9agd er%endung findet0L, bestätigt sich auch bei re$enten Beobachtungen. Die 'urma im

s"d%estlichen Jthiopien, bei denen sich moderne 9agd%affen mit alten raktiken

kulminieren, die auch den 5ebrauch von &ierfellen im Allgemeinen und Feopardenfellen im

'pe$iellen impli$ieren, veranschaulichen dies0<.

Das rin$ip einer starken, m7thologischen !igur mit %eiblichen Attributen findet -unn auch

 bei ). 5imbutas@1  %ieder, bei der ein umfassender 5*ttinnenKult immanenter Bestanteil

ihrer &heorie von Alteuropa ist. An$eichen hierf"r meinte sie durch das Auftreten %eiblich

konnotierter !igurinen in vielen neolithischen Kulturen des orderen Crients und vor allem

auf dem Balkan %ieder$ufinden. Auch 6atal H"7"k %urde im +uge dessen aufgef"hrt@8. Das

&heoriengebilde von 5imbutas gilt heute im groen Umfang von der !orschung als %iderlegt.

(hre gesellschaftliche (nterpretation Urindogermaniens, die die ersten sesshaften Bauern als

eine in %eiten &eilen matriarchalische und matrilinearen Kulturstr*mung betrachtet, muss

aufgrund ihres oft heterogenen Ursprungs, der sich lediglich in der materiellen Kultur aus

0= (. -unn, 0112, 08=.

0> 'iehe hier$u (. -unn, 0112, 08L Abb. Gb.

0L (. -unn, 0112, 08=, G2G

0< 5. 5iansanti, 0181, G=ff. Abb. G>, GL.

@1 (. -unn, 0112, 08G.

@8 ). 5imbutas, 8<<88<<G, ><, 022, 02=.

L

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5rabh"geln, Keramikornamenten oder !igurinen trifft, als unbe%iesen gelten@0. #iner 

scheinbar ähnlichen erbindung sit$t auch -unn auf, %enn sie die besagten

Brustapplikationen aus 6atal H"7"k mit den deutlich später angesiedelten, brustf*rmigen

Hausapplikationen der )ichelsberger Kultur und der Hornstaader 5ruppe vergleicht, die ihr 

aus der mitteleuropäischen !euchtbodensiedlung Fud%igshafen, b$%. Bodman@@  am

Bodensee, bekannt sind. Auch %enn die kulturellen Juerungen von Hornstaader 5ruppe und

)ichelsberger Kultur ähnlich vielseitig sind und aus beiden Bereichen der brustf*rmige

-andverput$ bekannt ist@G, sind die Urspr"nge, auch im KonteIt des hauptsächlichen

Beispiels 6atal H"7"k, ebenfalls als heterogen und nicht auf diesem -eg als nachvoll$iehbar 

ein$ustufen.

)ari;a 5imbutas unbestreitbarem #insat$ f"r die fr"he !orschung $um :eolithikum in

'"deuropa und auf dem Balkan mischen sich demnach die oft $%eifelhaften (nterpretationen

um das von ihr $usammengetragene !undmaterial bei. iele Darstellungen sind auch nach

eingehender r"fung, ähnlich %ie auf dem oben erläuterten -eg, nicht als eindeutig %eiblich

$u be$eichnen. Die :ähe von 5imbutas und )ellaart hinsichtlich ihrer spekulativen

&heorienbildung ist auffällig und oft einfach "bernommen %orden@2. Die kritische Diskussion

der #rgebnisse ist in !achkreisen ;edoch bis heute nicht beendet. )"llerKarpe $%eifelte die

eindeutig %eibliche (nterpretation vieler !igurinen und Darstellungen bereits sehr fr"h an,

%obei er sich lediglich darauf einlie, dass anthropomorphe +"ge feststellbar seien @=. #in

ge%isser Anteil %eiblicher Darstellungen lässt sich ;edoch auch nach heutigem erständnis

als 5esichter erkennen. (n diesem 'inne $%eifelt )"llerKarpe allerdings auch das generelle

Auftreten von &empeln im 'iedlungskompleI von 6atal H"7"k an, da die (nterpretation von

)ellaart nach seiner Auffassung hauptsächlich "ber die erortung sog. 'chreine in den als

sakral angesprochenen 5ebäuden vonstattengeht und auch )"llerKarpe diese #igenschaft

nicht als $%eifelsfreie 5rundlage einer geschlossenen 5ebäudegruppe@>  $usammenfassen

kann. Hier$u kommen %iederum die als Aufhängungen von verschiedenen Applikationen

@0 'iehe hier$u auch A. Häuler, 0110, <, 88.

@@ (. -unn, 0112, 08@? '. Hagmann et al. 0188,8@, 0L0<.

@G H. 'chlichterle, 0181, 0=L? U. 'eidel, 0181, 0G.

@2 'iehe hier$u Beispielhaft R. Dr*ler, 8<>L, 020=.

@= (. -unn, 0112, 088.

<

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genut$ten )ittel ins 'piel, f"r die in einigen Räumen lediglich Hol$st"cke ver%endet

%urden@L, %as %iederum die unterschiedlichen )*glichkeiten der ein$elnen Be%ohner 

unterstreichen kann und die bereits gestellte !rage nach dem restige in den ordergrund

r"ckt.

-' eligi!nsde(initi!n in Çatal Hüyük nach Ina Wunn

)*glicher%eise %ird in 6atal H"7"k eine egalitäre und noch nicht arbeitsteilige

5esellschaftsform in ihren entfernten Umrissen erkennbar, die auch von (. -unn in ihren

religi*sen raktiken let$ten #ndes präferiert %ird. or diesem Hintergrund spricht sich -unn

auch gegen die #Iisten$ einer direkten riesterschaft aus, viel eher scheinen ersonen diese

Rolle "bernommen $u haben, die in den spe$ifischen 'ituationen aufgrund ihrer 

#igenschaften, %ie $.B. 5eschlecht, Alter oder #rfahrung, f"r die ;e%eilige Aufgabe geeignet

schienen. Dieser #indruck %ird neben der ver%andten Ausstattung der Räumlichkeiten vor 

allem durch den sehr ähnlichen 5ebäudeumfang unterst"t$t. Das macht sich vor allem

 bemerkbar, %enn 5ebäude an derselben 'telle %ieder errichtet %urden. (n dem !all ändert

sich die 5rundstruktur nur %enig, aber die Abmessungen er%eitern sich, in einigen

Beispielen, in kleinem Umfang@<.

(nsgesamt passen sich die Ausf"hrungen von (. -unn in das durch sie in verschiedenen

Arbeiten immer %ieder aufgegriffene Bild einer evolutionär veranlagten Religionsgeschichte

ein, die sich im Rahmen der allgemeinen #volutionstheorie versteht G1. !"r -unn ergibt sich

daher aus den im s"dostanatolischen 6atal H"7"k gemachten Beobachtungen eine

Ausgangsposition f"r die Ausbreitung ge%isser kultischer 5rundlagen, die vor allem in

genealogischen  Religionsgemeinschaften auch re$ent %ieder$ufinden sind. Dieses Bild

ent%ickelt sich, %ie die Autorin feststellen muss, nicht einfach aus den stark 

fragmentarisierten /berresten der protourbanen 'iedlung. Auch der vor allem von

archäologischer 'eite einset$enden Kritik ist sie sich durchaus be%usst und scheint dieser an

einigen 'tellen ihrer Arbeit bereits vorgreifen $u %ollen. -as sie ;edoch nicht davon abhält,

@> H. )"llerKarpe, 8<>G8<<L, 0>L.

@L (. -unn, 0112, 08G.

@< (. Hodder, 018G, 8@, 8G Abb. 8.<.

G1 (. -unn, 011<, 0<< Abb. 0ac? (. -unn, 0181, 01>, 01<, 080, 08@ff, 001.

81

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&ermini, %ie das durch 5imbutas definierte 3Alteuropa4, $u ver%enden G8. -ahrscheinlich

handelt es sich dabei allerdings um ein +ugeständnis an eine basale &heorie der 

 prähistorischen Archäologie im 'inne der Religions%issenschaft oder %enigstens in ihrem

5eist. 9ene ist angesiedelt vor dem Hintergrund einer $u %enig umfangreichen Aufarbeitung

des &hemas im 'inne der Religions%issenschaft. Dass die #Iisten$ eines %ie auch immer 

einheitlich definierten Kulturraumes im neolithischen Balkangebiet, eines sog. 3Alteuropa4

oder 3Urindogermanien4, mehr als un%ahrscheinlich ist, %ird nicht erst von der neuesten

Fiteratur stark in +%eifel ge$ogen. +%ar lassen sich durchaus einheitliche materielle

/bereinstimmungen feststellen, vor allem A. Häuler findet dar"ber hinausgehend ;edoch

%eder auf archäologischem noch philologischem -eg eine )*glichkeit der Rekonstruktion

auf der 5rundlage von 5imbutas &hesen. !"r -unn geht der 5edanke eines einheitlichen

oder %enigstens ähnlichen Kults %eit "ber die 5ren$en der 'iedlung oder später Anatoliens

hinaus. 'ie meint von hieraus ein -eltbild feststellen $u k*nnen, %elches sich in

9ahrhunderten "ber #uropa und bis nach Amerika ausbreitete und so den :iedergang im

Ausgang$entrum "berlebteG0. Kern dieser orstellung %äre demnach das Häusliche und im

-eiteren, das protourbane Umfeld der 'iedlung. Aus ihm heraus %ird durch die Be%ohner 

versucht, die Um%elt mit ihren orgängen $u erfassen und $u deuten. Diese Annäherung

k*nnte sich in Anlage und Ausstattung der Räumlichkeiten und der gesamten 'tadt

%iederfindenG@. Bis $u einem ge%issen 5rad ist dies %ohl auch durchaus %ahrscheinlich.

ergleichbare Ansät$e sind in der städtebaulichen lanung späterer +eiten %iederauffindbar

in klassisch gegliederten D*rfern der Dogon in )ali spiegelt sich das -eltbild im Aufbau der 

'iedlung %ider. Das )ännerhaus s7mbolisiert das Her$ und das !rauenhaus steht f"r die

Hände us%. (m europäischen )ittelalter %ird der ungefähre 'traenverlauf meist auf $%ei

sich kreu$enden 'traen hin ausgerichtet. Auch %enn let$tere '7mbolik eher umgedeutet und

auf fr"here, antike 'traenplanung $ur"ckf"hrbar ist, so verdeutlicht sie doch das -eltbild

 ;ener +eit, das sich im Febensumfeld der )enschen %iderspiegeltGG.

&eil dieses ersuchs, Kontrolle "ber die Um%elt $u erlangen, k*nnten also die besch%*rend

%irkenden (llustrationen der -ände sein '$enen, die versuchen das 9agdgeschehen

G8 (. -unn, 0112, 0=8, 0=0.

G0 (. -unn, 0112, G2L.

G@ 9. )ellaart, 8<=>, 8=2, &af. 2<. =<, 01<? #. Klengel, H. Klengel, 8<>1, 8=.

GG R. Bernbeck, 8<<>, 018.

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ein$ufangen, um mit den dargestellten Riten einen Beitrag $ur 'icherung dieses "beraus

%ichtigen Bestandteils der 'ubsisten$ $u leisten. Auch eine apotropäische -irkung, die von

den dargestellten -esen ausgeht, ist naheliegend. Die verschiedenen &iere oder Ahnen und

auch die 3Urmutter4 in ihren verschiedenen !ormen besaen m*glicher%eise unterschiedliche

-ege, nicht greifbare Bedrohungen von den Be%ohnen fern$uhaltenG2. #ine deutliche

Aussage k*nnten die ab%ehrenden Hand$eichen liefern, die einige der !iguren $u machen

scheinen, aber auch das #ntbl*en der Br"ste kann, %ie -unn anf"hrt, aus ethnologischen

Beobachtungen heraus in unterschiedlicher -eise apotropäisch gedeutet %erdenG=.

Ausgangspunkt hierf"r sind %iederum die einheitlichen, k"nstlerischen Ausdr"cke der 

Be%ohner, die es erst erm*glichen, R"ckschl"sse auf eine h7pothetische erbreitung und

damit auch auf eine /bertragbarkeit der kultischen Handlungen an$ustellen. Dieser 

+usammenhang %urde neben ). 5imbutas auch von H. )"llerKarpe sehr fr"h erfasst. #r 

definierte in einem gr*eren Umfang als 5imbutas den 3$irkummediterranen

Kultur$usammenhang4G>, der seinen Ausgang im s"d*stlichen Anatolien besaGL. Durch das

Auffinden von 5*bekli &epe und 6a7*n" als m*glicher%eise direkter orgängersiedlung b$%.

bauten ist es mittler%eile auch m*glich, diese H7pothese mittels verdichteter (ndi$ien $u

 betrachten.

%.' /!nklusi!n

(n den obigen Abschnitten %ar es m*glich, verschiedene Beobachtungen %ieder$ugeben, die

durch die Religions%issenschaftlerin (na -unn in ihrer Arbeit $u prähistorischen Religionen

gemacht %orden sind. 'ie spiegeln ein vielfältiges Ausgangsmaterial %ider, auf %elchem sich

die (nterpretationen von (hr aufbauen. 'ie selbst %eist auf die 'ch%ierigkeiten hin, die eine

Aus%ertung des vorhandenen, archäologischen )aterials hinsichtlich einer 

religions%issenschaftlichen (nterpretation mit sich bringenG<. &rot$dem hat sie, %ie sie selbst

G2 (. -unn, 0112, 08@.

G= (. -unn, 0112, 001.

G> H. )"llerKarpe, 8<=L, G>

GL H. )"llerKarpe, 8<=L, G>GL.

G< (. -unn, 0112, 0=80=0, G28G20.

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$usammenfassend ausf"hrt, eine 4grobe #nt%icklungsline421  auf$eigen k*nnen, deren

Bestandteil die hier im Kern behandelte 'iedlung 6atal H"7"k bildet. Cb diese Finie ;edoch

ohne Hinterfragen nachvoll$ogen %erden kann, ist $umindest aus 'icht der Archäologie als

fraglich $u erachten. erschiedene Beispiele, die ein !"r und -ider anf"hren, %urden oben

 besprochen. +u den gut nachvoll$iehbaren Aspekten der Argumentation geh*ren mit

'icherheit die interpretativen Ansät$e, die sich mit den (llustrationen und !igurinen

auseinanderset$en. roblematischer Hintergrund ist hier vor allem die unvollständige

ublikationslage, in der sich die altgegrabenen Bereiche der 'iedlung immer noch befinden.

+%ar hatte 9. )ellaart mehrere orabpublikationen herausgegeben, eine abschlieende

)onographie erschien ;edoch nie. 'o ist auch die 'ituation hinsichtlich der 

-andillustrationen beschaffen, die vor allem durch von )ellaart interpretierten Abbildungen

dominiert %ird.

&rot$dem erscheint die (nterpretation einer Dema, die -unn als 3"bermächtige, m7thische

Ahnengestalt428  definiert, hinsichtlich der verschiedenen %eiblichen !igurinen durchaus

gerechtfertigt. (m #in$elnen ist lediglich die eigentliche (dentifikation des 5eschlechts eine

unsichere !rage. #s scheint in let$ter KonseNuen$ eher, als %"rde sich (. -unn in der fast

magischen An$iehungskraft20  eines "berregionalen, kulturellen, religi*sen :et$%erkes

verfangen. Dass ihr dies nicht allein %iderfährt, ist auch hinlänglich aufge$eigt %orden.

ielmehr scheint es einen !undus der "berschaubaren (nterpretation $u geben, der von

unterschiedlichen Autoren und damit auch von (. -unn in engem Abgleich mit dem

!undmaterial bearbeitet %erden kann und aus dem sich theoretische Ansät$e generieren. Die

erlockung %ird ;edoch oft $u einem bestimmenden !aktor und beeinflusst die %eiteren

Aussagen bis%eilen. )it einer ge%issen 'icherheit ist es m*glich, kulturelle Konstanten

fest$ustellen, die $%ischen den verschiedenen +eiten und 'iedlungen, von 5*bekli &epe und

6a7*n" bis in die späten hasen von HacPlar, erfassbar sind. Hier$u k*nnen &ierdarstellungen,

$.&. Bestattungen oder eine ähnliche er%endung und %ohl auch er%altung der Cbsidian

5eräteindustrie2@  ge$ählt %erden. Als eher un%ahrscheinlich erscheint ;edoch eine

flächendeckende Ausbreitung der 3Urmutter4 bis nach Amerika. +%ar ist das Auftauchen

21 (. -unn, 0112, G20.

28 (. -unn, 0181, 01>.

20 A. 5arcQaRivera, 018G, @>2, @2L.

2@ (. -unn, 0112, 01>.

8@

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%eiblicher (nsignien so%ohl archäologisch als auch ethnologisch oft beschrieben %orden und

verschiedene raktiken lassen sich in einigen !ällen konteItualisieren, ;edoch %eist auch

-unn in einem späteren Artikel auf die )*glichkeit ähnlich verlaufender 

Religionsent%icklung hin, die durch das Auftreten von arietäten2G  gekenn$eichnet ist ein

organg, der in der Biologie als 5endrift be$eichnet %ird und der das Aufkommen

unterschiedlicher Arten erm*glicht, von denen sich einige, der 'ituation entsprechend

durchset$en k*nnen.

-unn gelingt es, in einigen Belangen glaubhaft die verschiedenen Bildträger 

$usammen$ufassen und sie so%eit $u interpretieren, dass sie einen Kult generieren, der dem

urspr"nglich prakti$ierten durchaus nahe kommen kann. Die von ihr aufge$eigten 'trategien

k*nnten &eil einer Kontingen$be%ältigung ge%esen sein, die heute nur noch schemenhaft im

archäologischen )aterial greifbar ist. (m %eiteren erlauf gelingt es ihr ;edoch nur 

ungen"gend, den Religionsbegriff $u definieren, da eine Abgren$ung, %ie aufge$eigt %erden

konnte, bis%eilen sch%ierig erscheint? ein Umstand der durch den $eitlichen Abstand, das

vorhandene )aterial und die /bertragbarkeit in das interpretierbare &heoriengebäude nicht

 beg"nstigt %ird. -unns Arbeit muss daher in ;edem !all der Oharakter des orläufigen

inne%ohnen, der lediglich den Umriss darstellen kann? #in Umriss ;edoch, der den #indruck 

der raIis realistisch vermittelt und gleich$eitig %eiteren 'pekulationen die &ore *ffnet. #s ist

insofern unvermeidbar, dass die Diskussion auch in esoterische Kreise ge$ogen %ird.

Hier kann m*glicher%eise ein Ansat$punkt von A. 5arcQaRivera %irksam %erden, der den

kultisch geprägten Febensbereich in 6atal H"7"k nicht als definierte !orm der Religion

 be$eichnete, sondern eher, %ie auch in &eilen (. -unn, eine erehrung sah, die in

unterschiedlichen !ormen $um Ausdruck kam. 5arcQaRivera unterscheidet dabei $%ischen

dem englischen religion und devotion. Hierdurch %ird die roblematik, die einer Definition

des Religionsbegriffs inne%ohnt, relativ prä$ise erfasst. Die erehrung kann ein basales

)oment der Religion sein, sie kann in 6atal H"7"k als ein$iger Aspekt relativ $%eifelsfrei im

'inne der Religions%issenschaft festgestellt %erden. 9ene erehrung %ird in den aufgef"hrten

Bestandteilen deutlich, die $u !ragmenten eines Kults $usammengef"gt %urden. Da$u

geh*rten f"r 5arcQaRivera auch destruktive )omente22. Diese scheinen f"r ihn vor allem

durch die iel$ahl an Begräbnissen s7mbolisiert %orden $u sein.

2G (. -unn, 0181, 08=.

22 A. 5arcQaRivera, 018G, @2>, @=1.

8G

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Der Hintergrund 5arcQaRiveras %ar theologischer :atur, doch trot$dem kann vor allem seine

Auffassung eines #ros2=  in platonischem 'inne, im KonteIt der Bearbeitung des

!undmaterials durch verschiedene -issenschaftler von (nteresse sein. 9ene antik definierte,

sch*pferische #nergie ist in diesem !all der Ausgangspunkt f"r verschiedene (nterpretationen,

die aufgrund des umfangreichen !undmaterials die !antasie, oft auch der lang;ährigsten

-issenschaftler, befl"gelt und sie bis%eilen "ber ein logisch erscheinendes +iel

hinausarbeiten lässt. Dies trifft nicht nur auf die !unde und Befunde von 6atal H"7"k und die

Arbeit von (. -unn $u, sondern auf den gesamten interpretativen Bestandteil, der die in

diesem KonteIt verbundenen -issenschaften $usammengef"hrt hat.

#s liegt in der :atur der Arbeit, dass sie %ohl kein definitives #rgebnis finden %ird. 'ie %ird

allerdings in der Fage sein, dass Bild schärfer $u umreien, %elches uns dem erständnis des

+usammenlebens dieser prähistorischen Kultur näher bringt.

2= A. 5arcQaRivera, 018G, @2>, @=1@=8.

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E'tuttgart 0188.

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