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Gastkommentar Thailand

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Page 1: Gastkommentar Thailand

8/9/2019 Gastkommentar Thailand

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Drei Partner, drei Meinungen,ein Streitthema. So stellt sichdas liberale Markenzeichenaus Wahlkampfzeiten dar.

Nichts ist klar in Sachen Steu-erreform, weder das Jahr nochdas Volumen, weder die Ma-cher noch die Bremser. EinPolitikwechsel ist das nicht,denkt man an die zurücklie-genden Streitereien in derschwarz-gelben Bundesregie-rung. Es ist nicht einmal einMachtwechsel geworden, weilBundeskanzlerin Angela Mer-kel mit jedem Partner auf ihreArt durch die Politik trippelt,egal ob der links oder liberalist. Nur personell sieht es we-niger düster aus. Das ist ange-sichts der Dürre bei der Kon-

kurrenz kein unwichtigerPluspunkt. Mit dem erfri-schenden Aufsteiger ChristianLindner und dem vernünfti-gen Philipp Rösler sind zweihinter Guido Westerwelle, dienoch lange nicht am Ende ih-rer Karriereleiter scheinen,wenn sie nur wollten. Undder FDP-Vorsitzende könntesouverän genug werden, sichmit seiner neuen Rolle als Re-gierender endlich zu versöh-nen. Westerwelle ist nichtmehr der Oppositionsredner,sondern Regierungsverant-wortlicher.

Westerwellein neuer RolleDie „Leipziger Volkszei-tung“ bemerkt zu den Er-gebnissen des FDP-Bundes-parteitags in Köln:

DIE MEINUNG DER ANDEREN

Karikatur: Jürgen Tomicek

„… der arme Kerl ist ja auch völlig nackt“

chon einmal hat das ThemaSchulkreuze die Gemüter in

Deutschland bewegt: vor gut 15Jahren, als das Bundesverfas-sungsgericht ein für viele unver-ständliches, ja empörendes Urteilfällte. Doch seither sind diechristlichen Symbole keineswegsaus allen Klassenzimmern imLand verschwunden. Denn diePraxis, die sich seit dem Richter-spruch aus Karlsruhe mehr oderweniger stillschweigend einge-bürgert hat, ist sinnvoll, praktika-

bel und trägt allen Interessen Rechnung: Wennsich niemand beschwert – und das nach Möglich-keit mit nachvollziehbaren Argumenten –, dannbleibt das Kreuz neben der Tafel hängen. Basta.

Was nun allerdings ausgerechnet die neue Hoff-nungsträgerin der niedersächsischen Christdemo-kraten geritten hat, dieses Fass (und es ist ohneZweifel eines ohne Boden) erneut aufzumachen,

wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Aygül Özkan hatsich jedenfalls mit diesem Vorstoß als Politikerindisqualifiziert, auch wenn sie möglicherweisefachlich und menschlich eine große Bereicherungdes Kabinetts in Hannover sein wird. Denn wer alsherausgehobener Vertreter einer christlichen Par-tei sensible Punkte der eigenen Basis so gezieltprovoziert wie sie, legt es entweder auf politi-sches Harakiri und Krawall um jeden Preis an –oder kennt schlicht seine Pappenheimer nicht.

Einer, der über die Befindlichkeiten der Partei-freunde in den Ortsvereinen indes besser Be-scheid wissen müsste, ist der CDU-Landesvorsit-zende und Ministerpräsident Christian Wulff. Anihm wird der Fehlstart seiner angehenden Minis-terin nicht spurlos vorübergehen. Denn er hat sichim In- und Ausland für seine originelle Personal-entscheidung feiern lassen – es aber offenbar ver-säumt, seine Kandidatin rechtzeitig auch inhaltlicheinzunorden. Was jetzt an gewundenen Be-schwichtigungen und eierndem Zurückrudern ausHannover zu hören ist, wirkt peinlich. Doch es er-

möglicht Özkan immerhin eine zweite Chance.Die muss sie nutzen, sonst dürften ihre Tage alsMinisterin schnell gezählt sein.

S

KRUZIFIX-STREIT

Politisch disqualifiziert

Johannes

Heller

KOMMENTARE

GASTKOMMENTAR

Bangkok wird immer unsicherer,mittlerweile auch für Touristen.Als vergangene Woche fünfGranaten an einer Hochbahn-

station explodierten, wurdenerstmals auch drei unbeteiligteAusländer verletzt. Eine Grana-te landete vor dem Gelände ei-nes Hotels. In der Nähe kontrol-lieren Protestler seit Wochenein Stadtviertel und legen dortdas öffentliche Leben lahm,auch Hotels. Am 10. April warenbei Unruhen 19 Zivilisten undsechs Soldaten ums Leben ge-kommen, weitere 850 Men-schen wurden verletzt. DasAuswärtige Amt Berlin rät mitt-lerweile von „nicht unbedingtnotwendigen” Reisen nachBangkok ab. Allerdings ist es inden anderen Teilen der thailän-dischen Hauptstadt in der Regelfriedlich. Und auch außerhalb, inden größten Urlaubszentren des Landes, in ChiangMai, Krabi und auf Phuket, spürt man nichts von demKonflikt. Touristen sind nicht Zielscheibe. Es gehtnicht um sie, sondern um eine gerechtere Gesell-schaft. Und es geht um die Macht im Staat.

Das Königreich Thailand ist tief gespalten. Auf der ei-nen Seite stehen die sogenannten Rothemden, mehr-heitlich mittellose Thais aus den ländlichen Regionen.Zehntausende protestieren seit Mitte März in Bang-kok. Die meisten Rothemden sind Anhänger von Ex-premier Thaksin Shinawatra. Der Telekom-Milliardärhatte eine Art Sozialpolitik implementiert, mit er-schwinglicher medizinischer Versorgung und Klein-krediten für Dörfer. Für die Rothemden war dies einePolitik, die zum ersten Mal ihren Bedürfnissen Rech-nung trug. Thaksin mag korrupt sein, räumen selbstseine Unterstützer ein. Aber schließlich seien alle Po-litiker korrupt. Dieser, Thaksin, bereichere wenigstensnicht nur sich selbst, sondern auch seine Wähler.2006 wurde der Milliardär durch einen Militärputsch

abgesetzt und später der Korruption schuldig ge-sprochen. Nun lebt Thaksin im Exil, unterstützt aberdie Rothemden aus der Ferne. Selbst nach demPutsch von 2006 gewannen die Thaksin nahestehen-

den Parteien alle Wahlen und regierten weiter. Erstals die Parteien wegen Wahlbetrugs aufgelöst wer-den mussten, hatte die rote Mehrheit ein Ende.

Auf der anderen Seite stehen Thaksins Gegner. Zu ih-nen zählen die städtische Mittel- und Oberschicht,die Gelbhemden, die Aristokratie, das Militär und dieDemokratische Partei. Die Gegner Thaksins werfenihm nicht nur Wahlbetrug und Korruption vor, son-dern unterstellen ihm auch, er wolle statt der Monar-chie eine Republik. Dabei genießt die Krone hohesAnsehen, der mächtige König Bhumibol Adulyadejwird verehrt. Thaksin machte den Eindruck, er wollemächtigster Mann im Staat werden. Das brachte ihnzwangsweise in Konflikt mit all jenen, die glauben,dass nicht ein Premier, sondern einzig der König Sta-bilitätsgarant sein kann.

Seit Ende 2008 wird Thailand von Premier AbhisitVejjajiva regiert, dem Chef der Demokratischen Par-tei. Abhisit verlor die jüngste Wahl, verfügt aberdurch Überläufer aus dem roten Lager über eineMehrheit im Parlament. Dort wurde Abhisit demokra-tisch von Abgeordneten zum Premier gewählt. SeineMehrheit ist bislang stabil. Er regiert gut. Aber es ge-lingt ihm kaum, sich und seine Politik auch gut imganzen Land zu verkaufen.

Premier Abhisit ging auf die roten Protestler zu undbot vorgezogene Neuwahlen in neun Monaten an. DieRoten lehnten ab, sie fordern weiterhin Parlaments-auflösung in vier Wochen und bewegen sich nichtvom Fleck. Derweil wächst die Frustration unter Re-gierungsanhängern und Anwohnern der besetztenStadtviertel. Sie suchen zunehmend die Konfrontati-on mit den Rothemden. Das ist gefährlich, befindensich doch Beobachtern zufolge gewaltbereite Grup-pen unter den Anhängern Thaksins. DivergierendeLoyalitäten unter den politisierten Sicherheitskräftenverkomplizieren die Lage für die Regierung zusätz-lich. Eine gute Lösung des Patts ist nicht offensicht-lich. Im Gegenteil: Neue Gewalt ist wahrscheinlich.

Rothemden und Königstreue streiten um die MachtSEBASTIANBRAUNzur Lage in Thai-land

Der Autor (29) istpromovierter Poli-tikwissenschaftlerund Projekt-Mana-ger der Friedrich-Naumann-Stiftungin Bangkok.

DIE MEINUNG DES LESERS

4 Dienstag, 27. April 2010MEINUNG

ANALYSE · KOMMENTAR

So erfreulich es für mich ist,eine Frau mit Migrationshin-tergrund in einem solchenAmt zu sehen, so entsetzt warich von Aygül Özkans Ab-sicht, Kreuze in Schulen abzu-hängen. Deutschland ist einLand mit einer Jahrhunderte

alten, christlich geprägtenKultur. Und dazu gehört nunmal das Kreuz als eindeutigesSymbol. Wir finden das Kreuznicht nur in Kirchen undSchulen, sondern auch an öf-fentlichen Straßen und Plät-zen, ja selbst in vielen Wirts-häusern hängt ein solchesüber der Türe. Sind diese Zei-chen unserer christlichen Kul-tur dann als nächstes dran?Und das Ganze unter der Fah-ne einer Volkspartei, die sichselbst „christlich“ nennt? EinChrist, der in einem islami-schen Land eine vergleichbare

Forderung erheben würde,müsste wohl mit demSchlimmsten bis hin zu seinerErmordung rechnen. Ichkann dem niedersächsischenMinisterpräsidenten ChristianWulff nur raten, diese Frauschnellstens zurückzupfeifenund ihr klarzumachen, inwelchem Lande sie lebt.

Alfred Kress

Neuhof

Entsetzen überÖzkans VorstoßZum Artikel „Özkan willVerbot von Schulkreuzen“(26. April, Seite 2).

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as kann man unseren Politikern in der CausaGriechenland eigentlich noch glauben? Hat-

te man uns nicht erzählt, man schnüre das Grie-chenland-Hilfspaket zwar – aber nur, um es nie-mals in Athen abgeben zu müssen? Da war schonklar, dass es nicht ohne Hilfe für Griechenland ge-hen wird, wenn man Europa, den Euro und die Fi-nanzmärkte nicht in eine neue Krise stürzen will.Nun behauptet Außenminister Guido Westerwel-le, noch sei nicht über Hilfszusagen entschieden.Unsinn. Westerwelle weiß und auch die Bürger

wissen: Es geht allenfalls noch um die Modalitä-ten, längst nicht mehr darum, ob geholfen wird.

Statt Beruhigungspillen zu verabreichen, solltedie Regierung den Bürgern möglichst bald undsehr präzise erläutern, was auf die Republik zu-kommt. Die Verantwortlichen müssen den Steuer-zahlern erklären, warum Deutschland den Grie-chen plötzlich doch helfen muss, welche Risikendamit verbunden sind und welche BedingungenAthen gestellt werden. Doch verbietet sich kleinli-cher Streit mit Blick auf die Wahl in Nordrhein-Westfalen. Es ist legitim zu verlangen, dass dieum Hilfe bittenden Griechen sich selbst über dieSchmerzgrenze hinaus anstrengen, um aus demSchlamassel herauszukommen. Schließlich hatNothelfer Deutschland viele Reformen, gegen diein Athen nun gestreikt wird, längst hinter sich.

W

Mangel an Ehrlichkeit

GRIECHENLAND

Von Torsten Henke