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PRAXIS 47. Jg. 2003, H.3 | Controlling & Management | ZfCM 209 Einführung Deutschlands Krankenhäuser rüsten sich derzeit für ein neues, leistungsbezogenes Vergütungssystem, genannt „Diagnosis Related Groups“ (DRG). Dabei handelt es sich um ein in den USA entwickeltes Fallpauschalenkonzept: Krankheitsbil- der, die ähnlich hohe Behandlungskosten verursachen, werden zu Gruppen zusam- mengefasst und jeweils pauschal vergütet. Unterschiedliche Schweregradgewichtun- gen sollen dabei eine möglichst kosten- adäquate Vergütung garantieren. Dieses Konzept hat mittlerweile welt- weit zahlreiche Nachahmer gefunden, unter anderem Australien, dessen DRG- System dem deutschen als Vorbild dient. Ein wesentliches Ziel der Einführung der DRGs in Deutschland ist für Gesetzgeber und Krankenkassen die Realisierung vermuteter Wirtschaftlichkeitsreserven in deutschen Krankenhäusern. Der ur- sprüngliche Ansatz „Geld soll der Leis- tung folgen“ der ehemaligen Gesund- heitsministerin Andrea Fischer, die das Vorhaben in Deutschland initiierte, gerät dabei zunehmend in den Hintergrund. Im momentanen Vergütungssystem wird der Leistungsbezug nur unzurei- chend berücksichtigt: 80 Prozent der Leistungen werden mit leistungsunspe- zifischen Tagessätzen abgerechnet. Die Bezahlung richtet sich damit nicht immer und nicht genügend am medizinisch und pflegerisch notwendigen Aufwand pro Patient, sondern an der künstlichen Ab- schlagsgröße „Pflegetag“. Mit Einführung der Fallpauschalen geht eine Leistungsverdichtung einher, die sich in einem Rückgang der Verweil- dauer der Patienten niederschlägt. In den Ländern, die DRGs einführten, lassen sich diese Tendenzen in hohem Maß feststellen. Die Krankenhäuser werden zukünftig bemüht sein, ihre Prozesse zu verschlanken, wie es in den USA bereits der Fall ist. Um im Wettbewerb bei er- höhtem Preisdruck bestehen zu können, sind zukünftig weitreichendere Informa- tionen aus der Kostenrechnung und dem Controlling für eine bessere Steuerung unerlässlich. Welche Konsequenzen das DRG-System im Einzelnen nach sich zie- hen wird, wird sich in diesem Jahr zeigen. Im ersten Halbjahr 2002 ermittelten rund 100 Krankenhäuser – so genannte Erstkalkulationshäuser – in einer Feldstu- die die Ist-Kosten je Behandlungsfall. Die Fallkosten je Patient wurden in einer vor- geschriebenen Form an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus gGmbH (InEK) geliefert. Das InEK ermittelt auf Basis der in Australien kodifizierten und genutzten DRGs ein System, das den deut- schen Verhältnissen adäquat ist. Von der Qualität der Ist-Kosten-Er- mittlung in den 100 Erstkalkulations- häusern hängt es somit ab, wie kosten- adäquat die künftigen DRGs sein wer- den. Am Beispiel der Umsetzung einer Software-gestützten Fallkostenkalkula- tion in zwei Krankenhäusern der MTG Malteser Trägergesellschaft gGmbH sol- len im Folgenden die DRG-spezifischen Anforderungen, Probleme und Lösungs- wege aufgezeigt werden. „Geld soll der Leistung folgen“ Umsetzung einer Software-gestützten Fallkostenkalkula- tion in Krankenhäusern der Malteser Trägergesellschaft Christoph Wagner/Hubert Schröder In Zukunft wird ein neues, leistungsbezogenes Fallpauscha- lensystem („Diagnosis Related Groups“ (DRG)) in Deutschlands Krankenhäusern Einzug halten. Um die zukünftige Vergütung je Behandlungsfall zu erarbeiten, wurden in einer deutschland- weiten Feldstudie die Ist-Kosten je Behandlungsfall ermittelt. In dem vorliegenden Beitrag soll am Beispiel der MTG Mal- teser Trägergesellschaft die Soft- ware-gestützte Fallkostenkalku- lation zur Ermittlung dieser künf- tiger DRG-Vergütung aufgezeigt werden. Hierzu wird eine differen- zierte Erfolgsrechnung mit einer Gegenüberstellung von Erlösen und Kosten bis auf Einzelfall- ebene erarbeitet. Dipl.-Kaufmann Christoph Wagner ist Abteilungsleiter Controlling, MTG Malteser Trägergesellschaft gGmbH. Dipl.-Ökonom Hubert Schröder ist stellv. Abteilungsleiter IT-Services, MTG Malteser Trägergesellschaft gGmbH.

„Geld soll der Leistung folgen“

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PRAXIS

47. Jg. 2003, H.3 | Controlling & Management | ZfCM 209

Einführung

Deutschlands Krankenhäuser rüsten sichderzeit für ein neues, leistungsbezogenesVergütungssystem, genannt „DiagnosisRelated Groups“ (DRG). Dabei handeltes sich um ein in den USA entwickeltesFallpauschalenkonzept: Krankheitsbil-der, die ähnlich hohe Behandlungskostenverursachen, werden zu Gruppen zusam-mengefasst und jeweils pauschal vergütet.Unterschiedliche Schweregradgewichtun-gen sollen dabei eine möglichst kosten-adäquate Vergütung garantieren.

Dieses Konzept hat mittlerweile welt-weit zahlreiche Nachahmer gefunden,unter anderem Australien, dessen DRG-System dem deutschen als Vorbild dient.Ein wesentliches Ziel der Einführung derDRGs in Deutschland ist für Gesetzgeberund Krankenkassen die Realisierungvermuteter Wirtschaftlichkeitsreservenin deutschen Krankenhäusern. Der ur-sprüngliche Ansatz „Geld soll der Leis-tung folgen“ der ehemaligen Gesund-heitsministerin Andrea Fischer, die dasVorhaben in Deutschland initiierte, gerätdabei zunehmend in den Hintergrund.

Im momentanen Vergütungssystemwird der Leistungsbezug nur unzurei-chend berücksichtigt: 80 Prozent derLeistungen werden mit leistungsunspe-zifischen Tagessätzen abgerechnet. DieBezahlung richtet sich damit nicht immer

und nicht genügend am medizinisch undpflegerisch notwendigen Aufwand proPatient, sondern an der künstlichen Ab-schlagsgröße „Pflegetag“.

Mit Einführung der Fallpauschalengeht eine Leistungsverdichtung einher,die sich in einem Rückgang der Verweil-dauer der Patienten niederschlägt. In denLändern, die DRGs einführten, lassensich diese Tendenzen in hohem Maßfeststellen. Die Krankenhäuser werdenzukünftig bemüht sein, ihre Prozesse zuverschlanken, wie es in den USA bereitsder Fall ist. Um im Wettbewerb bei er-höhtem Preisdruck bestehen zu können,sind zukünftig weitreichendere Informa-tionen aus der Kostenrechnung und demControlling für eine bessere Steuerungunerlässlich. Welche Konsequenzen dasDRG-System im Einzelnen nach sich zie-hen wird, wird sich in diesem Jahr zeigen.

Im ersten Halbjahr 2002 ermitteltenrund 100 Krankenhäuser – so genannteErstkalkulationshäuser – in einer Feldstu-die die Ist-Kosten je Behandlungsfall. DieFallkosten je Patient wurden in einer vor-geschriebenen Form an das Institut für dasEntgeltsystem im Krankenhaus gGmbH(InEK) geliefert. Das InEK ermittelt aufBasis der in Australien kodifizierten undgenutzten DRGs ein System, das den deut-schen Verhältnissen adäquat ist.

Von der Qualität der Ist-Kosten-Er-mittlung in den 100 Erstkalkulations-

häusern hängt es somit ab, wie kosten-adäquat die künftigen DRGs sein wer-den. Am Beispiel der Umsetzung einerSoftware-gestützten Fallkostenkalkula-tion in zwei Krankenhäusern der MTGMalteser Trägergesellschaft gGmbH sol-len im Folgenden die DRG-spezifischenAnforderungen, Probleme und Lösungs-wege aufgezeigt werden.

„Geld soll der Leistung folgen“Umsetzung einer Software-gestützten Fallkostenkalkula-tion in Krankenhäusern der Malteser TrägergesellschaftChristoph Wagner/Hubert Schröder

● In Zukunft wird ein neues,leistungsbezogenes Fallpauscha-lensystem („Diagnosis RelatedGroups“ (DRG)) in DeutschlandsKrankenhäusern Einzug halten. ● Um die zukünftige Vergütungje Behandlungsfall zu erarbeiten,wurden in einer deutschland-weiten Feldstudie die Ist-Kostenje Behandlungsfall ermittelt.● In dem vorliegenden Beitragsoll am Beispiel der MTG Mal-teser Trägergesellschaft die Soft-ware-gestützte Fallkostenkalku-lation zur Ermittlung dieser künf-tiger DRG-Vergütung aufgezeigtwerden.● Hierzu wird eine differen-zierte Erfolgsrechnung mit einerGegenüberstellung von Erlösenund Kosten bis auf Einzelfall-ebene erarbeitet.

Dipl.-Kaufmann Christoph Wagner ist Abteilungsleiter Controlling, MTGMalteser Trägergesellschaft gGmbH.

Dipl.-Ökonom Hubert Schröder ist stellv. Abteilungsleiter IT-Services,MTG Malteser TrägergesellschaftgGmbH.

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Malteser entschieden sich für Standardsoftware

Wie die anderen Erstkalkulationshäuserstand die MTG vor der Frage, wie die Er-mittlung und Auswertung der FallkostenSoftware-technisch unterstützt werdensollte. Die Anforderungen an die Verfah-ren der Kostenrechnung und an die Be-reitstellung der Daten für das InEK unter-schied sich beträchtlich von der bisheri-gen Systematik, den Verfahren und denBerichtsformen der Kostenrechnung inden MTG-Krankenhäusern. Diese „klas-sische“ Kostenrechnung ist bei der MTGim Wesentlichen eine Kostenstellen-rechnung, die der Analyse der Kosten dereinzelnen Fachdisziplinen und Kosten-gruppen sowie ganzer Krankenhäuserdient. Sie wird in acht von insgesamtneun MTG-Krankenhäusern seit Som-mer 2001 mit der Rechnungswesen-Software „Diamant/2“ des HerstellersDiamant Software abgewickelt. Die MTGhatte das System im Zuge einer gene-rellen Umstrukturierung der Software-Landschaft eingeführt, bei der Teile deseingesetzten Krankenhaus-Informations-systems (KIS) durch eine Reihe vonStandardsoftware-Lösungen von Spezial-anbietern ersetzt wurden. Damit wollteman von der höheren Entwicklungs-geschwindigkeit dieser Anbieter profitie-ren. Denn diese setzen sich im Idealfallals Spezialisten permanent mit den sichverändernden Rahmenbedingungen undneuen Trends ihres Bereiches auseinanderund setzen sie schneller in der Software um.

Bei der Entscheidungsfindung für eineDRG-konforme Software-Lösung kamensowohl spezielle DRG-Kalkulationspro-gramme als auch Excel oder Access inFrage, ebenso das Kostenrechnungsmo-dul der Rechnungswesen-Software. Dieersten drei Alternativen schieden aus. Ex-cel hätte das Datenvolumen nicht verar-beiten können, mit Access sowie anderenKalkulationsprogrammen hätten weiter-hin bei jedem Kalkulationslauf im Vor-feld erhebliche Anpassungen des Daten-materials vorgenommen werden müssen.

Die MTG hatte sich das Ziel gesetzt,nach einmaliger Festlegung der Maßgrö-ßen, Verteilungsschlüssel und innerbe-

trieblichen Verrechnungsverfahren dengesamten Prozess bei jeder Kalkulationautomatisch, quasi per Knopfdruck, ab-laufen zu lassen. Diese Möglichkeit warmit der Rechnungswesen-Software gege-ben: Da das Programm als Standardsoft-ware auch auf die Bedürfnisse von Wirt-schaftsunternehmen ausgerichtet ist, diehäufig mit Kostenträgern arbeiten, bot esgenerell gute Voraussetzungen für dieFallkostenkalkulation. Ein weiterer Vor-teil ergab sich aus der Echtzeit-Integra-tion von Kostenrechnung und Finanz-buchhaltung in der Rechnungswesen-Software: Hier boten sich vielfältigeMöglichkeiten der Profitabilitätsberech-nung, da Kosten und korrespondierendeErlöse integriert ausgewertet werdenkönnen.

Vorgeschriebene Systematik musste in der Kostenrechnung abgebildet werden

Auf dem Weg zu einer DRG-konformenLösung musste eine Systematik in derSoftware abgebildet werden, die für alleErstkalkulationshäuser verbindlich vor-geschrieben ist, um eine einheitliche Ist-Kosten-Ermittlung zu gewährleisten.Diese Systematik schreibt sehr spezifischeVerfahren vor, die sich zum Teil beträcht-lich von denen einer herkömmlichenKrankenhaus-Kostenrechnung unterschei-den. Die Herausforderung bestand somitdarin, den Standard der Software durchentsprechende Einstellungen an die indi-viduellen Anforderungen anzupassen,ohne jedoch den Standard durch Um-oder Neuprogrammierung zu verlassenund damit ein kostspieliges Individual-projekt zu realisieren.

Außerdem sollte die herkömmlicheKostenrechnung in ihrer Leistungsfähig-keit nicht eingeschränkt werden, da sieauch nach der Einführung der Kosten-trägerrechnung fortgeführt wird. DesWeiteren musste eine Verbindung derKostenträgerrechnung mit dem KIS herge-stellt werden, da von hier die patienten-bezogenen Leistungsdaten importiertwerden, also die Informationen darüber,welche Leistungen ein Patient in welchemUmfang wahrgenommen hat.

Grundlagen der DRG-Kostenträgerrechnung

Für die Kostenverrechnung zwischen denKostenstellen und die anschließende Zu-rechnung auf die Kostenträger stehen denEinrichtungen drei Alternativen zur Ver-fügung: die Innerbetriebliche Leistungs-verrechnung, das vereinfachte Umlage-verfahren und das Mischverfahren. Dadie MTG die direkte Zuordnung derServicebereiche (wie zum Beispiel Patien-tenverwaltung, Geschäftsführung, Rech-nungswesen, etc.) auf die Kostenträgerfür sachgerechter als die doppelte Schlüs-selung – zunächst über Kostenstellendanach auf Kostenträger – erachtete,entschied sie sich für das Mischverfahren.Die Vorgaben für die Erstkalkulationsehen vor, dass die Einrichtungen ihreindividuellen Kostenstellen und Kosten-arten genau auf zwölf Kostenstellen-gruppen und zehn Kostenartengruppenüberführen. Somit lassen sich die Kal-kulationsergebnisse vergleichen, da sichin Verbindung mit den zur Wahl stehendenMaßgrößen eine weitreichende Vereinheit-lichung erreichen lässt. Dies ist für dasZiel, kostenhomogene DRGs zu definie-ren, unerlässlich.

Nur wenn die Durchschnittskostenanhand möglichst verursachergerechtermittelter Fallkosten berechnet werden,kann das daraus abgeleitete Vergütungs-system der Maxime „Geld soll derLeistung folgen“ wirklich gerecht wer-den. Daher ist eine möglichst differen-zierte Definition der Maßgrößen wichtig.

Spiegelung der KostenrechnungNach der Prüfung der Möglichkeiten, dievorgegebene Systematik in der Softwareabzubilden, entschied sich die MTGgemeinsam mit den Beratern des Soft-warehauses dafür, einen separatenKostenträger-Mandanten innerhalb derKostenrechnung einzurichten. Die Kosten-rechnung wurde somit gespiegelt. DieDatenbasis aus Finanzbuchhaltung undKIS-System ist dabei nach wie vor nureinmal vorhanden, wird jedoch nachunterschiedlichen Kostenrechnungs-Schemata zweifach verarbeitet, ausge-

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wertet und dargestellt. Der Grund fürdieses Vorgehen: Um das Kostenvertei-lungs-Schema sowie die vorgeschriebe-nen 101 Kostenstellen-Kostenarten-Kom-binationen in der klassischen Kostenrech-nung abzubilden, hätte diese so sehrmodifiziert werden müssen, dass sie fürihren eigentlichen Zweck, die Fachdiszi-plinsteuerung, nur noch eingeschränktnutzbar gewesen wäre.

Die Spiegelung der Kostenrechnunggewährt eine saubere Trennung der Sicht-weisen und damit für jeden Zweck dasoptimale Werkzeug. Ein erhöhter Daten-erfassungsaufwand ist nicht nötig, da derDatentransfer aus dem Echtmandantenin den Kostenträgermandanten über eineSQL-Abfrage automatisch durchgeführtwird. Die Übertragung der Daten wirdzusätzlich dafür genutzt, mittels Verweis-tabellen die vorhandenen Kostenstellenund Kostenarten auf die für die DRG-Kalkulation benötigten 101 Kostenmodu-len umzusetzen. (Vgl. Abbildung 1) Damitist auch eine bessere Vergleichbarkeitzwischen allen Malteser Einrichtungengewährleistet.

Verbindung zum Krankenhaus-Informations-System (KIS)

Wichtige Voraussetzung für eine Kosten-verteilung ist es, die Mengen für die zurVerteilung benötigten Maßgrößen zuermitteln. Dafür sind verschiedene Schnitt-stellen zum KIS und anderen Systemen

zur Leistungserfassung nötig. Die dortermittelten Werte können über einenLeistungs-Satz, der Informationen überKostenträger oder Kostenstelle, zu be-buchende Maßgröße und die Anzahl ent-halten muss, in die Kostenrechnungeingebucht werden. Über eine Verweis-tabelle wird in Abhängigkeit von leistenderund/oder anfordernder Kostenstelle dieanzusprechende Maßgröße ermittelt.(Vgl. Abbildung 2)

Um den Schnittstellenaufwand mög-lichst gering zu halten, wurde zur Ermitt-lung der Patienten-Stammdaten (1),Fallzahlen (2) und Geburten (3) der DRG-IMC-Datensatz (IMC = Institut für medi-zinisch-ökonomisches Consulting) heran-gezogen.

Labor- und EKG-Leistungen (4), OP-Minuten (Schnitt-Naht, Anästhesieminu-ten, Team-Zeiten), Pflegetage und PPR-Minuten (Pflegepersonalregelung) (5)wurden über SQL-Abfragen bzw. Schnitt-stellenprogrammierungen aus dem KIS-Leistungspool herausgezogen. Eine eigeneAbfrage war zur Ermittlung der Intensiv-stunden nötig (6).

Einzelkosten (7) und sonstige Mengen(8), die nicht im KIS vorliegen, wurdenmanuell in zwei Excel-Tabellen eingepflegtund von dort in die Kostenrechnung impor-tiert. Durch die Einführung einer patienten-bezogenen Erfassung der wichtigsten Ver-

brauchsgüter auf den Stationen und im OPsowie durch eine direkte Datenübernahmevon in Fremdinstituten erbrachten Leistung-en soll dieser manuelle Anteil in Zukunftsukzessive verringert werden.

Dreistufiges Kostenverteilungs-Verfahren

Die Verrechnung der Kosten bis auf denKostenträger wird über ein dreistufigesKostenverteilungsverfahren abgebildet:In einem ersten Schritt findet eineKostenartenverteilung statt. Relevant isthier z. B. die Kostenart „Personalkostenärztlicher Dienst“, die möglichst verur-sachungsgerecht auf die KostenstellenOP-Bereich, Intensivstation, Normalsta-tion usw. verteilt wird. Dabei ist jederKostenstelle eine Maßgröße für die jewei-lige Kostenart zugeordnet. Das vorläufigeErgebnis ist eine Summe je Kostenmodulfür eine Periode.

Im zweiten Schritt werden dieseKosten auf die Kostenträger, also diePatienten, verteilt. Hierzu werden dieaus dem KIS importierten Leistungenwie Pflegetage PPR- oder Schnitt-Naht-Minuten herangezogen. In einem drittenSchritt werden diejenigen Kostenstellenverteilt, die pauschal je Fall verrechnetwerden können. Dazu gehört beispiels-weise die Verwaltung, da jeder Patient

Echtmandant

Auslagerung derBuchungen für dieKostenrechnung

gespiegelter KTR-Mandantmit standardisiertenKostenarten + Kostenstellen

KostenartenverweistabelleKostenstellenverweistabelle

SQ

LS

PS

S

Abbildung 1: Datentransfer aus dem Echtmandanten in den gespiegeltenKostenträgermandanten(Quelle: Diamant Software, Malteser Trägergesellschaft)

Abbildung 2: Import von Patienten- und Leistungsdaten aus Fremdsystemen in den Kostenträger-mandanten(Quelle: Diamant Software, Malteser Trägergesellschaft)

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unabhängig vom Schweregrad annäherndden gleichen Verwaltungsaufwand ver-ursacht.

In der Kostenrechnungs-Software lässtsich die Reihenfolge der Verteilung be-nutzerfreundlich konfigurieren, prüfenund gegebenenfalls anpassen. Die Mög-lichkeit zur Abstimmung der Ergebnisseist auf Kostenstellen- und Kostenarten-ebene mit Hilfe von Standardauswer-tungen gegeben.

AuswertungenMithilfe der integrierten Berichtssteuerungder Kostenrechnungs-Software können

die wesentlichen Aussagen über die Kostenje Kostenträger und Kostenmodul ge-troffen werden. Um weitergehende Aus-wertungen durchführen zu können,wurde bei der MTG eine Schnittstellezum Data-Mining und Statistik-ToolSPSS in der Version 9.0 realisiert. (Vgl.Abbildung 3)

Dort können durch die Verknüpfungmit allen im KIS zur Verfügung stehendenPatientenmerkmalen, -diagnosen und -leistungen eine Vielzahl von Kosten- undErtragsbetrachtungen für unterschiedlich-ste Gruppen von Patienten – auch ein-richtungsübergreifend – durchgeführtwerden.

Hier einige Beispiele:a. Prognostizierter Gewinn je Fachdiszi-

plin. Die Erlöse wurden anhand kal-kulierter Baserates (durchschnittlicheFallpreise für den Standardfall) inunterschiedlichen Höhen ermittelt.Abbildung 4 zeigt die Differenz ausErlös-Variante 2 und den Ist-Kosten.

b. Anteil der einzelnen Kostenmodule anden Gesamtkosten je MDC (MajorDiagnostic Category) für alle Entlas-sungsarten. Diese Tabelle ist besondersfür den Betriebsvergleich geeignet.(Vgl. Abbildung 5)

c. Aussagen über Kosten, Erlöse, Alters-zusammensetzung, Verweildauer fürbestimmte DRGs am Beispiel der DRG-Gruppe E71A und der Altersgruppeab 65 Jahren. (Vgl. Abbildung 6)

d. Kosten je MDC in Abhängigkeit vonder Verweildauer und der Entlassungs-

art. Hier werden speziell die Verle-gungen in ein anderes Krankenhausbetrachtet. (Vgl. Abbildung 7)

Fazit und Ausblick

Die Abbildung des kompletten Prozessesin der Software konnte in sehr kurzer Zeitumgesetzt werden. Der Projektstart er-folgte im Januar 2002. Die Definition derProzesse zusammen mit Beratern vonDiamant Software nahm einen Tag inAnspruch. Die Implementierung des Kos-tenträgermandanten und die Einrichtungder Schnittstelle zum KIS dauerte weiterezehn Tage. Die Anpassungen an die indivi-duellen Anforderungen der MTG wurdendabei ohne Änderungen des Quellcodesoder der Datenbankstruktur umgesetzt.Die Installation ist 100 Prozent im Stan-dard und damit releasefähig. Im Juli 2002hat die MTG für die Häuser in Bonn undDuisburg die Fallkosten aller entlassenenPatienten der Monate Januar bis April2002 an das InEK übermittelt.

Der Hauptvorteil der beschriebenenRealisierung einer DRG-konformen Kos-tenträgerrechnung liegt in der Integration:Die MTG kann heute den gesamten Pro-zess von der Kostenstellen-, Kostenarten-und Kostenträgerrechnung bis hin zumExport der Daten für den InEK-Report ineinem einzigen Programm abwickeln.Nachdem die Systematik einmal einge-richtet ist, läuft die Kalkulation zudem völ-lig automatisch ab, kann also ohne großenAufwand jederzeit durchgeführt werden.

Abbildung 3: Auswertung der Kosten je Kosten-träger und Kostenmodul nach derKostenartenverteilung(Quelle: Diamant Software, Malte-ser Trägergesellschaft)

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100000,00

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– 100000,00

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DRG-Auswertungen

Statistik: SummeVariablen: Gewinn/Verlust 2 in EUR

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Abbildung 4: Differenz aus Erlös-Variante 2 undden Ist-Kosten (Quelle: Malteser Trägergesell-schaft)

Abbildung 5: Anteil der einzelnen Kostenmodule an den Gesamtkosten je MDC (Major Diagnostic Cate-gory) für alle Entlassungsarten (Quelle: Malteser Trägergesellschaft)

Auswertung nach Modulen – Malteser Krankenhaus Bonn-HardtbergEntlassungsgrund: InsgesamtKosten in EUR% der Summe in Kostenmodul

Kostenmodul 9 A B C D E F G1;1 7,9% 4,4% 8,3% 19,4% 3,0% 9,6% 10,9% 8,7%1;2 25,4% 7,9% 35,3% 29,8% 9,7% 24,0% 27,7% 22,3%1;3 1,2% 0,5% 0,7% 1,9% 0,1% 1,1% 1,1% 1,0%1;4a 1,4% 0,9% 2,8% 4,0% 2,7% 2,8% 3,3% 2,5%1;6a 1,7% 0,7% 1,5% 1,9% 1,2% 1,9% 1,6% 1,8%1;7 0,6% 0,2% 0,5% 1,3% 0,1% 0,5% 0,7% 0,4%

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Obwohl die Teilnahme an der Erst-kalkulation einen beträchtlichen Auf-wand an Zeit und Geld verursacht hat,lohnte sich die Teilnahme für die betei-ligten Einrichtungen der MTG. Dennzum einen konnte die MTG dazu beitra-gen, dass der Ermittlung der künftigenDRGs qualitativ hochwertige Kostenin-

formationen zugrunde liegen – davonhängt letztlich die Höhe künftiger Vergü-tungen ab. Zum anderen hat man sich fürdie Zukunft ein wirkungsvolles Control-ling-Instrument geschaffen: Durch die in-tegrierte Finanzbuchhaltung und Kosten-rechnung ist künftig eine differenzierteErfolgsrechnung möglich, da die Erlöse

den Kosten bis auf Einzelfallebene direktgegenübergestellt werden können. EineErfolgsrechnung kann damit sowohl fürEinzelfälle wie auch auf beliebigen Ku-mulationsebenen wie zum Beispiel Fall-gruppen, Fachdisziplinen oder Kranken-häuser durchgeführt werden.

Die Rechnungswesen-Software ist beider MTG auf einem Server in Bonn in-stalliert, auf den die anderen MTG-Kran-kenhäuser über ein Virtual Private Net-work zugreifen. Alle Krankenhäuser sinddabei in einer einzigen Installation alsMandanten abgebildet. Alle Grundein-stellungen der Software müssen somit nureinmal zentral gepflegt werden, und siegelten gleichermaßen für alle Mandan-ten. Das heißt: Die Programme allerKrankenhäuser kalkulieren nach dersel-ben Systematik und mit denselben Maß-größen, auch wenn der Aufbau der Kos-tenrechnung je nach Leistungsspektrumdes Hauses unterschiedlich ist. Das zen-trale Controlling in Bonn kann alsosicher sein, dass alle Kostenblöcke nachidentischen Verfahren berechnet wurden.

Abbildung 6: DRG-Auswertung am Beispiel der DRG-Gruppe E71A (Quelle: Malteser Trägergesellschaft)

Abbildung 7: Kosten je MDC in Abhängigkeit von der Verweildauer und der Ent-lassungsart (Quelle: Malteser Trägergesellschaft)

DRG-AuswertungenDRG-Gruppe: E71AAltersgruppe: ab 65 Jahre

Summe N Minimum Mittelwert Maximum % der Ge- % der Ge-samtsumme samtanzahl

Erlös 1 in EUR 22404 18 667 1244,64 2445 0,3% 0,4%Erlös 2 in EUR 29445 18 876 1635,81 3213 0,3% 0,4%Erlös 3 in EUR 36486 18 1086 2026,98 3981 0,3% 0,4%Erlös BPfIV 36085 18 90 2004,71 6079 0,4% 0,4%Kosten in EUR 37317 18 600 2076,14 5821 0,4% 0,4%Alter 1307,0 18 65,0 72,611 82,0 0,6% 0,4%Verweildauer 140,0 18 1,0 7,778 27,0 0,4% 0,4%Bewertungsrelation/CMI 12,8020 18 0,3810 0,711222 1,3970 0,3% 0,4%

Auswertung nach Verweildauer und Entlassungsgrund – Malteser KrankenhausBonn-HardtbergEntlassungsgrund: Verlegung in ein anderes KrankenhausKosten in EURSumme

Kennzeichen VerweildauerMDC Verweildauer 0–19 Tage Verweildauer >= 20 Tage Gesamt9 0 7479 7479B 9496 21042 30583E 12755 4880 17635F 68830 68830G 1969 1969H 2155 2155I 6345 28289 34634L 1712 1712N 3050 3050O 6993 6993P 2140 2140Q 3082 3082R 3517 3517U 2170 2170X 2515 2515Gesamt 126784 61690 188474

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