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gemeinsame sicherheit und zukunft der bundeswehr 23 . mai 2000

gemeinsame sicherheit und zukunft der bundeswehr...VORWORT 3 50 > Die Kommission „Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“ legt das Ergebnis ihrer Beratungen heute der

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gemeinsame sicherheit und zukunft

der bundeswehr

23. mai 2000

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gemeinsame sicherheit und zukunft

der bundeswehr bericht der kommission

an die bundesregierung

23. mai 2000

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VORWORT

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Die Kommission „Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“ legt dasErgebnis ihrer Beratungen heute der Bundesregierung und damit zugleich derÖffentlichkeit vor. Sie war im Frühjahr 1999 zusammengetreten. Ihre Mitgliederhatten ihr Mandat auf Bitten der Bundesregierung übernommen. Die Arbeit vollzogsich im Zeichen völliger Unabhängigkeit. Die Kommission hat die lebhafte öffent-liche Diskussion zu ihren Themen aufmerksam verfolgt, ohne sich an ihr zu betei-ligen oder sie als Behinderung ihrer eigenen Arbeit je wirksam werden zu lassen.

Es ist eine Erneuerung der Bundeswehr von Grund auf, die die Kommission auf derBasis ihrer Erkenntnisse über unsere sicherheitspolitische Lage empfiehlt. Sie legtihren Bericht gemeinsam und als Ganzes einschließlich abweichender Meinungenaus dem Kreis der Mitglieder zu einzelnen Passagen vor, die im Text unter Namens-nennung vermerkt und im Anhang mit Begründungen dokumentiert sind. Dabeierwies sich die künftige Wehrform als ein zentrales kontroverses Thema, das mitbesonderer Intensität und Sorgfalt erörtert wurde.

In seiner rings von Partnern umgebenen Lage bedarf unser Land einer bündniskon-formen Bundeswehr, die mit einem umstrukturierten, nachhaltig verkleinertenPersonalbestand grundlegend modernisiert werden muss. Gemeinsame Sicherheit inEuropa ist Kernstück der Sicherheit Deutschlands. Ein stärkeres Europa wird dasAtlantische Bündnis stärken. Die Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte mussderjenigen unserer wichtigsten europäischen Partner entsprechen.

Die Empfehlungen der Kommission lassen sich nur langfristig umsetzen. Sie zielenauf den Zeitraum der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre. Sie erfordern ein hohes Maßan Planungssicherheit. Dazu ist ein verlässlicher Finanzrahmen für die erforderlicheModernisierung ebenso notwendig wie aus Gründen der Fürsorge für die betroffenenSoldaten und zivilen Mitarbeiter. Die Kommission lässt dabei nicht außer Acht, dassbei der Finanzierung der anstehenden Reform der Bundeswehr das Gesamtspektrumvon Sicherheit berücksichtigt werden muss, nicht nur der militärischen Aufgaben.

Die Kommission ist für die Unterstützung ihrer Beratungen durch zahlreiche Persön-lichkeiten und Dienststellen aus dem In- und Ausland dankbar. Ihre besondere Aner-kennung gilt den Mitgliedern ihres Sekretariats für allzeit kompetenten und tatkräfti-gen Beistand.

Berlin, 23. Mai 2000 Der Vorsitzende

Richard von WeizsäckerBundespräsident a.D.

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DIE MITGLIEDER DER KOMMISSION

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Dr. Richard v. WeizsäckerBundespräsident a.D. Vorsitzender der Kommission

Peter-Heinrich CarstensGeneral a. D.Ehemaliger Chef des Stabes SHAPEStellvertretender Vorsitzender der Kommission

Dr. Theo SommerHerausgeber DIE ZEITStellvertretender Vorsitzender der Kommission

Prof. Dr. Christian BernzenRechtsanwaltVizepräsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken

Dr. Christoph BertramDirektor Stiftung Wissenschaft und Politik

Ignatz BubisPräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland(verstorben am 13. August 1999)

Dr. Eckhard CordesMitglied des Vorstands der DaimlerChrysler AG

Manfred EiseleGeneralmajor a.D.Ehemaliger Beigeordneter Generalsekretärder Vereinten Nationen

Prof. Dr. Helga HaftendornFreie Universität Berlin,Politikwissenschaft

Helge HansenGeneral a. D.Ehemaliger NATO-OberbefehlshaberEuropa Mitte

Agnes Hürland-BüningParlamentarische Staatssekretärin a.D.(bis 20. Januar 2000)

Prof. Dr. Knut IpsenRuhr-Universität Bochum, Staats- und VölkerrechtPräsident des Deutschen Roten Kreuzes

Dr. Walter Kromm, M.S.P.Oberfeldarzt d.R.Arzt für Allgemeinmedizin

Hermann LutzEhemaliger Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei

Dr. Arno MahlertMitglied der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Georg v. Holtzbrinck GmbH

Lothar de MaizièreRechtsanwaltMinisterpräsident a.D.

Prof. Dr. Harald MüllerGeschäftsführendes Vorstandsmitglied der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung

Dr. Jürgen SchmudePräses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland Bundesminister a.D.

Waltraud SchoppeEhemaliges Mitglied des Deutschen BundestagesMinisterin a.D.

Prof. Dr. Richard SchröderHumboldt Universität Berlin, Evangelische Theologie

Prof. Dr. Peter SteinbachFreie Universität Berlin, Politikwissenschaft

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inhaltsverzeichnis

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

ERNEUERUNG VON GRUND AUF

Aufgabe der Kommission – 13; Erneuerung statt Anpassung – 13; Reformziele – 14;

Militärischer Beitrag Deutschlands – 14; Wehrform und Streitkräfteumfang – 15;

Schwerpunkte – 15; Erfordernisse – 16; Europäische Perspektive – 17

GEMEINSAME SICHERHEIT

I. RISIKEN UND INTERESSEN

Aufgaben der Sicherheitspolitik – 23; Risiken und Bedrohungen – 24; Deutsche Interessen – 26;

Übergreifende Sicherheitsarchitektur – 28

II. DER EUROPÄISCHE IMPERATIV

Der politische Rahmen – 35; Streitkräfteplanung im europäischen Rahmen – 36; Möglichkeiten

militärischer Zusammenarbeit – 37; Abbau von Duplizierungen – 38; Rüstungskooperation – 39;

Stärkeres Europa gleich stärkere Allianz – 39

ZUKUNFT DER BUNDESWEHR

III. AUFTRAG UND FOLGERUNGEN

Auftrag – 47; Fähigkeiten – 49; Überkapazitäten – 51; Messgröße: zwei gleichzeitige Krisen – 52;

Umfang der Einsatzkräfte – 53; Fazit – 54

IV. WEHRFORM UND PERSONAL

Ausgangserwägungen – 59; Leitlinien – 59; Option A: Streitkräfte ohne Wehrpflichtige – 62;

Option B: Streitkräfte mit Wehrpflichtigen – 63; Abwägung – 68; Neue Personalstruktur – 70

(Militärisches Personal – Zivilpersonal – Attraktivität – Frauen in den Streitkräften)

V. FÜHRUNG, TRUPPE, WEHRVERWALTUNG

Leitung und Führung – 81 (Stäbe und Abteilungen im Ministerium – Analyse- und Auswertefähigkeiten – Dienst-

sitz Berlin – Einsatzrat – Streitkräfteführungskommando – Einsatzführungskommando – Generalinspekteur – Rüs-

tungsrat); Streitkräfte – 89 (Der Einsatz der Streitkräfte in der Krise – Gliederung der Teilstreitkräfte – Zentrale

Militärische Dienste – Sanitätsdienst – Wehrverwaltung im Einsatz – Rechtspflege im Einsatz – Aufwuchsfähigkeit);

Territoriale Wehrverwaltung – 105 (Abbau von Dienststellen – Verkleinerung des Wehrersatzwesens)

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INHALTSVERZEICHNIS

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VI. AUSRÜSTUNG UND BEWAFFNUNG

Planung und Entwicklung – 109 (Rüstungsplanung – Europäische Rüstungskooperation – Entstehungsgang

Wehrmaterial – Rüstungsagentur – Projekt-Teams); Modernisierung – 111 (Beschaffung – Zentralisierung –

Aussonderung); Technologie und Rüstungswirtschaft – 115 (Zukunftstechnologien – Industriestrukturen –

Rüstungsexport)

VII. DAS UNTERNEHMEN BUNDESWEHR

Innere Führung – 123; Controlling – 125; Führungs- und Einsatzunterstützung – 126;

Stationierung – 127; IT-Agentur – 128; Bildung und Ausbildung – 129; Militärische Studien-

kapazität – 131

REFORM UND HAUSHALT

Programmgesetz – 135; Planung und Haushalt – 136; Ausrüstungsinvestitionen – 137;

Personalkosten – 138; Betriebskosten – 139; Standortentscheidungen – 139;

Zusammenfassung und Bilanz – 140

anhang

Anhang 1: Abweichende Voten – 147; Anhang 2: Die Arbeit der Kommission – 157;

Anhang 3: Stichwortverzeichnis – 171

verzeichnis der abbildungenAbbildung 1: Einsatzkräfte heute und 2006 – 55; Abbildung 2: Spektrum der untersuchten

Modelle – 61; Abbildung 3: Berufs- und Zeitsoldaten und Grundwehrdienstleistende heute und

2006 – 71; Abbildung 4: Dienstposten-Verteilung Soldaten heute und 2006 – 72; Abbildung 5:

Personal der Bundeswehr heute und 2006 – 74 ; Abbildung 6: Gliederung des Bundesministeri-

ums der Verteidigung – 82; Abbildung 7: Zivile Abteilungen des Bundesministeriums der Vertei-

digung – 83; Abbildung 8: Einsatz deutscher Streitkräfte – 85; Abbildung 9: Rüstungsrat – 88;

Abbildung 10: Truppendienstliche Führungsorganisation der Teilstreitkräfte – 91;

Abbildung 11: Zentrale Militärische Dienste – 100; Abbildung 12: Sanitätsdienst der Bundes-

wehr – 103; Abbildung 13: Kostenentwicklung im Übergang – 141

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erneuerung von grund auf

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ERNEUERUNG VON GRUND AUF

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1. Zum ersten Mal in seiner Geschichteist Deutschland ringsum von Bündnis- undIntegrationspartnern umgeben und keiner äu-ßeren Gefährdung seines Territoriums durchNachbarn ausgesetzt. Diese neue Grund-gegebenheit deutscher Sicherheit ist nichtvorübergehender Natur, sondern hat Bestands-kraft für die vorhersehbare Zukunft.

AUFGABE DER KOMMISSION

2. Die von der Bundesregierung berufe-ne unabhängige Kommission „GemeinsameSicherheit und Zukunft der Bundeswehr“ hatsich auf dieser Grundlage an ihre Aufgabe ge-macht, die sicherheitspolitischen Risiken undInteressen der Bundesrepublik Deutschlandzu untersuchen und Empfehlungen zu geben,wie die deutschen Streitkräfte künftig ihreAufgaben im Rahmen einer umfassenden Si-cherheits- und Verteidigungspolitik wahrneh-men können. Kernaufgabe war, Vorschlägefür die Grundstrukturen einer neuen Bundes-wehr zu entwerfen. Hierzu hat die Kommis-sion umfangreiche Analysen zu Wehrform,Personal, Führung, Organisation, Ausrüstung,Ausbildung und Finanzen angestellt. ZumAuftrag der Kommission gehörte vor allem,sich ein Urteil darüber zu bilden, welche mili-tärischen Fähigkeiten – quantitativ wie quali-tativ – Deutschland für seine Außen- und Si-cherheitspolitik erhalten, verstärken oder neuerwerben sollte.

3. Vier Forderungen waren bei den Un-tersuchungen der Kommission miteinanderzu vereinbaren, nämlich wie eine (1) bedarfs-gerecht zugeschnittene, bündnisfähige Bun-deswehr auf der Grundlage einer (2) gesell-schaftlich tragfähigen Wehrform mit einer (3)

technologisch modern gehaltenen Ausrüstunginnerhalb eines (4) angemessenen Haushalts-rahmens mittel- und langfristig am besten zuverwirklichen ist. Ziel aller Bemühungen musseine einsatzfähige, moderne und bezahlbareBundeswehr sein. Die Reform wird ihre Zeitbrauchen, aber das Ziel ist erreichbar.

ERNEUERUNG STATT ANPAS-SUNG

4. Die Bundeswehr des Jahres 2000 istmit Blick auf die genannten Forderungennicht im Gleichgewicht. Sie ist zu groß, falschzusammengesetzt und zunehmend unmodern.In ihrer heutigen Struktur hat die Bundeswehrkeine Zukunft. Die Wehrform produziert zugroße Personalumfänge bei gleichzeitig zuschwachen Einsatzkräften. Veraltetes Materi-al schmälert die Einsatzfähigkeit und treibtdie Betriebskosten in die Höhe. Die derzeiti-gen Haushaltsansätze erlauben in der heuti-gen Struktur und Wehrform keine hinreichen-de Modernisierung. Die politisch zugesagtenBeiträge zu den international vereinbartenAufgaben sind den deutschen Streitkräftennicht möglich, jedenfalls nicht auf längereSicht. Schon heute sind die Einsatzkräfte per-sonell und materiell überfordert.

5. Die gegenwärtige Struktur der Bun-deswehr ist während der vier Jahrzehnte poli-tischer und militärischer Block-Konfrontationin Mitteleuropa entstanden. In den letzten zehnJahren hat es Anpassungen gegeben, nichtaber Reformen. Die politischen Verpflichtun-gen, die nationalen Interessen Deutschlands,die Entscheidungen der Partnerländer in Euro-pa und die Entwicklungen in den verbündetenStreitkräften haben die Bedingungen deut-

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

scher Sicherheits- und Verteidigungspolitikjedoch von Grund auf verändert. Für das Aus-maß des Wandels reichen kleine Anpassungs-schritte nicht mehr aus: Eine grundlegendeUmgestaltung ist geboten.

Die Kommission empfiehlt deshalb, den mili-tärischen Beitrag Deutschlands zur Sicherheitdes Landes und seiner Verbündeten neu zu de-finieren, die überkommenen Strukturen grund-legend zu reformieren und den militärischenDienst in der Gesellschaft attraktiv und kon-kurrenzfähig zu gestalten.

REFORMZIELE

6. Die Bundeswehr kann im Lauf des Jahr-zehnts reformiert werden. Die wichtigstenZiele einer umfassenden Reform sind,

● die Bundeswehr nach Umfang, Struktur,Bewaffnung und Ausrüstung auf die imRahmen ihres Auftrags wahrscheinlichsteAufgabe vorzubereiten: Teilnahme an Ein-sätzen der Krisenvorsorge und Krisenbe-wältigung – zum Zwecke der Landes- undBündnisverteidigung und in der Erfüllunginternationaler Verpflichtungen,

● die Streitkräfte zu wirksamer Zusammen-arbeit mit den Partnern in NATO, EU, VNund OSZE zu befähigen und die Sicher-heits-, Verteidigungs- und Rüstungsbe-schaffungspolitik soweit wie möglich zueuropäisieren,

● die Haushaltsmittel so einzusetzen, dass fürBetrieb, Ausrüstung und Infrastruktur ge-nügend finanzieller Spielraum bleibt,

● in Streitkräften und Wehrverwaltung einembetriebswirtschaftlichen Denken und Han-deln neuen Raum zu geben.

MILITÄRISCHER BEITRAGDEUTSCHLANDS

7. Aus den Einsatzerfahrungen der ver-gangenen Jahre wie aus dem Vergleich mitunseren wichtigsten Partnern zieht die Kom-mission den Schluss, dass Messgröße für dieneue Bundeswehr die Fähigkeit zur gleichzei-tigen und zeitlich unbefristeten Beteiligungan bis zu zwei Kriseneinsätzen sein sollte –und zwar mit Einsatzkräften in folgenderGrößenordnung:

■ HeerZwei Einsatzkontingente in Brigadestärke mitden jeweils notwendigen Unterstützungs- undFührungselementen (insgesamt bis zu 16.000Soldaten).

■ LuftwaffeZwei Einsatzkontingente mit insgesamt 90 bis100 Kampfflugzeugen, 10 Staffeln bodenge-bundener Luftverteidigung; ferner Luftbetan-kungs- sowie Lufttransportkomponenten.

■ MarineZwei Einsatzkontingente aus Schiffen, U-Booten und Flugzeugen mit der Befähigungzur verbundenen Seekriegführung.

■ SanitätsdienstZwei Einsatzkontingente mit mobiler Laza-rett- und Verwundetentransportkapazität.

Für diese Aufgaben einschließlich des an-gemessenen Austausches der eingesetzten

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ERNEUERUNG VON GRUND AUF

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Soldaten müssen die Einsatzkräfte derBundeswehr von derzeit rund 60.000 Solda-ten auf etwa 140.000 Soldaten verstärktwerden. Mit den so bereitgestellten Kräften –unterstützt von einer militärischen Grund-organisation von etwa 100.000 Soldaten –wird auch der deutsche Beitrag zur Bündnis-verteidigung geleistet werden können. Damitentspricht der militärische Beitrag Deutsch-lands denen unserer wichtigsten europäischenPartnerländer.

8. Die Ausrichtung der Streitkräfte aufKrisenvorsorge und Krisenbewältigung wirddas Personalstärkeverhältnis der Teilstreitkräfteverändern: Luftwaffe und Marine werdeneinen größeren Anteil als bisher einnehmen,das Heer wird absolut und relativ kleiner.Gemessen an den heutigen Umfängen undStrukturen ist der Veränderungsbedarf dortam größten.

WEHRFORM UNDSTREITKRÄFTEUMFANG

9. Die Kommission hat die Vorteile unddie Nachteile von Freiwilligen- und Wehr-pflicht-Streitkräften eingehend erörtert. IhreEmpfehlung zur Wehrform beruht auf Prü-fungen der staatsbürgerlichen, verfassungs-rechtlichen und sicherheitspolitischen Voraus-setzungen. Eine drastisch verkleinerte Bundes-wehr hätte den Übergang auf ein reinesFreiwilligensystem nahe gelegt. Die Kommis-sion ist aber der Meinung, dass sich die künf-tige Bundeswehr nicht ausschließlich aufFreiwillige stützen kann. Angesichts andau-ernder äußerer Ungewissheiten sollte dieStruktur der Streitkräfte flexibel ausgelegtsein und über Aufwuchspotenzial und Rege-

nerationsfähigkeit verfügen. Wehrpflichtigewerden weiterhin gebraucht – wenn auchin deutlich kleinerer Zahl als bisher. DieFriedensstärke der Bundeswehr sollte sichan einem Richtwert von 240.000 Soldatenorientieren.

Die Kommission empfiehlt, einen Grund-wehrdienst von 10 Monaten beizubehaltenund die Einberufung von Grundwehrdienst-leistenden künftig am kleiner gewordenen Be-darf der Streitkräfte zu orientieren. In der Pra-xis bedeutet das einen Auswahl-Wehrdienst.1

Wer diesen Dienst leistet, soll dafür eine hö-here Kompensation erhalten.

SCHWERPUNKTE

10. Damit die Bundesregierung den ge-nannten Zielen in der Sicherheits- und Vertei-digungspolitik näher kommen kann, emp-fiehlt die Kommission den folgenden Katalogvon Maßnahmen:

1. Orientierung der Streitkräfte-Struktur anden wahrscheinlichsten Aufgaben derKrisenvorsorge und Krisenbewältigung –zum Zwecke der Landes- und Bündnis-verteidigung und in der Erfüllung inter-nationaler Verpflichtungen.

2. Umgliederung der Streitkräfte zum Auf-bau bedarfsgerechter und bündnisadä-

quater Einsatzkräfte in der Stärke von140.000 Soldaten.

3. Reduzierung der Friedensstärke der Streit-kräfte auf einen Richtwert von 240.000

1 Zu diesem Punkt gab es abweichende Meinungen (S. 147ff).

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Soldaten einschließlich 30.000 Grund-wehrdienstleistender pro Jahr bei einerWehrdienstdauer von 10 Monaten.

4. Nutzung des Aufwuchspotenzials füreinen Verteidigungsumfang von 300.000Soldaten und für eine Personalreserve von100.000 Soldaten.

5. Abbau der Stellen für Zivilpersonal aufrund 80.000 parallel zur gleichzeitigenReduzierung von Aufgaben, Leistungenund Standorten.

6. Neuordnung und Straffung der Führungs-

und Kommandostrukturen für eine effek-tive Einsatzführung; Stärkung der Verant-wortung des Generalinspekteurs in derBundeswehrplanung, Einsatzführung undBeschaffung; Zentralisierung und Wahr-nehmung aller ministeriellen Aufgaben in

Berlin.

7. Einrichtung des Controlling als Instru-ment der Leitung des Ministeriums.

8. Zusammenfassung aller teilstreitkraft-übergreifenden, territorialen und unter-stützenden Aufgaben in einem Organisa-

tionsbereich Zentrale Militärische Dienste.

9. Zentralisierung des Sanitätsdienstes derBundeswehr und Ausrichtung auf die Ein-

satzaufgaben bei engerer Verzahnung mit

dem zivilen Gesundheitswesen.

10. Förderung der Multinationalisierung der

Einsatzkräfte durch Integrationslösungennach dem Vorbild des NATO-Frühwarn-verbandes (AWACS) sowie durch Bünde-lung der europäischen Ressourcen für

Luft- und Seetransport, Aufklärung undLuftverteidigung.

11. Modernisierung vorhandener und Be-

schaffung neuer Ausrüstung zur Bewälti-gung der militärischen Zukunftsaufgabenin Kooperation mit den Partnerländern inNATO und EU.

12. Konzentration auf militärische Kernauf-gaben bei gleichzeitiger Privatisierung

von Dienstleistungen für Betrieb, Ent-wicklung, Beschaffung, Logistik und Aus-bildung.

13. Gleichberechtigte Zulassung von Frauen

für den freiwilligen militärischen Dienstin der Bundeswehr.

14. Erhöhung der Attraktivität des Soldaten-

berufs und Förderung des freiwilligen

militärischen Dienstes aller Statusgruppeneinschließlich der Reservisten mit Spezial-ausbildung.

15. Weiterentwicklung und Stärkung derInneren Führung im Hinblick auf die neu-en Aufgaben und Strukturen.

ERFORDERNISSE

11. Die Kommission empfiehlt, mit derReform der Bundeswehr alsbald zu beginnenund den Umbau in kontrollierten Schritten zurealisieren. Das Vorhaben verlangt Energieund Ausdauer. Es wird Jahre in Anspruchnehmen. Die Belastungen für die betroffenenMenschen sind vorhersehbar groß. Zumgrundlegenden Umbau der Bundeswehr gibtes indessen keine Alternative.

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ERNEUERUNG VON GRUND AUF

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Für den gesamten Zeitraum des Umbaus, alsoüber den von der Mittelfristigen Finanzpla-nung abgedeckten Zeitrahmen hinaus, bedarfdie Bundeswehr eines verlässlichen, demPostulat der Stetigkeit genügenden, aufgaben-gerechten Haushaltsrahmens. Die Verfas-sungsorgane müssen der Bundeswehr Pla-nungssicherheit geben. Die Kommission emp-fiehlt, mit einem Programmgesetz, das auchden Haushalt für mehrere Jahre bestimmt, dienotwendige Voraussetzung für die Reform zuschaffen und die einzelnen Maßnahmen nachArt, Umfang und Reihenfolge zu bestimmen.Das soll auch dazu dienen, die investiven An-teile gegen Verdrängungseffekte – zum Bei-spiel verursacht durch steigende Personalkos-ten – abzusichern.

12. Im Übrigen ist der Wandel nicht ohnedarüber hinaus gehende finanzielle Aufwen-dungen erreichbar: Sparen kostet. Das giltnicht nur für den sozialverträglichen Abbauvon Personal und Maßnahmen zur Steigerungder Attraktivität des Dienstes, um den not-wendigen Nachwuchs zu gewinnen. Um Be-triebsausgaben zu reduzieren oder zu begren-zen, sind kostspielige Modernisierungsmaß-nahmen unumgänglich.

Darüber hinaus werden Mittel gebraucht, umAusrüstung und Material auf modernen Standzu bringen und diesen Standard kontinuierlichzu halten. Der Investitionsanteil muss dauer-haft erhöht werden. Gegenüber heute bedeutetdas im Mittel jährlich 2 bis 3 Mrd. DM mehr.

Der zusätzliche Mittelbedarf wird nicht in je-dem Jahr in gleicher Höhe anfallen. Nach mo-deratem Beginn wird er mit den fortschreiten-den finanzwirksamen Planungen und Ver-tragsabschlüssen anwachsen.

Die Kommission hält es aber für erreichbar,dass den vorgeschlagenen notwendigen Mehr-ausgaben langfristig Kosteneinsparungen inetwa gleicher Höhe gegenüberstehen. DieVerteidigungsausgaben dürften sich dann inder derzeitigen Größenordnung bewegen.2

EUROPÄISCHE PERSPEKTIVE

13. Die Mitgliedsländer der EuropäischenUnion haben ihre Absicht bekräftigt, eine ge-meinsame Außen- und Sicherheitspolitik zuentwickeln und dafür auch Streitkräfte in derGrößenordnung von 50.000 bis 60.000 Solda-ten bereitzustellen. Der erfolgreiche Einsatzeines solchen Militär-Kontingents zur Krisen-vorsorge und Krisenbewältigung verlangt ei-ne Reihe militärischer Fähigkeiten, die keinPartner in Europa allein erwerben und unter-halten kann.

Es wächst die Einsicht, bei den Streitkräfte-reformen näher zusammenzurücken und mehrmiteinander zu kooperieren. Die Kommissionempfiehlt der Bundesregierung eine politi-sche Initiative mit dem Ziel, den in vielenPartnerländern betriebenen Umbau der Streit-kräfte untereinander abzustimmen und – woimmer möglich – für die Zukunft gemein-schaftliche europäische Vereinbarungen zutreffen.

2 Zu diesem Punkt gab es eine abweichende Meinung (S. 152f).

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gemeinsame sicherheit

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RISIKEN UND INTERESSEN I.

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I . RISIKEN UND INTERESSEN

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AUFGABEN DER SICHERHEITSPOLITIK

14. Zum ersten Mal in seiner Geschichteist Deutschland ringsum von Bündnis- undIntegrationspartnern umgeben und keiner äu-ßeren Gefährdung seines Territoriums durchNachbarn ausgesetzt. Diese neue Grundge-gebenheit deutscher Sicherheit ist nicht vor-übergehender Natur, sondern hat Bestands-kraft für die vorhersehbare Zukunft.

15. Die Welt des Jahres 2000 unterschei-det sich grundlegend von der des Jahres 1990.Damals standen sich allein in Deutschland1,5 Millionen Soldaten gegenüber. TausendeNuklearwaffen waren auf deutschem Bodenstationiert. Heute und auf absehbare Zeit istdie Gefahr eines Atomkrieges und die einesgroß angelegten konventionellen Angriffs aufunser Territorium nicht zu erkennen.

Jede realistische Sicherheitspolitik muss mitder Möglichkeit einer abermaligen militäri-schen Bedrohung des Atlantischen Bündnis-ses und damit Deutschlands rechnen. Frühergalt die Sowjetunion mit dem WarschauerPakt als wahrscheinlichster Ausgangspunkteiner solchen Bedrohung. Heute hat der wich-tigste Nachfolgestaat der Sowjetunion, dieRussische Föderation, hinlänglich Anlass, imSinne ihrer nationalen Interessen eher auf ei-nen Kurs der Partnerschaft und Zusammenar-beit mit dem Westen zu setzen als erneut aufKonfrontationskurs zu gehen; an einem durchKooperation bewirkten Erstarken Russlandsist auch dem Westen gelegen. Im Übrigen lie-ße sich eine neue Bedrohungskulisse nurlangfristig aufbauen. Acht bis zehn Jahre

rechnen die Fachleute dafür. Dies gäbe demWesten ausreichend Warnzeit.

16. Sicherheit Deutschlands erschöpftsich nicht in Sicherheit vor jeglicher militäri-schen Bedrohung. Mit Streitkräften gerüstetzu sein ist ein Teil der Sicherheitspolitik, abereben nur ein Teil. Stabile internationale Be-ziehungen und gefestigte innergesellschaftli-che Strukturen sind Voraussetzungen dauer-hafter Sicherheit.

17. Die oberste Aufgabe einer jedenBundesregierung muss es sein, für das Über-leben der Bürger und die Bewahrung derstaatlichen Ordnung Gewähr zu leisten. DemZweck der Friedenserhaltung dienen unter an-derem Streitkräfte. In Abwesenheit einer un-mittelbaren Gefahr hat die Bundeswehr einendreifachen Sinn: Sie fungiert als militärischeRückversicherung für den Fall, dass Gefahrensich in der Zukunft einstellen. Sie unterstütztdie Diplomatie, wenn zentrale Interessen aufdem Spiel stehen. Sie lässt sich gegebenen-falls als Instrument zum Schutz oder zurWiederherstellung internationaler Ordnungund Rechtssicherheit einsetzen, wenn diese mitmilitärischen Mitteln in Frage gestellt werden.

An zweiter Stelle steht die Aufgabe, auch insolchen Situationen, in denen eine existenz-bedrohende Gefahr für das Land nicht be-steht, dafür zu sorgen, dass auch geringere,doch gleichwohl ernste Gefährdungen abge-wendet werden. Daraus leitet sich das Interes-se zum Handeln her, wenn die innere und äu-ßere Stabilität in Europa bedroht ist. Dieskann, wie in Bosnien-Herzegowina und imKosovo, den Einsatz von Truppen verlangen.

Schließlich gibt es die mühsame, aber grund-legende Aufgabe, Demokratie zu fördern und

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

humanitären Interessen zum Durchbruch zuverhelfen. Dieses Feld erstreckt sich vomUmwelt- und Katastrophenschutz über dasEintreten für Menschenrechte bis hin zu weit-sichtiger Entwicklungshilfe. Hier kommt denNichtregierungsorganisationen neben den Re-gierungen und internationalen Institutioneneine bedeutsame Rolle zu.

18. Keine einzige der drei Aufgaben lässtsich zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch imeinzelstaatlichen Alleingang lösen. Heute undin Zukunft kann die Bundesrepublik Deutsch-land ihre nationalen Interessen daher nur nochim Verbund mit anderen Staaten wahren. DenRahmen dafür geben in erster Linie die Atlan-tische Allianz und die Europäische Union ab.Die vertraglich begründeten Sicherheits- undIntegrationsgemeinschaften bilden einen Raumverlässlicher Stabilität. Diesen Stabilitäts-raum nach innen zu stärken und nach außenzu erweitern ist vorrangiges deutsches Sicher-heitsinteresse.

RISIKEN UND BEDROHUNGEN

19. Die existenzielle Bedrohung, die imKalten Krieg für Deutschland bestand, hatsich aufgelöst. Das Überleben der Nationsteht nicht länger auf dem Spiel. Gleichwohlist auch das neue Sicherheitsumfeld nicht ge-fährdungsfrei. An die Stelle der einen großenBedrohung ist eine Vielzahl kleinerer – nicht-militärischer wie militärischer – Risiken undHerausforderungen getreten. Wir müssen sieernst nehmen.

Ethnische und religiöse Rivalitäten, Gebiets-streitigkeiten, das Scheitern von Reformen,Menschenrechtsverletzungen großen Ausma-ßes oder der Zerfall von Staaten können auchin Zukunft regionale Spannungen, Krisen undbewaffnete Konflikte auslösen, die unsägli-ches menschliches Leid heraufbeschwörenund unsere Sicherheit berühren.

Nicht-militärische Risiken

20. Unruhe und Not werden weiterhin gro-ße Teile der Erde erschüttern. Für die Mehr-heit der Menschen bedeutet Sicherheit nichtnur die Abwesenheit militärischer Bedrohung,sondern Schutz vor existenziellen Lebensrisi-ken: Massenmigration als Folge von Unter-entwicklung, Überbevölkerung und Hungeroder als Folge von Krieg im Kampf um Gren-zen, Ackerland oder Wasser; die pandemischeAusbreitung von Krankheiten; Umweltzerstö-rung, Klimawandel.

Sicherheitsvorsorge bedeutet deshalb auch,eine Entwicklungspolitik zu treiben, die Kon-flikten vorbeugt, indem sie dem Übel dortentgegenwirkt, wo es entsteht. In diesem Sin-ne ist alle Entwicklungspolitik zugleich Si-cherheitspolitik. Deswegen darf auf diesemFelde der Rotstift ebensowenig Regie führenwie auf anderen Feldern der Außen- und Si-cherheitspolitik.

Grenzüberschreitende Kriminalität, Men-schen-, Waffen- und Rauschgifthandel unter-graben die innere Sicherheit. Ein Anwachsendieser Risiken kann die Autorität und Inte-grität der demokratischen Institutionen in Fra-ge stellen. Diese Gefahren zu bekämpfen, er-fordert verstärkte Zusammenarbeit in der

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Aufklärung, Ermittlung und polizeilichen Ge-fahrenabwehr.

21. Deutschland ist eng in das globaleSystem gegenseitiger wirtschaftlicher Abhän-gigkeit verflochten. Es ist angewiesen auf diekontinuierliche Einfuhr vieler Güter, insbe-sondere jener Rohstoffe, die für das Funktio-nieren unserer Wirtschaft und damit für dasnormale Leben unentbehrlich sind. Störungensind am ehesten bei der Lieferung von Erdölvorstellbar, da die Hälfte der Weltproduktionund 60 Prozent der heute bekannten Ölvor-kommen in der geopolitischen Turbulenzzonerund um den Persischen Golf konzentriert sind.Von innerstaatlichen Auseinandersetzungenwie von zwischenstaatlichen Konflikten imNahen und Mittleren Osten werden die Inte-ressen Europas unmittelbar berührt.

Als zweitgrößter Handelsstaat der Erde hatdie Bundesrepublik Deutschland ein elemen-tares Interesse am Funktionieren eines offe-nen Weltwirtschaftssystems und eines freienSeeverkehrs. Das verpflichtet sie, alles zuunternehmen, um die dafür eingerichteteninternationalen Institutionen und Regime zustärken. Deutschland darf sich nicht scheuen,finanziell, personell und konzeptionell in die-sen Institutionen Mitverantwortung zu über-nehmen.

22. Die rasante Entwicklung der Kommu-nikationstechnik beschwört neuartige Gefah-ren herauf. Sie bedrohen sowohl die privatewie die staatliche Sphäre. Nach den Massen-vernichtungswaffen (weapons of mass destruc-

tion) gewinnen im Zeitalter der alle Lebensbe-reiche durchdringenden elektronischen Vernet-zung „Massenverwirrungswaffen“ (weapons

of mass disruption) Bedeutung. Sie könnennicht nur das militärische Fernmeldewesen

stören, sondern die Infrastruktur der moder-nen Gesellschaft lahmlegen: Börsen und Ban-ken, Energieversorgung und Telekommunika-tion, Verkehrsnetze und die Luftverkehrskon-trolle; überhaupt alle Wirtschaftsunterneh-men. Die neuen technischen Möglichkeitenschaffen neue Verwundbarkeiten. Die Waffender Computer-Eindringlinge sind Logik-Bom-ben, Mutations-Viren, vergiftete Cookies unddigitale Trojanische Pferde. Die Abwehr einerfeindseligen „Infovasion“ gebietet verstärkteSicherheitsanstrengungen – und zwar im en-gen Zusammenwirken aller Ressorts der Bun-desregierung.

Militärische Risiken

23. Krisenprävention und Krisenbewälti-gung können von Fall zu Fall, wenn Gewalteingedämmt oder verhindert werden muss, denEinsatz von Streitkräften erfordern. Zuweilenkann das Militär stabilisierend, dämpfendoder abschreckend wirken. Militärische Macht,von außen in eine Krisenregion eingebracht,kann helfen, die Eskalation und Ausweitungvon Konflikten zu verhindern. MilitärischesEingreifen wird jedoch nur eine Option imFächer der politischen Gesamtstrategie sein.

24. Von außerhalb des euro-atlantischenRaums drohen ernst zu nehmende Risiken.Zwar hat sich trotz gegenteiliger Befürchtun-gen die Zahl der ABC-Waffen-Staaten in denvergangenen Jahrzehnten nur geringfügig erhöht. Einige Staaten, darunter Südafrika,Argentinien und Brasilien, haben frühere Programme sogar beendet. Die SicherheitDeutschlands, der Europäischen Union undder NATO könnte aber langfristig durch den

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

rüstungstechnischen Fortschritt in einer Reihevon Ländern spürbar beeinträchtigt werden.

Eine direkt gegen Deutschland gerichtete Be-drohung durch Massenvernichtungswaffenbesteht derzeit nicht. Doch arbeiten einigeStaaten an der Entwicklung von Trägerwaffenmittlerer und sogar interkontinentaler Reich-weite. Schreitet diese Entwicklung fort, sokann auch die Bundesrepublik wie das übrigeWesteuropa in die Reichweite von Raketenoder Marschflugkörpern aus Staaten gelan-gen, die bisher für unsere Sicherheit ohne di-rekten Belang waren. Die Bundesrepublikund ihre europäischen Verbündeten solltendaher rechtzeitig Überlegungen anstellen, wiedieser Gefahr gemeinsam zu begegnen ist.Der Fortgeltung und dem Ausbau der beste-henden Abrüstungs- und Rüstungskontroll-vereinbarungen gebührt dabei Vorrang.

25. Völkerrechtlichen Verboten zum Trotzwerden chemische und biologische Waffenentwickelt und produziert. Nicht nur Staaten,auch terroristische Gruppen können in denBesitz hochzerstörerischer Waffen gelangen.Überdies sind Altbestände, wie die 40.000Tonnen chemischer Kampfstoffe in Russland,noch eine Gefahr: Sie könnten in falsche Hän-de geraten. Biologische und chemische Waf-fen stellen eine Gefahr nicht nur für Streit-kräfte im Einsatz außerhalb des Bündnisge-biets dar. Sie bilden eine Bedrohung auch fürdie zivile Bevölkerung auf dem eigenenStaatsgebiet. Nüchterne Überlegung legt denSchluss nahe, dass Terroristen im Allgemei-nen Regierungen unter Druck setzen wollen;dafür brauchen sie ängstliche Zuschauer,nicht ungezählte Tote. Es ist jedoch kein Ver-lass darauf, dass alle Terroristen sich dieserLogik beugen.

DEUTSCHE INTERESSEN

26. Der Begriff „Gemeinsame Sicherheit“bedeutet, dass wir Risiken und Herausforde-rungen nur Arm in Arm mit unseren Verbün-deten und Partnern meistern können. Soweitder Begriff sich auf militärische Sicherheitbezieht, besagt er, dass deutsche Alleingängeausgeschlossen sind. Alle denkbaren Einsätzeder Bundeswehr – mit Ausnahme allenfallsvon Evakuierungs- und Rettungsaktionen –werden nur gemeinsam mit Verbündeten statt-finden, ob im Rahmen der NATO, der EU, derOSZE oder der Vereinten Nationen. Soweitdie nicht-militärische Dimension von Sicher-heit betroffen ist – von wirtschaftlicher Stabi-lität bis hin zur Geltung des Rechts – liegt dieGemeinsamkeit ohnehin seit langem zu Tage:Im Zuge der fortschreitenden europäischenIntegration wird deutsche Außen- und Sicher-heitspolitik mehr und mehr ein Teil der ge-meinschaftlichen europäischen Politik werden.

Amerika

27. Ohne die Vereinigten Staaten wäreWesteuropa während des Ost-West-Konfliktsschutzlos gewesen, zumal die Bundesrepublikmit der Frontstadt West-Berlin. Es liegt auchkünftighin im deutschen Interesse, die trans-atlantischen Bindungen zu erhalten und dasdeutsch-amerikanische Verhältnis zu pflegen.Ohne Amerika wäre Europa den globalen Ge-fährdungen der Zukunft weit stärker ausge-setzt. Sicherheit für Deutschland und Europagibt es weiterhin nur mit den VereinigtenStaaten, nicht ohne sie.

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Frankreich

28. Deutschland und Frankreich warenvon Anbeginn der Motor der europäischen In-tegration. Die Aussöhnung zwischen den bei-den Ländern hat in Europa ein Modell für dieÜberwindung historischer Gegensätze ge-setzt. Auch die Vertiefung und Erweiterungder Europäischen Union wird nur im engenZusammenwirken von Paris und Berlin vor-anzubringen sein. Die militärische Koopera-tion zwischen Deutschland und Frankreich istTeil einer übergreifenden europäischen Si-cherheitspolitik.

Großbritannien

29. Der Bundesrepublik muss daran gele-gen sein, dass Großbritannien am EU-Integra-tionsprozess uneingeschränkt teilnimmt. Eindurch dauerhaftes, verlässliches Engagementbeglaubigter britischer Anspruch auf Mitge-staltung der europäischen Zukunft liegt imInteresse aller seiner Partner. Die aktive Rol-le, die London neuerdings auf dem Felde dereuropäischen Sicherheits- und Verteidigungs-politik spielt, ist von besonderer Bedeutungund verdient jede Unterstützung.

Russland

30. Die Russische Föderation wird nachdem Zusammenbruch des kommunistischenSystems und dem Zerfall der SowjetunionJahrzehnte brauchen, um ihre innerenSchwierigkeiten zu überwinden. Dies kannnicht gegen den Westen, sondern allenfallsmit dessen Hilfe gelingen. Der Westen muss

alles tun, damit Russland ein mit ihm koope-rierender demokratischer Staat wird. Es ent-spricht vitalem deutschen und europäischenInteresse, den Draht nach Moskau nicht abrei-ßen zu lassen, die Kontakte intensiv zu pfle-gen und den russischen Transformationspro-zess zu unterstützen.

Mittel- und Osteuropa

31. Deutschland und seine EU-Partnermüssen ein gesteigertes Interesse daran ha-ben, dass die mittel- und osteuropäischen Re-formstaaten sich stabilisieren. Um diesen Pro-zess wirksam zu stützen, ist es geboten, sie indie Solidaritäts- und Sicherheitsgemeinschaf-ten des Westens einzubeziehen. Desgleichenliegt es im deutschen wie im europäischenInteresse, den Stabilitätspakt für den Balkanzu realisieren.

Mittelmeerraum

32. Deutschland muss im europäischenRahmen auch Mitverantwortung dafür über-nehmen, dass die Mittelmeer-Region langfris-tig stabilisiert wird. Wohl unterhalten EU undNATO, WEU und OSZE seit längerer Zeitverschiedene Foren, in denen der Dialog mitden meisten südlichen Anrainern des Mittel-meers gepflegt wird. Erfolge, wie sie im Os-ten Europas durch die „Partnerschaft für denFrieden“ (PfP) erzielt werden konnten, habensich im Mittelmeerraum noch nicht ein-gestellt. Die Herausforderung, auch dort ge-meinsame Sicherheit zu schaffen, bleibt be-stehen.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

ÜBERGREIFENDE SICHERHEITSARCHITEKTUR

33. Der Nordatlantikpakt und die Europäi-sche Union sind die wichtigsten Organisatio-nen, in denen Deutschland seine nationalenInteressen im größeren Verbund aufgehobensieht, doch sind es nicht die einzigen. DesWeiteren kommt den Vereinten Nationen undder Organisation für Sicherheit und Zusam-menarbeit in Europa hohe Bedeutung zu.

NATO

34. Für die militärische Abschreckung undVerteidigung ist die NATO nach wie vor ent-scheidend: Sie verbürgt die überseeische Prä-senz der Vereinigten Staaten und deren Mit-wirkung an den Verteidigungsstrukturen Eu-ropas. Sie sichert mit ihrer militärischen Inte-gration die in Artikel 5 des Nordatlantik-Vertrags festgelegte Beistandspflicht; dadurcherst wird die gemeinsame Reaktion allerBündnispartner gewährleistet.

Darüber hinaus orientiert sich die NATO aufKriseneinsätze im euro-atlantischen Raum.Sie will bereitstehen, „von Fall zu Fall und imKonsens, im Einklang mit Artikel 7 desWashingtoner Vertrags zu wirksamer Kon-fliktverhütung beizutragen und sich bei der Krisenbewältigung aktiv einzusetzen,auch mit Krisenreaktionseinsätzen“ (Gipfel-Deklaration vom 24. April 1999). Der „euro-atlantische Raum“ wird allerdings nicht näherdefiniert. Die Deklaration, eine Absichts-erklärung der Regierungen, erweitert nichtdie Bündnisverpflichtung.

35. Mit ihrem Programm „Partnerschaftfür den Frieden“ hat die NATO die Grundlagefür die praktische militärische Zusammen-arbeit mit 25 Ländern in Europa und Asiengeschaffen. Staaten, die einander in der Ver-gangenheit feindlich gegenüberstanden odersich als Neutrale militärischer Kooperationenthielten, bereiten sich in diesem Rahmengemeinsam auf friedensunterstützende Ein-sätze vor. Die politische Abstimmung zwi-schen der NATO und den PfP-Partnern findetim Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat (EAPR)statt.

Europäische Union

36. Durch ihre enge Verflechtung bildendie Mitgliedsstaaten der Europäischen Unionheute schon einen Sicherheitsraum. Es liegtim deutschen Interesse und entspricht den be-reits eingegangenen Verpflichtungen, diesenSicherheitsraum nachhaltig zu stärken.

Im Rahmen des nordatlantischen Bündnissesgewinnt neuerdings eine Europäische Sicher-heits- und Verteidigungsidentität (ESVI)schärfere Konturen. Desgleichen bildet sichin der EU zusehends eine Europäische Sicher-heits- und Verteidigungspolitik (ESVP) her-aus. Sie soll den Europäern die Möglichkeitschaffen, auch ohne amerikanische Mitwir-kung, gegebenenfalls aber unter Rückgriff aufGerät, Fernmeldewesen, Aufklärungspotenzialund Stäbe der NATO zu handeln. Beides, diegemeinsame Sicherheitspolitik wie die euro-päische Verteidigungsidentität, soll den Wegzu einer ausgewogenen und damit langfristigstabilen transatlantischen Partnerschaft eb-nen.

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37. Dem selben Zweck dient auch die er-strebte Einschmelzung der WesteuropäischenUnion in die Europäische Union. Die Unionwird dadurch auch de jure zur Sicherheitsalli-anz. Das ist deswegen bedeutsam, weil dieBeistandsklausel des WEU-Vertrags verbind-licher ist als der Artikel 5 des Nordatlantik-pakts. Deutschland sollte darauf hinwirken,dass jene EU-Staaten, die der WEU nicht odernur assoziiert angehören, ihre Vorbehaltegegenüber der im WEU-Vertrag fixierten Bei-standsverpflichtung revidieren.

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

38. Als Regional-Organisation im Sinneder VN-Charta ermöglicht die OSZE ihren 55Mitgliedern eine besondere Form sicherheits-politischer Zusammenarbeit. Sie ist eine Or-ganisation nicht kollektiver, sondern koopera-tiver Sicherheit. Zu ihren Aufgaben zählenKrisenfrüherkennung; präventive Diplomatie;Wahrung von Menschen- und Minderheits-rechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit;vertrauensbildende Maßnahmen; Konfliktnach-sorge; Rüstungskontrolle und Verifikation.

Es gilt, an dem von Deutschland bereits 1994entwickelten und von den übrigen Staaten ak-zeptierten politischen (nicht völkerrechtlichen)Grundsatz „OSCE first“ festzuhalten. SeinLeitgedanke ist es, zunächst zu prüfen, ob dieRegional-Organisation OSZE einen Konfliktbewältigen kann, bevor die Vereinten Natio-nen eingeschaltet werden.

39. Derzeit unterhält die OSZE 18 Missio-nen mit insgesamt 2.500 Personen im Feld.Vier große Missionen stehen in Bosnien-

Herzegowina, in Kroatien, Albanien und imKosovo. Schwerpunkte der Feldpräsenz lie-gen in Südosteuropa, im Kaukasus, in Zen-tralasien und im Baltikum. An den Einsätzenwaren zu Beginn des Jahres 2000 auch etwa100 deutsche Zivilisten beteiligt.

40. Die OSZE kann die Stabilitätsstruktu-ren der NATO und der Europäischen Unionergänzen, nicht jedoch ersetzen. Dennochliegt es in unserem Interesse, friedenserhal-tende Operationen der OSZE mit dem Einsatzvon zivilem und militärischem Personal ins-besondere für Beobachter- und Überwa-chungsmissionen unterstützen zu können. DieKommission hält eine intensivere Zusammen-arbeit von OSZE, EU und NATO zum Zwe-cke der Früherkennung und Lageüberwa-chung für notwendig. Zugleich plädiert sie füreine bessere personelle und finanzielle Aus-stattung der OSZE-Organe. Sie fordert dieBundesregierung auf, die angekündigtenInitiativen zugunsten der OSZE in die Tat um-zusetzen, um – wie es in der Koalitionsverein-barung heißt – deren „Handlungsfähigkeit aufdem Feld der Krisenprävention und Konflikt-vorbeugung zu verbessern“.

Vereinte Nationen

41. Die Vereinten Nationen zu fördern undzu stärken, gehört zu unseren wichtigstenInteressen und Aufgaben. Die Weltorganisa-tion mit ihren heute 189 Mitgliedern hat in ih-rer bisherigen Geschichte bedeutende Ent-wicklungen eingeleitet. Zum ersten Mal in derMenschheitsgeschichte hat sie die Menschen-rechte zum globalen Thema gemacht und dieEinsicht in den Zusammenhang von Men-schenrechten und Demokratie befördert.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Blauhelm-Missionen wurden eingerichtet, diein der Charta noch gar nicht vorgesehen wa-ren. Unterorganisationen setzen sich für dieLinderung der Flüchtlingsnot und für den ge-sundheitlichen Schutz einer rapide wachsen-den Weltbevölkerung ein, für die Rechte derFrauen, für die Kinder dieser Welt, für Ernäh-rung, Umwelt, Klimaschutz und Entwick-lungshilfe.

Indessen haben die Vereinten Nationen ihrenzentralen Auftrag, „künftige Geschlechter vorder Geißel des Krieges zu bewahren“, bishernicht erfüllen können, zumal der Sicherheits-rat, ihr bei weitem mächtigstes Organ, sichhäufig selbst blockiert.

42. Wo die Weltorganisation Frieden nichterzwingen kann, ist sie gleichwohl in der La-ge, Frieden zu überwachen und zu konsolidie-ren, sofern die Konfliktpartner sich daraufverständigen, die Waffen ruhen zu lassen. An-fang 2000 standen nahezu 27.000 Blauhelm-Soldaten und -Polizisten in 19 Missionen aufPosten, um die Einhaltung prekärer Waffen-stillstände oder Friedensschlüsse zu kontrol-lieren. Immer öfter werden Konfliktnachsorgeund Friedenskonsolidierung durch den Auf-bau zivilgesellschaftlicher Strukturen (nation-

building) zur eigentlichen Aufgabe.

Soldaten der Bundeswehr waren im Auftragder Vereinten Nationen in Kambodscha, Irak,Kuwait, Somalia, Ost-Timor und stehen heutenoch in Bosnien, Georgien und im Kosovo imEinsatz. Deutschland hat dem VN-Generalse-kretär zugesagt, sogenannte Stand-by Forces

für Friedensmissionen bereitzuhalten, darun-ter vor allem Fernmeldekräfte, Pioniere undFeldjäger. Neben militärischen Kräften sollteDeutschland auch zivile Polizeikräfte fürinternationale Friedenseinsätze bereithalten.

Die bereits vielerorts in Europa bestehendenAusbildungszentren für VN-Friedensopera-tionen sollten gemeinsam genutzt werden.

43. Der Kosovo-Einsatz im VN-Rahmenunterstreicht die Notwendigkeit, solche Unter-nehmen international zu legitimieren. Es mussbei der erklärten Politik der Bundesregierungbleiben, das Monopol der Vereinten Nationenzur Legitimation einer Friedenserzwingungmit Waffengewalt (robust peacekeeping, peace

enforcement) anzuerkennen und weiterzuent-wickeln. Der erwähnten deutschen Zusage,Stand-by Forces bereitzuhalten, sollten weite-re Schritte folgen, die vor allem der Verbesse-rung der Einsatzführung und dem Aufbaueines zivilen Friedenskorps dienen.

44. Eine Reform der Weltorganisation, soschwer sie angesichts der Zurückhaltungwichtiger Mitgliedsländer, zumal der Verei-nigten Staaten, sein wird, ist von elementarerBedeutung. Im Interesse der BundesrepublikDeutschland liegt es, die unersetzliche Bedeu-tung der Vereinten Nationen zu unterstrei-chen, die Stellung des Generalsekretärs zustärken, die Wirksamkeit der Unterorganisa-tionen nachhaltig zu fördern und den Miss-brauch des Vetorechts im Sicherheitsrat ein-zudämmen. Die Anwendung der Uniting for

Peace Resolution aus dem Jahre 1950 könntediesem Ziel dienen. Vorschläge für den Re-formprozess und dessen politische Unterstüt-zung sollten uns Deutschen besonders amHerzen liegen. Erst wenn wir hierzu substan-zielle Beiträge leisten, wird unser Wunschnach einem ständigen Sitz im Sicherheitsratglaubwürdig und aussichtsreich.

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Abkommen zur Rüstungskontrolle und Abrüstung

45. Rüstungskontrolle und Abrüstung blei-ben essenzielle Instrumente deutscher Sicher-heitspolitik. Deutschland hat ein starkes si-cherheitspolitisches Interesse daran, dass diebestehenden Abrüstungs- und Rüstungskon-trollabkommen eingehalten werden. Ebensoliegt der Bundesrepublik daran, weitere Ab-machungen über die Reduzierung konventio-neller und nuklearer Waffen zu erreichen. Diesicherheitspolitische Lage macht es besonderswichtig, verbindliche Regelungen für nicht-strategische Kernwaffen anzustreben, die bis-lang von Rüstungskontrollabkommen nochnicht erfasst sind. Im Zuge einer solchen Re-gelung stehen auch die in Deutschland statio-nierten taktischen Kernwaffen und die ver-bleibende nukleare Rolle der Luftwaffe zurDisposition. Auch die Stärkung und Erweite-rung der bestehenden Nichtverbreitungs- undVerbotsregime für nukleare, biologische undchemische Waffen sind von großer Bedeu-tung.

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DER EUROPÄISCHE IMPERATIV II.

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II . DER EUROPÄISCHE IMPERATIV

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DER POLITISCHE RAHMEN

46. Zu Beginn der 60er-Jahre ventiliertePräsident John F. Kennedy als erster den Ge-danken, das Atlantische Bündnis auf zweiPfeiler zu stellen: einen starken europäischenPfeiler neben der tragenden amerikanischenSäule. Aus dem two-pillar-Konzept Kenne-dys ist während des Kalten Krieges nichts ge-worden. Die Europäer waren in ihrer Haltungzur NATO gespalten; Frankreich zog sich1966 aus der Militärorganisation des Bünd-nisses zurück und hat sich ihr erst in jüngsterZeit wieder angenähert.

47. Nach dem Ende des Ost-West-Kon-flikts änderte sich die Lage. In der Präambeldes Maastrichter Vertrages (1992) bekunde-ten die EU-Mitglieder ihre Entschlossenheit,eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspo-litik (GASP) zu verfolgen, „wozu auf längereSicht auch die Festlegung einer gemeinsamenVerteidigungspolitik gehört, die zu gegebenerZeit zu einer gemeinsamen Verteidigung füh-ren könnte, und so die Identität und Unabhän-gigkeit Europas zu stärken“. Der Amsterda-mer Vertrag bestätigte diese Absicht. „DieUnion“, heißt es dort in Artikel 11, „erarbeitetund verwirklicht eine Gemeinsame Außen-und Sicherheitspolitik“.

Im Juni 1999 öffnete der Europäische Rat inKöln den Weg zur Stärkung der GASP. Er be-schloss, die Westeuropäische Union, die inden letzten Jahren zunehmend auf die Füh-rung eigenständiger Militäreinsätze in Kri-sensituationen ausgerichtet worden war, bisEnde 2000 in der Europäischen Union aufge-hen zu lassen. Das von Truppen aus Frank-reich, Deutschland, Spanien, Belgien und Lu-xemburg gebildete Eurokorps soll nach dem

Willen dieser Staaten zu einer schnellen Ein-greiftruppe fortentwickelt werden.

Im Dezember 1999 entschied der Europäi-sche Rat in Helsinki, dass die Mitglieds-staaten bis 2003 in der Lage sein müssen, ge-meinsam binnen 60 Tagen 50.000 – 60.000Soldaten, ergänzt durch See- und Luftstreit-kräfte, an einen Krisenherd jenseits desNATO-Gebiets zu entsenden und ein Unter-nehmen dieses Umfangs mindestens ein Jahrlang aufrechtzuerhalten. Aufgabe dieserStreitkräfte sind humanitäre Aktionen undRettungsunternehmen, Krisenverhütung undKrisenbewältigung, friedensbewahrende undfriedenserzwingende Operationen.

48. Die Planung muss sich schon heutedarauf einstellen, dass die Verteidigungspoli-tik nicht mehr länger aus der europäischen In-tegration ausgeklammert wird. Neben demNATO-Bezug muss auch dieser EU-Rahmenfür die künftige Bundeswehr verbindlich sein.Den Weichenstellungen von 1999 werden wei-tere Schritte folgen. Auf absehbare Zeit be-deutet das kein Aufgehen der Streitkräfte derEU-Staaten in einer europäischen Armee.Aber die Staats- und Regierungschefs derUnion haben die Fähigkeit zu gemeinsamemmilitärischen Handeln in Krisen zum ent-scheidenden Test für die internationale Glaub-würdigkeit der Union gemacht.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

STREITKRÄFTEPLANUNG IMEUROPÄISCHEN RAHMEN –DIE SCHWERPUNKTE

49. Die Streitkräfte der EU-Staaten müssenihre militärischen Aufgaben als gemeinsameAufgaben verstehen und neue Möglichkeitender Zusammenarbeit suchen. Die Profilierungder eigenen sicherheitspolitischen Identitätsetzt allerdings voraus, dass die Europäer denvon ihnen in der Allianz angestrebten Partauch mit den dafür notwendigen militärischenFähigkeiten untermauern.

Nachdruck wird dabei nicht auf große Streit-kräfteumfänge gelegt werden dürfen. Der Ak-zent muss hinfort auf der raschen Einsatzfä-higkeit präsenter Verbände liegen; auf höch-stem technischen Standard bei der Bewaff-nung ebenso wie bei den Führungs- undKommunikationsmitteln; auf Luftbeweglich-keit, Verlegefähigkeit zur See, weltraumge-stützter Aufklärung. Zumal die Satellitenauf-klärung lässt sich nur im europäischen Ver-bund aufbauen.

Der Weg dorthin wird nicht einfach sein. Daszeigen nicht zuletzt die Erfahrungen der Bal-kan-Konflikte und die fortwährenden Schwie-rigkeiten der Europäer bei der Truppengestel-lung. Im Gefolge des Kosovo-Krieges stießdie Öffentlichkeit auch auf einen anderenSachverhalt, mit dem bis dahin nur die Fach-leute vertraut waren: Die europäischenNATO-Partner sind, was die Ausrüstung ihrerStreitkräfte mit modernen Hochtechnologie-Waffen, Führungsmitteln und Kommunika-tionssystemen anbelangt, weit hinter die Ame-rikaner zurückgefallen – so weit, dass das Zu-sammenwirken der europäischen Armeen mitden US-Streitkräften im Einsatz schon jetztSchwierigkeiten macht und, würde nicht ent-

schlossen Abhilfe geschaffen, in Zukunft un-möglich werden könnte.

50. In Helsinki haben die EU-Regierungenerste Beschlüsse gefasst: Gemeinsame Füh-rungsmittel, strategische Aufklärung und stra-tegischer Transportraum sollen bereitgestelltwerden. Vorarbeiten zur Errichtung eines eu-ropäischen Lufttransport-Kommandos wurdenbereits eingeleitet. Jede dieser Initiativen ver-langt neben den entsprechenden Mitteln inden nationalen Verteidigungshaushalten auchkonkrete gemeinsame Bemühungen bei Be-schaffung, Ausbildung und Betrieb.

Da die Krisenreaktions-Einsätze stets Koali-tions-Unternehmen sein werden, ist Interope-rabilität das Gebot der Stunde. Interoperabili-tät bedeutet die Fähigkeit von Streitkräftenaus verschiedenen Nationen, Kriseneinsätzegemeinsam zu bewältigen. Das setzt voraus,dass Ausbildungsstandards, Waffen und Ge-rät, strategische Doktrin und taktische Grund-sätze der EU-Partner zunehmend aufeinander –und zugleich auch mit den Vereinigten Staa-ten – abgestimmt sind.

51. Zwei Forderungen ergeben sich da-raus: Kooperation und Konvergenz. Für eineimmer engere Abstimmung der Potenzialesprechen nicht nur die Erfordernisse bei Ein-sätzen, in denen meist mehrere europäischeLänder zusammenwirken werden. Europäi-sche Lösungen verbessern auch die Wirt-schaftlichkeit. Unnötige Doppelentwicklun-gen lassen sich nur in einem kollektiven Rah-men vermeiden. Für die Bundeswehr solltedaher gelten: Treten europäische und deut-sche Lösungen in Konkurrenz, hat die europä-ische Gemeinsamkeit Vorrang vor nationalenOptimierungen.

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Den Rahmen dafür müssten aber eine gemein-same Streitkräfteplanung und koordinierteReformanstrengungen abgeben. Es wäre zuprüfen, ob sich dabei Konvergenzkriteriennicht ebenso harmonisierend auswirken könn-ten wie die Maastricht-Kriterien auf dem Fel-de der Wirtschafts- und Finanzpolitik vor demInkrafttreten der Europäischen Währungsunion.

MÖGLICHKEITEN MILITÄRI-SCHER ZUSAMMENARBEIT

52. Die Europäer sollten den gemeinsa-men, wahrscheinlich über viele Jahre erfor-derlichen Einsatz auf dem Balkan nutzen, umihre Möglichkeiten wirksamer Zusammen-arbeit auszuweiten. Zur Zeit werden zum Bei-spiel nationale Einheiten überwiegend natio-nal versorgt. Die skandinavischen Truppenzeigen, dass es auch anders geht. Sie nehmenihre Logistik gemeinsam wahr. Was sprichtdagegen, dass andere EU-Staaten, die sichsämtlich auf eine lange Balkan-Präsenz ein-stellen müssen, es den Skandinaviern gleichtun? Gleiches gilt für die Ausbildung. Militä-risches und ziviles Personal, das jetzt noch na-tional getrennt für den Einsatz auf dem Bal-kan vorbereitet wird, könnte durch gemeinsa-me Ausbildung besser auf die gemeinsameAufgabe eingestimmt werden.

53. Die Begrenztheit der Mittel in allenEU-Staaten bedeutet, dass keiner allein sichhinreichend mit komplexem Großgerät aus-rüsten kann. Das bekannteste erfolgreicheBeispiel, wie die Zusammenfügung gemein-samer Mittel für jeden teilnehmenden Staatsonst unerreichbaren militärischen Nutzenbringen kann, ist das AWACS-Programm derNATO, das luftgestützte Frühwarn- und Füh-

rungssystem: Beschaffung und Wartung desSystems, Ausbildung und Einsatz der Teamswerden gemeinsam betrieben.

Die Übernahme dieses Modells für anderesGroßgerät scheitert vorerst noch an der Zu-rückhaltung der europäischen Nationen, wennes darum geht, ihre militärische Souveränitätdurch Abhängigkeit von Partnern einzuschrän-ken. Aber ein wichtiger Zwischenschritt könn-te in der Schaffung von Organisationsformenliegen, die die wirtschaftlichen Vorteile desgemeinsamen Betriebs teurer Waffensystememit der souveränen Verfügungsgewalt einzel-ner Nationen verbinden. Die Idee eines ge-meinsamen europäischen Lufttransport-Kom-mandos, dem militärische Lufttransport- undLuftbetankungskräfte ständig unterstellt sindund das auch auf zivile Mittel zurückgreifenkann, ist eine Möglichkeit; die Zusammenfas-sung der Seefernaufklärer der europäischenMarinen in gemeinsamen Einsatzverbändeneine andere; der gemeinsame Betrieb vonEinsatzbasen, Wartungseinrichtungen, Ersatz-teildepots und Ausbildungssimulatoren einedritte; die Einrichtung multinationaler Logis-tikzentren eine vierte. Die Einsatzmittel selbstblieben in nationaler Verfügungsgewalt.

Solche Zusammenarbeit bietet sich grund-sätzlich für alle Großwaffensysteme wie Flug-zeuge, Hubschrauber, Schiffe und U-Bootean. Beispielsweise werden ab 2002 fünf EU-Staaten, darunter Deutschland, zusammenmehr als 600 Kampfflugzeuge des Typs EUROFIGHTER beschaffen. Hier sollten ge-meinsame Lösungen für Ausbildungsorgani-sation, Unterstützungseinrichtungen und Flug-betrieb angestrebt werden. Damit wäre sicher-gestellt, dass sich die Typen nicht soweit aus-einander entwickeln, dass die Interoperabi-lität nicht mehr gewahrt ist. So könnte die

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

europäische Zusammenarbeit in der integrier-ten Luftverteidigung weiter verdichtet werden.

54. Gemeinsame Ausbildung ist die besteGrundlage für die Bewältigung gemeinsamerAufgaben. Noch gibt es nur wenige europäi-sche Ausbildungszentren für spezifische Waf-fensysteme oder Aufgaben. Ein ständiger ma-ritimer Ausbildungsverband der Ostsee-An-rainer würde allen zugute kommen und zu-gleich deutlich machen, dass sie ihre Sicher-heitsinteressen gemeinsam wahrnehmen. Ei-ne EU-Sicherheitsakademie entspräche demkünftigen Zuschnitt viel mehr als eine Füllederartiger nationaler Einrichtungen. Die Bei-spiele lassen sich vermehren. Sie unterstrei-chen, wie vielfältig die Möglichkeiten militä-rischer Verflechtung in der EU sind.

55. Solange es keine europäische Exekuti-ve gibt, die eigenverantwortlich Streitkräfteeinsetzen kann, werden sich die Regierungenund Parlamente stets die abschließende Ent-scheidung über den Einsatz ihrer Streitkräftevorbehalten. Die Zusage von Beiträgen zu ge-meinsamen Streitkräfte-Strukturen bleibt da-her unverbindlich. Das kann dazu führen, dassim Bedarfsfall nicht alle zugesagten nationa-len Kontingente zur Verfügung stehen.

Diesem Mangel wäre abzuhelfen, wenn zumBeispiel der geplante europäische Eingreif-verband so organisiert würde, dass für jedesseiner nationalen Elemente ein Ersatzelementaus einer anderen Nation bereitstünde. Da oh-nehin Ablöse-Kontingente benötigt werden,könnte nach dem Prinzip verfahren werden:Nimmt eine Nation an einem gemeinsamenEinsatz nicht teil, springt das Teilkontingentder nächsten Nation dafür ein. So wird dieVerfügbarkeit eines gemeinsamen Dispositivs

sichergestellt, ohne die nationale Entschei-dungsfreiheit zu beeinträchtigen.

56. Die Aufgabe, die Bundeswehr der Zu-kunft am europäischen Rahmen zu orientie-ren, ergibt sich auch aus Gründen der Kosten-effizienz. Nicht nur die tiefsitzende Abnei-gung der Nationen gegen Souveränitätsver-zichte auf dem Felde ihrer Verteidigung, auchdie Sorge vor Überraschungsangriffen begüns-tigte im Kalten Krieg die Duplizierung dermilitärischen Fähigkeiten europäischer Part-ner. Jedes größere Land versuchte, nahezu dasganze Spektrum von Einsatzmöglichkeitenselbst bereitzuhalten. Ausbildung, Beschaf-fung, Logistik und Aufklärung blieben trotzBündnisintegration national. Die große Zahlmilitärischer Standorte und Einsatzbasen be-deutete in ihrer Redundanz zwar auch einengewissen Schutz. Diese Rechtfertigung ist je-doch mittlerweile entfallen. Die alten Struktu-ren sind heute so überholt wie kostentreibend.

Gäbe es schon gemeinsame europäischeStreitkräfte, könnten Ausbildung und Be-schaffung, Logistik und Betrieb vereinheit-licht und zusammengefasst werden. Die Du-plizierung hätte ein Ende. Auch die Streitkräf-te könnten endlich aus dem großen europäi-schen Markt, dem Wettbewerb unter den An-bietern von Rüstungsgütern und der weitge-henden Privatisierung vieler DienstleistungenVorteil ziehen.

57. Schon jetzt bietet der europäischeRahmen auch rein nationalen Streitkräften die

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ABBAU VON DUPLIZIERUNGEN –CHANCEN DER PRIVATISIERUNG

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II . DER EUROPÄISCHE IMPERATIV

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54 >

Chance erheblicher Einsparungen. Der Grundliegt sowohl in der zunehmenden Verflech-tung europäischer Unternehmen wie in derwachsenden Erkenntnis, dass auch bei Be-schaffung und Betrieb der Streitkräfte vieles,was bisher von staatlicher Seite geleistet wur-de, von privaten Marktteilnehmern rascher,billiger und wirksamer erbracht werden kann.Überall in Europa ist eine relative Entstaatli-chung militärwirtschaftlicher wie militärorga-nisatorischer Belange zu spüren. Wegen dergrenzüberschreitenden Vernetzung vieler füh-render Unternehmen kann damit zugleich ei-ne Europäisierung verbunden werden. DieAnforderungen in vielen Tätigkeitsfeldern derStreitkräfte – das deutlichste Beispiel ist dieInformationstechnik – entsprechen denen imPrivatsektor, und viele Produkte sind heutemilitärisch wie privatwirtschaftlich einzuset-zen. Diese Tendenz wird sich fortsetzen – sieeröffnet neue Perspektiven der Europäisie-rung.

RÜSTUNGSKOOPERATION

58. Die Verträge von Maastricht und Ams-terdam haben auch die rüstungspolitische Zu-sammenarbeit in die europäische Sicherheits-und Verteidigungspolitik einbezogen. Europä-ische Handlungsfähigkeit in Verteidigungs-fragen und konkrete Schritte in der Rüstungs-zusammenarbeit sind zwei Seiten ein und der-selben Medaille. Die militärische Handlungs-fähigkeit Europas setzt eine leistungsfähigeeuropäische Verteidigungsindustrie voraus.

Eine der wichtigsten Aufgaben ist es dabei,Beschaffungen gemeinsam zu planen. Dasverlangt eine Harmonisierung der militäri-schen Forderungen, ferner eine koordinierte

wehrtechnische Forschungs- und Technolo-giepolitik, schließlich gemeinsame Beschaf-fungsentscheidungen. Diese sind ein wesent-licher Schritt hin zu gemeinsamem Betriebvon Waffensystemen.

Es ist an der Zeit, dass sich die Rüstungsin-dustrie der EU-Mitglieder auf einen künftigeneuropäischen Markt hin organisiert. Die Eu-ropäer haben mit der Erfolgsgeschichte desAirbus wie der Ariane gezeigt, was sie aufdiesem Felde zu leisten vermögen. Die sichabzeichnende Neuordnung der westeuropäi-schen Industriestrukturen durch Fusionen undAkquisitionen wird die künftige Zusammen-arbeit erleichtern. Die Industriezusammen-schlüsse der letzten Zeit – so der Zusammen-schluss von Unternehmen Frankreichs,Deutschlands und Spaniens zur European

Aeronautic Defense and Space Company

(EADS) – weisen den richtigen Weg.

STÄRKERES EUROPA GLEICHSTÄRKERE ALLIANZ

59. Bei den Europäern wächst die Ein-sicht, dass sie bei den Streitkräftereformennäher zusammenrücken und mehr miteinan-der kooperieren müssen. Die Kommission rätder Bundesregierung zu einer politischenInitiative mit dem Ziel, den in vielen Partner-ländern betriebenen Umbau der Streitkräfteaufeinander abzustimmen und – wo immermöglich – für die Zukunft gemeinschaftlicheeuropäische Vereinbarungen zu treffen.

Der europäische Rahmen ist deutscher Si-cherheitspolitik und den deutschen Streit-kräften in einem Maße vorgegeben, wie diesvor wenigen Jahren noch undenkbar schien.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Heute wird die Europäische Union neben derNATO zu einer Institution europäischer Ver-teidigung. Die gemeinsame Aufgabe der Kri-senbewältigung erhöht den Grad, in dem dieEU-Staaten militärisch aufeinander angewie-sen sind. Der Kostendruck moderner Verteidi-gung unterstreicht die Notwendigkeit gemein-schaftlicher Projekte. Beides bietet die Chan-ce, mehr Europa in der Sicherheits- und Ver-teidigungspolitik zu schaffen.

60. Die zunehmende Koordinierung euro-päischer Verteidigung in der EuropäischenUnion wird die NATO nicht untergraben.Wenn die Europäer sich jetzt mit vierzig Jah-ren Verzug daran machen, jenen zweiten Pfei-ler in der NATO zu errichten, von dem einstJohn F. Kennedy sprach, so tun sie das nicht,um das Atlantische Bündnis zu schwächen,sondern um es zu stärken. Heute zeichnet sichdie Chance ab, jene Vision zu verwirklichen.Die Amerikaner werden die Europäer aber nurdann als ebenbürtige Partner betrachten, wenndie europäische Politik über Deklarationenhinausgeht und zu einer sichtbaren Verstär-kung militärischer Anstrengungen führt.

Eine Allianz, in der die Europäer sich nichtlänger bevormundet und die Amerikaner sichnicht länger ausgenutzt fühlen, bildet das bes-te Fundament transatlantischer Partnerschaft.

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II . DER EUROPÄISCHE IMPERATIV

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zukunft der bundeswehr

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AUFTRAG UND FOLGERUNGEN III.

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III . AUFTRAG UND FOLGERUNGEN

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61. Nach dem Grundgesetz dient die Bun-deswehr der Landes- und Bündnisverteidi-gung und kann zur Friedenswahrung im Rah-men eines Systems gegenseitiger kollektiverSicherheit eingesetzt werden.

Während des Ost-West-Konflikts folgte da-raus als Hauptaufgabe der Bundeswehr, in en-ger Tuchfühlung mit den NATO-Verbündeteneinen Beitrag zur Kriegsverhinderung durchAbschreckung und zur gemeinsamen Vertei-digung Westeuropas zu leisten. Bündnisver-teidigung hätte als Landesverteidigung aufdeutschem Boden stattgefunden. Im Verteidi-gungsfall wäre die Bundeswehr durch Mobil-machung von Reservisten auf einen Kriegs-umfang von 1,3 Millionen Mann gebrachtworden.

Das ist heute anders. Die Aufgaben derBundeswehr haben sich völlig verändert. DieBundeswehr wird vornehmlich außerhalbDeutschlands eingesetzt werden – entwederzur kollektiven Verteidigung eines Bündnis-partners oder – was wahrscheinlicher ist – zuregional begrenzten Einsätzen der Krisenvor-sorge und Krisenbewältigung.

62. In diesem Zusammenhang gewinnenFragen der Rechtsordnung und des Mandatsan Bedeutung. Der NATO-Einsatz im Kosovounter Beteiligung der Bundeswehr und die zuseiner Rechtfertigung geführte völkerrechtli-che Debatte hat zum Aufbrechen traditionel-ler Rechtsinterpretationen und Denkweisengeführt. Nach dem in Wandlung befindlichen,wiewohl noch umstrittenen Rechtsverständ-nis können Völkermord und ethnische Säube-rungen Eingriffe in die Souveränität einesStaates und Verletzungen seiner territorialenUnversehrtheit rechtfertigen.

Doch auch dann, wenn alle völkerrechtlichenBedenken gegen derlei Einsätze ausgeräumtsein sollten, wird nicht jede eklatante Men-schenrechtsverletzung dazu führen, dass an-dere Staaten sich militärisch einmischen. Jedem Eingreifen wird eine genaueste Abwä-gung vorausgehen müssen, ob deutsche undeuropäische Belange betroffen und die Zieleklar und erreichbar sind. Die Europäer wer-den vermutlich öfter Nein sagen müssen, alssie Ja sagen können. Interventionsrecht heißtnicht Interventionspflicht.

AUFTRAG

63. Im Jahre 1992 hat die Bundesregie-rung den Auftrag der Bundeswehr wie folgtformuliert:

Die Bundeswehr

● schützt Deutschland und seine Staatsbür-ger gegen politische Erpressung und äuße-re Gefahr;

● fördert die militärische Stabilität und dieIntegration Europas;

● verteidigt Deutschland und seine Verbün-deten;

● dient dem Weltfrieden und der internatio-nalen Sicherheit im Einklang mit der Char-ta der Vereinten Nationen;

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

● hilft bei Katastrophen, rettet aus Notlagenund unterstützt humanitäre Aktionen.

64. Künftige Einsätze zur Krisenvorsorgeund Krisenbewältigung können sich in einembreiten Spektrum von Aktionen bewegen. Es reicht von humanitären Hilfsmaßnahmenüber klassische friedenserhaltende Blauhelm-Missionen bis hin zu friedenserzwingendenMilitäroperationen, an denen sich die Bundes-republik Deutschland gemeinsam mit ihrenVerbündeten beteiligt.

Die Konflikte der jüngsten Vergangenheit ha-ben gezeigt, dass sich die Grenzen zwischenden verschiedenen Einsatzarten verwischen.Die unterschiedlichen Formen der friedens-unterstützenden Einsätze zählen nach allge-meinem strategischen Verständnis zwar zurAufgabe der Krisenbewältigung, können abervon Umfang, Dauer und Intensität her durch-aus dem Kriegsbild der Bündnisverteidigungentsprechen. Der Luftkrieg gegen Jugoslawi-en verlangte beispielsweise Fähigkeiten, dieauch für Luftkriegsoperationen im Rahmender kollektiven Verteidigung erforderlich wären.

65. Bislang galt der Grundsatz, dass dieFähigkeit zur Abwehr eines Angriffs auf daseigene Hoheitsgebiet auch die Fähigkeit ein-schloss, mit minderen Bedrohungen fertig zuwerden. Zukünftig gilt der umgekehrte Grund-satz: Die Fähigkeit zum regional begrenztenKriseneinsatz schließt die Fähigkeit zur kol-lektiven Bündnis- und Landesverteidigungein.

Ergänzende Vorsorge für den derzeit unwahr-scheinlichen Fall eines massiven, das Bünd-nisgebiet unmittelbar gefährdenden Angriffsmuss zwar getroffen werden. Die Aufwuchs-fähigkeit der Streitkräfte wird jedoch ange-

sichts der veränderten Lage weit geringer seinkönnen, als es die gegenwärtigen Planungenvorsehen. Selbst bei einer – derzeit hypotheti-schen – Verschlechterung der Sicherheitslagewird Zeit genug bleiben, die dann benötigtenzusätzlichen militärischen Fähigkeiten aufzu-bauen.

Die Kommission empfiehlt, Fähigkeiten,Strukturen und Umfänge der Bundes-wehr primär aus der Eignung zu Krisen-einsätzen abzuleiten. Mit den dafür be-reitgestellten Kräften wird auch die Bünd-nisverteidigung geleistet werden können.

66. Mit der vorrangigen Ausrichtung derBundeswehr auf Kriseneinsätze wird einegeographische Eingrenzung des künftigen Ein-satzraums deutscher Soldaten schwierig. DieFähigkeit, im kompletten Einsatzspektrum bishin zu Konflikten mit hoher Intensität handelnzu können, muss künftig über große Entfer-nungen glaubhaft und dauerhaft sichergestelltwerden. Diese Entwicklung markiert zugleichdie Abkehr vom traditionellen Bild der Bun-deswehr als Instrument eines rein auf territori-ale Verteidigung orientierten Landes. In künf-tigen Einsätzen werden alle militärischenKräfte enger als in der Vergangenheit zu-sammenwirken müssen. Notwendig ist streit-kräftegemeinsames und bündnisgemeinsamesDenken, Planen und Handeln.

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III . AUFTRAG UND FOLGERUNGEN

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FÄHIGKEITEN

67. Die Orientierung auf Kriseneinsätzeerfordert eine grundsätzlich neue Bundes-wehr. Kern dieser Bundeswehr müssen schnellverfügbare, präsente Einsatzkräfte von Heer,Luftwaffe und Marine sein, die für die ganzeBreite friedensunterstützender Einsätze undfür jede Form der kollektiven Verteidigung imBündnis geeignet sind. Sie sollten von einerangemessenen Militärischen Grundorganisa-tion unterstützt und bei Bedarf durch Reser-visten verstärkt werden. Das Personalstärke-verhältnis der Teilstreitkräfte verändert sich.Luftwaffe und Marine werden einen größerenAnteil einnehmen als bisher. Das Heer wirdabsolut und relativ kleiner. Gegenüber heuti-gen Strukturen und Umfängen ist der Verän-derungsbedarf dort am größten.

68. Streitkräfte müssen auch zukünftig in-tensive konventionelle Kampfhandlungen füh-ren können. Nur wer in Konflikten hoher In-tensität bestehen kann, bleibt auch bei ande-ren Einsätzen militärisch glaubwürdig undpolitisch handlungsfähig. Dafür braucht dieBundeswehr eine moderne materielle Ausstat-tung, die gleichermaßen die Überlebensfähig-keit der Soldaten, die Wirksamkeit der militä-rischen Einheiten und die Interoperabilität mitden Verbündeten und Partnern sicherstellt.Präzisionswaffen, aus der Distanz von Seeoder aus der Luft zur Wirkung gebracht, kön-nen die Verluste an Menschenleben auf einMinimum beschränken. Hochtechnologiesys-teme haben allerdings nicht nur in der strate-gischen Auseinandersetzung ihren Platz. Auchbegrenzte Operationen müssen in ein komple-xes technologisches Umfeld von Aufklä-rungs-, Kampf- und Führungssystemen ein-

gebettet sein. Moderne technologische Syste-me ersetzen den Soldaten nicht, vervielfachenaber seine Wirkungsmöglichkeiten.

Für Kriseneinsätze bedarf es nach Ansicht derKommission einer Anzahl wichtiger Fähig-keiten:

Krisenfrüherkennung

69. Um krisenhafte Entwicklungen früh-zeitig erkennen und lagegerechte Entschei-dungen fällen zu können, benötigt die Bundes-regierung einen eigenen und ungefilterten Zu-gang zu aktuellen und umfassenden Informa-tionen. Ein großer Teil der strategisch relevan-ten Daten ist offen zugänglich. Vonnöten istjedoch eine Verbesserung der professionellenAnalyse und Bewertung der vorhandenen In-formationen. Die hierfür notwendigen Aus-wertekapazitäten sollten ressortübergreifendgebündelt und ausgebaut werden.

Gleichzeitig sollten Defizite in der Nachrich-tengewinnung durch neue technische Aufklä-rungsmittel beseitigt werden. Dabei sind diegemeinsame Beschaffung und ein Betrieb imVerbund mit Partnern anzustreben. Die dortgewonnenen Informationen sollten allen Part-nern zugänglich sein. Verbleibende nationaleAufklärungskapazitäten, vor allem auf takti-scher Ebene, sollten die der Partner ergänzen.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Verfügbarkeit

70. Die künftige Beteiligung deutscherStreitkräfte an Einsätzen und der jeweils kon-krete militärische Beitrag richten sich nachpolitischen und operativen Erwägungen. DieArt, die vermutliche Dauer und der Ort desEinsatzes bestimmen, welche Kräfte mit wel-cher Ausrüstung den politischen Zweck ambesten erreichen können.

In einer Krise wird ein Teil der Einsatzkräftein kurzer Zeit, der weitaus größere Anteil alsAblöse- und Verstärkungskräfte zu einemvom Einsatzrhythmus bestimmten späterenZeitpunkt verfügbar sein müssen. Militär-beobachter und Verifikationsteams, Rettungs-und Evakuierungskräfte sowie Führungs-,Unterstützungs- und Sicherungselemente zurEinsatzvorbereitung werden in kürzester Zeitnach schneller Verlegung ins Einsatzgebiet ihre Aufgaben wahrzunehmen haben. Luft-bewegliche Kräfte des Heeres und Teile derLuft- und Seestreitkräfte werden in Tagen, dasGros der Einsatzverbände in Wochen ihreEinsatzbereitschaft herstellen und für eineVerlegung bereitstehen müssen.

Einsätze zur Krisenbewältigung, deren Schwer-punkt auf Sicherung und Überwachung vonGrenzen und Räumen oder auf einer Tren-nung von Konfliktparteien liegt, verlangenandere Kräfte als friedenserzwingende Ein-sätze. Zur Friedenskonsolidierung muss dieBundeswehr dazu fähig sein, einen Beitragzur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ord-nung und zum Wiederaufbau der Infrastrukturzu leisten.

Nicht alle vorhandenen Fähigkeiten werdenjeweils in gleichem Umfang benötigt. Anders

als heute sollten die Einsatzkräfte dauerhaftso strukturiert und ausgestattet sein, dass diebenötigten Elemente ohne organisatorischeUmgliederungen und ohne weitere Ausbil-dung auf den Weg gebracht werden können.

Mobilität

71. Reaktionsfähigkeit für Einsätze im euro-atlantischen Raum setzt ausreichende Trans-portkapazitäten voraus. Während in Mitteleu-ropa wie in der Vergangenheit der Großteilder Truppen auf Straße und Schiene verlegtwerden kann, ist das bei Einsätzen in anderenRegionen nicht oder nur sehr eingeschränktmöglich. Strategische Luft- und Seetransport-kapazitäten sollten gemeinsam mit den euro-päischen Partnern aufgebaut werden. Die Mög-lichkeit, zivile Transportleistungen in Anspruchzu nehmen, muss genutzt werden.

Bündnisfähigkeit

72. Alle vorstellbaren Kriseneinsätze derBundeswehr werden Koalitionseinsätze sein.Daraus folgt, dass die deutschen Streitkräf-te bündnisfähig sein müssen. Der BeitragDeutschlands muss die militärischen Mittelder wahrscheinlichsten Einsatzpartner – USA,Frankreich und Großbritannien – verlässlichergänzen, damit notwendige Fähigkeiten durchdas modulare Zusammenfügen verschiedenernationaler Potenziale und auch durch Spezia-lisierung und Arbeitsteilung erreicht werdenkönnen.

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III . AUFTRAG UND FOLGERUNGEN

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Zusammenwirken

73. Künftige Einsätze werden mehr alsbisher geprägt sein durch Multinationalitätund einen streitkräftegemeinsamen Ansatz.Daraus erwächst die doppelte Anforderung andie Bundeswehr, einerseits deutsche Kontin-gente in multinationalen Verbänden nationalund streitkräftegemeinsam zu führen, undauch als lead nation die Einsatzführung multi-nationaler Kräfte zu übernehmen.

Besonders in Kriseneinsätzen sind die militä-rischen Aspekte eines Einsatzes stets nur einElement in der politischen Gesamtstrategie.Allein das enge Zusammenwirken aller mili-tärischen Kräfte und die Zusammenarbeit mitzivilen Organisationen kann die jeweiligenStärken zum Tragen bringen.

Unterstützung

74. Gemeinsamer Einsatz verlangt einegemeinsame Unterstützung der Streitkräfte,und zwar auch mit zivilen Mitteln. Führungs-,Einsatz- und sanitätsdienstliche Unterstüt-zung sind vorrangig auf Einsätze außerhalbdes Bundesgebiets auszurichten. Solche Kräf-te müssen verstärkt und organisatorisch zu-sammengefasst werden. Die neue Organisa-tion sollte sich militärischer und ziviler Mittelbedienen können. Die unmittelbar einsatzbe-zogenen Unterstützungsleistungen müssenallerdings in militärischer Verantwortung blei-ben. Alle anderen Aufgaben sollten, wenn daswirtschaftlicher ist, zivilen Anbietern übertra-gen werden.

Die logistischen und sanitätsdienstlichen Ein-satzkräfte sollten in gleichem Maße verfügbar

und verlegbar sein wie die übrigen Einsatz-kräfte. Mobilmachungsabhängig sollten nurjene Unterstützungs- und territorialen Siche-rungskräfte sein, die im Falle der Bündnisver-teidigung die Operationsfreiheit von deut-schem Boden aus sichern.

ÜBERKAPAZITÄTEN

75. Den neuen Anforderungen entsprichtdie heutige Bundeswehr immer weniger. DiePlanung hält an hoher Aufwuchsfähigkeit vonPersonal und Material fest und nimmt dafürMängel bei der Krisenreaktionsfähigkeit inKauf. Der teure Unterhalt vorhandener, abergroßenteils nicht mehr benötigter Fähigkeitendrückt die Investitionsquote und verhindertdie für Kriseneinsätze notwendige Moderni-sierung von Ausrüstung und Bewaffnung.

Die während des Kalten Krieges aufgebautenFähigkeiten zur Abwehr einer großangelegtenAggression nach kurzer Warn- und Vorberei-tungszeit sind für Aufgaben der Krisenreak-tion und der Bündnisverteidigung außerhalbDeutschlands nur noch beschränkt nutzbar.Vorrangig auf den Einsatz in spezifischen Re-gionen optimierte Kräfte – Beispiel Ostsee –oder quantitativ und qualitativ zum Bekämp-fen einer großen Zahl gepanzerter Großver-bände ausgelegte Hauptverteidigungskräftewerden nicht mehr gebraucht. Gleiches giltfür eine unbewegliche, am Depotsystem orien-tierte Logistik oder für die auf die Versorgungeiner großen Zahl von Verwundeten in Deutsch-land ausgerichtete Lazarettorganisation.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Viele Einrichtungen und Verbände, die alsRahmen für einen großen Aufwuchs vorgese-hen waren, haben keinen Sinn mehr. Ange-sichts der neuen sicherheitspolitischen Lage,in der Landesverteidigung ausschließlich alsVerteidigung im Bündnis außerhalb Deutsch-lands vorstellbar ist, wird eine große Mobil-machungsreserve überflüssig. Sie bindet nurKräfte und Mittel, die an anderer Stelle drin-gend benötigt werden.

76. Reservisten verlieren dennoch nicht anBedeutung. Für die personelle Ergänzung derpräsenten Einsatzkräfte und für Spezialaufga-ben bei der Versorgung der Zivilbevölkerungund der Wiederherstellung der öffentlichenOrdnung in Krisengebieten werden sie sogarwichtiger. Bei den letztgenannten Aufgabenkann sich ihre zivilberufliche Qualifikationals besonders hilfreich erweisen. Dafür müs-sen die Verfahren für die Beorderung und Einberufung von Reservisten konsequent aufKriseneinsätze ausgerichtet werden.

MESSGRÖSSE: ZWEI GLEICHZEITIGE KRISEN

77. In der Vergangenheit lieferte die kon-krete Bedrohung durch den Warschauer Paktden Maßstab, nach dem Art und Umfang derdeutschen Streitkräfte bestimmt wurden. Die-se bezifferbare Bestimmungsgröße ist wegge-fallen. An ihre Stelle rückt eine nicht näherdefinierbare Risikovorsorge. Wegen der Viel-zahl, Komplexität und Unvorhersehbarkeit

möglicher Risiken lassen sich zwingendeGrößenbestimmungen daraus nicht ableiten.

Auch die aktuellen NATO-Planungen offerie-ren keine konkreten Messgrößen für einen zu-künftigen deutschen Militärbeitrag. Die Ent-scheidung über den Umfang der deutschenStreitkräfte ergibt sich nicht mehr aus einemim NATO-Bündnis verabredeten Bedarf. Eingemeinsames europäisches Verständnis übernotwendige europäisierte Fähigkeiten undStreitkräfteumfänge beginnt sich erst langsamzu entwickeln.

78. Die Zahl der Soldaten in präsentenEinsatztruppen und damit der künftige Perso-nalumfang der Bundeswehr hängt davon ab,welches Gewicht Deutschland künftig bei derKrisenbewältigung in die Waagschale werfenwill. Die Streitkräfteplanung unserer wichtig-sten Partner spiegelt die Absicht wider, zu-mindest zwei Krisen gleichzeitig begegnen zukönnen. Dies entspricht der NATO-Planung,aber auch den Vorstellungen, die sich über diekünftigen Eingreifkräfte der EuropäischenUnion abzeichnen. Die Reaktionsfähigkeit inzwei gleichzeitigen Krisen schafft der politi-schen Führung ausreichende Handlungsfrei-heit.

79. Die Bundeswehr sollte bei der Planungihres Umfangs, ihrer Bewaffnung und ihrerAusrüstung die konventionellen StreitkräfteFrankreichs und Großbritanniens als Ver-gleichsgrößen heranziehen. Das deutsche Mi-litärpotenzial sollte dem der wichtigsten euro-päischen Verbündeten im Großen und Ganzenentsprechen.

So ist Großbritannien gegenwärtig dabei, sei-ne Streitkräfte (Präsenzumfang rund 204.000Soldaten) nach den Vorgaben des Strategic

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III . AUFTRAG UND FOLGERUNGEN

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Defence Review von 1998 umzustrukturieren.Dabei strebt es die Fähigkeit an, entweder ineinem großen regionalen Konflikt wie demGolf-Krieg (hohe Intensität, kürzere Dauer)angemessen handeln zu können, wofür es eineHeeresdivision, rund 26 Kriegsschiffe undüber 80 Kampfflugzeuge bereitstellt; oderaber sich an zwei mittleren Operationen – je-doch nicht länger als sechs Monate gleichzeitig– mit maximal je einem Brigade-Äquivalentzu beteiligen; davon eine Operation mitSchwerpunkt peacekeeping, die andere alsKriegsoperation mit entsprechenden Luft-und Seestreitkräften.

Frankreich unterzieht seine Streitkräfte (ge-planter Präsenzumfang von 2002 an: 247.000Soldaten, ohne Gendarmerie) seit 1997 eben-falls einer radikalen Umstrukturierung. Bis2003 wird die Wehrpflicht abgeschafft unddie Umstellung auf eine Berufsarmee vollzo-gen. Die Streitkräfte streben dabei die Fähig-keit an, in zwei räumlich getrennten Opera-tionsgebieten an der Peripherie und außerhalbEuropas 30.000 Soldaten mit entsprechenderAblösung für die Dauer eines Jahres und zu-sätzlich 5.000 Soldaten einzusetzen – oderaber in einem großen Konflikt 50.000 Solda-ten ins Feld zu stellen.

Gegenwärtig kann die Bundeswehr derartigeAnforderungen nicht erfüllen.

Die Kommission empfiehlt, die deutschenStreitkräfte auf schnelle Reaktion in zweigleichzeitigen Krisen hin auszurichten.Die Bundeswehr konzentriert sich darauf,Kräfte für multinational geführte Einsät-ze und gemeinsame europäische Kontin-gente bereitzustellen. Sie richtet sich auchauf die Führung solcher Verbände ein.

UMFANG DER EINSATZ-KRÄFTE

80. Aus den Einsatzerfahrungen der ver-gangenen Jahre und aus dem Vergleich mitden wichtigsten Partnern zieht die Kommis-sion den Schluss, dass folgende Kräfte erfor-derlich sind, wenn die Bundeswehr in der La-ge sein soll, zwei Kriseneinsätze gleichzeitigzu bewältigen:

Heer

Zwei Einsatzkontingente in Brigadestärke,ferner die jeweils notwendigen Aufklärungs-,Kampfunterstützungs-, Einsatzunterstützungs-und Führungselemente (insgesamt bis zu16.000 Soldaten); beide müssen zum Einsatzim gesamten Aufgabenspektrum und zumselbstständigen Führen des Gefechts der ver-bundenen Waffen befähigt sein.

Luftwaffe

Zwei Einsatzkontingente mit insgesamt 90 bis100 Luftfahrzeugen (Luftangriff, Luftvertei-digung, Elektronischer Kampf, Aufklärung);außerdem Luftbetankungskapazitäten, 10 Staf-feln bodengebundener Luftverteidigung (Flug-abwehrraketensysteme) und Elemente zurFührung und Unterstützung; alle Elementeverlegbar zur Unterstützung zweier Einsätze;ferner Lufttransportkomponenten zur Verle-gung von Einsatz- und Einsatzunterstützungs-kräften und für andere Aufgaben.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Marine

Zwei Einsatzkontingente zur Seezielbekämp-fung, Flugabwehr, U-Bootbekämpfung, Minen-abwehr, für strategischen Seetransport, Unter-stützung von Kräften an Land, Seeraumüber-wachung, Aufklärung sowie Einsatzunterstüt-zungselemente; je Verband bedeutet das: 1 Fregattengruppe, 1 Korvettengruppe, 1 Mi-nenabwehrgruppe, 1 bis 2 U-Boote, Marine-fliegerkräfte gegen Schiffe und U-Boote, Trans-port- und Unterstützungsfahrzeuge.

Sanitätsdienst

Zwei Einsatzkontingente mit mobiler Laza-rettkapazität; je Verband bedeutet das: einEinsatzlazarett mit daraus modular bereitzu-stellenden Rettungszentren und -stationen undentsprechenden Mitteln für den Verwundeten-transport.

Gesamtstärke

81. Der personelle Umfang der künftig be-nötigten präsenten Einsatzkräfte leitet sichaus diesen Einsatzkontingenten ab. Das be-deutet beispielsweise für das Heer, dass beimbisherigen Austauschrhythmus – 6 MonateEinsatz, 2 Jahre Heimatverwendung – ange-sichts des Rotationsfaktors 5 etwa 80.000 Sol-daten den Einsatzkräften zugeordnet werdenmüssen. Ähnliche Rechnungen, allerdings mitanderen Rotationsfaktoren, führen bei derLuftwaffe zu Einsatzkräften in Stärke von etwa 45.000 Soldaten und bei der Marine zuetwa 15.000 Soldaten. Das Personal des Zen-tralen Sanitätsdienstes und der Zentralen Mili-

tärischen Dienste ist in diesen Zahlen anteiligenthalten. Daraus leitet sich als Gesamtstärkeder Einsatzkräfte ein Umfang von etwa140.000 Soldaten ab (bei einem Präsenzum-fang von 240.000 Soldaten; siehe Abbildung 1

und Ziffer 87).

Die Kommission empfiehlt, die Stärke derEinsatzkräfte der Bundeswehr von zur-zeit etwa 60.000 Soldaten auf etwa140.000 Soldaten zu erhöhen.

FAZIT

82. Nach Ansicht der Kommission kannnur mit Verbänden dieser Stärke die geforder-te Fähigkeit zum zeitlich unbefristeten, gleich-zeitigen Einsatz in zwei Krisen erreicht wer-den. Aus diesem Umfang lassen sich die fürden Fall der kollektiven Verteidigung erfor-derlichen Einsatzverbände nach Bedarf zu-sammenstellen. Ihre Struktur und Ausrüstungmuss beiden Anforderungen gleichermaßengenügen: der Krisenbewältigung wie der Bünd-nisverteidigung.

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III . AUFTRAG UND FOLGERUNGEN

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81 >

Abbildung 1: Einsatzkräfte heute und 2006

Einsatzkräfte

Soldateninsgesamt

heute

338.000

60.000

2006

240.000

140.000

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WEHRFORM UND PERSONAL IV.

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IV. WEHRFORM UND PERSONAL

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83 >

AUSGANGSERWÄGUNGEN

83. Die Wehrform ist Produkt geschicht-licher Entwicklung. Die deutschen Streitkräf-te sind in einer Epoche massiver konventio-neller Bedrohung als Wehrpflicht-Armee ge-plant und aufgebaut worden. Anders wäre einFriedensumfang von fast 500.000 Mann nichterreichbar gewesen. Nur die Wehrpflicht er-möglichte derart große Streitkräfteumfängeund die Ausbildung einer hohen Zahl von Re-servisten für den Verteidigungsfall.

Die anfängliche Kritik an Wiederbewaffnungund Wehrpflicht verstummte bald. Die Wehr-pflicht gewann an politischer wie gesell-schaftlicher Anerkennung. Mit der Einfüh-rung des Zivildienstes 1961 entstand auf derGrundlage der allgemeinen Wehrpflicht einSystem wichtiger, von der Bevölkerung ge-schätzter sozialer Dienste. Die Wehrpflichterleichterte nicht nur die Rekrutierung vonBerufs- und Zeitsoldaten, sie schuf auch An-reize für die – von der Wehrpflicht ausgenom-menen – Berufe und Hilfsdienste bei Polizei,Bundesgrenzschutz, Feuerwehr und Katastro-phenschutz. Da die starken Geburtsjahrgängeder fünfziger und sechziger Jahre nur gut zur Hälfte ausgeschöpft werden konnten,wurde auf Vorschlag der ersten Wehrstruktur-Kommission 1971 der Grundwehrdienst ver-kürzt. Seither ist die Dauer von Wehrdienstund Zivildienst ständig weiter verringert worden. Derzeit werden fast alle wehr-fähigen jungen Männer zu einem Dienst her-angezogen.

84. Das Ende der Block-Konfrontation be-deutete auch das Ende der Massenarmeen.

Schon heute – und wohl noch mehr in Zu-kunft – verlangen die militärischen Aufgabenkleinere, bewegliche und einsatzbezogeneStreitkräfte. Eine Reihe von Ländern – darun-ter viele unserer wichtigsten Verbündeten, mitdenen deutsche Soldaten in Zukunft noch enger zusammenarbeiten müssen – haben des-halb die Wehrpflicht ruhen lassen und für einreines Freiwilligensystem optiert. Die Kom-mission ist jedoch zu dem Schluss gekom-men, dass angesichts vieler Ungewissheitenjede neue Struktur für die Streitkräfte bei derAusrichtung auf die wahrscheinlichste Auf-gabe der Krisenreaktion – zum Zwecke derLandes- und Bündnisverteidigung und in derErfüllung internationaler Verpflichtungen –hinreichend flexibel sein muss, um auf uner-wartete Entwicklungen angemessen reagierenzu können.

LEITLINIEN

85. Die gegenwärtige Wehrform ist eineMischung aus freiwilligen und wehrpflichti-gen Soldaten. Jede Veränderung muss denneuen Aufgaben der Bundeswehr gerechtwerden. Dafür hat die Kommission folgendeLeitlinien entwickelt, die nach ihrer Überzeu-gung die künftige Wehrform bestimmen soll-ten:

● ein Gesamtbedarf von 140.000 Soldaten inEinsatzkräften. Dieser Umfang ist erfor-derlich, um den künftigen Aufgaben ge-recht zu werden und der Bundesrepublik

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

angemessenes Gewicht und Mitsprache imBündnis zu sichern;

● eine dieser Truppenstärke angemesseneMilitärische Grundorganisation;

● ein Reservistenpotenzial, das bei Vorhaltenentsprechender Strukturen einen Verteidi-gungsumfang von mindestens 400.000 Sol-daten ermöglichen würde;

● ein geringstmöglicher Personalkostenauf-wand bei Erfüllen der vorgenannten Leit-linien.

86. Anhand dieser Leitlinien hat die Kom-mission eine Reihe möglicher Modelle mitPersonalumfängen zwischen 190.000 und350.000 Soldaten mit und ohne Wehrpflichti-ge untersucht und bewertet.

Die Modelle mit Wehrpflicht wurden zum ei-nen differenziert nach der Dauer des Grund-wehrdienstes (4, 6, 10 Monate), zum anderenaufkommensbezogen (alle verfügbaren Wehr-pflichtigen werden einberufen) und bedarfs-bezogen (nur so viele Wehrpflichtige werdeneinberufen, wie die Streitkräfte für militärischrelevante Aufgaben benötigen – Auswahl-Wehrdienst). Für Wehrpflichtige, die zu einemAuswahl-Wehrdienst herangezogen werden,kommen etwa 25.000 Dienstposten in Frage.Das bedeutet bei einem zehnmonatigen Wehr-dienst etwa 30.000 Einberufungen pro Jahr(Abbildung 2).

87. Die Bewertung der möglichen Mo-delle hat die Kommission veranlasst, die künf-tige Gesamtstärke der Streitkräfte auf etwa220.000 bis 240.000 Soldaten festzulegen.Die Kommission ist ferner der Ansicht, dasslediglich zwei Optionen den von ihr formu-lierten Leitlinien entsprechen:

● Streitkräfte von 220.000 Soldaten aus-schließlich aus Freiwilligen bei ausgesetz-ter Wehrpflicht, oder

● Streitkräfte von 240.000 Soldaten und ei-nem Auswahl-Wehrdienst von 6 beziehungs-weise 10 Monaten.

Beide Alternativen sehen Einsatzkräfte von rund140.000 Soldaten vor. Bei beiden sind in derneuen Struktur beträchtlich verminderte Perso-nalkosten zu erwarten. Die freiwerdendenMittel werden für Investitionen dringend benö-tigt. Beide sind kompatibel mit den Streitkräf-ten der wichtigsten Verbündeten der Bundesre-publik. Damit wird das Zusammenwirken inKrisenoperationen und der enge Zusammen-schluss europäischer Armeen erleichtert, wievon der Bundesregierung gefordert.

Die Kommission empfiehlt, die Gesamt-stärke der präsenten Streitkräfte bis zumJahre 2006 auf eine Richtgröße von240.000 Soldaten zurückzuführen und da-bei den Personalumfang der Einsatzkräf-te auf 140.000 Soldaten zu erhöhen.

Die Kommission empfiehlt, die Wehr-pflicht zu erhalten. Die Wehrdienstdauerbeträgt weiterhin 10 Monate. Die Auswahlder Wehrpflichtigen richtet sich nach demBedarf der Streitkräfte. In der neuenStruktur sollen jährlich nur noch rund30.000 Wehrpflichtige eingezogen werden.Sie erhalten eine Sondervergütung.3

3 Die Kommissionsmitglieder Cordes, Hansen, Lutz, Müller,

Schoppe und Steinbach optieren für die Freiwilligen-Armee

bei Aussetzen der Einberufung zum Grundwehrdienst. Das

Kommissionsmitglied Ipsen hält den vorgeschlagenen Aus-

wahl-Wehrdienst für verfassungswidrig. Die abweichenden

Auffassungen sind im Anhang (Seite 147ff) beigefügt.

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IV. WEHRFORM UND PERSONAL

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Wehrpflichtmodelle mit 4 Monaten Wehrdienstdauer(rund 50.000 Stellen für GWDL; rund 150.000 Einberufungen/Jahr)

Wehrpflichtmodelle mit 6 Monaten Wehrdienstdauer(rund 75.000 Stellen für GWDL; rund 150.000 Einberufungen/Jahr)

Wehrpflichtmodelle mit 10 Monaten Wehrdienstdauer(rund 130.000 Stellen für GWDL; rund 150.000 Einberufungen/Jahr)

Abbildung 2: Spektrum der untersuchten Modelle

weniger als 140.000 Einsatzkräfte

Kriterien erfüllt

erhebliche Personalmehrkosten gegenüber heute

190.000

220.000

250.000

Dienstposten für Soldaten

Bewertung gemäß Leitlinien

Freiwilligenstreitkräfte

Wehrpflichtmodell mit 6 Monaten Wehrdienstdauer (rund 25.000 Stellen für GWDL ; rund 50.000 Einberufungen/Jahr)

Wehrpflichtmodell mit 10 Monaten Wehrdienstdauer (rund 25.000 Stellen für GWDL ; rund 30.000 Einberufungen/Jahr)

Kriterien erfüllt

Kriterien erfüllt

240.000

240.000

weniger als 140.000 Einsatzkräfte

weniger als 140.000 Einsatzkräfte

keine signifikante Personalkosten-ersparnis gegenüber heute

erhebliche Personalmehrkosten gegenüber heute

weniger als 140.000 Einsatzkräfte

weniger als 140.000 Einsatzkräfte

Personalmehrkosten gegenüber heute

weniger als 140.000 Einsatzkräfte

weniger als 140.000 Einsatzkräfte

erhebliche Personalmehrkosten gegenüber heute

210.000

240.000

270.000

300.000

240.000

270.000

300.000

290.000

320.000

350.000

bedarfsbezogene Wehrpflichtmodelle– Auswahl-Wehrdienst –

aufkommensbezogene Wehrpflichtmodelle

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Im Folgenden werden die Vorteile und dieNachteile der beiden in die engere Wahl gezo-genen Optionen diskutiert, gegeneinander ab-gewogen und die Empfehlung der Kommis-sion begründet:

OPTION A: STREITKRÄFTE OHNE WEHRPFLICHTIGE

88. Wenn Streitkräfte eingesetzt werden,dann sehr wahrscheinlich in Krisenoperatio-nen. Ihr Einsatz ist nur zu verantworten, wenndie Soldaten fähig sind, die verlangten Aufga-ben auf professionellem Niveau zu erfüllen.Eine Freiwilligen-Armee ohne Wehrpflicht-komponente ist in vollem Umfang operativ.Sie entspricht den neuen militärischen He-rausforderungen und erfüllt den Bedarf von140.000 Einsatzkräften. Ihre Soldaten könnensowohl zur Bündnis- und Landesverteidigungals auch in Krisen jenseits der Bündnisgren-zen eingesetzt werden.

Auch dem Erfordernis ausreichender Auf-wuchsstärke entspricht dieses Modell zur Ge-nüge. Nicht nur Wehrpflicht-Armeen, auchaus Freiwilligen rekrutierte Streitkräfte kön-nen Reservisten hervorbringen. Vorausset-zung dafür sind stabile vertragliche oder ge-setzliche Regelungen, die den ausgeschiede-nen Soldaten zu weiterem Dienst im Einsatz-fall verpflichten und für diesen Fall sein Ar-beits- oder Dienstverhältnis auflösen oderzum Ruhen bringen. Je kürzer die Verpflich-tungsdauer der Freiwilligen, desto höher istim Übrigen die Zahl der Reservisten. Wegen

ihrer umfangreichen Ausbildung und ihrergrößeren militärischen Erfahrung sind Frei-willige auch als Reservisten länger und bessereinsetzbar als Wehrpflichtige.

89. Auch eine Freiwilligen-Armee von220.000 Soldaten kann somit einen mobilisie-rungsfähigen Verteidigungsumfang von min-destens 400.000 Soldaten erreichen. Im Übri-gen hat die Wehrpflicht bis heute genügendReservisten erzeugt, um auch im Fall ihrer so-fortigen Aussetzung bis zum Jahre 2015 denzurzeit noch geltenden Verteidigungsumfangvon 680.000 Soldaten zu ermöglichen. Recht-lich würde sich das als Beibehaltung derWehrpflicht ohne neue Einberufungen dar-stellen.

Wegen der künftig deutlich geringeren Zahljährlich auszubildender Soldaten (rund 30.000statt bisher rund 160.000) kann die Ausbil-dungsorganisation erheblich verschlankt wer-den. Die Wehrersatzorganisation würde zwar,wenn die Wehrpflicht lediglich ausgesetzt,aber nicht abgeschafft wird, nicht gänzlichentfallen. Sie könnte jedoch wesentlich klei-ner werden.

90. Das Konzept der Freiwilligen-Armeekann auch in der politischen und gesellschaft-lichen Diskussion, die mit der Aufrechterhal-tung der Wehrpflicht verbunden ist, bestehen.Die große Zahl der Kriegsdienstverweigererbelegt die schwindende Akzeptanz der Wehr-pflicht bei denen, die davon unmittelbar be-troffen sind. Die früher offensichtliche Not-wendigkeit für die Streitkräfte, auf eine großeZahl wehrpflichtiger junger Männer zurück-zugreifen, ist entfallen. Die strategische Recht-fertigung der Wehrpflicht wird angesichts des Fehlens einer sichtbaren militärischen

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IV. WEHRFORM UND PERSONAL

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Bedrohung immer schwieriger, ebenso dieoperative Rechtfertigung für die Einberufungvon Wehrpflichtigen in Streitkräfte, die nichtmehr zur Landesverteidigung im engeren Sin-ne eingesetzt werden.

Anders als gelegentlich befürchtet, würde ei-ne Freiwilligen-Armee die Bereitschaft derdeutschen Politik zu militärischen Abenteuernschwerlich erhöhen. In der gefestigten Demo-kratie der Bundesrepublik blieben die Streit-kräfte in die Gesellschaft integriert und unterdem Primat der Politik. Eine nur auf Freiwil-ligkeit beruhende Armee könnte in der Ge-sellschaft auf längere Sicht mit mehr Rück-halt rechnen, wenn die Zweifel an der Wehr-pflicht zunehmen sollten.

91. Zugleich ist sich die Kommission überdie Folgen im Klaren, die sich bei der Ab-schaffung oder Aussetzung der Wehrpflichtergeben könnten. Bei einer dramatischen Ver-änderung der Sicherheitslage wäre eine ra-sche Wiedereinführung der Wehrpflicht innen-politisch schwierig und außenpolitisch eska-lierend. Nicht weniger schwer wiegt die Un-gewissheit, ob ohne Wehrpflicht der Bedarfan Berufs- und Zeitsoldaten gedeckt werdenkönnte. Dass die Bundeswehr Freiwillige inder für die Berufsarmee erforderlichen An-zahl und Qualität gewinnen könnte, kannnicht garantiert werden. Die Rekrutierungs-probleme verbündeter Freiwilligen-Armeensind insofern eine ernstzunehmende War-nung: Trotz oft intensiver und kostspieligerBemühungen gelingt es ihnen heute nur ein-geschränkt, ihren Bedarf an Freiwilligen mitdem unerlässlichen Maß an Qualifikation zudecken.

OPTION B: STREITKRÄFTE MIT WEHRPFLICHTIGEN

92. Auch das zweite Modell beruht zumgroßen Teil auf freiwilligen Soldaten. Es siehtaber zugleich einen Anteil von Wehrpflichti-gen vor. Nach dem Verständnis des Grundge-setzes ist die Wehrpflicht eine Entscheidungvon grundlegender staatspolitischer Bedeu-tung. Sie wirkt auf wesentliche Bereiche desstaatlichen und gesellschaftlichen Lebens ein.Dabei haben neben verteidigungspolitischenGesichtspunkten auch solche allgemeinpoliti-scher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicherArt Gewicht. Eine Wehrform auf der Grundla-ge der allgemeinen Wehrpflicht ist gegenübereiner Freiwilligen-Armee kein bloßes „Mehr“,das allein nach der quantitativen Belastungder jungen Staatsbürger beurteilt werden darf,sondern ein grundsätzlich „Anderes“.

93. Die Wehrpflicht ist ein tiefer Eingriffin die Freiheitsrechte des Staatsbürgers. Siefindet ihre Rechtfertigung darin, dass der Staatseiner Pflicht zum Schutz der Grund- undFreiheitsrechte nur mit Hilfe der Bürger nach-kommen kann. Dienst aufgrund der Wehr-pflicht und individueller Grundrechtsanspruchstehen so in einem engen Zusammenhang. Dadie Wehrpflicht nicht einen Dienst schlecht-hin, sondern den Wehrdienst zum Inhalt hat,fordert eine verfassungsmäßig gestalteteWehrpflicht, dass die eingezogenen Soldatentatsächlich eine militärisch sinnvolle Funktionfür die Landesverteidigung haben. Bei derFestlegung der militärischen Funktion habendie politisch Verantwortlichen einen weitenHandlungsspielraum. Auch eine mögliche,zeitlich in weiter Ferne vermutete Gefahr

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

kann zur Rechtfertigung genügen. Der Staatist seinen Bürgern gegenüber zu weitsichtigerRisikovorsorge verpflichtet.

94. Als militärisch sinnvolle Funktionenfür wehrpflichtige Soldaten, Grundwehrdienst-leistende ebenso wie freiwilligen zusätzlichenWehrdienst Leistende (FWDL), kommen nachEinschätzung der Kommission in Betracht:

● die Verwendung in der militärischenGrund- und Ausbildungsorganisation zurFreisetzung von Berufs- und Zeitsoldatenfür Einsatzaufgaben;

● die Verwendung in Einsatzverbänden, ge-gebenenfalls in Form einer freiwilligenTeilnahme an friedensunterstützenden Ein-sätzen;

● der Einsatz außerhalb Deutschlands imBündnisfall;

● die Bereitstellung als mobilisierungsfähigeReserve, damit im unwahrscheinlichen,aber nicht gänzlich undenkbaren Fall einesBündnis und Land gefährdenden Angriffsdie Streitkräfte zu einem hinreichendenVerteidigungsumfang aufwachsen.

In Streitkräften mit etwa 240.000 Soldatenkönnen in der Militärischen Grundorganisa-tion und in den Einsatzverbänden etwa 30.000Wehrpflichtige, davon etwa 5.000 FWDL,sinnvoll verwendet werden.

95. Darüber hinaus sind weitere Vorteilemit der Wehrpflicht verbunden: Die Praxisdes Grundwehrdienstes konfrontiert jungeMänner, die einen breiten Querschnitt vonBegabungen und Fähigkeiten aufweisen, mitden militärischen Aufgaben und bringt zivile

Fertigkeiten in die Armee hinein. Die Beteili-gung von Wehrpflichtigen an der Verteidi-gungsaufgabe stärkt die Identifikation derGesellschaft mit den Streitkräften und fördertihre Transparenz.

Die Bundeswehr hat ein erhebliches Interessean der Gewinnung Wehrpflichtiger für denDienst als Berufs- und Zeitsoldaten. Zurzeitmacht der Anteil derjenigen, die sich aus demGrundwehrdienst heraus als Zeitsoldaten ver-pflichten, etwa 40 Prozent des jährlichen Er-gänzungsbedarfs von etwa 22.800 Soldatenaus. Das sind rund 9.000 Soldaten.

Allerdings hat in den letzten Jahren selbst dieEinberufung von bis zu 150.000 Wehrpflichti-gen pro Jahr den Bedarf an Längerdienernnicht decken können; das Fehl beläuft sichgegenwärtig auf rund 10.000 Soldaten. Wennkünftig drastisch weniger Grundwehrdienst-leistende einberufen werden, reduziert sichgegenüber heute auch das Potenzial für dieGewinnung von Zeit- und Berufssoldaten.Das Problem der Freiwilligengewinnung kanndaher zukünftig noch weniger durch Ver-pflichtung von Grundwehrdienstleistendengelöst werden als schon bisher.

96. Deswegen sind schon bei der heutigenBundeswehrstruktur finanzielle Anreize un-umgänglich, um genügend Freiwillige zu ge-winnen: Die Besoldungsgruppen für Mann-schaften müssten auf das Niveau von Unterof-fizieren ohne Portepee angehoben werden.

Für Zeitsoldaten mit zwei- bis vierjährigerVerpflichtungszeit ist die heutige, den Grund-sätzen des öffentlichen Dienstes entsprechen-de Besoldung unattraktiv, weil bei der Bundes-wehr überwiegend kein lebenslanges Dienst-verhältnis angeboten wird. Deshalb muss ein

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IV. WEHRFORM UND PERSONAL

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Verfahren gefunden werden, das die Aussich-ten für die Anwerbung geeigneten Personalserheblich verbessert.

Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivitätdes Soldatenberufs sind also schon in der heu-tigen Wehrpflicht-Armee dringend notwen-dig. Das gilt um so mehr bei Streitkräften miteinem verringerten Anteil an Grundwehr-dienstleistenden oder gar bei solchen, die nuraus Freiwilligen bestehen.

Praxis der Einberufung

97. Bereits heute liegt der militärische Be-darf der Bundeswehr an Wehrpflichtigen nied-riger als die Zahl der verfügbaren jungenMänner; mit den kommenden Jahrgängenwird sich diese Entwicklung noch verstärken.Mit der Begründung, nur durch die möglichstvollständige Ausschöpfung eines Jahrgangskönne die Wehrgerechtigkeit gewahrt werden,wird die Lösung zumeist darin gesucht, dieWehrdienstausnahmen auszuweiten und dieWehrdienstdauer zu verkürzen, damit alle ver-fügbaren jungen Männer zum Wehrdienstoder zum Zivildienst einberufen werden können.

Die Kommission hält es für bedenklich, andieser Praxis festzuhalten. Das Verfahren läuftentweder darauf hinaus, den Umfang derStreitkräfte nicht nach militärischem Erfor-dernis, sondern nach der Stärke der Geburts-jahrgänge zu bestimmen, oder aber das Auf-kommen durch möglichst viele Wehrdienst-ausnahmen zu begrenzen. Mit dem einen wirddie Wehrpflicht ihres Sinnes entleert, mit demanderen wird die Wehrgerechtigkeit zumSchein. Wer an der Wehrpflicht als Institutionfesthalten will, kann beides nicht wollen.

98. Deshalb ist die Kommission zu derÜberzeugung gelangt, dass für den Fall derBeibehaltung der Wehrpflicht eine grundsätz-liche Umorientierung unumgänglich ist: Nichtdie Stärke der Geburtsjahrgänge, sondern derBedarf der Streitkräfte muss künftig darüberentscheiden, wie viele zum Wehrdienst ver-fügbare und bereite junge Männer tatsächlicheinberufen werden. Das bedeutet, dass künf-tig jährlich sehr viel weniger Wehrpflichtigeihren Dienst in den Streitkräften ableistenwerden als heute – nach den Berechnungender Kommission je nach Wehrdienstdauerrund 30.000 Soldaten bei 10-monatigemGrundwehrdienst oder etwa 50.000 Soldatenbei 6-monatigem Grundwehrdienst.

Bei einem solchen Auswahl-Wehrdienst wirddas Gebot der Wehrgerechtigkeit nicht des-halb verletzt, weil andere junge Männer des-selben Jahrgangs weder Wehr- noch Zivil-dienst leisten. Auch wenn als Folge einer be-darfsorientierten Einberufung künftig nur einkleiner Teil der für den Wehrdienst verfügba-ren jungen Männer herangezogen wird undviele andere womöglich überhaupt keinenDienst leisten, ändert das nichts an der Gel-tung der allgemeinen Wehrpflicht. Sie enthältdie Verpflichtung aller Männer in den in Be-tracht kommenden Altersgruppen, einer Ein-berufung zu folgen und Wehrdienst zu leisten,soweit nicht gesetzlich bestimmte Ausnahmenbestehen. Eine Pflicht des Staates, diese jun-gen Männer nach Maßgabe ihrer Jahrgangs-stärke alle einzuberufen, ist mit der allgemei-nen Wehrpflicht nicht verbunden. Nur die all-gemeine Schulpflicht korrespondiert mit derstaatlichen Pflicht zur Bereitstellung der füralle ausreichenden Schulkapazitäten. Die Ein-berufung zum Wehrdienst aber erfolgt nichtim Interesse der Wehrpflichtigen, sondern

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

richtet sich ausschließlich nach dem militäri-schen Bedarf für ihren Dienst.

99. Diesen Bedarf durch Einberufung nureines Teils der verfügbaren Wehrpflichtigenzu decken, verstößt nicht gegen den Grund-satz der Wehrgerechtigkeit. Zwar werden dieHerangezogenen ihre Beanspruchung als be-sonders belastend empfinden, wenn sie erle-ben, dass viele andere der Wehrpflicht tat-sächlich nicht genügen müssen. Diese Situa-tion aber kann den Staat nicht verpflichten,entweder seinen Bedarf an Wehrpflichtigenzu ignorieren und alle vom Dienst freizustel-len oder ohne Rücksicht auf diesen Bedarf al-le einzuziehen. In diesem Falle wäre hinterdem ersten, an Jahrgangszahlen orientiertenAnschein einer Gerechtigkeit die tatsächlichallen Betroffenen zugefügte Wehrungerech-tigkeit deutlich greifbar. Die Praxis ihresDienstes würde nämlich den Einberufenendie Überzeugung vermitteln, dass sie nichtwirklich gebraucht werden, sondern ihre Zeitund Kraft der Wahrung eines bloßen Prinzipsopfern. Eine solche Lösung müsste das Ge-rechtigkeitsempfinden der Wehrdienstleisten-den in denkbar gröbster Weise verletzen undzugleich die Akzeptanz der Wehrpflicht in derGesellschaft zerstören. Es kommt vielmehrdarauf an, dem Empfinden ungerechter Be-nachteiligung bei den Eingezogenen dadurchvorzubeugen, dass die Auswahlentscheidun-gen ersichtlich am quantitativen und qualitati-ven Bedarf der Streitkräfte orientiert sind undvon jeglichen sachfremden Erwägungen frei-gehalten werden.

100. Das Gebot der Wehrgerechtigkeitbleibt bestehen. Es sollte jedoch nicht längerals Durchschleusen möglichst vieler Wehr-pflichtiger verstanden, sondern auch durchVergütung und Vergünstigung für Dienende

angestrebt werden. Eine Sonderbelastung fürNichteinberufene lehnt die Kommission ab.Sie befürwortet statt dessen, die Attraktivitätdes Grundwehrdienstes zu erhöhen, Wehr-dienstleistenden bessere Einstiegsmöglichkei-ten in Studium und Beruf zu eröffnen, undden Wehrsold so zu bemessen, dass er demheutigen Sold für FWDL entspricht. DieserWeg, Wehrgerechtigkeit anzustreben, erscheintangemessener als die militärisch nicht be-gründbare Belastung eines gesamten Jahr-gangs. Er wird bereits erfolgreich bei einigenBündnispartnern praktiziert.

Dauer des Grundwehrdienstes

101. Die Kommission hat eine sechsmona-tige wie eine zehnmonatige Grundwehrdienst-zeit geprüft. Sollen Wehrpflichtige lediglichzur Mobilisierung im Verteidigungsfall befä-higt sein, kommen sie mit einer recht kurzenWehrdienstdauer und gelegentlichen Reserve-übungen aus. Je länger der Grundwehrdienstdauert, desto mehr Zeit- und Berufssoldatenlassen sich im Austausch durch Wehrpflichti-ge zur Stärkung der Einsatzkräfte aus militäri-schen Daueraufgaben herauslösen. Nur bei ei-ner zehnmonatigen Wehrdienstdauer könnendie Wehrpflichtigen zum Einsatz in der Mili-tärischen Grundorganisation und – bei kurz-fristiger zusätzlicher Ausbildung von zwei bisvier Monaten – zur Verwendung in der Bünd-nisverteidigung und gegebenenfalls zur Mit-wirkung bei Krisenreaktionsaufgaben befä-higt werden. Die rechtliche Zulässigkeit ist,soweit erforderlich, durch ihre Zustimmungsicherzustellen.

Als Reservisten kommen Soldaten, die we-nigstens 10 Monate Wehrdienst geleistet

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IV. WEHRFORM UND PERSONAL

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haben, für eine Vielzahl von Aufgaben in Be-tracht: als personelle Ersatzreserve für prä-sente Truppen, zur Ergänzung von Kräften imEinsatz, wenn spezielle zivilberufliche Quali-fikationen benötigt werden, und schließlichals Reservoir im Falle einer sicherheitspoli-tisch gebotenen Vergrößerung der Streitkräfte.

Gerade weil die militärische Relevanz derWehrpflicht die wesentliche Bedingung fürihre Beibehaltung ist, muss die Grundwehr-dienstdauer so bemessen sein, dass sie eineausreichende Grundlage für die militärischeNutzbarkeit der Wehrpflichtigen bietet. Daskann nach Überzeugung der Kommission nurerreicht werden, wenn die Grundwehrdienst-dauer nicht unter zehn Monaten liegt.

102. Die Einführung von Grundwehrdienst-zeiten unterschiedlicher Länge kann die Kom-mission wegen der damit verbundenen recht-lichen und organisatorischen Schwierigkeitennicht empfehlen. Schon bisher bestehen aus-reichende Möglichkeiten zur freiwilligen Ver-längerung der Grundwehrdienstzeit; auch werAuswahl-Wehrdienst leistet, kann sich dafürentscheiden. Die Option, neben einem Grund-wehrdienst von 10 Monaten einen kürzerenDienst in Verbindung mit zusätzlichen Wehr-übungen ableisten zu können, würde vermut-lich zur Folge haben, dass sich die tatsächli-che Dauer des Grundwehrdienstes auf diekürzeste Wehrdienstzeit einpendelt. In einigenTeilstreitkräften könnten dann überhaupt kei-ne Wehrpflichtigen mehr eingesetzt oder nurzu militärisch irrelevanten Aufgaben herange-zogen werden.

Zivildienst

103. Die Kommission ist sich bewusst, dass sowohl ein vollständiger Fortfall derWehrpflicht als auch die Einführung einesAuswahl-Wehrdienstes schwerwiegende Kon-sequenzen für den Zivildienst haben. DerenAusmaß wird bei einer Entscheidung für denAuswahl-Wehrdienst davon abhängen, wiedas Verfahren für die Anerkennung von Kriegs-dienstverweigerern künftig gestaltet wird.

Die Wehrpflicht kann aber weder mit derNützlichkeit des Zivildienstes noch über dieEinführung einer allgemeinen Dienstpflichtgerechtfertigt werden. Es mögen mancherleiGründe für die Einführung einer solchenDienstpflicht vorgebracht werden, die als eineMöglichkeit dann auch den Dienst in derBundeswehr vorsehen könnte. Als Stütze fürdie Wehrpflicht kann sie aber nicht herhalten.

Seit 1961 haben junge Männer als Kriegs-dienstverweigerer Zivildienst geleistet. Siehaben Alte betreut, Kranke gepflegt, Essenauf Rädern ausgefahren, in Behindertenwerk-stätten und Jugendhilfeeinrichtungen gearbei-tet. Seit Jahren hat der Zivildienst geholfen,dringend benötigte soziale Dienste zu leisten,und jungen Menschen vielfältige Möglichkei-ten sozialen Lernens geboten. Er hat damitauf vielfältige Weise zur Gestaltung zivilge-sellschaftlicher Solidarität beigetragen. Die-ser Beitrag wird nach Überzeugung der Kom-mission auch künftig gebraucht. Die zu seinerErhaltung auch nach einer grundlegendenVeränderung beim Wehrdienst erforderlichenStrukturen und Möglichkeiten sollten Gegen-stand einer besonderen, umfassenden Unter-suchung sein.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

ABWÄGUNG

104. Beide Optionen, sowohl die reine Frei-willigen-Armee wie Streitkräfte mit Wehr-pflichtigen, erfüllen nach Überzeugung derKommission die an die künftige Bundeswehrzu stellenden Anforderungen. Sie empfiehltdennoch, an einer Wehrform mit ergänzenderWehrpflichtigen-Komponente festzuhalten.Entscheidend für dieses Votum ist der Um-stand, dass die Beibehaltung einer solide be-gründeten Wehrpflicht den Unwägbarkeiten,die jeder Neustrukturierung der Bundeswehrinnewohnen, am besten Rechnung trägt.

105. Die Unwägbarkeiten sind zum einenäußerer Natur. Die Sicherheit der Bundesre-publik Deutschland und ihrer Verbündeten hatsich im vergangenen Jahrzehnt erfreulich ver-bessert. Ob sich diese positiven Entwicklun-gen in den kommenden Jahren weiter fortset-zen, lässt sich indessen nicht zweifelsfrei vor-hersagen. Eine solche Gewissheit sollte abergegeben sein, bevor Entscheidungen getroffenwerden, die eine Rückkehr zu einer durchWehrpflichtige verstärkten Verteidigungskraftnur unter erheblichen Risiken erlauben.

Gegenwärtig kann nicht empfohlen werden,bei der Organisation der künftigen Bundes-wehr sich der Vorteile zu begeben, die von derWehrpflicht garantiert werden – und zwarauch von einem zahlenmäßig beschränkten„Auswahl-Wehrdienst W 10“. Vielmehr wirdgerade dieser Auswahl-Wehrdienst den Un-wägbarkeiten gerecht. Er erlaubt eine den je-weiligen militärischen Erfordernissen ent-sprechende flexible Einberufung und eröffnetdamit Handlungsvarianten von der geringfü-gigen bis zu einer – bei entsprechenden Struk-

turen – erheblichen Veränderung der Zahl dereinberufenen Wehrpflichtigen. Das kann durchEinrichten von Dienstposten im vorgeschla-genen Umfangsrahmen geschehen; es kannaußerdem durch Aufstockung und durch Aus-weisung zusätzlicher Stellen für freiwilligenzusätzlichen Wehrdienst Leistende und fürWehrübende ermöglicht werden.

106. Es mag eine Zeit kommen, in der an-gesichts anhaltend günstiger internationa-ler Entwicklungen eine Freiwilligen-Armeeallein angemessen ist. Für diesen Fall bietetdie empfohlene Wehrform, die einen hohenFreiwilligen-Anteil mit einer flexibel hand-habbaren Wehrpflicht verbindet, ein geeigne-tes Übergangsmodell. Wenn die vorgeschla-gene Struktur als eine auf zehn bis fünfzehnJahre bemessene Erprobungsphase genutztwird, verlieren rechtliche Bedenken, die ge-gen den Auswahl-Wehrdienst vorgebracht wer-den könnten, weiter an Gewicht. Die in derneuen Struktur praktizierte Wehrgerechtig-keit, die die bisher übliche Interpretation un-ter veränderten Umständen weiterentwickelt,wäre nicht von vornherein zeitlich unbegrenztzur Geltung gebracht, sondern würde in einerÜbergangsphase gelten, an die sich weitereEntscheidungen auf der Grundlage inzwi-schen gewonnener Erfahrungen anschlössen.

107. Der Bundeswehr ermöglicht die Bei-behaltung der Wehrpflicht, aus dem Bestandder Grundwehrdienstleistenden weiterhin Be-rufs- und Zeitsoldaten zu gewinnen. DieseRekrutierung aus dem Binnenbereich ist fürdie Nachwuchsgewinnung nicht unbedeu-tend. Bei einer reinen Freiwilligen-Armee istselbst bei hohem Rekrutierungsaufwand nichtsicher, ob eine ausreichende Zahl qualifizier-ter Soldaten angeworben werden kann – undist sie erst einmal eingeführt, ist die Rückkehr

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IV. WEHRFORM UND PERSONAL

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praktisch verbaut. Zwar schmälert der am Be-darf der Streitkräfte orientierte Auswahl-Wehrdienst die Basis für die Gewinnung vonWehrpflichtigen für längere Verpflichtungs-zeiten. Er stellt aber die militärische Bedeu-tung der Wehrpflicht nicht infrage, die ihr allein Bestand und Glaubwürdigkeit verleiht.

108. Der Umfang der Streitkräfte kann fle-xibel einer sich ändernden strategischen Situ-ation angepasst werden. Die Politik gewinntdamit Eskalationskontrolle und Krisenstabi-lität. Stiege die äußere Gefährdung, könnteohne politisch dramatische und möglicher-weise destabilisierende Mobilisierungsent-scheidungen die Zahl der Wehrpflichtigen er-höht werden. Fiele die Zahl der freiwilligenSoldaten, könnte dies wenigstens teilweisedurch die erhöhte Einberufung von Wehr-pflichtigen ausgeglichen werden. Das Systemist außerdem offen für neue Erfahrungen. DerGesetzgeber könnte im Lichte günstiger Ent-wicklungen auf Einberufungen von Wehr-pflichtigen ganz verzichten und schließlichauf eine reine Freiwilligen-Armee übergehen.Das sind nicht zu vernachlässigende Vorzügein einer von Ungewissheiten geprägten Welt-situation.

109. Das Modell „240.000 mit Auswahl-Wehrdienst W 10“ bietet damit einen erheb-lichen Vorteil gegenüber einem reinen Frei-willigen-Modell: Es verfügt über strategische,personelle und gesellschaftliche Flexibilitätund vermindert die Risiken einer ungewissenZukunft. Es genügt am ehesten der Notwen-digkeit, der Bundeswehr eine Struktur zu ge-ben, die langfristig Bestand haben kann.

110. Die Kommission ist überzeugt, dassdiese Art, den Wehrdienst zu organisieren, mitdem Grundgesetz vereinbar ist. Wer darauf

besteht, Wehrgerechtigkeit durch Ausschöp-fung der Jahrgangsstärken zu gewährleisten,müsste darlegen und begründen, von welchemProzentsatz der Nichtausschöpfung an eineEinberufungspraxis verfassungsrechtlich un-zulässig wird. Dass die volle Ausschöpfungbisher zumeist nicht gelungen ist, hat niemalsdazu geführt, den Einberufungsbescheidendie Rechtswirksamkeit abzusprechen. Setzteman einen Prozentsatz als Mindestgrenze fürdie Ausschöpfung fest, wäre damit die Rechts-auffassung „Ganz oder gar nicht!“ verbunden.Das Ergebnis aber, dass der Staat sich nichtnach seinem geringeren Bedarf an Wehr-pflichtigen richten darf, sondern entweder ei-nen Mindestanteil des jeweiligen Jahrgangsohne Rücksicht auf den militärischen Nutzeneinziehen oder auf Wehrpflichtige ganz ver-zichten muss, kann von der Rechtsordnungnicht gewollt sein.

Natürlich ist die Vorstellung, nur auf einenTeil eines Jahrgangs, sogar nur auf eine Min-derheit, zurückzugreifen, neu und gewöh-nungsbedürftig. Sie ist die ehrliche und in-haltlich überzeugende Alternative zu einerEinberufungspraxis, bei der nicht die Erhal-tung der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr,sondern lediglich die Bewältigung einer ver-fügbaren Zahl von Wehrpflichtigen als Aufga-be verstanden wird.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

NEUE PERSONALSTRUKTUR

Militärisches Personal

111. Die Umstellung der Bundeswehr vonihrer jetzigen auf die hier vorgeschlagenekünftige Struktur wird nicht von heute aufmorgen erfolgen können. Der Umfang derStreitkräfte wird voraussichtlich erst ab 2006die Richtzahl von 240.000 Soldaten errei-chen, der Wechsel von der aufkommensbezo-genen zur bedarfsbezogenen Wehrpflichtdann erst abgeschlossen sein. Die Jahre derUmstellung werden, sofern tatkräftig genutzt,einen Lernprozess ermöglichen. Das wirdwiederum der künftigen Struktur und Ent-wicklung der Bundeswehr zu Gute kommen.Allerdings müssen die Weichen für den Um-bau rasch und eindeutig gestellt werden.

Der neue Umfang von 240.000 Soldaten um-fasst die Einsatzkräfte in Stärke von etwa140.000 Soldaten und die rund 100.000 Sol-daten, die in der militärischen Grundorganisa-tion überwiegend Daueraufgaben überneh-men. In den verkleinerten Streitkräften wer-den künftig nicht mehr als 25.000 Grund-wehrdienstleistende eingesetzt werden kön-nen, ein kleiner Teil in den Einsatzkräften, derweitaus größere in der militärischen Grundor-ganisation. Bei einer Wehrpflichtdauer von 10Monaten müssen demzufolge ab dem Jahr2006 statt wie zuletzt 135.000 nur noch etwa30.000 Grundwehrdienstpflichtige jährlicheinberufen werden. Aus dem Bestand anGrundwehrdienstleistenden dürften nach heu-tigen Erfahrungen jährlich etwa 5.000 Solda-ten gewonnen werden, die als FWDL freiwil-lig länger Wehrdienst leisten (Abbildung 3).

112. In der neuen Struktur steigt die Zahlder Zeitsoldaten (bis zu einer Verpflichtungs-dauer von höchstens 20 Jahren) und der Be-rufssoldaten von 203.000 auf etwa 210.000 – unter Einschluss von Wehrübungsplätzen –geringfügig an. Gleichzeitig verändert derwesentlich geringere Umfang an Grundwehr-dienstleistenden das Personalgefüge der Zeit-soldaten. Etwa 100.000 dieser Zeitsoldatenwerden in einer neu zu schaffenden Personal-kategorie, zumeist ohne Führungsverantwor-tung, Funktionen wahrnehmen, die heute vonGrundwehrdienstleistenden, von Zeitsoldatenim Mannschaftsdienstgrad oder von Unterof-fizieren ohne Portepee besetzt werden. DieDotierung dieser Dienstposten sollte derjeni-gen von Unteroffizieren ohne Portepee heuteentsprechen. Ziel einer neuen Personalstruk-tur muss es sein, die schon heute bestehendeForderung nach einem verbesserten Zahlen-verhältnis zwischen Offizieren und Feldwe-beln einerseits und den übrigen Zeitsoldatenund Grundwehrdienstleistenden andererseitszu erreichen. Bei einem Personalstrukturmo-dell 240.000 wären demnach etwa 34.000Dienstposten für Offiziere und rund 65.000Stellen für Feldwebel auszuplanen. Zusätzlichwerden unter den neuen strukturellen Bedin-gungen voraussichtlich bis zu 2.000 Wehr-übungsplätze benötigt (Abbildung 4, Seite 72).

113. Für die Einnahme der Personalstrukturund die damit erforderliche Steigerung derAttraktivität des Dienstes in der Bundeswehrkommt die Kommission zu folgendem Ergebnis:

Die Kommission empfiehlt, ein an denneuen Umfängen der Streitkräfte ausge-richtetes Personalstärke- und Strukturan-passungsgesetz zu erlassen und die erfor-derlichen Umfangsreduzierungen durcheine gesetzliche Regelung abzusichern.

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IV. WEHRFORM UND PERSONAL

71

111 >

Moderne und auf Einsatzfähigkeit optimierteStreitkräfte müssen jung sein. Deshalb ist ei-ne Personalstruktur mit einem zu großen An-teil älterer Berufssoldaten verfehlt. Auch ausdiesem Grund sollte der Anteil der Berufssol-daten von heute rund 60.000 auf künftig nichtmehr als 40.000 zurückgeführt werden.

114. Die Personalsituation der Streitkräfteist schon heute durch strukturelle Verwerfun-gen gekennzeichnet, die sich in nahezu allenGeburtsjahrgängen manifestieren und insbe-sondere bei den Offizieren und Unteroffizie-ren zu Personalüberhängen in einer Größen-ordnung von etwa 8.000 Berufssoldaten ge-

führt haben. Diese Überhänge werden auchohne den notwendigen Personalabbau vorerstnoch weiter ansteigen und zu einem enormenVerwendungs- und Beförderungsstau führen,von dem insbesondere die jüngeren Soldatenbis zum Jahr 2020 betroffen sein werden. DieAuswirkungen auf Attraktivität und Nach-wuchsgewinnung sind damit erheblich.

115. Bereits im Zuge früherer Streitkräfte-reduzierungen wurden wiederholt gesetzlicheRegelungen geschaffen, die eine vorzeitigeBeendigung eines Dienstverhältnisses ermög-lichen sollten. Allerdings konnten sie den er-forderlichen strukturgerechten Personalabbau

Abbildung 3: Berufs- und Zeitsoldaten und Grundwehrdienstleistende heute und 2006

Berufs- undZeitsoldaten

Soldateninsgesamt

heute 2006

203.000

338.000

112.000

23.000

25.000

210.000

240.000

5.000

GWDL

FWDL

FWDL: freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst Leistende

GWDL: Grundwehrdienstleistende

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

72

Abbildung 4: Dienstposten-Verteilung Soldaten heute und 2006

heute 2006

GWDL

FWDL

Offiziere

Mannschaften

Führungs-personal

Führungs-personal

Feldwebel

Unteroffiziereohne Portepee

FWDL: freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst Leistende WüPl: Wehrübungsplätze

GWDL: Grundwehrdienstleistende *siehe Ziffer 112

112.000

25.000

109.000

65.000

34.000

240.000

23.000

40.000

72.000

50.000

38.000

338.000

110.000225.000

99.000139.000

2.000WüPl

GWDL

Offiziere

neue Personal-kategorie

Feldwebel

WüPl3.000

5.000 FWDL

*

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IV. WEHRFORM UND PERSONAL

73

116 >

nicht leisten, da sie nicht auf Dauer angelegtwaren und der Dienstherr über kein Regulativverfügte, das den gewünschten proportionalenPersonalabbau in ausgewählten Geburtsjahr-gängen ermöglicht hätte. Um die von derKommission empfohlene Personalreduzierungauf einen Umfang von 240.000 Soldaten biszum Jahr 2006 bewältigen zu können, ist einneues Personalstärke- und Strukturanpassungs-gesetz erforderlich, das den Soldaten einensozialverträglichen Ausstieg aus den Streit-kräften erlaubt.

Der Übergang in eine zivile Erwerbstätigkeitsollte in einem Lebensalter möglich sein, dasden Aufbau einer zweiten beruflichen Karrie-re noch zulässt. Zurruhesetzungen auf Antragder Soldaten müssen daher bereits ab dem45. Lebensjahr zulässig und hinsichtlich derzu gewährenden Versorgungsleistungen oderAbfindungen so attraktiv und flexibel sein,dass die für den Personalabbau erforderlicheAkzeptanz bei den potenziellen Antragstellernbewirkt wird.

116. Ergänzend oder als Teil eines Personal-stärke- und Strukturanpassungsgesetzes wäreauch die Einführung einer Vorruhestandsteil-zeit geeignet, dauerhaft zur Bereinigung struk-tureller Verwerfungen in den älteren Geburts-jahrgängen beizutragen. Die große Bereit-schaft der zivilen Mitarbeiter, diese Regelunganzunehmen, lässt vermuten, dass vergleich-bare Modelle auch für Soldaten interessantsein können. Der Arbeitgeber Bundeswehrwürde bereits kurzfristig von einer solchenRegelung profitieren, da mit Beginn der Vor-ruhestandsteilzeit eine der Dauer der Rest-dienstzeit entsprechende Absenkung der Be-züge zu kurzfristigen Einsparungen führt.Diese lassen sich langfristig allerdings nur

halten, wenn frei gewordene Dienstpostennicht mehr nachbesetzt werden.

Ein dauerhafter Verjüngungseffekt der Streit-kräfte ließe sich auch erzielen, wenn ein Teilder Berufssoldaten in bestimmten Laufbah-nen durch vorgezogene Altersgrenzen früheraus den Streitkräften ausscheiden könnte. BeiGewährung von Versorgungsbezügen wäre ei-ne solche Maßnahme auch ohne zusätzlichefinanzielle Anreize ausreichend attraktiv. ImFliegerischen Dienst der Bundeswehr gibt esbereits eine entsprechende Musterregelung,die es Piloten nach Vollendung ihres 41. Le-bensjahres ermöglicht, mit Versorgungsbezü-gen aus dem aktiven Dienst auszuscheiden.Diesem Beispiel folgend, ließen sich eine Rei-he von Fachverwendungen oder Speziallauf-bahnen identifizieren, in denen vergleichbareRegelungen möglich wären.

Zivilpersonal

117. Die Verkleinerung der Streitkräfte umein knappes Drittel wird dazu führen, dassauch der Dienstpostenbedarf für das sie unter-stützende zivile Personal entsprechend sinkt.Darüber hinaus gehendes Einsparpotenzialergibt sich aus einer vorrangig an wirtschaft-lichen Kriterien ausgerichteten Stationierungund der Privatisierung der Aufgaben, die nichtzu den Kernaufgaben der Streitkräfte oder derBundeswehrverwaltung gehören. Die Kom-mission hält eine überproportionale Reduzie-rung der Stellen für Zivilpersonal von 124.000auf rund 80.000 für möglich (Abbildung 5,

Seite 74). Wie bei den Soldaten sollte der Per-sonalabbau von gesetzlichen und tarifvertrag-lichen Maßnahmen sozialverträglich flankiert

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

werden. Das führt – analog zu den Soldaten –beim Zivilpersonal zu folgendem Resultat:

Die Kommission empfiehlt, das zivile Per-sonal der Bundeswehr in dem Maße zu re-duzieren, wie es der strukturelle Abbauund Umbau der Streitkräfte und die wei-testmögliche Ausschöpfung des Privatisie-rungspotenzials zulassen. Der Personal-abbau ist ebenfalls durch eine gesetzlicheRegelung zu unterstützen.

74

Abbildung 5: Personal der Bundeswehr heute und 2006

Zivilpersonal

Soldaten

Stelleninsgesamt

heute

338.000

462.000

124.000

2006

320.000

240.000

80.000

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IV. WEHRFORM UND PERSONAL

75

118 >

Attraktivität

118. Die Kommission ist der Auffassung,dass die Anzahl des Führungspersonals in denVerbänden und Stäben mit Blick auf die ver-änderte Personalstruktur und die erweitertenEinsatzaufgaben der Streitkräfte einer Über-prüfung bedarf. Künftig muss ausgeschlossenwerden, dass – wie bisher – die laufbahnrecht-lich vorgeschriebene Ausbildung für Unterof-fiziere und Offiziere zu Abwesenheiten in denVerbänden führt, die nicht kompensiert wer-den können. Das wäre mit dem Erfordernispräsenter Einsatzkräfte nicht vereinbar.

Die Kommission schlägt vor, die Anzahl derSchülerstellen als eigenständigen Stellenum-fang auszuweisen und so zu bemessen, dassdie regelmäßige Nachbesetzung von ausbil-dungsbedingt vakanten Dienstposten möglichwird. Der hierfür erforderliche Schülerbedarfwürde nach überschlägigen Berechnungenkünftig bei etwa 25.000 Stellen liegen.

119. Feldwebel-Anwärter werden heute imRegelfall frühestens nach vier Jahren mit be-standener Laufbahnprüfung zum Feldwebelbefördert. Anwärter im Polizeidienst oderbeim Bundesgrenzschutz erreichen die ver-gleichbaren Dienstgrade der Besoldungsgrup-pe A 7 bereits nach zweieinhalb beziehungs-weise nach drei Jahren und besitzen zudem ei-ne Lebensstellung als Beamter. Das machtdeutlich, dass die Feldwebellaufbahn ausSicht möglicher Bewerber im Vergleich zuden entsprechenden Anwärterlaufbahnen derPolizei bei Bund und Ländern nicht sonder-lich attraktiv ist. Das Defizit wird auch nichtdadurch ausgeglichen, dass Polizei und Bun-desgrenzschutz die kürzere Ausbildung nurmit Anwärterbezügen vergüten, währendUnteroffizier-Anwärtern eine in dieser Phasehöhere, dienstgradbezogene Besoldung ge-

währt wird. Nachwuchs in ausreichender An-zahl wird nur zu gewinnen sein, wenn dieAusbildung innerhalb von drei Jahren ver-mittelt, mit Blick auf eine verbesserte zivilbe-rufliche Integration reformiert und mit einerstaatlich anerkannten Prüfung und anschlie-ßender Beförderung zum Feldwebel abge-schlossen werden kann. Eine auf drei Jahreverkürzte Feldwebelausbildung entspräche imÜbrigen der Ausbildungsdauer ziviler Lehrbe-rufe und wäre damit insbesondere für Bewer-ber mit Mittlerer Reife ohne berufliche Vor-kenntnisse interessant. Für einen langfristigenAttraktivitätsgewinn sollte ein eigenständigesBerufsbild ‚Feldwebel' geschaffen werden. Esmüsste neben militärfachlichen Kompetenzenauch Schlüsselqualifikationen ausweisen, diedem soldatischen Führungspersonal eigen undfür einen zukunftsorientierten Arbeitsmarktinteressant sind.

120. Längerdienende Mannschaften werdenkünftig einen Großteil der heute noch vorhan-denen Wehrpflichtigen ersetzen. Die Zahl derZeitsoldaten im Mannschaftsdienstgrad wirdsich bis zum Jahr 2006 mehr als verdoppeln.Um den damit verbundenen gestiegenen Be-darf quantitativ und qualitativ decken zu kön-nen, muss die Attraktivität der gegenwärtigenMannschaftslaufbahn erheblich gesteigert wer-den. Hierzu ist es unbedingt erforderlich,Zeitsoldaten im Mannschaftsdienstgrad wieheutige Unteroffiziere ohne Portepee zu be-solden. Zeitsoldaten mit einer Gesamtver-pflichtungsdauer bis zu 8 Jahren sollten einesteuerfreie Verpflichtungsprämie erhalten. Da-rüber hinaus sind Berufsbildungs- und Be-rufsförderungsmaßnahmen anzubieten, die – abhängig von der Verpflichtungszeit – denAbschluss einer zivilberuflichen Ausbildung,mindestens aber den Erwerb von arbeits-marktorientierten Zusatzqualifikationen er-möglichen.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

121. Ein weiterer Attraktivitätsgewinn wäredurch die Besoldungsanhebung Ost auf 100Prozent des Westniveaus zu erzielen. Die hier-für zu veranschlagenden Haushaltsmittel be-laufen sich – einschließlich Zivilpersonal –nach heutigem Stand auf etwa 240 Mio DMjährlich.

122. In Freiwilligenstreitkräften mit einemAuswahl-Wehrdienst müssen 90 Prozent derSoldaten über eine Organisation zur Nach-wuchsgewinnung geworben werden. DieKonzeption der Nachwuchswerbung musssich deshalb auf die veränderten Bedingun-gen, zu denen auch die Öffnung der Streit-kräfte für Frauen zählt, einstellen und imWettbewerb mit anderen Arbeitsplatzanbie-tern bestehen können. Das macht auch organi-satorische Anpassungen bei der Nachwuchs-werbung notwendig, die unter Berücksichti-gung der Stationierungsentscheidungen unddes regionalen Bewerberaufkommens zu tref-fen sind.

Nach den Vorstellungen der Kommission isteine Vielzahl von Anreizen nötig, um denDienst in den Streitkräften wettbewerbsfähigzu machen. Nachstehend sind die wichtigstenAktionen wie folgt zusammengefasst:

Die Kommission empfiehlt, die Attrakti-vität des Dienstes in den Streitkräftendurch Maßnahmen zu erhöhen, die auchmehr Effektivität bewirken. Dazu gehört,das zahlenmäßige Verhältnis von Führernund Geführten zu verbessern, die dreijäh-rige Feldwebelausbildung einzuführen,die Besoldung der Soldaten deutlich an-zuheben und mehr Haushaltsmittel undPersonal für die Nachwuchswerbung be-reitzustellen.

Frauen in den Streitkräften

123. Angesichts der gesellschaftlichen Ent-wicklung bestehen keine Gründe mehr für dieBeschränkung der Zulassung von Frauen zumfreiwilligen beruflichen Soldatendienst. Mehr-fach haben Frauen nachdrücklich Chancen-gleichheit durch Eröffnung beruflicher Betäti-gungsmöglichkeiten im Soldatendienst gefor-dert. Die Erfüllung dieser Forderung ist durchden Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG ge-boten, besonders seit seiner 1994 im Art. 3Abs. 2 S. 2 GG erfolgten Ergänzung um diestaatliche Verpflichtung zur Beseitigung be-stehender Nachteile für Frauen und Männer.Zum gleichen Ergebnis kommt im Übrigenauch der Europäische Gerichtshof in seinemUrteil von 11. Januar 2000. Ob der uneinge-schränkte soldatische Dienst für Frauen ge-genwärtig nach dem Grundgesetz ausge-schlossen ist oder ob Art. 12a Abs. 4 S. 2 GGdie Heranziehung von Frauen nur für einenPflichtdienst ausschließt, ist umstritten, abervon nachrangiger Bedeutung. Ob im Einzel-fall Frauen oder Männer für bestimmte militä-rische Aufgaben eingesetzt werden, mussnach Eignung, Befähigung und Leistung ent-schieden werden. Generelle Ausschlüsse, et-wa vom Dienst mit der Waffe oder vonKampfeinsätzen, hält die Kommission nichtfür stichhaltig.

124. Für die Wehrpflicht sieht das Grund-gesetz in Abweichung vom Gleichheitsgrund-satz ausdrücklich eine Verpflichtung nur fürMänner vor. Diese Regelung wird durch dieZulassung von Frauen zum freiwilligen Sol-datenberuf nicht berührt. Im Gegenteil sprichtder neugefasste Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG, nachdem der Staat die tatsächliche Durchsetzungder Gleichberechtigung zu fördern und auf

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IV. WEHRFORM UND PERSONAL

77

121 >

die Beseitigung bestehender Nachteile hinzu-wirken hat, dafür, Frauen auch weiterhin kei-nen Pflichtdienst aufzuerlegen. Diese Ände-rung des Grundgesetzes ist vor wenigen Jah-ren in der allgemeinen Überzeugung be-schlossen worden, dass weiterhin Benachteili-gungssituationen für Frauen in einem Umfangvorhanden sind, der eine solche Verfassungs-änderung zur Verbesserung der Lage erforder-lich machte. Die Nachteile für Frauen, vor al-lem beim beruflichen Aufstieg, bestehen inden meisten gesellschaftlichen Bereichen fort.Diesen Nachteilen wird wenigstens in gewis-sem Umfang dadurch Rechnung getragen,dass Frauen von Dienstleistungspflichten aus-genommen sind und bleiben.

Die Kommission empfiehlt, den freiwilli-gen Dienst von Frauen in allen Bereichenund allen Einsatzformen der Streitkräftezuzulassen.

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FÜHRUNG, TRUPPE, WEHRVERWALTUNG V.

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V. FÜHRUNG, TRUPPE, WEHRVERWALTUNG

81

125 >

LEITUNG UND FÜHRUNG

125. Neue Aufgaben stellen neue Anforde-rungen an die Bundeswehr. Die bestehendeStruktur stammt aus den Zeiten des KaltenKrieges. Sie ist bislang nur ansatzweise ver-ändert worden. Den neuen Anforderungen anStreitkräfte im Kriseneinsatz entspricht sienicht.

Struktur und Organisation der Bundeswehrsind noch immer auf ein Szenario ausgelegt,das eine grenznahe Verteidigung zusammenmit den Bündnispartnern vorsah und sich da-für auf umfangreiche teils präsente, teils mo-bilmachungsabhängige Truppenkörper stützte.Für den Einsatz im Verteidigungsfall waren diedeutschen Verbände weitestgehend bestimm-ten alliierten Kommandobehörden dauerhaftzugeordnet. Die Einsatzplanungen lagen festund waren im Bündnis abgestimmt.

Für die Wahrung der Operationsfreiheit unddie Unterstützung der eigenen wie der alliier-ten Truppen auf deutschem Territorium war inder Vergangenheit das mobilmachungsabhän-gige Territorialheer zuständig. Logistik, Sani-tätsdienst und die Wehrverwaltung mit ihrerWehrersatzorganisation waren auf Landes-verteidigung mit umfassender Mobilmachungvon Reservisten ausgelegt.

126. Künftig wird die Einsatzführung deut-scher Streitkräftekontingente im Einsatzge-biet multinationalen Kommandobehörden je-weils nur zeitlich begrenzt übertragen. Dienationale politische Kontrolle des Einsatzesgewinnt an Bedeutung. Die truppendienstli-che Führung einschließlich der logistischenVersorgung verbleibt in nationaler Verantwor-

tung, auch wenn für die Logistik künftig ge-meinsame europäische Konzepte verwirklichtwerden. Damit sind größere Anforderungenan die entsprechenden nationalen Führungs-strukturen verbunden. Diese müssen so aus-gelegt sein, dass streitkräftegemeinsame Ein-sätze in nationaler Verantwortung geplant undausgeführt werden können. Dafür bedarf eseiner neuen Organisation, die auf alle benö-tigten Kräfte zentral zugreifen kann und dazuin der Lage ist, streitkräftegemeinsame Ope-rationen modular zusammengestellter Kon-tingente über Landes- und Bündnisgrenzenhinweg zu führen.

127. Auch die Bundeswehrverwaltung, dieden Aufgaben des Personalwesens und derunmittelbaren Deckung des Sachbedarfs derStreitkräfte dient, muss den tiefgreifendenVeränderungen der Streitkräfte-Strukturenangepasst werden. Das gilt für die Wehrver-waltung insgesamt, angesichts eines künftigerheblich verringerten Anteils an Wehrpflich-tigen und mobilzumachenden Reservistenaber im Besonderen für die Wehrersatzorga-nisation.

128. Notwendig sind an erster Stelle Refor-men im Führungsinstrument der Leitung:dem Bundesministerium der Verteidigung(Abbildung 6, Seite 82).

Stäbe und Abteilungen

Die Kommission empfiehlt, die Organisa-tion des Ministeriums zu verändern:(1) Für Haushalts- und Controlling-Auf-gaben sollte ein Staatssekretär Finanzenmit einem ihm unmittelbar zugeordnetenArbeitsstab installiert werden.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

(2) Der Stellvertreter des Generalinspek-teurs sollte als Inspekteur „Zentrale Mili-tärische Dienste“ einen eigenen Füh-rungsstab erhalten.(3) Die zivilen Abteilungen sollten vonderzeit fünf auf künftig drei reduziertwerden.(4) Für die Überwachung und Steuerungder Informationstechnologie (IT) in derBundeswehr sollte ein IT-Direktor einge-setzt werden.

129. Im Stab des neu zu berufenden Staats-sekretärs Finanzen (siehe Empfehlung „Con-trolling“ – Ziffer 216ff) gehen die Abteilung

Haushalt einschließlich des „Beauftragten fürdie Verbesserung der Wirtschaftlichkeit beimEinsatz von Haushaltsmitteln in der Bundes-wehr", der bisherige „Sonderbeauftragte fürRationalisierung“ und Teile des Organisa-tionsstabes auf.

Auf Leitungsebene wird ein IT-Direktor ein-gesetzt. Er hat die zentrale Kompetenz fürsämtliche in der Bundeswehr beschaffte undbetriebene Informationstechnik (siehe Emp-fehlung „IT-Agentur“ – Ziffer 227).

130. Der Inspekteur „Zentrale MilitärischeDienste“ erhält einen eigenen Stab, um die

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Bundesministerder Verteidigung

Staatssekretär

Staatssekretär

StaatssekretärFinanzen

Stab Haushaltund Controlling

Presse- und Informationsstab

ParlamentarischerStaatssekretär

IT-Direktor

Planungsstab

Protokoll

Parlament-und

Kabinett-referat

Ermittlungin Sonder-

fällen

Abbildung 6: Gliederung des Bundesministeriums der Verteidigung

Inspekteurdes

Heeres

Inspekteurder

Luftwaffe

Inspekteurder

Marine

InspekteurZentrale

MilitärischeDienste undStellvertreter

desGeneral-

inspekteurs

General-inspekteur

derBundes-

wehr

Inspekteurdes

Sanitäts-dienstes

derBundes-

wehr

Abteilungs-leiter

Personal-,Sozial-

undZentral-

angelegen-heiten

Abteilungs-leiter

Rüstung

Abteilungs-leiterWehr-

verwaltung

Leitung

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V. FÜHRUNG, TRUPPE, WEHRVERWALTUNG

83

129 >

vorgeschlagene neue Organisation führen zukönnen (siehe Empfehlung „Zentrale Militäri-sche Dienste“ – Ziffer 168ff).

131. In den zivilen Abteilungen des Minis-teriums gibt es Rationalisierungspotenzial. Sofindet man etwa in anderen Ministerien Haus-halts- und Rechtsabteilungen nur dort, wodiese ressortübergreifende Aufgaben haben.Dies ist im Bundesministerium der Verteidi-gung nicht der Fall. Aufgaben der zivilen Ab-teilungen können delegiert oder neu zugeord-net werden. So kann die neu strukturierte Ab-teilung Personal-, Sozial- und Zentralangele-genheiten mit je einer Unterabteilung die bis-

herige Abteilung Recht und Teile des bisheri-gen Organisationsstabs zusammenfassen. DerUnterabteilungsleiter Recht fungiert dann alsJustiziar des Bundesministeriums der Vertei-digung. Die Abteilung Wehrverwaltung, In-frastruktur und Umweltschutz wird nach denVorstellungen der Kommission auf drei Unter-abteilungen reduziert. Die bisherige Hauptab-teilung Rüstung wird um drei Unterabteilun-gen verkleinert und als Abteilung weiterge-führt (Abbildung 7).

Abbildung 7: Zivile Abteilungen des Bundesministeriums der Verteidigung

AbteilungRüstung

Zentrales

Rüstungsplanung

Forschung undTechnologie

Internationale Rüstungs-zusammenarbeit

Rüstungswirtschaft

AbteilungWehrverwaltung

Betrieb undUmweltschutz

Grundsatz undWehrverwaltung

Infrastruktur

AbteilungPersonal-, Sozial- und

Zentralangelegenheiten

MilitärischesPersonal

Grundsatz undZivilpersonal

Soziales undMilitärseelsorge

RechtLeiter ist Justiziar des BMVg

Organisation

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Analyse- und Auswertefähigkeiten

Die Kommission empfiehlt, die nationaleFähigkeit zur Auswertung, Analyse undBeurteilung des Nachrichtenaufkommensdurch Zusammenfassung und Qualitäts-steigerung der vorhandenen Organe (Bun-desnachrichtendienst, Amt für Nachrich-tenwesen der Bundeswehr, Nachrichten-wesen der Teilstreitkräfte) zu stärken unddie so entstehende Organisation in räum-licher Nähe zu Berlin unterzubringen.

132. Krisenmanagement braucht frühzeiti-ge, umfassende und unverfälschte Informa-tion. Rechtzeitiges politisches oder militäri-sches Handeln muss sich auf verlässliche Ent-scheidungsgrundlagen stützen können. Nebenden bereits erwähnten technischen Defizitenbei den Systemen für Nachrichtengewinnungund Aufklärung mangelt es derzeit an der not-wendigen professionellen Auswertung, Ana-lyse und Aufbereitung der Daten.

Es gibt keine zentrale Instanz, die das vielfäl-tige Nachrichtenaufkommen sortiert, bündelt,bedarfsgerecht aufbereitet und die Entschei-dungsträger in Politik und Bundeswehr ver-zugslos informiert. Die vorhandenen Kapa-zitäten sind zersplittert, die Zuständigkeitenauf mehrere Ressorts verteilt. Die räumlicheDistanz zwischen Auswertern und Adressatenerweist sich als außerordentlich hinderlich.Bundeswehreigene Potenziale für Sammlungund Auswertung von Nachrichten leiden anmangelhafter Koordinierung. Die Dienstwegesind lang und verschlungen. Eine Bündelungder Kräfte könnte nach Auffassung der Kom-mission Abhilfe schaffen. Ein nationales Aus-werte- und Analysezentrum muss auf jedenFall in der Nähe von Parlament und Regie-rung angesiedelt sein.

Dienstsitz Berlin

Die Kommission empfiehlt, das Bundes-ministerium der Verteidigung an einemDienstsitz in Berlin zusammenzuführen.

133. Einsätze der Bundeswehr zur Konflikt-prävention und Krisenbewältigung könnennur im Rahmen einer politischen Gesamtstra-tegie, die militärische und nichtmilitärischeMittel einbezieht, erfolgreich geführt werden.Vor allem während solcher Einsätze, aberauch darüber hinaus ist kontinuierliche res-sortübergreifende Abstimmung und Koordi-nierung unerlässlich. Das bedarf der Präsenzdes Ministers, seiner Berater und der sieunterstützenden Stäbe und Abteilungen amSitz von Bundesregierung und Parlament.

Mit einer auf zwei weit auseinanderliegendeDienstsitze verteilten Spitzenorganisationkönnen die Anforderungen nationalen undmultinationalen Krisenmanagements nichtbewältigt werden. Auch die Möglichkeitenmoderner Informations- und Kommunika-tionstechnik ersetzen nicht Verhandlung undAbstimmung, Gespräch und Gedankenaus-tausch an einem Ort.

Einsatzrat

Die Kommission empfiehlt, im Ministe-rium einen Einsatzrat mit allen Inspek-teuren und zivilen Abteilungsleitern alszentrales zivil-militärisches Beratungs-und Abstimmungsgremium für die Füh-rung von Einsätzen zu bilden. Den Vorsitzführt der Generalinspekteur.

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V. FÜHRUNG, TRUPPE, WEHRVERWALTUNG

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132 >

134. Die kontinuierliche Führung von Ein-sätzen außerhalb Deutschlands verlangt ande-re Leitungsmechanismen, als sie für die alteBundeswehr vorgesehen waren. Entscheidun-gen betreffen selten nur eine Teilstreitkraftoder Abteilung. Nicht sämtliche Einzelfragenmüssen von der politischen Leitung koordi-niert und entschieden werden. Das ist Angele-genheit des Einsatzrats. Er übernimmt auchdie Aufgaben des bisherigen Koordinierungs-stabes für Einsatzaufgaben (Abbildung 8).

Unter Vorsitz des Generalinspekteurs bereitetder Einsatzrat die wesentlichen politischenund strategischen Entscheidungen des Bun-desministers als des Inhabers der Befehls-und Kommandogewalt vor und steuert derenUmsetzung. Mit der Übernahme des Vorsitzesim Einsatzrat wird der Generalinspekteur ver-antwortlicher Stabschef des Ministers für Ein-satzfragen. Bei unterschiedlichen Auffassun-gen im Einsatzrat legt der Generalinspekteurseinen Entscheidungsvorschlag dem Ministerzur Billigung vor.

Abbildung 8: Einsatz deutscher Streitkräfte

Stabsabteilung Operation

Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt

Befehlshaber desStreitkräfteführungskommandos

Streitkräfteführungs-kommando

Einsatzführungs-kommando

Nationaler Befehlshaberim Einsatzland

Deutsche Kontingente

Generalinspekteur (Vorsitz)

Inspekteure

Abteilungsleiter

EINSATZRAT

Planung undBeratung

Führung

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Streitkräfteführungskommando

Die Kommission empfiehlt, für die opera-tive Führung von Einsätzen der Bundes-wehr ein Streitkräfteführungskommandoaufzustellen.

135. Bislang gibt es kein streitkräftege-meinsames Führungselement unterhalb derEbene des Ministeriums. Heer, Luftwaffe undMarine haben eigenständige Führungskom-mandos, von denen jeweils eines fallweiseauch die deutschen Kräfte im Kriseneinsatzführt. Bei Bedarf wird Personal der anderenKommandos integriert, um die notwendigestreitkräftegemeinsame Expertise zusammen-zuführen. Bislang hat das Heeresführungs-kommando den größten Teil der Auslandsein-sätze geführt.

Mit dem Streitkräfteführungskommando wirdeine ständige streitkräftegemeinsame Einsatz-führungsinstanz unterhalb des Ministeriumsgeschaffen. Das Streitkräfteführungskomman-do erhält seine Befehle für den Einsatz direktvom Bundesminister der Verteidigung alsdem Inhaber der Befehls- und Kommandoge-walt. Es verbindet die politische Führung mitdem nationalen Befehlshaber im Einsatzraumund gewährleistet so auch die Interoperabi-lität mit den Führungsstrukturen der NATO,der EU und anderer Nationen, die vergleich-bare Hauptquartiere haben. Das Streitkräfte-führungskommando wird auch die Einsatz-führung multinational und teilstreitkraft-ge-meinsam zusammengesetzter Kräfte im EU-Rahmen oder für die OSZE und die VereintenNationen übernehmen können (lead nation-Funktion).

Einsatzführungskommando

Die Kommission empfiehlt, für Bundes-wehreinsätze im Ausland ein Einsatzfüh-rungskommando einzurichten.

136. Das Einsatzführungskommando unter-stützt den Nationalen Befehlshaber im Ein-satzland und nimmt die in nationaler Verant-wortung verbleibenden Führungsaufgaben wahr.Der Nationale Befehlshaber vertritt die Be-lange der Bundeswehr gegenüber den multi-nationalen Befehlshabern vor Ort, den Verbün-deten und dem Aufenthaltsstaat. Er stellt zu-dem die weitgehend in nationaler Zuständig-keit verbleibende Einsatzunterstützung für dasdeutsche Kontingent im Einsatzraum sicher.

Das Einsatzführungskommando muss außer-dem zur streitkräftegemeinsamen Einsatzfüh-rung deutscher Truppenteile in nationaler Ver-antwortung befähigt sein – beispielsweise zurFührung deutscher Kräfte, die das Einsatzge-biet unter Feindeinwirkung verlassen müssen.Zusätzlich muss es – nach lead nation-Muster –auch multinationale Verbände führen können.

Generalinspekteur

Die Kommission empfiehlt, zur Wahrneh-mung der teilstreitkraft-übergreifendenAufgaben die Kompetenzen des General-inspekteurs der Bundeswehr zu stärken.

137. Als militärischer Berater des Ministersund der Bundesregierung und als Gesamtver-antwortlicher für die konzeptionelle und pla-nerische Gestaltung der Bundeswehr besitztder Generalinspekteur zwar schon heute weit-reichende Kompetenzen. Seinem Stab fehlt es

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V. FÜHRUNG, TRUPPE, WEHRVERWALTUNG

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135 >

aber an ausreichenden Arbeitskapazitäten, umübergreifend zu planen, zu steuern und zukontrollieren. Dafür muss vor allem die Pla-nungsabteilung seines Führungsstabes perso-nell verstärkt werden.

138. Zur Unterstützung des Generalinspek-teurs in seiner Eigenschaft als Vorsitzenderdes Einsatzrats und als Stabschef des Minis-ters für Einsatzfragen sollte sein Führungs-stab um eine Operationsabteilung ergänztwerden. Im Auftrag des Inhabers der Befehls-und Kommandogewalt werden dort die Ent-scheidungen zu politisch-strategischen Ein-satzbedingungen vorbereitet, national undinternational abgestimmt und danach wei-sungsgemäß umgesetzt.

139. Wesentliche Teile des bisherigen Füh-rungsstabes der Streitkräfte werden nach denVorstellungen der Kommission den neuenFührungsstab des Inspekteurs „Zentrale Mili-tärische Dienste“ bilden. Der künftige Füh-rungsstab des Generalinspekteurs sollte daheraus den Abteilungen Planung, Operation, Mi-litärpolitik sowie Personal und Innere Füh-rung bestehen. Die vorgeschlagene personelleVerstärkung der Planungsabteilung sollte oh-ne zusätzliche Personalkosten durch Einspa-rungen in den anderen militärischen Abteilun-gen des Ministeriums erreicht werden.

Rüstungsrat

Die Kommission empfiehlt, im Ministe-rium einen regelmäßig tagenden Rüs-tungsrat zu schaffen. Den Vorsitz führtder Generalinspekteur.

140. Die Kommission sieht die Notwendig-keit, auch bei der Rüstungsplanung die streit-kräftegemeinsamen Belange in Zukunft stär-ker zur Geltung zu bringen. Die jetzigen Re-gelungen sind nicht geeignet, die Rüstungs-planung im Sinne der notwendigen Gesamtfä-higkeiten der Streitkräfte zu optimieren. DieBundeswehrplanung muss zudem mehr alsbisher auf Wirtschaftlichkeit achten. Deshalbsollte ein Rüstungsrat geschaffen werden.Dem Rüstungsrat gehören neben dem General-inspekteur und dem Abteilungsleiter Rüstungdie Inspekteure sowie der künftige Chef-Controller (aus dem Stab des StaatssekretärsFinanzen) und der künftige IT-Direktor an.Themenabhängig können weitere Abteilungs-leiter hinzugezogen werden (Abbildung 9,

Seite 88).

Kernaufgabe des Rüstungsrates ist es, Ausrüs-tungsplanung teilstreitkraft-übergreifend zukoordinieren, Leitlinien zu formulieren unddie Konzeptionen und Forderungen der Teil-streitkräfte mit der Gesamtplanung zu verein-baren. Bei unterschiedlicher Auffassung imRüstungsrat legt der Generalinspekteur seinenEntscheidungsvorschlag der Leitung zur Bil-ligung vor. Gleiches gilt in der Entwicklungs-phase und in der Beschaffungsphase für denAbteilungsleiter Rüstung.

141. Der Rüstungsrat wird durch einen Ar-beitsstab unterstützt. Hierfür wird eine in ih-ren Aufgaben erweiterte Stabsabteilung Pla-nung beim Generalinspekteur und eine neueUnterabteilung Rüstungsplanung für den Ab-teilungsleiter Rüstung eingerichtet. Beide ge-meinsam bilden ein Sekretariat, das die Sit-zungen des Rüstungsrats vor- und nachberei-tet. Die Abteilung Planung der Streitkräftesollte zu rund 25 Prozent mit zivilem, die

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Unterabteilung Rüstungsplanung zu rund 25Prozent mit militärischem Personal besetztwerden, um den ständigen Transfer von Sach-verstand zu institutionalisieren. Die Planungs-abteilung des Generalinspekteurs wird in ihrererweiterten Aufgabe durch Studiengruppenunterstützt. Sie haben die Aufgabe, funktionalzu beschreiben, welche Fähigkeiten die Streit-kräfte aufweisen müssen. Ein Teil der Stu-diengruppen ist im zentralen militärischenBereich anzusiedeln, um den teilstreitkraft-

gemeinsamen Aspekt stärker als in der Ver-gangenheit zur Geltung zu bringen. Die übri-gen Studiengruppen verbleiben in der Zustän-digkeit der Inspekteure und werden in dieÄmter eingegliedert. Vom Rüstungsrat einge-setzte Integrierte Projekt-Teams (IPT) sind fürdie praktische Verwirklichung bedeutenderRüstungsvorhaben verantwortlich (siehe Emp-fehlung „Integrierte Projekt-Teams“ – Ziffer190).

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Abbildung 9: Rüstungsrat

Vertreter der• Streitkräfte• Bundeswehrverwaltung• Industrie

IPT(Integrierte Projekt Teams)

Studiengruppen(Zuarbeit nach Richtlinien

des Rüstungsrats)

Ministerium

Generalinspekteur (Vorsitz)

Abteilungsleiter Rüstung

Controller

IT-Direktor

Inspekteure

RÜSTUNGSRAT

Unter-abteilungRüstungs-planung

Stabs-abteilungPlanung

Sekretariat

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142 >

STREITKRÄFTE

Der Einsatz der Streitkräfte in der Krise

Das Aufgabenspektrum, auf das sich dieStreitkräfte künftig einstellen müssen, wirdam möglichen Verlauf einer Krise deutlich:

■ Prävention und Präsenz

142. Bereits bevor in einer Krise über mili-tärisches Eingreifen entschieden wird, könnenLuft- und Seestreitkräfte weiträumig und sichgegenseitig ergänzend aufklären. Sie leistendamit schon im Vorfeld einer krisenhaftenEntwicklung wesentliche Beiträge zur Ur-teilsfähigkeit der politischen und militäri-schen Führung. Durch ihre sichtbare Aufklä-rungstätigkeit tragen sie zum präventiven Kri-senmanagement bei. Mit einer frühzeitigenVerlegung von Luft- und Seestreitkräftenkann das Bündnis Einigkeit und Entschlos-senheit demonstrieren, ohne dabei die territo-riale Integrität eines Staates zu verletzen.Luftstreitkräfte ermöglichen auch aus derEntfernung den raschen Aufbau wirksamermilitärischer Präsenz. Seestreitkräfte könnendie Hohe See zur demonstrativen Anwesen-heit vor den Küsten von Spannungsgebietennutzen.

Eingeschiffte Landstreitkräfte können in derNähe eines Einsatzorts zum raschen Eingrei-fen bereit gehalten werden. Auch ist ihre prä-ventive Stationierung in einer Krisenregionmöglich. Landstreitkräfte wirken durch Prä-senz vor Ort abschreckend und stabilisierend.Präsenz in der Luft und auf See birgt nur eingeringes Risiko, tiefer als beabsichtigt in einenKonflikt hineingezogen zu werden. Sie kann

jederzeit problemlos beendet werden. Soll siehingegen erhöht werden, gewährleisten Luft-und Seestreitkräfte durch ihre Reaktions-schnelligkeit, ihre Mobilität und ihre Reich-weite den Schutz und die Unterstützung derim Krisengebiet zu stationierenden Kräfte.

Viele Krisenregionen sind von Zentraleuropaaus nur über See oder per Lufttransport zu er-reichen. Während das Personal der Einsatz-kräfte im Regelfall eingeflogen wird, mussder Großteil des Materials über See transpor-tiert werden. Nur wenn eigene Kräfte die Zu-gänge zum Einsatzgebiet beherrschen, kön-nen Kriseneinsätze verantwortet werden.

■ Militärisches Eingreifen

143. Gelingt es nicht, eine Krise mit politi-scher und militärischer Prävention zu been-den, kann eine Konfliktbewältigung mit mili-tärischen Mitteln erforderlich werden. Daskann damit beginnen, dass präsente Kräftedas Krisengebiet abriegeln und ein Embargodurchsetzen. Bei Kampfhandlungen kann essich zunächst anbieten, zur Verringerung desVerlustrisikos nur Luft- und Seestreitkräfteeinzusetzen. Luftstreitkräfte können bei ge-ringer eigener Gefährdung über weite Entfer-nungen hinweg schnell und nachhaltig wir-ken. Seestreitkräfte operieren vor den Küstendes Einsatzlandes und unterstützen von dortdie eigenen Truppen.

Beim Beginn von Landoperationen haben ins-besondere die luftbeweglichen und luftme-chanisierten Verbände des Heeres die Aufga-be, die Operationsbasis im Einsatzland zu ge-winnen, die Zugänge zu sichern und die logis-tischen, sanitätsdienstlichen und sonstigenEinrichtungen zu schützen. Nur Landstreit-kräfte können Gebiete dauerhaft kontrollieren

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

und notfalls gewaltsam besetzen und schüt-zen. Sie überwachen Waffenstillstände, si-chern Demarkationslinien, wehren subversiveAttacken ab und schützen die Zivilbevöl-kerung gegen Übergriffe. Sie können nach einem Kampfeinsatz die öffentliche Ordnungschnellstmöglich wiederherstellen und auf-rechterhalten. Landstreitkräfte beseitigenKampfmittel, räumen Minen und unterstützenzivile Hilfsorganisationen bei der Versorgungder Bevölkerung. Um Krisengebiete dauer-haft zu befrieden, müssen Landstreitkräftenötigenfalls über lange Zeiträume hinwegdort stationiert bleiben.

Sollte es erforderlich werden, eine Operationabzubrechen und die eigene Truppe unterFeindeinwirkung zu evakuieren, ist gemeinsa-mes Handeln aller Kräfte besonders wichtig.Landstreitkräfte sichern den Abzug der Trup-pen und erforderlichenfalls auch der zivilenOrganisationen und werden dabei von Luft-und Seestreitkräften unterstützt.

■ Bündnisverteidigung

144. Sollte sich eine Krise zur Bündnisver-teidigung ausweiten, haben die Streitkräftezusammen mit den verbündeten Armeen dieAufgabe, die territoriale Unversehrtheit desBündnisgebiets zu bewahren oder wieder-herzustellen. Land-, Luft- und Seestreitkräftewirken in diesem Fall gemäß bündnisgemein-samer Planungen zusammen. Für die Bünd-nisverteidigung werden Reservisten vor allemfür den Personalersatz bei den präsenten Ver-bänden benötigt und nur in geringem Umfangfür den Aufwuchs gekaderter Einheiten.

Gliederung der Teilstreitkräfte

145. Die neuen Aufgaben und der verrin-gerte Gesamtumfang von 240.000 Soldatenerfordern eine neue Struktur der Teilstreit-kräfte, der Zentralen Militärischen Diensteund des Sanitätsdienstes.

Die Kommission empfiehlt, die Teilstreit-kräfte einsatzorientiert neu zu gestalten.

146. Die Entwicklung von Fähigkeiten fürdie Bewältigung von Kriseneinsätzen im Aus-land und die Verringerung der Truppenstärkebetreffen in besonderer Weise das Heer. Dortwird die Zahl der Soldaten von derzeit noch230.000 auf etwa 150.000 sinken. Die Luft-waffe wird nur um etwa 10.000 Soldaten aufdann rund 65.000 Männer und Frauen verklei-nert. Die Marine wird geringfügig auf einenUmfang von künftig etwa 25.000 Soldaten reduziert.

147. Diese Verkleinerung der Streitkräfte,die Reorganisation der Einsatzführung unddie Zusammenfassung zentraler Einsatzunter-stützungsaufgaben erlauben es, die truppen-dienstlichen Führungsstrukturen in den Teil-streitkräften zu straffen.

Hierzu empfiehlt die Kommission, beim Heerdie Korpsstäbe und bei der Luftwaffe die Stä-be der Luftwaffenkommandos Nord und Südaus der truppendienstlichen Führung heraus-zunehmen. Diese Stäbe sollten in Zukunft nurnoch Funktionen im Rahmen nationaler undmultinationaler Einsatzführung wahrnehmen.

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144 >

148. Wesentliche Unterstützungsaufgabenund Unterstützungskräfte werden aus denUnterstützungskommandos der Teilstreitkräftein die Zentralen Militärischen Dienste, in denZentralen Sanitätsdienst und den Rüstungsbe-reich verlagert. Die in den Teilstreitkräftenverbleibenden Aufgaben und Kräfte der bis-herigen Unterstützungskommandos rechtfer-tigen deren Erhalt als Höhere Kommandobe-hörde nicht mehr. Die bisherige Führungsor-

ganisation der Teilstreitkräfte mit drei höherenKommandobehörden (Führungskommando,Amt, Unterstützungskommando) wird aufga-benorientiert angepasst und in eine zweiglied-rige Struktur überführt (Abbildung 10).

Für die neue Struktur der Teilstreitkräfte gel-ten die folgenden Überlegungen der Kommis-sion:

Abbildung 10: Truppendienstliche Führungsorganisation der Teilstreitkräfte

Bundesministerder Verteidigung

Heeres-amt

Heeres-führungs-

kommando

Luft-waffen-

amt

Luftwaffen-führungs-

kommando

Marine-amt

Flotten-kommando

ÄmterSchulen

...

DivisionenHeeres-

truppen-kommando

ÄmterSchulen

...

DivisionenKommandos

ÄmterSchulen

...

Flottillen

Ministerium

Brigaden Verbände Geschwader

Führungsstab desHeeres

Inspekteurdes

Heeres

Führungsstab derLuftwaffe

Inspekteurder

Luftwaffe

Führungsstab derMarine

Inspekteurder

Marine

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Heer

149. Die Fähigkeit zur dauerhaften Beteili-gung an zwei gleichzeitigen Kriseneinsätzenin dem in Kapitel III beschriebenen Umfangbestimmt im Wesentlichen die zukünftigeStruktur des Heeres.

■ Einsatzbrigaden

150. Die Forderung, zwei parallele Krisen-einsätze jeweils in Brigadestärke dauerhaftführen zu können, verlangt bei einem fünffa-chen Rotationsfaktor eine Truppenstärke vonzehn Einsatzbrigaden. Aus der Grundstrukturdieser Brigaden müssen Ausrüstung und Per-sonal lageabhängig so ausgewählt und zu Ein-satzkontingenten zusammengestellt werdenkönnen, dass unterschiedlichste Operationenbis hin zum mechanisierten Gefecht hoher In-tensität möglich sind. Darüber hinaus solltesich die Bundeswehr weiterhin mit einer luft-beweglichen Einsatzbrigade an der Multina-tionalen Division für Mitteleuropa beteiligen.Wegen ihrer Eignung für besondere Einsätzesollte zudem an einer Gebirgsjäger- oder Jä-gerbrigade festgehalten werden. Somit bildenkünftig zwölf präsente Einsatzbrigaden denKern der Einsatzkräfte des Heeres – darin ein-geschlossen die deutsch-französische Brigade.

■ Divisionskommandos

151. Für die truppendienstliche Führungder Einsatzbrigaden im normalen Dienst-betrieb und für die Führung multinationalerVerbände im Einsatz sind weiterhin Divi-sionskommandos erforderlich. Mit Blick aufrein europäisch geführte Operationen sollteDeutschland als eine der großen Nationenauch militärische Führungskapazitäten bereit-stellen können. Deutsche Divisionskomman-

dos müssen deshalb von Personal und Ausrüs-tung her in der Lage sein, multinationale Kom-mandos für Landstreitkräfte oder Sektor-hauptquartiere im Einsatzgebiet zu stellen.Unter Berücksichtigung des fünffachen Rota-tionsfaktors erachtet die Kommission deshalbfünf Divisionskommandos für die Einsatzfüh-rung als erforderlich.

Die Einsatzbrigaden werden in ihrer organisa-torischen Grundstruktur nicht alle im Einsatzzusätzlich notwendigen Elemente der Ein-satz- und Führungsunterstützung enthaltenkönnen. Die hierfür erforderlichen Kräfte,beispielsweise Aufklärungs-, Fernmelde- undLogistiktruppen, sind auf Divisionsebene zu-sammenzufassen.

■ Korpskommandos

152. In der neuen Struktur entfallen reinoder weitgehend nationale Korpskommandos.Deren Personal kann zum Aufbau des Streit-kräfteführungskommandos und des Einsatz-führungskommandos herangezogen werden.Den verbleibenden multinationalen Korpskom-mandos werden ausschließlich operative Auf-gaben zugewiesen. Für den Einsatz könnenihnen unter anderem auch deutsche Großver-bände zugeordnet werden. Das Ausmaß deut-scher Beteiligung an multinationalen Kom-mandos sollte parallel zur Verminderung derAnzahl deutscher Divisionen und Brigadenzurückgeführt werden.

■ Heeresführung

153. Die truppendienstliche Führung derDivisionen und der deutschen Heeresanteilein bi- und multinationalen Großverbänden ob-liegt dem Heeresführungskommando.

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149 >

Besonders spezialisierte Kräfte sind als Hee-restruppen zusammenzufassen. Sie unterstüt-zen die Divisionen und Brigaden des Heeresin Ausbildung und Einsatz. Operationen, mitdenen ein Einsatzgebiet vor Eintreffen derHauptkräfte gewonnen und gesichert werdensoll und das Erfordernis schneller Reaktiongegenüber Kräften, die nicht in unmittelba-rem Kontakt mit eigenen Bodentruppen ste-hen, verlangen den beschleunigten Aufbau ei-ner luftmechanisierten Brigade. Die Heeres-fliegerbrigade führt den Lufttransport für dieKräfte des Heeres durch. Die Spezialkräftedes Heeres für Rettung, Evakuierung, Abwehrterroristischer Bedrohung und Aufklärungzählen ebenfalls zu den Heerestruppen. Beider Führungsunterstützung, der Fernmelde-und Elektronischen Aufklärung, der Operati-ven Information, der Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit und der Logistik mussuntersucht werden, welche Kräfte und Mittelim Heer verbleiben und welche den zentralenDiensten zugeordnet werden sollten.

Um das Heeresführungskommando zu entlas-ten, sollte die Einrichtung eines Heerestrup-penkommandos geprüft werden. Es hätte dieGröße eines Divisionskommandos. Ihm wä-ren alle Heerestruppen unterstellt.

■ Ausbildung

154. Die Notwendigkeit eines regelmäßigenAustauschs von Personal zwischen Ausbil-dungsverbänden und Einsatzkräften sprichtfür eine Verknüpfung von Einsatz- und Aus-bildungsstrukturen auf Brigade- und Divi-sionsebene und gegen die Aufstellung reinerAusbildungsbrigaden. Im Inland können da-her die fünf Divisionskommandos die trup-pendienstliche Führung von den für Einsatz-brigaden vorgesehenen Kräften, den jeweili-

gen Divisionstruppen und den zugeordnetenAusbildungsverbänden übernehmen.

■ Bündnisbeitrag

155. Mit den für Kriseneinsätze vorgesehe-nen präsenten Kräften kann das Heer seinender NATO zugesicherten Beitrag in Stärke ei-ner Division zur Bündnisverteidigung außer-halb Mitteleuropas leisten. Die Ausbildungs-verbände stehen für den mobilmachungsab-hängigen Aufwuchs von Kräften im Umfangvon zwei bis drei weiteren Brigaden zur Ver-fügung, die im Falle eines großen militäri-schen Konflikts den vorhandenen Divisions-kommandos unterstellt werden können. Diedafür erforderliche materielle Ausstattung istbereitzuhalten.

Unter Rückgriff auf alle präsenten Kräfte desHeeres und nach Aufwuchs der zusätzlichenBrigaden kann Deutschland Landstreitkräfteim Umfang von fünf Divisionen mit 15 Ein-satzbrigaden zur kollektiven Verteidigung inMitteleuropa bereitstellen. Das sind ungefähr100.000 Soldaten.

■ Ausrüstung

156. Für die einsatz- und aufwuchsfähigenBrigaden und ihre Unterstützungsanteile er-scheint nach Auffassung der Kommission einUmfang von 3.500 gepanzerten Waffenträ-gern und 2.000 gepanzerten Transportfahr-zeugen als angemessen. Das bedeutet nahezueine Halbierung der gegenwärtig vorhande-nen Hauptwaffensysteme. Die Zahl an Hub-schraubern sollte wegen der gesteigerten Be-deutung der Luftmechanisierung und Luftbe-weglichkeit weiterhin bei etwa 500 bis 600Stück liegen.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Luftwaffe

157. Die Grobstruktur für die Einsatzkräfteder Luftwaffe leitet sich direkt aus den in Ka-pitel III für die deutschen Luftstreitkräfte de-finierten Einsatzkontingenten ab.

■ Einsatzverbände

158. Die Luftwaffe soll Kräfte für bis zuzwei unabhängige und dauerhafte Krisenein-sätze mit einem Einsatzumfang von insge-samt 90 bis 100 Luftfahrzeugen sowie Luftbe-tankungskapazitäten, zehn Staffeln bodenge-bundener Luftverteidigung mit Elementen zurFührung und Unterstützung sowie zur Ver-legung von Einsatz- und Einsatzunterstüt-zungskräften bereitstellen. Das bedeutet nicht,dass an zwei getrennten Schauplätzen überJahre hinweg Kampfeinsätze mit der Inten-sität des Golfkrieges oder der Kosovo-Inter-vention geführt werden können. Vielmehrmüssen aus einem dauerhaft zur Verfügungstehenden Dispositiv variabel Kräfte bis zurHöhe der vorgegebenen Einsatzkontingenteabgerufen werden können.

Die Zusammensetzung dieser Kräfte und dieGewichtung der Teilkomponenten (Führungund Führungsunterstützung, Nachrichtenge-winnung und Aufklärung, Luftverteidigung,Luftangriff, Lufttransport und Luftbetankung,bewaffnete Such- und Rettungsaufgaben, un-mittelbare Einsatzunterstützung) leiten sichdabei aus der jeweiligen Aufgabe im multina-tionalen Kontext und aus den in nationalerVerantwortung verbleibenden Aufgaben ab.Die Kräfte der Luftwaffe werden meist als inmultinationale Strukturen eingebettete Kon-tingente zum Einsatz kommen.

■ Einsatzführung

159. Für Führung und Führungsunterstüt-zung werden über die Wahrnehmung der Na-tionalen Lufthoheit hinaus nationale Einsatz-führungskräfte mit der Befähigung zum mo-bilen Einsatz aufzubauen sein. Diese Kräftewerden zugleich die geforderte Führungsfä-higkeit für multinationale Luftkriegsoperatio-nen gewährleisten. Mit der Einführung mo-derner und mobiler Führungssysteme könnendie heutigen, auf eine weitgehend ortsfesteEinsatzführung in Mitteleuropa ausgerichte-ten Strukturen und Umfänge trotz gestiegenerAnforderungen um etwa 30 Prozent reduziertwerden.

■ Aufklärung – Luftverteidigung – Luftangriff

160. Bei der Nachrichtengewinnung undAufklärung müssen vor allem für satellitenge-stützte abbildende Aufklärung und für weit-räumige luftgestützte, sowohl abbildende alsauch signalerfassende Lageaufklärung neueFähigkeiten aufgebaut werden. Darüber hi-naus sind die personelle Verfügbarkeit und die Durchhaltefähigkeit der Kräfte für die signalerfassende Aufklärung zu stärken.

Für das Aufgabenspektrum Aufklärung, Luft-verteidigung und Luftangriff werden etwa400 Kampfflugzeuge gegenüber heute 437nötig sein, um die geforderten 90 bis 100Luftfahrzeuge in der jeweils geforderten Zu-sammensetzung im Einsatz halten oder fürden Einsatz bereitstellen zu können. Damitkönnen zugleich die notwendige Einsatzaus-bildung der nicht im Einsatz befindlichen Be-satzungen betrieben und die nationale Luftho-heit gesichert werden. Berücksichtigt ist hier

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auch die Zahl der Kampfflugzeuge, die sichständig im technischen und logistischenKreislauf (Industrieinstandsetzung, Nach-und Umrüstung) befinden.

Bei den Kräften der bodengebundenen Luft-verteidigung wird sich die Zahl der notwendi-gen Flugabwehrraketen-Staffeln zwischen 40und 50 einpendeln (gegenüber 86 Staffelnheute). So können die je Einsatzkontingentbenötigten fünf Flugabwehrraketen-Staffelnin einer durchhaltefähigen Organisation be-reitgestellt werden. Allerdings müssen siedringend modernisiert werden.

■ Einsatzunterstützung

161. Für eine nachhaltige Einsatzunterstüt-zung im Einsatzraum werden die verlegbarenlogistischen Kräfte verstärkt werden müssen.Neue Technologien werden den Materialer-haltungsaufwand reduzieren. Die im Inlandverbleibenden logistischen Aufgaben könnenzusammengefasst und die Kooperation mitder Industrie intensiviert werden. So kann dieLogistik ohne zusätzliches Personal mittel-und langfristig gestärkt werden.

Bei Lufttransport und Luftbetankung gibt esDefizite. Die gestiegenen Anforderungen kön-nen nicht erfüllt werden. LeistungsfähigereSysteme müssen in diesem Jahrzehnt be-schafft werden. Womöglich können die Stück-zahlen geringfügig sinken. Für den bewaffne-ten Such- und Rettungsdienst muss ebenfallsbesser vorgesorgt werden.

■ Bündnisbeitrag

162. Mit dem für die Aufgabe der Krisen-bewältigung veranschlagten Kräftedispositivwird die Luftwaffe in der Lage sein, auch ihreAufgaben im Rahmen der Landes- und Bünd-nisverteidigung zu erfüllen. Kräfte werdengemäß der jeweiligen NATO-Eventualfallpla-nungen als nationales und bündnisgemeinsa-mes Potenzial bereitgestellt. Die Aufgaben imRahmen der Erweiterten Luftverteidigungkönnen wahrgenommen werden. Die nationa-le Lufthoheit, der Schutz der eigenen Bevöl-kerung und die Nukleare Teilhabe, solangeDeutschland an ihr festhält, sind sicherge-stellt.

■ Organisation und Führungsstruktur

163. Die Anzahl der Geschwader und Regi-menter der Luftwaffe in der Zielstruktur leitetsich im Wesentlichen aus den für die Groß-waffensysteme veranschlagten Stückzahlenab. Wo immer möglich sollten reduzierteStückzahlen auch zum Abbau von Strukturengenutzt werden.

In der neuen Struktur werden die Luftwaffen-kommandos Nord und Süd aus der truppen-dienstlichen Führung herausgelöst und mitkleinerem Personalbestand zu einem operati-ven Luftwaffenkommandostab zusammenge-fasst. Mit diesem Stab, der im Einsatzfall na-tionaler oder multinationaler Verstärkung be-darf, wird eine Kernfähigkeit für die operativeFührung von Luftstreitkräften im nationalenoder im europäischen und multinationalenRahmen bereitgestellt. Die vier Luftwaffen-divisionen und das Lufttransportkommandounterstehen zukünftig direkt dem Luftwaffen-führungskommando.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Die Kommandeure der Luftwaffendivisionenkönnen mit ihren Stäben zusätzlich als natio-nale Luftwaffen-Kontingentführer im Ein-satzland agieren. Die notwendige Durchhalte-fähigkeit wird dadurch sichergestellt, dassvier Divisionskommandos im Wechsel einge-setzt werden können. Auch deshalb sollte je-der Division ein ausgewogener Mix von Luft-waffen-Einsatzverbänden unterstellt werden.Das Luftwaffenamt wird zukünftig für Auf-gaben der teilstreitkraftspezifischen Einsatz-unterstützung sowie für die Wahrnehmungvon zentralen Aufgaben und von Daueraufga-ben im Streitkräftebetrieb der Luftwaffe ver-antwortlich. Hierzu gehören auch Aufgabender konzeptionellen und planerischen Weiter-entwicklung der Luftwaffe. Die dem Luftwaf-fenamt nachgeordnete Führungsstruktur istdabei im Wesentlichen abhängig von Art undAnzahl der unterstellten Schulen, Ämter undVerbände.

Marine

164. Die Marine muss wie die anderen Teil-streitkräfte in der Lage sein, für zwei gleich-zeitige Kriseneinsätze jeweils einen Einsatz-verband zu stellen.

■ Einsatzverbände

165. Flottenverbände werden regelmäßigunter Führung eines Bündnisses und meist inKooperation mit anderen Teilstreitkräften ein-gesetzt. Die deutsche Marine ist an den meis-ten multinationalen Verbandsstrukturen betei-ligt. Da es jedoch in den Bündnissen nur ingeringem Umfang feste oder vorgeplanteStrukturen von Seestreitkräften gibt, wird dieMehrzahl aller verbündeten Seestreitkräfte

nationalen Einsatzverbänden angehören, diebei Bedarf einem internationalen Hauptquar-tier unterstellt werden. Die Verbände größererNationen bilden den Kern von im Einsatz auf-wachsenden multinationalen Verbänden. Sieverfügen über die wichtigsten Seekriegs-,Führungs- und Unterstützungsmittel, und sienehmen Teilverbände und Schiffe kleinererMarinen in ihre Strukturen auf. Ihre zunächstnationale Führung wird durch Angehörige an-derer Marinen ergänzt, die sich dem jeweili-gen Verband anschließen.

Die Fähigkeit, auch unter Bedrohung vor denKüsten von Krisengebieten zu operieren, er-fordert ein breites Spektrum von Aufklä-rungs- und Reaktionsmöglichkeiten. DamitSeestreitkräfte den Einsatzerfordernissen über,auf und unter Wasser genügen können, müs-sen sie aus Schiffen, U-Booten und Flugzeu-gen bestehen.

Die deutschen Einsatzverbände sollten sichaus je einer Fregattengruppe, einer Korvetten-gruppe und einer Minenabwehrgruppe, ausein bis zwei U-Booten zuzüglich Marine-flieger-, Transport- und Unterstützungskräf-ten samt den notwendigen Führungsele-menten zusammensetzen.

■ Seekriegsmittel

166. Bis zu 40 Prozent der Seestreitkräftekönnen für einen sofortigen Einsatz bereitge-halten werden. Daraus errechnet sich die not-wendige Anzahl von Waffensystemen für diegeforderten Einsatzverbände. Abhängig da-von, wie sich ein multinationaler Verband ineiner Operation durch Kräfte anderer Marinenergänzt, kann der eigene Anteil reduziert wer-den, damit ein realistischer Ablöserhythmuserreicht wird.

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164 >

Die derzeitigen Planungen der Marine sinddarauf bereits abgestellt: Die Zahl der Minen-kampfeinheiten, der U-Boote und der See-fernaufklärer wird verringert, die Schnellboo-te werden abgeschafft und ein Teil der Unter-stützungsfahrzeuge wird durch eine kleinereZahl größerer und leistungsfähigerer Schiffeersetzt. Als neue Seekriegsmittel sind Kor-vetten und Transportfahrzeuge vorgesehen.Insgesamt sind 16 Fregatten, 15 Korvetten,12 U-Boote, 22 Minenkampfeinheiten,11 Unterstützungseinheiten, 3 Flottendienst-boote, 12 Seefernaufklärungsflugzeuge, min-destens 38 Marinehubschrauber und 50 Mari-nejagdbomber geplant.

Die neuen Aufgaben, vor allem die Unterstüt-zung anderer Teilstreitkräfte, und die Ent-wicklungen bei den Verbündeten verlangeneine weiter reichende Neuorientierung als bis-her beabsichtigt. Vordringlich erscheint, dieFührungsfähigkeit zu verbessern und militäri-sche Transportschiffe zu beschaffen, mit de-nen Streitkräfte auch unter Bedrohung insEinsatzland gebracht, dort unterstützt und ge-gebenenfalls zurückverlegt werden können.Das erfordert zusätzliche Hubschrauber undUmschlagtruppen. Zu prüfen ist hingegen, obdie Aufgaben der Jagdbomber künftig durchandere Seekriegsmittel hinreichend erfülltwerden können. Auch sollten Waffensystemewie etwa Seefernaufklärungsflugzeuge, dieeinen großen Unterstützungsaufwand erfor-dern, künftig nicht mehr national, sondern imeuropäischen Verbund betrieben werden.

■ Bündnisbeitrag

167. Mit den vorgesehenen Kräften kanndie Marine auch die Aufgaben bewältigen, dieim Bündnisfall auf sie zukommen werden. Siemuss dann in der Lage sein, die Seewege zu

den deutschen Häfen zu sichern, und sie mussdazu beitragen, den Zugang zu den Einsatzge-bieten der verbündeten Streitkräfte zu ge-währleisten. Das sind Teile der Ostsee für dieVerteidigung Mitteleuropas und bei anderenKonflikten die Europa umgebenden Rand-meere. Deutschland hat keine nationalen über-seeischen Verpflichtungen wie andere europä-ische Bündnispartner, die deshalb eine erheb-lich größere Marine unterhalten. Der Beitragder Deutschen Marine für das Bündnis ist imgeplanten Umfang noch angemessen. Er soll-te aber nicht weiter verringert werden.

Zentrale Militärische Dienste

Die Kommission empfiehlt, die Verant-wortung für Einsatzführung und Einsatz-unterstützung zusammenzulegen. Dazusind die Unterstützungskräfte und dieTerritorialen Streitkräfte zusammenzu-fassen und dem Stellvertreter des Gene-ralinspekteurs als Inspekteur „ZentraleMilitärische Dienste“ zu unterstellen.

■ Kräfte

168. Der gemeinsame Einsatz von Verbän-den aller Teilstreitkräfte außerhalb Deutsch-lands erfordert eine gemeinsame Unterstüt-zungsorganisation. Die hierfür benötigten Ein-satzunterstützungs- und Führungsunterstüt-zungsaufgaben müssen, wie im Kapitel „DasUnternehmen Bundeswehr“ näher erläutert,aus den Teilstreitkräften herausgelöst und ineinem zentralen Bereich zusammengefasstwerden.

Außerdem sollten hier künftig auch die terri-torialen Aufgaben wahrgenommen werden.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Sie galten in der Vergangenheit vor allem derAufrechterhaltung der Operationsfreiheit derNATO-Truppen in Deutschland. Das hat sichgrundlegend geändert. In der neuen strategi-schen Lage werden die territorialen Kräfte imWesentlichen aus Deutschland heraus Streit-kräfte bei Einsätzen unterstützen. Dies schließtdie Unterstützung der Verbündeten (Host Na-

tion Support) ein. Wegen der Verkleinerungder Streitkräfte kann auch die Anzahl derWehrbereichskommandos von derzeit siebenauf nicht mehr als vier verringert werden.

■ Organisation

169. Dem Stellvertreter des Generalinspek-teurs unterstehen bereits jetzt die ZentralenMilitärischen Dienststellen: eine Anzahlunterschiedlicher Ämter, Ausbildungseinrich-tungen, Attachéstäbe und andere Dienststel-len im In- und Ausland, jedoch keine Truppen.Er verfügt über keinen eigenen Führungsstab,sondern bedient sich wie der Generalinspek-teur des Führungsstabes der Streitkräfte. Dieempfohlene Zusammenfassung verändert Auf-gaben und Struktur des bisherigen Zentralbe-reichs.

Um die neue Organisation führen zu können,wird aus jenen Elementen des bisherigen Füh-rungsstabes der Streitkräfte, die künftig nichtTeil des Führungsstabes des Generalinspek-teurs werden, ein Führungsstab „Zentrale Mi-litärische Dienste“ gebildet. Der Inspekteur„Zentrale Militärische Dienste“ hat die glei-chen Befugnisse wie die anderen Inspekteureund ist in Personalunion der Stellvertreter desGeneralinspekteurs. Ihm sollte ein Vertreterbeigegeben werden.

Dem Inspekteur „Zentrale Militärische Diens-te“ unterstehen das Streitkräfteamt und dasStreitkräfteführungskommando. In den vomStreitkräfteamt geführten Ämtern, künftigenAgenturen und Ausbildungseinrichtungen wer-den Leistungen für alle Teilstreitkräfte unddarüber hinaus für die gesamte Bundeswehrnach standardisierten Verfahrensregeln er-bracht. Außerdem unterstehen ihm die heutevorhandenen Zentralen Militärischen Dienst-stellen. Dem Streitkräfteführungskommandowerden die für Führungs- und Einsatzunter-stützung vorgesehenen Kräfte und die Territo-rialen Streitkräfte truppendienstlich unter-stellt. Damit wird – wie bei den Teilstreitkräften– eine übersichtliche zweigliedrige Organisa-tionsform geschaffen. Sie gibt die Verantwor-tung für Einsatzführung, Führungsunterstüt-zung und Einsatzunterstützung in eine Handund trägt damit der operativen Bedeutung derUnterstützung bei Auslandseinsätzen Rech-nung.

■ Unterstützungsverband für zivile Aufgaben

Die Kommission empfiehlt, einen im Be-darfsfall mit Reservisten aufzufüllendenVerband zur Unterstützung der Einsatz-kräfte in Krisengebieten bei der Versor-gung der Zivilbevölkerung und bei derWiederherstellung der öffentlichen Ord-nung aufzustellen.

170. Die Versorgung der Zivilbevölkerungist die Voraussetzung, um eine Krisenregionzu stabilisieren. Sie schafft Vertrauen undträgt zur Krisenbewältigung bei. Erst nachBeendigung der Kampfhandlungen und Ge-walttaten wird diese Aufgabe nach und nachan zivile Organisationen übergehen können.Vorher müssen sich meist die Soldaten der

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V. FÜHRUNG, TRUPPE, WEHRVERWALTUNG

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169 >

Friedenstruppen darum kümmern, dass diegrößte Not gelindert und das zivile Lebenwieder in geregelte Bahnen gelenkt wird. Die-se humanitären Aufgaben können die Mittelund Möglichkeiten von Einsatzkräften in er-heblichem Umfang binden und gelegentlichübersteigen. Sie müssen durch spezielle Kräf-te entlastet werden.

Die Rolle als öffentliche Ordnungsinstanz er-fordert zudem Fähigkeiten, die Soldaten fürihren militärischen Einsatz nicht benötigenund deshalb auch nicht trainieren. Dazu rech-nen etwa die Reparatur von Versorgungssyste-men oder die Wiederherstellung einer funk-tionierenden örtlichen Verwaltung. In bisheri-gen Einsätzen haben sich für solche ArbeitenReservisten mit entsprechenden zivilen Qua-lifikationen bewährt. Daher sollte ein beson-derer Verband für Aufgaben der zivil-militäri-schen Unterstützung aufgestellt werden. Die-ser Verband sollte aus einem kleinen Anteilaktiver Soldaten bestehen und bei Bedarf mitfreiwilligen Reservisten aufgefüllt werden,die über die benötigten Kenntnisse und Fähig-keiten verfügen.

Die Stärke der in den Einsatz zu entsenden-den Kräfte hängt vom Bedarf ab. Vielfalt undUmfang möglicher Aufgaben und die Not-wendigkeit, unter Umständen über längereZeit in einem Krisengebiet tätig zu sein,macht für diese Aufgabe ein großes Reservis-tenpotenzial erforderlich. Der Unterstützungs-verband für zivil-militärische Aufgaben kannnur dann in hinreichendem Maße für Kriseneinsatzfähig werden, wenn neue gesetzlicheGrundlagen und Verfahren für die Beorde-rung und Einberufung von Reservisten derenVerfügbarkeit gewährleisten. Der neue Ver-band sollte ebenfalls dem Streitkräftefüh-rungskommando unterstehen.

■ Gesamtübersicht

171. Aus den angestellten Überlegungen er-gibt sich für den Organisationsbereich „Zen-trale Militärische Dienste“ folgendes Gliede-rungsbild (Abbildung 11, Seite 100):

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Sanitätsdienst

Die Kommission empfiehlt, den Sanitäts-dienst der Bundeswehr in einem Organi-sationsbereich „Zentraler Sanitätsdienst“zusammenzuführen; Heer, Luftwaffe,Marine und Zentrale Militärische Dienstebehalten nur noch das für die truppen-,flieger- und schiffsärztliche Versorgungihrer Einsatzkräfte unmittelbar notwen-dige Sanitätspersonal.

172. Die Bundeswehr betreibt schon heuteein international beispielgebendes und aner-kannt leistungsfähiges Behandlungs- und Ret-tungskonzept, das weiter ausgebaut werdensollte. Gleichwohl entspricht der Sanitäts-dienst nicht mehr den Anforderungen, diesich aus den neuen Aufgaben der Streitkräfteergeben. Seine organisatorische Zersplitterungverhindert sowohl eine an einheitlichen Qua-litätsvorgaben ausgerichtete Ausbildung allerSanitätssoldaten als auch den Zugriff auf die

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Abbildung 11: Zentrale Militärische Dienste

Führungsstab ZentraleMilitärische Dienste

Inspekteur Zentrale Militärische

Diensteund

Stellvertreterdes Generalinspekteurs

Agenturen

Ämter

Ausbildungs-einrichtungen

Streitkräfteamt

Führungsunter-stützungskräfte

Einsatzführungs-kommando

Territoriale Kräfte

Einsatzunter-stützungskräfte

Zivil-militärischerUnterstützungsverband

Streitkräfte-führungskommando

Ministerium

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V. FÜHRUNG, TRUPPE, WEHRVERWALTUNG

101

172>

Gesamtheit der für bestimmte Einsatzaufgabenbenötigten Spezialisten und eine geschlosseneEinsatzvorbereitung.

Aus geänderten politischen Rahmenbedin-gungen, der Weiterentwicklung im zivilenGesundheitswesen, steigendem Versorgungs-und Ausstattungsstandard und einem gewach-senen medizinischen Anspruch der Soldaten resultiert für den Sanitätsdienst ein erheb-licher Optimierungs- und Investitionsbedarf.Es ist daher unabdingbar, stärker als bisherLeistungsschwerpunkte zu bilden, nicht ein-satzrelevante Strukturen abzubauen und Kräf-te und Mittel zu zentralisieren.

■ Versorgung

173. Die Kommission misst einer qualitativhochstehenden medizinischen Versorgung derSoldaten im Einsatz eine besondere Bedeu-tung zu. Sie muss so bemessen sein, dassdurch die Behandlung der Soldaten noch amEinsatzort ein dem Standard der Versorgungin Deutschland entsprechendes Ergebnis –entweder sofort oder in späteren Behand-lungsschritten – erzielt werden kann und beinotwendiger Repatriierung zusätzliche Schä-den vermieden werden.

Die Kommission hält es deshalb für geboten,den Sanitätsdienst nicht in die neue gemeinsa-me Unterstützungsorganisation einzugliedern,sondern umfassend zu restrukturieren und ineinem Organisationsbereich „Zentraler Sani-tätsdienst“ zusammenzuführen. Der Umfangdieses neuen Zentralen Sanitätsdienstes richtetsich im Wesentlichen nach den Erfordernis-sen, die sich aus den Einsatzoptionen derStreitkräfte außerhalb Deutschlands ergeben.Daraus folgt: Die medizinische Versorgung inDeutschland wird nur noch in dem Maße vom

Sanitätsdienst selbst erbracht, wie es für dieEinsatzbereitschaft der Streitkräfte erforder-lich ist oder unter Kosten-Nutzen-Gesichts-punkten begründet werden kann. Im Rahmender fachärztlichen und stationären Versorgungder Soldaten in Deutschland wird es ange-sichts des dynamischen Fortschritts von Me-dizin und Technik mit zunehmender Speziali-sierung von Teildisziplinen immer schwieri-ger, den zivil-medizinischen Leistungsum-fang selbst uneingeschränkt aufrechtzuerhal-ten. Deshalb sollte der Sanitätsdienst, wo im-mer möglich und sinnvoll, auf vorhandene zi-vile Kapazitäten zurückgreifen können. Da-raus ergibt sich zwangsläufig auch die Not-wendigkeit einer engeren Verzahnung mitdem zivilen Gesundheitswesen.

174. Der Betrieb von Bundeswehrkranken-häusern und Instituten des Sanitätsdienstesdient hinfort nicht mehr primär der klinischenVersorgung der Soldaten. Bundeswehrkran-kenhäuser haben in Zukunft vor allem denZweck, Fachpersonal zu qualifizieren, inÜbung zu halten und auf Einsätze vorzuberei-ten. Hierfür sollten die heutigen acht Bundes-wehrkrankenhäuser umgegliedert und zu fünfgroßen, überregionalen unfall- und rettungs-medizinisch ausgerichteten Kliniken der höch-sten Versorgungsstufe zusammengeführt wer-den. Parallel hierzu ist die Zahl der Einsatzla-zarette von derzeit zwei auf künftig vier zu er-höhen.

Wenn es weniger Bundeswehrkrankenhäusergibt, müssen in manchen Regionen noch mehrSoldaten in zivile Krankenhäuser überwiesenwerden. Zum Ausgleich sollten in den verblei-benden klinischen Großeinrichtungen des Sa-nitätsdienstes in stärkerem Maße als bisherKassenpatienten behandelt werden dürfen, dadie fachliche Expertise des Sanitätspersonals

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

nur durch ein breites Patientenspektrum um-fassend erhalten werden kann. Dafür müssendie Bundeswehrkrankenhäuser im Sozialge-setzbuch V verankert werden. Dies trägt imÜbrigen auch dem öffentlichen Interesse ander ungefährdeten Einsatzbereitschaft des Sa-nitätsdienstes Rechnung.

Die Institute des Sanitätsdienstes sollten vonklinischen Untersuchungsleistungen entlastetund so restrukturiert werden, dass Wissen-schaft und Forschung im Vordergrund stehen.Um Kosten bei der Verwaltung der Bundes-wehrkrankenhäuser und Institute zu sparen,bietet es sich an, die Aufgaben der Träger-schaft der Sanitätseinrichtungen gemeinsaman zentraler Stelle und unter Berücksichti-gung zivil-militärischer Kooperationsmög-lichkeiten wahrzunehmen.

175. Die unentgeltliche allgemeinmedizini-sche Versorgung durch Truppenärzte bleibt inForm des auch vom zivilen Gesundheitswesenangestrebten Primärarztsystems dort erhalten,wo sie wirtschaftlicher ist als die Abstützungauf zivile Einrichtungen. Dies wird vor allemin Großstandorten der Fall sein, an denen Be-handlungszentren mit entsprechender Auslas-tung eingerichtet werden können. Soldaten,die nicht in der Nähe einer Sanitätseinrich-tung der Bundeswehr stationiert sind, werdennach militärmedizinischen Vorgaben zivil ver-sorgt.

■ Organisation

176. Der neue „Zentrale Sanitätsdienst“steht unter truppen- und fachdienstlicher Verantwortung des Inspekteurs des Sanitäts-dienstes der Bundeswehr. Um Parallelstruktu-ren zu vermeiden, wird sich der Sanitätsdienst– wie Heer, Luftwaffe und Marine auch – der

zentralen Unterstützungsorganisation bedie-nen.

Die Schnittstelle zwischen Zentralem Sani-tätsdienst und den anderen Organisationsbe-reichen muss neu gestaltet werden. Bei Heer,Luftwaffe, Marine und den Zentralen Militä-rischen Diensten ist nur noch das für die sani-tätsdienstliche Unterstützung ihrer Einsatz-kräfte unmittelbar notwendige Sanitätsperso-nal auf truppen-, flieger- und schiffsärztlicherEbene truppendienstlich unterstellt. Alle übri-gen sanitätsdienstlichen Einrichtungen undKräfte werden dem Zentralen Sanitätsdienstzugeordnet. Die fachdienstliche Verantwor-tung für den gesamten Sanitätsdienst liegtbeim Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bun-deswehr, der auch für die Personalführungund Ausbildung des Sanitätspersonals verant-wortlich ist.

177. Für den Einsatz werden sanitätsdienst-liche Einsatzverbände dem Streitkräftefüh-rungskommando unterstellt. Außerhalb vonEinsätzen unterstehen sie in der neuen Struk-tur einem Sanitätsführungskommando, dem –entsprechend der Anzahl der künftigen Wehr-bereiche – nicht mehr als vier Regionalkom-mandos nachgeordnet sind. Diese führen diein ihrer Region stationierten Bundeswehrkran-kenhäuser und Einsatzlazarette mit den darausmodular bereitzustellenden Rettungszentrenund Rettungsstationen und auch die in der Re-gion angesiedelten Behandlungszentren.

Neben dem Sanitätsführungskommando bleibtdas Sanitätsamt als weitere Kommandobehör-de für die fachlichen und öffentlich-recht-lichen Belange des Sanitätsdienstes zustän-dig; es führt die Institute und Ausbildungsein-richtungen. Die neu zu schaffenden Stäbe

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V. FÜHRUNG, TRUPPE, WEHRVERWALTUNG

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175 >

– Sanitätsführungskommando und Regional-kommandos – gehen im Wesentlichen aus be-stehenden sanitätsdienstlichen Stabs- und Füh-rungselementen in den Teilstreitkräften undaus Anteilen des heutigen Sanitätsamtes her-vor. Die neuen Behandlungszentren werdendurch Zusammenlegung von Standortsanitäts-zentren und Facharztzentren geschaffen (Ab-

bildung 12).

178. Wenn der Sanitätsdienst in der be-schriebenen Art konsequent zentralisiert undauf Einsatzerfordernisse ausgerichtet wird,können die militärischen Dienstposten vonheute rund 26.700 auf etwa 24.000 reduziertwerden. Dabei werden sich allerdings in denPersonalkategorien Verschiebungen ergeben,die insbesondere bei Unteroffizieren mit ge-sundheitsberuflicher Qualifikation und beiSanitätsoffizieren gegenüber heute zu einemAufwuchs führen können.

Abbildung 12: Sanitätsdienst der Bundeswehr

Inspekteur des Sanitätsdienstes

der Bundeswehr

Institute

Ausbildungs-einrichtungen

Einsatz-lazarette

Bundeswehr-krankenhäuser

Behandlungs-zentren

Sanitätsführungs-kommando

3–4 Regional-Kommandos

Sanitätsamtder Bundeswehr

Ministerium

Führungsstab desSanitätsdienstes

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Wehrverwaltung im Einsatz

Die Kommission empfiehlt, im Hinblickauf die Auslandseinsätze der Streitkräftedie Aufgaben der Truppenverwaltung inden Einsatzkräften durch Soldaten wahr-nehmen zu lassen.

179. Verwaltungsaufgaben im Auslandsein-satz werden derzeit von zivilen Mitarbeiternder Bundeswehr wahrgenommen, die als Wehr-übende eingezogen werden. Sie besitzen damitKombattantenstatus und können an Kampf-handlungen teilnehmen. Auch wenn das nurzur Selbstverteidigung erfolgt, muss dem einegründliche militärische Ausbildung vorange-hen. Das ist derzeit nicht gewährleistet. Außer-dem ist nicht sicher, dass die in Einsatzkräftendienenden Truppenverwaltungsbeamten ihremTruppenteil als Wehrübende auch zur Verfü-gung stehen, wenn sie gebraucht werden. FürVerwaltungsaufgaben in den Einsatzkräftensollten daher grundsätzlich Soldaten vorgese-hen und entsprechend ausgebildet werden. Siemüssen einer eigenen Laufbahn angehören.

Rechtspflege im Einsatz

Die Kommission empfiehlt, für die einsatz-bezogene, insbesondere völkerrechtlicheRechtsberatung bei Auslandseinsätzen Soldaten mit entsprechender juristischerAusbildung einzusetzen.

180. Derzeit werden auch die mit Auslands-einsätzen zusammenhängenden Aufgaben derRechtsberatung ausschließlich durch zivileAngehörige der Bundeswehr wahrgenommen.Die Kommission regt an, dem Beispiel wich-tiger Partner zu folgen und dafür künftig Sol-daten mit juristischer Ausbildung einzuset-

zen. Viele mit dem Einsatz von Streitkräftenzusammenhängende Rechtsprobleme, insbe-sondere völkerrechtliche Fragen, können nurdann in angemessener und vor Ort umsetzba-rer Weise beantwortet werden, wenn die Bear-beiter über solide militärische Kenntnisse ver-fügen. Das gilt beispielsweise für die militäri-sche Einsatzdoktrin und für die nationalenund multinationalen Führungsgrundsätze undEinsatzverfahren. Rechtsberater mit Kombat-tantenstatus sind überdies leichter und vielsei-tiger einsetzbar. Sie können selbst für ihrenSchutz sorgen.

Aufwuchsfähigkeit

Die Kommission empfiehlt, das Reservis-tenpotenzial zur Herstellung eines Vertei-digungsumfangs von etwa 300.000 Solda-ten und darüber hinaus zur Bildung einerPersonalreserve von etwa 100.000 Solda-ten zu verwenden.

181. Im Rahmen der Neuorganisation derTeilstreitkräfte, der Zentralen MilitärischenDienste und des Zentralen Sanitätsdiensteswird eine gegenüber heute deutlich vermin-derte Aufwuchsfähigkeit benötigt. Für dieBundeswehr werden künftig gebraucht:

● Ausbildungsverbände des Heeres in Stärkevon zwei bis drei Brigaden, die im Bünd-nisfall mobilmachungsabhängig zu Einsatz-verbänden aufwachsen können;

● Ein mobilmachungsabhängiger Unterstüt-zungsverband für zivile Aufgaben im Ein-satzland;

● Personalersatz für präsente Verbände, umderen Durchhaltefähigkeit zu verbessern.

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V. FÜHRUNG, TRUPPE, WEHRVERWALTUNG

105

179 >

Insgesamt sollte für die detaillierte Auspla-nung von Strukturen und Ausrüstung einRichtwert von etwa 300.000 Soldaten für denVerteidigungsumfang angestrebt werden. Da-mit kann den absehbaren militärischen Risi-ken wirksam begegnet werden. Jede höhereAufwuchszahl hätte zudem eine beträchtlicheErhöhung des Präsenzumfangs und einen er-heblichen materiellen und finanziellen Mehr-bedarf zur Folge. Die Personalreserve sollterund 100.000 Reservisten umfassen und fürdie Aufgabe des Personalersatzes angemessenstrukturiert sein.

TERRITORIALE WEHRVERWALTUNG

Abbau von Dienststellen

Die Kommission empfiehlt, die Territoria-le Wehrverwaltung den Veränderungen inden Streitkräften anzupassen und die An-zahl der Dienststellen zu vermindern.

182. Die zukünftige Stationierung derStreitkräfte (siehe Empfehlung „Stationie-rung“ – Ziffer 224ff) wird in der TerritorialenWehrverwaltung erhebliches Rationalisie-rungspotenzial freisetzen. Ebenso wenig wiedie militärische Stationierung darf die Ein-richtung von Dienststellen der TerritorialenWehrverwaltung ein Instrument der Regional-politik sein. Vielmehr muss auch hier das Kri-terium der Wirtschaftlichkeit der Bundeswehrim Vordergrund stehen. Bei sinkender Zahlund organisatorischer Zusammenfassung vonStandorten kann es auch weniger Standortver-

waltungen geben. Künftig sollte eine Stand-ortverwaltung 4.000 bis 6.000 Soldaten undZivilbedienstete in einem Umkreis von etwa50 Kilometern betreuen. Damit könnte dieZahl der Standortverwaltungen nahezu hal-biert werden.

Struktur und Zahl der Wehrbereichsverwaltun-gen muss sich an funktionalen Aspekten orien-tieren. Bei weniger Standortverwaltungenwird es möglich, die Zahl der Wehrbereichs-verwaltungen wie bei den Wehrbereichskom-mandos von derzeit sieben auf drei oder vierabzusenken. Die verbleibenden Wehrbereichs-verwaltungen werden künftig für mehr Bun-desländer zuständig sein als bisher. Ihre Perso-nalausstattung sollte sich daran bemessen.

Verkleinerung des Wehrersatzwesens

Die Kommission empfiehlt, die Wehrer-satzorganisation der modifizierten Wehr-form und der verminderten Personalstär-ke der Streitkräfte anzupassen.

183. Die mit der Entscheidung für einenAuswahl-Wehrdienst einhergehende verän-derte Einberufungspraxis wird den adminis-trativen Aufwand in der Wehrersatzorganisa-tion – zumal in den Kreiswehrersatzämtern –beträchtlich verringern. Auch die Aufgabender personellen und materiellen Mobilma-chungsergänzung werden wegen des deutlichverkleinerten Verteidigungsumfangs der Streit-kräfte zukünftig weniger Personal binden. Eine Verminderung der Zahl der Kreiswehr-ersatzämter ist möglich. Erhalten bleiben soll-te aber eine angemessene räumliche Nähe zuden Wehrpflichtigen.

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AUSRÜSTUNG UND BEWAFFNUNG VI.

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VI. AUSRÜSTUNG UND BEWAFFNUNG

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184 >

PLANUNG UND ENTWICKLUNG

184. Die Kommission hat in ihren Untersu-chungen festgestellt, dass wirtschaftliche As-pekte in der Rüstungsplanung zu oft als zweit-rangig angesehen werden. Zwischen den Teil-streitkräften mangelt es an der notwendigenAbstimmung. Die Zeiten von der Planung biszur Realisierung eines Vorhabens sind zulang. Die Erfahrung lehrt, dass sich Kostenproportional zu den Entwicklungs- und Be-schaffungszeiten erhöhen. Weitere Kostentrei-ber sind unausgereifte Technologien, ein star-res Haushaltsrecht und das spätere Nach-schieben von Forderungen. Schließlich wech-seln bei Planung und Realisierung von Vorha-ben die Zuständigkeiten zu oft. Diese Mängelgilt es künftig zu beseitigen.

Rüstungsplanung

Die Kommission empfiehlt, die Priori-tät wichtiger Beschaffungsvorhaben unterteilstreitkraft-übergreifenden Gesichts-punkten zu bestimmen.

185. Faktisch obliegt es bislang den Inspek-teuren, die Dringlichkeit großer Rüstungspro-jekte innerhalb ihrer Planungen festzulegen.Welches Gewicht Rüstungsvorhaben zukommtund in welcher Reihenfolge sie verwirklichtwerden, muss sich hingegen nach Meinungder Kommission zwingend aus den Bedürf-nissen der Streitkräfte insgesamt ergeben. Umdas in Zukunft zu erreichen, muss der Gene-ralinspekteur als Vorsitzender des Rüstungs-rats jährliche Leitlinien für die Rüstungspla-

nung vorgeben. Er ist damit gesamtverant-wortlich für eine teilstreitkraft-übergreifende,bundeswehr-gemeinsame Rüstungsplanung.

Europäische Rüstungskooperation

Die Kommission empfiehlt, den Ausrüs-tungsbedarf der Streitkräfte mit den eu-ropäischen Partnern abzustimmen undmilitärisches Großgerät gemeinschaftlichzu beschaffen und zu nutzen.

186. Die rüstungspolitische Zusammenar-beit in Europa ist hinter dem Tempo der euro-päischen Integration zurückgeblieben. Dieeuropäischen Mittel und Möglichkeiten müs-sen besser gebündelt und gemeinsam genutztwerden. Regierungen und wehrtechnischeUnternehmen in Europa sind gleichermaßengefordert, die Voraussetzungen dafür zu schaf-fen, dass aus den zersplitterten europäischenRüstungsmärkten ein einheitlicher europäi-scher Markt hervorgeht.

Deutschland und die europäischen Partnersollten den veränderten und zugleich vermin-derten Bedarf der Streitkräfte möglichst ge-meinsam definieren und diesen Bedarf übereine europäische Rüstungsindustrie decken.So könnten unnütze Doppel- oder gar Mehr-fachentwicklungen von Systemen vermiedenwerden. Angesichts der gemeinsamen Aufga-ben der europäischen Streitkräfte ist es nichtlänger zu verantworten, dass in mehreren eu-ropäischen Staaten Hauptwaffensysteme wieFlugzeuge und Panzer parallel entwickelt undproduziert werden.

Es gibt mittlerweile hoffnungsvolle Ansätzezu einer europäischen Gemeinsamkeit auf

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

dem Rüstungssektor: Die von Deutschland,Frankreich, Italien und Großbritannien ge-gründete Rüstungsorganisation OCCAR (Or-

ganisation Conjointe de Coopération en Ma-

tière d'Armement) koordiniert, beaufsichtigtund verantwortet Rüstungsprogramme ihrerMitgliedstaaten. Der von den Verteidigungs-ministern der Western European Armaments

Group (WEAG) verabschiedete Gesamtplansoll die Voraussetzungen für eine EuropäischeRüstungsagentur von dreizehn Ländern schaf-fen. Die Absichtserklärung (Letter of Intent)

der Verteidigungsminister von Deutschland,Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanienund Schweden sieht vor, die erforderlichenrechtlichen Rahmenbedingungen einer Um-strukturierung und Zusammenarbeit der Rüs-tungsindustrien ihrer Länder zu schaffen undin Regierungsvereinbarungen umzusetzen. DieKommission ermuntert die Bundesregierungnachdrücklich, den eingeschlagenen Weg kon-sequent weiter zu gehen.

Entstehungsgang Wehrmaterial

Die Kommission empfiehlt, die standardi-sierten Verfahrensabläufe bei der Entste-hung und Beschaffung von Wehrmaterialzu straffen.

187. Der Entstehungsgang Wehrmaterialsollte vereinfacht werden. Das bisherigeMehrphasensystem kann nach den Vorstel-lungen der Kommission auf drei Phasen (Vor-phase, Entwicklungsphase, Realisierungs-/Nutzungsphase) und zwei vom Rüstungsratzu treffende Stufenentscheidungen (Entschei-dung zur Entwicklung, Entscheidung zur Be-schaffung) verkürzt werden.

Die Vorphase ersetzt den bisherigen Phasen-vorlauf. In ihr werden bis zu 15 Prozent (bis-lang weniger als 5 Prozent) der für das Ge-samtvorhaben vorgesehenen Mittel eingesetzt,um Entwicklungsrisiken klein zu halten. Wehr-technische Forschung und Technologie erlan-gen erhöhte Bedeutung. Die Anwendung vonSimulationsverfahren, die Herstellung vonPrototypen und der Bau von Demonstratorenkönnen das technische Risiko verringern undden langwierigen Beschaffungsprozess vonRüstungsmaterial erheblich beschleunigen.Am Ende der Vorphase wird über die Ent-wicklung entschieden. Die Vorphase kann auchdirekt in die Realisierungsphase übergehen,falls geeignetes Material auf dem Markt ver-fügbar ist. Die Entwicklungsphase ersetzt diebisherige Definitions- und Entwicklungspha-se. Sie wird durch die Risikominimierung inder Vorphase verkürzt. Nachforderungen derTeilstreitkräfte werden grundsätzlich nichtmehr zugelassen und in Ausnahmefällen be-sonders kritisch examiniert. Industrie undAuftraggeber erproben gemeinsam. Am Endeder Entwicklungsphase wird auch über dieBeschaffung entschieden. Die Realisierungs-und Nutzungsphase bleibt im Wesentlichenunverändert.

188. In allen Phasen hat der Rüstungsrat be-sondere Bedeutung: Er betreibt ein überge-ordnetes Forderungs- und Konzeptionscon-trolling. Das bedeutet: Forderungen der Trup-pe werden unter den Gesichtspunkten Mach-barkeit und Wirtschaftlichkeit untersucht; alleVorhaben werden kontinuierlich auf Stimmig-keit und Vereinbarkeit mit der Gesamtkonzep-tion Bundeswehr überprüft.

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VI. AUSRÜSTUNG UND BEWAFFNUNG

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187 >

Agentur

Die Kommission empfiehlt, zur Beschaf-fung von Wehrmaterial eine Rüstungs-agentur einzurichten. Sie wird im Kernaus dem Bundesamt für Wehrtechnik undBeschaffung gebildet und erhält eine pri-vatrechtliche Organisationsform.

189. Ein wirtschaftlicher Erwerb von Wehr-material wird bislang von zahllosen Vor-schriften behindert und durch bürokratischeHemmnisse erschwert. Deshalb empfiehltsich die Einrichtung einer Rüstungsagentur.Nach Überzeugung der Kommission lässt nureine privatrechtliche Organisation erwarten,dass der Beschaffungsgang für Wehrmaterialbeschleunigt und auf diese Weise ein höheresMaß an Effizienz, Flexibilität und Wirtschaft-lichkeit erreicht wird.

Projekt-Teams

Die Kommission empfiehlt, Rüstungsvor-haben in Zukunft durch Integrierte Pro-jekt-Teams zu realisieren.

190. Die Verwirklichung bedeutender Rüs-tungsvorhaben ist künftig Aufgabe von Inte-grierten Projekt-Teams (IPT). Sie werdenvom Rüstungsrat eingesetzt und beginnen ih-re Arbeit, wenn ein Vorhaben konzeptionellbeschrieben und verabschiedet ist. IntegrierteProjekt-Teams bestehen aus Vertretern derStreitkräfte (Bedarfsträger), der Bundeswehr-verwaltung (Bedarfsdecker) und der Indust-rie. Letztere wird damit enger als bislang inden Entstehungsgang für Wehrmaterial einge-bunden. In allen Phasen der Realisierungmuss die Verantwortung klar zugeordnet sein.

Der Vorhabenverantwortliche steuert das Pro-jekt. Ihm muss finanzielle und personelleKompetenz eingeräumt werden. IntegrierteProjekt-Teams arbeiten nach Weisung und un-ter Kontrolle der Rüstungsagentur.

MODERNISIERUNG

191. Die Kommission hat untersucht, wel-che Ausrüstung die Streitkräfte für ihre neuenAufgaben und die dafür nötigen Fähigkeitenim nächsten Jahrzehnt brauchen. Die Überle-gungen der Kommission hierzu berücksichti-gen sowohl die Erfahrungen der Bundeswehraus den bisherigen internationalen Einsätzenwie auch die Initiativen in der NATO und inder EU zur Stärkung des europäischen sicher-heits- und verteidigungspolitischen Potenzials.

Streitkräfte brauchen eine moderne materielleAusstattung, die gleichermaßen die Überle-bensfähigkeit der Soldaten, die Wirksamkeitder militärischen Kräfte und das Zusammen-wirken mit Verbündeten und Partnern sichert.Die im Kalten Krieg aufgebauten Potenzialewaren dazu gedacht, eine großangelegte Ag-gression nach nur kurzer Warn- und Vorberei-tungszeit abzuwehren. Einige dieser Fähig-keiten sind indessen für Aufgaben der Krisen-reaktion und der Bündnisverteidigung außer-halb Deutschlands kaum zu gebrauchen.Vorrangig auf den Einsatz in spezifischen Re-gionen (etwa der Ostsee) optimierte Kräfteoder quantitativ und qualitativ zum Kampfgegen gepanzerte Großverbände ausgelegteWaffensysteme entsprechen nicht den neuen

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Anforderungen oder sind in ihrer Stückzahlüberdimensioniert. Sie binden Mittel undKräfte, die andernorts dringend benötigtwerden.

Die Ausrüstungsplanung ist immer noch ge-prägt durch ein lineares Fortschreiben der bis-herigen Planungen der Teilstreitkräfte. Sie istnur unzureichend ausgerichtet an den neuenAufgaben und an den künftig benötigten Fä-higkeiten der Streitkräfte. Sie berücksichtigtzudem nicht, dass die für die Realisierungnotwendigen Mittel in der geforderten Höhekaum zur Verfügung stehen werden. Somit istdie derzeitige Ausrüstungsplanung nicht hin-reichend an den neuen Herausforderungenorientiert, unterfinanziert und wenig realis-tisch.

Beschaffung

192. Angesichts mehrerer Dutzend vonRüstungs-Großvorhaben, die von der Bundes-wehr gegenwärtig betrieben werden, sind kon-krete Aussagen zu Einzelprojekten nicht mög-lich. Die Kommission hat sich aber auf Leitli-nien verständigt und kommt zu folgendenEmpfehlungen:

Die Kommission empfiehlt, bei der Neu-beschaffung von Wehrmaterial der Füh-rungs- und Aufklärungsfähigkeit, der Mo-bilität der Truppe, dem Schutz der Streit-kräfte im Einsatz sowie der Abstands-und Präzisionsfähigkeit der Bewaffnungden Vorrang zu geben.

■ Nachrichtengewinnung und Aufklärung

193. Die Bundesregierung braucht umfas-sende, aktuelle, wetter- und tageszeitunabhän-gige Aufklärungsergebnisse, um krisenhafteEntwicklungen frühzeitig zu erkennen undeinseitige Abhängigkeiten von Aufklärungs-erkenntnissen Dritter zu vermeiden. Die Defi-zite der nationalen und europäischen Auf-klärung sind zuletzt im Kosovo-Konfliktoffenkundig geworden. Bei der strategischenAufklärung durch Satellitensysteme und beider operativen Aufklärung durch fliegende,weiträumig abbildende Aufklärung verfügtDeutschland über keine oder keine ausrei-chenden Kapazitäten. Bei der taktischen Auf-klärung einschließlich der Ziel- und Wir-kungsaufklärung bestehen qualitative Defizite– vor allem wegen fehlender Abstands- undEchtzeitfähigkeit.

Diese Ausrüstungslücken müssen geschlossenwerden. Bei strategischen und operativen Sys-temen sind europäische Lösungen für Be-schaffung und Betrieb schon aus Kostengrün-den anzustreben. Darüber hinaus muss Sorgegetragen werden, dass diese Systeme im Ver-bund wirken können. Während Heer, Luft-waffe und Marine bei der Entwicklung inter-ner Informationsnetze Fortschritte gemachthaben, besteht in der streitkräftegemeinsamenechtzeitnahen Zusammenführung aller Infor-mationen ein erheblicher Nachholbedarf. Aufungefilterte Daten von Aufklärungssystemenmuss ein uneingeschränkter nationaler Zu-griff möglich sein.

Die Kommission regt deshalb an, entspre-chende Vorhaben mit höchster Priorität aufden Weg zu bringen. Das sind vor allem Auf-klärungssatelliten, Systeme zur allwetterfähi-gen, weiträumigen, abbildenden Aufklärung

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VI. AUSRÜSTUNG UND BEWAFFNUNG

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192 >

und die Herstellung der Abstands- und Echt-zeitfähigkeit.

■ Führungsunterstützung

194. Die jeweiligen Führungssysteme derTeilstreitkräfte sind bisher weithin als Insellö-sungen realisiert worden. Zusammenarbeitverlangt aber Interoperabilität zwischen Heer,Luftwaffe und Marine. Ziel muss sein, einFührungssystem Bundeswehr aufzubauen. Zu-gleich muss die Bundeswehr mit den Streit-kräften der Partnerländer zusammenwirkenkönnen. Führungsunterstützung ist zwar einBestandteil deutscher Truppenkontingenteund daher vorrangig national bereitzustellen.Deutsche Streitkräfte werden jedoch künftigauch vermehrt multinationale Kontingente imEinsatz zu führen haben. Es liegt daher imdeutschen Interesse, die Interoperabilität mitden Partnerländern sicherzustellen. Wo im-mer möglich, sollten Kooperationslösungengefunden werden.

■ Verlegefähigkeit und Mobilität

195. Während in Mitteleuropa weiterhin dieMasse der Streitkräfte auf Straße und Schieneverlegt werden kann, ist das bei Einsätzen inanderen Regionen nicht oder nur sehr einge-schränkt möglich. Für großräumige Verlege-aktionen in Kriseneinsätzen fehlt der Bundes-wehr die nötige Ausrüstung. Über strategischeTransportkapazitäten verfügt sie überhauptnicht. Mit Blick auf das neue Aufgabenspek-trum sind eine strategische Lufttransportka-pazität (einschließlich der Fähigkeit zur Luft-betankung) und leistungsfähige Seetransport-kapazitäten in enger Abstimmung mit den eu-ropäischen Partnern aufzubauen. Bereits er-griffene Initiativen, zum Beispiel das Europä-

ische Lufttransportkommando, müssen kon-sequent verfolgt und um See- und Landkom-ponenten erweitert werden. Für die anstehen-den umfangreichen Beschaffungsprogrammesind europäische Lösungen unabdingbar.

Nach den Vorstellungen der Kommission soll-te die Entwicklung und Beschaffung vonTransportflugzeugen, von Transporthubschrau-bern, von Einsatzunterstützungs- und Trans-portschiffen und zwei weiteren verlegefähi-gen, modularen Einsatzlazaretten vorange-trieben werden. Ergänzend sind zivile Leis-tungen vertraglich zu fixieren und zu nutzen.Logistische Kapazitäten sollten in europäi-scher Abstimmung betrieben werden. Nichtjedes Land muss alles im eigenen Inventar ha-ben. Aber alle sollten die Fähigkeiten nutzenkönnen.

■ Kampf und Kampfunterstützung

196. Die vorhandenen Waffensysteme derBundeswehr werden den veränderten Einsatz-Szenarien nur noch zum Teil gerecht. DerSchwerpunkt künftiger Ausrüstung muss aufPräzisionsbewaffnung mit Abstandsfähigkeitunter Allwetter-Bedingungen liegen. DieKommission befürwortet eine Abstands- undPräzisionsbewaffnung für den JagdbomberTORNADO, Luft-Luft-Flugkörper mittlererund kurzer Reichweite für das europäischeJagdflugzeug EUROFIGHTER, Präzisions-munition für den Artillerieverbund, Panzerab-wehrraketen für den Unterstützungshub-schrauber sowie Lenkflugkörper für die Kor-vetten. Diese Rüstungsmaßnahmen solltenhohe Priorität haben. Vorhandene Ausrüstungund Bewaffnung sollte modernisiert werden,wenn damit Präzisions- und Abstandsfähig-keit erreicht werden kann.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

■ Luftverteidigung

197. Die Einsatzkräfte der Bundeswehrmüssen sich auch bei Einsätzen zur Krisen-vorsorge und Konfliktbewältigung gegen Be-drohungen aus der Luft wirksam schützenkönnen. Das verlangt eine mobile erweiterteLuftverteidigung. Dabei handelt es sich umtechnisch hochentwickelte Verteidigungssys-teme, deren Komplexität weiter wächst, wenndamit auch ballistische Flugkörper abgewehrtwerden sollen. Das birgt überdurchschnittli-che technische und finanzielle Risiken. DieKommission hält es daher für nötig, Beschaf-fungsentscheidungen auf dem Sektor der er-weiterten Luftverteidigung davon abhängigzu machen, ob und inwieweit ein sinnvollerSchutz zu vertretbaren Kosten erreicht wer-den kann. Solche Systeme sind für Einsatz-aufgaben vorgesehen, an denen die Bundes-wehr stets gemeinsam mit Verbündeten teil-nimmt. Die Entwicklung einer Konzeption fürdie integrierte erweiterte Luftabwehr ist dahereine zentrale Aufgabe europäischer Verteidi-gungspolitik in enger Verbindung mit derNATO. Wegen der hohen Kosten ist eine ge-meinsame, nach Möglichkeit arbeitsteiligeEntwicklung und Beschaffung geboten. Diesgilt für die Anstrengungen aller Teilstreitkräf-te. Im übrigen wird darauf zu achten sein,dass sich die Entwicklungen land- und seege-stützter Luftverteidigungssysteme im Sinneeines Waffensystemverbundes ergänzen.

198. Die Bedrohung der Streitkräfte aus derLuft lenkt den Blick auch auf eine möglicheBedrohung durch atomare, biologische undchemische Kampfmittel. Die ABC-Abwehrsollte auf Streitkräfte im Einsatz konzentriertwerden. Der passive Schutz muss verstärkt

und die Ausrüstung zum Aufspüren und Be-stimmen von B- und C-Waffen optimiert wer-den. Moderne Dekontaminationsverfahren sindüberfällig.

Im Übrigen hat die Kommission festgestellt,dass der Schutz der zivilen Bevölkerung vorterroristischen Angriffen mit B- und C-Waf-fen auf deutschem Territorium nicht ausreicht.Als erster Schritt für eine bessere Risikovor-sorge sollte die Zuständigkeit zwischen denRessorts der Bundesregierung präzise gere-gelt werden.

Zentralisierung

Die Kommission empfiehlt,Ausrüstung zurWahrnehmung teilstreitkraft-gemeinsamerAufgaben bei einer einzigen Teilstreitkraft,bei den Zentralen Militärischen Dienstenoder beim Zentralen Sanitätsdienst zu-sammenzufassen.

199. Die Kommission hat festgestellt, dassHeer, Luftwaffe und Marine ihre Ausrüs-tungsplanung zu wenig aufeinander abge-stimmt haben und teilstreitkraft-gemeinsameAufgaben nicht hinreichend berücksichtigtwurden. Das hat zum Teil zu Parallelplanun-gen und zu Überschneidungen geführt. DieFolge war eine duplizierte und nicht komple-mentäre Ausrüstung. Beispiele finden sich beiAufklärung, Kampf in der Tiefe, Hubschrau-bertransport und beim bewaffneten Such- undRettungsdienst (CSAR). Diese Aufgaben unddie entsprechende Ausrüstung sind künftigvorrangig einer einzelnen Teilstreitkraft, demneu zu schaffenden Organisationsbereich

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VI. AUSRÜSTUNG UND BEWAFFNUNG

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197 >

Zentrale Militärische Dienste oder dem Zen-tralen Sanitätsdienst zuzuordnen.

Aussonderung

Die Kommission empfiehlt, das in derkünftigen Struktur nicht mehr benötigteoder bereits überzählige militärische Groß-gerät so schnell wie möglich zu verringernoder gänzlich auszusondern.

200. Viele der im Kalten Krieg angelegtenWaffenbestände zur Abwehr einer großange-legten Aggression entsprechen in der Qualitätnicht mehr den neuen Anforderungen und inder Quantität nicht mehr den künftigen Struk-turen. Der strukturelle und organisatorischeUmbau der Bundeswehr wird vor allem dasmilitärische Großgerät des Heeres erheblichverringern. Nach einer groben Schätzungkönnen die Bestände an Kampf- und Schüt-zenpanzern sowie an gepanzerter Artillerie et-wa halbiert werden. Ebenso stark können dieStückzahlen des FlugabwehrraketenpanzersROLAND und des Flugabwehrkanonenpan-zers GEPARD schrumpfen. Da in Krisen-einsätzen die Fähigkeit zum Sperren vonGelände oder von Seeabschnitten an Bedeu-tung verliert, kann die Anzahl der Minen undMinenleger ebenfalls verringert werden.Eine vorgezogene Reduzierung der Zahl derKampfflugzeuge MIG 29 und PHANTOMsowie der Schnellboote ist erstrebenswert.

Aus allen Teilstreitkräften sollten zahlreicheveraltete Systeme, deren Betrieb unwirt-schaftlich geworden ist und deren Funktionnur noch darin besteht, als Platzhalter für

Nachfolgesysteme zu dienen, schnellstmög-lich ausgesondert werden. Zumindest sind dieBestände entscheidend zu verkleinern. Hierzuzählen unter anderem der Mannschaftstrans-porter M 113 und das Flugabwehrraketensys-tem HAWK. Schließlich bezweifelt die Kom-mission, dass es unter NATO- und EU-Gesichtspunkten sinnvoll ist, Marinejagd-bomber weiter im Dienst zu halten. Dafürfehlt eine stichhaltige Konzeption.

TECHNOLOGIE UND RÜSTUNGSWIRTSCHAFT

201. Eine in modernen Schlüsseltechnolo-gien leistungsstarke und innovationsfähigeeuropäische Rüstungsindustrie ist ein notwen-diger Bestandteil der gemeinsamen europäi-schen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.Als wirtschaftlich stärkstes Land der Europäi-schen Union hat Deutschland hierzu einen an-gemessenen Beitrag zu leisten. Angesichtsdes Wettbewerbsdrucks vor allem aus denUSA lassen sich in den entscheidenden Indust-riebereichen die notwendigen Betriebsgrößennur durch transnationale Zusammenschlüsseerzielen. Diese Umstrukturierung der euro-päischen Rüstungswirtschaft ist auf Initia-tive der Unternehmen in vollem Gang. DiePolitik muss ihre Forschungs-, Entwicklungs-und Beschaffungspolitik – ausgerichtet amZukunftsbedarf der Streitkräfte und unter Beachtung strenger Wirtschaftlichkeitskrite-rien – als flankierende Maßnahme für diesen

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Prozess anlegen. Es geht darum, die deut-schen Unternehmen durch die gezielte, unterden europäischen Partnern abgestimmte För-derung von Kernfähigkeiten in die Lage zuversetzen, ihren Beitrag zur rüstungswirt-schaftlichen Europäisierung zu erbringen.

Solche Kernfähigkeiten können vom öffent-lichen Auftraggeber allein weder auf nationa-ler noch auf europäischer Ebene gewährleistetwerden. Zum einen finden spitzentechnologi-sche Innovationen heute im Wesentlichen aufdem zivilen Sektor statt. Zum anderen trägtdas Bundesministerium der Verteidigung nurrund ein Prozent zu den in Deutschland fürForschung und Entwicklung insgesamt aufge-wandten Mitteln bei. Der Anteil der von derWehrtechnik abhängigen Arbeitsplätze an derGesamtbeschäftigung beträgt in Deutschlandkaum mehr als zwei Promille. Die Industrieist mehr denn je gefordert, selbst die Initiativezu ergreifen. Sie wird künftig früher und en-ger in den Entstehungsgang Wehrmaterialeingebunden. Die Verzahnung mit den Streit-kräften und der Rüstungsagentur über die In-tegrierten Projekt-Teams gewährleistet eineintensivere Zusammenarbeit mit dem öffent-lichen Auftraggeber.

202. Rüstungskooperation ist ein integralerBestandteil jeder gemeinsamen Außen- undSicherheitspolitik. Deutschland hat wie seineEU-Partner ein elementares politisches undökonomisches Interesse daran, den künftigenBedarf der Streitkräfte gemeinsam oder zu-mindest in enger Abstimmung zu definierenund durch eine leistungs- und wettbewerbsfä-hige europäische Technologie- und Rüstungs-basis zu decken. Daran sollte die deutsche In-dustrie angemessen beteiligt sein.

Zukunftstechnologien

Die Kommission empfiehlt, die Schwer-punkte militärischer Forschung und Ent-wicklung auf diejenigen Zukunftstechno-logien zu legen, die neue Fähigkeiten fürStreitkräfte erschließen und Entwicklungs-risiken verringern.

203. Wie bereits beschrieben, liegen diedeutschen wehrtechnischen Prioritäten aufden Feldern strategische Aufklärungs-, Über-wachungs- und Führungsfähigkeit, operativeMobilität und Verlegefähigkeit, Schutz derStreitkräfte im Einsatz und Fähigkeit zurPunktzielbekämpfung über große Entfernung.Deshalb bilden die Technologiefelder Sensor-technik, Optronik, Elektronische Kampffüh-rung, Radartechnik, Aufklärungstechnik, Präzi-sions- und Abstandswaffen und zielsuchendeWaffensysteme die Grundlage für eine mo-derne Ausrüstung der Streitkräfte. DieseTechnologien müssen bei der wehrtechni-schen Industrie gezielt gefördert werden. Diedeutsche Rüstungsindustrie sollte sich aller-dings mehr als bisher an der Finanzierung vonForschungs- und Entwicklungsvorhaben be-teiligen.

Industriestrukturen

Die Kommission empfiehlt, nur solche in-dustriellen Kernfähigkeiten zu fördern,die sich aus den Schwerpunkten künftigerAusrüstung im europäischen Rahmen be-stimmen lassen.

204. Die Ausrüstung der Streitkräfte mussden geänderten Aufgaben, Fähigkeiten undneuen Strukturen angepasst werden. Die Stück-

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VI. AUSRÜSTUNG UND BEWAFFNUNG

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202 >

zahlen einzelner Waffensysteme werden sichzum Teil drastisch verringern. Die Industriehat daraus schon Konsequenzen gezogen undihre Kapazitäten der verminderten Nachfrageangepasst. Dennoch sind in einzelnen Spartenweiter Überkapazitäten vorhanden. Die Bun-deswehr kann die freien Kapazitäten mangelsBedarf und finanzieller Mittel als Auftragge-ber nicht durchgehend auslasten. Deshalbmüssen noch vorhandene Überkapazitäten ab-gebaut werden. Wehrtechnische Sektoren, aufdenen Deutschland führend ist, so bei Pan-zern, Fahrzeugen, Rohrartillerie und Muni-tion, müssen in europäischer Kooperationumstrukturiert werden. Konsolidierte Kern-fähigkeiten sollten national nur noch dannerhalten werden, wenn sich das mit künftigemAusrüstungsbedarf begründen lässt, also beiSensortechnik, Optronik, ElektronischerKampfführung, Radartechnik, Aufklärungs-technik und bei Präzisions- und Abstands-waffen und zielsuchenden Waffensystemen.Andere wehrtechnische Kapazitäten, derenvollständiger Abbau aus industriepolitischenGründen vermieden werden soll, könnten wo-möglich durch vermehrte Nachfrage vonDienstleistungen – beispielsweise durch Ver-gabe von Instandsetzungsaufträgen – in ver-kleinertem Umfang erhalten werden.

Rüstungsexport

Die Kommission empfiehlt, die nationalenRichtlinien zum Rüstungsexport zu ergän-zen und eine Harmonisierung der operati-ven Bestimmungen des Verhaltenskodexesder EU für Waffenausfuhren anzustreben.

205. Rüstungsexportpolitik ist Teil der Au-ßen- und Sicherheitspolitik. Im Rahmen der

Entfaltung der gemeinsamen europäischenAußen- und Sicherheitspolitik ist es unerläss-lich, auch für den Rüstungsexport einver-nehmliche Richtlinien und Verhaltensmaßstä-be zu entwickeln. Mit dem europäischen Ver-haltenskodex ist ein Verfahren eingerichtetworden, um Grundsätze und Praxis der Mit-gliedsstaaten allmählich einander anzunähern.Langfristig muss der Artikel 296 des Vertragsüber die Europäische Gemeinschaft entfallen.Er nimmt die gesamte Wehrwirtschaft von derGemeinschaftsregelung aus und überlässt siebislang nationaler Entscheidung.

206. Solange dieser Rechtszustand anhält,steht der Rüstungsexport unter dem Primatnationaler außenpolitischer Grundsätze. Diedeutschen Prinzipien zum Export von Rüs-tungsgütern sind im Januar 2000 neu formu-liert worden. Die Kommission begrüßt denAnsatz, die Achtung der Menschenrechte alswichtigen Prüfstein festzuschreiben. Dennochsind die Grundsätze noch immer in hohemMaße auslegungsfähig. Für eine weitere Mo-difizierung schlägt die Kommission folgendeKriterien vor:

● Rüstungsexportanträge in Staaten derNATO, der Europäischen Union und inzweifelsfrei demokratische Staaten sindgrundsätzlich genehmigungsfähig.

● Rüstungsexport kommt nicht in Frage inStaaten, die Menschenrechte gravierendverletzen.

● Der Export von schwimmendem Gerätkann grundsätzlich genehmigt werden,wenn keine schwerwiegenden Gründe da-gegen sprechen. Die Beweislast liegt beider Genehmigungsbehörde.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

● Wenn der Empfängerstaat Partei des Nuk-learen Nichtverbreitungsvertrages, derKonvention zum Verbot biologischer undbakteriologischer Waffen und der Chemie-waffenkonvention ist und kein Verdacht ei-nes Vertragsverstoßes bekannt ist, sollteABC-Schutzgerät grundsätzlich geliefertwerden können.

● Im Übrigen gelten für den Export konven-tionellen Wehrmaterials die Grundsätze deseuropäischen Verhaltenskodexes für Rüs-tungsexporte, des Abkommens von Wasse-naar, des Raketentechnologie-Kontrollregi-mes, ferner die Bestimmungen von Waf-fenembargos der Vereinten Nationen undder Europäischen Union.

207. Vor dem Hintergrund der sich europäi-sierenden Rüstungsindustrie sollten sich dieEU-Staaten bald auf eine einheitliche Inter-pretation der Durchführungsbestimmungenverständigen. Grundsätzlich darf eine deut-sche Beteiligung an gemeinschaftlichen euro-päischen Rüstungsprogrammen durch einenationale Sonderposition beim Rüstungsex-port nicht gefährdet oder gar unmöglich ge-macht werden.

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VI. AUSRÜSTUNG UND BEWAFFNUNG

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207 >

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DAS UNTERNEHMEN BUNDESWEHR VII.

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VII. DAS UNTERNEHMEN BUNDESWEHR

123

208 >

208. Die Bundeswehr ist keine Firma. IhrAuftrag setzt der Vergleichbarkeit mit Wirt-schaftsunternehmen eine enge Grenze. Streit-kräfte und Verwaltung können aber von derWirtschaft lernen. Hier wie dort geht es da-rum, die Organisation effizienter und flexib-ler zu machen. Aufgaben müssen zusammen-gefasst, Überlappungen beseitigt, Mittel ge-bündelt und Verfahren vereinheitlicht werden.Das Wirtschaften der Bundeswehr wird bis-her durch kameralistische Verfahren bestimmt.Ökonomisches Denken und Handeln müssenjedoch in Streitkräften und Bundeswehrver-waltung größeres Gewicht bekommen. DieBetriebs- und Beschaffungsabläufe müssenwirtschaftlicher gehandhabt werden, damitmehr Geld für Investitionen bleibt. Wie in derWirtschaft üblich sollte sich auch die Bundes-wehr auf ihre Kernaufgaben beschränken undalle übrigen Aufgaben an zivile Partner ver-geben. Moderne Methoden des Managementsund Controllings, der Beschaffung und derLogistik sowie der Aus- und Weiterbildungsind in der Bundeswehr ebenso vonnöten wieim Unternehmen.

209. Der Umbau von Streitkräften und Ver-waltung sollte als eine große und einmaligeChance verstanden werden. Eine Bundes-wehr, die sich dort beschränkt, wo das mög-lich ist, schwächt sich nicht, sondern steigertihre Leistungsfähigkeit. Wertvollstes Gut derBundeswehr sind ihre Soldaten und zivilenMitarbeiter. Nur mit ihnen kann die Reformgelingen.

Der notwendige Personalabbau verlangt sozi-alverträgliche Übergänge. Große, ehemalsstaatliche Unternehmen wie Bahn und Posthaben das in den vergangenen Jahren vorge-macht. Auch daraus wird die Bundeswehr

lernen können. Sie braucht dabei aber dieflankierende Hilfe des Gesetzgebers.

210. Im Folgenden werden einige Empfeh-lungen ausgesprochen, bei denen die Kom-mission überzeugt ist, dass sie für den Dienst-betrieb in einem modernen „UnternehmenBundeswehr“ erhebliche Bedeutung haben.Dazu gehören ein wirksames Controlling, Ini-tiativen zur Privatisierung, neue Richtlinienfür Stationierung ebenso wie eine angemesse-ne Wissens- und Informationsversorgung, eingut ausgebautes militärisches Bildungssystemund vor allem die bewährten Grundsätze derInneren Führung.

Innere Führung

Die Kommission empfiehlt, die Praxis derInneren Führung nach den Erfahrungenim Einsatz weiterzuentwickeln und zu stär-ken. Die Grundsätze der Inneren Führungstehen auch in der neuen Bundeswehrnicht zur Disposition.

211. Berufsbild und Selbstverständnis desdeutschen Soldaten werden seit Jahrzehntenvon der Inneren Führung geprägt. Wehrrechtund Innere Führung haben dafür gesorgt, dasseine Bundeswehr entstehen konnte, die mitden Grundsätzen der Verfassung und mit demLebensgefühl der Zivilgesellschaft vereinbarwar.

Der „Staatsbürger in Uniform“ ist der Kern-begriff der Inneren Führung. Er sagt aus, dassFührung, Ausbildung, Bildung und Erziehungin den Streitkräften den Soldaten zu Selbst-verantwortung und Selbstdisziplin, zu mit-denkendem Gehorsam und persönlicher

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Initiative, zu individueller Leistungsbereit-schaft und zu kameradschaftlicher Zusam-menarbeit ermuntern sollen. So ausgebildeteund so handelnde Soldaten sind Vorausset-zung für eine Truppenführung nach Auftrags-taktik. Verfassungs- und gesellschaftspoli-tisch bringt das Leitbild zum Ausdruck, dassder Soldat ein freier Staatsbürger ist, auchwenn er Beschränkungen seiner Grundrechtehinnehmen muss. Er ist Bürger unter Bürgern.

212. Die Zulassung von Frauen zum frei-willigen militärischen Dienst wird das innereGefüge der Streitkräfte verändern. WeiblicheSoldaten werden die gesellschaftliche Veran-kerung der Bundeswehr festigen. Im Unter-schied zu vielen Verbündeten existiert inDeutschland keine in Gesellschaft und Streit-kräften wirksame Tradition weiblicher Solda-ten. Der Truppe fehlt damit bislang ein Ele-ment gesellschaftlicher Normalität. In einerdurch männliche Verhaltensmuster geprägtenInstitution wie der Bundeswehr wird die Inte-gration von Frauen voraussichtlich nicht ohneSchwierigkeiten gelingen. Männer und Frau-en werden künftig auch im militärischenDienst miteinander um Berufschancen undBeförderungen konkurrieren. Das stellt dieInnere Führung vor eine neue Bewährungs-probe. Sie muss im täglichen Dienstbetriebdafür sorgen, dass Ungleichbehandlungenvermieden werden.

Im Zuge der weiteren Öffnung der Streitkräftefür Frauen sollten die Erfahrungen der 1995geschaffenen ministeriellen Ansprechstelle fürspezifische Probleme weiblicher Soldaten ge-nutzt werden. Diese Einrichtung sollte perso-nell verstärkt und gegebenenfalls weiter aus-gebaut werden.

213. Die Innere Führung ist das Markenzei-chen der deutschen Streitkräfte. Sie ist alltäg-liche Führungspraxis, nicht immer fehlerfrei,aber gänzlich unbestritten. Die Innere Füh-rung macht die Bundeswehr leistungsfähig,demokratiekonform und gesellschaftsverträg-lich. Die Grundideen von Freiheit und Recht,zeitgemäßer Menschenführung, politischerBildung und Fürsorge verschafften der Bun-deswehr schon bei ihrer Gründung einen Mo-dernitätsvorsprung.

214. Das erweiterte Aufgabenspektrum er-höht die Bedeutung der Inneren Führungnoch. Innere Führung gewährleistet, dassauch die Soldaten, die auf Kampfeinsätzeaußerhalb des Bündnisgebiets vorbereitet wer-den oder in solchen Einsätzen stehen, fest inder demokratischen Gesellschaft verankertbleiben. Die Innere Führung ist unerlässlichesMittel, um bei deutlich sinkendem Wehr-pflichtigen-Anteil die gesellschaftliche Inte-gration der Bundeswehr zu erhalten. Sie istauch Grundlage dafür, dass Minderheiten inden Streitkräften akzeptiert werden. Damitbleibt sie das Modell für die Zukunft.

215. Probleme könnten entstehen, wenn diemultinationale Einbindung der Bundeswehrweitergeht. Führungsphilosophien und Solda-tenrecht unterscheiden sich im Bündnis durch-aus. Manche rechtlichen Aspekte des Führensin multinationalen Verbänden sind ungeklärt.Unbeschadet notwendiger Anpassungen solltedie Bundeswehr am Konzept der Inneren Füh-rung als ihrer besonderen Führungsphiloso-phie auch künftig festhalten.

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VII. DAS UNTERNEHMEN BUNDESWEHR

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212 >

Controlling

Die Kommission empfiehlt, Controllingzur Leitungsaufgabe zu machen und die bisherigen dezentralen Controlling-Elemente in ein umfassendes Steuerungs-und Führungsinstrument einzubinden.

216. Das Führungs- und Steuerungssystemder Bundeswehr weist derzeit trotz erheb-licher Fortschritte in den letzten Jahren nochwesentliche Schwachstellen auf:

● Die Leitung des Ministeriums wird bei ih-ren Steuerungsaufgaben nicht wirksam ge-nug unterstützt. Die Kontrollspanne desMinisters und seine Letztverantwortung füreine große Anzahl von Detailentscheidun-gen aus sehr unterschiedlichen Aufgaben-bereichen ist sehr groß. Entscheidungs-unterlagen sind häufig nicht ausreichendquantifiziert, zu wenig durch Fakten unter-mauert und nicht nach betriebswirtschaft-lichen Kriterien überprüft. Es fehlt an aus-reichender Transparenz. Leitungsentschei-dungen kommen überwiegend im Konsens-verfahren durch vorherige Abstimmung aufunterer Ebene zustande. Es mangelt an kri-tischer Diskussion und Bewertung allerentscheidungsrelevanten Fakten im Rah-men der Entscheidungsfindung.

● Controllinginstrumente werden gegenwär-tig nur in den der Führung nachgeordnetenEbenen entwickelt und angewandt. EineHarmonisierung und Koordination dieserMaßnahmen steht noch aus. Controllingsetzt erst auf der zweiten und nicht bereitsauf der ersten Ebene ein. Damit ist einewirksame Steuerung übergreifender Sach-verhalte nur eingeschränkt möglich.

217. Die Einführung eines effektiven Con-trollings ist nach Ansicht der Kommission ei-ne Voraussetzung für das Gelingen der Bun-deswehrreform. Controlling gewährleistet dieWirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung.Das Verfahren stellt durch die Vorgabe opera-tionalisierbarer Ziele die Transparenz der Ent-scheidungsabläufe sicher. Das fördert beiMitarbeitern und Führungskräften das Be-wusstsein für mehr Eigeninitiative und denwirtschaftlichen Umgang mit den anvertrau-ten Ressourcen. Im Einzelnen sind folgendeMaßnahmen erforderlich:

● Einrichtung eines zentralen Controllings,das die dezentralen Interessen der militäri-schen und zivilen Bereiche systematischauf einen Nenner bringt und alle auf dieZiele der Leitung ausrichtet.

● Übertragung der zentralen Controllingfunk-tion an einen neu zu berufenden beamteten„Staatssekretär Finanzen“, der außerdemfür die Aufstellung und Überwachung desHaushalts zuständig ist und einen eigenenArbeitsstab erhält (siehe Ziffer 129). Dafürkann eine der beiden Stellen für Parlamen-tarische Staatssekretäre entfallen.

● Disziplinare Unterstellung der Controlling-instanzen in den nachgeordneten Bereichenunter den jeweiligen Leiter. Fachlich unter-stehen die Controller dem StaatssekretärFinanzen.

218. Zielbildung, Kontrolle und Nachsteue-rung müssen auf allen Führungsebenen erfol-gen. Nur mit übergreifendem Controlling beider Leitung wird jedoch sichergestellt, dassübergeordnete Zielsetzungen für das Gesamt-system Bundeswehr konsequent erarbeitet,Alternativen formuliert und nach Zeit,

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Kosten, Spezifikationen bewertet, die Zielbil-dung in allen Organisationsbereichen hieranausgerichtet und die Zielerreichung zentralkontrolliert werden.

219. Um der Controllingfunktion die ge-wünschte Wirksamkeit zu verleihen und dieerforderliche Veränderung kraftvoll herbeizu-führen, sollte diese Aufgabe einem zusätz-lichen Staatssekretär übertragen werden. Oh-nehin erscheint die Ausstattung der Führungs-spitze mit nur zwei Staatssekretären ange-sichts der Größe und Komplexität der Organi-sation und auch im Vergleich zur Führung vonGroßunternehmen als zu knapp bemessen.

Die Zusammenfassung von Controlling undHaushalt in einer Hand hat den Vorteil, dassdie Ordnungssystematiken des Haushalts undder Kosten- und Leistungsrechnung besserzusammengeführt werden können und dassdamit auch die Abstimmung mit dem Parla-ment erleichtert wird. Beim Staatssekretär Finanzen sollte außerdem die Zuständigkeitfür alle betriebswirtschaftlichen System- undMethodenfragen liegen.

Die Verankerung des Controllings in der Füh-rung schafft darüber hinaus die notwendigeAufwertung der strategischen Planung inner-halb der Bundeswehr, für die der Generalin-spekteur verantwortlich ist und bleibt: Diebisher überwiegend qualitativ gefasste „Kon-zeption der Bundeswehr“ sollte um einenquantitativen Teil ergänzt werden, der vomBereichscontrolling der Teilstreitkräfte zusam-men mit dem Staatssekretär Finanzen zu erar-beiten ist.

Die fachliche Anbindung aller nachgeordne-ten Controlling-Ebenen beim StaatssekretärFinanzen gewährleistet die Durchgängigkeit

des Controllings als begleitendes Führungs-und Steuerungsinstrument über alle Ebenen.Gleichzeitig bleiben die nachgeordneten Con-troller durch ihre disziplinare Einbindung Teildes jeweiligen Führungsteams.

Für die bundeswehrweiten Controllingaufga-ben ist hinreichend Personal auszubilden undin einem sinnvollen Verwendungsaufbau zuqualifizieren.

220. Die Umsetzung der Reformziele in diestrategische und operative Planung der Bundes-wehr und die ständige Überwachung diesesEntwicklungsprozesses wird eine der künfti-gen Hauptaufgaben des Controlling sein.Hierzu sollte innerhalb des Arbeitsstabes desStaatssekretärs Finanzen ein eigenes Organi-sationselement vorgesehen werden.

Die Kommission empfiehlt, dass der Staats-sekretär Finanzen über den Fortschrittder Bundeswehrreform in regelmäßigenAbständen berichtet.

Führungs- und Einsatzunterstützung

Die Kommission empfiehlt, Führungs-und Einsatzunterstützung nach folgendenGrundsätzen zu organisieren: (1) Ausrich-tung auf Einsätze im Ausland; (2) Aufga-ben sind streitkräftegemeinsam und – woimmer möglich – bundeswehr-gemeinsamwahrzunehmen; (3) was nicht zu den mili-tärischen Kernfähigkeiten gehört, wirdprivatisiert; (4) europäische Kooperatio-nen sind wichtiger als nationale Lösungen.

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VII. DAS UNTERNEHMEN BUNDESWEHR

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219 >

221. Die Einsatzerfordernisse entscheidendarüber, was zentralisiert und was privatisiertwerden kann oder was bei den Teilstreitkräf-ten, dem Zentralen Sanitätsdienst oder bei denZentralen Militärischen Diensten verbleibenmuss. Die logistischen Aufgaben der Material-bewirtschaftung, der Informationsversorgungsowie Transport und Verkehr werden zentralwahrgenommen. Die Funktionen des Nut-zungsmanagements und der Materialerhal-tung komplexer Waffensysteme sind wegender erforderlichen Fachkenntnisse in ersterLinie dezentral zu erbringen. Das kann auchin Pilotfunktion geschehen. Unterstützungs-kräfte müssen Bestandteil von Einsatzverbän-den bleiben, wenn sie ihre Leistungen inKampfgebieten zu erbringen haben. Das Wirt-schaftlichkeitsprinzip gilt hier ebenso; es istden Einsatzerfordernissen allerdings nachge-ordnet. Wer Funktionen in rückwärtigen Ge-bieten wahrnimmt, hat seinen Platz in einerteilstreitkraft-gemeinsamen oder bundeswehr-gemeinsamen Organisation.

222. Zentrale Führung, Steuerung und Kon-trolle sowie unmittelbare Unterstützung imEinsatz sind militärische Kernaufgaben. Siebestimmen Umfang und Struktur der Unter-stützungskräfte. Militärische Unterstützungs-kräfte, die sich nicht im Einsatz befinden, tra-gen zur Routineversorgung im Inland bei. Siemüssen dennoch jederzeit für Einsatzaufga-ben verfügbar sein, ohne dass deshalb der In-landsbetrieb beeinträchtigt wird.

Außerhalb des unmittelbaren Einsatzgebietswerden die Streitkräfte von gewerblichen Dienst-leistern unterstützt, sofern das militärisch ver-tretbar, ökonomisch sinnvoll und dauerhaftgewährleistet ist. Dafür sollten gemeinsameeuropäische Lösungen zusammen mit der ge-

werblichen Wirtschaft entwickelt werden. Kon-kurrieren nationale Modelle mit europäischenAlternativen, sollten letztere Vorrang haben.Für die Vergabe privater Leistungen sollte ei-ne privatrechtliche Logistik-Agentur einge-richtet werden.

223. Im Übrigen gibt es bei den durch dieTerritoriale Wehrverwaltung zu erbringendenUnterstützungsleistungen weitere Privatisie-rungsmöglichkeiten. Das betrifft auch die Auf-gaben der Geländebetreuung, die Leistungenfür Bekleidung und Verpflegung und denTechnischen Betriebsdienst.

Stationierung

Die Kommission empfiehlt, die Streitkräf-te nach folgenden Kriterien zu stationie-ren: (1) Militärische Erfordernisse, insbe-sondere personelle Regenerationsfähigkeit,(2) Wirtschaftlichkeit, (3) angemesseneLebensqualität und (4) bestehende Infra-struktur. Die Stationierung ist künftignicht mehr an struktur- und regionalpoli-tischen Erwägungen auszurichten.

224. Die Stationierungsplanung der Ver-gangenheit war ausgerichtet auf die militäri-schen Erfordernisse der grenznahen Landes-verteidigung und der weitgehenden Dislozie-rung in der Fläche. Unter den verändertenstrategischen Rahmenbedingungen können undmüssen Wirtschaftlichkeitsaspekte in denVordergrund treten. Bei den Stationierungs-entscheidungen der 90er-Jahre wurden dieChancen und Rationalisierungspotenziale, diesich aus einem konsequenten Rückzug derStreitkräfte aus der Fläche ergeben hätten, nur

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

unzureichend genutzt. Um Standorte zu erhal-ten, wurde vielfach lediglich die Personalstärkeverringert. So verfügt die Bundeswehr heutein mehr als 700 Standorten noch über rund3.100 Liegenschaften mit einer Fläche von etwa 350.000 ha.

225. Die Kommission ist überzeugt, dassalle Maßnahmen zur Schaffung einer neuenBundeswehr sozialverträglich sein müssen undin einen gesamtgesellschaftlichen Kontext zustellen sind. Die Bundeswehr kann jedochnicht Werkzeug der Struktur-, Sozial- und In-dustriepolitik sein, wie dies häufig in der Öf-fentlichkeit erwartet wird und in der Vergan-genheit der Fall war. Auch ist die Stationie-rung für die Bundeswehr kein Instrument derRegionalpolitik, sondern muss zuvörderst in-terne Effizienz im Rahmen begrenzter Res-sourcen gewährleisten.

Für die Stationierung der Streitkräfte sind zu-künftig entscheidend:

● Berücksichtigung der regionalen Rekrutie-rungsmöglichkeiten (Stationierung bevor-zugt in wirtschaftsschwachen, aber bevöl-kerungsreichen Regionen);

● Gewährleistung eines reibungslosen Dienst-betriebs;

● Angemessene Lebensqualität für die Fami-lien der Bundeswehrangehörigen (Wohn-raum, Arbeits- und Ausbildungsmöglich-keiten für Familienangehörige, Verbindun-gen zur Gesellschaft);

● Grundsätzliche Ausrichtung am Wirtschaft-lichkeitsprinzip:

■ Reduzierung der Zahl der für Unter-kunftszwecke genutzten Liegenschaften;Zusammenfassung von Dienststellen undTruppenteilen in wirtschaftlich sinnvollenLiegenschaftsgrößen (Richtwert: 1.000 Per-sonen);

■ Reduzierung der Zahl der Standorte, keine Klein- und Kleinststandorte;

■ Zusammenfassung der Standorte zu aus-reichend großen Standortbereichen, die voneiner Standortverwaltung betreut werden –über Gemeindegrenzen hinweg;

■ regionale Zuordnung von Dienststellender Territorialen Wehrverwaltung zu militä-rischen Dienststellen und Truppenteilen;

■ Reduzierung der Zahl der Übungsplätze.

Die Kommission empfiehlt, als Richtgrößeeine Halbierung der Standorte und Lie-genschaften anzustreben.

226. Bei den anstehenden Entscheidungenzur Stationierung der Streitkräfte in Deutsch-land können die Interessen und Ziele der Län-der und Kommunen nur insoweit Berücksich-tigung finden, als sie mit den oben genanntenKriterien in Einklang zu bringen sind.

IT-Agentur

Die Kommission empfiehlt, Entwicklungund Beschaffung von Informationstech-nologie (IT) einer zentralen Management-Agentur zu übertragen.

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VII. DAS UNTERNEHMEN BUNDESWEHR

129

225 >

227. Die Innovationszyklen der IT sind sokurz (derzeit etwa 18 Monate), dass auch beiden strafferen Verfahren zur Realisierung vonWehrmaterial, wie sie die Kommission vor-schlägt, den besonderen Bedingungen der ITnicht Rechnung getragen werden kann. Nureine Agentur, die bereichsübergreifend dieVerantwortung dafür erhält, die Bundeswehrunter wirtschaftlichen Gesichtspunkten mitmoderner IT zu versorgen und den ungehin-derten Datenaustausch zu ermöglichen, kannmit eigenen Verfahren diese Aufgabe erfüllen.Hierzu müssen ihr genügend Ressourcen zureigenen Verfügung gestellt werden. Die Agen-tur berichtet an einen IT-Direktor. Dieser istder Leitung des Bundesministeriums derVerteidigung unmittelbar unterstellt.

Zur Zeit existiert in der Bundeswehr eineVielzahl von Informationssystemen, die klas-sische Insellösungen darstellen und nur unge-nügend miteinander kommunizieren können.Aufgabe der Agentur ist es, die Bundeswehrso mit Hardware und Software auszustatten,dass die eklatanten Mängel rasch beseitigtwerden.

Bildung und Ausbildung

228. Kriseneinsätze verlangen nicht nur mili-tärische Kenntnisse, sondern zusätzliche Qua-lifikationen wie Denken in Zusammenhän-gen, politisches Bewusstsein, historische undgeografische Kenntnisse, Sprachfertigkeiten,soziale und kommunikative Kompetenz, Team-fähigkeit, Organisations- und Entscheidungs-fähigkeit und ganz allgemein Lernfähigkeit.Gefragt ist der gebildete Generalist mit Team-geist und Führungsqualitäten.

Die überragende Bedeutung eines qualifizier-ten Bildungsangebots für Effektivität, Attrak-tivität und Zukunftsfähigkeit der Bundeswehrsteht außer Frage. Investitionen in die Men-schen sind mindestens ebenso wichtig wie dieAufwendungen für Waffen- und Wehrtechnik.Das Bildungssystem der Bundeswehr bestehtnicht nur aus der akademischen Ausbildungder Offizierbewerber. Dennoch zieht dieserTeil große Aufmerksamkeit auf sich.

Die Kommission empfiehlt, am wissen-schaftlichen Studium als Bestandteil derAusbildung zum längerdienenden Offi-zier festzuhalten und das bundeswehr-eigene Hochschulwesen auf der Grundla-ge des novellierten Hochschulrechts fort-zuentwickeln.

229. Die Universitäten der Bundeswehrsind wichtige Ausbildungseinrichtungen fürden militärischen Führungsnachwuchs. Zu-gleich erhöht das Studium die Attraktivitätder Bundeswehr für Zeit- und Berufsoffiziere.Karriereanalysen von Absolventen der Bun-deswehr-Universitäten belegen, dass es denausgeschiedenen Offizieren gelingt, ohnegrößere Schwierigkeiten in einem adäquatenZivilberuf Fuß zu fassen.

Die Bilanz der Bundeswehr-Hochschulennach einem Vierteljahrhundert Lehr- und For-schungsbetrieb ist durchweg positiv. Das Kon-zept der universitären Ausbildung mit strafferRegelstudienzeit, fachübergreifenden Studien-anteilen einschließlich Fremdsprachen-Aus-bildung und zivil anerkanntem Abschluss hatsich bewährt. Ein derartiges Kompaktstudiumüber 10 Trimester (= 31⁄4 Jahre) wird nirgend-wo sonst angeboten. Beide Universitäten ha-ben interne Reformen eingeleitet, um ihr An-gebot den neuen Entwicklungen in Wirtschaft,

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Wissenschaft und im militärischen Berufsfeldanzupassen.

230. Um den Offizieren auf Zeit den Wech-sel in einen Zivilberuf zu erleichtern, müssendie Studienabschlüsse der Universitäten derBundeswehr denen an öffentlichen Univer-sitäten entsprechen. Das könnte einen Über-gang zu Bachelor-/Master-Graden erfordern.Offizieren auf Zeit sollte unmittelbar vor odernach ihrem Ausscheiden ein „Refresher-Stu-dium“ als Fern- oder Präsenzstudium angebo-ten werden. Die Fachhochschulstudiengängesollten ein stärkeres eigenes Profil erhaltenund um einen Studiengang „Informatik“ er-weitert werden. Das könnte die Bundeswehrfür Fachoberschüler attraktiver machen.

231. Kleinere Streitkräfte benötigen weni-ger Zeit- und Berufsoffiziere. Bleibt das Ver-hältnis zwischen Berufs- und Zeitsoldaten an-nähernd gleich, werden auch die Einstellungs-zahlen der Offizieranwärter und damit dieStudentenzahlen sinken. Dennoch wäre eswünschenswert, an zwei Universitäten festzu-halten. Gleichwohl sind die technikwissen-schaftlichen Fakultäten schon heute nicht aus-gelastet. Die Kommission hat deshalb die fol-genden vier Optionen geprüft:

● Zusammenlegung der beiden Bundeswehr-Universitäten;

● Ausgliederung aus den Streitkräften undihre Privatisierung;

● Öffnung für zivile Studenten;

● Europäisierung.

Nach Meinung der Kommission sollten diebeiden letzten Lösungen weiter verfolgt wer-den. Eine Öffnung der Universitäten der Bun-deswehr und ihre Internationalisierung bietensich als Möglichkeiten an, eine höhere Aus-lastung und damit auch mehr Wirtschaftlich-keit zu erreichen. Für die künftig an Bundes-wehr-Universitäten studierenden zivilen Stu-denten könnte eine Kostenerstattung durchPatenunternehmen vorgesehen werden. Bei-spiele sind die Berufsakademien in Baden-Württemberg oder Berlin. Für Ansehen undBetriebsklima wäre indessen nicht förderlich,wenn die Öffnung der Bundeswehr-Universitä-ten nur für besonders zahlungskräftige Stu-dentinnen und Studenten erfolgen würde. InAbsprache mit den Verbündeten sollte eineInternationalisierung und Europäisierung ei-ner oder beider Bundeswehr-Universitäten ge-prüft werden. Partnerländer könnten ein Inte-resse daran haben, ihren Offizier-Nachwuchszusammen mit dem der Bundeswehr auszubil-den. Auf diese Weise könnte die Bundeswehrauch zur Streitkräftereform und zur weiterenDemokratisierung dieser Länder beitragen.

Weiterbildung

Die Kommission empfiehlt, die Weiter-bildung der zivilen und militärischenFührungskräfte stärker miteinander zuverzahnen, bundeswehr-gemeinsame undteilstreitkraft-übergreifende Aspekte vonwirtschaftlichem Planen und Handeln,Betriebs- und Operationsführung sowieControlling in der Lehre vermehrt zuberücksichtigen und eine bundeswehr-gemeinsame Konzeption für Weiterbildungund Personalentwicklung zu erlassen.

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VII. DAS UNTERNEHMEN BUNDESWEHR

131

230 >

232. Die bisherige starre Trennung der Fort-und Weiterbildung von zivilem und militäri-schem Führungspersonal entspricht nicht derNotwendigkeit ganzheitlicher Unternehmens-steuerung und Organisationsentwicklung. Ein-sätze und Operationen werden zukünftig fastausschließlich streitkräftegemeinsam und multi-national mit Rückgriff auf zivile Leistungender Bundeswehr und privater Anbieter geplantund geführt werden. Bundeswehr- und streit-kräftegemeinsame Aspekte von Planung, Be-triebs- und Operationsführung, Controllingund wirtschaftlichem Verwaltungshandeln soll-ten deshalb in der Lehre stärker berücksichtigtwerden. Auch für zivile Kräfte bedarf es einerFührungsausbildung vergleichbar der militä-rischen. Zudem sollten gemeinsame Lehrgän-ge für höhere zivile und militärische Füh-rungskräfte an der Bundesakademie für Wehr-verwaltung und Wehrtechnik und der Füh-rungsakademie der Bundeswehr eingerichtetwerden. Die Curricula beider Akademien sindinhaltlich aufeinander abzustimmen.

Veränderte Berufsfelder für Führungskräfteder Bundeswehr, steigende Bedeutung inter-disziplinärer Aspekte und streitkräftegemein-samer Aufgaben und die rasche Entwicklungdes Wissens und seine hohe Alterungsge-schwindigkeit verlangen im Übrigen ständigeWeiterbildung und eine an diesen Prämissenorientierte Personalentwicklung. Die Abtei-lung Personal-, Sozial- und Zentralangelegen-heiten sollte im Rahmen ihrer Zuständigkeitmehr Verantwortung für eine bundeswehr-gemeinsame Führungskräfteentwicklung über-nehmen.

Militärische Studienkapazität

Die Kommission empfiehlt, an der Füh-rungsakademie der Bundeswehr ein militä-risches Studieninstitut aufzubauen.

233. Die Bundeswehr bedarf einer geeigne-ten Studienkapazität, um künftige militärischrelevante Entwicklungen bewerten zu können,aus denen sich Konsequenzen für Konzeptionund Einsatzgrundsätze der Streitkräfte erge-ben. Diese Funktion sollte an der Führungs-akademie in Hamburg wahrgenommen wer-den, um die dort vorhandenen Kapazitäteneinzubeziehen und Ergebnisse direkt in dieFortbildung der Führungskräfte der Bundes-wehr einfließen zu lassen. Das Institut sollteüber einen festen, wenn auch sehr begrenztenKern von Mitarbeitern verfügen. Darüber hinaus sollte intensiv von der MöglichkeitGebrauch gemacht werden, projektbezogenLehrgangsteilnehmer und freie Mitarbeiter,wie zum Beispiel ehemalige Offiziere oderBeamte, einzusetzen. Dies erlaubt Flexibilitätund Wirtschaftlichkeit im Betrieb des Insti-tuts.

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reform und haushalt

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REFORM UND HAUSHALT

135

234 >

234. Der Kommissionsbericht enthält Emp-fehlungen von unterschiedlichem Gewicht.Gleichwohl ist der Bericht ein geschlossenesGanzes – die Empfehlungen sind aufeinanderabgestimmt. Die Bundesregierung wird sichwomöglich nicht alle Vorschläge zu Eigenmachen; der große Reformerfolg wird sichindessen nur einstellen, wenn das Konzept inseinen Grundlinien insgesamt verwirklichtwird. Während des Übergangs müssen die Er-fahrungen mit dem Wandel kontinuierlichausgewertet werden.

235. Die angestrebte Reform wird dieBundeswehr kleiner, aber moderner und – imHinblick auf gewandelte Anforderungen –leistungsfähiger machen. Die Kommissionhält einen Zeitraum von sechs Jahren für dieUmstrukturierung der Bundeswehr für not-wendig und realistisch. Dazu ist es nötig, baldzu bestimmen, in welcher Reihenfolge Emp-fehlungen realisiert werden können. Die Re-form kann nur gelingen, wenn gleichzeitigfolgende Schritte eingeleitet werden:

● Soldaten und zivile Mitarbeiter sollten vonallen Aufgaben entlastet werden, die privateAnbieter ebenso gut, aber wirtschaftlicherwahrnehmen können.

● Die offenkundigen Ausrüstungslücken sindzu schließen und die notwendigen Moder-nisierungsmaßnahmen rasch einzuleiten.

● Die gesetzlichen Grundlagen für eine dau-erhafte Attraktivität des Soldatenberufs so-wie für einen sozialverträglichen Personal-abbau müssen geschaffen werden.

PROGRAMMGESETZ

236. Zur Umsetzung der Empfehlungen derKommission wird alsbald über

● die neuen Personalumfänge und Personal-strukturen,

● die neuen Organisationsstrukturen vonStreitkräften und Wehrverwaltung,

● die in den nächsten Jahren zu beginnendenModernisierungsvorhaben in der Rüstungund

● die erforderlichen Haushaltsmittel

zu befinden sein. Das kann zuverlässig nurauf der Basis einer gesetzlichen Grundlageerreicht werden, mit der sich Regierung undParlament langfristig und verbindlich überdie Grundlinien des Reformkonzepts verstän-digen, sich mit ihm identifizieren und gleich-zeitig Planungssicherheit für die Bundeswehrüber mehrere Haushaltsjahre hinweg schaffen.

Die Kommission empfiehlt, mit einemProgrammgesetz die notwendigen Voraus-setzungen für die Reform zu schaffen unddie einzelnen Maßnahmen nach Art, Um-fang und Reihenfolge zu bestimmen.

237. Das Programmgesetz soll für die Jahrevon 2001 bis 2006 gelten, so dass der Umbauder Bundeswehr am Jahresende 2006 abge-schlossen ist. Neben der kontinuierlichenKontrolle sollte der Stand der Bundeswehr-reform zur Mitte des Zeitraums formell über-prüft werden. Das Parlament kann auf dieseWeise die Voraussetzung für einen gestaf-felten Reformprozess schaffen, finanziellenEinbrüchen vorbeugen und Planungssicher-heit gewähren.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

PLANUNG UND HAUSHALT

238. Die langfristige Planung für die Fort-entwicklung der Bundeswehr wird maßgeb-lich durch den Haushalt des jeweiligen Jahresund die Mittelfristige Finanzplanung für diedarauf folgenden vier Kalenderjahre beein-flusst. Andererseits muss für die Planung einweit längerer Zeitraum betrachtet werden. DieKommission hat für ihre Arbeit den Zeitrah-men bis 2010 gesetzt. Für ihn sind aber ver-lässliche Haushaltsannahmen nicht möglich.Sicher ist:

● Der Anteil der Personalkosten am Verteidi-gungshaushalt liegt mit gegenwärtig 51,1Prozent zu hoch.

● Der Anteil bei den Rüstungsinvestitionen(ohne Investitionen in militärische Anlagenund sonstige Investitionen) liegt mit 20,7Prozent im laufenden Haushaltsjahr zu nie-drig.

Die gegenwärtige Mittelverteilung erlaubt es nicht, die Armee zu modernisieren und modern zu halten. Die Kommission hält ein Verhältnis von 45 Prozent Personalkosten,25 Prozent anderen Betriebskosten und 30Prozent Investitionsausgaben für angemessen.Das entspricht auch internationalen Maßstä-ben.

Die notwendige Balance wäre auch bei sorg-fältiger Planung nicht zu erreichen und zu hal-ten, wenn – wie in der Vergangenheit häufiggeschehen –

● in den Haushalt oder in die Finanzplanungunerwartet eingegriffen wird;

● unvorhergesehene Einsätze die Kosten indie Höhe treiben, ohne dass andere Haus-halte in Anspruch genommen werden kön-nen;

● durch Lohn- und Gehaltserhöhungen diePersonalkosten real ansteigen, ohne dassdafür zusätzliche Finanzmittel bereitgestelltwerden.

Welche Folgen allein die Einkommenssteige-rungen haben, belegt die Tatsache, dass beimPersonal der Bundeswehr seit 1990 nahezu200.000 Stellen eingespart wurden, eine no-minale Senkung der Personalkosten aber nichteingetreten ist.

239. Der Verteidigungshaushalt hat im Ver-gleich der Einzelpläne des Bundes mit mehrals 23 Milliarden DM jährlich den mit Ab-stand höchsten Personalkostenanteil. Tarif-liche oder besoldungsbedingte Einkommens-verbesserungen für Soldaten und Zivilbediens-tete führen regelmäßig zu erheblichen Ausga-bensteigerungen, die – wie zuletzt üblich –aus dem eigenen Haushaltsansatz zu erwirt-schaften sind. Jedes Prozent Besoldungserhö-hung bedeutet derzeit einen Mehrbedarf von230 Mio DM. Da bei den Betriebskostenkurzfristig nur wenig eingespart werden kann,gehen die Personalmehrkosten bei vorgegebe-nem Finanzrahmen überwiegend zu Lastendes Investitionsvolumens.

Die Kommission hält es deshalb für geboten,den Personalhaushalt innerhalb des Einzel-plans 14 zu verselbstständigen und auf derGrundlage jährlich festzulegender Schritte aufdem Weg zu einer neuen Personalstrukturlangfristig zu dotieren. Vorsorge für Lohn-und Gehaltsverbesserungen sollte außerhalbdes Verteidigungshaushalts getroffen werden.

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REFORM UND HAUSHALT

137

238 >

Die Kommission empfiehlt, den Personal-haushalt der Bundeswehr im Verteidi-gungshaushalt gesondert auszuweisen. Dasist erforderlich, um investive Ausgaben ge-gen Verdrängungseffekte abzusichern.

240. Bei einer insgesamt kontinuierlichenAbsenkung des Verteidigungshaushalts undgleichzeitigen einsatzbedingten Mehrausga-ben im Betrieb musste der oben beschriebeneMechanismus immer wieder zu kurzfristigenEingriffen in Beschaffungsvorhaben führen.Das hat nicht nur den bekannten Investitions-stau hervorgerufen, sondern führte überdiesauch immer wieder zu Kostensteigerungenbei Einzelvorhaben. Die Finanzierung von Ent-wicklungs- und Beschaffungsvorhaben mussdaher neu gestaltet werden. Hierzu ist es er-forderlich, einem Vorhaben spätestens mit derEntwicklungsentscheidung ein Gesamtbudgetzuzuweisen, das nicht überschritten werdendarf und mit dem das Projekt zu verwirk-lichen ist. Das macht Anpassungen des Haus-haltsrechts notwendig.

Die Kommission empfiehlt, im Rahmendes Entstehungsgangs von Wehrmaterialden Großvorhaben ein Gesamtbudget zu-zuweisen (Vorhabenbudgetierung).

241. Aus Gründen der Wahrheit und Klar-heit des Haushaltsrechts ist es erforderlich, al-le von der Bundeswehr in Anspruch genom-menen Haushaltsmittel in einem einzigen Ein-zelplan auszuweisen. Dieser Grundsatz findetdort seine Grenze, wo ein unvorhergesehenerEinsatz einen nicht geplanten Aufwand nachsich zieht. Das Prinzip der Planungssicherheiterfordert in diesem Ausnahmefall eine Seiten-finanzierung.

Die Kommission empfiehlt, für nicht plan-bare internationale Einsätze deutscherStreitkräfte oder Polizeikräfte eine Finan-zierung außerhalb der Einzelpläne desBundesministeriums der Verteidigung unddes Bundesministeriums des Innern vor-zusehen. Die Haushaltsmittel für andau-ernde und damit planbare internationaleEinsätze sind in den ressortbezogenenEinzelplänen auszuweisen.

AUSRÜSTUNGSINVESTITIONEN

242. In den neunziger Jahren wurde derVerteidigungshaushalt wiederholt und zumTeil außerplanmäßig gekürzt. Während dasPersonal um etwa ein Drittel reduziert wurde,sind die Investitionen annähernd halbiert wor-den. So standen in den letzten Jahren lediglichrund 8 Mrd. DM jährlich für Forschung undEntwicklung und militärische Beschaffungenzur Verfügung, was zu den bekannten Ausrüs-tungslücken und mangelnder Modernität desWehrmaterials führte. Im Haushaltsjahr 2000sind es circa 9,3 Mrd. DM.

243. Die Kommission hat den Ausrüstungs-bedarf für die nächsten zehn Jahre geschätzt.Sie hat sich dazu einen Überblick über denUmfang der bestehenden Rüstungsvorhabendes Verteidigungsministeriums und die damitverbundenen Kostenschätzungen verschafft:Für den Zehnjahreszeitraum hat sie eine Sum-me von etwa 140 Mrd. DM für Planungenunterschiedlicher Verbindlichkeit vorgefunden,also etwa 14 Mrd. DM pro Jahr.

Die Kommission ihrerseits hält vor dem Hin-tergrund der vorgeschlagenen Verkleinerungder Streitkräfte und der von ihr festgestellten

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Ausrüstungsprioritäten erhebliche Einsparun-gen für möglich. Diesen Einsparungen stehenin geringerem Umfang solche Investitionengegenüber, die der Kommission für neue Auf-gaben der Streitkräfte erforderlich erscheinen,wie zum Beispiel Transportschiffe und Trans-portflugzeuge.

Auf dieser Grundlage schätzt die Kommis-sion den investiven Finanzbedarf vom Jahre2001 bis zum Jahre 2010 auf etwa 120 Mrd.DM, das heißt im Durchschnitt 12 Mrd. DMpro Jahr. Die Kosten der Verteidigungsinitiati-ve der NATO für die Bundeswehr sind darinweitgehend enthalten. Rein rechnerisch wür-den im Vergleich zum Haushaltsansatz desJahres 2000 jährlich rund 2,7 Mrd. DM fehlen.

244. Die Kommission hält es für geboten,den Anteil der Rüstungsinvestitionen amVerteidigungshaushalt zu erhöhen. Sie kannjedoch keine konkrete Rüstungsplanungvorschlagen. Es ist vielmehr Aufgabe desBundesministers der Verteidigung, den Mehr-bedarf über die Jahre aufzuteilen. Die Höhedes Mehrbedarfs bemisst sich im Übrigen vorallem danach, welche Konsequenzen aus dervorgeschlagenen tiefgreifenden Strukturre-form der Streitkräfte entstehen. Der zusätzli-che Mittelbedarf wird dabei wegen der unver-meidbaren Vorlaufzeit nicht sofort in vollerHöhe entstehen.

PERSONALKOSTEN –EINSPARUNGEN UNDMEHRKOSTEN

245. Die vorgeschlagene Struktur der künf-tigen Bundeswehr führt zu einem erheblichniedrigeren Personalumfang: Ein Stellenab-

bau von etwa 100.000 Soldaten reduziert diePersonalkosten nach heutigem Kostenstandum etwa 3 Mrd. DM pro Jahr. Mit der Redu-zierung des Zivilpersonals um etwa 40.000Stellen kommen weitere etwa 2 Mrd. DM hin-zu. Diesen Summen stehen Mehrkosten zurAttraktivitätssteigerung des Dienstes in derBundeswehr, zur Freiwilligenwerbung undzum sozialverträglichen Personalabbau ge-genüber. Der jährliche Rekrutierungsbedarfvon heute etwa 22.800 Freiwilligen steigt aufrund 30.000 Soldaten an. Sie müssen weitge-hend über eine Organisation zur Freiwilligen-werbung gewonnen werden. Die Kommissionschätzt bei einer Prämie von DM 2.500 proVerpflichtungsjahr den zusätzlichen Finanz-bedarf auf etwa 300 Mio DM pro Jahr. Hinzukommen Besoldungs- und Laufbahnverbesse-rungen. Sie könnten insgesamt eine Größen-ordnung von rund 2,1 Mrd. DM pro Jahr er-reichen, wenn

● Grundwehrdienstleistende eine Sonderver-gütung von monatlich DM 1.200 erhalten,wie sie heute die FWDL bekommen (schät-zungsweise 360 Mio DM pro Jahr);

● FWDL wie die heute als Zeitsoldaten dienst-tuenden Mannschaften besoldet werden(schätzungsweise 100 Mio DM pro Jahr);

● künftig als Zeitsoldaten diensttuendenMannschaften das heutige Besoldungsni-veau der Unteroffiziere ohne Portepee zu-gebilligt wird (schätzungsweise 1,65 Mrd.DM pro Jahr).

246. Bei Zeitsoldaten ist der Personalumbauwegen der begrenzten Verpflichtungszeitenleichter zu schaffen als bei Berufssoldaten,Beamten auf Lebenszeit und anderem unkünd-baren Personal. Für diese Personenkreise

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REFORM UND HAUSHALT

139

244 >

dürften Anreize zum vorzeitigen Ausscheidenaus dem Dienst notwendig werden. SolcheProgramme verursachen indessen im Vertei-digungshaushalt nur dann zusätzliche Kosten,wenn sie finanzielle Abfindungen enthalten.

247. Insgesamt dürfte die Nettoentlastungbei den Personalkosten am Ende der Um-strukturierung mithin 2,5 – 3 Mrd. DM proJahr betragen. Es bleibt aber festzuhalten,dass die attraktivitätssteigernden Mehrkostenschon früh, die Einsparungen mit fortschrei-tendem Personalabbau erst später und in vol-lem Umfang erst am Ende der Umstrukturie-rung eintreten werden.

BETRIEBSKOSTEN –EINSPARUNGEN UNDMEHRKOSTEN

248. Die Betriebskosten hängen von Um-fang und Struktur der Streitkräfte und der An-zahl der Standorte ab. Hierfür gibt die Bundes-wehr im Jahr 2000 rund 11 Mrd. DM aus.

Die Kommission hat tiefe Eingriffe in Um-fang und bestehende Strukturen empfohlen.Die damit einhergehende Außerdienststellungvon militärischem Großgerät und die damitverbundenen Einsparungen wurden nur bei-spielhaft betrachtet. Aber allein durch die Vor-schläge, die Bestände an Kampf- und Schüt-zenpanzern sowie gepanzerter Artillerie in et-wa zu halbieren, werden die Betriebskostensignifikant absinken. Der Betrieb eines Pan-zers LEOPARD 1 kostet 70.000 DM pro Jahr.Für den Betrieb eines Fahrzeugs M 113, vondem es im Bestand der Bundeswehr noch et-wa 3.500 Stück gibt, müssen rund 20.000 DMpro Jahr aufgewendet werden.

249. Für die Bewirtschaftung der Grundstü-cke, Gebäude und Räume, die Unterhaltungder Infrastruktur und die Absicherung werdenjährlich etwa 2,3 Mrd. DM aufgewendet.Durch die Auflösung von Verbänden und diedamit zugleich mögliche Reduzierung vonStandorten und Liegenschaften können dieseKosten erheblich gesenkt werden. Bei eineranvisierten Halbierung der Anzahl der Stand-orte und Liegenschaften erscheint eine Ein-sparung von schätzungsweise 1 Mrd. DM proJahr als realistisch.

250. Hinzu kommen Rationalisierungsge-winne aus der Anwendung wirtschaftlichererVerfahren, wie die Kommission sie vorge-schlagen hat. Aus Verkäufen sind auch Erlöse,aus Dienstleistungen Einnahmen zu erwarten,die dem Verteidigungshaushalt zufließen müs-sen. Ihnen werden allerdings Mehrkosten fürden Übergang in neue Organisationsformenund Strukturen, für eine Verlegung und Zu-sammenführung von Verbänden und Dienst-stellen der Bundeswehr und für die einsatz-nahe Ausbildung gegenüberstehen.

STANDORTENTSCHEIDUNGEN

251. Rasche Entscheidungen über die Stand-orte und die künftige Stationierung der Bundes-wehr sind nur möglich, wenn unverzüglichmit der Ausplanung der Grob- und Feinstruk-turen der Streitkräfte und der Bundeswehrver-waltung und der Zuordnung des dafür benö-tigten Personals begonnen werden kann. Obund vor allem wie schnell Kostenreduzierun-gen erreicht werden, hängt davon ab, wie weitwirtschaftliche Gesichtspunkte bei den Statio-nierungsentscheidungen berücksichtigt werden

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

und wie rasch nicht mehr benötigte Verbändeaufgelöst oder stillgelegt werden.

Die Kommission empfiehlt, binnen einesJahres über die künftigen Standorte unddie Stationierung der Bundeswehr zu ent-scheiden.

ZUSAMMENFASSUNG UNDBILANZ

252. Die prognostizierten Kosteneinsparun-gen lassen sich in voller Höhe erst nach Ein-nahme der neuen Personalstruktur und Ab-schluss aller organisatorischen Veränderun-gen bis hin zur Stationierung erzielen. Bis da-hin sind lediglich – je nach Geschwindigkeitdes Umbaus – Teileinsparungen zu erwirt-schaften. Sie können bereits zur Erhöhung desInvestitionsanteils genutzt werden. Vorausset-zung ist, dass diese Mittel im Einzelplan 14verbleiben.

253. Für eine Übergangszeit bis zur Ein-nahme der neuen Bundeswehr-Struktur sindzusätzliche Haushaltsmittel erforderlich. DieMittel werden zum einen gebraucht, um damitzu beginnen, die beschriebene Ausrüstungslü-cke zu schließen und die im Rahmen der Neu-ausrichtung der Bundeswehr erforderlichenGroßprojekte und organisatorischen Verände-rungen zu finanzieren. Es muss jetzt in dielangfristige Effizienz investiert werden.

Zum anderen werden zusätzliche Mittel benö-tigt, um den Dienst in der Bundeswehr so at-traktiv auszugestalten, dass der notwendigeNachwuchs gewonnen werden kann und zu-gleich das vorzeitige Ausscheiden nicht mehrbenötigten Personals ermöglicht wird.

254. Der Mehrbedarf wird nicht in jedemJahr in gleicher Höhe anfallen. Er wird nachmoderatem Beginn mit den fortschreitendenfinanzwirksamen Planungen und Vertragsab-schlüssen anwachsen. Die Kommission hältes aber für erreichbar, dass den vorgeschlage-nen notwendigen Mehrausgaben langfristigKosteneinsparungen in etwa gleicher Höhegegenüberstehen (Abbildung 13).

255. Die Bundeswehr wird sich auch in derReformphase ständig im Einsatz befinden.Das kann zu Verzögerungen und Friktionenwährend der Umgliederung führen. Die Orga-nisations- und Strukturreform muss daher sogestaltet werden, dass das innere Gefüge derStreitkräfte intakt bleibt und ihre Führungs-und Einsatzfähigkeit den gesamten Reform-prozess hindurch garantiert ist.

256. Die Bundeswehr bedarf eines ver-lässlichen, dem Postulat der Stetigkeit ge-nügenden, aufgabengerechten Haushalts-rahmens für den gesamten Zeitraum derNeuausrichtung, also über den von derMittelfristigen Finanzplanung abgedeck-ten Zeitrahmen hinaus. Dieser Rahmendürfte sich in der Größenordnung derderzeitigen Verteidigungsausgaben bewe-gen. Für den Übergang werden zusätz-liche Mittel gebraucht (Anschubfinan-zierung).4 Nur so kann die Reform erfolg-reich angegangen werden. Die Verfas-sungsorgane müssen der Bundeswehr dienotwendige Planungssicherheit für denvor ihr liegenden schwierigen Weg geben.

140

4 Die Kommissionsmitglieder Müller und Steinbach

optieren dafür, den Rahmen der Mittelfristigen Finanz-

planung nicht zu verlassen. Die abweichende Auffassung

ist im Anhang (S. 152f) beigefügt.

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REFORM UND HAUSHALT

141

252 >

Abbildung 13: Kostenentwicklung im Übergang

Ausrüstungs-investitionen

heutigeHöhe

Zeit

ca. 3 Mrd DMpro Jahr

Personal-und Betriebs-kosten

heutigeHöhe

Zeit

ca. 3 Mrd DMpro Jahr

++

=

+

Summe allerVerteidigungs-ausgaben

heutigeHöhe

Zeit

Zusätzliche Mittelfür den Übergang

+verstetigter

Haushaltsrahmen≈

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anhang

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ABWEICHENDE VOTEN – ANHANG 1

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ABWEICHENDE VOTEN – ANHANG 1

147

Abweichendes Votum der Kommissions-mitglieder Cordes, Hansen, Lutz, Müller,Schoppe und Steinbach zur Wehrform

Wir können uns der Empfehlung der Kom-mission nicht anschließen, den künftigenFriedensumfang der Streitkräfte auf 240.000Soldaten mit einem Wehrpflichtigenanteil vonca. 30.000 Mann festzulegen und Wehrpflich-tige zu einem zehnmonatigen Grundwehr-dienst entsprechend dem Streitkräftebedarfnach dem Prinzip des Auswahlwehrdiensteseinzuziehen. Statt dessen plädieren wir fürden Übergang zu einer Freiwilligenarmee, diedie konsequente Umsetzung des verändertenEinsatzprofils der Streitkräfte in die Praxisdarstellt.

Das Prinzip des Auswahlwehrdienstes soll si-cherstellen, daß nur so viele Wehrpflichtigekünftig Grundwehrdienst leisten, wie nachAuffassung der Kommissionsmehrheit sicher-heitspolitisch benötigt werden. Damit soll diepersonelle Regeneration des Freiwilligenan-teils, eine ausreichende Zahl von Soldaten fürden Dienst in der Grundorganisation derStreitkräfte, für einen begrenzten Aufwuchsder Streitkräfte im Verteidigungsfall sowie fürden Personalersatz im Einsatz sichergestelltwerden. Diesem sehr begrenzten jährlichenBedarf von ca. 30.000 Grundwehrdienstleis-tenden stünde ein jährlich verfügbarer Ge-samtumfang von ca. 250.000 wehrfähigenWehrpflichtigen gegenüber, von denen gegen-wärtig ca. 120.000 einberufen werden.

Somit würde die Nutzung eines nur geringenTeils des Gesamtbestandes zu einer gravie-renden Benachteiligung derjenigen führen,die von den Streitkräften entsprechend dem

qualitativen und quantitativen Bedarf einge-zogen würden, während die weit überwiegen-de Mehrheit wehrfähiger Wehrpflichtiger da-von ausgenommen bliebe. Nur derjenigeWehrpflichtige würde künftig überhaupt ei-nen Dienst leisten, der zum Grundwehrdiensttatsächlich aufgerufen wird: Entweder alsGrundwehrdienstleistender, oder aber, im Falleder Anerkennung als Kriegsdienstverweige-rer, als Ersatzdienstleistender. Die breite Mehr-heit aller Wehrpflichtigen würde zu keinerleiDiensten herangezogen.

Die berechtigte Forderung nach größtmög-licher Wehrgerechtigkeit könnte so keinesfallsverwirklicht werden. Statt dessen würde imErgebnis eine massive Wehrungerechtigkeitentstehen. Die staatspolitische Bedeutung derAllgemeinen Wehrpflicht würde unterlaufen,indem sie zwar nicht de jure, aber faktischdurch eine Auswahlwehrpflicht ersetzt würde.

Auch der durch die Allgemeine Wehrpflichtangestrebten Integration der Streitkräfte indie Gesellschaft wäre nicht gedient. Über dieWehrdienstleistenden wäre die Verankerungder Truppe in der Gesellschaft ohnedies nurnoch bedingt möglich; dazu wird ihre Ge-samtzahl und ihr relativer Anteil an denStreitkräften zu gering sein. Zudem dürftesich die genannte Ungerechtigkeit negativ aufdie Integration auswirken. Die Versuche, derEinberufung in letzer Minute noch zu entge-hen, würden zunehmen, bei den tatsächlichEinberufenen würde sich Unmut über die alsnachteilig empfundenen Lebensumstände äu-ßern. Bei jedem Einberufungszyklus würdeeine neue Debatte über die Wehrpflicht unterder Perspektive gesellschaftspolitischer Unge-rechtigkeit entfacht. Dem Ruf der Bundes-wehr kann dies nicht gut tun.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Damit gründet sich die Empfehlung auf einPrinzip, das verfassungsrechtlich kaum halt-bar, gesellschaftspolitisch nicht akzeptabelund somit auch politisch nicht durchsetzbarsein dürfte. Die Bestandskraft dieser Lösungist infolgedessen ungesichert. Dadurch aberverliert diese Empfehlung vorhersehbar ihrenSinn als politische Handlungsgrundlage.

Auch die möglichen Alternativen zu diesemAnsatz, die in der öffentlichen Diskussionvorgeschlagen worden sind, tragen nicht:nämlich größtmögliche Wehrgerechtigkeitdurch einen über den eigentlichen Streitkräf-tebedarf hinausgehenden Wehrpflichtigenan-teil zu erreichen, oder aber durch eine gestaf-felte Ableistung eines verkürzten Grundwehr-dienstes eine größtmögliche Zahl von wehrfä-higen Wehrpflichtigen einziehen zu können,sowie eine mögliche Kombination beider Al-ternativen.

In allen diesen Fällen wäre nicht der zur Si-cherheitsvorsorge für unseren Staat notwendi-ge Bedarf der Streitkräfte an Wehrpflichtigenausschlaggebend für die Anzahl einzuziehen-der Wehrpflichtiger, sondern die in diesemZusammenhang sachfremde Erwägung größt-möglicher Wehrgerechtigkeit. Vereinfacht aus-gedrückt: Die Mehrzahl unserer wehrfähigenWehrpflichtigen würde nicht etwa deshalbWehrdienst leisten, weil sie für die Sicherheitunseres Staates gebraucht werden, sondern le-diglich, um angesichts eines sehr begrenztenBedarfs der Streitkräfte dennoch dem Prinzipder Wehrgerechtigkeit Geltung zu verschaffenund damit ein Festhalten an der AllgemeinenWehrpflicht zu ermöglichen.

Die Durchsetzung dieses Prinzips ohne Rück-sicht auf die Tatsache, daß der Wehrdienst

einen weitreichenden Eingriff in die freie Le-bensgestaltung eines jungen männlichen Bür-gers darstellt, der nur mit den unabdingbarenSicherheitserfordernissen unseres Staates zurechtfertigen ist, ist gesellschaftspolitisch nichtvertretbar und scheidet damit ebenso aus wiedie Option eines Auswahlwehrdienstes auf derGrundlage einer nur noch als Rechtsprinzipbestehenden, in der Einberufungspraxis abernicht mehr realisierten Allgemeinen Wehr-pflicht.

Beide Ansätze zur künftigen Wehrform – derAuswahlwehrdienst wie die willkürliche Er-höhung des Bedarfs an Wehrpflichtigen – mitdem Ziel, die Allgemeine Wehrpflicht zu er-halten, sind eher geeignet, dieses hohe Verfas-sungsgut zu untergraben. Sie sind daher alsModelle einer künftigen Wehrform untauglich.

Gegenüber diesen grundlegenden Überlegun-gen sind die praktischen Vorteile des W-10-Modells marginal. Für die personelle Regene-ration von Längerdienenden beläuft sich dasvermutliche zusätzliche Rekrutierungsperso-nal auf lediglich 10 % (3.000 Soldaten/Jahr).Für die verbleibenden 90 % bleibt auch dasW-10-Modell darauf angewiesen, Kräfte aufdem Arbeitsmarkt zu gewinnen.

Die strukturellen Aufwuchsmöglichkeiten lie-gen bei W-10- und Freiwilligenmodell glei-chermaßen bei 3 Brigaden; der Unterschiedbesteht hier nur darin, daß die Auffüllung die-ser Struktur durch die Einberufung einer grö-ßeren Zahl von Wehrpflichtigen unkompli-zierter erscheint als durch die Einberufungvon (freiwilligen) Reservisten zu Übungenoder durch Mobilmachung.

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ABWEICHENDE VOTEN – ANHANG 1

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Auch die Möglichkeit, in Krisenlagen durchdie zusätzliche Einberufung einer höherenWehrpflichtigenzahl die Präsenzkräfte zu ver-stärken, besteht mangels der Strukturen, indie diese Wehrpflichtigen eingegliedert wer-den könnten, nur in begrenztem Maße. ImÜbrigen ist seit 1968 von der Möglichkeit, diePräsenzkräfte durch die Verfügungsbereitschaftin einer Krisensituation zu verstärken, keinGebrauch mehr gemacht worden. Ein deut-licher sicherheitspolitischer Vorteil für dasModell des Auswahlwehrdienstes ergibt sichhieraus somit nicht. Keinesfalls werden dieim Sondervotum des KommissionsmitgliedsProf. Ipsen genannten verfassungsrechtlichenund verfassungspolitischen Bedenken aufge-wogen.

Ihnen kann nur durch die klare Zielsetzungbegegnet werden, in einem absehbaren Zeit-raum auf eine vollständig von Freiwilligengetragene Wehrform überzugehen. Für denÜbergang gibt es dann – bei sinkendem Wehr-pflichtigenanteil – freilich auch einen Aus-wahlwehrdienst. Er ist jedoch nicht bedenk-lich, da das Ende dieses Zustands festgelegtund der Übergangszeitraum kurz ist.

Hierzu sollte:

● der Übergang von der gegenwärtigen Wehr-form zu Freiwilligenstreitkräften in einemZeitraum von 4 –6 Jahren nach Schaffungentsprechender legislativer Grundlagen voll-zogen werden.

● ein Präsenzumfang von 220.000 als Ziel-größe angestrebt, der endgültige Umfangdieser Streitkräfte erst im Zuge des Über-ganges festgelegt werden, wenn das Frei-willigenaufkommen nach Wirksamwerden

entsprechender Attraktivitätsmaßnahmen zu-verlässiger beurteilt werden kann.

● der Vollzug des Grundwehrdienstes erst mitdem Abschluß der Übergangsphase ausge-setzt werden bei gleichzeitiger Aufrechter-haltung der allgemeinen Wehrpflicht gem.Art. 12a GG.

● die Allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt, aberals grundrechtlich verankertes Rechtsprin-zip bis zu einem Zeitpunkt aufrechterhaltenwerden, zu dem die Sicherheitsvorsorgedies nicht mehr erfordert und die Konsoli-dierung der Freiwilligenstreitkräfte den Ver-zicht darauf erlaubt.

● bis zu diesem Zeitpunkt die Wehrerfassungauf der Grundlage einer fortbestehenden,aber zweckgerecht verkleinerten Wehrer-satzorganisation aufrechterhalten werden.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Abweichendes Votum des Kommissions-mitglieds Ipsen zum Auswahl-Wehrdienst

Die Entscheidung der Kommission, einen Aus-wahlwehrdienst zu empfehlen, nach dem nurnoch allenfalls ein Viertel der tauglichen Wehr-pflichtigen eines Geburtsjahrgangs zum Grund-wehrdienst einberufen wird, halte ich aus fol-genden Gründen für verfassungswidrig:

1. Unser Grundgesetz enthält in seinem Art.12a nach Wortlaut, Sinnzusammenhangund Zweck – so die einhellige Rechtsauf-fassung – die verfassungsrechtliche Grund-lage für die allgemeine Wehrpflicht. Dieseschließt einen auf maximal ein Viertel dertauglichen Wehrpflichtigen beschränktenAuswahlwehrdienst von vornherein aus.Dies folgt zwingend daraus, daß die allge-meine Wehrpflicht zugleich eine Ausprä-gung des im Grundgesetz verankerten all-gemeinen Gleichheitsgedankens ist. Des-halb steht die Wehrpflicht, ihre Umset-zung durch den Bundesgesetzgeber undihre Handhabung durch die vollziehendeGewalt eindeutig und von niemandem be-stritten unter dem Verfassungsgebot derstaatsbürgerlichen Pflichtengleichheit inGestalt der Wehrgerechtigkeit.

2. Ein Auswahlwehrdienst, der von den wehr-pflichtigen und tauglichen Staatsbürgernrund Dreiviertel gar nicht in Anspruchnimmt, verstößt gegen dieses Verfassungs-gebot der staatsbürgerlichen Pflichten-gleichheit.

3. Damit verstößt der Auswahlwehrdienst zu-gleich gegen das Gleichheitsgrundrecht

der Minderheit von einem Viertel der wehr-pflichtigen und tauglichen Bürger, die zurAbleistung des Grundwehrdienstes ausge-wählt und einberufen wird.

4. Wenn also die Wehrpflicht in ihrer verfas-sungsmäßigen Verankerung wie bisher alsallgemeine Wehrpflicht erhalten bleibt,dann ist keine tragfähige Begründung er-sichtlich, mit der man den Auswahlwehr-dienst als verfassungsmäßig kennzeichnenkönnte.

5. Die Feststellung, daß sich die Auswahlder Wehrpflichtigen nach dem Bedarf derStreitkräfte richtet, ist eine rechtliche Selbst-verständlichkeit, seitdem es das Wehr-pflichtgesetz gibt. So bestimmt sich nachjahrzehntelang einheitlicher höchstrich-terlicher Rechtsprechung die Auswahl dereinzuberufenden aus den an sich verfüg-baren Wehrpflichtigen nach § 21 WPflGallein nach dem Interesse der Bundeswehran der optimalen Deckung ihres Personal-bedarfs anhand der konkret gegebenenWehrersatzlage.

6. Aus der geltenden Verfassungs- und Ge-setzeslage folgt daher: Bleiben verfügbareWehrpflichtige vom Wehrdienst verschont,weil die Streitkräfte sie wegen vollständi-ger Deckung ihres Personalbedarfs nichtbenötigen, ist dies eine faktische Begüns-tigung, die dem verfassungsrechtlichenGebot der Wehrgerechtigkeit und dem aufderen Verwirklichung gerichteten Systemdes Wehrpflichtrechts zuwiderläuft.

7. Daraus folgt: Eine erhebliche und andau-ernde Abnahme des Bedarfs der Streit-kräfte an Wehrpflichtigen (wie nach dem

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ABWEICHENDE VOTEN – ANHANG 1

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von der Kommission bevorzugten Modellbis auf ein Viertel des einberufbaren Jahr-gangs) muß dem Gesetzgeber – sofern erdie allgemeine Wehrpflicht weiterhin auf-rechterhalten will – unter dem Blickwin-kel des Gebots der Wehrgerechtigkeitzwingenden Anlaß geben, die Wehrdienst-ausnahmen und zugleich das Verhältnisvon Wehr- und Zivildienst neu zu regeln,um die von der Verfassung gebotene undgleichmäßige Heranziehung aller Wehr-pflichtigen zu einer Dienstleistung sicher-zustellen, wie der Wehrdienstsenat desBundesverwaltungsgerichts 1993 richti-gerweise festgestellt hat.

8. Die Absicht der Kommission, Wehrge-rechtigkeit dadurch anzustreben, daß dieAttraktivität des Grundwehrdienstes er-höht wird, Wehrdienstleistenden bessereEinstiegsmöglichkeiten in Studium undBeruf eröffnet werden und der Wehrsoldangehoben wird, entspricht bei allem lobenswerten Bemühen nicht der Wehr-gerechtigkeit im Sinne des Verfassungs-gebots der staatsbürgerlichen Pflichten-gleichheit und kann diese Pflichtengleich-heit weder rechtlich noch tatsächlich her-stellen.

9. Die Kommission hat sich zur rechtstech-nischen Umsetzung ihres Auswahlwehr-dienst-Modells nicht geäußert. Sollte aberdie Einberufung nach Bedarf ohne Be-rücksichtigung des Verfassungsgebots derstaatsbürgerlichen Pflichtengleichheit durchentsprechende Ergänzung des Wehrpflicht-gesetzes erfolgen, dann wäre das Wehr-pflichtgesetz angesichts der gem. Art. 12 aGG fortgeltenden allgemeinen Wehrpflichtinsoweit eindeutig verfassungswidrig. Glei-

ches gilt natürlich, falls der Auswahlwehr-dienst allein durch verwaltungsmäßigeEinberufungshandhabung verwirklicht wer-den soll. In diesem Fall wäre der Auswahl-wehrdienst darüber hinaus wegen Versto-ßes gegen den aus dem Rechtsstaatsgrund-satz folgenden Vorbehalt des Gesetzesverfassungswidrig.

10. Der Auswahlwehrdienst erschiene mir al-lein als zeitlich klar begrenzte Lösungund unter der Voraussetzung annehmbar,daß er explizit als Erprobungs- und Über-gangslösung gekennzeichnet wird, die miteinem terminierten Entwicklungsplan ver-bunden ist, der seinerseits auf eine verfas-sungsmäßige Lösung ausgerichtet ist. EinAuswahlwehrdienst auf unabsehbare Zeitaber verstößt gegen die Wehrgerechtigkeit.

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Abweichendes Votum der Kommissions-mitglieder Müller und Steinbach zum Kapitel „Reform und Haushalt“

Die Arbeit der Kommission vollzog sich imRahmen eines erweiterten Sicherheitsbegriffs.Im ersten Kapitel des Berichts ist dieser Be-griff mit den entsprechenden praktischen Kon-sequenzen entfaltet worden. Empfehlungenzur Finanzierung der anstehenden Reform derBundeswehr müssen dieses Gesamtspektrumvon Sicherheit einbeziehen.

Sicherheit und Stabilität Deutschlands hängenin erster Linie von der Stärke des Wirtschafts-standortes Deutschland ab. Die Konsolidie-rung der öffentlichen Haushalte bei gleichzei-tiger Steuerreform ist somit eine vorrangigeAufgabe auch unter sicherheitspolitischer Per-spektive. Die Zukunftsfähigkeit Deutschlandsberuht des Weiteren auf der Qualifikation sei-ner Arbeitskräfte und den Leistungen seinerForschung. Die Sektoren Bildung und For-schung sind gegenwärtig im internationalenVergleich unterfinanziert. Für die innere Sta-bilität bleibt der Aufbau Ost wichtigste Auf-gabe. Hierfür sind weiter erhebliche Finanz-mittel erforderlich.

Im engeren Bereich der Sicherheitspolitik istan erster Stelle die Erweiterung der Europäi-schen Union zu nennen. Die Ausdehnung ih-res Stabilitätsraums nach Osten dient der Si-cherheit keines anderen Landes so sehr wieder unseren. Sie wird viel Geld kosten.

Dies gilt auch für die nicht-militärische Kri-senprävention, insbesondere die Entwick-lungshilfe, wie im ersten Kapitel des Berichts

festgehalten. Mittel für die Stärkung der Zi-vilgesellschaft in Krisenregionen sind geringund über mehrere Ressorts verstreut. Für dieAbwehr des gegenwärtig größten Sicherheits-risikos, nämlich für Demontage der Massen-vernichtungswaffen Rußlands, leistet Deutsch-land bislang nur einen marginalen Beitrag.

Aus dieser Gesamtbetrachtung ergibt sich dieNotwendigkeit, alle sicherheitspolitisch rele-vanten Einzelhaushalte ausgewogen zu ge-wichten.

Der Bedarf für den Umbau der Streitkräfte istkeine feste Größe. Er richtet sich vielmehrnach dem Tempo, mit dem der Umbau ausge-führt werden soll. Wie schnell er vor sich ge-hen soll, kann nur im Rahmen der Prioritätendes Gesamthaushalts endgültig entschiedenwerden. Die Entscheidung ergibt sich nichtautomatisch aus der Analyse des Zustands derBundeswehr und den Empfehlungen für ihrenUmbau, sondern aus der Abwägung diesesBelangs gegen die übrigen staatspolitischenNotwendigkeiten, einschließlich der oben an-geführten Belange erweiterter Sicherheits-politik.

Innerhalb der Haushaltsteile des Einzelplans 14ergeben sich erhebliche Einsparungsmöglich-keiten, die im Kommissionsbericht nicht voll-ständig quantifiziert werden konnten. Einspa-rungen im Personalhaushalt werden durch dieEinberufung einer geringeren Zahl von Wehr-pflichtigen und den Abbau der Zahl von Be-rufssoldaten und Zivilbediensteten unmittel-bar wirksam. Auch die Möglichkeiten, im Be-trieb mit geringeren Mitteln wirksamer zuwirtschaften, liegen im Milliardenbereich.Selbst im investiven Haushaltsteil – der er-höht werden muß – lassen sich durch einen

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gestrafften Beschaffungsgang erhebliche Mittelfreisetzen; insofern scheint uns der von derKommissionsmehrheit auf 120 Mrd DM be-zifferte Investitionsbedarf nicht endgültig ge-sichert.

Haushaltszwänge erzeugen Reformdruck. Umdaraus die erforderlichen Anreize zu formen,um das vorhandene Einsparungspotential zuverwirklichen, hat die Kommission eine Reihevon Vorschlägen erarbeitet, die wir voll mit-tragen. Hierbei geht es um die Umstellungvon kameralistischem auf betriebswirtschaft-liches Wirtschaften. Sie soll Mittel freisetzen,die zugunsten des Investivhaushaltes umge-schichtet werden. Dies setzt voraus, daß dieje-nigen erwirtschafteten Beträge, die über denin der mittelfristigen Finanzplanung geforder-ten Beitrag des BMVg zur Konsolidierungdes Bundeshaushaltes hinausgehen, in derVerfügung des Ministeriums verbleiben müs-sen. Die genannten Anreize können aber nurdann wirksam werden, wenn nicht gleichzei-tig die Garantie einer Fehlbedarfsfinanzierunggegeben wird; hierauf laufen die Empfehlun-gen der Kommissionsmehrheit für die „An-schubfinanzierung“ jedoch mit großer Wahr-scheinlichkeit hinaus. Der unbedingt notwen-dige Reformdruck wird dadurch aufgehoben.

Aus diesen Gründen sollte sich der Verteidi-gungshaushalt in dem von der mittelfristigenFinanzplanung vorgegebenen Rahmen be-wegen und sich in den nachfolgenden Jahrenvergleichbar zum Gesamthaushalt entwickeln.Notwendig ist in erster Linie Planungssicher-heit. Zusätzliche Mittel sind lediglich bereit-zustellen, um das vorzeitige Ausscheiden vonSoldaten und Zivilbediensteten im Zuge derVerkleinerung der Streitkräfte bereitzustellen.Es handelt sich hier nicht um Verteidigungs-,

sondern um Sozialausgaben. Sie sind erfor-derlich, damit die angestrebten Einsparungenbei den Personalausgaben schnellstmöglichrealisiert werden können und die Reform anDynamik gewinnt.

Dies kann bedeuten, daß der Umbau derStreitkräfte langsamer vorankommen wird, alsdie Kommissionsmehrheit sich dies wünscht.Mit dem Blick auf die Gesamtaufgaben desStaates muß diese Verzögerung gegebenen-falls in Kauf genommen werden. In der Über-gangszeit ist darauf zu achten, daß derBundeswehr nur solche Aufgaben – vor allenDingen im Einsatz – zugemutet werden, diesie aufgrund der jeweils bereits erreichtenLeistungssteigerungen realistischerweise er-füllen kann.

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DIE ARBEIT DER KOMMISSION – ANHANG 2

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DIE ARBEIT DER KOMMISSION – ANHANG 2

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Die Arbeit der Kommission

Die Kommission „Gemeinsame Sicherheit undZukunft der Bundeswehr“ nahm am 3. Mai1999 ihre Arbeit auf. Am selben Tag legte dasBundesministerium der Verteidigung eine Be-standsaufnahme vor, in der die aktuellen per-sonellen, finanziellen, organisatorischen undmateriellen Bedingungen der Bundeswehr zu-sammengetragen und bewertet wurden. Siediente der Kommission als Einstieg in ihreBeratungen.

Zunächst wandte sich die Kommission den sicherheitspolitischen und völkerrechtlichenEntwicklungen zu. Unter Heranziehung vonExperten untersuchte sie die internationaleRolle und die Interessen der BundesrepublikDeutschland und analysierte vor diesem Hinter-grund die Risiken. Anschließend verständigtesie sich auf Arbeitshypothesen zu den künfti-gen Fähigkeiten der Bundeswehr und legtedamit den Grundstein für die weiteren vertei-digungspolitischen und streitkräftespezifischenBeratungen.

Aufgrund der Entscheidung der Kommission,ihre Empfehlungen über die Zukunft der Bun-deswehr nicht wie im Auftrag vorgesehen imSeptember, sondern bereits im Mai 2000 derBundesregierung zu übergeben, hätte nicht je-des Detail im Plenum untersucht werden kön-nen. Deshalb wurden im Herbst 1999 drei Ar-beitsgruppen gebildet: zu den ThemenfeldernWehrform und Personal, Organisation und

Struktur sowie Ausrüstung und Beschaffung

berieten sie die jeweils sehr komplexen Unter-suchungsgegenstände bis Ende Februar 2000.

Die Arbeitsgruppen konnten sich auf eineReihe von externen Studien, Zuarbeit des Ministeriums, Anhörungen von ausgewähltenSachverständigen und Vorbereitungen des Sek-retariats stützen. Sie stimmten ihre Ergebnisseuntereinander ab und trugen im Plenum derKommission regelmäßig vor. Damit war dieKommission als Ganze in der Lage, den Ar-beitsfortschritt zu begleiten, sich die Einzel-ergebnisse zu Eigen zu machen, sie zu harmo-nisieren und zu Empfehlungen zusammenzu-fassen.

Auf dieser Grundlage entstand bis AnfangMärz 2000 ein erster Berichtsentwurf. Diefolgenden Kommissionssitzungen dienten derinhaltlichen und redaktionellen Überarbei-tung des Gesamtberichts. Die Schlusslesungfand am 11. Mai 2000 statt.

Anlage 1 Die Gäste der Kommission und ihrer Arbeitsgruppen

Anlage 2 Gutachten

Anlage 3 Die Mitglieder des Sekretariats der Kommission

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

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DIE ARBEIT DER KOMMISSION – ANHANG 2

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1. Gäste der Kommission

General Wesley K. ClarkOberster Befehlshaber der NATO-Streitkräftein Europa

Hans EichelBundesminister der Finanzen

Prof. Dr. Antonius EitelEhemaliger deutscher Botschafter bei den Vereinten Nationen

François HeisbourgDirektor des Genfer Zentrums für Sicher-heitspolitik

Dr. Wilhelm HöynckEhemaliger Generalsekretär der Organisationfür Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

Wolfgang Ischinger Staatssekretär des Auswärtigen Amts

General Hans Peter von KirchbachGeneralinspekteur der Bundeswehr

Rudolf ScharpingBundesminister der Verteidigung

Otto SchilyBundesminister des Innern

2. Gäste der Arbeitsgruppen

Konteradmiral Jörg AuerChef des Stabes, Führungsstab der Streit-kräfte

Ministerialdirektor Walter BiederbickAbteilungsleiter Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten im Bundesminis-terium der Verteidigung

Brigadegeneral Christian BielingSonderbeauftragter für Rationalisierung im Bundesministerium der Verteidigung

Erster Direktor beim Bundesamt für Wehr-

technik und Beschaffung Hans BirnerAbteilungsleiter Kraftfahrzeug und Geräte-technik im Bundesamt für Wehrtechnik undBeschaffung

Dr. Manfred BodeFirma Kraus Maffei-Wegmann

Franz H.U. BorkenhagenStellvertreter des Leiters Planungsstab imBundesministerium der Verteidigung

Dr. Axel BornMcKinsey&Company, Inc.

Manfred BraitingerIndustrieanlagen-Betriebsgesellschaft

Oberst i.G. Hanspeter BroekelschenReferatsleiter Planung, Organisation und Angelegenheiten der truppendienstlichenFührung der Zentralen Militärischen Dienst-stellen der Bundeswehr; Führungsstab derStreitkräfte

Anlage 1 – Die Gäste der Kommission und ihrer Arbeitsgruppen

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Dr. Günther CrostackKPMG Unternehmensberatung GmbH

Generaloberstabsarzt Dr. Karl W. DemmerInspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr

Generalmajor Heinz-Peter DicksDirektor, NATO C3 Agentur

Dr. Peter EbelingIndustrieanlagen-Betriebsgesellschaft

Rolf EbingStute Verkehrs-GmbH

Ministerialdirigent Dirk EllingerUnterabteilungsleiter Forschung und Technologie, Allgemeine Wehrtechnik imBundesministerium der Verteidigung

Generalleutnant Benno ErtmannStellvertreter des Inspekteurs der Luftwaffe

Erster Direktor beim Bundesamt für Wehr-

technik und Beschaffung

Dr. Hans-Werner FiewegerAbteilungsleiter Fernmeldetechnik undElektronik im Bundesamt für Wehrtechnikund Beschaffung

Horst GadeKnight Wendling Consulting GmbH

Jürgen GallaDeutsche Telekom AG

Vizepräsident Elmar GöbelVizepräsident (Technik) im Bundesamt fürWehrtechnik und Beschaffung

Frank GoldammerBundesverband der Deutschen Industrie

Direktor beim Bundesamt für Wehrtechnik

und Beschaffung Dr. Wilhelm GräperUnterabteilungsleiter Technische Ablauf-verfahren im Bundesamt für Wehrtechnikund Beschaffung

Ministerialrat Theodor GrewenigReferatsleiter Revision, Org-Prüfung, Personalbemessung; Organisationsstab imBundesministerium der Verteidigung

Fregattenkapitän Uwe C. GüntherReferent beim Sonderbeauftragten für Rationalisierung im Bundesministerium der Verteidigung

Philip von HaehlingKienbaum Management Consultants

Generalstabsarzt Dr. Bernhard HäfnerStellvertreter des Inspekteurs des Sanitäts-dienstes der Bundeswehr und Chef des Stabes der Inspektion des Sanitätsdienstes

Erster Direktor beim Bundesamt für Wehr-

technik und Beschaffung Dirk HagerAbteilungsleiter Zentrale Verwaltungs-angelegenheiten im Bundesamt für Wehr-technik und Beschaffung

Ministerialrat Tjark HappachLeiter Zentrales Controlling Rüstung imBundesministerium der Verteidigung

Werner HeinzmannMitglied des Vorstands der DaimlerChryslerAerospace AG

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DIE ARBEIT DER KOMMISSION – ANHANG 2

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50 >

Konteradmiral Bernd HeiseStellvertreter des Inspekteurs der Marine undChef des Stabes Führungsstab der Marine

Dr. Axel HomburgVorsitzender des Arbeitskreises Vertei-digungswirtschaft beim Bundesverband der Deutschen Industrie

Jürgen HugoSt. Gallen Consulting Group

Ministerialdirektor Dr. Karl JohannyAbteilungsleiter Wehrverwaltung, Infrastruk-tur und Umweltschutz im Bundesministeriumder Verteidigung

Ministerialdirektor Dr. Joerg KaempfHauptabteilungsleiter Rüstung im Bundes-ministerium der Verteidigung

Oberstleutnant Karl Otto KindingerReferent beim Sonderbeauftragten für Rationalisierung im Bundesministerium der Verteidigung

Kapitän z. S. Dr. Horst-D. KolletschkeReferatsleiter Rüstung/Nutzung Schwimmen-de Waffensysteme; Führungsstab der Marine

Dr. Ernst Otto KrämerVorstandsvorsitzender der Vereinigung Wehrtechnisches Gerät

Oberst i.G. Eckehard KüglerReferatsleiter Planungskontrolle, Rüstung;Führungsstab der Streitkräfte

Generalleutnant Harald KujatLeiter Planungsstab im Bundesministeriumder Verteidigung

Dr. Melanie KunsKienbaum Management Consultants

Dr. Gerhard KunzKPMG Unternehmensberatung GmbH

Kapitän z. S. Heinrich LangeReferatsleiter Konzeption und planerischeVorgaben, Internationale Zusammenarbeit;Führungsstab der Marine

Oberst i.G. Manfred LangeReferatsleiter Konzeption der Bundeswehr;Führungsstab der Streitkräfte

Brigadegeneral a.D. Franz Ferdinand LanzPräsident des Förderkreises Deutsches Heere.V.

Ministerialdirigent Matthias LeckelUnterabteilungsleiter Wehrverwaltung undWehrersatzwesen im Bundesministerium der Verteidigung

Oberst i.G. Eckhard LisecReferatsleiter Fernmeldeversorgung derBundeswehr, Fermeldesystem der Bundes-wehr, Fernmeldesysteme internationaler Organisationen; Führungsstab der Streitkräfte

Ministerialdirigent Heinrich LohmannBeauftragter für die Verbesserung der Wirt-schaftlichkeit beim Einsatz von Haushalts-mitteln in der Bundeswehr im Bundesminis-terium der Verteidigung

Michael LorenzKienbaum Management Consultants

Friedrich LürßenFirma Lürssen Werft

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Vizeadmiral Hans LüssowInspekteur der Marine

Brigadegeneral Ernst LutzStabsabteilungsleiter Planung; Führungsstab der Streitkräfte

General a.D. Ulrich de MaizièreEhemaliger Generalinspekteur der Bundes-wehr

Dr. Ferdinand Graf Wolff MetternichSt. Gallen Consulting Group

Generalleutnant Hartmut MoedeStellvertreter des Generalinspekteurs derBundeswehr und Inspekteur der ZentralenMilitärischen Dienststellen der Bundeswehr

Erster Direktor beim Bundesamt für Wehr-

technik und Beschaffung Hans-Josef MolitorAbteilungsleiter Betriebsstoffe und Aus-stattung im Bundesamt für Wehrtechnik undBeschaffung

Rudolf MüllerKPMG Unternehmensberatung GmbH

Leitender Baudirektor Dr. Ulrich MöllhoffLeiter Zentralcontrolling im Bundesamt fürWehrtechnik und Beschaffung

Brigadegeneral Karl-Heinz MünznerStabsabteilungsleiter Planung, Rüstung und Nutzung, Logistik, Sanitätsdienst; Führungsstab des Heeres

Generalarzt Dr. Bernhard NakathUnterabteilungsleiter Sanitätswesen, Inspektion des Sanitätsdienstes

General a.D. Klaus NaumannEhemaliger Generalinspekteur der Bundes-wehr

Ministerialdirektor Hanspeter OelmeierAbteilungsleiter Haushalt im Bundesminis-terium der Verteidigung

Brigadegeneral Jan OerdingStabsabteilungsleiter Führung, Konzeption,Einsatzgrundsätze; Führungsstab des Heeres

Erster Direktor beim Bundesamt für Wehr-

technik und Beschaffung

Rolf-Rüdiger PetereitAbteilungsleiter Waffen und Flugkörper-systeme im Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung

Präsident Detlev PetryPräsident des Bundesamtes für Wehrtechnikund Beschaffung

Generalleutnant Rolf PortzInspekteur der Luftwaffe

Oberst i.G. Karl-Heinz QuastReferatsleiter GrundsatzangelegenheitenRüstung/Nutzung Heer einschl. internatio-naler Zusammenarbeit; Führungsstab desHeeres

Ministerialdirigent Gerhard QuiskeLeiter Organisationsstab im Bundesminis-terium der Verteidigung

Brigadegeneral Egon RammsStabsabteilungsleiter Logistik und Infra-struktur; Führungsstab der Streitkräfte

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DIE ARBEIT DER KOMMISSION – ANHANG 2

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50 >

Generalmajor Walter RasimowitzStellvertreter des Abteilungsleiters Personal-,Sozial- und Zentralangelegenheiten imBundesministerium der Verteidigung

Dr. Felix RehderKPMG Unternehmensberatung GmbH

Brigadegeneral Eckhard RiegerStellvertreter des Kommandeurs Luftwaffen-unterstützungskommando; im Auftrag Inspekteur der Luftwaffe

Brigadegeneral Peter RöhrsStabsabteilungsleiter Militärisches Nachrich-tenwesen; Führungsstab der Streitkräfte

Flottillenadmiral Karl-Wilhelm RosbergStabsabteilungsleiter Logistik, Material undRüstung; Führungsstab der Marine

Oberst i.G. Gero L.K. SchachthöferReferatsleiter Konzeption, Weiterentwick-lung der Luftwaffe; Führungsstab der Luftwaffe

Vizepräsident Dr. Knut SchloenbachVizepräsident (Wirtschaft) im Bundesamt fürWehrtechnik und Beschaffung

Helmut SchmidtBundeskanzler a.D.

Erster Direktor beim Bundesamt für Wehr-

technik und Beschaffung Volker SchmittAbteilungsleiter Luftfahrzeuge und Luft-fahrtgerätetechnik im Bundesamt für Wehr-technik und Beschaffung

Generalmajor Wolfgang SchneiderhanStabsabteilungsleiter Militärpolitik und Rüs-tungskontrolle, Führungsstab der Streitkräfte

Dr. Jürgen SchraderMcKinsey&Company, Inc.

Ministerialrat Reinhard SchütteReferatsleiter Organisation des Rüstungs-bereichs; Hauptabteilung Rüstung imBundesministerium der Verteidigung

Erster Direktor beim Bundesamt für Wehr-

technik und Beschaffung Heinrich SchützAbteilungsleiter Schiffe, Schiffsgerät undUnterwasserwaffen im Bundesamt für Wehr-technik und Beschaffung

Ministerialdirigent Dr. Fredy SchwierkusUnterabteilungsleiter Allgemeine Rechts-angelegenheiten im Bundesministerium derVerteidigung

Oberstarzt Dr. Hartmut SiebertzReferatsleiter Konzeption, Führung und Ein-satz des Sanitätsdienstes, Internationale fach-dienstliche Beziehungen, SanitätsdienstlicherBeitrag zur Bundeswehrplanung; Inspektiondes Sanitätsdienstes

Oberstarzt Dr. Thorsten SohnsStellvertreter des Kommandeurs und Leiterdes Bereichs Studien und Wissenschaft derSanitätsakademie der Bundeswehr; im Auf-trag Führungsstab der Streitkräfte

Stephan K.W. StammSt. Gallen Consulting Group

Antje SteffenKPMG Unternehmensberatung GmbH

Ministerialdirigent Wolfgang StolpUnterabteilungsleiter Rüstung und Planungim Bundesministerium der Verteidigung

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Ministerialdirektor Michael StrefferAbteilungsleiter Recht im Bundesminis-terium der Verteidigung

Dr. Walther StützleStaatssekretär, Bundesministerium der Verteidigung

Generalleutnant Edgar TrostStellvertreter des Inspekteurs des Heeres

Peter VondungZentralverband Elektrotechnik- und Elektro-industrie e.V.

Ministerialdirektor

Dr. Hans-Heinrich WeiseAbteilungsleiter Rüstung im Bundesminis-terium der Verteidigung

Direktor beim Bundesamt für Wehrtechnik

und Beschaffung Hans-Heinrich WeskeUnterabteilungsleiter Zentrale Grundsatz-angelegenheiten auf wirtschaftlichem Gebiet im Bundesamt für Wehrtechnik undBeschaffung

Erster Direktor beim Bundesamt für Wehr-

technik und Beschaffung Heinz WeßlingAbteilungsleiter Informationstechnik imBundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung

Dr. Uwe WiemkenFraunhofer-Institut für Naturwissenschaft-liche Trendanalysen INT

Generalleutnant Helmut WillmannInspekteur des Heeres

Professor Dr. Michael WinkelsKnight Wendling Consulting GmbH

Oberst i.G. Rüdiger WolkReferatsleiter Bundeswehrplanung/Realisie-rungskontrolle; Führungsstab der Luftwaffe

164

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DIE ARBEIT DER KOMMISSION – ANHANG 2

165

50 >

Anlage 2 – Gutachten

Themen Gutachter

1. Neuordnung der Führungsorganisation SCG St.Gallen Consulting Group in Frank-furt am Main GmbH, Frankfurt

2. Abbau von Redundanzen in der Arthur Andersen Managementberatung Ausbildungsorganisation GmbH, Hamburg

3. Optionen für mehr Effizienz in der Rüstung Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH, Ottobrunn

4. Optionen für mehr Effizienz Knight Wendling Consulting GmbH, des logistischen Systems der Bundeswehr Düsseldorf

5. Optionen für mehr Effizienz a. KPMG, Hamburgdes Sanitätsdienstes der Bundeswehr b. Kienbaum Management Consultants (Studie wurde zweimal vergeben) GmbH, Düsseldorf

6. Reformkonzepte für die Deutsche Dr. Hans-Georg EhrhartBundeswehr: Eine Synopse

7. Parametrische Untersuchungen zu Personal- Prof. Dr. Reiner K. Huberumfängen und Verteidigungsausgaben

8. European National Security Capabilities Dr. Robbin F. Lairdin 2010: An American Perspective on Alternative Scenarios

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166

Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

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DIE ARBEIT DER KOMMISSION – ANHANG 2

167

50 >

Ministerialdirigent Dr. Hilmar Linnenkamp

Oberst i.G. Hartwig Tarnowski

Regierungsdirektor Hubert Blahnik

Oberstleutnant i.G. Dr. Henning Hars

Oberstleutnant i.G. Walter Huhn

Fregattenkapitän Karsten Schneider

Regierungsdirektor Dr. Andreas Struzina

Baudirektorin Dr. Irmtraud Taufer-Knöpfel

Oberfeldarzt Dr. Michael Zallet

Direktor und Professor Bernhard Fleckenstein (Januar– Mai 2000)

Heinz-Willy Draut

Angelika Kessel

Waltraud Klöckner

Ute Mormina

Maria Seehusen

Caterina Terranova

Anlage 3 – Die Mitglieder des Sekretariats der Kommission

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STICHWORTVERZEICHNIS – ANHANG 3

Bei den Stichworten wird auf die Zifferndes Berichts verwiesen.

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STICHWORTVERZEICHNIS – ANHANG 3

171

A >

A

ABC-Abwehr · 198ABC-Waffen-Staaten · 24Abfindungen · 115, 246Ablöse- und Verstärkungskräfte · 70Abrüstung · 24, 45Abstands- und Präzisionsfähigkeit · 192, 196Abteilung Haushalt · 129, 131Abteilung Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten ·

131, 232Abteilung Recht · 131Abteilung Wehrverwaltung, Infrastruktur und Umwelt-

schutz · 131Abteilung Rüstung · 131Abteilungsleiter Rüstung · 140, 141Agentur · 189, 227Aggression · 75, 191, 200allgemeine Dienstpflicht · 103alliierte Truppen · 125Amerika · 27Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr · 132Anschubfinanzierung · 256Anwärterbezüge · 119Atlantische Allianz · 18Atlantisches Bündnis · 15atomare, biologische und chemische Kampfmittel · 198Attraktivität · 10, 12, 96, 100, 113, 114, 118, 120, 122,

228, 229, 235Aufgabe der Kommission · 2Aufklärung · 10, 20, 49, 50, 56, 68, 69, 80, 132, 153,

158, 160, 193, 199, 203, 204Auftrag der Bundeswehr · 6, 63, 85, 208Aufwuchs · 9, 10, 65, 75, 144, 155, 178, 181Ausbildung · 2, 10, 50, 52, 53, 54, 56, 70, 83, 88, 101,

118, 119, 120, 153, 154, 172, 176, 179, 180, 211,228, 229, 250

Ausbildungsbrigaden · 154Ausbildungsorganisation · 53, 89, 94Auslandseinsätze · 135, 169, 179, 180Ausrüstung · 2, 3, 6, 10, 12, 49, 70, 75, 79, 82, 150, 151,

156, 181, 184, 186, 191, 195, 196, 198, 199, 203,204, 243

Ausrüstungsinvestitionen · 242Ausrüstungslücken · 193, 235, 242Ausrüstungsplanung · 140, 191, 199Ausrüstungsprioritäten · 243Ausschöpfung · 97, 110, 117Außerdienststellung · 248Aussetzung der Wehrpflicht · 89, 91Aussonderung · 200

Auswahl-Wehrdienst · 9, 86, 87, 98, 102, 103, 105, 106,107, 109, 122, 183

Auswerte- und Analysezentrum · 132AWACS · 10, 53

B

B- und C-Waffen · 198Balkan · 31, 49, 52Bedarf der Streitkräfte · 9, 87, 98, 99, 107, 186, 202bedarfsbezogen · 86, 111Bedarfsdecker · 190Bedarfsträger · 190Bedrohung · 15, 16, 19, 20, 24, 25, 65, 77, 83, 90, 153,

165, 166, 197, 198Behandlungszentren · 175, 177Beitrag zur Bündnisverteidigung · 7Berlin · 10, 27, 28, 132, 133, 231Berufs- und Zeitsoldaten · 83, 91, 94, 95, 96, 101, 107,

112, 113, 114, 116, 120, 231, 245, 246Berufsbildungs- und Berufsförderungsmaßnahmen · 120Beschaffung · 10, 50, 53, 56, 57, 69, 187, 189, 192, 193,

195, 197, 208, 227Beschaffungsvorhaben · 185, 240Besoldung · 96, 119, 121, 122, 239Betrieb · 6, 10, 50, 53, 56, 57, 58, 69, 174, 193, 200,

240, 248Betriebskosten · 4, 12, 238, 239, 248bewaffneter Such- und Rettungsdienst (CSAR) · 199Bewaffnung · 6, 49, 75, 79, 184, 192, 196Bildung · 181, 211, 213, 228Blauhelm-Mission · 41, 64Block-Konfrontation · 5, 84Bosnien-Herzegowina · 17, 39, 42Bundesakademie für Wehrverwaltung und Wehrtechnik ·

232Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung · 189Bundesministerium der Verteidigung · 128, 131, 133,

201Bundesnachrichtendienst · 132bundeswehr-gemeinsam · 185, 221, 232Bundeswehrkrankenhäuser · 174Bundeswehrplanung · 10, 140Bundeswehr-Struktur · 253Bundeswehrverwaltung · 117, 127, 190, 208, 251Bündnis · 1, 14, 46, 60, 65, 67, 75, 77, 85, 88, 94, 125,

142, 167, 215Bündnis- und Landesverteidigung · 65, 88Bündnisbeitrag · 155, 162, 167Bündnisfähigkeit · 72Bündnisverteidigung · 6, 10, 61, 64, 65, 74, 75, 82, 84,

101, 144, 155, 162, 191

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

C

Charta der VN · 38, 41, 63Chef-Controller · 140chemische und biologische Waffen · 25Controlling · 10, 128, 129, 210, 216, 217, 218, 219, 220,

232

D

Dauer des Grundwehrdienstes · 86, 101, 102Dekontaminationsverfahren · 198Demonstratoren · 187Depotsystem · 75deutsches Kontingent · 136deutsch-französische Brigade · 150Dienstposten · 86, 105, 116, 118, 178Dienstsitz · 133Divisionskommandos · 151, 153, 154, 155, 163Duplizierungen · 56

E

Effizienz · 189, 225, 253Einberufung · 9, 76, 86, 87, 89, 90, 97, 98, 99, 105, 108,

170Einsatzbrigaden · 150, 151, 154, 155Einsätze im Ausland · 136, 221Einsatzfähigkeit · 4, 49, 113, 255Einsatzführung · 10, 43, 73, 126, 135, 136, 147, 151,

159, 168, 169Einsatzführungskommando · 136Einsatzkontingente · 7, 80, 158Einsatzkräfte · 4, 7, 10, 67, 70, 74, 76, 80, 81, 82, 85, 87,

88, 101, 111, 118, 142, 150, 154, 157, 170, 172, 176,179, 197

Einsatzlazarette · 174, 177, 195Einsatzplanungen · 125Einsatzrat · 134Einsatzraum · 66Einsatzunterstützung · 74, 136, 147, 158, 161, 163, 168,

169, 221Einsparungen · 57, 116, 139, 243, 245, 247, 248Elektronische Kampfführung · 203Embargo · 143Entstehungsgang Wehrmaterial · 187, 190, 201Entwicklungs- und Beschaffungszeiten · 184Entwicklungshilfe · 17, 41Entwicklungsphase · 140, 187Entwicklungspolitik · 20Entwicklungsrisiken · 187, 203

Erprobungsphase · 106erweiterte Luftverteidigung · 197Eskalationskontrolle · 108Euro-Atlantischer Partnerschaftsrat (EAPR) · 35euro-atlantischer Raum · 24, 34, 71EUROFIGHTER · 53, 196Eurokorps · 47Europa · 5, 13, 27, 28, 33, 35, 38, 42, 57, 59, 167, 186europäische Armee · 48europäische Integration · 26, 28, 48, 186europäische Kooperation · 221europäische Rüstungskooperation · 186Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität

(ESVI) · 36Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

(ESVP) · 29, 36, 58, 201Europäische Union · 6, 10, 13, 18, 24, 26, 28, 29, 31, 32,

33, 36, 37, 40, 47, 48, 49, 50, 52, 53, 54, 58, 59, 60,78, 135, 191, 200, 201, 202, 206, 207

europäische Verteidigung · 59, 60europäischer Eingreifverband · 55Europäischer Gerichtshof · 123Europäischer Rat · 47europäischer Verhaltenskodex für Rüstungsexporte · 206Europäisches Lufttransportkommando · 195Europäisierung · 57, 231European Aeronautic Defense and Space Company

(EADS) · 58EU-Sicherheitsakademie · 54Eventualfallplanungen · 162

F

fachärztliche Versorgung · 173fachdienstliche Verantwortung · 176Fähigkeiten · 2, 13, 49, 56, 64, 65, 67, 68, 70, 72, 75, 77,

95, 141, 160, 170, 191, 195, 203, 204Fahrzeuge · 204Feldwebelausbildung · 119, 122Feldwebellaufbahn · 119Finanzen · 2, 128, 129, 216, 219, 220Flexibilität · 109, 189Flugkörper · 197Forderungen · 3, 4, 51, 58, 140, 184, 188Forschung und Entwicklung · 203Frankreich · 28, 46, 47, 72, 79, 186Frauen · 10, 41, 122, 123, 124, 146, 212Freiheitsrechte des Staatsbürgers · 93freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst Leistende

(FWDL) · 94, 105, 245Freiwilligen-Armee · 87, 88, 89, 90, 92, 104, 106, 107,

108

172

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STICHWORTVERZEICHNIS – ANHANG 3

173

C >

Freiwilligensystem · 9, 84Freiwilligenwerbung · 245Fremdsprachen-Ausbildung · 229Frieden · 32, 35, 42friedenserzwingende Einsätze · 43, 64, 70Friedenskonsolidierung · 42, 70Friedensstärke der Bundeswehr · 9friedensunterstützende Einsätze · 67Führung von Einsätzen · 134, 135Führungs- und Aufklärungsfähigkeit · 192Führungs- und Kommandostrukturen · 10Führungsakademie der Bundeswehr · 232Führungskräfte · 118, 119, 232Führungsstab · 128, 137, 138, 139, 169Führungsunterstützung · 74, 151, 153, 158, 159, 169,

194, 221

G

Gefährdung · 1, 14, 108, 143Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ·

13, 47, 202, 205gemeinsame europäische Streitkräfte · 56Gemeinsame Sicherheit · 2, 26, 32Generalinspekteur · 10, 128, 134, 137, 138, 139, 140,

141, 168, 169, 185, 219gepanzerte Großverbände · 191GEPARD · 200Gesamtbudget · 240Gesamtstärke der präsenten Streitkräfte · 87gewerbliche Dienstleister · 222Gleichheitsgrundsatz · 123, 124Großbritannien · 29, 72, 79, 186Großgerät · 53, 186, 200, 248großräumige Verlegeaktionen · 195Großvorhaben · 240Großwaffensysteme · 53, 163Grundwehrdienst · 9, 83, 87, 98, 101, 102Grundwehrdienstleistende (GWDL) · 9, 94, 95, 96, 107,

111, 112, 245

H

Harmonisierung · 58, 205, 216Hauptabteilung Rüstung · 131Hauptverteidigungskräfte · 75Haushalt · 3, 11, 219, 234, 238, 256Haushaltsmittel · 6, 121, 122, 236, 241, 253Haushaltsrecht · 240, 241HAWK · 200Heer · 7, 8, 67, 80, 81, 135, 146, 147, 149, 153, 155,

172, 176, 193, 194, 199

Heeresfliegerbrigade · 153Heeresführungskommando · 135, 153Heerestruppen · 153Hohe See · 142Host Nation Support · 168humanitäre Aktionen · 47, 63

I

Industrie · 161, 187, 190, 201, 202, 203, 204Informationstechnik · 57, 129Infrastruktur · 6, 22, 70, 224, 249Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt · 134, 135,

138Innere Führung · 10, 210, 211, 212, 213, 214, 215Inspekteur „Zentrale Militärische Dienste“ · 128, 130,

139, 168, 169Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr · 176Instandsetzungsaufträge · 204Institute des Sanitätsdienstes · 174Integrierte Projekt-Teams · 141, 190, 201Interessen · 2, 5, 14, 15, 17, 18, 26, 33, 41, 226Interoperabilität · 50, 53, 68, 135, 194Interventionspflicht · 62Interventionsrecht · 62Investitionen · 87, 208, 228, 238, 242, 243Investitionsanteil · 11, 12, 75, 238, 252investiver Finanzbedarf · 243IT-Agentur · 129, 227IT-Direktor · 128, 129, 140, 227

J

Justiziar · 131

K

Kalter Krieg · 19, 56, 191, 200Kampf und Kampfunterstützung · 196Kampf- und Schützenpanzer · 200, 248Katastrophenschutz · 17, 83kollektive Verteidigung · 61, 64, 67, 82, 155Kombattantenstatus · 179, 180Kommunikationstechnik · 22, 133Konflikte hoher Intensität · 68Konfliktnachsorge · 38, 42Konfliktverhütung · 34Konfliktvorbeugung · 40konsolidierte Kernfähigkeiten · 204Kontingente · 55, 73, 79, 126, 158, 194Konvergenz · 51Koordinierungsstab für Einsatzaufgaben (KSEA) · 134

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

Korpsstäbe · 147Korvetten · 166, 196Kosovo · 17, 39, 42, 43, 49, 62, 158, 193Kosten- und Leistungsrechnung · 219Kosteneinsparungen · 12, 252, 254Kriegsdienstverweigerer · 90, 103Kriminalität · 20Krisenbewältigung · 6, 8, 10, 13, 23, 34, 47, 59, 61, 64,

70, 78, 82, 133, 162, 170Kriseneinsätze · 7, 34, 50, 64, 65, 66, 67, 68, 72, 73, 75,

76, 80, 125, 135, 142, 146, 149, 150, 155, 158, 164,195, 200, 228

Krisenfrüherkennung · 38, 69Krisenprävention · 23, 40Krisenreaktion · 50, 75, 84, 191Krisenverhütung · 47Krisenvorsorge · 6, 8, 10, 13, 61, 64, 197

L

Länder und Kommunen · 226Landesverteidigung · 6, 10, 61, 65, 75, 88, 90, 93, 125,

224Landstreitkräfte · 142, 143, 151, 155Lazarettorganisation · 75lead nation · 73, 135, 136Lenkflugkörper · 196Letter of Intent · 186Liegenschaften · 224, 225, 249Logistik · 10, 52, 56, 75, 125, 126, 153, 161, 195, 208Logistik-Agentur · 222Lohn- und Gehaltserhöhungen · 238Luft- und Seetransport · 10, 195Luftangriff · 80, 158, 160Luftbetankung · 80, 158, 161, 195Luftbewegliche Kräfte · 70Luftkrieg · 64Luft-Luft-Flugkörper · 196Luftstreitkräfte · 47, 70, 79, 142, 143, 144, 157, 163Lufttransport · 50, 53, 142, 153, 158, 161Lufttransportkommando · 163Luftverteidigung · 7, 10, 53, 80, 158, 160, 162, 197Luftwaffe · 7, 8, 45, 67, 80, 81, 135, 146, 147, 157, 158,

162, 163, 172, 176, 193, 194, 199Luftwaffenamt · 163Luftwaffendivisionen · 163Luftwaffenführungskommando · 163Luftwaffenkommandos · 147, 163

M

Mandat · 62Mannschaften · 96, 120, 245Mannschaftstransporter M 113 · 200Marine · 7, 8, 67, 80, 81, 135, 146, 164, 165, 166, 167,

172, 176, 193, 194, 199Massenvernichtungswaffen · 22, 24Material · 4, 12, 75, 187materielle Ausstattung · 68, 155, 191medizinische Versorgung · 173Mehrausgaben · 12, 240, 254Mehrbedarf · 181, 239, 244, 254Menschenrechte · 17, 19, 41, 206Menschenrechtsverletzung · 62MIG 29 · 200militärische Grundorganisation · 7, 67, 85, 101, 111militärische Kernaufgaben · 10, 222militärische Kernfähigkeiten · 221militärische Prävention · 143Militärischer Beitrag Deutschlands · 5, 7Minen · 143, 200Minenleger · 200Mittel- und Osteuropa · 31Mittelbedarf · 12, 244Mittelfristige Finanzplanung · 11, 238, 256Mittelmeerraum · 32Mobilisierung · 101Mobilität · 71, 142, 192, 195, 203Mobilmachung · 74, 75, 125, 183Modernisierung · 4, 10, 12, 75, 191, 235Modernität · 242Multinationale Division · 150Multinationalisierung · 10Multinationalität · 73

N

Nachbarn · 1, 14Nachrichtengewinnung · 69, 132, 158, 160, 193Nachrichtenwesen · 132Nachwuchs · 12, 119, 231, 253Nachwuchsgewinnung · 107, 114, 122nationale Lufthoheit · 159, 160, 162nationaler Befehlshaber im Einsatzraum · 135nation-building · 42NATO · 6, 10, 24, 26, 32, 34, 35, 36, 40, 46, 47, 48, 49,

53, 59, 60, 61, 62, 77, 78, 135, 155, 162, 168, 191,197, 200, 206

Nukleare Teilhabe · 45, 162Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag · 206

174

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STICHWORTVERZEICHNIS – ANHANG 3

175

L >

O

OCCAR · 186öffentliche Auftraggeber · 201Offiziere · 112, 114, 118, 228, 229, 230, 233Operationsabteilung · 138Operativer Luftwaffenkommandostab · 163Optronik · 203, 204Organisation · 2, 33, 38, 74, 105, 122, 125, 126, 128,

130, 132, 160, 163, 169, 176, 186, 189, 208, 219,221, 245

Organisationsstab · 129, 131Ost-West-Konflikt · 27, 47, 61OSZE · 6, 26, 32, 33, 38, 39, 40, 135

P

Panzer · 204Panzerabwehrraketen · 196Partnerschaft für den Frieden (PfP) · 32, 35peace enforcement · 43Personal · 2, 12, 40, 52, 75, 81, 83, 85, 111, 117, 122,

135, 139, 141, 142, 150, 151, 152, 154, 161, 183,219, 238, 242, 246

Personalabbau · 114, 115, 117, 209, 235, 245, 247Personalersatz · 144, 181Personalhaushalt · 239Personalkategorie · 112Personalkosten · 11, 87, 139, 238, 245, 247Personalreserve · 181Personalstärke- und Strukturanpassungsgesetz · 113, 115Personalstruktur · 111, 112, 113, 118, 236, 239, 252Personalüberhänge · 114Personalumfänge · 4, 8, 86, 236PHANTOM · 200Phasenvorlauf · 187Pilotfunktion · 221Planung · 48, 75, 78, 79, 139, 141, 184, 219, 220, 232,

238Planungssicherheit · 11, 236, 237, 241, 256Politische Gesamtstrategie · 23, 73, 133präventive Diplomatie · 38präventive Stationierung · 142präventives Krisenmanagement · 142Präzisions- und Abstandswaffen · 203, 204Präzisionsmunition für den Artillerieverbund · 196Primärarztsystem · 175Privatisierung · 10, 56, 117, 210, 231privatrechtliche Organisationsform · 189Programmgesetz · 11, 236, 237Prototypen · 187Punktzielbekämpfung · 203

R

Radartechnik · 203, 204Raketentechnologie-Kontrollregime · 206Rationalisierungsgewinne · 250Reaktionsfähigkeit · 71, 78Realisierungs- und Nutzungsphase · 187Realisierungsphase · 187Rechtsberatung · 180Rechtspflege · 180Reform · 3, 6, 11, 44, 209, 234, 235, 236, 256Reformziele · 6, 220Regenerationsfähigkeit · 9, 224Regionalkommandos · 177Rekrutierung · 91Rekrutierungsbedarf · 245Reservisten · 10, 61, 67, 76, 83, 88, 89, 101, 125, 127,

144, 170, 181Reservistenpotenzial · 85Ressorts der Bundesregierung · 22, 132, 198ressortübergreifend · 69, 131, 133Rettungsstationen · 177Rettungsunternehmen · 47Rettungszentren · 80, 177Risiken · 2, 14, 19, 20, 23, 24, 26, 77, 105, 109, 181, 197Risikovorsorge · 77, 93, 198robust peacekeeping · 43Rohrartillerie · 204Rohstoffe · 21ROLAND · 200Rotationsfaktor · 81, 150, 151Russische Föderation · 15, 30Russland · 25, 30Rüstungsagentur · 186, 189, 190, 201Rüstungsbasis · 202Rüstungsexport · 205, 206, 207Rüstungs-Großvorhaben · 192Rüstungsindustrie · 58, 201, 203, 207Rüstungsinvestitionen · 238, 244Rüstungskontrolle · 38, 45Rüstungskooperation · 58, 202Rüstungsplanung · 140, 141, 184, 185, 244rüstungspolitische Zusammenarbeit · 186Rüstungsprogramme · 186, 207Rüstungsrat · 140, 141, 185, 187, 188, 190Rüstungsvorhaben · 141, 185, 190, 243Rüstungswirtschaft · 201rüstungswirtschaftliche Europäisierung · 201

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Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr

S

Sanitätsamt · 177Sanitätsdienst · 7, 10, 80, 81, 125, 145, 148, 172, 173,

174, 176, 177, 178, 181, 199, 221Sanitätsdienstliche Unterstützung · 176Sanitätsführungskommando · 177Satellitensysteme · 193Schlüsseltechnologien · 201Schnellboote · 166, 200Schülerstellen · 118Schutz · 17, 20, 41, 56, 93, 142, 162, 180, 192, 197, 198,

203seegestützte Luftverteidigungssysteme · 197Seestreitkräfte · 70, 79, 142, 143, 144, 165, 166Seewege · 21, 167Sensortechnik · 203, 204Sicherheit · 1, 5, 14, 16, 19, 20, 24, 26, 27, 32, 33, 38,

61, 63, 105Sicherheits- und Verteidigungspolitik · 2, 5, 10, 59Sicherheitsrat · 41, 44Sonderbeauftragter für Rationalisierung · 129Sondervergütung · 87, 245Souveränität · 53, 62Souveränitätsverzicht · 56Sowjetunion · 15, 30Sozialgesetzbuch V · 174sozialverträglich · 12, 115, 117, 225, 235, 245Spezialkräfte · 153Staatsbürger in Uniform · 211Staatssekretär · 128, 129, 217, 219, 220Staatssekretär Finanzen · 217Stabilitätspakt · 31Stabsabteilung Planung · 141Stand-by Forces · 42, 43Standorte · 56, 224, 225, 248, 249, 251Standortverwaltungen · 182Stationierung · 117, 182, 210, 224, 225, 226, 251, 252Stellvertreter des Generalinspekteurs · 169Strategic Defence Review · 79strategische Transportkapazitäten · 195Streitkräfteamt · 169Streitkräfteführungskommando · 135, 169, 170, 177streitkräftegemeinsam · 66, 73, 126, 135, 140, 193, 221,

232Streitkräfteplanung · 49, 51, 78Streitkräftereformen · 13, 59Streitkräfteumfang · 9, 49, 77, 83Struktur · 4, 5, 6, 8, 9, 10, 16, 42, 56, 65, 67, 82, 84, 85,

87, 105, 106, 109, 111, 112, 125, 145, 148, 149, 152,158, 159, 163, 165, 169, 172, 177, 181, 182, 200,204, 222, 225, 245, 248, 250

strukturgerechter Personalabbau · 115Strukturreform · 244, 255Studiengruppen · 141Studieninstitut der Bundeswehr · 233Studium · 100, 228, 229, 230Such- und Rettungsaufgaben · 158

T

Technologie · 161, 184, 201, 202, 203Teilstreitkräfte · 67, 132, 140, 145, 148, 164, 166, 168,

169, 181, 187, 191, 194, 197, 219teilstreitkraft-übergreifend · 10, 137, 185, 232territoriale Aufgaben · 168Territoriale Streitkräfte · 168, 169territoriale Verteidigung · 66Territoriale Wehrverwaltung · 182Territorialheer · 125Terroristen · 25TORNADO · 196Trägerwaffen · 24transatlantische Partnerschaft · 60transnationale Zusammenschlüsse · 201Transportflugzeuge · 195Transporthubschrauber · 195Transportkapazitäten · 71, 195Transportschiffe · 166, 195, 243truppendienstliche Führungsstrukturen · 147Truppenverwaltung · 179two-pillar-Konzept · 46

U

Übergangszeit · 253Überkapazitäten · 75, 204Umbau der Streitkräfte · 13, 59, 117Umfang · 6, 11, 64, 65, 70, 77, 80, 81, 82, 85, 88, 97,

108, 111, 112, 115, 124, 144, 146, 149, 155, 156,159, 165, 167, 170, 173, 204, 222, 236, 243, 247,248

unentgeltliche truppenärztliche Versorgung · 175Uniting for Peace Resolution · 44Universitäten der Bundeswehr · 229, 230, 231Unteroffiziere · 96, 114, 118, 120, 178, 245Unterstützungskommandos · 148Unterstützungsorganisation · 168, 173, 176Unterstützungsverband für zivile Aufgaben · 170, 181USA · 72, 201

176

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STICHWORTVERZEICHNIS – ANHANG 3

177

S >

V

Verbündete Streitkräfte · 5Vereinte Nationen · 6, 26, 33, 38, 41, 42, 43, 44, 63, 135,

206Verfassung · 93Verfügbarkeit · 55, 70, 160, 170Verhaltenskodex der EU für Waffenausfuhren · 205Verlauf einer Krise · 142Verlegefähigkeit · 49, 195, 203Verpflichtungen · 5, 84, 167Verpflichtungsdauer · 88, 112Verpflichtungsprämie · 120Versorgungsleistungen · 115Verteidigungsausgaben · 12, 256Verteidigungsfall · 61, 83, 101, 125Verteidigungshaushalt · 238, 239, 240, 242, 244, 246,

250Verteidigungsinitiative der NATO · 243Verteidigungspolitik · 47, 48, 197Verteidigungsumfang · 85, 89, 94, 181, 183Verwendungs- und Beförderungsstau · 114VN-Friedensoperationen · 42vorgezogene Altersgrenzen · 116Vorhabenbudgetierung · 240Vorphase · 187Vorruhestandsteilzeit · 116

W

Waffensysteme · 54, 166, 191, 196, 204, 221Waffensystemverbund · 197Warn- und Vorbereitungszeit · 15, 75, 191Warschauer Pakt · 15, 77Washingtoner Vertrag · 34Wassenaar, Abkommen von · 206Wehrbereichskommandos · 168, 182Wehrbereichsverwaltungen · 182Wehrdienstausnahmen · 97Wehrdienstdauer · 10, 87, 97, 98, 101Wehrersatzorganisation · 89, 125, 127, 183Wehrform · 2, 3, 4, 9, 83, 85, 92, 104, 106, 183Wehrgerechtigkeit · 97, 98, 99, 100, 106, 110Wehrmaterial · 189, 192, 227, 240Wehrpflicht · 9, 79, 83, 84, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93,

95, 96, 97, 98, 99, 101, 103, 104, 105, 106, 107, 108,111, 124

Wehrpflichtige · 9, 86, 87, 88, 98, 101, 105, 110Wehrtechnik · 201, 228Wehrtechnische Forschung und Technologie · 58, 187wehrtechnische Unternehmen · 186

Wehrübende · 105, 179Wehrübungsplätze · 112Wehrungerechtigkeit · 99Wehrverwaltung · 6, 125, 127, 179, 182, 223, 225, 236Weiterbildung · 208, 232Weltwirtschaftssystem · 21Western European Armaments Group (WEAG) · 186Westeuropäische Union (WEU) · 37, 47Wirtschaftlichkeit · 51, 129, 140, 182, 188, 189, 217,

224, 231

Z

Zentrale Militärische Dienste · 10, 128, 130, 145, 168,169, 171, 172, 199

Zentraler Sanitätsdienst · 172, 173Zentralisierung · 10, 199zielsuchende Waffensysteme · 203, 204Zivilbedienstete · 182, 239Zivilberuf · 76, 119, 229, 230Zivilbevölkerung · 76, 143, 170Zivildienst · 83, 103zivile Anbieter · 74zivile Hilfsorganisationen · 143ziviles Friedenskorps · 43ziviles Gesundheitswesen · 10, 172, 173, 175zivil-militärische Kooperation · 174Zivil-Militärische-Zusammenarbeit · 153Zivilpersonal · 10, 117, 121, 245Zukunftstechnologien · 203Zurruhesetzung · 115

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Herausgeber

Kommission „Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“

Berlin/Bonn, Mai 2000

Gestaltung und Grafik

Gratzfeld Werbeagentur, Wesseling

Bezugsquelle

Bundesministerium der Verteidigung

Presse- und Informationsstab

Referat Öffentlichkeitsarbeit

Postfach 1328

53003 Bonn

Druck

Druckerei Bachem GmbH & Co KG, Köln