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Gestaltung politischer Rahmenbedingungen für BGF Andreas Horst 25. März 2011, St. Gallen

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Gestaltung politischer Rahmenbedingungen für BGF

Andreas Horst

25. März 2011, St. Gallen

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Historische Entwicklung: Arbeits- und Lebensbedingungen Anfang des

19. Jahrhunderts

Die beginnende Industrialisierung schafft unmenschliche Arbeits- und Lebensbedingungen für die Arbeiter:

- sehr niedriger Lohn (Massenarmut),

- Kinderarbeit

- Arbeitszeit: 16 - 17 h pro Tag, 6 Tage in der Woche

- Pausen nur bei technischen Störungen

- viele Arbeitsunfälle

- keine soziale Absicherung: Krankheit, Invalidität, Arbeitslosigkeit bedeuten Not und Elend für die Familien.

Die Arbeiter schließen sich zu Gewerkschaften, Vereinen und Genossenschaften zusammen und kämpfen um mehr Rechte. 1875 wird die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands gegründet, die schnell an Einfluss gewinnt.

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Historische Entwicklung: Sozialversicherung als Antwort auf die Krise

Reichskanzler Otto von Bismark verfolgt zwei Ziele:

1. Unterdrückung der politischen und gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiter

- Mit dem sogenannten „Sozialistengesetz“ werden die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands und die Gewerkschaften in der Zeit von 1878 bis 1890 verboten.

2. Einführung der Sozialversicherung, um die Arbeiter mit dem Staat zu „versöhnen“:

- 1883 - Krankenversicherung

- 1884 - Unfallversicherung

- 1889 - Invaliditäts- und Altersversicherung

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Kampf für eine bessere ArbeitsweltDie Geschichte des Arbeitsschutzes

1839 Preußisches Regulativ / Einschränkung der Kinderarbeit

1853 Ergänzungsgesetz zum Regulativ (Gewerbeaufsicht)

1869 Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund

1871 Reichshaftpflichtgesetz

1884 Unfallversicherungsgesetz

1891 Arbeitsschutznovelle zur Gewerbeordnung

1925 Berufskrankheitenverordnung

...

1968 Gesetz über technische Arbeitsmittel

1973 Arbeitssicherheitsgesetz

1975 Arbeitsstättenverordnung

1980 Chemikaliengesetz

1994 Arbeitszeitgesetz

1996 Arbeitsschutzgesetz

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Entwicklung der tödlichen Arbeits-unfälle von 1960 bis 2009

- absolut -

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Die am häufigsten anerkannte Berufskrankheiten im Jahr 2009

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Gesundheitliche Beschwerden von Erwerbstätigen in Deutschland

10,3

18,4

19,8

20,2

20,4

27,3

28,9

42,5

42,8

46,2

7,1

0 10 20 30 40 50

Burnout

Magen-,Verdauungsbeschw.

Schmerzen in den Knien

Nächtliche Schlafstörungen

Schmerzen in Beinen und Füßen,geschwollene Beine

Schmerzen in Armen und Händen

Nervosität oder Reizbarkeit

Kopfschmerzen

Schmerzen im unteren Rücken(Kreuzschmerzen)

Allgemeine Müdigkeit, Mattigkeit undErschöpfung

Schmerzen im Nacken- / Schulterbereich

%Quelle: BIBB-BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2005/2006Stichprobengröße: 20.000

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Psychische Arbeitsbelastungen und -anforderungen in Deutschland

Arbeitsbelastungen und -anforderungen

Erwerbstätige in %

Berufsbereiche, die am höchsten belastet sind

Starker Termin- und Leistungsdruck 53,5

Technische Berufe;Bauberufe;Verwaltungs-, Büroberufe

Ständig wiederkehrende Arbeitsvorgänge 51,4

Verkehrsberufe;Berufe in der Land- und Tier- und ForstwirtschaftFertigungsberufe, Bergleute

Verschiedenartige Aufgaben gleichzeitig betreuen 58,6

Technische Berufe;Verwaltungs- und Büroberufe;Dienstleistungsberufe

Konfrontation mit neuen Aufgaben 39,1 Technische BerufeBei der Arbeit gestört, unterbrochen 46,0

Verwaltungsberufe, Büroberufe

Kleine Fehler, große finanzielle Verluste 15,4

Technische Berufe;Verkehrsberufe; Verkehrsberufe

Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2005/2006

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Aber auch noch physische Arbeitsbelastungen und -anforderungen ...

"Traditionelle" Arbeitsbelas-tungen und -anforderungen

Erwerbstätige in %

am höchsten belasteter Berufsbereiche

Arbeit im Stehen 56,4 Heben und Tragen schwerer Lasten (>10 kg Frauen, >20 kg Männer) 22,8Arbeit unter Lärm 24,0 Kälte, Hitze, Nässe, Zugluft 21,2Arbeit unter Zwangshaltungen 14,3Öl, Fett, Schmutz, Dreck 17,6Tragen von Schutzkleidung 21,0Rauch, Gase,Staub, Dämpfe 13,9Umgang mit gefährlichen Stoffen 6,8Starke Erschütterungen, Schwingungen, Stöße 4,6

Bauberufe;Berufe der Land-, Tier- und Forstwirtschaft;Fertigungsberufe, Bergleute; Verkehrsberufe

Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2005/2006

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Rentenzugänge wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach

Diagnosegruppen- von 2006 bis 2008 -

24.454

25.256

26.287

11.987

12.214

11.651

26.979

28.632

31.124

11.032

11.002

11.220

13.979

14.394

14.759

12.751

12.477

12.323 4.510

4.374

4.285

11.803

11.567

11.733

35.000 25.000 15.000 5.000 5.000 15.000 25.000 35.000

2006

2007

2008

2006

2007

2008

2006

2007

2008

2006

2007

2008

Männer Frauen

Rentenzugänge Rentenzugänge Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes

Psychische und Verhaltensstörungen

Krankheiten des Kreislaufsystems

Neubildungen Quelle: DRV

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35.845 Tsd. Arbeitnehmer x 12,7 Arbeitsunfähigkeitstage

456,8 Mio. Arbeitsunfähigkeitstage, beziehungsweise 1,3 Mio. ausgefallene Erwerbsjahre

Schätzung der Produktionsausfallkosten anhand der Lohnkosten (Produktionsausfall)

1,3 Mio. ausgefallene Erwerbsjahre x 34.100 € durchschnittliches Arbeitnehmerentgelt1

ausgefallene Produktion durch Arbeitsunfähigkeit 43 Mrd. €

Anteil am Bruttonationaleinkommen 1,7 %

Schätzung des Verlustes an Arbeitsproduktivität (Ausfall an Bruttowertschöpfung)

1,3 Mio. ausgefallene Erwerbsjahre x 62.000 € durchschnittliche Bruttowertschöpfung1

ausgefallene Bruttowertschöpfung 78 Mrd. €

Anteil am Bruttonationaleinkommen 3,1 %

1 Volkswirtschaftliche Gesamtberechnung (Statistisches Bundesamt)

Schätzung der volkswirtschaftlichen Produktionsausfallkosten und

der ausgefallenen Bruttowertschöpfung durch Arbeitsunfähigkeit 2008

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Produktionsausfallkosten und Ausfall an Bruttowertschöpfung

nach Diagnosegruppen 2008

ICD 10 Diagnosegruppe

Arbeitsunfähigkeitstage ProduktionsausfallkostenAusfall an

Bruttowertschöpfung

Mio. % Mrd. €

vom Brutto national

einkommen

Mrd. €

vom Brutto national

einkommen in %in %

V

Psychische und

41 9 3,9 0,2 7 0,3Verhaltensstörungen

IX

Krankheiten des

28,4 6,2 2,7 0,1 4,8 0,2Kreislaufsystems

X

Krankheiten des

61,2 13,4 5,8 0,2 10,4 0,4Atmungssystems

XI

Krankheiten des

29,3 6,4 2,8 0,1 5 0,2Verdauungssystems

XIII

Krankheiten des Muskel- Skelett-Systems und des Bindegewebes 112,2 24,6 10,6 0,4 19,2 0,8

XIX

Verletzungen,

61,9 13,6 5,8 0,2 10,6 0,4Vergiftungen

alle

Übrige Krankheiten 122,9 26,9 11,6 0,5 21 0,8anderen

I - XXI Alle Diagnosegruppen 456,8 100 43 1,7 78 3,1

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800 600 400 200 0 200 400 600 800

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Männer

1900

Frauen

800 600 400 200 0 200 400 600 800

0

10

20

30

40

50

60

70

801950

Männer Frauen

Altersstruktur in Deutschland von 1900 bis 2060

800 600 400 200 0 200 400 600 800

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Frauen

2008

Männer

800 600 400 200 0 200 400 600 800

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Männer Frauen

2060

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Quelle: BMAS

Die Verlängerung der Rentenbezugsdauer

Durchschnittliche Bezugsdauer von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und wegen Alters

9,6

15,5

10,6

20,4

0

5

10

15

20

25

1960 2008

Bez

ugsd

auer

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ahre

n

Männer

Frauen

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17

600

800

1.000

1.200

1.400

20 25 30 35 40 45 50 55 60 65

Alter

Tsd

. P

erso

nen

Bevölkerung 2010Bevölkerung 2030

Arbeitskräfte der Zukunft: Viel weniger Junge, mehr Ältere

Bevölkerung im Alter von 20-64 Jahren

Rückgang Junge: -2,4 Mio.

Rückgang Mittlere: -5,5 Mio.

Anstieg Ältere:

+1,6 Mio.

Alter 20-64 zusammen: über 6 Mio. weniger

Quelle: Statistisches Bundesamt

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Interesse des BMAS Gestaltung einer zukunftsfähigen Arbeitswelt

Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Betriebe unterstützen,

Beschäftigungsfähigkeit der Menschen fördern,

Wohlbefinden und Gesundheit bei der Arbeit fördern

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Das duale Arbeitsschutzsystem

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GDA

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Akteure im ArbeitsschutzÜberbetrieblicher Arbeitsschutz

Bundesregierung (mit BAuA)• GG: Rechtsetzung, Prävention

Arbeitsschutzbehörden in den Bundesländer• GG, ArbSchG: Rechtsetzung, Vollzug, Beratung, Prävention

Unfallversicherungsträger• SGB VII: Kontrolle autonomen und staatlichen Rechts,

Prävention, Beratung, Rechtsetzung (nur noch im geringen Umfang)

Krankenversicherung• § 20a SGB V: Betriebliche Gesundheitsförderung

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Aktivierender Staat: Verbreitung des Themas Qualität der Arbeit in den

Unternehmen durch• Öffentlichkeitsarbeit,

• Entwicklung von „Guten Beispielen“,

• Beratungsmöglichkeiten,

• Unternehmensnetzwerke,

• Studien zum Zusammenhang von Unternehmenskultur und wirtschaftlichen Erfolg,

• Gewinnung und Einbeziehung neuer Partner.

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Instrumente des BMAS

Modellprogramm zur Bekämpfung arbeitsbedingter Erkrankungen

INQA AG „Betriebliche Gesundheitsförderung“ CSR-Forum Fachkräfteallianz Perspektive 50+ …..

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Was tut INQA?

■ Projekte■ Kooperationen■ Kampagnen■ Netzwerke, TIK‘s■ Produkte■ Gute Praxis Datenbank■ Veranstaltungen, Ausstellungen■ Internetauftritt■ Newsletter

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Zielsetzung Modellprogramm

Entwicklung von modellhaften Lösungen für Verbesserung der Gesundheit und

Beschäftigungsfähigkeit der Menschen Unterstützung der Betriebe bei der Gestaltung

moderner Arbeitsbedingungen Erhöhung der Beschäftigung insbesondere von

Älteren und Frauen Beitrag für Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit

der Betriebe

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Ziele der AG BGF nachhaltige Förderung von Gesundheit und

Wohlbefinden am Arbeitsplatz. die deutsche Plattform zum Informationsaustausch und

zur Förderung der Umsetzung gesundheitsfördernder Aktivitäten im Betrieb,

fördert den Erfahrungsaustausch und die Kooperation der Akteure bei ihren Aktivitäten in der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung,

arbeitet an der Weiterentwicklung und Verbreitung einer zukunftsfähigen betrieblichen Gesundheitspolitik mit,

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orientiert sich an den Zielen der Deutschen Arbeitsschutzstrategie, an den Zielen von Prävention und Gesundheitsförderung der Gesetzlichen Krankenkassen sowie an europäischen und internationalen Empfehlungen zu Prävention und Gesundheitsförderung

koordiniert die unterschiedlichen Zielvorstellungen der Akteure im Bereich der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung durch die Entwicklung eines gemeinsamen Grundverständnisses zur betrieblichen Gesundheitsförde rung, die alle Akteure in diesem Feld einschließen möchte,

bietet Orientierung und Grundlagenmaterial zur qualitätsgestützten, zielgerichteten und nachhaltigen betrieblichen Gesundheitsförderung.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!