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r j. Orn. 212 Kurze Mitteilungen [ 133 determining age of Hazel Hen. Sov.J.Ecol. 5:290-291 ® ST~NMaN, O. & M. HELMINEN (1974): Aging method for Hazel Grouse (Tetrastes bonasia) based on wings. Suomen Riista 25: 90--106 (Finn. m. engl. Zusammenfassung) « Sw~?,'SON,J. E. (1991): Social organization of hazei grouse and ecological factors influencing it. Diss. Univ. Alberta, Edmonton Anschrift des Verfassers: Grimsö Wildlife Research Station, S-730 91 Riddarhyttan, Schweden. J. Orn. 133, 1992." S. 212--214 Aus dem Kreis der ehrenamtlichen Mitarbeiter der Vogelwarte Radolfzelt (14) Gesunder »Nachwuchs" ohne Eiablage: Beobachtungen an einem Kohlmeisen-9 (*'aru~m4or) Dieter und Ute Hoffmann, Roland Rost Die ersten Berichte über das ùBrüten von Meisen (Parus) in einem leeren Nest" erschienen bereits in den 70er Jahren (HARMS 1975, MaLE 1977, PERRiNS 1977, DHONV & EYCKERMAN 1978, B~RNDT& W*NK~L1979). Während die Autoren zum damaligen Zeitpunkt ihre Beob- achtungen noch als Ausnahmeerscheinungen klassifizierten, ist seit Mitte der 80er Jahre eine deutliche Häufung des Phänomens zu verzeichnen (vgl. SCHMIDT & ZlrZMaNN 1990, WINKS> & HUDDE 1990). Uber die Ursache(n) für das in den letzten Jahren vermehrte Auftreten von ùBrüten in einem leeren Nest" besteht allerdings bislang noch Unklarheit bzw. es gibt lediglich Vermutungen (vgl. WINKEL& HUDDE 1990, Instituut voor Oecologisch Onderzoek 1991). Mischgelege sind bei Höhlenbrütern (Certhia, Ficedula, Parus, Passer und Sitta) mehrfach beschrieben worden (z. B. DIESS~LHORST 1961, WEINZlERL1961, LöHKL 1964, 1978). In einer ganzen Reihe von Fällen ist darüber hinaus auch die erfolgreiche Aufzucht von Jungvögeln zweier Arten in einem Nest belegt (z. B. SCHMIDT 1956, DIESS~LHORSV 1961, WEINZIE~L1961, CURaY-Le,-DaHL1963, LöHt~L 1964). In der Regel zog dabei die ùüberlegene" Art (letzter Nest- besitzer und im folgenden an erster Stelle genannt) die Jungen auf: z. B. Kleiber (Sitta europaea) / Kohlmeise (Parus major), Trauerscbnä'pper (Ficedula hypoleuca) / Kohlmeise, Feldsperling (Passer montanus):/Kohlmeise, Kohlmeise / Blaumeise (Parus caeruleus), Blaumeise / Sumpf- meise (Parus palustris), Haubenmeise (Parus cristatus) / Tannenmeise sowie Haubenmeise / Waldbaumläufer (Certhiafarniliaris). Die Beteiligung beider Ekernarten an der Aufzucht einer Mischbrut ist nur in zwei Fällen belegt (Blaumeise / Kohlmeise, RIEGEL1935; Träuerschnäp- per / Tannenmeise, HO»~MaNNet al. 1991). Nach Angaben von LöHi<L(1978) ziehen dagegen Feldsperlinge nie fremde Junge auf, sondern entfernen sie kurz nach deren , Schlüpfen aus dem Nest.

Gesunder „Nachwuchs” ohne Eiablage: Beobachtungen an einem Kohlmeisen- ♀ (Parus major)

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Page 1: Gesunder „Nachwuchs” ohne Eiablage: Beobachtungen an einem Kohlmeisen- ♀ (Parus major)

r j. Orn. 212 Kurze Mitteilungen [

133

determining age of Hazel Hen. Sov.J.Ecol. 5 :290-291 ® ST~NMaN, O. & M. HELMINEN (1974): Aging method for Hazel Grouse (Tetrastes bonasia) based on wings. Suomen Riista 25: 90--106 (Finn. m. engl. Zusammenfassung) « Sw~?,'SON, J. E. (1991): Social organization of hazei grouse and ecological factors influencing it. Diss. Univ. Alberta, Edmonton

Anschrift des Verfassers: Grimsö Wildlife Research Station, S-730 91 Riddarhyttan, Schweden.

J. Orn. 133, 1992." S. 212--214

Aus dem Kreis der ehrenamtlichen Mitarbeiter der Vogelwarte Radolfzelt (14)

Gesunder »Nachwuchs" ohne Eiablage: Beobachtungen an einem Kohlmeisen-9 (*'aru~ m4or)

Dieter und Ute Hoffmann, Roland Rost

Die ersten Berichte über das ùBrüten von Meisen (Parus) in einem leeren Nest" erschienen bereits in den 70er Jahren (HARMS 1975, MaLE 1977, PERRiNS 1977, DHONV & EYCKERMAN 1978, B~RNDT & W*NK~L 1979). Während die Autoren zum damaligen Zeitpunkt ihre Beob- achtungen noch als Ausnahmeerscheinungen klassifizierten, ist seit Mitte der 80er Jahre eine deutliche Häufung des Phänomens zu verzeichnen (vgl. SCHMIDT & ZlrZMaNN 1990, WINKS> & HUDDE 1990). Uber die Ursache(n) für das in den letzten Jahren vermehrte Auftreten von ùBrüten in einem leeren Nest" besteht allerdings bislang noch Unklarheit bzw. es gibt lediglich Vermutungen (vgl. WINKEL & HUDDE 1990, Instituut voor Oecologisch Onderzoek 1991).

Mischgelege sind bei Höhlenbrütern (Certhia, Ficedula, Parus, Passer und Sitta) mehrfach beschrieben worden (z. B. DIESS~LHORST 1961, WEINZlERL 1961, LöHKL 1964, 1978). In einer ganzen Reihe von Fällen ist darüber hinaus auch die erfolgreiche Aufzucht von Jungvögeln zweier Arten in einem Nest belegt (z. B. SCHMIDT 1956, DIESS~LHORSV 1961, WEINZIE~L 1961, CURaY-Le,-DaHL 1963, LöHt~L 1964). In der Regel zog dabei die ùüberlegene" Art (letzter Nest- besitzer und im folgenden an erster Stelle genannt) die Jungen auf: z. B. Kleiber (Sitta europaea) / Kohlmeise (Parus major), Trauerscbnä'pper (Ficedula hypoleuca) / Kohlmeise, Feldsperling (Passer montanus):/Kohlmeise, Kohlmeise / Blaumeise (Parus caeruleus), Blaumeise / Sumpf- meise (Parus palustris), Haubenmeise (Parus cristatus) / Tannenmeise sowie Haubenmeise / Waldbaumläufer (Certhiafarniliaris). Die Beteiligung beider Ekernarten an der Aufzucht einer Mischbrut ist nur in zwei Fällen belegt (Blaumeise / Kohlmeise, RIEGEL 1935; Träuerschnäp- per / Tannenmeise, HO»~MaNN et al. 1991). Nach Angaben von LöHi<L (1978) ziehen dagegen Feldsperlinge nie fremde Junge auf, sondern entfernen sie kurz nach deren , Schlüpfen aus dem Nest.

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Heft19922 ] Kurze Mitteilungen 213

Auf der von uns (D. & U. H.) seit 1974 betreuten und mit 240 Nistkästen bestückten Probe- fläche ,Gemeindewald Harthausen" (Rheinland-Pfalz) zog in der Saison 199t ein Kohlmeisen- paar in Kasten G 19 drei Trauerschnäpper erfolgreich auf. Diese auf den ersten Blick durchaus nicht ungewöhnliche Feststellung einer ,Fremdanfzucht" gewinnt jedoch aufgrund der uns bekannten Identität der ,Ziehmutter" an Bedeutung. Als neu in die Untersuchungsfläche ein- gewandert (da unberingt), wurde das Kohlmeisen-9 erstmals am 4. Mai 1991 in Nistkasten G 29 ,in leerem Nest brütend" festgestellt (1987--1991 brüteten auf der Probefläche jährlich im Mittel 4,5 % der Kohlmeisen- 9 in einem leeren Nest -- Tendenz steigend). Bei der näch- sten Kontrolle am 15. Mai (das 9 brütete immer noch, ohne ein Ei gelegt zu haben) wurde es auf dem Nest gegriffen und mit Ring Radolfzell CL 4958 markiert. Bei der dritten Kontrolle von Nistkasten G 29 (6. Juni) war das Kohlmeisennest von Trauerschnäppern überbaut wor- den. 13 Tage später (19. Juni) lag ein vollständiges Gelege im Nest. Aus den sieben Eiern schlüpften fünf Trauerschnäpper (zwei Eier waren taub), die, betreut von einem Trauerschnäp- perpaar, Mitte Juli aus flogen.

Was aber war aus dem Kohlmeisen- 9 CL 4958 geworden? Etwa 80 m von Nistkasten G 29 entfernt hatten wir in Kasten G 19 bei der ersten Jahreskontrolle (4. Mai) ein Schnäppernest vorgefunden, bei der zweiten am 15. Mai lagen zwei Trauerschnäppereier in diesem Nest. Für uns gänzlich unerwartet huderte jedoch am 6. Juni 1991 (dritter Kontrollgang) im Kasten G 29 ein beringtes Kohlmeisen-9 drei ungefähr fünftägige Trauerschnäpper. Noch größer war unser Erstaunen allerdings, als wir den Ring des 9 ablasen: CL 4958! Wie wir durch Beobach- tung feststellen konnten, versorgte sowohl das 9 als auch ein Kohlmeisen- o" die Jungvögel bis zu ihrem Ausfliegen Ende Juni mit Nahrung.

Damit ist zum zweitenmai unter natürlichen Bedingungen dokumentiert, daß ein Kohlmeisen- 9, das nicht zu einer Eiablage fähig war, ein völlig normes Verhalten bei der Auf- zucht von Jung.en zeigen kann (die erste Beobachtung stammt, von B~~ND~ & WINKEL 1979). Die zeitliche Ubereinstimmung zwischen der ùUmsiedlung' des Kohlmeisen-9 und des Schnäpperpaares von Kasten G 29 nach G 19 bzw. G 19 nach G 29, sowie die geringe Zahl von nur drei Eiern bzw. Jungvögeln (Hinweis auf eine gewaltsame Übernahme von Kasten G 19 durch die Kohlmeisen), machen es darüber hinaus sehr wahrscheinlich, daß auch schon die Bebrütung des Trauerschnäppergeleges durch das Kohlmeisen- 9 erfolgte. Das zuvor ùin einem leeren Nest brüten&" Kohlmeisen- 9 verhielt sich demnach auch in der Bebrütungsphase völ- lig normal (vgl. auch BEt~NDT & W~NK~L 1979).

S u m m a r y

Healthy "offspring" without previous egg-laying - observations on a Great Tit- 9 (Parus ma- jor). - - In 1991 a pair of Great Tits successfully reared three Pied Flycatchers (Ficedula hypoleuca). Although this finding is not unusual at first glance, the observation gains impor- tance due to the fact that the life history of the foster-mother was -- at least partly -- well- known. On the 4th of May the Great Tit was discovered for the first time in our study area "breeding on an empty nest" in nest-box G 29. Still "breeding" it was ringed 11 days later (15th of May). On the 6th of June the Great Tit's nest was built over by a nest of Pied Flycatchers, Bhich successfully reared live flycatchers in nest-box G 29. The same day the Great Tit-9, i'~nged in nest-box G 29 about three weeks before, was observed in nest-box G 19 brooding three Pied Flycatchers (nest-box G 19 was 80 meters away flora G 29). Based on the good care the chicks were given by their foster-mother anda Great Tit-cy they came along nicely and fledged at the end of June. From that it is clear that Great Tit- 9 found "breeding on empty nests" are thouroughly able to show normal behavior regarding ,'breeding " and "rearing".

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214 Kurze Mitteilungen [ J" 133Orn"

L i t e r a t u r

BERND% R. & W. WINKEL (1979): ,Beobachtungen von Brüten auf leerem Nest" bei der Kohlmeise (Parus major). Vogelwelt 100: 230--233. • CU~Rv-L~NDAHL, K. (1963) Vära Fäglar i Norden, IV.Stockholm. • DIESSEtHORST, G. (1961): Mischgelege. Vogelwelt 82: 189--191. • Dt~ONT, A. A: & R. EYCKERMAN (1978): Tits sitting on empty nests. Brat. Birds 71: 600. • HARMS, W. (1975): Abnormes zur Brutbiologie der Blaumeise (Parus caeruleus) und der Kohlmeise (Parus major). Orn. MAtt. 27: 64--65. • HOFFMANN, D., HOFFMANN, U. & R. ROST (1991): Gemeinsame Aufzucht von fünf jungen Tannenmeisen (Parus ater) durch Trauerschnäpper (Ficedula hypoleuca) und Tannenmeisen. J. Orn. 132: 439-440. • Instituut voor Oecologisch Onderzoek (1991): Progress Report 1990: Acid rain and eggsheli quality in the Great TAt: 10. Amsterdam. • LöHRL, H. (1964): Mischgelege, Doppelgelege und verlegte Eier bei Höhlenbrütern (Gattung Parus, Ficedula). Vogelwelt 85: 182--188. • Ders. (1978): Höhlenkonkurrenz und Herbst-Nestbau beim Feldsperling (Passer montanl~s). Vogelwelt 99: 121-131. • MALE, A. E. (1977): Great TAt sitting on empty nest. Brat. Birds 70: 394. • PER- RINS, C. M. (1977): Commentation to "Great TAt sitting on empty nest". Brat. Birds 70: 394. • RIE~E> (1935): Junge Kohl- und Blaumeisen in demselben Nest. Beitr. FortPflBiol. Vögel 11: 148. • SCH~alDT, E (1956): Mischgelege von Kohlmeise (Parus major) und Trauerschnäpper (Muscicapa hypoleuca). Orn. MAtt. 8: 35. • SCHMID% K.-H. & A. ZITZMA>'N (1990): Sprunghafter Anstieg von Brutstörungen bei Höhlenbrütern. J. Orn. 131: 172-174. • WEIN- ZlER>, H. (1961): Mischgelege von Kohl- und Blaumeisen (Parus major und P. caeruleus). Vogelwelt 82: 187-189. • W~NKEL, W. & H. HUDDE (1990): Zum vermehrten Auftreten von ùBrüten in leerem Nest": Befunde an Meisen (Parus) und anderen Höhlenbrütern aus verschiedenen Untersuchungsräumen Norddeutschlands. Vogelwarte 35: 341-350.

Anschrift der Verfasser: (D. & U. H.) Rüsterweg 4, D(W)-6733 Haßloch; (R. R.) Max-Planck- Institut für Verhaltensphysiologie, Vogelwarte Radolfzell, Am Obstberg, D(W)-7760 Radolf- zell-Möggingen.