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80 3/2016 Gesundes aus der Öko-Kiste. Evelyn Demmler und Daniel Oettermann haben in wenigen Jahren im Ostallgäu ihren eigenen Demeter-Betrieb aufgebaut.

Gesundes aus der Öko-Kiste. Evelyn Demmler und Daniel

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Page 1: Gesundes aus der Öko-Kiste. Evelyn Demmler und Daniel

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Gesundes aus der Öko-Kiste. Evelyn Demmler und Daniel Oettermann

haben in wenigen Jahren im Ostallgäu ihren eigenen

Demeter-Betrieb aufgebaut.

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Vom Feld auf den Tisch

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uf einer Fläche von fünf Hektar Frei-land und 3.500 m2 Gewächshaus

bauen Evelyn Demmler und Daniel Oet-termann bei Aitrang saisonales Gemüsenach biologisch-dynamischen Richtlinienan. Dafür braucht es einen großen grünenDaumen, viel Wissen über diese spezielleAnbaumethode und zwei Herzen, die mit-einander für die Natur und ökologischeLebensmittel schlagen.Neben einem herrlichen Bergblick stechendie prallen roten und grünen Salatköpfe insAuge, die in Reih und Glied auf ihre Erntewarten: Kopfsalat, Batavia, Eichblatt, LolloRosso ... das macht schon beim Ankommenauf dem Grasser Hof richtig Lust auf einegroße Schüssel Rohkost. Dazu passendwarten im eigenen kleinen Hofladen –hübsch drapiert auf Regalen aus altem Sta-delholz – leckere Öle, Essige, Kräuter undfeine Weine. Drinnen riecht es würzig frisch,draußen erdig herb und nach viel Arbeit.

Das mit der vielen Arbeit wusste DanielOettermann aber schon, als er 2008gemeinsam mit dem Hofbesitzer GottfriedMoser eine Betriebsgemeinscha gründeteund begann, den ersten halben Hektar aufPacht nach biologisch-dynamischen Richtli-nien zu bewirtschaen. Schließlich kenntsich der gebürtige Nordhesse aus mit demökologischen und im speziellen mit dembiologisch-dynamischen Anbau.

Mit ganzer Kra voraus

Aufgewachsen und teilweise auch ausge-bildet auf dem väterlichen Demeter-Hof beiKassel, hat er schon vom ersten Augenblickan den Demeter-Anbau miterlebt underfahren. Zu Hause auf dem Eschenhofwuchs Daniel in einer Welt auf, in der manviel Wert auf die natürlichen und rhythmi-schen Zyklen von Mensch und Natur legte.Doch ohne die Unterstützung seiner

Lebensgefährtin Evelyn hätte er den Schrittzum Gemüseanbau im Allgäu wohl nichtgewagt. Weil beide begeistert anpackten und vollerTatendrang steckten, eröffneten sie zeit-gleich mit den ersten Ernten im Sommer2008 einen Bio-Supermarkt in Marktober-dorf. Hier verkaufen sie seitdem sowohl ihreigenes Gemüse als auch das befreundeterBio-Gärtnereien und versorgen gleichzeitigdie Region mit einem einzigartigen, vielsei-tigen Sortiment. Unterstützt werden siedabei von ihrer Freundin Edith Fendt. Dassalle drei auf einem Bauernhof großgeworden sind, ist nur eines der vielen ver-bindenden Elemente des Gründerteams.Evelyn, die gebürtige Ostallgäuerin ausStöttwang, lernte Daniel 2003 währendeines Praxissemesters im Rahmen ihres Stu-diums zur Sozialwirtin kennen und lieben.Wer beiden gegenübersitzt und ihnen eineWeile zuhört, versteht rasch, was sie anei-

A

Im Hofladen erwartet Kunden ein großes Angebot an Obst und Gemüse.Evelyn und Samuel bei der wohlverdienten Mittagspause.

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Die Marke Demeter

Produkte, die das Markenzeichen»Demeter« tragen, werden ausschließ-lich nach biologisch-dynamischenRichtlinien erzeugt oder bestehen ausmindestens 90 Prozent Demeter-Roh-stoffen. Die Prinzipien dieser Anbau-methode basieren auf den anthroposo-phischen Impulsen und der Gedanken-welt von Rudolf Steiner, die er 1924 imlandwirtschalichen Kurs den interes-sierten Bauern vermittelte. Er sah dieLandwirtscha als Teil des gesamtenKosmos – begründet in der Idee, dass

alles Sichtbare und Unsichtbare mitei-nander verbunden ist und aufeinandereinwirkt. Neben der jährlichen EG-Bio-Kontrolleund einer Kontrolle vom Demeter-Ver-band gibt es zusätzlich ein sogenanntesAnerkennungsgespräch mit zweiDemeter-Landwirten aus der Umge-bung. Als Öko-Pionier mit 80-jährigerErfahrung nimmt der älteste Biover-band Deutschlands »die Qualitätsfüh-rerscha im Bio-Bereich« ganz selbst-bewusst für sich in Anspruch.

Daniel ist zufrieden mit dem Wachstum der Paprikas,die je nach Reifegrad ihre typische Farbe entwickeln.

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nander schätzen und brauchen. Daniel, dervoller Energie steckt und immer wiederneue Ideen entwickelt, verliert in seinerBegeisterung gelegentlich den Blick für dasLeistbare. Evelyn, die mit ihrer herzlichruhigen Art den Überblick behält, sorgtdafür, dass der kleinen Familie ausreichendZeit und Ruhe füreinander bleiben.

Dynamisches Wachstum, ganz biologischWährend Daniel uns eine Besichtigungs-tour über das weitläufige Gelände gibt, tobtder vierjährige Johannes ausgelassen miteinem Freund über die Feldwege und kannes kaum erwarten bis er zur nächsten Trak-torfahrt mit seinem Papa aufbrechen kann.Der einjährige Samuel mag es da noch

gemütlicher. Er lässt sich von seiner Mamaim Buggy schieben und schaut mit wachenAugen, was sein großer Bruder so treibt.Das erste Foliengewächshaus hat Daniel2009 auf eBay ersteigert – ganz im Sinneder Nachhaltigkeit und budgetgerecht.Schnell war klar, dass die noch überschau-bare Ernte bei den Bioläden und Gast-stätten in der Umgebung wie auch bei denHofladenkunden Absatz findet. Das Regionalbewusstsein der Allgäuer fas-zinierte und motivierte Daniel von Anfangan. Selbst die krummen Gurken wurdenvon einem bekannten Gastronom wegenihrer Qualität gerne genommen. 2011kamen zwei ermogewächshäuser undzwei Folientunnel dazu. Alle werden mitder Abwärme der Biogasanlage von Hofbe-sitzer Gottfried Moser beheizt.

Ökologischer Landbau in Bayern

Bayern ist Spitzenreiter! Denn fast einDrittel aller Öko-Betriebe (7.300) inDeutschland wirtschaen hier – aufeiner Fläche von knapp 230.000 Hektar,so das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtscha undForsten. Rund 80 Prozent dieser ver-marktenden Höfe haben sich den baye-rischen Verbänden Demeter, Bioland,Naturland oder Biokreis angeschlossen,die wiederum unter der »Landesverei-nigung für den ökologischen Landbauin Bayern e.V.« (LVÖ) organsiert sind,um ihre Interessen gemeinsam voranzu-bringen.Nicht immer ist es für den Verbrauchereinfach, zwischen den verschiedenenQualitätssiegeln zu unterscheiden.Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie dieAnforderungen der EU-Öko-Verord-nung für Bio-Lebensmittel bei weitemübertreffen und noch konsequenter aufdie Schonung der Ressourcen, den Ein-satz natürlicher Dünge- und Pflanzen-schutzmittel, den Erhalt der Boden-fruchtbarkeit und Biodiversität achten.

Und weil die strengen Demeter-Richtlinienden Einsatz von Insektenvernichtungsmit-teln verbieten, setzt Daniel bei Schädlings-befall in den Gewächshäusern auf tierischeHelfer: Winzige Nützlinge, meist Insekten,halten als natürliche Gegenspieler Läuse,Spinnmilben oder weiße Fliegen in Schach.Mit großem Appetit vertilgen Nützlingewie Florfliegen, Raubmilben oder Erz-wespen die lästigen kleinen »Pflanzen-killer« und sorgen so für ein ökologischesGleichgewicht. Bei starkem Befall müssenaber alle mithelfen. Dann heißt es mit derHand die unliebsamen Gäste abzusammeln. Im Freiland wird der Salat zum Schutz vorSchnecken auf kompostierbare Maisfoliegesetzt. Diese dient gleichzeitig als wert-voller Verdunstungsschutz. Von obenschirmen sogenannte Kulturschutznetze

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Grasser-HofAitrang

Roßhaupten

Marktoberdorf

Kaufbeuren

JengenDirlewang

Kempten

die Pflanzen vor Vögeln und fliegendenInsekten (und vor Hagel) weitestgehendab. Organische und homöopathischePflanzenpräparate helfen außerdem, dassdie zarten Gemüsesetzlinge widerstands-fähig und robust gegen Krankheiten und

Befall heranwachsen können. Je nach Jah-reszeit wachsen auf dem Grasser Hof dieunterschiedlichsten Gemüsesorten. ImSommer sind dies vor allem Tomaten,Gurken, Auberginen und Paprika, wäh-rend draußen die Salate, Fenchel, Kohl-rabi, verschiedene Kohlsorten und Kräutergedeihen.

Gesundes aus der »Öko-Kiste«

Währenddessen kümmert sich Evelyn umdie saisongerechte Zusammenstellung der»Grünen Kiste«, dem Heimlieferservice,der das frische Gemüse und die Produkte ausdem Biomarkt direkt an die Haustür liefert. Auch wir werden auf dem Grasser Hof bes-tens versorgt. Nach unserem Rundgang,jeder Menge Informationen über die biologisch-dynamische Landwirtschaund deren Methoden, sitzen wir zumAbschluss noch auf einen Plausch im Aufenthaltsraum zusammen. Nachdem wir mit Evelyns frisch gebackenem Apfel-

kuchen und einer leckeren Tasse Bio-Kaffeverwöhnt wurden, fahren wir wohlgenährtund von vielen neuen Eindrücken berei-chert, mit Blick auf die Allgäuer Bergkettewieder Richtung Kempten.

Text: Natalie Markl /Fotos: Dominik Berchtold/ www.dberchtold.com (6);

privat (1) �

»Die Natur ist ein Ganzes, von überall her wirken die Kräe.Wer einen offenen Sinn hat für das offensichtliche Kräewirken,

der begrei die Natur.« (Rudolf Steiner)

Kaum zu glauben: Pro Saison ernten Daniel und sein Team 40.000 bis 50.000 Salatköpfe und Gurken.