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INFORMATIONEN FÜR MITGLIEDSFIRMEN DES VCI chemie report VCI-Metastudie zu den Klimazielen der Chemie Gewaltige Anstrengungen für Treibhausgasneutralität nötig Welche Implikationen ergeben sich aus dem deutschen langfristigen Klimaschutzziel bis zum Jahr 2050 für die chemisch-pharmazeutische Industrie? Als Vorberei- tung für eine Roadmap, die für die deutsche Branche mögliche Wege in die „Treibhausgasneutralität“ bis 2050 aufzeigen soll, hat der VCI in einer Metastudie von dem Beratungsunternehmen FutureCamp sechs aktuelle Studien analysieren lassen. Diese blicken aus unter- schiedlicher Perspektive voraus ins Jahr 2050. In Deutschland wird derzeit intensiv über den Ausstieg aus der Kohleverstromung diskutiert. Nur der Zeitpunkt ist noch offen. Gleichzeitig wurden 2017 hierzulande noch 37 Prozent des Stroms aus Kohle erzeugt. Der geplante Ausstieg ist eine erste sichtbare Konsequenz aus den langfristigen Klimaschutzzielen der Bundesregierung, die bis 2050 die Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 Pro- zent vorsehen. Noch einen Schritt weiter geht der neue Sonderbericht des Weltklimarats IPCC: Um die Erd- 11/2018 A 3 Editorial Herausfor- derung Klimaschutz A 4 Handelspolitik VCI setzt sich für freien Handel und fairen Wettbewerb ein A 6 REACH Pauschal- kritik an Registrierungsdossiers ist unbe- rechtigt A 7 Tierarzneimittel Novelle des EU-Rechts ist inhaltlich abgeschlossen A 8 Studie Chemie zeigt Potenzial bei Digitalisierung A 10 Chemie 4.0 Mobil- funknetz 5G als Chance für die Che- mie A 11 YouTuber-Kampagne „Deine Chemie.“ startet Themenspecial „Aliens“ A 17 Brexit Bundesregierung möchte steuerliche Folgen abfedern B St Ste St Stei i ink ink i i ohl ohlekr ek af aft aft f f we we erk i k i k i k k k k n G n G G G n G G Gels els e enk enk en irc irc chen hen n: : Die e Die e Die e Ko Kommi mmissi si i io on o o „Wa „Wa „W „W „W „Wa „Wa W Wa W „W W chs chs chs chs hs ch chs ch tu tum tum, S ,S , Stru tru tru uktu ktu ktu k u k r r - wan wan wan wan w wan wan wan wan an w del del del del del del del d B B B ,B B ,B , B , Besc esc sc esc c esc e chäf häf häf häf häf häf ä häftig tig tig i tig tig tig ti ung un ung un u “ d “d “d d d dik isk k k isk ti i ti uti utier ert ert rt r d de der r - zei zeit, wann und wie Deuts schland aus der K Ko K hleverstromung g aussteigen soll.

Gewaltige Anstrengungen für Treibhausgasneutralität nötig · Klimaschutz chemie report 11.2018 erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen,

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INFORMATIONEN FÜR MITGLIEDSFIRMEN DES VCI

chemiereport

VCI-Metastudie zu den Klimazielen der Chemie

Gewaltige Anstrengungen für

Treibhausgasneutralität nötig

Welche Implikationen ergeben sich aus dem deutschen

lang fristigen Klimaschutzziel bis zum Jahr 2050 für

die chemisch-pharmazeutische Industrie? Als Vorberei-

tung für eine Roadmap, die für die deutsche Branche

mög liche Wege in die „Treibhausgasneutralität“ bis

2050 aufzeigen soll, hat der VCI in einer Metastudie von

dem Beratungsunternehmen FutureCamp sechs aktuelle

Studien analysieren lassen. Diese blicken aus unter-

schiedlicher Perspektive voraus ins Jahr 2050.

In Deutschland wird derzeit intensiv über den Ausstieg aus der Kohleverstromung diskutiert. Nur der Zeitpunkt ist noch offen. Gleichzeitig wurden 2017 hierzulande noch 37 Prozent des Stroms aus Kohle erzeugt. Der geplante Ausstieg ist eine erste sichtbare Konsequenz aus den langfristigen Klimaschutzzielen der Bundesregierung, die bis 2050 die Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 Pro-zent vorsehen. Noch einen Schritt weiter geht der neue Sonderbericht des Weltklimarats IPCC: Um die Erd -

11/2018 A 3 Editorial Herausfor-derung Klimaschutz A 4 Handelspolitik VCI setzt sich für freien Handel und fairen Wettbewerb ein A 6 REACH Pauschal-kritik an Registrierungsdossiers ist unbe-rechtigt A 7 Tierarzneimittel Novelle des EU-Rechts ist inhaltlich abgeschlossen

A 8 Studie Chemie zeigt Potenzial bei Digitalisierung A 10 Chemie 4.0 Mobil-funknetz 5G als Chance für die Che-mie A 11 YouTuber-Kampagne „Deine Chemie.“ startet Themenspecial „Aliens“

A 17 Brexit Bundesregierung möchte steuerliche Folgen abfedern

B

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chemie report 11.2018Klimaschutz

erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, müssten die Emissionen weltweit bis 2050 auf null zurückgefahren werden.

Wenn der Weg in eine „treibhausgasneutrale“ Zukunft nicht über Produktionsstilllegungen führen soll, werden recht schnell neue Technologien für die Minderung der Emissionen in allen Sektoren der Wirt-schaft benötigt. Rein technisch gesehen stehen diese zur Verfügung, ihr Einsatz bedeutet allerdings den kompletten Umbau bestehender Strukturen.

SCHUTZ VOR CARBON LEAKAGE ZWINGENDDie in der Metastudie von FutureCamp unter-

suchten Studien zeigen auf, dass schon die Fortführung der heutigen Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland, die bis zum Jahr 2050 zu Minderungen des Treib-hausgasausstoßes um nur rund 60 Prozent gegenüber 1990 führen sollen, erhebliche Kosten verursachen. Für weitergehende Maßnahmen und damit verbundene Belastungen sind die Akzeptanz der Gesellschaft und eine effektive Implementierung zentrale Herausfor-derungen. Trotz beachtlicher Fortschritte der vergan-genen Jahre zeigen Extrapolationen, dass Deutschland die Ziele der Energiewende ohne weitere Maßnahmen teilweise sehr deutlich verfehlen wird.

Die Studien basieren oft auf stark idealisierenden Annahmen zur Implementierung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Ein Beispiel dafür ist der vorausgesetzte Schutz der Wettbewerbsfähigkeit der energieinten-siven Industrie, damit sie keine Produktion verlagern muss (Carbon Leakage): Dieser wird in den Studien auch nach 2030 angenommen; wie er aber konkret aus-sehen könnte, bleibt offen. Zur Deckung des Rohstoff-bedarfs und zum Umgang mit Emissionen aus Pro-zessen der Chemieindustrie machen die untersuchten Analysen nur wenige und unterschiedliche Aussagen.

Die größte Lücke erweist sich aber bei der Betrach-tung der Kosten für die Transformation: Die meisten Studien zeigen eine technische und auch volkswirt-schaftliche Machbarkeit auf, ohne dass auf die betriebs-wirtschaftliche Realisierbarkeit eingegangen wird, die in unterschiedlichen Branchen sehr unterschiedlich aus-fällt. Für die Chemie gibt die Studie der DECHEMA von 2017 erste Hinweise: Einerseits muss ein immenser Inves-titionsbedarf in neue Anlagen und Prozesse gestemmt werden, andererseits werden die CO2-neutral herge-stellten Produkte um ein Mehrfaches teurer sein als ihre fossil basierten Pendants. Die Einbindung in interna-tionale Märkte und die Frage, ob eine Transformation im weltweiten Maßstab stattfindet oder nur isoliert in Deutschland und Europa, dürfte deshalb am Ende ent-scheidend für den Erfolg der Transformation sein.

Auf Basis der Metastudie wird der VCI nun in den kommenden Monaten eine Roadmap erarbeiten. Diese soll aufzeigen, mit welchen Technologien zu welchen betriebswirtschaftlichen Kosten welche CO2-Minde-rung erreichbar sein könnte. Zusätzlich soll der erfor-derliche Forschungsaufwand ermittelt werden.Tilman Benzing ([email protected])

B

METASTUDIE ZU DEN KLIMASCHUTZZIELEN DER CHEMIESechs Studien wurden dafür untersucht:

Langfristige Optionen: FutureCamp untersuchte für den VCI sechs Studien mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung, um Wege zur Senkung von Treibhausgasen herauszuarbeiten. Die Studie gibt es für Mitglieder auf der VCI-Website zum Down-load (Log-in erforderlich): http://bit.ly/Metastudie-Chemie

Bundeswirtschaftsministerium: Transformation des Energiesystems

BDI: Kosteneffiziente

Klimapfade

DENA: Transformation des

Energiesystems

DECHEMA: ChemieprodukteEnergiesysteme

der Zukunft (ESYS): Sektorkopplung

Mineralölwirtschaftsverband (MWV): Flüssigkraftstoffe

TREIBHAUSGASRELEVANZ DER CHEMIEAn welchen Stellen im Lebenszyklus von Chemieprodukten entstehen Emissionen?

Positiver Effekt: Die Herstellung von Chemieprodukten verursacht an verschiedenen Stellen Treibhausgasemissionen. Allerdings sparen die Produkte bei der späteren Anwendung weit mehr Emissionen ein.

Entsorgung

Vermeidung von Emissionen beim Einsatz der Produkte

Chemieprodukte

Prozesse der Chemie

Energie: Strom und Wärme

Rohstoffe: Gewinn und Verarbeitung

„Die bisherigen Studien zeigen, dass der Weg zu einer treibhausgas neutralen Chemie 2050 schwierig und teuer ist. Aber es gibt Optionen, und die werden wir nun anhand einer Roadmap unter-suchen.“

Utz Tillmann, VCI-Hauptgeschäftsführer

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STANDPUNKT

chemie report11.2018 Standpunkt / News

Wussten Sie schon?

Die stärkste CO2-Minderung ...

... haben im vergangenen Jahrzehnt die Industrie und

die Stromerzeugung geliefert: Europaweit konnten

diese beiden Sektoren ihren Treib hausgasausstoß von

2005 bis 2016 um 24 Prozent mindern.

Branchen wie die Chemie sind seit 2005 vom europäischen Emissionshandel erfasst, der zu einer zuverlässigen weiteren Minderung führt.

Großen Nachholbedarf haben dagegen die Sektoren Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft: Hier sanken die Emis-sionen im Zeitraum 2005 bis 2016 nur um 8 Prozent, was vor allem dem mangelnden Fortschritt im Verkehrssektor geschuldet ist. Gerade in diesen Bereichen kann der Einsatz von Chemieprodukten helfen, CO2-Emissionen einzusparen. c

Herausforderung Klimaschutz

Der Weltklimarat IPCC hat in seinem aktuellen Bericht die Zielmarke für den globalen Klimaschutz höher gelegt: Seine Experten halten eine umfassende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft für notwendig, um die Erwärmung des Klimas auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Dafür müsste die Emission von Treibhausgasen welt-weit bis 2050 auf null sinken.

Wie lässt sich diese Erkenntnis aus Sicht der deutschen chemisch-pharmazeuti-schen Industrie einordnen? Unsere Bran-che hat ihren Ausstoß von Treibhaus-gasen seit 1990 bereits um knapp die Hälfte reduziert. Das ist eine bemerkens-werte Leistung, denn die Produktions-menge ist im gleichen Zeitraum um knapp zwei Drittel gestiegen.

Die in der politischen Diskussion gehan-delten Klimaziele – lauten sie nun 80, 95 oder sogar 100 Prozent Reduktion bis Mitte des Jahrhunderts – stellen auch auf dem erreichten Niveau eine große Herausforderung dar. Dies wird durch eine Metastudie des Beratungsunter-nehmens FutureCamp bestätigt, das für den VCI Studien mit Bezug zur Branche untersucht hat. Ihr Fazit lautet: Es gibt in den nächsten Jahrzehnten noch großes Potenzial für mögliche neue Technologien, die zu mehr Produktions- und Energieeffizienz führen könn-ten – auch wenn diese heute noch nicht verfügbar sind.

Sicher ist, dass Treibhausgasneutralität eine große Auf-gabe für die chemische Industrie ist. Insbesondere dann, wenn der Klimaschutz nicht zu Lasten von sozialen und ökonomischen Zielen gehen soll. Um die Optionen der

chemisch-pharmazeutischen Industrie auf dem Weg zur Treibhausgasneutra-lität aufzuzeigen, wird der VCI eine Roadmap erarbeiten. Sie soll mögliche Wege bis 2050 sowie damit verbun-dene Kosten darstellen.

Dabei ist zu beachten, dass der Klima-schutz und der Erhalt der Wettbe-werbsfähigkeit ohne global einheitli-ches Vorgehen nicht funktionieren. Deutschland kann hier nur Vorreiter sein, wenn es auch in anderen Teilen der Welt die Bereitschaft zur Verände-rung gibt. Nur gemeinsam wird es möglich sein, die vom IPCC gestellte Aufgabe anzu packen.

Dieser Herausforderung wollen wir uns stellen. Denn unsere Industrie ist prä-destiniert, mit ihren innovativen Lösun-gen eine nachhaltige, klimaverträgliche Zukunft mitzugestalten. Die Produkte

und Innovationen der Chemie sind heute und in Zukunft unverzichtbar, wenn es etwa um energiesparendes Woh-nen, umweltgerechte individuelle Mobilität oder CO2-freie Energieerzeugung geht.

Hans Van Bylen,Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI)

Im VerVerVerVerVererrkehkkekekek rsssssssss ektektktektkek oooor oo konnte bislangnurnu wenigiiig COCOCOCOCOOOOCO22222 eiiee ngeg spart werden.2

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chemie report 11.2018Handelspolitik

Handelspolitik wird Top-Thema im VCI

Für freien Handel und fairen Wettbewerb

Das handelspolitische Umfeld in der

Welt hat sich für die deutsche

Chemie über die Jahre stetig verän-

dert: Die Risiken für global aktive

Chemie unternehmen haben sich

deutlich erhöht. Die US-Handelspoli-

tik unter Präsident Trump ist nur

das lauteste Signal. Der Aufstieg

Chinas und die Schwäche der WTO

beeinflussen die Welthandelsordnung

ebenfalls massiv. Angesichts dieser

Herausforderungen hat das VCI-

Präsidium Handelspolitik zu einem

Top-Thema des Verbandes gemacht.

Nach dem Ende des Kalten Krieges ent-stand eine liberale Weltordnung. Han-delspolitisch gehören die Gründung der Welthandelsorganisation WTO, die Ver-tiefung und Erweiterung der EU sowie zahlreiche bilaterale Abkommen dazu. Die neue Ordnung und technischer Fortschritt führten dazu, dass die Welt zusammenwachsen konnte und der weltweite Wohlstand zunahm.

ERFOLG DANK GLOBALISIERUNG Die deutsche chemisch-pharmazeu-

tische Industrie hat die Chancen und neuen Regeln nach 1990 erfolgreich auf-gegriffen. Die Ex- und Importe der Branche haben sich nach 1995 nahezu

vervierfacht. Sie hat ihre Produktions- und Forschungskapazitäten im Ausland ausgebaut, ohne die Wertschöpfung in Deutschland zu reduzieren. Die Branche ist Teil internationaler Wertschöpfungs-netze, beliefert weltweit Kunden, kauft global ein und kooperiert mit internatio-nalen Partnern. So konnte sie ihre füh-rende Rolle im Weltchemiemarkt trotz Belastungen am Heimatstandort – wie hohe Energiekosten oder Rohstoff-mangel – behaupten.

GLOBALE RISIKEN NEHMEN ZU Der Aufbruch der 1990er-Jahre ging

nicht ungebrochen weiter: Die WTO konnte ihr Regelwerk nicht weiterentwi-ckeln und nur punktuell Liberalisierungs-erfolge erzielen. Infolge der Finanzkrise 2008/2009 nahm der Protektionismus schleichend zu: China und andere Schwellenländer setzen weiter auf wett-bewerbsverzerrende staatliche Praktiken.

Seit 2016 sind die Herausforderungen noch einmal deutlich gewachsen. Der Bre-xit droht, innereuropäische Wertschöp-fungsnetze zu zerreißen. Die USA set-zen unter Präsident Trump auf neue Zölle und eine Schwächung der WTO statt auf den Schutz und die Weiterentwicklung der liberalen Handelsordnung. Auch die Hoffnungen auf eine weitere Liberali-

sierung Chinas erhielten unter Präsident Xi Jinping heftige Dämpfer. Das Land verfolgt stattdessen offensive technolo-gie- und geopolitische Strategien.

VCI REAGIERT AUF HERAUSFORDERUNGENDas VCI-Präsidium hat im Septem-

ber den gewachsenen globalen Heraus-forderungen Rechnung getragen und die Handelspolitik zu einem „Top-Thema“ des Verbandes gemacht. Schwerpunkte der politischen Arbeit sollen der Marktzugang in und die Wett-bewerbsbedingungen mit China, der Handelskonflikt mit den USA, inklusive Entwicklung einer neuen gemein samen Agenda, sowie eine WTO-Reform sein.

Europa kann China und den USA nur geschlossen auf Augenhöhe begegnen. Daher ist der Einsatz für eine einheit-liche EU-Handelspolitik ein weiterer wichtiger Baustein der Verbandsar-beit. Erfolge wird der VCI dabei nur im Zusammenspiel mit Allianzpartnern wie dem BDI und dem europäischen Che-mieverband Cefic, mit der Unterstüt-zung seiner Mitglieder und mit einem guten Draht nach Berlin und Brüssel erzielen können. Der VCI wird sich im Sinne der Unternehmen noch vehemen-ter für einen regelbasierten Welthandel mit offenen Märkten einsetzen. udj

Mit dem Megaprojekt „Neue Seiden-straße“ will China seinen internatio-nalen Einfluss ausbauen. Dabei entstehen neue Straßen, Häfen und Bahnlinien entlang der Handels-routen nach Europa und Afrika.

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chemie report11.2018 Die VCI-Fachverbände stellen sich vor

Die Industrie-Gemeinschaft Aerosole e.V.

Spraydosen sind unser Thema

Die Industrie-Gemeinschaft Aerosole

e.V. (IGA) vertritt die gemeinsamen

Interessen der Unternehmen, die mit

Aerosolprodukten (Spraydosen) in

Verbindung stehen. Derzeit sind das

67 Unternehmen. Im Jahr 2017 wur-

den in Deutschland 1,294 Milliarden

Aerosoldosen abgefüllt. Das sind

22,7 Prozent der gesamten euro-

päischen Produktion.

In nahezu allen Lebensbereichen wün-schen sich Verbraucher Erzeugnisse, die sparsam, exakt, hygienisch und vor allem fein verteilt werden können. So sind seit den ersten Haarsprays vor über 60 Jahren die Produkte in Aerosolform in der Kosmetik, im Haushalt, bei Lebensmitteln, im medizinischen oder technischen Bereich auf eine unüber- sehbare Vielzahl angewachsen. Die Mitgliedsunternehmen der IGA haben sich zum Ziel gesetzt, den Bedürfnissen der Verbraucher nach sicheren, hoch-wertigen und verantwortungsvoll herge-stellten Aerosolprodukten gerecht zu werden. Hierin unterstützt die IGA ihre Mitgliedsunternehmen insbesondere bei allen Sicherheits- und Umweltfragen sowie bei der Förderung der nachhal-

tigen Entwicklung der Aerosolindustrie – dies nicht zuletzt durch Anwendung hoher Standards in der Herstellungs-praxis. Die IGA erstellt jährlich eine Produktionsstatistik zu Aerosolpro-dukten in Deutschland und informiert ihre Mitgliedsunternehmen über hilf-reiche Standards, gesetzliche Neue-rungen oder entsprechende Leitfäden zu Produktion, Kennzeichnung, Trans-port und Lagerung. Im Rahmen von Schulungen und Veranstaltungen zu Aerosol-relevanten Themen berät sie ihre Mitgliedsunternehmen und betreibt ein proaktives Krisenmanagement. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit för-dert sie das Verständnis vom richtigen

Umgang mit und von der korrekten Anwendung von Spraydosen mithilfe eines Sets für den Schulunterricht.

Die IGA wirkt über ihren euro-päischen Dachverband FEA auf euro-päischer Ebene in diversen Gremien und Arbeitsgruppen aktiv mit. Durch ihre Bürogemeinschaft mit dem Industrie-verband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) profitiert die IGA zudem von einer engen Abstimmung mit der deutschen Interessensvertretung der Vermarkter von Aerosolen in den großen Produkt-kategorien der Schönheitspflege und der Haushaltspflege.

Matthias Ibel ([email protected])

Die Industrie-Gemeinschaft Aerosole e.V. im Überblick:

A Gründungsjahr: 1958 A Mitgliedsunternehmen: 67 A Mitglieder: Abfüller und Vermarkter von Aerosolen, Hersteller von Dosen aus Weißblech, Aluminium und Kunststoff, Hersteller von Ventilen, Lieferanten der in Aerosolen enthaltenen Inhaltsstoffe, Hersteller von Maschinen zur Abfüllung … A Themen und Dienstleistungen: Die IGA ist bei wissenschaftlichen, regulato-rischen und wirtschaftlichen Themen Ansprechpartner für ihre Mitglieder, Ministerien, Behörden, Verbraucher, Institutionen, Verbände und Medien A Mehr Infos unter www.aerosolverband.de

Der BBeegriff Aerosole beschrreibibibbbbbbt et eine „Lösunununng nicht gasförmiger SStofofooooo fe fe in der Luuuffft“. Eine Spraydose prodrodddddduziuz ert solcheee Aerosole auf Knopfdrd uckckccccc .

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chemie report 11.2018Umwelt

REACH-Registrierungsdossiers

Pauschalkritik der Behörden ist unberechtigt

In einem gemeinsamen Projekt im

Auftrag des Bundesumweltministeri-

ums haben das Umweltbundesamt

(UBA) und das Bundesinstitut für

Risikobewertung (BfR) REACH-

Registrierungsdossiers weitgehend

formal überprüft und bewertet. Die

Untersuchung hat eine öffentliche

Diskussion über die Qualität der

REACH-Dossiers ausgelöst. Der VCI

weist die Kritik zurück.

Das Projekt von UBA und BfR läuft seit einigen Jahren und hatte schon 2015 zu öffentlichen Diskussionen geführt (siehe chemie report 10/2015). Seiner-zeit wurden Dossiers aus der ersten REACH-Registrierungsphase (2008 bis 2010) geprüft. Die weitergeführte Unter-suchung, die nicht dem Compliance-Check der zuständigen europäischen Chemikalienagentur ECHA entspricht, wurde in einem aufwendigen und kost-spieligen Verfahren manuell durchge-führt. Jetzt geht es vor allem um 3.800 Dossiers für Stoffe, die mit mindestens 100 Tonnen pro Jahr in der EU produ-ziert oder importiert werden und aus der zweiten REACH-Registrierungsphase (2010–2013) stammen. Dossiers aus der letzten Registrierungsfrist von 2013 bis 2018 wurden nicht untersucht.

UBA und BfR kamen anhand ihrer Kriterien zu dem Ergebnis, dass zahl-reiche Dossiers nicht konform mit den REACH-Anforderungen seien. Die Dos-siers aus der zweiten Phase schnitten dabei besser ab als Registrierungen aus der Anfangszeit von REACH. Die Unter-suchung führte dennoch Ende Okto-ber zu einer Diskussion im Europäischen Parlament, in der einige Politiker der Chemie vorwarfen, die gesetzlichen Ver-pflichtungen nicht zu erfüllen. Dadurch wird die erfolgreiche Umsetzung der europäischen Chemikalienverordnung REACH in der Öffentlichkeit diskreditiert.

DOSSIERQUALITÄT HAT HOHE PRIORITÄTAus Sicht des VCI ist die Kritik an

den Dossiers überzogen. VCI-Hauptge-schäftsführer Utz Tillmann sagte: „Allen Verantwortlichen in den Unternehmen war bewusst: Ohne Registrierung keine

Vermarktung. Deshalb war von Anfang an hohe Sorgfalt für die Erstellung der Dossiers angesagt.“ Er verwies darauf, dass die Chemieunternehmen in ganz Europa seit 2008 über 90.000 Registrie-rungsdossiers für rund 22.000 Chemika-lien bei der ECHA eingereicht haben, und ergänzte: „Rund 4 Milliarden Euro hat die Branche in der EU dafür inves-tiert. Allein in Deutschland waren einige Tausend Experten und Wissenschaftler an den Informationen zur Produktsicher-heit beteiligt.“ Berechtigte Kritik an Inhalt und Form der Dossiers nehme die Branche sehr ernst, so Tillmann. Die Unternehmen hätten seit Inkrafttreten von REACH eng mit der ECHA zusam-mengearbeitet, um die Umsetzung der Verordnung zu verbessern.

BRANCHE SICHERT ENGE KOOPERATION ZUDiese Form der Kooperation kam bei

der UBA-BfR-Studie nicht zustande. Der VCI hatte bei den beiden Behörden mehrfach eine Zusammenarbeit ange-regt, um ein gemeinsames Verständnis für die Erstellung von Dossiers zu erzie-len. Bei den Gesprächen wurde eine Dis-kussion der konkreten Kritikpunkte nicht

ermöglicht. Tillmann: „Wir hoffen, dass es jetzt zu einem konstruktiven Aus-tausch kommt, welche Daten für eine gute Qualität der Dossiers erforderlich sind.“ Wären die Unternehmen in das Evaluierungsprojekt einbezogen worden, hätten Missverständnisse zu den Vorwür-fen aufgeklärt und eine objektivere Bewertung erzielt werden können. cla

In den vergangenen zehn Jahren waren allein in Deutschland einige Tausend Experten und Wissenschaftler an den Informationen zur Produktsicherheit in den REACH-Dossiers beteiligt.

Kontroverses Thema: Tierversuche

Die Kritik von UBA und BfR betrifft vor allem Informationen in den REACH-Dossiers, die aus Tierver-suchen gewonnen werden. Laut REACH dürfen Tierversuche bei der Risikobewertung eines Stoffes nur durchgeführt werden, wenn alter-native Test-Methoden keine aus- reichenden Ergebnisse bringen. An diese Vorgabe haben sich die Chemieunternehmen gehalten. Bei dem Evaluierungsprojekt konnten Dossiers mit alternativen Informati-onen die Bewertung „konform“ oft nicht erhalten. Das verzerrt laut VCI das Gesamtbild der Evaluation.

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chemie report11.2018 Life-Sciences

Neuerungen im Tierarzneimittelrecht

Ankunft am Ziel oder neuer Anfang?

Tierarzneimittel sind ein wichtiges

Handwerkszeug für den Tierarzt,

um die Gesundheit von Tieren zu

erhalten. Eine Novelle der europäi-

schen Tierarzneimittelgesetzgebung

ist nun inhaltlich abgeschlossen,

und das Gesetzeswerk durchläuft

letzte politische Gremien.

Die Zulassung von Tierarzneimitteln ist in Europa sehr streng geregelt: Die europäische Arzneimittelagentur und die nationalen Behörden der Mitglied-staaten prüfen sie in vier unterschied-lichen Verfahren. Die EU-Kommission war angetreten, dies zu entzerren und ein innovationsfreundliches Klima sowie einen einheitlicheren, EU-weiten Binnen-markt mit gleichen Bedingungen zu schaffen.

GEMEINSAME ERWARTUNGENEnde Oktober hat das Europäische

Parlament über das neue Gesetzeswerk beraten, sodass nur noch die Zustim-mung des Rats aussteht. Diese wird noch im November erwartet. Nach einer dreijährigen Übergangsfrist könnten die neuen Verordnungen und sekundäre Rechtsakte dann 2022 in allen Mitglied-staaten Anwendung finden.

Die Erwartungen der Europäischen Kommission an die Novelle des europäi-schen Rechts und Kernforderungen der Industrie waren von Beginn an klar defi-niert: Tierarzneimittel sollten in einem harmonisierten Markt besser verfügbar werden. Neue Anreize sollten die Wett-bewerbsfähigkeit verbessern und Inno-vationen vorantreiben. Auch der Abbau bürokratischer Hürden war ein wichtiges Ziel.

ERGEBNIS DER VERHANDLUNGENIntensiv wurde in einem jahrelangen

Prozess um einzelne Regelungen im Detail zwischen Europäischem Rat, Kom-mission und Parlament gerungen. Aus Sicht der Tiergesundheitsindustrie wurden wichtige Forderungen zum Binnenmarkt und zur Stimulation von Innovationen nur teilweise umgesetzt. So wird es auch weiter bei einem Neben einander verschiedener Zulas-sungsverfahren bleiben. Zwar wird das zentrale Zulassungsverfahren unter Federführung der europäischen Zulassungs behörde EMA künftig für alle Produkte geöffnet, parallel bleiben aber die anderen Zulassungsverfahren und damit umfangreicher administrativer Aufwand bestehen.

Umfassende Regelungen zur Zulas-sung und Anwendung von Antibiotika wurden ebenfalls festgelegt. Hier ist vor-gesehen, dass die Kommission Kriterien für diejenigen antimikrobiell wirksamen Mittel definiert, die für die Behandlung des Menschen reserviert werden sollen.

Eine große Bürde für den Sektor liegt im Aufbau von umfangreichen europaweiten Datenbanken – dies auch vor dem Hintergrund des durch den Brexit anstehenden Umzugs der Euro-päischen Arzneimittelagentur (EMA) von London nach Amsterdam.

Inwieweit neue Regelungen zur Kennzeichnung von Tierarzneimitteln, zur Bearbeitung von Änderungsan-zeigen und zur Überwachung von Produkten auf dem Markt (Pharma - kovi gilanz) die erhofften Erleichterungen bringen, werden erst die Detailrege-lungen und die praktische Umsetzung zeigen. Auch die Konsequenzen der Anpassungen hinsichtlich der Umwelt-sicherheitsprüfung lassen sich derzeit noch nicht abschätzen. Um die positiven Impulse des neuen Rechts auch im Detail zu bewahren, ist also zukünftig ein sorgsames Auge erforderlich.

Sabine Schüller ([email protected])

VonVon dedem nm neueeuen Tn Tierierarzarzneineimitmitteltel--gesgesetzetz pr fiofitieren nicicht ht nurn TiTiereere,,sondern auch Mensch und Umwelt.

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chemie report 11.2018Digitalisierung

Studie „Innovationsindikatoren Chemie 2018“

Chemieindustrie zeigt Potenzial bei Digitalisierung

Die chemisch-pharmazeutische

Industrie zählt zu den Branchen in

Deutschland, die digitale Anwen-

dungen bereits vielfach in der Pro-

duktion einsetzen. Allerdings bleiben

noch erhebliche Möglichkeiten für

weitere digitale Innovationen in den

Unternehmen der Branche offen.

Die Chemieindustrie steht außerdem vor großen Herausforderungen in den Bereichen Aus- und Weiterbildung sowie Datensicherheit. Das geht aus der neuen Studie „Innovationsindikatoren Chemie 2018“ mit dem Schwerpunkt-thema Digitalisierung hervor, die das Zentrum für Europäische Wirtschafts-forschung (ZEW) und das Center für Wirtschaftspolitische Studien (CWS) der Leibniz Universität Hannover im Auftrag des VCI durchgeführt haben.

Digitale Anwendungen sind dem-nach in der deutschen Chemieindus- trie schon beachtlich verbreitet. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen haben zuletzt digitale Anwendungen im Produktions- und Vertriebsprozess ein-gesetzt, etwa in Form einer digitalen Vernetzung innerhalb der Produk-tion, zwischen Produktion und Logistik sowie an den Schnittstellen zu Kunden und Lieferanten. Diesen Weg will die Branche auch weitergehen.

VCI-Geschäftsführer Johann-Peter Nickel sagt: „In den kommenden Jahren planen die meisten Chemieunter-nehmen einen intensiveren Einsatz digi-taler Lösungen für ihre Prozesse. Dabei handelt es sich überwiegend um kleine und mittlere Unternehmen. Am häu-figsten soll die digitale Vernetzung mit Kunden vorangetrieben werden.“

VERBESSERTE PRODUKTIVITÄTMit Blick auf Produktionsprozesse

sowie Forschung und Entwicklung (FuE) in den Unternehmen zeigt die Studie, dass neue digitale Produkte, Dienstleis-tungen und Geschäftsmodelle weitere Innovationsmöglichkeiten bieten. Zwar arbeitet die Branche bereits mit hoch-optimierten Anlagen in der Fertigungs-technik und ist somit durchaus effizient. Digitale Technologien versprechen aber weitere Produktivitätsgewinne, bei-spielsweise durch die Einführung eines digitalen Supply-Chain-Managements oder den Einsatz eines digitalen Anlagenmanagementsystems und modularer Anlagen, um flexibler pro-duzieren zu können. Daneben erlauben digitale Technologien neue FuE-Ansätze, indem sich etwa auf Basis von Big Data oder künstlicher Intelligenz

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chemie report11.2018 Digitalisierung

schnellere Simulationen beim Einsatz neuer Chemikalien oder eine nach -haltigere Herstellung von Chemikalien praktisch umsetzen lassen.

AUSBILDUNG UND DATENSICHERHEITBei allen Potenzialen, die der digi-

tale Wandel für die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie birgt, zeigt die Studie zwei große Baustellen mit Blick auf Herausforderungen und Handlungs-bedarf für die Branche. „Erstens ver-ändert die Digitalisierung nicht nur die Geschäftstätigkeit und FuE-Prozesse in der Chemie, sondern stellt auch neue Anforderungen an die Beschäftigten und damit an das Aus- und Weiter-bildungssystem, zum Beispiel durch digitale Lernangebote“, erklärt Christian Rammer, stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Innovations-ökonomik und Unternehmensdynamik“ sowie Projektleiter der Studie. „Zweitens geht der zunehmend intensivere Einsatz digitaler Techno logien einher mit

höheren Sicherheitsanforderungen für den Datenschutz, insbesondere bei KMU.“

Konkret bedeutet das für die Unter-nehmen, die eigenen Betriebsgeheim-nisse und sensible Kundendaten besser vor Hacker-Angriffen oder Industrie-spionage zu schützen. Weitere Schwie-rigkeiten, mit denen sich die deutsche Chemiebranche bei der Nutzung von Digitalisierungsanwendungen konfron-tiert sieht, sind der Breitbandausbau sowie ein Mangel an IT-Fachkräften und fehlende IT-Kenntnisse der Beschäf-tigten.

Die Studie fasst darüber hinaus die Forschungs- und Innovationsleistung der Chemie (ohne Pharma) in Deutsch-land im internationalen und im Bran-chenvergleich anhand einer Vielzahl von Indikatoren zusammen. cla

GEPLANTE INTENSIVIERUNG DIGITALER ANWENDUNGEN IN DER DEUTSCHEN CHEMIEINDUSTRIE 2017 BIS 2022Anteil an allen Unternehmen in Prozent

Quelle: ZEW: Mannheimer Innovationspanel

0 10 20 30 40 50 60

Vernetzung mit Kunden

Vernetzung mit Lieferanten

Vernetzung von Produktion und Logistik

Vernetzung innerhalb der Produktion

E-Commerce

Digitale Plattformen

Cloud-Anwendungen

Social Media

Big Data

Softwarebasierte Kommunikation

Teleworking

VERBREITUNG DIGITALER ANWENDUNGEN IN DER DEUTSCHEN CHEMIEINDUSTRIE 2016Anteil an allen Unternehmen in Prozent

Quelle: ZEW: Mannheimer Innovationspanel

0 20 40 60 80 100

Vernetzung mit Kunden

Vernetzung von Produktion und Logistik

Vernetzung innerhalb der Produktion

Vernetzung mit Lieferanten

Softwarebasierte Kommunikation

Digitale Plattformen

E-Commerce

Teleworking

Social Media

Big Data

Cloud-Anwendungen

hoch mittele geringn

Studie „Innovationsindikatoren Chemie 2018“

Die Studie gibt es beim ZEW und auf der VCI-Website zum Download: http://bit.ly/Innovation-Chemie-18

INNOVATIONSINDIKATOREN

CHEMIE 2018

Studie im Auftrag des Verbandes der Chemischen Industrie e. V.

Mannheim und Hannover, Oktober 2018

CWS Center für Wirtschaftspolitische Studien

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chemie report 11.2018Chemie 4.0

Teil 9 der chemie-report-Serie „Chemie 4.0 im Detail“

5G als Chance für die Chemie

Der neue Mobilfunkstandard 5G ist derzeit in aller Munde. Es ver-

geht kaum ein Tag, an dem in der Presse nicht über 5G berichtet

wird. Aufhänger ist die Diskussion über die Frequenzen, auf denen

in Deutschland 5G-Mobilfunk möglich werden soll, und deren Ver-

gaberegeln.

Die Mobilfunkindustrie redet von neuen Generationen, wenn der nächste technische, global gültige Standard eingeführt wird. In Deutschland star-tete der „Mobilfunk“ mit dem A-Netz bereits in den 1950er-Jahren. Diese erste Generation (1G) war noch analog und nur für Sprachkommunikation ausgelegt. Aufgrund der hohen Kosten blieb 1G ein elitäres Novum. In den 70er- und 80er-Jahren folgten das B- und C-Netz. Anfang der 90er-Jahre ging GSM/2G in Deutschland an den Start. Hier konnte man das erste Mal von richtigem „Mobilfunk“ sprechen. Die Endgeräte hatten eine Größe, die westentaschenkompatibel war. Mit Verabschiedung des 3G-Standards (UMTS) Anfang der 2000er-Jahre war die Zeit für schnelles mobiles Internet reif. In den 2010er-Jahren folgten 3,9G und 4G. Erst der letztere ermöglichte sehr schnelle Datenübertragungsraten auf oder sogar über dem Niveau von schnellen Festnetzinternetzugängen. Mitte 2018 wurde dann die Standardisierung der 5. Mobilfunkgeneration (5G) abgeschlossen.

VORTEILE VON 5GMit dem Sprung zur 5. Generation soll es künftig um weit mehr als nur

mehr Performance gehen. Die insbesondere für industrielle Anwen-dungen geringen Latenzzeiten sollen unter 1 Millisekunde liegen. Damit wird Echtzeitkommunikation möglich. Neben einer deutlich besseren Energieeffizienz spricht auch eine höhere Zuverlässigkeit für 5G. Darüber hinaus liegen die möglichen Datenraten von bis zu 20 Gbit/s deutlich über dem, was mit den derzeitigen Standards möglich ist. 5G bietet somit erst-mals die Möglichkeit, das „Internet der Dinge“ Realität werden zu lassen.

VORGEHEN IN DEUTSCHLANDIn Deutschland ist die Bundesnetzagentur für die Vergabe von

Frequenzen zuständig. Sie plant, das Frequenzspektrum für die deutsch-landweite 5G-Nutzung im Jahr 2019 zu versteigern und 100 MHz für lokale und regionale Netze zu reservieren.

Für die Chemie- und Pharmaindustrie sind unter anderem die lokalen Netze von großem Interesse. Diese ermöglichen es Unternehmen, eigene, campusbezogene und von der restlichen Mobilfunkinfrastruktur getrennte Netze aufzubauen. Sensible Prozessdaten bleiben so auf dem Campus und die Unternehmen können die Netze so ausbauen, wie es benötigt wird.

Ende November wird die Bundesnetzagentur die Vergaberegeln fest-legen. Neben einer Kommentierung des Vergabeverfahrens hat sich der VCI über mehrere Pressemitteilungen in die öffentliche Diskussion ein-gebracht. Gemeinsam mit den Verbänden VDA, VDMA und ZVEI forderte der VCI, dass die Entscheidungen zur 5G-Versteigerung am Interesse der breiten Industrie ausgerichtet werden müssen. Der industrielle Mittel-stand, der Verkehr und auch die Landwirtschaft, die teils abseits der Ballungszentren liegen, müssten auch an der digitalen Zukunft teilhaben können. Christian Bünger ([email protected])Mit dem Mobilfunkstandard 5G kann das

„Internet der Dinge“ Realität werden.

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Rückblick Im Sommer 2018 lief die 6. Staffel der Influencer-Kampagne „Deine Chemie.“ mit diesen YouTubern. Alle Videos sind aufgelistet und verlinkt unter: www.deine-chemie.de

chemie report11.2018 Kommunikation

Die 7. Staffel der YouTuber-Kampagne

„Deine Chemie.“ mit dem Themenspecial „Aliens“

Die Aliens sind da. Ganz sicher.

Seit dem 18. November. Wer’s nicht

glaubt, schaut sich am besten die

neue Staffel der Influencer-Kampa-

gne „Deine Chemie.“ an. Fünf brand-

neue Videos und fünf verschiedene

Ansätze, wie man mit der brenzligen

Situation umgehen kann, bannen die

Fangemeinde.

Darin liegt wohl das Erfolgsgeheimnis der erfolgreichen YouTuber-Reihe „Deine Chemie.“. Jeder YouTuber prä-sentiert Chemiefakten auf die für ihn typische Art und bewahrt damit seine Glaubwürdigkeit gegenüber den Fol-lowern und Abonnenten. So bewältigen auch die Stars der 7. Staffel mit Ideenreichtum und – natürlich! – Inno-vationen der Chemie die drohende Invasion aus dem All.

Ob sie die Übernahme unseres Planeten rechtzeitig abwenden können? Unter www.deine-chemie.de können Sie das selbst sehen. Die Videos sind

gespickt mit Anspielungen auf Klassiker des Science-Fiction-Genres. Nicht nur Kenner kommen da auf ihre Kosten.

„Deine Chemie.“ ist eine Kampagne der Initiative „Chemie im Dialog“. Die YouTuber-Reihe läuft seit 2015 und hat

sich zu einem Dauerbrenner für die Zielgruppe der 14- bis 19-Jährigen ent-wickelt. Die 33 Videos der ersten 6 Staf-feln wurden bislang über 18 Millionen Mal aufgerufen.

Sabine Frübis ([email protected])

Die YouTuber der 7. Staffel: Joey’s Jungle, Jay & Arya, Bonny Trash, Jodie Calussi, Izzi

Menschliche Wasserbombe: Ray Fox

musste sein Können in etlichen

Wassersportarten beweisen.

Amateur vs. Profi: Felix von der Laden und Rallye-Legende Niki Schelle gaben im Autotest Gummi.

Behind the Scenes: Teenager-Schwarm Mike Singer produzierte im Tonstudio einen Song.

Wer kann mehr am Ball? CrispyRob

und Arsenal-Profi Shkodran Mustafi

lieferten sich Challenges.

Festival-Rückblick: Für „Deine Chemie.“ zeigte Julia Beautx ihre besten Outdoor-Hacks.

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chemie report 11.2018Wirtschafts- und Marktanalysen

Jahresbericht 2018 des Nationalen Normenkontrollrats

Rückstand bei Digitalisierung und Bürokratieabbau

Der Bürokratieabbau geht hierzu-

lande voran, ist aber noch lange

nicht abgeschlossen. Außerdem hat

Deutschland mehr Engagement bei

den Themen Digitalisierung und

bessere Rechtsetzung nötig. Zu

diesen Themen hat der Nationale

Normenkontrollrat Anfang Oktober

seinen Jahresbericht 2018 an die

Bundeskanzlerin übergeben.

Kein anderes Land ist so erfolgreich wie Deutschland, wenn es darum geht, die Kosten für die Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen zu beziffern. Die Entlastung der Bürger und Unter-nehmen von Bürokratie geht laut dem aktuellen Jahresbericht des Normen-kontrollrats (NKR) voran. Dieses Gre-mium unterstützt die Bundesregierung beim Thema Bürokratieabbau. Die gute Nachricht wird dadurch geschmälert, dass die verzögerte Regierungsbildung den Abbau verlangsamt hat und außerdem der Bericht auf teils alt-bekannte Missstände hinweist.

So liegt Deutschland etwa bei der Digitalisierung und der Verwaltungs-modernisierung immer noch weit hinten.Das fehlende Miteinander von Bund, Ländern und Kommunen führt dazu, dass weder das Online-Zugangsgesetz noch Verwaltungsangebote, bei denen die Bürger ihre Daten nur einmal abgeben müssen (Once-only-Prinzip) bisher umgesetzt wurden. Auch der Ver-zicht auf die Schriftformerfordernisse steht noch aus. Dabei zeigt ein Blick zu unseren euro päischen Nachbarn, wie eine moderne, digitale Verwaltung aus-sehen kann. Es ist daher aus Sicht des NKR Zeit, die Diskussionen zu beenden und an die Umsetzung zu gehen. Der Jahresbericht trägt den Aufruf „Einfach machen!“ im Titel.

BESSERE RECHTSETZUNG Der NKR kommt zu dem Ergebnis,

dass die gesetzlichen Folgekosten für Unternehmen seit 2015 um 1,8 Milli-arden Euro gesunken sind. Allerdings werden bei diesem Betrag die Folge-kosten aus der Umsetzung von EU-

Recht nicht berücksichtigt. Bei Entste-hung und Evaluierung nationaler und europäischer Regelungen sollte laut den Experten künftig die Expertise von Unternehmen, Verbänden und Vollzugs-behörden deutlich mehr einbezogen werden.

Fortschritte werden auch beim Dritten Bürokratieentlastungsgesetz vermisst, das die Parteien der Großen Koalition in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt haben. Die Eingaben der Wirtschaftsverbände liegen seit dem Frühjahr vor. Trotzdem hat das Bundes-wirtschaftsministerium bis jetzt kein „Eckpunktepapier“ vorgelegt. Nur die „Ressortübergreifende Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reduzierung von Statistikpflichten“ hat mittlerweile ihre Arbeit aufgenommen. Die Verbände BDI, BDA, ZDH und BDEW haben in einer gemeinsamen Stellungnahme ihre Ideen zu Entlastungen im Bereich der Wirtschaftsstatistik eingebracht. Das Augenmerk liegt dabei auf der Moder-nisierung und Digitalisierung der Pro-zesse. Angelika Becker ([email protected])

KOSTENSENKER UND KOSTENTREIBERGesetze und Verordnungen mit den größten jährlichen Ent- und Belastungen auf Bundesebene 2017/2018 in Millionen Euro

Quelle: NKR-Jahresbericht 2018

Entlastungen Belastungen

–73 E-Rechnungs-verordnung

–347Upstream-Emissions-minderungsverordnung

–549Unterschwellen-vergabeverordnung

49Verordnung zur Änderung der Makler- und Bauträgerverordnung

26Verordnung zur Neuregelung der zahnärztlichen Ausbildung

14Gesetz zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes

Bundeskanzlerin Merkel nahm am 11. Oktober 2018 in Berlin den Jahresbericht des Nationalen Normenkontrollrats entgegen.

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chemie report11.2018 Wirtschafts- und Marktanalysen

VCI-Bericht zur wirtschaftlichen Lage der Branche im 3. Quartal 2018

Chemieindustrie verliert weiter an Fahrt

Die chemisch-pharmazeutische

Industrie ist von Juli bis September

2018 kaum gewachsen. Rechnet

man die boomende Pharmaproduk-

tion heraus, musste Deutschlands

drittgrößte Industriebranche ihre

Produktion sogar drosseln. Das

geht aus dem jüngsten VCI-Quartals-

bericht von Anfang November hervor.

Die Chemiesparten bekamen im dritten Quartal 2018 die schwächer werdende Industriekonjunktur in Deutschland und Europa zu spüren. Einige wichtige Kundenbranchen, wie die Automobil-industrie und die Kunststoffverarbeiter, fuhren ihre Produktion im dritten Quartal deutlich zurück.

Allerdings legten dank steigender Preise die Umsätze in nahezu allen Chemiesparten zu, sodass die Chemie-unternehmen mit ihrer aktuellen Geschäftslage überwiegend noch zufrieden sind. Die Erwartungen für die Zukunft trüben sich aber ein.

VCI-Präsident Hans Van Bylen sagt zur Lage der chemisch-pharmazeuti-

schen Industrie: „In der deutschen und europäischen Wirtschaft werden immer stärkere Bremsspuren sichtbar. Die Nachfrage unserer Kunden nach Che-mieprodukten wird schwächer. Die zunehmenden Risiken, wie die Eskala-tion des Handelsstreits zwischen den USA und China sowie der Brexit, sorgen für steigende Verunsicherung.“

Prognose: Der VCI rechnet für 2018 weiterhin mit einem Zuwachs der deut-schen Chemieproduktion um 3,5 Pro-zent. Die Chemikalienpreise steigen voraussichtlich um 1,5 Prozent, sodass der Branchenumsatz um 4,5 Prozent auf 204 Milliarden Euro zulegt.

Produktion: Die Chemieproduktion ist im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent gestiegen. Im Vorjahresvergleich betrug das Wachstum 2,4 Prozent. Die Kapazitäts-auslastung der Chemieanlagen war von Juli bis September weiter gut und lag bei knapp 85 Prozent.

Erzeugerpreise: Aufgrund stei-gender Rohstoffkosten zogen die

Erzeugerpreise im dritten Quartal 2018 um 1,1 Prozent gegenüber dem Vor-quartal an. Im Vergleich zum Vorjahr betrug das Plus sogar 2,6 Prozent.

Umsatz: Die Preisentwicklung bei Chemieprodukten sorgte dafür, dass auch der Branchenumsatz im dritten Quartal 2018 zulegen konnte. Im Ver-gleich zum Vorquartal stiegen die Erlöse der Unternehmen um 1,7 Prozent und gegenüber dem Vorjahr um 3,4 Prozent. Das Auslandsgeschäft wuchs stärker als die Verkäufe im Inland.

Beschäftigung: Die Zahl der Arbeitsplätze in der Chemie ist im dritten Quartal 2018 gestiegen. Die Branche beschäftigt derzeit 459.700 Mit-arbeiter. Im Vergleich zum Vorjahr legte die Beschäftigung damit von Juli bis September um 1,5 Prozent zu. cla

INDIKATOREN ZUR DEUTSCHEN CHEMIEINDUSTRIE3. Quartal 2018

Veränderung in Prozent zum Vorquartal zum Vorjahr

Produktion + 0,3 + 2,4

ohne Pharma – 0,6 – 1,2

Erzeugerpreise + 1,1 + 2,6

Umsatz + 1,7 + 3,4

Umsatz Inland + 0,7 + 2,1

Umsatz Ausland + 2,4 + 4,2

Kapazitätsauslastung Quartal Quartal (in Prozent) 2/2018 2/2018

Chemie (inkl. Pharma) 84,5 85,0

Service: Den VCI-Quartalsbericht 3/2018 finden Sie auf www.vci.de im Bereich „Die Branche“, Rubrik „Wirtschaftliche Lage“, zum Download. Direktlink: http://bit.ly/VCIQB32018Quellen: Destatis, VCI, ifo-Institut

ENTWICKLUNG DER DEUTSCHEN CHEMIEPRODUKTIONinklusive Pharma, Index 2015 = 100, Angaben in Prozent

Pharmageschäft sorgt für Wachstum: Die Branchenproduktion stieg im dritten Quartal im Vergleich zum Vormonat um 0,3 Prozent. Ohne die boomende Pharmasparte musste die Chemie die Produktion aber drosseln.

2014 2015 2016 2017 2018

110

105

100

95

10

5

0

–5

Produktion, saisonbereinigt Veränderung gegenüber Vorjahrung gegenüber Vorjah

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Mittelstandsinformationen chemie report 11.2018

Übernahmen aus dem Ausland nehmen zu

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland sind für Investoren aus dem In- und Ausland zunehmend gefragte Ziele bei Fusionen und Übernahmen. Das geht aus einer aktuellen KfW- Studie über die Entwicklung und die Struktur der M&A-Transaktionen im deutschen Mittelstand hervor. Im Durchschnitt gab es demnach zwischen 2005 und 2017 jährlich etwas mehr als 1.100 solche Transaktionen, die auf einen deutschen Mittelständler zielten. Über den gesamten Untersuchungszeitraum betrachtet dominierten dabei die inländischen Investoren mit einem Anteil von 58 Prozent. Allerdings legten die Aktivitäten ausländischer Investoren seit 2013 deutlich zu. 2017 machten sie mit 49 Prozent etwa die Hälfte aller M&A-Deals aus.

In der Gruppe ausländischer Käufer dominierten laut der Studie zwischen 2005 und 2017 Unternehmen aus Europa mit einem Anteil von rund einem Viertel. Besonders aktiv waren dabei Investoren aus Großbritannien (5 Prozent), gefolgt von den deutschen Nachbarländern Schweiz (3,9 Prozent), Nieder-lande (3,0 Prozent), Frankreich (2,7 Prozent) und Österreich (2,3 Prozent). An der Spitze der ausländischen Herkunftsländer standen mit rund 8,3 Prozent die USA. Transaktionen mit chine-sischen Käufern haben über den gesamten Zeitraum einen Anteil von 2,2 Prozent, treten aber seit 2010 häufiger auf. Im Jahr 2016 lag der Anteil chinesischer Investoren bei 5,9 Prozent. c

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VERARBEITENDES GEWERBE BESONDERS BELIEBTFusionen und Übernahmen im Mittelstand nach Branchen, Anteile in Prozent (Mittelwerte 2005 bis 2017)

Quelle: KfW

verarbeitendes Gewerbe

Informations- und Kommunikationstechnik

Energie, Wasser, Abfall

Bau

Finanz- und Versicherungs-dienstleistungen

freiberufliche, wissenschaft-liche und technische Dienst-leistungen

Handel

sonstige Dienstleistungen

sonstige Branchen

34

1911

11

9

7

44 2

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KURZNACHRICHTEN

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Mittelstandsinformationenchemie report11.2018

Artikelserie Teil 29:

Richtig

anmelden

Wenn Unternehmen Aufgaben

„nach draußen“ vergeben und

Dritte damit beauftragen, soll-

ten sie sicherstellen, dass es

sich nicht um Scheinselbst-

ständige handelt. Ein neues

Urteil des Bundesgerichtshofs

(BGH) ändert nichts an dem

Risiko, das mit dem Thema

verbunden ist.

Scheinselbstständigkeit ist in Deutschland unklar geregelt, weil eindeutige Kriterien fehlen. Trotzdem sollten sowohl Auftrag-nehmer als auch Auftraggeber

stets genau prüfen, ob das Risiko einer Scheinselbstständig-keit besteht. Denn Selbstständige sind grundsätzlich nicht verpflichtet, Beiträge an die Sozialversicherung zu leisten. Da dies zu Einnahmeausfällen bei den Sozialkassen führt, tole-riert der Staat keine Fehltritte. Wird Scheinselbstständigkeit aufgedeckt, sind die finanziellen Konsequenzen gravierend.

RECHTLICH EINHEITLICHE BEWERTUNG Im schlimmsten Fall müssen Arbeitgeber die Sozialver-

sicherungsbeiträge für die vergangenen 30 Jahre nachzahlen. Zudem droht die Strafbarkeit wegen Vorenthalten und Ver-untreuen von Arbeitsentgelt. Anfang des Jahres hat der BGH über die Strafbarkeit eines Auftraggebers entschieden, der sich über seine Arbeitgebereigenschaft geirrt hatte (Az.: 1 StR 331/17 vom 24.1.2018). Dabei haben die Richter einheitliche Bewertungsmaßstäbe für Fälle von Scheinselbst-ständigkeit festgelegt. Konnte es bislang sein, dass Gerichte einen Irrtum entweder nach Strafrecht oder Steuerrecht beurteilen, müssen sie zukünftig einheitliche steuerrechtliche Maßstäbe anwenden.

Grundsätzlich gilt: Eine Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn eine Person zwar nach außen als selbstständiger Unter-nehmer auftritt, ihre Aufgaben aber wie ein abhängig be-schäftigter Arbeitnehmer erfüllt. Anhaltspunkte hierfür sind unter anderem die unmittelbare Weisungsbefugnis des Auf-traggebers oder feste Arbeitszeiten. Da es sich mitunter um komplexe Bewertungsprozesse handelt, empfiehlt sich bei Unsicherheiten das Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Äußert das Finanzamt oder die Rentenversicherung einen Verdacht auf Scheinselbstständigkeit, kann das eine Betriebs-prüfung nach sich ziehen. Wird dabei Scheinselbstständigkeit festgestellt, haften Arbeitgeber und Arbeitnehmer für Nach-zahlungen als Gesamtschuldner. Sämtliche Lohnsteuer- und SV-Beiträge müssen nachgezahlt werden.

Chin Chin King ([email protected])

RiisiikkoScSchheinnseseselblbbststst-ststänä dididi kgkgk ieieitt

CoCompliananceceimimi Mittelstatand

13. Anpassung der CLP-VerordnungDie 13. Anpassung der CLP-Verordnung an den

technischen und wissenschaftlichen Fortschritt (ATP) ist am 5. Oktober 2018 im Amtsblatt der Europäischen Union L 251 veröffentlicht worden. Durch die Verordnung (EU) 2018/1480 wird der Anhang VI, Teil 3, Tabelle 3.1 der CLP-Verordnung geändert. Stoffe und Gemische müssen spätestens bis zum 1. Mai 2020 in der durch die vorliegende Verordnung geänderten Fassung eingestuft, gekennzeichnet und verpackt werden. Außerdem enthält die Anpassung eine Berichtigung der Verordnung (EU) 2017/776 (10. ATP). C

ECHA erläutert Pflichten zur Aktualisierung von REACH-Dossiers

Die europäische Chemikalienagentur ECHA hat in einer Mitteilung über den siebten und letzten Schritt bei der Registrierung von Stoffen informiert: die Pflege der Registrierungsdaten. Unter dem Titel „Halten Sie Ihre Registrierung auf dem neuesten Stand“ fordert die Behörde alle Registranten auf, ihre Dossiers regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren, sobald neue Informationen vorliegen.

„REACH und Brexit“ – neue Service-Website des VCI ist online

Der Termin für das Ausscheiden Großbritan-niens aus der EU (Brexit) Ende März 2019 rückt näher, ohne dass sich ein konkretes Verhand-lungsergebnis absehen lässt. Mit Übergangsrege-lungen kann nach wie vor nicht sicher gerechnet werden. Aus diesem Grund hat der VCI eine neue Themenseite auf der VCI-Serviceplattform „REACH und CLP“ für seine Mitglieder eingerichtet. Die neue Website zum Thema „REACH und Brexit“ bietet Unternehmen, die in Sachen Chemikalien-verordnung vom Brexit betroffen sind, einen Über-blick über die bevorstehenden Probleme und gibt Hinweise zur richtigen Vorbereitung.

Service: Mehr Details zum Thema gibt es für Mit-glieder nach Log-in auf der VCI-Serviceplattform „REACH und CLP“: http://bit.ly/13-ATP-CLP

Service: Die neue Website „REACH und Brexit“ ist der Teil der VCI-Serviceplattform „REACH und CLP“ (Log-in mit Mitgliederzugang erforderlich): www.vci.de/reach/services/reach-und-brexit

Service: Mehr Details zum Thema gibt es nach Log-in auf der VCI-Serviceplattform „REACH und CLP“: http://bit.ly/REACH-Dossiers-aktualisieren

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chemie report 11.2018Fonds der Chemischen Industrie / Logistik

chemie-report-Reihe: VCI-Leitfäden für Transportsicherheit

Alternative Klassifizierung für ätzende Stoffe

Mit seiner Reihe über VCI-Leitfäden

rund um das Thema Gefahrguttrans-

porte unterstützt der VCI seine Mit-

glieder bei der sicheren Beförderung

von Chemikalien. In Teil 6 geht es

um die Einstufung ätzender Stoffe,

Lösungen und Gemische.

Der neue VCI-Leitfaden zur „Einstufung ätzender Stoffe, Lösungen und Gemi-sche gemäß den Gefahrgutvorschriften ab 2019“ unterstützt die Unternehmen bei der Anwendung der neu in das Gefahrgutrecht aufgenommenen alter-nativen Klassifizierungsmethoden für die Einstufung von Gemischen in die Klasse 8 (Ätzwirkung auf die Haut). Basis hierfür sind die Beschlüsse zu den UN-Modell-vorschriften vom Dezember 2016. Diese alternativen Klassifizierungsmethoden werden jetzt in die transportträgerspezi-fischen Vorschriften 2019/2020 über-nommen und können künftig in der betrieblichen Praxis angewandt werden.

Mit der Änderung der Gefahrgut-regelwerke zur Einstufung von haut-ätzenden Stoffen ist es in Zukunft möglich, zusätzliche alternative Klassi-fizierungsverfahren für das Transport-

recht zu nutzen. Diese Methoden sind aus dem Globally Harmonized System of Classi fication, Labelling and Packaging of Chemicals (GHS) abgeleitet, ent-sprechen aber im Detail nicht der GHS-Klassifizierung. Als Begründung hierfür ist folgendes Argument ausschlag-gebend: Für die Einstufung in Sub-kategorien gemäß GHS werden häufig „worst-case“-Betrachtungen verwendet. Diese sind darin begründet, dass es bei den unterschiedlichen Subkategorien im GHS keinerlei Differenzierung hin-sichtlich der anzuwendenden Schutz-maßnahmen gibt.

Im Transportrecht muss jedoch auf-grund unterschiedlicher Transportbe-

dingungen für die jeweiligen Verpa-ckungsgruppen nicht nur die allgemeine Gefahr laut GHS dargestellt, sondern auch das Transportrisiko bestimmt werden – und zwar mithilfe der Verpa-ckungsgruppen. Um diese Möglichkeit nutzen zu können, können wie bisher die Transporteinstufungen von den GHS-Einstufungen (zum Beispiel CLP, Anhang 6) abweichen. Speziell für die Einstufungen von Mischungen bestehen aber nun Möglichkeiten, dass die Test-ergebnisse ähnlicher Mischungen und die Erkenntnisse zu den einzelnen Kom-ponenten ohne weitere Tests genutzt werden können.

Der neue Leitfaden beschreibt die nun zugelassenen Methoden und die genauen Kriterien für die Zuordnung der Verpackungsgruppen, zudem wird dies in praxisrelevanten Beispielen veran-schaulicht. Dipl.-Ing. Jörg Roth ([email protected])

Fonds der Chemischen Industrie unterstützt sechs Hochschulen

Anschub für digitale Methoden im Chemiestudium

Über eine beträchtliche finanzielle Unter-stützung können sich die Fachbereiche Chemie/Chemieingenieurwesen der Universitäten TU Freiberg, TU München, Ulm und Siegen sowie der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und der Fach-hochschule Reutlingen freuen: Mit insge-samt exakt 104.014 Euro fördert der Fonds der Chemischen Industrie (FCI), das För-derwerk der Branche, sieben Lehrprojekte zur Einführung digitaler Methoden im Chemiestudium. Diese Gelder dienen dem Beschaffen moderner Software. Damit sollen die Studierenden beispielsweise lernen, Eigenschaften von chemischen Systemen und Prozessen zu modellieren und zu simulieren. Auch die Automatisie-

rung von Laborprozessen in der Chemie und dem Chemieingenieurwesen soll Studenten nähergebracht werden.

FCI-Geschäftsführer Gerd Romanowski sagte: „Die Digitalisierung der Branche wirkt sich auch auf die Erwartungen der Unternehmen an die Absolventen aus: Sie müssen verstärkt Kompetenzen und Quali-fikationen für die Arbeitswelt 4.0 mitbrin-

gen. Mit unserer Sondermaßnahme leisten wir einen konkreten Beitrag, damit Studie-rende vertiefte theoretische und praktische Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich moderner digitaler Methoden erlangen. So sind die jungen Menschen besser auf die sich ändernden beruflichen Anforderungen in der Industrie vorbereitet.“

Die Lehreinrichtungen stellen zusätzlich zu den Fonds-Mitteln auch eigene Gelder in Höhe von 20 Prozent der Fördersumme bereit. Diese Eigeninvestition ist Bedin-gung für die Fonds-Unterstützung. So werden weitere staatliche Gelder für die notwendige Einführung digitaler Methoden im Chemiestudium mobilisiert.

Dr. Denise Schütz ([email protected]), mvz

Service:Den neuen Leitfaden finden Sie zum Download auf der VCI-Website: http://bit.ly/VCI-LL-ätzende-Stoffe

Mithilfe von Verpackungsgruppen wird im Transportrecht festgelegt, wie hoch das Beförderungsrisiko ist.

Auch im Chemiestudium gewinnt die Digitalisierung immer stärker an Bedeutung.

Page 17: Gewaltige Anstrengungen für Treibhausgasneutralität nötig · Klimaschutz chemie report 11.2018 erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen,

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chemie report11.2018 Handelspolitik / Recht

Sollte es zu einem No-deal-Brexit kommen, hat das auch massive steuerliche Auswirkungen. Mit dem geplanten Begleitgesetz will die Bundesregierung Härtefälle abmildern.

Bundesregierung legt Entwurf für Begleitgesetz vor

Ziel: Harten Brexit abfedern

Mit dem geplanten Brexit-Begleitgesetz will die Bundesregierung

die steuerlichen Folgen des britischen EU-Austritts Ende März 2019

regeln. Der Entwurf enthält Änderungen im Steuerrecht und soll

noch im Dezember vom Kabinett verabschiedet werden.

Anfang Oktober 2018 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) den Referentenentwurf eines Brexit-Steuerbegleitgesetzes vorgelegt. Ziel ist, besondere Härtefälle bei den deutschen Unternehmen im Falle eines harten Brexits abzufedern. Die Gesetzesbegründung führt hierzu klar aus, dass auf nicht gewollte Steuereinnahmen verzichtet werden sollte. Diese Selbstverständlichkeit wird jedoch in dem ersten Entwurf des BMF nicht durchgehend beherzigt. Vielmehr fehlen noch wesentliche steuerliche Begleitregelungen für den Fall eines ungeregelten Austritts des Verei-nigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands (VK) aus der EU. Eine Frage zieht sich wie ein roter Faden durch das Steuerrecht und betrifft die Fälle, in denen das VK durch den Brexit plötzlich steuerrechtlich wie ein Drittstaat zu behandeln wäre und rückwirkend die steuerlichen EU-Privile-gien entfallen.

Angesichts weltweit sinkender Steuersätze für Unternehmen, zuletzt auch in den USA, unterliegen viele ausländische Beteiligungen zumin-dest formal einer Hinzurechnungsbesteuerung. Innerhalb der EU wird den Unternehmen aber ein Ausweg ermöglicht, wenn das deutsche Stamm-haus nachweisen kann, dass die ausländische Personengesellschaft oder die Betriebsstätte im VK wirtschaftlich tätig wird, zum Beispiel durch Pro-duktion vor Ort oder Mitarbeiter im Ausland. Durch den Brexit gäbe es diese Möglichkeit nicht mehr, sodass ungeplante Belastungen entstünden.

FORTGELTUNG DER FUSIONSRICHTLINIE UND EU-SCHIEDSVERFAHREN?Die Fusionsrichtlinie ermöglicht den Unternehmen, innerhalb der EU

Unternehmen steuerneutral umzustrukturieren. Stille Reserven werden in den Unternehmen dabei steuerlich nicht erfasst. Durch einen harten Brexit wäre eine rückwirkende Besteuerung bei bereits erfolgten Umstrukturie-rungen möglich. So wäre beispielsweise eine rückwirkende Besteuerung eines Einbringungsgewinns noch möglich, wenn bei tatsächlichem Austritt von VK die Sperrfrist noch nicht abgelaufen ist.

Neben den Einzelfragen des Ertragsteuerrechts steht im Falle eines harten Brexits zu befürchten, dass Doppelbesteuerungsfälle künftig nicht mehr über die EU-Schiedskonvention gelöst werden, sondern lediglich über das allgemeine Institut des internationalen Verständigungsverfah-rens. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass das EU-Schiedsver-fahren einen Einigungszwang enthält und damit Doppelbesteuerungsfälle gelöst werden können, ohne dass es bei einer Mehrfachbelastung des Steuerpflichtigen bleibt.

ÄNDERUNGEN NOTWENDIGDer VCI-Steuerausschuss hat die Regelungen, die im Falle eines harten

Brexits zu Fehlwirkungen führen, umfassend analysiert und eine ent-sprechende Priorisierung des steuerpolitischen Handlungsbedarfs vorge-nommen. Über das Ob des steuerpolitischen Handlungsbedarfs besteht kein Streit. Fraglich ist vielmehr, welche Regelungen noch im laufenden Verfahren des Referentenentwurfs Aufnahme finden werden und inwieweit der Gesetzgeber bereit ist, die steuerlichen Baustellen schnell zu schließen. Der VCI wird sich in der laufenden Gesetzgebung weiterhin für notwendige Änderungen starkmachen. Berthold Welling ([email protected])

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chemie report 11.2018Recht

Podiumsdiskussion von VCI und Berufsverband der Compliance Manager

Unternehmenssanktionsrecht modernisieren

Der Berufsverband der Compliance

Manager und der VCI setzen sich

dafür ein, das Unternehmens-

sanktionsrecht in Deutschland

weiterzuentwickeln. Beide Organisa-

tionen plädieren für eine Stärkung

der Compliance in den Firmen. Das

machte eine gemeinsame Podiums-

diskussion in Berlin deutlich.

Die Regierungsfraktionen haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, neue und schärfere Regelungen für ein Unter-nehmenssanktionsrecht einzuführen. Der Hintergrund: einige prominente Fälle, in denen Unternehmen wegen verschiedener Verstöße in der Kritik standen. Politiker warfen den Unter-nehmen „organisierte Unverantwortlich-keit“ vor, mit der sich manche Firmen dem Zugriff der Strafverfolgungsbe-hörden entziehen würden.

Angesichts dieser Entwicklungen plädieren der Berufsverband der Compliance Manager (BCM) und der VCI für eine Modernisierung des Unter-nehmenssanktionsrechts. Mit ihren gemeinsam entwickelten Vorschlägen wollen sie die politische Debatte begleiten. Eine Podiumsdiskussion Mitte Oktober in Berlin machte jetzt den Anfang: Rund 60 Politiker, Wirtschafts-vertreter sowie Rechtsanwälte verfolgten die Argumente der Bundestagsabge-ordneten Jan-Marco Luczak (CDU/CSU); Johannes Fechner (SPD); Manuela Rott-mann (Bündnis 90/Die Grünen) sowie von Michael Kubiciel, Universität Augs-burg; Mirko Haase, BCM-Präsident; Gabriel Harnier, General Counsel, Bayer AG und Mitglied des VCI-Rechtsaus-schusses, sowie von Oberstaatsanwalt Markus Weimann, Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main.

Zunächst ging es um die Defizite bei der Verfolgung nach geltendem Recht. Aus Sicht einiger Teilnehmer wirken Geldbußen zu wenig abschre- ckend. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Fechner betonte, dass es für die Unternehmen spürbare Sank-tionen geben müsse. Hierzu gab Harnier zu bedenken: „Die im Koalitionsver-trag vorgeschlagenen 10 Prozent des Umsatzes sind zu hoch bemessen. Schließlich ist der Umsatz vom Gewinn zu unterscheiden. Letzterer liegt oftmals unter 10 Prozent des Umsatzes.“

Auch die fehlende Einheitlichkeit des Vollzugs kritisierten die Diskussi-onsteilnehmer. Bisher steht die Verfol-gung im Ermessen der Behörden und wird in der Praxis in den Bundeslän-dern unterschiedlich umgesetzt. Diese Unterschiede sollten dadurch verrin-gert werden, dass eine Verfolgung von

Berthold Welling (VCI) begrüßte die Gäste. An der Diskussion nahmen teil (v.l.n.r.): Mirko Haase, BCM-Präsident; Michael Kubiciel, Universität Augsburg; Oberstaatsanwalt Markus Weimann, Staatsanwaltschaft Frankfurt a. M.; Gabriel Harnier, General Counsel, Bayer AG und Mitglied des VCI-Rechtsausschusses; Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen); Johannes Fechner (SPD); Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) und Tobias Brouwer (VCI), der die Diskussion leitete.

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chemie report11.2018 Recht

Unternehmensverstößen künftig für die Staatsanwaltschaften obligatorisch sein soll (Legalitätsprinzip). Dies könne durchaus als Verschärfung betrachtet werden, der verschiedene Möglichkeiten der Verfahrenseinstellung gegen-übergestellt werden könnten.

COMPLIANCE BERÜCKSICHTIGENEin Fokus der Debatte lag auf der Frage, wie die Compliance-Bemü-

hungen von Unternehmen im Rahmen des neu zu schaffenden Unterneh-menssanktionsrechts gewürdigt werden sollen. Hierbei stellt sich die Frage, ob Firmen mit einem grundsätzlich funktionierenden Compliance-System überhaupt bestraft werden sollen, wenn Einzeltäter im Unternehmen dieses System überwinden und aus dem Unternehmen heraus einen Verstoß begehen. Hier waren sich die Teilnehmer weitgehend einig, dass bei einem tatsächlich funktionierenden Compliance-System mindestens eine Strafmil-derung erfolgen müsse. Keine Vorteile sollen dagegen rein formale Compli-ance-Leitlinien dem Unternehmen bringen, wenn diese in der Betriebspraxis systematisch ignoriert werden. Es dürfte auch schwierig werden, zu definie-ren, wie ein ausreichend wirksames Compliance-System gestaltet sein muss. Frau Rottmann von Bündnis 90/Die Grünen forderte eine Beweislastumkehr, wonach bei schwerwiegenden Verstößen aus dem Unternehmen heraus ein Organisationsverschulden des Unternehmens widerlegbar vermutet wird. Der Frankfurter Oberstaatsanwalt Weimann war hingegen der Auffassung, dass die Staatsanwaltschaft zum Organisationsverschulden ermitteln sollte.

UNTERNEHMEN BRAUCHEN AUCH VERTEIDIGUNGSRECHTEDarüber hinaus erörterten die Teilnehmer, welche Verteidigungsrechte

den Unternehmen in Zukunft zustehen sollten, wenn sie Beschuldigte in einem Sanktionsverfahren sind. Schließlich sei grundsätzlich niemand ver-pflichtet, sich selbst zu belasten. Das müsse auch für Unternehmen gelten. BCM-Präsident Haase warb in diesem Kontext dafür, bei einer gesetzlichen Regelung die Rolle des Compliance-Verantwortlichen insofern zu bedenken, als die übertragene Verantwortung auch mit entsprechendem organisa-torischem Einfluss korrespondieren müsse und daher etwa Regelungen zur Berichtslinie hilfreich wären.

Im Verlauf der Diskussion ging es auch darum, inwieweit Ergebnisse aus firmeninternen Untersuchungen von der Staatsanwaltschaft künftig beschlagnahmt werden dürfen sollten. Jüngste Entscheidungen des Bundes- verfassungsgerichts, die nach geltendem Recht weitreichende Beschlag-nahmebefugnisse der Verfolgungsbehörden angenommen hatten, würden in ihren Auswirkungen noch potenziert, wenn diese Unterlagen auch unter einem neuen Unternehmenssanktionsrecht sichergestellt werden dürften. Hier sei ein Ausgleich zu finden, der Unternehmen nicht von der Durch- führung von internen Untersuchungen abhält, gleichzeitig aber die Arbeits-fähigkeit der Staatsanwaltschaft nicht untergräbt.

Auch einer sanktionsbefreienden Selbstanzeige konnten die Diskussi-onsteilnehmer etwas abgewinnen. Schließlich motiviere diese die Unter-nehmen zusätzlich, reinen Tisch zu machen.

Und welches Fazit kann man aus der Veranstaltung ziehen? Es ist ganz klar: Im Unternehmenssanktionsrecht besteht Modernisierungsbedarf. In den kommenden Monaten muss geklärt werden, welche Relevanz das Vor-liegen oder Fehlen eines Organisationsmangels im Unternehmen künftig haben sollte. Dominik Jaensch ([email protected]), mvz

Johannes Fechner (SPD)Für Unternehmen muss es spürbare Sanktionen geben.

Jan-Marco Luczak (CDU)Wenn Unternehmen Beschuldigte sein können, müssen damit auch prozes-suale Rechte einher-gehen.

Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen)Bei schwer-wiegenden Unter-nehmensverstößen sollte ein Organis a-tionsverschulden widerlegbar ver-mutet werden.

Gabriel Harnier (Bayer AG)Ein Sanktionsrecht würde zwangsläufig zu erhöhtem Auf-wand führen, auch bei Unternehmen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen.

Michael Kubiciel (Universität Augsburg)Grundsätzlich ist niemand ver-pflichtet, sich selbst zu belasten.

Positionen der Diskussionsteilnehmer

Service:Weitere Informationen finden Sie in der VCI/BCM-Position zum Thema: http://bit.ly/Modernes_Unternehmenssanktionsrecht

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Getragen von: Wirtschaftsverband VCI, Gewerkschaft IG BCE und Arbeitgeberverband BAVC

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Politische Top-Themen im VCI* A Energiewende: Kostenbremse und alternative Finanzierung

A Innovation: Anreizstruktur für Innovationen in Chemie und Pharma

A Steuern: Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung

A Agrar: Innovationen für eine moderne Landwirtschaft

A Industriepolitik: Chancen von Chemie 4.0 für einen starken

Standort nutzen

A EU-Handelspolitik: Für offene Märkte und fairen Wettbewerb

* Die Liste enthält die Themen, die das Präsidium des VCI aus den von den Ausschüssen

priorisierten Themen als Top-Themen identifiziert hat. Sie stehen 2018 im Vordergrund

der politischen und kommunikativen Arbeit des Verbandes der Chemischen Industrie.

Die Dokumente zu diesen und weiteren Branchenthemen finden Sie auf

VCI-Online unter diesem Link zum Download: https://www.vci.de/top-themen

TERMINE DES VCI

DATUM EREIGNIS ORT

21.11.2018 Mittelstandstag 2018 Frankfurt

21.–22.11.2018 Diskussionsforum „Gute Gesetzgebung“ Berlin

23.11.2018 Mitgliederversammlung der Fachvereinigung Chemieparks Gendorf

04.12.2018 Jahrespressekonferenz 2018 Frankfurt

12.03.2019 Veröffentlichung des VCI-Quartalsberichts 4/2018 Frankfurt

03.04.2019 Parlamentarischer Abend 2019 Berlin

15.05.2019 Veröffentlichung des VCI-Quartalsberichts 1/2019 Frankfurt

03.07.2019 Halbjahrespressekonferenz 2019 Frankfurt

04.09.2019 Veröffentlichung des VCI-Quartalsberichts 2/2019 Frankfurt

26.09.2019 VCI-Mitgliederversammlung Berlin

03.12.2019 Jahrespressekonferenz 2019 Frankfurt

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