Upload
peter-reich
View
213
Download
1
Embed Size (px)
DESCRIPTION
1.Kapitel Ginger Baker a natural drummer
Citation preview
2 3
Kindheit, Familie und Krieg Peter Brkusic
Peter Edward Baker kam am 18. August 1938 in Lewishham im Süden Londons als Sohn von Frederick und Ruby Baker zur Welt. Sein Vater Frederick Louvaine Formidable Baker wurde am 1. Januar 1915 in London geboren. An jenem Tag war der britische Kreuzer Formidable von einem Deutschen UBoot versenkt worden. Das bildete die Topmeldung in den englischen Zeitungen. Der zweite Vornahme Louvaine sollte an die Kriegsgräuel der Deutschen in der belgischen Stadt Löwen im August 1914 erinnern. Die Namensgebung zeigt, dass der Vater ein typisches Kind seiner Zeit war. Sein Vater Frederick Albert Baker war wie Millionen andere auch voller Begeisterung in den Ersten Weltkrieg gezogen, wurde viermal verwundet und schied im Juli 1916 aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes aus der Armee aus. Nach der Rückkehr zu seiner Familie hatten nicht nur die äußeren Verwundungen ihre Spuren an den ersten Weltkriegsveteran hinterlassen. Die Erlebnisse in den Schützengräben an der Westfront hatten ihn sehr stark verändert. Seine Frau Sarah und die Kinder litten unter seinen Wutausbrüchen und der häuslichen Gewalt. Mit 15 meldete sich sein Sohn Frederick freiwillig zur britischen Armee, um dem cholerischen Vater zu entkommen. Er blieb drei Jahre.
Frederick durchlebte eine sehr ungemütliche Zeit. Er konnte sich mit der Disziplin in der Armee einfach nicht anfreunden und saß oft wegen Streit mit verschiedenen Vorgesetzten im Militärgefängnis. Ginger sollte nicht nur seine roten Haare, sondern auch sein aufbrausendes Temperament erben.Nachdem er die Armee verlassen hatte, begann Frederick bei seinem Vater, der inzwischen bei den Londoner Docks eine kleine Baufirma hatte, als Maurer zu arbeiten. Kurz danach wurde er von seinem besten Freund George Brimicombe ins Haus seiner Freundin Rose eingeladen. Dort lernte er deren Schwester Ruby kennen. Sie sollte Gingers Mutter werden. Ruby May Bayldon, geboren am 10. August 1917 als jüngstes der fünf Kinder von Jessie und Harold Bayldon, wuchs in sehr ärmlichen Verhältnissen auf. Ihre Mutter zog die Kinder auf und ihr Vater Harold, ein Hilfsarbeiter auf dem Bau, konnte die Familie mehr schlecht als recht ernähren. Mit 14 brach Ruby die Schule ab. Sie musste als Küchengehilfin arbeiten, um Geld zu verdienen. Im September 1937 heirateten Frederick und Ruby. Sie war bereits im dritten Monat mit Gingers Schwester Pat schwanger. Ginger war einen Monat alt, als Hitler Polen überfiel. Frankreich und England erklärten
NaziDeutschland den Krieg. Nachdem die Nazis Frankreich besiegt hatten, begann die Luftschlacht gegen England. Um es in die Knie zu zwingen, bombardierten die Deutschen unablässig alle großen Städte. Weil die Londoner Docks besonders stark von den Nazis angegriffen wurden, zogen die Bakers gemeinsam mit ihrer Tante Rose in den Londoner Außenbezirk New Eltham. Ginger hatte laut eigener Angaben als Kind sogar Spaß am Krieg. Die Detonationen, Sirenen, Explosionen, Feuerbälle am Horizont und das Laufen in den Luftschutzbunker faszinierten den Jungen. Die Ereignisse aber forderten auch ihren Tribut. Gingers geliebtes Haustier, ein Hase, starb bei einem nächtlichen Bombardement und endete als Weihnachtsbraten. Als der Krieg ausgebrochen war, wurde Gingers Vater nicht zum Militärdienst eingezogen, weil er als Bauarbeiter in London gebraucht wurde. Doch sein Freund George, der mittlerweile Gingers Tante Rose geheiratet hatte, wurde zur Marine eingezogen. Als Rose 1941 schwanger war, diente George auf dem Schiff Angolarity. Kurz vor der Geburt ihres Kindes stellten die Ärzte bei der werdenden Mutter eine schwere rheumatische Arthritis fest. George beantragte beim Kapitän Sonderurlaub, um seiner Frau bei der Geburt beizustehen. Der genehmigte den Urlaub. Als aber George am Abend das Schiff verlassen und sich abmelden wollte, war der Kapitän nicht mehr an Bord. Die Vertretung hielt Georges Geschichte für eine Lüge und sperrte ihn ein. Das Schiff lief am nächsten Tag mit einem Konvoi Richtung Atlantik aus und wurde dort von einem feindlichen UBoot nach einem Maschinenschaden versenkt. Es gab keine Überlebenden. Wenig später brachte Rose ihren Sohn John zur Welt. Tante Rose und ihr Baby zogen danach zu den Bakers. Gingers Vater war so wütend über den Tod seines besten Freundes, dass er sich freiwillig zu
den Long Range Desert Troops, dem Vorläufer der Elitetruppe SAS, meldete. Ginger kann sich noch daran erinnern, wie sein Vater 1943 auf Fronturlaub nach Hause kam. Alle waren froh und glücklich darüber, wieder vereint zu sein, wenn auch nur kurz. Als sein Vater zurück an die Front musste, begleitete ihn die ganze Familie bis zum Londoner Zentralbahnhof. Der Zug fuhr langsam ab, da riss sich Ginger weinend von seiner Mutter los und lief bis zum Ende des Gleises. Vielleicht hatte er eine dunkle Ahnung, dass er seinen Vater nie mehr wiedersehen würde. Am 15. November 1943 fiel Frederick Baker auf der griechischen Insel Leros. Als 1944 V1Raketen auf London abgeschossen wurden, beobachteten Ginger und sein Cousin John fasziniert, wo sie einschlugen. Bis zu vier dieser Terrorwaffen sahen sie am Tag. Kurz vor Kriegsende hatte Ginger großes Glück. Am 18. Januar 1945 feierte er mit seiner Familie den 14. Geburtstag eines Cousins. Nachdem die Kinder am Abend ins Bett gegangen waren, schlug eine V2Rakete im Nachbarblock ein. Das Haus zitterte und die Fenster zersprangen von der Detonation. Zahlreiche Häuser wurden total zerstört und es gab sehr viele Tote, auch Schulfreunde von Ginger starben. Später traf Gingers Mutter im Bus zufällig ihre Jugendliebe George Streatfield wieder. Sie hatte ihn einst wegen Gingers Vater verlassen. Nun erzählte sie ihm, dass sie Witwe sei und zwei Kinder habe. George erwiderte: „Ich heirate dich morgen schon, falls du mich noch haben willst.“ Tatsächlich fand am 27. Dezember 1947 die Hochzeit statt. Den Stiefvater nannten die Kinder „Pop“ und er kümmerte sich liebevoll um seine neue Familie. Sein Hund Rex wurde bald Gingers stetiger Begleiter. Außerdem faszinierten ihn die Kriegsgeschichten, die ihm Pop immer wieder erzählte. Er hatte in der 8. Armee des legendären Feldmarschalls
Kindheit, Familie und Krieg