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LV-Nr. 315.526, SS 09 PS: Le vite ... (Leben und Werke der Maler, Architekten, Bildhauer, Gemmenschneider, Miniaturmaler etc. in den Überlieferungen des Giorgio Vasari) Leiter: Ass.-Prof. Mag.phil. Dr.phil. Ingonda Hannesschläger Fachbereich für Kunst-, Musik- und Tanzwissenschaft UNIVERSITÄT SALZBURG GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten Philipp Dollwetzel Matrikelnr.:0820518 24.06.2009

GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

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Die vor kurzem erschienene kommentierte Neuübersetzung von Vasaris Vite bietet einengeeigneten Anlass, um sich auch mit den weniger beachteten Teilen dieses Werkesauseinanderzusetzen. Dazu gehören unter anderem die in dieser Form einzigartige Sammelvitaüber die italienischen Steinschneider des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts und diejeweils autonomen Lebens- und Werksbeschreibungen des Glasmalers Guillaume de Marcillatund des Miniaturmalers Giulio Clovio.

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LV-Nr. 315.526, SS 09PS: Le vite ... (Leben und Werke der Maler, Architekten, Bildhauer, Gemmenschneider,

Miniaturmaler etc. in den Überlieferungen des Giorgio Vasari) Leiter: Ass.-Prof. Mag.phil. Dr.phil. Ingonda HannesschlägerFachbereich für Kunst-, Musik- und TanzwissenschaftUNIVERSITÄT SALZBURG

GIORGIO VASARIDIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND

MINIATURMALERBetrachtung dreier Viten

Philipp DollwetzelMatrikelnr.:0820518

24.06.2009

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Inhalt

1 Einleitung 3

2 Vasaris Kriterien der Kunstkritik 3

3 Die Sammelvita der Steinschneider 4

3.1 Aufbau der Sammelvita 4

3.2 Der gesellschaftliche Hintergrund und Vasaris Motiv 5

3.3 Die Glyptik in Vasaris Kunsttheorie 7

3.4 Technische Aspekte der Glyptik 7

3.5 Vasaris Herangehensweise erläutert anhand der Vita des Valerio Belli 8

3.6 Fazit 9

4 Guillaume de Marcillat 10

4.1 Die Vita im Überblick 10

4.2 Vasaris Intention 11

4.3 Die Glasmalerei in Vasaris Kunsttheorie 12

4.4 Technische Aspekte der Glasmalerei 12

4.5 Details aus der Vita 12

4.6 Marcillat und die Malerei 13

4.7 Vasari beurteilt Marcillat 14

4.8 Fazit 15

5 Giulio Clovio 15

5.1 Die Vita im Überblick 15

5.2 Vasaris Intention 16

5.3 Das Farnese-Stundenbuch 17

5.4 Stilkritik anhand des Stundenbuches 18

5.5 Fazit 18

6 Zusammenfassung 19

7 Literaturverzeichnis 20

8 Abbildungsverzeichnis 21

9 Lebensläufe 22

10 Anhang 26

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1 Einleitung

Die vor kurzem erschienene kommentierte Neuübersetzung von Vasaris Vite bietet einen

geeigneten Anlass, um sich auch mit den weniger beachteten Teilen dieses Werkes

auseinanderzusetzen. Dazu gehören unter anderem die in dieser Form einzigartige Sammelvita

über die italienischen Steinschneider des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts und die

jeweils autonomen Lebens- und Werksbeschreibungen des Glasmalers Guillaume de Marcillat

und des Miniaturmalers Giulio Clovio. Anhand des erstgenannten Textes wird sehr schön

ersichtlich, wie Vasari versucht, sein Modell der evolutionären Kunstentwicklung

(Generationenmodell) auch auf die sogenannten Kleinkünste anzuwenden1; die beiden

letztgenannten Texte geben Einblick in Vasaris Art der Beschreibung von Werken und der

Anwendung seiner kunsttheoretischen Kriterien. Die Aufzeichnungen erhellen dem Leser aber

auch Vasaris Interesse an den technischen Aspekten der Werkserstellung.

Alle drei Viten behandeln Vertreter von Künsten, die nach Vasaris Kunsttheorie den drei großen

Gattungen Malerei, Bildhauerei und Architektur ''untergeordnet'' seien sollen, wobei sich

besonders bei der Glasmalerei zeigen wird, dass diese Unterordnung (Zuordnung) eher von

technischer als von hierarchischer Natur ist.

Diese Abhandlung muss als eine Art Textanalyse verstanden werden, es geht hier nicht um die

Künstler an sich, sondern um Vasaris Sicht auf diese Künstler, so sollen vor allem seine

Schwerpunktsetzung, seine jeweilige Intention und einzelne Stilmerkmale direkt aus dem Text

herausgefiltert und beleuchtet werden. Dass aufgrund dieses Anspruchs bestimmte Teilbereiche

nur ungenügend behandelt werden können, folgt zwangsläufig.

An erster Stelle der Betrachtung steht die Sammelvita der Steinschneider, dann folgen

aufeinander die Viten von Marcillat und Clovio. Dem Ganzen vorangestellt sei noch ein kurzer

Abriss über Vasaris Bewertungskriterien.

2 Vasaris Kriterien der Kunstkritik

Zu jeder Gattung, sei es Architektur, Malerei oder Skulptur, entwickelt Vasari spezifische

Kriterien, an die sich seiner Theorie nach die jeweilige Kunst halten muss. Sein klassizistisches

Idealbild wurde durch Analyse von antiken Skulpturen (Laokoon) oder Texten (Vitruv, Plinius)

abgeleitet. Für die Skulptur fordert er „die [lebendige] Darstellung der Bewegung und Drehung,

sowie deren Liebreiz und Strenge.“2 Eine intelligente „Bildfindung, das Disegno, die

Farbgebung, die Plastizität und die Darstellung der Perspektive“ werden für eine gute Malerei

vorausgesetzt.3 Die fünf zentralen Bewertungskriterien in seiner Kunsttheorie sind „die Regel,

die Ordnung, die Proportion, das Disegno und (...) Stil“.4

1 Zum Generationenmodell: Altmann-Höfler, 2009, 5-62 Altmann-Höfler, 2009, 93 Altmann-Höfler, 2009, 104 Altmann-Höfler, 2009, 10. "Die Regel ist in der Architektur die Art und Weise des Vermessens von

3

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3 Die Sammelvita der Steinschneider

Diese Vita trägt im Original den Titel „Die Leben des Valerio Vicentino, Giovanni da Castel

Bolognese, Matteo del Nassaro aus Verona und anderen ausgezeichneten Kameen- und

Gemmenschneidern“5. Das zugehörige Frontispiz zeigt das Porträt des Steinschneiders Valerio

Vicentino (auch Belli) (Abb. 1).

3.1 Aufbau der Sammelvita

Wie in den einleitenden Worten erwähnt, versucht Vasari sein Generationenmodell auf die

Glyptik anzuwenden, deshalb folgt der Textaufbau diesem Modell im groben Schema. Es

handelt sich hier eher um eine mit wenigen Anekdoten aufgelockerte Aufzählung von Künstlern

und einiger ihrer wichtigen Werke. Er beginnt mit einem kurzem lobenden Rückblick in die

Antike und beurteilt die darauffolgende mittelalterliche Kunst vollkommen negativ. Er stellt

fest, dass die Griechen den Steinschnitt „göttlich beherrschten“ und sie eben von diesen

Künstlern, die er im folgenden beschreiben werde, entweder nur nachgeahmt oder auch

übertroffen wurden.6 Die Kunst der Glyptik sei nach dem Untergang Roms verlorengegangen,

die mittelalterlichen Werke seien „nicht der Rede wert“ und erst mit Lorenzo de' Medici sei

diese Kunst wiederbelebt worden.7

Nach diesem „kurzen Abriß“8 beginnt er unverzüglich mit dem Steinschneider Giovanni delle

Corneole, Vertreter der ersten Generation.9 Der Verdienst dieser ersten Generation ist die

Aneignung der ''verlorengegangenen'' handwerklichen Kenntnisse und, dass sie „dieser so

schwierigen Kunst den Weg bahnten“.10 Weitere Künstler der ersten Generation sind Domenico

de' Cammei, Michelino und Pier Maria Serbaldi.11 Insgesamt behandelt er diese erste Generation

eher rudimentär und geht sehr zügig zur zweiten über.

Giovanni Bernardi da Castel Bolognese wird hier als erster Künstler behandelt.12 Während die

erste Generation die Antike nach Vasari nur nachgeahmt habe, sei bei der zweiten das

Übertreffen der Antike das Entscheidende. Zur zweiten Generation zählt er zusätzlich noch

Altertümern und das Beachten der Pläne antiker Gebäude für modernere Bauwerke. Ordnung bedarfdas Auseinanderhalten der verschiedenen architektonischen Gattungen. […] Proportion ist vonübergeordneter Bedeutung und gilt gleichermaßen für Architektur wie für Bildhauerei. […] Disegnobedeutet das Nachbilden des Aller schönsten der Natur in allen Figuren, sowohl der gemeißelten wieder gemalten. Dafür bedarf es einer Hand und eines Geistes, die all das, was das Auge sieht, korrektund Punktgenau auf eine Fläche übertragen, seien es Zeichnungen auf Papier, Holz oder anderenUntergründen […]. Durch die Gewohnheit des ständigen Wiedergebens der allerschönsten Dinge […]entsteht schließlich dieser schönste der Stile." (Vasari, Kunsttheorie, 2004, 93-94.)

5 Ital.: „Vite di Valerio Vicentino, die Giovanni da Castel Bolognese, di Matteo dal Nasaro Veronese ed'altri eccellenti intagliatori di camei e gioie“

6 Vasari, Leben, 2006, 17.7 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 17-18.8 Vasari, Leben, 2006, 17.9 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 18.10 Vasari, Leben, 2006, 19.11 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 18-19.12 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 19.

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Matteo del Nassaro13 und Valerio Belli (alias Valerio Vicentino).14 Diese drei Künstler werden

am ausführlichsten behandelt, so sind diese Abschnitte noch eher von biographischer Natur als

die der anderen Künstler.15 Er zählt hier Lehrer, Förderer und andere Tätigkeiten der Künstler

auf, wobei Valerio Belli durch Auslassung dieser Details aus der Reihe fällt..16

Darauf folgen als dritte Generation Vasaris Zeitgenossen, zu der insgesamt elf Künstler zählen.17

Ihre Leistung ist, dass sie die Künstler der zweiten Generation übertroffen haben sollen.

Dennoch werden sie eher nur beiläufig erwähnt.18 Zur dritten Generation zählen u.a.: Giovanni

Antonio de' Rossi, Luigi Anichini, Alessandro Cesati19, Benvenuto Cellini.

Die Vita endet mit der Aufzählung von Künsten, die mit der Steinschneiderei verwandt sein

sollen. Dazu zählt Vasari beispielsweise die Waffenschmiedekunst, wo er den Schmied Filippo

Negroli erwähnt, oder den Gefäßschnitt, hier mit Leone Leoni als Vertreter.20 „Reine

Goldschmiede- und Juweliersarbeiten werden aber nicht behandelt.“21 An dieser Stelle belässt

Vasari es meist bei einem Absatz oder Satz pro Künstler.

Schon 1550 gab es eine entsprechende Sammelvita. In der zweiten Auflage der Vite erhöhte

Vasari nun die Anzahl der behandelten Künstler von dreizehn auf sechsundzwanzig.22 Er

übernahm einige Stellen davon unverändert, andere wurden komplett überarbeitet. Er fügte auch

Nachträge in den Text ein, ohne den Text selbst zu korrigieren.23

3.2 Der Gesellschaftliche Hintergrund und Vasaris Motiv

Gleich zu Beginn berichtet Vasari, dass fast täglich Gemmen und Kameen in den Ruinen von

Rom gefunden worden seien24 und die Wiederbelebung dieser Kleinkunst von Fürsten (hier

explizit Lorenzo de' Medici) ausgegangen sei, die „eine große Menge davon

13 Von Matteo del Nassaro wird berichtet, dass er im Alter nach Verona zurückgekehrt sei und „vieleeinzigartige Werke aus jenen Ländern [mitgebracht habe], insbesondere einige Leinwände mitLandschaftsdarstellungen aus Flandern, die in Öl und Gouache von ausgezeichneten Händengearbeitet worden waren; noch heute werden sie in Verona von Herrn Luigi und Herrn GirolamoStoppi als Andenken an ihn in großer Wertschätzung gehalten.“(Vgl. Vasari, Leben, 2006, 28.)

14 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 14.15 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 19, 26, 29, 32-33. So erwähnt er bei ihnen auch Herkunft, Jugendzeit,

Ausbildung, Leben im Alter, Tod und Nachkommen. Hier kommen weit mehr Anekdoten alsanderswo im Text vor, so erzählt Vasari beispielsweise, dass Matteo del Nassaro seine Arbeiten lieberzerstört haben soll als sie zu verkaufen. (Vgl. Vasari, Leben, 2006, 28, 114.)

16 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 19, 26.17 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 14.18 Siehe auch: Vasari, Leben, 2006, 14-15.19 „Vasari schildert seinen Freund am ausführlichsten von den noch lebenden Steinschneidern und

Medailleuren. Er versieht ihn mit dem allerhöchsten Lob (...) und zwar aus dem Mund des vollendetenKünstlers schlechthin: Michelangelo.“ (Vasari, Leben, 2006, 125.)

20 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 15.21 15. Vasari hatte selbst die Goldschmiedekunst aufgegeben, Gestaltung von Schmuck zähle nicht zum

disegno. (Vgl. ebd.)22 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 13.23 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 109.24 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 17.

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zusammentrugen“.25 Die Medici sind somit für Vasari die entscheidenden Förderer der

Glyptik26, damit steht folglich auch die florentinische Entwicklung im Zentrum seiner

Ausführungen. Daneben räumt Vasari aber auch den römischen Künstlern, die im Auftrag der

Farnese arbeiteten, viel Raum ein. Venedig wird dagegen vollkommen vernachlässigt.27 Auch

Isabella d'Este, berühmt für ihr studiolo, wird erwähnt.28 Er nennt zu fast jedem Werk den

Auftragsgeber, aber auch Vorzeichner und beschreibt zudem oft detailliert die Vergütung der

Künstler.29 Somit lassen sich sehr gut Rückschlüsse über Zusammenarbeit von Künstlern unter

sich und mit Auftragsgebern ziehen. So berichtet beispielsweise er von der Casetta Farnese

(Abb 2), dass sie von Kardinal Alessandro Farnese in Auftrag gegeben worden sei, der

Goldschmied Marino sie hergestellt und Giovanni Bernardi die Kristallverzierungen erstellt

habe, wobei er sich an den Vorzeichnungen von Perino del Vaga orientiert haben soll.30

Die Wertschätzung, die den Steinschneidern von Fürsten entgegengebracht wurde, macht Vasari

an einer Anekdote fest, indem er erzählt, dass Giovanni Bernardi von Kardinal Ippolito de'

Medici eine sehr teure Kette zur Aufbewahrung anvertraut wurde.31

Der hohe gesellschaftliche Stand der Steinschneider begründete sich somit auf der

Sammeltätigkeit und Nachfrage der Fürsten, die sich wiederum durch diese umfangreichen

Sammlungen allgemeine gesellschaftliche Wertschätzung verschaffen wollten.32 Eine

Erwähnung der entsprechenden Künstler in den Viten liegt deshalb schon aufgrund des

Zeitgeistes nahe. Ein Brief bezeugt zudem, dass Vasari von hoher Stelle gebeten wurde, einen

Steinschneider schon in der ersten Ausgabe lobend hervorzuheben.33

Trotz diesem wichtigen Einfluss auf die italienische Renaissance sind die von Vasari

beschriebenen „Gemmenschneider, Medailleure, Glas- und Miniaturmaler (...) uns heute

weitgehend unbekannt.“34

25 Vasari, Leben, 2006, 18.26 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 27. „Ausländische Künstler, die aus diesem Grund [Anm.d.A.: wie Vasari

behauptet] nach Florenz gekommen sein sollen, sind nicht nachweisbar.“ (Vasari, Leben, 2006, 97.)27 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 14.28 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 14 und 26.29 Clemens VII. belohnt beispielsweise Giovanni Bernardi mit dem Amt des mazza. (Vgl. Vasari, Leben,

2006, 19.) Franz I. ernannte Matteo del Nassaro zum Münzmeister. (Vgl. Vasari, Leben, 2006, 29.)30 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 23-24.31 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 21.32 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 95. „Die Kostbarkeit der Materialien und die künstlerischen Techniken

machten den Reiz der Gemmen und Kameen aus (...). Der Ruhm einer Sammlung sicherte desgesellschaftliche Ansehen ihres Eigentümers. Medaillen und Gemmen wurden so zu'Bedeutungsträgern'“ (Vasari, Leben, 2006, 95) „Das Interesse an der Kunst des Steinschneidens gingtatsächlich nicht von herausragenden Künstlern aus, sondern von Sammlern und Mäzenen, welche dieFertigkeiten für ihre Daktyliotheken benötigten.“ (Vasari, Leben, 2006, 97.)

33 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 124. Vasari wurde von Annibale Caro, Sekretär von Alessandro Farnese,daran erinnert, sein Versprechen zu halten und seinen Freund Alessandro Cesati in den Vite lobend zuerwähnen, er wurde deshalb bereits 1550 hervorgehoben.

34 Vasari, Leben, 2006, 9.

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3.3 Die Glyptik in Vasaris Kunsttheorie

Wie bereits anfangs angedeutet, stellt Vasari die Kleinkünste in enge Verwandtschaft zu den

Gattungen Malerei und Skulptur. So zählt er „das Flachrelief, Ton-, Wachs-, Stuck-, Holz- und

Elfenbeinarbeiten, den Metallguß, jede Art von Ziselieren und den Tief- und Reliefschnitt von

Edelsteinen und Metallen“35 zur Gattung der Skulptur. Folglich sind alle Kriterien, die auf die

Skulptur anwendbar sind, auch auf die Glyptik übertragbar.36 Die Anwendung dieser Kriterien

bleibt bei der Steinschneidervita eher nebensächlich, denn die hohe Zahl von Protagonisten

macht eine intensive Analyse praktisch undurchführbar.37

Auch die kleinen Künste müssen sich in Vasaris Theorie an der Antike orientieren, deren Werke

„göttlich“ und „vollkommen“ seien.38 Und ebenso analog zu den ''großen'' Künsten, fordert

Vasari eine Orientierung an den Meistern seiner Zeit. Hierzu zählt im besonderen Michelangelo,

der immer wieder im Text auftaucht. Michelangelo ist für Vasari ein Kriterium. Eine Arbeit nach

einer Vorzeichnung Michelangelos sei überaus lobenswert, ein Lob durch Michelangelo eine

Adelung.39

3.4 Technische Aspekte der Glyptik

Der Steinschneidervita fügte Vasari einige Details hinzu, die sich auf die handwerklichen

Bereiche der Glyptik beziehen. Diese groben Einwürfe besitzen sichtlich weniger Wichtigkeit

als die Beschreibungen der Werke und deren gesellschaftliche Hintergründe. Die Positionen

dieser Einwürfe im Text lassen den Schluss zu, dass diese Ausführungen nur Vorzüglichkeit und

Komplexität einer jeweiligen Arbeit veranschaulichen sollen.40

So wird in der Vita des Matteo del Nassaro beispielsweise erwähnt, dass er gekonnt die

verschiedenfarbige Musterung des Gesteins in die Komposition miteinbezog.41 Aber hinsichtlich

der Gesteinsarten bleibt er oberflächlich, er zählt zwar einige auf, charakterisiert diese aber

nicht näher.42 Kenntnis der Unterschiede von Kameen, Gemmen und Korneole setzt Vasari

anscheinend voraus.43

35 Vasari, Kunsttheorie, 2004, 29.36 Bei Reliefschnitten noch nachvollziehbar, scheint diese These bei gravierten Steinen gewagt, da es

beinahe unmöglich sein muss, in einem gravierten Stein eine lebendige Drehung nach Vorbildbeispielsweise des Laokoon darzustellen. Hier ist es wohl eher das Material, das Vasari zu derZuordnung bewog.

37 Sporadische Erwähnung lassen den theoretischen Hintergrund durchscheinen, z.B. übertraf AlessandroCesati alle Künstler vor ihm „in Anmut, Qualität und Perfektion“(34) oder eine Porträtmedaille fürPapst Paul III. scheint „lebendig“ (Vasari, Leben, 2006, 34-35.). Ein Porträt von König Heinrich vonFrankreich sei „als Tiefschnitt in einem Karneol [ausgeführt,] (…) bei dem es sich hinsichtlichdisegno, Anmut, Qualität und Sorgfalt um eine der schönsten modernen Steinschneidearbeitenhandelt“ (Vasari, Leben, 2006, 35.)

38 Vasari, Leben, 2006, 17.39 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 35. Giovanni Bernardi schuf Schnitte nach Vorzeichnungen von

Michelangelo. (Vgl. Vasari, Leben, 2006, 24.)40 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 19.41 Vasari, Leben, 2006, 28, 113.42 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 18, 31-32, 92.43 Zur Erläuterung: Kameen sind erhaben gearbeitete Steinschnitte (Reliefschnitt). Gemmen sind

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Etwas kryptisch wird er, wenn er schreibt, dass „der Tiefschnitt (...) in der Tat ein Arbeiten im

dunkeln [ist], weil einem lediglich das Wachs als Brille dient, um hin und wieder zu sehen, was

man macht.“44 Vasari fordert Vorwissen zum Verständnis dieser Aussage.

Dass Abgüsse von Steinschnitten „in Gips, Schwefel und anderen Abgußmischungen“ sehr

verbreitet gewesen seien, betrachtet Vasari eher skeptisch, auf Abgussmethoden geht er nicht

ein.45

3.5 Vasaris Herangehensweise erläutert anhand der Vita des Valerio Belli

Einige Besonderheiten und Eigenartigkeiten in der Vita von Valerio Belli (1468 - 1546) machen

diesen Künstler zu einer besonders interessanten Person der Sammelvita. Während er in der

Ausgabe von 1550 von Vasari noch „uneingeschränkt“ gerühmt wurde, wird er jetzt um einiges

kritischer beurteilt.46 1550 hatte noch den ersten Platz in der Hierarchie belegt, jetzt wird er von

Giovanni Bernardi übertroffen (Abb. 3). Bellis Porträt als Frontispiz ist noch ein Relikt dieser

alten Hierarchie.47

Valerio Belli war zu seinen Lebzeiten ein anerkannter Künstler, der Werke für diverse Päpste

und Fürsten schuf, für die er, wie Vasari berichtet, reich belohnt wurde.48 Vasari scheint dies zu

wissen, er führt die Beliebtheit der Steinschneidearbeiten auf ihn zurück, äußert sich aber

skeptisch über deren Verbreitung durch billige Abgüsse.49

Die Cassetta Medici (Abb. 5), die Belli für Clemens VII. „ganz aus Kristall“ schuf, wird von

Vasari gelobt.50 Dargestellt auf ihr ist die Passion Christi, wobei die Entwürfe von anderen nicht

genannten Künstlern stammen sollen. Die Kassette wurde schließlich Franz I. geschenkt.51

Weitere Werke werden genannt, auf die hier nicht eingegangen werden kann.

Einen ganzen Absatz widmet Vasari zudem Bellis Sammelleidenschaft, die ihn sehr beeindruckt

haben muss, als er dessen Sammlung 1542 sah.52 So soll er „antike Marmorwerke, antike und

moderne Gipsabgüsse sowie Zeichnungen und Malereien von der Hand auserlesener Meister“

gesammelt haben.53

Vasari bezeichnet Bellis Kunst als eine „vortreffliche Kunst“, ausgeführt mit „mit unglaublicher

tiefgeschnittene bzw. gravierte Steine. Korneole bezeichnet einen rotbraunen Stein (Chalzedon), wirdaber als Sammelbegriff synonym zu Gemmen verwendet. (Vgl. Vasari, Leben, 2006, 92.)

44 Vasari, Leben, 2006, 19.45 Vasari, Leben, 2006, 31.46 Vasari, Leben, 2006, 116.47 Vasari, Leben, 2006, 14. Belli stand nach Vasari mit Bernardi im künstlerischen Wettstreit. Der

Künstlerwettstreit wird von Vasari nach antikem Vorbild positiv bewertet. (Vgl. Vasari, Leben, 2006,111.)

48 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 32. Dies tat er vor allem als Goldschmied, denn erst im Alter von fünfzigJahren spezialisierte er sich auf Steinschnitte. (Vgl. Vasari, Leben, 2006, 101.)

49 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 30-31.50 Vasari, Leben, 2006, 30.51 Vgl. ebd.52 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 121.53 Vasari, Leben, 2006, 32.

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Sauberkeit und Leichtigkeit“54 und attestiert ihm eine „bewundernswerte Meisterschaft“.55

Kommt aber zu einem Fazit, das irritiert: „Die Natur [hatte] Valerio im disegno mit genauso viel

Meisterschaft ausgestattet, wie sie ihm in der Steinschneidearbeit höchste Vortrefflichkeit,

Sorgfalt und äußerste Geduld bei der Ausführung seiner Werke verlieh, so hätte er, der sehr

zügig arbeitete, die antiken Künstler um Längen übertroffen, so wie er ihnen jetzt nur

gleichkam. Immerhin besaß er soviel Verstand, sich für seine Werke immer der Entwürfe

anderer oder antiker Steinschneidearbeiten zu bedienen.“56 Obwohl der Stil Bellis heutzutage als

durchaus autonom bezeichnet wird, spricht Vasari ihm hier jegliche inventio ab und präsentiert

ihn als reinen Nachahmer der Antike (Abb. 4). Faktum ist jedoch, dass er auch nach

Vorzeichnungen von Michelangelo arbeitete.57 Folglich scheint es in diesem Zusammenhang

auch widersprüchlich, wenn Vasari behauptet, dass seine „Medaillen der zwölf Kaiser mit ihren

Rückseiten nach antiken Vorbildern, aber schöner“ geschaffen seien.58

Dass Belli „die Kunst einer seiner Töchter gelehrt [hat], die ganz ausgezeichnet arbeitet“, ist ein

interessantes Detail, das schon 1550 von Vasari erwähnt worden ist.59

Die Gründe, warum Valerio Belli derart abgewertet wurde, bleiben undeutlich. Vasari

untermauert seine Ausführungen auch nicht anhand bestimmter Kriterien. Dass persönliche

Differenzen sich auf die Länge eines Artikels und sein Urteil auswirken, ist bekannt, trifft hier

aber natürlich nicht zu, da Belli zu diesem Zeitpunkt schon etliche Zeit verstorben war.60

3.6 Fazit

Vasaris Anwendung des Generationenmodells auf die Steinschneider scheint durch die massive

Überarbeitung des Textes für die zweite Auflage durcheinander geraten zu sein, anders lässt sich

der offensichtliche Widerspruch im Aufbau kaum erklären.

Was die Anwendung seiner Kunsttheorie angeht, kann man seinen Kompromiss nachvollziehen,

da der Umfang die wirkliche intensive Beschäftigung mit einzelnen Künstlern nicht erlaubt

hätte. Wo er tiefer in die Materie eintaucht, entstehen teils fehlerhafte Beschreibungen.61 So

bleibt seine Hierarchisierung m.E. oft undurchsichtig.

Trotz dieser Schwächen, müssen wir Vasari hier dankbar sein, denn durch ihre Einzigartigkeit

und ihren Umfang bildet diese Sammelvita ein aufschlussreiches Dokument und die wichtigste

54 Vasari, Leben, 2006, 29.55 Vasari, Leben, 2006, 30.56 Vasari, Leben, 2006, 29-30. (Hervorhebungen durch den Verfasser)57 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 116. Zur Eigenständigkeit von Bellis Stil: Lawrence, Sarah: Imitation and

emulation in the numismatic fantasies of Valerio Belli, in: The Medal, 29 (1996), 18-29.58 Vasari, Leben, 2006, 30.59 Vgl. ebd. und 120.60 Sehr deutlich zeigt sich dies an dem Abschnitt zu Benvenuto Cellini, Vasari beschreibt nur eine

einzige Medaille von seinem „Feind“, zieht aber ein rein positives Fazit.(Vgl. Vasari, Leben, 2006, 14-15, 37.)

61 Eine Kamee von Giovanni Antonio de' Rossi wird u.a. falsch beschrieben. (Vgl. Vasari, Leben, 2006,36, 127.)

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Quelle über die Steinschneidekunst der italienischen Renaissance.62

Dass dieses Metier von der Kunstgeschichte bis jetzt beinahe vollkommen ignoriert wurde,

überrascht angesichts des Potentials an Erkenntnis, das es in sich trägt. Die enorme

Sammeltätigkeit und damit ein essentieller Teil der Mentalität der Renaissance kann nur unter

Einbezug der Glyptik vollkommen verstanden werden.

4 Guillaume de Marcillat

Vasari nimmt nur zwei nichtitalienische Künstler in die Vite auf und dies sind Giulio Clovio aus

Kroatien und Guillaume de Marcillat aus Frankreich (Abb. 6).63 Beide Männer „werden als

großartige Ausnahmekünstler dargestellt.“64 Bei Guillaume de Pierre de Marcillat (1467/1470 in

La Châtre en Berry - 1529 in Arezzo) handelt es sich um einen heute relativ unbekannten

Glasmaler. Vasari stellt an anderer Stelle in den Viten klar, dass „die Franzosen und Flamen den

Italienern darin [Anm. d. A.: in der Glasmalerei] eindeutig überlegen seien.“65 Der Franzose

Marcillat vereine seiner Ansicht nach handwerkliche Perfektion mit einer einwandfreien

Anwendung des disegno auf die Glasmalerei und sei damit ein herausragenden Künstler der

maniera moderna, der die Ölmalerei in gewisser Weise übertreffe.66

„Guillaume war geistreich, talentiert und höchst erfahren in der Behandlung von Glas.“67

4.1 Die Vita im Überblick

Die ersten Zeilen widmet Vasari seiner Heimatstadt Arezzo, einer der wichtigsten Wirkungsorte

Marcillats. Es folgen einige Angaben über Guillaumes Zeit in Frankreich, dann wird erzählt wie

ihn Bramante im Auftrag von Papst Julius II. nach Rom holte und welche Werke in diesem

Zusammenhang entstanden.68 Arbeiten aus Cortona werden in einem kurzen Absatz erwähnt.69

Mitten im Text beginnt Vasaris Stilkritik, sie bezieht sich allgemein auf Marcillats Duktus ohne

Bezug auf eine konkrete Arbeit.70 Der darauffolgende Abschnitt behandelt Marcillats Aktivitäten

in Arezzo, besonders seine Fenster für den Aretiner Dom stehen hier im Mittelpunkt (Abb. 7 &

8).71 Dann widmete er sich Marcillats Ambitionen in der Öl- und Freskomalerei.72 Schließlich

wendet er den Blick wieder auf Arezzo, wo es „eine Fülle von Glasfenstern [gäbe], die alle

62 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 16.63 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 41.64 Vasari, Leben, 2006, 10.65 Vasari, Leben, 2006, 156.66 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 42-43.67 Vasari, Leben, 2006, 48.68 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 45-48.69 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 48. „Vasari lobt hier die handwerkliche Ausführung; die künstlerische

Meisterschaft bleibt hingegen dem späteren Wirkungsort Marcillats, Arezzo, vorbehalten.“ (Vasari,Leben, 2006, 159.)

70 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 48-49.71 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 50-55. Zu den Fenstern: Grassi, Alessandro: Le vetrate di Guillaume de

Marcillat nel Duomo d'Arezzo, in: Artista, 2007, 6-25.72 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 55-57.

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wunderschön sind.“73 Fenster in Florenz werden ebenfalls kurz angeführt.74 Darauf folgen eine

anekdotenhafte Charakterisierung Marcillats als „sehr ehrenwerte[n] Mann“75 und eine

Aufzählung von weiteren Werken und Entwürfen, u.a. auch für Architektur, Steinbildhauerei

und Rahmenornamentik.76 Den relativ umfangreichen Angaben über die Todesumstände sind

abschließend eine Aufzählung seiner Nachfolger und schließlich ein finaler Lobspruch

nachgestellt.77 Deutliche Schwerpunkte bilden seine Arbeiten in Arezzo und deren hoher

technischer Anspruch. Zu jeder Wirkungsstätte, sei es Rom, Cortona oder Arezzo, gibt Vasari

zudem detailliert die Umstände an, die Marcillat dorthin geführt haben sollen.78 Da jedoch

einige Lebensabschnitte kaum behandelt werden, hat diese Vita weniger den Charakter einer

umfassenden Biografie im heutigen Sinn.

4.2 Vasaris Intention

Wie bereits oben erwähnt, arbeitete Marcillat bis zu seinem Tod in Giorgio Vasaris Geburtsstadt

Arezzo, Vasari kennt die meisten Fenster demnach wahrscheinlich auch durch persönliche

Betrachtung. Somit lässt Vasari hier die Gelegenheit nicht aus, Marcillat als Künstler zu

präsentieren, der „von allen als Aretiner angesehen und bezeichnet wurde“ und durch diese

Stadt entscheidend geprägt und gefördert worden sei. So betont er auch deutlich, dass die

Begabung eines Künstlers völlig unabhängig von dessen Herkunft sei, solange er sich in einem

„Land, das nach guter Sitte den Künsten und Fremden wohlgesonnen ist“, weiterentwickeln

könne.79 So überrascht es nicht, dass die Arbeiten aus seiner vorherigen Wirkungsstätte Cortona

nur am Rande behandelt oder teilweise vollkommen ignoriert werden.80 Die Lücken lassen sich

heute durch die Rechnungsbücher Marcillats schließen.81

Ein anderes nicht zu ignorierendes Faktum hierbei ist, dass Marcillat Vasaris erster

Zeichenlehrer war. Aus Dankbarkeit und auch vielleicht, „um seine Anfänge ins rechte Licht zu

setzen“, platziert er dessen Vita direkt hinter die des Raffael.82

Hier scheinen also die beiden Motive recht deutlich zu sein. Indem er seinem Lehrer ein

Denkmal setzt, tut er dies auch für seine Heimat Arezzo als kunstoffene Stadt.

73 Vasari, Leben, 2006, 57. Bei einem Rundfenster verwechselt Vasari das Bildthema. (Vgl. Vasari,Leben, 2006, 57, 169.)

74 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 58-59.75 Vasari, Leben, 2006, 59.76 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 60.77 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 60-61. Laut Vasari wurde er zweiundsechzig Jahre alt und starb 1537.

Marcillats wiederentdecktes Testament gibt 1529 an. (Vgl. Vasari, Leben, 2006, 178.)78 Vgl. Vasari, Leben, 2006, u.a. 50.79 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 45.80 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 41, 48 & 162-163.81 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 41.82 Vgl. ebd.

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4.3 Die Glasmalerei in Vasaris Kunsttheorie

Gemäß seiner Theorie ordnet Vasari die Glasmalerei und des Weiteren „Glasmosaiken, Intarsien

und gewebte Wandteppiche, das Niello, das Kupferstichdrucken, Emaillieren und

Damaszieren“, sowie, um vorzugreifen, die Miniatur der Malerei zu.83 Die Glasmalerei ist somit

nach Vasari eine Kunst des disegno, im Wesentlichen mit der Ölmalerei vergleichbar und

deshalb bestimmt durch dieselben „grundlegenden Termini“.84

4.4 Technische Aspekte der Glasmalerei

Die Einschübe zu den handwerklichen Bereichen von Marcillats Kunst wurden erst 1568

hinzugefügt, wobei er Teile davon fast gänzlich von Cennini übernommen hat.85 Sie bezeugen

Vasaris Interesse am Thema und spiegeln auch seine Bewunderung des schwierigen Handwerks,

das er eventuell als dessen Schüler direkt beobachten konnte, wider. Den hohen technischen

Anspruch dieser Kunst bezieht Vasari in seine Argumentation mit ein und benutzt ihn als

entscheidenden Faktor für die Bewertung Marcillats.

So behauptet Vasari, dass Guillaume „nur zwei Arten von Farben für die Schattierung der

Gläser, die er dem Feuer aussetzen wollte“, verwendete, und geht auf Charakteristiken und

Verarbeitung dieser Farben ein.86 Neben Farben auf Basis von Metallen, erwähnt er auch solche

auf Basis von rotem Stein, der mit dem Mörser zerstoßen wurde.87

Begeistert ist Vasari von dem sogenannten ''überfangenen Glas'', dessen Herstellung er sehr

detailliert beschreibt. Niemand beherrsche diese Technik besser als Marcillat.88 Es wird auch

angedeutet, dass Marcillat einzelne Techniken verbessert haben soll.89 Die Gläser so zu brennen,

dass sie wetterbeständig werden, sei eine weitere Herausforderung.90

4.5 Details aus der Vita

Die Serliana-Fenster in der Kirche Santa Maria del Popolo in Rom können heute nur aufgrund

dieser Vita Guillaume der Marcillat zugeschrieben werden, sie sind die frühesten heute noch

erhaltenen Werke von ihm.91 Sie seien die Arbeiten, die Marcillat in Italien berühmt gemacht

83 Vasari, Leben, 2006, 9-10 und vgl. Vasari, Kunsttheorie, 2004, 29, 31-32.84 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 42-43.85 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 42, 161.86 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 49.87 Vgl. ebd.88 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 50-51.89 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 49. Den Jesuaten, die damals die handwerkliche Ausführung von Fenster

nach Entwürfen von Künstlern übernahmen, versetzt er einen Seitenhieb. Sie seien handwerklich eherungeschickt. „Sie nahmen [ein Fenster von Marcillat] vollständig auseinander, um zu sehen, wie esgemacht war, lösten dabei viele Stücke als Proben heraus und setzten sie später wieder ein, so daß esam Ende ganz anders aussah als vorher.“ (Vasari, Leben, 2006, 59, siehe auch 173.)

90 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 52. Marcillats Fenster waren dies nicht, sie mussten sehr bald restauriertwerden. (Vasari, Leben, 2006, 166.)

91 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 158.

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haben sollen.92

Marcillat trat vor seiner Zeit in Italien den französischen Dominikanern bei, „als ein Feind von

ihnen [Anm. d. A.: seiner Familie] starb“, um „vor dem Gerichtshof und dem Gesetz sicher zu

sein.“ Über die Mordsache ist nichts weiter bekannt.93 In Rom wechselte er dann 1509 zu den

Augustinereremiten.94 Guillaume soll ein religiöser Mensch gewesen sein und für die

Dominikaner auch unentgeltlich ein Fenster erstellt haben, was so nicht stimmt.95

Maitre Claude, ein Kollege, der anscheinend großen Einfluss auf Guillaume hatte und mit ihm

die Fenster des Sala Regia im Vatikan gestaltete, wird erwähnt. Die künstlerische Freundschaft

der beiden wird deutlich, wenn Vasari betont, dass Guillaume nach Claudes Tod „allein und wie

verloren“ zurückgeblieben sei. Claude kann heute nicht mehr identifiziert werden.96 Die Fenster

im Vatikan wurden, wie Vasari angibt, beim Sacco di Roma zerschlagen, weil man das Blei für

Munition benötigt hätte.97

4.6 Marcillat und die Malerei

Da Vasari den malerischen Ambitionen von Guillaume einen eigenen Abschnitt würdig, sei dies

auch hier kurz getan. Erst im Alter von fünfzig Jahren soll er sich der Malerei gewidmet

haben.98 Vasari gibt hier als Grund an, dass seine Glasfenster immer wieder Zerstörungen

ausgesetzt gewesen seien, zudem unterstellt er auch einen gewissen Geltungsdrang.99 Einige

Fresken im Aretiner Dom stammen von ihm, wobei er sich hierfür Michelangelo zum Vorbild

genommen haben soll, was laut Vasari sehr lobenswert sei.100 Aber er äußert sich im Gegensatz

zur ersten Auflage zurückhaltender über Marcillats Talent als Maler, indem er den Satz „wie das

erste kleine Gewölbe vorne beweist, bei dessen Gestaltung er sich von Erfahrung, disegno und

Intelligenz leiten ließ“ streicht.101 Sein Gemälde Diskussion über die unbefleckte Empfängnis

mit Eva (Abb. 11) lobt Vasari hinsichtlich Lebendigkeit und Schönheit, zudem bezeichnet er es

als Marcillats erstes Gemälde, was so nicht stimmt und hier wohl eher als Stilmittel zu sehen ist,

um eventuelle Schwächen zu rechtfertigen.102

92 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 48.93 46, Vgl. Vasari, Leben, 2006, 156.94 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 186.95 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 60, 174.96 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 46-48 & 157. In einer Anekdote beschreibt Vasari Claudes Todesumstände.

Maitre Claude soll es beim Essen übertrieben haben, „wie es den Sitten seiner Heimat entspricht, wasaber im römischen Klima höchst abträglich ist.“ (Vasari, Leben, 2006, 48.)

97 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 46. Hierzu Vasari: „gewiss waren sie herrlich.“ „Daneben schufen sie für diepäpstlichen Gemächer unendlich viele mehr, denen aber dasselbe Schicksal beschieden war“. Einesdavon sei noch erhalten. (ebd.)

98 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 57.99 Vgl. Vasari, Leben, 2006, 55-56.100Vgl. Vasari, Leben, 2006, 57.Hierzu siehe: Henry, Tom: Arezzo's Sistine ceiling. Guillaume de

Marcillat and the frescoes in the cathedral at Arezzo, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutesin Florenz, 39.1995 (1996), 209-257.

101Vasari, Leben, 2006, 168.102Vgl. Vasari, Leben, 2006, 59, 173-174. Das Gemälde enthält ein Selbstporträt, das als Vorbild für das

Frontispiz verwendet wurde. (Vgl. Vasari, Leben, 2006, 173.)

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4.7 Vasari beurteilt Marcillat

Vasari geht intensiv auf einzelne Stilmerkmale seines Protagonisten ein. Der theoretische

Hintergrund ist zu erkennen, dennoch gibt Vasari einer abwechslungsreichen Gestaltung seines

Textes den Vorrang und integriert die einzelnen Kriterien geschickt in einen prosaisch

anmutenden Text.

Dies zeigt auch das folgende Beispiel. Ein Fenster sei „mit einer unendlichen Zahl von Farben

auf einer weißen Glasplatte gearbeitet“.103 Zu einer anderen Arbeit merkt er an, „das Glas in

diesem Werk besteht aus unendlich vielen verschiedenfarbigen Einschmelzungen“.104 1550

waren es hier noch fünfzehn verschiedenfarbige Einschmelzungen, der Superlativ als

Ausdrucksmittel steht also über der sachlich korrekten, nüchternen Angabe.

Vasari lobt Marcillats „ausgezeichnete Urteilskraft, die ihn seine Figuren in einer Weise

abstimmen ließ, dass sie dank ihrer graduellen [farblichen] Abstufung nicht an den Häusern

oder Landschaften klebten, was sie wie in einem Tafelbild gemalt oder eher noch wie plastisch

erhaben scheinen ließ.“ (Abb. 9)105 Und ebenso lobt er die „Verteilung der Farben, bei der die

hellen Töne in den vorderen Figuren erschienen und im Verhältnis ihrer Entfernung nach und

nach dunkler wurden; in diesem Bereich war er einzigartig und wirklich vortrefflich.“106

Seine Szenen seien „abwechslungsreich komponiert, (…) voller Details und gut geordnet“.107 Es

sei beispielsweise so, dass er „die an diversen Stellen durchkreuzenden Blei- und Eisenstreben

in einer Weise in den Gelenken der Figuren und den Gewandfalten unterbrachte, dass sie nicht

weiter auffallen, vielmehr eine Anmut erzeugen, die mit dem Pinsel nicht möglich gewesen

wäre. So verstand er es, aus einer Notwendigkeit eine Tugend zu machen.“ (Abb. 10)108

Zu einem Fenster bemerkt er, es sei „so gut, dass man bei diesem Werk in der Tat nicht von

transparentem, farbigem Glas sprechen möchte, sondern von höchst lebendigen Figuren oder

zumindest von einem gefeierten, wunderbaren Gemälde.“109

Sein Erfindungsgeist, Urteilskraft, Abwechslungsreichtum, sein Sinn für Ordnung,

Komposition, Farbe und Details machen Guillaume nach Vasari zu einem vollwertigen Künstler

der modernen Malerei. Der entscheidende Faktor, der immer betont wird, ist seine Raffinesse im

Umgang mit Glas, sodass seine Arbeiten dadurch eine Anmut erhalten, die Vasari explizit über

die der Ölmalerei stellt.110 Persönlich subsumiert er: „Und deshalb gebührt diesem vortrefflichen

Meister höchste Anerkennung, weil er in diesem Beruf hinsichtlich disegno, Bildfindung, Farbe

und Qualität mehr geleistet hat als jeder andere.“111

103Vasari, Leben, 2006, 46. (Hervorhebungen durch den Verfasser.)104Vasari, Leben, 2006, 52. (Hervorhebungen durch den Verfasser.)105Vasari, Leben, 2006, 48-49. (Hervorhebungen durch den Verfasser.)106Vasari, Leben, 2006, 48. (Hervorhebungen durch den Verfasser.)107Vasari, Leben, 2006, 49. (Hervorhebungen durch den Verfasser.)108ebd., siehe auch 53. (Hervorhebungen durch den Verfasser.)109Vasari, Leben, 2006, 50. (Hervorhebungen durch den Verfasser.)110Vgl. Vasari, Leben, 2006, 161.111Vasari, Leben, 2006, 52.

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4.8 Fazit

Vasari konzentriert sich in dieser Vita auf Arezzo, was für eine Biografie mit umfassenden

Anspruch natürlich nicht dienlich ist, dennoch deckt er ein beachtliches Spektrum von Werken

Guillaumes ab. Die teilweise deftigen Anekdoten lockern den Text auf und lassen Marcillat trotz

des großen Lobes von Vasari als Menschen sehr nah erscheinen. Im Gegensatz zu der

Steinschneidervita werden hier tatsächlich handwerkliche Schritte nachvollziehbar erläutert, die

Vasari geschickt in seine Argumentation einbaut und so Marcillats Glasmalerei über die

Ölmalerei stellt. Es zeigt sich somit auch, dass Vasaris Gattungszuordnungen weniger etwas

über den Wert, den Vasari einer jeweiligen Kunst im Sinne einer hierarchischen Ordnungen

zumisst, aussagen, sondern eher eine technische Einteilung darstellen.

5 Giulio Clovio

Giulio Clovio (Abb. 12) ist nicht der einzige Miniaturmaler, der in der zweiten Auflage der Vite

behandelt wird,112 aber der einzige, der eine eigene Lebensbeschreibung bekommt.113 Clovio,

Freund und Zeitgenosse von Vasari, fertigte neben Buchilluminationen hauptsächlich

sogenannte Kabinettminiaturen (Abb. 13).114 Er war bis in das neunzehnte Jahrhundert hinein

allgemein bekannt und geriet erst gegen Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in

Vergessenheit.115 Wie Michelangelo die Monumentalmalerei zum Höhepunkt geführt habe so

habe dies Clovio in der Miniaturmalerei getan.

5.1 Die Vita im Überblick

Die Vita beginnt mit der lakonischen und wenig bescheidenen Feststellung, dass Clovio der

beste Miniator sei, den es jemals gegeben habe. Vasari hebt seine natürliche Begabung für

Details hervor. Relativ umfangreich geht er auf Geburts- und Familiendaten ein und beschreibt,

wie er sich auf Rat von Freunden und Bekannten der Miniatur gewidmet haben soll.116 Vasari

erzählt von Clovios Arbeit für König Ludwig von Ungarn und weitere Fürsten, die aber durch

den Sacco di Roma unterbrochen worden sei, was ihn schließlich in einen Orden geführt habe.117

Dort nahm er den Ordensnamen 'Don Giulio' an.118

112Vgl. Vasari, Leben, 2006, 191. Vasari bezeichnet einen Miniator als „Maler kleiner Dinge“. (Vasari,Leben, 2006, 67.)

113Vgl. Vasari, Leben, 2006, 64.114Um 1500 aus der Buchmalerei entwickelt. Eigenständige kleine Kunstwerke, die zu beliebten

Sammlerstücken und oft als Geschenke weitergereicht wurden. (Vasari, Leben, 2006, 192.) „Clovio,der in fast vierzig Jahren nur zwei Codices für seinen Mäzen illustrierte, schuf zahlreiche Miniaturenfür diplomatische Zwecke.“ (Vasari, Leben, 2006, 203.)

115Vgl. Vasari, Leben, 2006, 192.116Vgl. Vasari, Leben, 2006, 67. Giulio Romano soll bei dieser Entscheidung entscheidenden Einfluss

gehabt haben. (Vgl. ebd.)117Vgl. Vasari, Leben, 2006, 68. Clovio habe geschworen, dass er, falls er die Gefangenschaft bei den

Spaniern überleben sollte, einem Orden beitreten werde, so sei er er zu den Scopetini gekommen (Vgl.ebd.)

118Vasari nennt als Taufnamen Giorgio Giulio. Clovios ursprünglicher Name ist Juraj Klovic oder Jure

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Dort sei er nach drei Jahren wieder ausgetreten, da ihn Kardinal Grimani nach Perugia geholt

und angestellt habe.119 Die dort entstandenen Werke sollen Alessandro Farnese veranlasst haben,

Clovio nach Grimanis Tod zu engagieren.120 Clovio arbeitete für Farnese als Berater und

Agent.121 Vasari könne von den unzähligen Werken für Farnese nur einen Bruchteil erwähnen,

aber diese werden am genauesten behandelt. Besonders begeistert scheint Vasari vom Farnese-

Stundenbuch, welches er Seite für Seite über Seiten hinweg beschreibt.122

Gegen Ende zählt er noch einige Kabinettminiaturen auf, die Clovio für Farnese als

diplomatische Geschenke schuf. Wie auch schon vorher, nennt Vasari auch die Personen, für die

diese Werke bestimmt gewesen seien.123 Auch für Cosimo I. soll er solche Geschenkbilder

gemalt haben.124 Die Vita endet ähnlich wie bei Marcillat mit höchstem Lob.125

Die erste Ausgabe der Vite enthielt eine kurze Passage über Clovio am Ende der Vita von

Sebastiano del Piombo. 1568 fällt diese weg und Clovio bekommt eine eigene Vita.126 Zu

technischen Bereichen der Miniaturmalerei gibt die Vita so gut wie nichts her. Es scheint Vasari

hier weniger um eine vollständige Biografie als um die Leistungen Clovios und deren

Würdigung zu gehen.127 So werden einige Details wie die Freundschaft zu Valerio Belli und

seine Zusammenarbeit mit Pieter Brueghel d. Ä. beispielsweise nicht erwähnt.128

5.2 Vasaris Intention

Vasari arbeitete zur gleichen Zeit wie Clovio am Hof der Farnese. Sie pflegten einen

freundschaftlichen Kontakt, einen Großteil der aufgezählten Werke hatte Vasari demnach

wahrscheinlich persönlich betrachtet.129 Sie stehen deshalb im Zentrum seiner Betrachtungen.

Clovios Duktus entsprach dem Geschmack Vasaris. „Clovio beherrschte die naturgetreue

Porträtdarstellung genauso wie die Regeln der Perspektive – nicht zuletzt orientierte er sich an

den Werken Albrecht Dürers, Tizians und Michelangelos.“130

Glovisic. Giulio nannte er sich wahrscheinlich erst nach seinem Eintritt ins Kloster 1527. (Vgl. Vasari,Leben, 2006, Vgl. 192.)

119Vgl. Vasari, Leben, 2006, 69. Vasari erzählt, dass Clovio sich ein Bein gebrochen habe und dieMönche mit der Pflege überfordert gewesen seien. Kardinal Grimani soll ihn aus der Misere geholfenhaben.

120Vgl. Vasari, Leben, 2006, 69.121Vgl. Vasari, Leben, 2006, 198. Zu Clovio als Hofkünstler: Riebesell, Christina: Giulio Clovio (1498 -

1578) als Hofkünstler, in: Re-Visionen. Zur Aktualität von Kunstgeschichte. Berlin 2001, 123-143.122Vgl. Vasari, Leben, 2006, 72-80.123Vgl. Vasari, Leben, 2006, 80.124Vgl. Vasari, Leben, 2006, 81.125Vgl. Vasari, Leben, 2006, 84-85. Clovio lebt zum Zeitpunkt der Publikation der zweiten Ausgabe

immer noch bei den Farnese. (Vgl. Vasari, Leben, 2006, 72.)126Vgl. Vasari, Leben, 2006, 63-64.127So lautet die Überschrift zu dem Kapitel Di Don Giulio und nicht Vita di Don Giulio. (Vgl. Vasari,

Leben, 2006, 64.)128Vgl. Vasari, Leben, 2006, 65.129Vgl. Vasari, Leben, 2006, 64.130Vasari, Leben, 2006, 63. Zum Einfluss von Michelangelo und Raffael: Laurenza, Domenico: Un

dessin de Giulio Clovio (1498 - 1578) d'apres Michel Coxcie (1499 - 1592). De l'influence de Raphaëlet de Michel - Ange sur des artistes de la génération de 1530, in: Revue du Louvre, 44.3 (1994), 30-

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Am Ende der Vita spricht Vasari seine Absicht deutlich aus: „Ich habe der Welt diese Nachricht

von ihm hinterbringen wollen, damit all jene von ihm erfahren, die seine Werke nicht sehen

können und auch nie sehen werden“.131

5.3 Das Farnese-Stundenbuch

Beim Officium Beatae Mariae Virginis handelt es sich um die die berühmteste illuminierte

Handschrift der Hochrenaissance.132 Sie hatte nie eine praktische Aufgabe, sondern war von

vorne herein als Kunstwerk konzipiert.133 Clovio soll nach Vasari neun Jahre daran gearbeitet

haben.134 Achtundzwanzig ganzseitige Miniaturen von Clovio fungieren als typologische

Bildpaare, antitypisch gegenübergestellt stehen sie einem Textabschnitt voran. „Das linke Bild

illustriert dabei den Inhalt des folgenden Textes, während sich auf der rechten Seite eine dazu

passende Präfiguration befindet.“ Das Buch zeigt dabei nicht nur christliche Szenen, sondern

auch „pagane Analogien“. Viele dieser Motive lassen zeitgenössische Vorbilder durchscheinen

wie Michelangelo, Raffael und Dürer.135 Vasari nennt als Kalligraphen Francesco Monterchi.136

Er geht Seite für Seite vor, erwähnt kurz den ikonographischen Inhalt, zeigt sich aber besonders

von der Rahmung und den Bordüren begeistert. Bei der ersten Hore werden Geburt Christi und

Adam und Eva essen den Apfel gegenübergestellt, aber Vasari betont hier nur: „Das

Rahmenornament ist bei beiden angefüllt mit nackten Gestalten, weiteren Figuren und

naturgetreu gemalten Tieren.“137

Beim Bildpaar Verkündigung an die Hirten und Die Tiburtinische Sibylle lokalisiert Vasari

fälschlicherweise die gegenübergestellten Porträts von Alexander dem Großen und Alessandro

Farnese in den Bordüren, obwohl diese erst auf den nächsten Seiten folgen (Abb. 14).138

Neben der Rahmung beeindruckt ihn auch der Detailreichtum der Miniaturen.139 So benutzt er

zweimal die Metapher der Ameise, um seinen Eindruck der Kleinteiligkeit und Komplexität zu

erläutern.140 In seinen Worten spiegelt sich wahre Begeisterung: „es ist einfach wundervoll zu

sehen, daß man eine so kleine Szene mit der Pinselspitze perfekt auszuführen vermag - dies

gehört zu den größten Dingen, die eine Hand auszuführen und ein menschliches Auge zu sehen

35.131Vasari, Leben, 2006, 85.132Vgl. Vasari, Leben, 2006, 198. Aufbau: 36 teilweise illuminierte Textseiten, 28 ganzseitige Bilder, 50

unverzierte Seiten (Vgl. Vasari, Leben, 2006, 199.) Vasari spricht von 26 Bildern. Die Vorstudien zumStundenbuch sind größtenteils verloren.

133Vgl. Vasari, Leben, 2006, 198-199.134Vgl. Vasari, Leben, 2006, 79.135Vasari, Leben, 2006, 199. Eines der ersten Werke soll eine Madonna nach Vorbild eines Holzschnitts

von Dürer gewesen sein. In Italien habe er dann nach Michelangelo gezeichnet, Tizian sei ebenfallsVorbild gewesen. (Vgl. Vasari, Leben, 2006, Vgl. 68-69.)

136Vgl. Vasari, Leben, 2006, 72, 198.137Vasari, Leben, 2006, 73.138Vgl. Vasari, Leben, 2006, 73, 200.139Vgl. Vasari, Leben, 2006, auch 78.140Vgl. Vasari, Leben, 2006, 76, 84, 203.

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vermag.“141 Auch die Verbindung von Text und Bild lobt er: „Wer aber aus dem Staunen noch

nicht herausgekommen will, der betrachte die Litaneien, wo er aus den Buchstaben der

Heiligennamen minutiöse Verschnörkelungen geschaffen hat. (Abb. 15)142

5.4 Vasaris Stilkritik anhand des Stundenbuches

Wie sich sicherlich oben schon gezeigt hat, war Vasari von Clovios Präzision mit dem Pinsel

beeindruckt, diese Sorgfalt attestierte er aber auch anderen Buchmalern.143 Die spezielle

Stilkritik macht Vasari direkt am Farnese-Stundenbuch fest.144

„Zwischen all diesen Szenen kann man unmöglich ausgefallenere und schönere Variationen

einfallsreicher Ornamente sehen, mit nackten Körpern - Männern wie Frauen - in

unterschiedlichen Haltungen und Posen, die in allen Teilen durchdacht, wohlgewählt und zur

Bereicherung jenes Werks passend in den Bordüren verteilt sind.“ (Abb. 16)145 Zudem halte

Clovio sich an die „Regeln der Perspektive mit größtmöglicher Perfektion“.146

„Die Szenen und Erfindungen zeigen disegno, die Komposition Ordnung und Vielfalt und die

Kleider einen Reichtum und eine so schöne Anmut und solchen Stil in der Ausführung, daß sie

unmöglich von Menschenhand zu stammen scheinen. Wir dürfen deshalb, wie wir es schon zu

Beginn taten, feststellen, daß Don Giulio die antiken wie die modernen Künstler darin

übertroffen hat und in unserer Zeit ein kleiner und neuer Michelangelo gewesen ist.“147 Vasari

fasst in diesem Absatz konsequent sämtliche ausschlaggebende Kriterien zusammen und setzt

Clovio, der all diese erfüllt, auf eine Ebene mit Michelangelo - eine nicht selbstverständliche

Adelung. So sei das Stundenbuch „eher ein göttliches denn ein menschliches Werk“.148

5.5 Fazit

Die Vita von Giulio Clovio bietet einzigartige Informationen zur zeitgenössischen Bewertung

des Farnese-Stundenbuchs, auch zeigt sie, welche Bedeutung den Kabinettminiaturen in der

damaligen Politik zukam - inhaltliche Analogien zu der Steinschneidervita. Clovio hatte als

Hofkünstler und Agent somit enormen Einfluss.

141Vasari, Leben, 2006, 76.142Vasari, Leben, 2006, 76-78.143Vgl. Vasari, Leben, 2006, 67, 193.144Weitere Informationen zum Stundenbuch: Smith, Webster (Hg.): Das Stundenbuch des Kardinals

Alessandro Farnese mit den Miniaturen von Giulio Clovio. München 1976.145Vasari, Leben, 2006, 79. (Hervorhebungen durch den Verfasser.) „Tausend Baumarten, die so gut

wiedergegeben sind, daß sie aus dem Paradies zu stammen scheinen“, tragen ebenfalls zur Variationbei. (Vasari, Leben, 2006, 80.)

146Vasari, Leben, 2006, 80. (Hervorhebungen durch den Verfasser.)147ebd.148Vasari, Leben, 2006, 79.

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6 Zusammenfassung

Es wurde gezeigt, wie unterschiedlich Vasari seine Viten gestaltet, welche Zugeständnisse und

Kompromisse er bei den Steinschneidern eingeht, wie er seinem Lehrer Guillaume de Marcillat

und seinem Freund Giulio Clovio jeweils ein literarisches Denkmal setzt.

Bei Vasari wird die große soziale Funktion der kleinen Künste, der Gemmen, Kameen und

Miniaturen, umfassend ersichtlich. So ist es erstaunlich, dass diese Bereiche der Kunst bis jetzt

in der Kunstgeschichte nur mangelhaft behandelt wurden. Während Giulio Clovio unter

anderem im Rahmen des Farnese-Stundenbuchs und des Towneley Lectionary noch am meisten

Beachtung erfuhr149, blieb die Forschungsarbeit zu Guillaume de Marcillat und den diversen

Steinschneidern bis jetzt verschwindend gering.

Es ist erkennbar, dass trotz einer sehr freien Textgestaltung im Hintergrund immer ein

theoretisches Gerüst seine Ausführungen stützt. Gewisse Termini (hier z.B. Ordnung, Stil), die

er in seiner theoretischen Einleitung beispielsweise nur mit der Architektur in Bezug setzt,

wendet er auch auf die Glas- und Miniaturmalerei an. Dies deutet an, dass allen drei Künsten

ein gemeinsamer theoretischer Überbau gegeben ist.

In der Stilkritik nutzt er verschiedene Zugänge. Während er bei Marcillat eher

Gemeinsamkeiten verschiedener Werke herausfiltert und technische Aspekte in die Bewertung

miteinbezieht, betrachtet und analysiert er bei Clovio dessen Hauptwerk und kommt

hauptsächlich dadurch zu seinem Fazit. Seine Stilkritik bleibt meist nachvollziehbar und trotz

weniger Ungenauigkeiten in der Beschreibung eine beispielhafte Pionierarbeit, die wir dankbar

entgegennehmen müssen.

149Hier bestimmt lesenswert: Alexander, Jonathan: A newly discovered manuscript illuminated by GiulioClovio, in: Quand la peinture était dans les livres. Turnhout 2007, 25-33, 435.

19

Page 20: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

7 Literaturverzeichnis

Altmann-Höfler, 2009

Altmann-Höfler, Lydia: Vasaris Kunsttheorie. Einführung in die Künste der Architektur,

Bildhauerei und Malerei. Der Paragone. (Unveröffentlichte Seminararbeit) Salzburg

2009.

Vasari, Kunsttheorie, 2004

Vasari, Giorgio, Burioni, Matteo, Feser, Sabine (Hgg.): Kunstgeschichte und

Kunsttheorie, Berlin 2004.

Vasari, Leben, 2006

Vasari, Giorgio, Zeller, Anja (Hg.): Die Leben der ausgezeichneten Gemmenschneider,

Glas- und Miniaturmaler Valerio Belli, Guillaume de Marcillat und Giulio Clovio.

Übers. v. Victoria Lorini, Berlin 2006.

Weiterführende Literatur:

• Alexander, Jonathan: A newly discovered manuscript illuminated by Giulio Clovio, in:

Quand la peinture était dans les livres. Turnhout 2007, 25-33, 435.

• Burns, Howard (Hg.): Valerio Belli Vicentino 1468c. - 1546. Vicenza 2000.

• Davis, Charles: Ritratti di Valerio Belli. Valerio Belli ritrattista, in: Il ritratto nell'Europa

del Cinquecento. Florenz 2007.

• Fratini, Donatella: Un profilo di Arezzo nel '500. Guillaume de Marcillat,

Giovann'Antonio Lappoli e Niccolò Soggi nelle "Vite" del Vasari, in Arezzo e Vasari.

Vite e postille. Foligno 2007, 67-83.

• Grassi, Alessandro: Le vetrate di Guillaume de Marcillat nel Duomo d'Arezzo, in:

Artista, 2007, 6-25.

• Henry, Tom: Arezzo's Sistine ceiling. Guillaume de Marcillat and the frescoes in the

cathedral at Arezzo, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz,

39.1995 (1996), 209-257.

• Laurenza, Domenico: Un dessin de Giulio Clovio (1498 - 1578) d'apres Michel Coxcie

(1499 - 1592). De l'influence de Raphaël et de Michel - Ange sur des artistes de la

génération de 1530, in: Revue du Louvre, 44.3 (1994), 30-35.

• Lawrence, Sarah: Imitation and emulation in the numismatic fantasies of Valerio Belli,

in: The Medal, 29 (1996), 18-29.

• Riebesell, Christina: Giulio Clovio (1498 - 1578) als Hofkünstler, in: Re-Visionen. Zur

Aktualität von Kunstgeschichte. Berlin 2001, 123-143.

• Smith, Webster (Hg.): Das Stundenbuch des Kardinals Alessandro Farnese mit den

Miniaturen von Giulio Clovio. München 1976.

20

Page 21: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

8 Abbildungsverzeichnis

Falls nicht anders angegeben, wurden die Abbildungen entnommen aus: Vasari, Giorgio, Zeller,

Anja (Hg.): Die Leben der ausgezeichneten Gemmenschneider, Glas- und Miniaturmaler

Valerio Belli, Guillaume de Marcillat und Giulio Clovio. Übers. v. Victoria Lorini, Berlin 2006.

Abb. 1: Cristoforo Coriolano zugeschrieben: Holzschnittporträt Valerio Belli

Abb. 2: Manno Sharri und Giovanni Bernardi: Cassetta Farnese, Neapel, Museo e

Gallerie Nazionali di Capodimonte

Abb. 3: Giovanni Bernardi: Tityos, Bergkristall, London, British Museum

Abb. 4: Valerio Belli: Gefangennahme Christi, Vatikan, Biblioteca Apostolica, Museo

Sacro

Abb. 5: Valerio Belli: Cassetta Medici, Florenz, Palazzo Pitti, Museo degli Argenti

Abb. 6: Cristoforo Coriolano zugeschrieben: Holzschnittporträt Guillaume de Marcillat

Abb. 7: Guillaume de Marcillat: Berufung des Matthäus, Arezzo, Dom

Abb. 8: Vertreibung der Kaufleute, Arezzo, Dom, in: Prometheus Bildarchiv, URL:

http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/de/image/show/Image-dresden-

1e6b07a8d5f591b5c1118c187cf6237bcd086b65 (Zugriff am 07.06.2009).

Abb. 9: Erteilung des Portiunkula-Ablasses, Arezzo, San Francesco

Abb. 10: Anbetung der Könige, London, Victoria & Albert Museum

Abb. 11: Diskussion über die unbefleckte Empfängnis mit Eva, Berlin, Staatliche

Museen, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie, in: Prometheus

Bildarchiv, URL: http://prometheus.unikoeln.de/pandora/de/image/show/Image-

bpk-0a5ca913c6dd5eb96f1cb7a8a0db6ea5e9187b27 (Zugriff am 07.06.2009).

Abb. 12: El Greco: Porträt des Giulio (Farnese-Stundenbuch aufgeschlagen), Neapel,

Museo e Gallerie di Capodimonte

Abb. 13: David und Goliath, Paris, Musée Monet-Marmottan, Sammlung Wildenstein

Abb. 14: Verkündigung an die Hirten und Vision der Tiburtinischen Sibylle, Farnese-

Stundenbuch, New York, Pierpont Morgan Library & Bordüre mit Alexander

dem Großen und Alessandro Farnese, Farnese-Stundenbuch, New York,

Pierpont Morgan Library

Abb. 15: Heiligenlitanei mit Fronleichnamsprozession,Farnese-Stundenbuch, New York,

Pierpont Morgan Library

Abb. 16: Verkündigung, Farnese-Stundenbuch, New York, Pierpont Morgan Library

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9 Lebensläufe

Valerio Vicentino [Belli]150

um1468 Valerio wird in Vicenza als Sohn eines Kaufmanns geboren.

1502 Heirat mit Caterina dal Toso aus Vicenza

1505-20 Belli ist vermutlich viele Jahre in Venedig tätig. 1517 wird er von Raffael

porträtiert.

1520 längerer Aufenthalt in Rom

1521 Belli läßt sich Anfang des Jahres in Vicenza nieder, seine Töchter Lucilla und

Flavia heiraten die Schmiedesöhne Simone und Giovanni Giacomo Spinella.

1523 Arbeiten aus Gold und Kristall für Leo X.

1524 Altarkreuz mit Bergkristallen für Clemens VII.

1524/25-30 Erneuter Aufenthalt in Venedig. Marino Grimani überläßt ihm Zeichnungen von

Raffael.

1530 Valerio läßt sich endgültig in Vicenza nieder.

1530-32 Cassetta Medici für Clemens VII.

1536 Valerio tritt im März zusammen mit seinem Schwiegersohn Simone Spinella der

Goldschmiedevereinigung von Vicenza bei und wird im Juni zu deren Vorstand

gewählt.

1539-41 Belli weilt noch einmal in Rom, wo er mit Francisco de Hollanda

zusammentrifft und an der päpstlichen Münze arbeitet.

1542 Vasari besucht Belli und seine Kunstsammlung in Vicenza.

1546 Valeio stirbt im Juli in Vicenza

150Lebenslauf vollständig entnommen aus: Vasari, Leben, 2006, 148.

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Daten zu Leben und Werk Guillaume de Marcillats151

1467-70 Guillaume wird in La Châtre en Berry (Frankreich) geboren.

1505-06 Wahrscheinlich kommt er um diese Zeit nach Rom. Fenster für die Sala Regia

im Vatikan sind belegt.

1509 Guillaume tritt mit päpstlicher Erlaubnis von den Dominikanerbrüdern zu den

Augustinereremiten über.

1509-10 Zwei Fenster mit Szenen aus dem Marienleben und der Kindheit Jesu entstehen

für den Chor von Santa Maria del Popolo.

1510 Guillaume wird durch Julius II. zum Prior des Benediktinerklosters in Saint

Thiébaut-de-Saint-Mihial-sur-Meuse bei Verdun ernnant.

1515 Werkstattgründung in Cortona und Beginn zweier Rechnungsbücher; Fenster

für den Stadtpalast von Silvio Paserini in Cortona (bis 1517)

1516 Geburt Christi und Anbetung der Magier, Schutzmantelmadonna, Heilige Lucia

und Heiliger Silvester

1517 Freskierung der Fassade von Silvio Passerinis Stadtpalast

1518 Pfingstwunder

1518-24 Fünft Biforienfenster mit christologischen Szenen für den Dom von Arezzo

1519-20 Sechsmonatiger Aufenthalt in Rom; Rundfenster für die Gemeindekirche der

Deutschen

1520 Übersiedlung von Cortona nach Arezzo, Heiliger Hieronymus

1521 Entwurf für ein Handwaschbecken

1521-28 Freskierung dreier Gewölbe im Hauptschiff und eines Gewölbes im linken

Seitenschiff im Dom von Arezzo

1524 Erteilung des Portiunkula-Ablasses, Architekturentwürfe

1525 Himmelfahrt Mariens, Maria Magdalena

1526 Marienhochzeit, Kreuzabnahme und Grablegung, Verkündigung mit vier

Heiligen (Ölgemälde)

1528 Diskussion über die unbefleckte Empfängnis mit Eva (Ölgemälde), Fenster für

den Dom von Perugia

1529 Guillaume stirbt am 29. Juli in Arezzo.

151Lebenslauf vollständig entnommen aus: Vasari, Leben, 2006, 186.

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Page 24: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

Daten zu Leben und Werk des Giulio Clovio152

1498 Geburt in Grisane (Kroatien) als Jure Glovisic oder Klovic (ital. Giorgio

Clovio)

1516-19/23 für Domenico und Marino Grimani in Venedig und Rom tätig; Entwürfe für

Medaillen und Siegel; Beginn der Freundschaft mit Giulio Romano

1524-26 im Dienst des ungarischen Königs Ludwig II. in Buda

1526 Teilnahme an der Schlacht von Mohács; Flucht aus Ungarn zu Kardinal

Campeggi in Rom

1527 spanische Gefangenschaft während des 'Sacco di Roma'; Flucht aus Rom

1528 Tritt den Regularkanonikern der Scopetini im Kloster San Ruffino in Mantua

bei und nennt sich fortan Giulio Clovio.

1529-31 Aufenthalt im Kloster San Michele von Candiana bei Padua, wo ihn der

Buchmaler Girolamo dai Libri in der Kunst der Buchillumination unterrichtet;

Fertigung eines Choralbuches; Verletzung am rechten Bein

1531-34 Er weilt je ein jahr in den Kanoniker-Klöstern von Venedig, Treviso (Libro IV

dei miracoli) und Ravenna.

1534 mit Kardinal Marino Grimani anläßlich des Papstkonklaves im Herbst in Rom

1535-38 mit Grimani in Perugia, wo ihm per Freibrief erlaubt wird, die Augustinerkutte

abzulegen; Kommentar zu St. Paulus' Epistel an die Römer, Stanze sopra

l'impresa d'Aquila

1538 Rückkehr nach Rom; Zusammenkünfte mit Francisco de Hollanda und Valerio

Belli

1539-41 Eintritt in die Dienste Alessandro Farneses

1546 Beendigung des Farnese-Stundenbuchs

1551-53/54 Aufenthalt in Florenz, wo er zeitweise im Palazzo Pitti wohnt; Kreuzigung mit

Maria Magdalena, Pietà für Cosimo de' Medici

1553 Zusammenarbeit mit Pieter Brueghel dem Älteren

1556 Aufenthalt in Parma bei Ottavio Farnese und Margarethe von Österreich; David

und Goliath; Porträtsitzungen bei der Malerin Sofonisba Anguissola

1557-58 Aufenthalt in Piacenza

1558-59 Operation am linken Auge; Aufenthalt in Correggio

1559-60 Candiana, Venedig um Caprarola

1561 Rückkehr nach Rom; Clovio lebt fortan im Palazzo Farnese

1564 Beginn des Towneley Lectionary

1568 Unterstützung des flämischen Künstlers Bartholomäus Spranger und spätere

152Lebenslauf vollständig entnommen aus: Vasari, Leben, 2006, 217-218

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Page 25: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

Zusammenarbeit

1570 Unterstützung des jungen Malers El Greco, der im Palazzo Farnese Unterkunft

findet

1573 Ölgemälde für Margarethe v. Österreich

1578 Clovio stirbt am 3. Januar in Rom und wird in San Piero in Vincoli bestattet.

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Page 26: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

10 Anhang

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Abb. 1: Cristoforo Coriolano

zugeschrieben: Holzschnittporträt

Valerio Belli

Abb. 2: Manno Sharri und Giovanni Bernardi: Cassetta Farnese,

Neapel, Museo e Gallerie Nazionali di Capodimonte

Page 27: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

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Abb. 3: Giovanni Bernardi: Tityos, Bergkristall, London, British Museum

Abb. 4: Valerio Belli: Gefangennahme Christi, Vatikan, Biblioteca

Apostolica, Museo Sacro

Page 28: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

Abb. 6: Cristoforo Coriolano zugeschrieben: Holzschnittporträt Guillaume de Marcillat

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Abb. 5: Valerio Belli: Cassetta Medici, Florenz, Palazzo Pitti, Museo degli Argenti

Page 29: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

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Abb. 7: Guillaume de Marcillat: Berufung

des Matthäus, Arezzo, Dom

Abb. 8: Vertreibung der Kaufleute, Arezzo,

Dom

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Abb. 9: Erteilung des Portiunkula-Ablasses, Arezzo, San Francesco

Page 31: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

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Abb. 10: Anbetung der Könige, London, Victoria & Albert Museum

Page 32: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

Abb. 11: Diskussion über die unbefleckte Empfängnis mit Eva, Berlin, Staatliche Museen,

Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie

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Abb. 12: El Greco: Porträt des Giulio (Farnese-Stundenbuch aufgeschlagen), Neapel,

Museo e Gallerie di Capodimonte

Page 33: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

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Abb. 13: David und Goliath, Paris, Musée Monet-Marmottan,

Sammlung Wildenstein

Page 34: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

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Abb. 14: (Oben) Verkündigung an die Hirten und Vision der Tiburtinischen

Sibylle, Farnese-Stundenbuch, New York, Pierpont Morgan Library

(Darunter) Bordüre mit Alexander dem Großen und Alessandro Farnese,

Farnese-Stundenbuch, New York, Pierpont Morgan Library

Page 35: GIORGIO VASARI DIE LEBEN DER AUSGEZEICHNETEN STEINSCHNEIDER, GLAS- UND MINIATURMALER Betrachtung dreier Viten

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Abb. 16: Verkündigung, Farnese-

Stundenbuch, New York, Pierpont

Morgan Library

Abb. 15: Heiligenlitanei mit Fronleichnamsprozession,Farnese-Stundenbuch, New

York, Pierpont Morgan Library