4
Fachthemen DOI: 10.1002/dama.201300604 398 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Mauerwerk 17 (2013), Heft 6 Sascha Djamal Matthes Martin Groß Liesa Hübner Julia Ryssel Franziska Mai Heiko Hessenkemper Glasfaserbewehrter Porenbeton – ein neuer Baustoff mit Zukunfts-Potenzial Die Kombination von Tragfähigkeit und geringer Wärmeleitfähigkeit machen Porenbeton zu einem Baustoff mit großem Potenzial. Durch eine gezielte Glasbewehrung soll ein ent- scheidender Nachteil des Baustoffs – die geringe Zugfestigkeit – überwunden werden. Dazu wurden sowohl neue Glasfasersysteme entwickelt als auch die Auswirkung der Bewehrung grundlegend untersucht. Glass fibre reinforced Autoclaved Aerated Concrete (AAC) – A building material with great potential for the future. The combination of a high bearing strength and low heat conductivity shows the high potential of this building material for the future. A specific glass fibre reinforcement should resolve an important disadvantage of AAC – the low tensile strength. Therefor both new glass fibre systems were developed and the impact of the reinforcement was investigated fundamentally. 1 Einleitung Einer der weltweit wichtigsten Bau- stoffe ist Beton. Dieser zeichnet sich bekanntermaßen durch seine guten Festigkeitseigenschaften sowie die Verarbeitbarkeit direkt vor Ort aus. Weiterhin ist Beton ein sehr kosten- günstiger und flexibel einsetzbarer Baustoff. Nachteilig erweist sich vor allem die sehr geringe Wärmedämm- wirkung. Hinzu kommt noch ein ho- her Verbrauch an Primärenergie durch das Hochtemperatur-Herstellungsver- fahren sowie die Freisetzung erhebli- cher Mengen Kohlendioxids. Dieses entsteht zum einen durch die Verbren- nung, zum anderen aber auch durch die Zersetzung des in großen Mengen als Rohstoff verwendeten Kalksteins. Porenbeton dagegen besitzt auf- grund seiner hohen Porosität (s. Bild 1) eine vergleichsweise niedrige Wärme- leitfähigkeit. Deshalb ist Porenbeton, insbesondere solcher mit geringer Roh- dichte, bereits als Wärmedämmstoff einsetzbar. Für die Herstellung werden nur geringe Mengen Rohstoffe benö- tigt. Durch den Treibprozess ist es mög- lich, aus einer Menge von 1 m³ Roh- stoffen 5 m³ des Baustoffes herzustellen [1, S. 12]. Die hydrothermale Härtung im Autoklav benötigt nur wenig Pri- märenergie. Der Stoff- und Energie- kreislauf ist nahezu geschlossen. Wei- terhin sind der Einsatz sekundärer Rohstoffe sowie das Recycling von Porenbetonbruch möglich. Diese Fak- ten machen Porenbeton zu einem aus- gesprochen nachhaltigen und umwelt- verträglichen Baustoff. Dennoch liegt der Marktanteil von Porenbeton deut- lich unter dem von Beton. Hauptursa- chen hierfür sind zum einen die deut- lich geringere Festigkeit sowie die ge- ringere Flexibilität im Anwendungsfall, da eine Formgebung auf der Baustelle nur bedingt möglich ist. Besonders bei geringen Rohdichten, die eine verbes- serte Wärmedämmwirkung besitzen, ist die Festigkeit gering. 2 Zielstellung und Lösungsansätze An der Problemstellung der geringen Zugfestigkeit von Porenbeton setzt die ESF-geförderte Nachwuchsforscher- gruppe CompGlass an. Ziel ist eine Festigkeitssteigerung von Porenbeton durch die gezielte Einbringung von Glasfasern. Dabei soll ein Verbund- werkstoff entstehen, der die Vorteile des Porenbetons erhält und gleichzei- tig bestehende Nachteile ausgleicht. Dabei ergeben sich drei Arbeitsgebiete. 2.1 Untersuchung geeigneter Glasfasersysteme Ziel dieses Arbeitsgebietes ist es, ge- eignete Glasfasern für die Verstär- kung von Porenbeton zu entwickeln. Diese sollen ohne weiteres industriell und kostengünstig herstellbar sein. Während des Autoklaviervorgangs des Porenbetons herrschen Bedingungen, bei denen sich herkömmliches Glas auflöst. Unter hydrothermalen Bedin- gungen bei einer Temperatur von 190 °C und einem Druck von über 13 bar sowie einem pH-Wert von na- hezu 13 sind nur wenige Glassysteme stabil. Handelsübliche E-Glasfasern lösen sich auf und werden in die Poren- betonmatrix eingebaut ohne mechani- sche Effekte aufzuweisen. Es handelt sich bei E-Glasfasern um Erdalkali- Alumo-Silicatglas mit geringem Bor- Zusatz, das am häufigsten verwendete Glassystem für Glasfasern. Geeignet ist jedoch das bisher für die Verstär- kung von Beton als auch Leichtbeton verwendete AR-Glas, ein zirkonium- Bild 1. Struktur des Porenbetons Fig. 1. Structure of AAC

Glasfaserbewehrter Porenbeton - ein neuer Baustoff mit Zukunfts-Potenzial

  • Upload
    heiko

  • View
    212

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Glasfaserbewehrter Porenbeton - ein neuer Baustoff mit Zukunfts-Potenzial

Fachthemen

DOI: 10.1002/dama.201300604

398 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Mauerwerk 17 (2013), Heft 6

Sascha Djamal MatthesMartin GroßLiesa HübnerJulia RysselFranziska MaiHeiko Hessenkemper

Glasfaserbewehrter Porenbeton – ein neuer Baustoff mit Zukunfts-Potenzial

Die Kombination von Tragfähigkeit und geringer Wärmeleitfähigkeit machen Porenbeton zu einem Baustoff mit großem Potenzial. Durch eine gezielte Glasbewehrung soll ein ent-scheidender Nachteil des Baustoffs – die geringe Zugfestigkeit – überwunden werden. Dazu wurden sowohl neue Glasfasersysteme entwickelt als auch die Auswirkung der Bewehrung grundlegend untersucht.

Glass fibre reinforced Autoclaved Aerated Concrete (AAC) – A building material with great potential for the future. The combination of a high bearing strength and low heat conductivity shows the high potential of this building material for the future. A specific glass fibre reinforcement should resolve an important disadvantage of AAC – the low tensile strength. Therefor both new glass fibre systems were developed and the impact of the reinforcement was investigated fundamentally.

1 Einleitung

Einer der weltweit wichtigsten Bau-stoffe ist Beton. Dieser zeichnet sich bekanntermaßen durch seine guten Festigkeitseigenschaften sowie die Verarbeitbarkeit direkt vor Ort aus. Weiterhin ist Beton ein sehr kosten-günstiger und flexibel einsetzbarer Baustoff. Nachteilig erweist sich vor allem die sehr geringe Wärmedämm-wirkung. Hinzu kommt noch ein ho-her Verbrauch an Primärenergie durch das Hochtemperatur-Herstellungsver-fahren sowie die Freisetzung erhebli-cher Mengen Kohlendioxids. Dieses entsteht zum einen durch die Verbren-nung, zum anderen aber auch durch die Zersetzung des in großen Mengen als Rohstoff verwendeten Kalksteins.

Porenbeton dagegen besitzt auf-grund seiner hohen Porosität (s. Bild 1) eine vergleichsweise niedrige Wärme-leitfähigkeit. Deshalb ist Porenbeton, insbesondere solcher mit geringer Roh-dichte, bereits als Wärmedämmstoff einsetzbar. Für die Herstellung werden nur geringe Mengen Rohstoffe benö-tigt. Durch den Treibprozess ist es mög-lich, aus einer Menge von 1 m³ Roh-stoffen 5 m³ des Baustoffes herzustellen [1, S. 12]. Die hydrothermale Härtung im Autoklav benötigt nur wenig Pri-

märenergie. Der Stoff- und Energie-kreislauf ist nahezu geschlossen. Wei-terhin sind der Einsatz sekundärer Rohstoffe sowie das Recycling von Porenbetonbruch möglich. Diese Fak-ten machen Porenbeton zu einem aus-gesprochen nachhaltigen und umwelt-verträglichen Baustoff. Dennoch liegt der Marktanteil von Porenbeton deut-lich unter dem von Beton. Hauptursa-chen hierfür sind zum einen die deut-lich geringere Festigkeit sowie die ge-ringere Flexibilität im Anwendungsfall, da eine Formgebung auf der Baustelle

nur bedingt möglich ist. Besonders bei geringen Rohdichten, die eine verbes-serte Wärmedämmwirkung besitzen, ist die Festigkeit gering.

2 Zielstellung und Lösungsansätze

An der Problemstellung der geringen Zugfestigkeit von Porenbeton setzt die ESF-geförderte Nachwuchsforscher-gruppe CompGlass an. Ziel ist eine Festigkeitssteigerung von Porenbeton durch die gezielte Einbringung von Glasfasern. Dabei soll ein Verbund-werkstoff entstehen, der die Vorteile des Porenbetons erhält und gleichzei-tig bestehende Nachteile ausgleicht. Dabei ergeben sich drei Arbeitsgebiete.

2.1 Untersuchung geeigneter Glasfasersysteme

Ziel dieses Arbeitsgebietes ist es, ge-eignete Glasfasern für die Verstär-kung von Porenbeton zu entwickeln. Diese sollen ohne weiteres industriell und kostengünstig herstellbar sein. Während des Autoklaviervorgangs des Porenbetons herrschen Bedingungen, bei denen sich herkömmliches Glas auflöst. Unter hydrothermalen Bedin-gungen bei einer Temperatur von 190 °C und einem Druck von über 13 bar sowie einem pH-Wert von na-hezu 13 sind nur wenige Glassysteme stabil. Handelsübliche E-Glasfasern lösen sich auf und werden in die Poren-betonmatrix eingebaut ohne mechani-sche Effekte aufzuweisen. Es handelt sich bei E-Glasfasern um Erdalkali-Alumo-Silicatglas mit geringem Bor-Zusatz, das am häufigsten verwendete Glassystem für Glasfasern. Geeignet ist jedoch das bisher für die Verstär-kung von Beton als auch Leichtbeton verwendete AR-Glas, ein zirkonium-

Bild 1. Struktur des PorenbetonsFig. 1. Structure of AAC

Page 2: Glasfaserbewehrter Porenbeton - ein neuer Baustoff mit Zukunfts-Potenzial

399

S. D. Matthes/M. Groß/L. Hübner/J. Ryssel/F. Mai/H. Hessenkemper · Glasfaserbewehrter Porenbeton – ein neuer Baustoff mit Zukunfts-Potenzial

Mauerwerk 17 (2013), Heft 6

oxid-haltiges Alkalisilikatglas mit be-sonderer Resistenz gegen alkalischen Angriff (AR Alkali-Resistent) [2]. Die-ses ist aber durch den hohen Anteil an Zirkoniumoxid kostenintensiv.

Das Ziel dieses Aufgabengebietes soll auf zwei verschiedenen Wegen er-reicht werden. Zum einen durch eine Oberflächenbehandlung von weniger beständigen Glasfasern. Dabei sollen Glasfasern mit einer extrem alkalibe-ständigen Oberflächenschicht verse-hen werden, wodurch weniger kosten-intensive und bereits am Markt erhält-liche Glasfasern für die Verstärkung des Porenbetons geeignet sind. Zur Untersuchung des Erfolgs der Ober-flächenbehandlung werden die Fasern einer Lauge zu vergleichbaren Bedin-gungen im Autoklav ausgesetzt.

Zum anderen kann das Ziel durch den Einsatz von gut schmelzbaren, zirkoniumarmen Glassystemen, z. B. Phosphatglas, erreicht werden. Dazu wurde eine 8-Düsen-Doppelinduk-tionsanlage konzipiert (Bild 2), die in-nerhalb kurzer Zeiträume ausreichende Mengen von Glasfasern in einem wei-ten Zusammensetzungsbereich her-stellen kann.

2.2 Einbringung der Fasern in Porenbeton

In diesem Arbeitsgebiet sollen die Glasfasern gezielt in den Porenbeton eingebracht werden. Dabei werden

Porenbetonproben bis zu einer Treib-höhe von 55 cm hergestellt. Dadurch ist eine gute Vergleichbarkeit mit in-dustriellen Maßstäben gegeben. Bei der Einbringung der Fasern wird dar-auf geachtet, dass diese möglichst ho-mogen in der Porenbetonemulsion verteilt sind. Dadurch kann eine gleichmäßige Steigerung der Festig-keit des Porenbetons gewährleistet werden [3]. Dazu wurden eine spezi-elle Rührertechnik sowie eine neue Technologie des Abgusses der Poren-betonemulsion in die Form entwi-ckelt, die die genannten Anforderun-gen gewährleistet. Die Proben werden hinsichtlich ihrer mechanischen Ei-genschaften sowie ihrer Morphologie untersucht und mit Referenzproben verglichen, um den Effekt der Faser-verstärkung bewerten zu können. Da-bei stehen Untersuchungen der Biege-zugfestigkeit somit der Poren- und Faserstruktur mittels Computertomo-graphie im Vordergrund.

2.3 Mathematische Modellierung

Parallel zu den experimentellen Unter-suchungen erfolgt die mathematische Modellierung des Treibvorganges. Da-bei wird ein Modell entwickelt, das die Entstehung einer gewissen Poren-struktur aus den gegebenen Herstel-lungsparametern beschreibt. Deren Einfluss auf die Orientierung der ein-gebrachten Fasern wird dabei quanti-fiziert. Effekte einer dominierenden Ausrichtung der Fasern im Porenbe-ton durch den Quellprozess können somit erklärt werden. Die Simulation erlaubt weiterhin die Ermittlung ver-schiedener Parameter der Porenbeton- und Faserstruktur aus gegebenen Wer-ten wie z. B. Faserlängenverteilung, Faserorientierung vor dem Quellvor-

gang oder Partikelgrößenverteilung des Blähmittels.

3 Ergebnisse3.1 Untersuchung geeigneter

Glasfasern

OberflächenbehandlungZu Beginn wurden bereits etablierte Behandlungen, z. B. CVD-Prozess mit Aluminiumtrichlorid s. [10], zur Stei-gerung der chemischen Beständigkeit getestet, die jedoch lediglich einen ge-ringen Einfluss auf die Beständigkeit gegenüber alkalischen Lösungen auf-wiesen. Die bei diesen Behandlungen begrenzte Schichtdicke sowie der an-dere Mechanismus beim alkalischen Angriff im Vergleich zum Wasseran-griff bilden die dominierende Proble-matik. Diese Effekte führen zu einer rapiden Verringerung der Schutzwir-kung der Behandlung.

Weiterhin wurde versucht, eine zirkoniumoxidreiche Schicht auf der Oberfläche abzuscheiden. Dabei wur-den verschiedene Wege über CVD-Verfahren mit metallorganischen Zir-konium-Verbindungen bis hin zur Aufsinterung von Zirkonia-Partikel untersucht. Hierbei ist zum einen die Stabilität der aufgebrachten Schicht zu gering. Zum anderen sind die Kosten der benötigten Behandlungsmittel für ein wirtschaftliches Verfahren zu hoch.

Erfolgversprechend ist die thermo-chemische Behandlung mit bestimm-ten organischen Behandlungsmitteln. Dabei wird die Faseroberfläche mit dem Behandlungsmittel benetzt und durch eine gezielte Temperaturbehand-lung so modifiziert, dass eine Barriere-wirkung gegen den alkalischen Angriff entsteht.

Die Ergebnisse der Behandlun-gen sind in Bild 3 dargestellt. Deutlich

Bild 3. Oberflä-chenbehandlung der GlasfasernFig. 3. Surface treatment of glass fibres

Bild 2. Detail der FaserziehanlageFig. 2. Detail of fibre drawing device

Page 3: Glasfaserbewehrter Porenbeton - ein neuer Baustoff mit Zukunfts-Potenzial

S. D. Matthes/M. Groß/L. Hübner/J. Ryssel/F. Mai/H. Hessenkemper · Glasfaserbewehrter Porenbeton – ein neuer Baustoff mit Zukunfts-Potenzial

400 Mauerwerk 17 (2013), Heft 6

200 × 50 × 50 mm-Quader zerteilt, welche für die Festigkeitsmessung ver-wendet werden können. Störungen beim Schneiden traten immer dann auf, wenn die Homogenität der Fa-sern nicht gewährleistet ist. Inhomo-genitäten treten meist in Form von Faserclustern durch Agglomeration auf, welche insbesondere bei der Ver-wendung von Fasern mit niedrigem Durchmesser entstehen. Diese Cluster verhindern ein problemloses Schnei-den mit stehendem Draht.

Abhängig vom Faserdurchmesser können mit geeigneter Rührtechnik bis zu zwei Rohstoffmasseprozent Glasfasern homogen eingebracht wer-den. Um die Fasern im Bereich des sichtbaren Lichtes besser detektieren zu können, wurden intensiv gefärbte Glassysteme entwickelt. Eine Probe mit solchen Fasern zeigt Bild 4. Die Homogenität der Faserverteilung ist sehr anschaulich an computertomo-graphischen Aufnahmen zu erkennen (Bild 5). Bei Beachtung der jeweiligen Höchstmenge ist eine Einbringung der Fasern problemlos möglich, sodass keine Faser-Vorzugsrichtung bzw. kein Faser-Clustering erkennbar ist.

Die Bestimmung der Festigkeit erfolgte nach DIN EN 1351 [5]. Die Ergebnisse einer Probenserie sind in Bild 6 dargestellt. Da die Dichte des Porenbetons einen erheblichen Ein-fluss auf die Festigkeit hat, ist diese ein entscheidendes Kriterium für die Vergleichbarkeit der Probe [6]. Deut-lich zu erkennen ist die festigkeitsstei-gernde Wirkung des Faserzusatzes. Dabei ist noch ungeklärt, auf welche Art und Weise der Zusatz wirkt. Zum einen könnten die Fasern die während des Bruchvorganges auftretenden Zugspannungen aufnehmen und so die weitere Rissausbreitung hemmen. Zum anderen ist aber auch eine stabi-lisierende Wirkung während des Treib-

zu erkennen ist, dass die Alkaliresis-tenz aller behandelter Proben noch weit von AR-Glas entfernt ist. Es kön-nen Verbesserungen im Vergleich zum Ausgangsglas erzielt werden; diese sind für den Einsatz im Porenbeton jedoch nicht ausreichend. Die Unter-suchungen zu einer alkaliresistenz-erhöhenden Oberflächenbeschichtung zeigen demnach interessante Lösungs-ansätze, sind aber bei weitem noch nicht abgeschlossen.

Neue GlassystemeParallel zu Oberflächenbehandlungen wurde nach Basis-Glassystemen ge-sucht, welche bei guter Verarbeitbar-keit eine ausreichende Alkalibestän-digkeit vorweisen können. Gleichzei-tig dürfen die aus diesen Glassystemen hergestellten Fasern den Herstellungs-prozess von Porenbeton nicht stören. Problematisch erweisen sich hierbei insbesondere gelöste Ionen, die den Treibprozess sowie die Kristallbildung während der Autoklavhärtung nega-tiv beeinflussen. Erste Erfolge konn-ten mit Alumophosphat-Gläsern er-zielt werden, die eine sehr gute chemi-sche Beständigkeit aufweisen.

3.2 Einbringung der Fasern in den Porenbeton

Diese Versuche wurden mittels geeig-neter Fasern (handelsübliche sowie selbst hergestellte AR- und E-Glasfa-sern als auch neue Glassysteme) ver-schiedener Durchmesser durchgeführt. Entscheidend für eine erfolgreiche Ver-stärkung des Porenbetons sind eine homogene Verteilung der Fasern sowie deren isotrope Ausrichtung. Dazu ist eine Vereinzelung der Fasern in der Porenbeton-Emulsion nötig. Inhomo-genitäten in der Faserverteilung kön-nen zu Fehlstellen im Baustoff und damit zu einer Verringerung der Festig-keit führen.

Die Formgebung von Porenbeton findet bereits vor der Autoklavhär-tung im sogenannten grünen Zustand statt. Dabei wird der getriebene Block mit Hilfe von gespannten Drähten in die gewünschten Formate getrennt [4]. Die Faserbewehrung darf dieses Trennverfahren nicht stören. Um diese Effekte zu untersuchen, wurden die Proben teilweise manuell mit Draht getrennt. Dazu wurde ein Drahtschneider konzipiert, der die Probe mit drei parallelen Drähten in

Bild 4. Porenbeton mit gefärbten FasernFig. 4. AAC with colored glass fibres

Bild 5. Computertomographische Auf-nahmn von faserverstärktem Porenbe-tonFig. 5. Computer Tomography images of fibre reinforced AAC

Bild 6. Festig-keitssteigerung durch Faserbe-wehrungFig. 6. Increase of strength by rein-forcement

Page 4: Glasfaserbewehrter Porenbeton - ein neuer Baustoff mit Zukunfts-Potenzial

401

S. D. Matthes/M. Groß/L. Hübner/J. Ryssel/F. Mai/H. Hessenkemper · Glasfaserbewehrter Porenbeton – ein neuer Baustoff mit Zukunfts-Potenzial

Mauerwerk 17 (2013), Heft 6

prozesses beobachtbar, sodass ein be-lastbareres Gefüge entsteht.

Auf weitere Eigenschaften wie die Wärmeleitfähigkeit und die Tempera-turwechselbeständigkeit hat die Faser-verstärkung keinen signifikanten Ein-fluss, da der Einfluss von Dichtevaria-tionen für diese Parameter dominant ist [7].

3.3 Mathematische Modellierung des Treibvorganges

In den bisher durchgeführten Unter-suchungen konnten Modifikationen des sogenannten Cherry-Pit-Modells [8], [9] erfolgreich implementiert und getestet werden. Dieses Modell be-schreibt das Verdrängungsverhalten von Blasen, welche während des Quell-prozesses zu Poren anwachsen, und wurde um die Interaktion mit Fasern erweitert. Das Wachstumsverhalten der Blasen kann dabei beliebig variiert und von weiteren Parametern abhän-gig gemacht werden. Weiterhin wur-den verschiedene Visualisierungsme-

thoden zur Veranschaulichung und Analyse entwickelt und angewandt, welche eine Schnittstelle zwischen Si-mulation und den hergestellten Pro-ben bildet. Dazu gehört vor allem die Erzeugung von ebenen Schnittbildern (Bild 7) durch die Porenstruktur, wel-che mit ebenen Schnitten durch eine Porenbetonprobe verglichen werden können. Quantitative als auch qualita-tive Bewertungen von Wirkungen ei-ner Faserbewehrung sind somit mög-lich. Dazu gehört die Generierung von Daten zur räumlichen Orientierung der Fasern. Nachträgliche statistische Analysemethoden konnten somit an-geschlossen werden, um Vorzugsrich-tungen der Fasern in Anhängigkeit der gewählten Parameter zu identifizieren.

4 Fazit

In den durchgeführten Untersuchun-gen konnte die Machbarkeit einer Glasfaserbewehrung für Porenbeton gezeigt werden. Die homogene Vertei-lung der Fasern sowie die Beachtung einer maximal einbringbaren Faser-menge bildeten hierbei den Fokus der Untersuchungen. Eine signifikante, festigkeitssteigernde Wirkung des Glasfaserzusatzes ist für Porenbeton beobachtbar. Durch die parallel dazu durchgeführte mathematische Model-lierung konnte zusätzlich die Wech-selwirkung der Fasern und des Treib-vorganges sehr anschaulich darge-stellt werden.

Es wurden Möglichkeiten gefun-den, die Glasoberfläche derart zu be-handeln, dass die Alkalibeständigkeit der Glasfaser steigt. Dennoch konnte die Alkaliresistenz des AR-Glases nicht erreicht werden. Auf diesem Gebiet

liegen die Hauptarbeitsfelder für wei-tere Untersuchungen.

Die Arbeiten der Nachwuchsfor-schergruppe werden finanziert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.

Literatur

[1] Homann, M.: Porenbeton Handbuch. Gütersloh: Bauverlag 2008.

[2] Faiz A. Mirza, Parviz Soroushian: Ef-fects of alkali-resistant glass fiber rein-forcement on crack and temperature resistance of lightweight concrete. Ce-ment & Concrete Composites 24 (2002), pp. 223-227.

[3] Weidemann, G. et. al.: Untersuchung von faserverstärktem Porenbeton mit Computertomographie. DGZfP Jahres-tagung. 2007.

[4] Stadie, R.: Festigkeits- und Verfor-mungsverhalten von kurzfaserverstärk-tem Porenbeton. Dissertation. TU Ber-lin, 2008.

[5] DIN EN 1351: Bestimmung der Biege-zugfestigkeit von dampfgehärtetem Porenbeton. 1997.

[6] Zolldann, K. Modellierung der rezep-turabhängigen Eigenschaften von Poren-beton. Dissertation. TU Freiberg, 1998.

[7] Narayanan, N., Ramamurthy, K.:-Structure and properties of aerated concrete: a review. Cement & Concrete Composites 22 (2000), pp. 321-329.

[8] Torquato, S.: Random Heterogeneous Materials, Microstructure and Macro-scopic Properties. New York: Springer 2002.

[9] Kadashevich, I., Stoyan, D.: Statistical modeling of the geometrical structure of the system of artificial air pores in autoclaved aereated concrete. Autocla-ved Aerated Concrete - Innovation and Development. 2005.

[10] EP000002181075A1. Verfahren zur Herstellung von Glas mit Oberflächen-behandlung mit Aluminiumchlorid am oder unmittelbar vor dem Kühlofen. 2010.

Autoren dieses Beitrages:Dipl.-math. Sascha Djamal MatthesDipl.-Ing. Martin GroßDipl.-Ing. Liesa HübnerDipl.-Ing. Julia RysselDipl.-Ing. Franziska MaiProf. Dr.-Ing. Heiko HessenkemperTU-Bergakademie FreibergInstitut für Keramik, Glas- und Baustofftechnik Lehrstuhl für Glas- und EmailtechnikLeipziger Straße 28, 09596 Freiberg

[email protected]

Bild 7. Generiertes Schnittbild durch einen simulierten PorenbetonblockFig. 7. Generated sectional image of simulated block of AAC

Bild 8. Simulationsergebnis eines fa-serbewehrten PorenbetonblocksFig. 8. Result of simulation of fiber re-inforced block of AAC