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GOWOG German Offshore Wind Operation Guide Leitfaden für die technische Betriebsführung. Saskia Greiner, Susanne Appel, Philip Joschko, Torsten Renz, Henning Albers

GOWOG German Offshore Wind Operation Guide...von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten

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GOWOG German Offshore Wind Operation Guide

Leitfaden für die technische Betriebsführung.

Saskia Greiner, Susanne Appel, Philip Joschko, Torsten Renz, Henning Albers

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Der „German Offshore Wind Operation Guide“ (GOWOG) wird von der Hochschule Bremen, der

Universität Hamburg und der IZP Dresden mbH als Teilergebnis des vom Bundesministeriums für

Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Forschungsprojektes „SystOp Offshore Wind –

Entwicklung eines Planungs- und Optimierungswerkzeugs zur systemumfassenden Optimierung des

Leistungssystems Offshore-Windpark“ veröffentlicht.

Die Dokumentation des Referenzprozessmodells „German Wind Power Plant Model“ (GWPPM) als

weiteres Teilergebnis des genannten Forschungsprojektes wird separat von der BTC AG

veröffentlicht.

Der GOWOG und das GWPPM werden auf der Projekt-Webseite www.systop-wind.de veröffentlicht.

Webseite: www.systop-wind.de

Projektlaufzeit: 01.05.2011 – 31.10.2014

Förderkennzeichen: 0325283

Das Projekt „SystOp Offshore Wind“ ist ein Verbundprojekt der Konsortialpartner

Hochschule Bremen,

Institut für Umwelt- und Biotechnik

Ingenieurgesellschaft Zuverlässigkeit und

Prozessmodellierung mbH

Universität Hamburg

BTC Business Technology Consulting AG

Ansprechpartner: Hochschule Bremen

Saskia Greiner

Neustadtswall 30

28199 Bremen

t. 0421 5905 2377

[email protected]

Autoren:

Saskia Greiner, Hochschule Bremen; Susanne Appel, Hochschule Bremen; Prof. Dr.-Ing. Henning

Albers, Hochschule Bremen; Dr. Philip Joschko, Universität Hamburg; Torsten Renz, IZP Dresden mbH

Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für

Wirtschaft und Energie unter dem Förderkennzeichen 0325283 gefördert. Die Verantwortung für den

Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

Erstellt im Frühjahr 2015

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Zusammenfassung

In der Nord- und Ostsee wurden zahlreiche Offshore Windparks errichtet und in Betrieb genommen.

Die bisherigen Erfahrungen betreffen vorrangig die Planung und den Bau von Anlagen. Erfahrungen

in der Betriebsphase werden erst jetzt gesammelt und es existieren hierzu nur wenige fundierte

Analysen. Die Effizienz der Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten sind aber ein entscheidender

Faktor für eine rentable Energieerzeugung. An den hierfür notwendigen Prozessen ist eine Vielzahl

von Organisationen beteiligt. Sie sind hochgradig komplex und diversen externen Einflüssen

ausgesetzt. Während in anderen Industrien standardisierte Prozesse längst etabliert sind, müssen

derartige Standards in der Offshore Windenergiebranche erst definiert werden. Standardisierte

Prozesse ermöglichen eine Leistungsmessung der individuell vorliegenden Prozesse, und bieten

verlässliche Schnittstellen und eine Kommunikationsgrundlage für die beteiligten Organisationen. Auf

den Prozessdefinitionen können Analysen der Prozessrisiken und Analysen des Laufzeitverhaltens

durch Simulation aufsetzen.

In dem German Offshore Wind Operation Guide (GOWOG) werden Methoden zur Prozessdefinition,

zur Analyse der Prozessrisiken und zur Analyse des Laufzeitverhaltens mit Simulation für Offshore

Windparks in der Betriebsphase beschrieben. Er fokussiert dabei Instandhaltungsprozesse, die viele

verschiedene Akteure, Aktivitäten und Interaktionen aufweisen. Insbesondere Schnittstellen

zwischen den Akteuren können Medienbrüche oder Wartezeiten aufweisen, die zu Verzögerungen

und zusätzlichen Kosten im Prozessverlauf ausweisen können. Der GOWOG wurde als Teilergebnis im

Rahmen des vom Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten

Forschungsprojektes „SystOp Offshore Wind – Entwicklung eines Planungs- und Optimierungs-

werkzeugs zur systemumfassenden Optimierung des Leistungssystems Offshore Windpark“ von der

Hochschule Bremen, der Universität Hamburg und der IZP Dresden mbH entwickelt.

Im ersten Abschnitt (Kap. 1) wird mit einer kurzen Einführung in den Hintergrund, das Ziel und die

Inhalte sowie die Betrachtungsgrenzen des GOWOG vorgestellt. An die Einführung schließen sich

Erläuterungen der für den GOWOG notwendigen Grundlagen (Kap. 2) an. Es werden zunächst die

Projektphasen eines Offshore Windparks vorgestellt und wesentliche Begriffe des Betriebs und der

Instandhaltung definiert. Ergänzend für das Verständnis der Abläufe von Betrieb und Instandhaltung

eines Offshore Windparks werden die derzeit häufigsten Vertragsarten für Serviceverträge

beschrieben. Neben den Grundlagen über den Betrieb von Offshore Windparks werden als

Grundlage für die weiterführende Prozessoptimierung Prozessrisiken und deren Analysemethoden

erläutert.

An die Grundlagen schließt sich die Charakterisierung des Offshore Windparks (Kap. 3) als Basis der

Prozessoptimierung mittels Risikoanalyse und Simulation an. Strukturierte und standardisierte

Prozesse sind Voraussetzung für die effiziente und effektive Instandhaltung von Offshore Windparks

und damit auch für eine kostengünstige Stromerzeugung. Die Dokumentation der Prozesse stellt die

Grundlage jeglicher Standardisierung und Optimierung dar. Mit ihnen wird die Komplexität des

Gesamtsystems Offshore Windpark reduziert und wichtige Prozesse können hervorgehoben werden.

Der Weg zu strukturierten Betriebs- und Instandhaltungsprozessen in Offshore Windparks unterteilt

sich in die vier Schritte: Abbildung der Akteure und Schnittstellen, Aufstellen von Prozesshierarchien,

Aufstellen einer Prozesslandkarte und Erstellen von Prozessmodellen zur Abbildung von Aktivitäten.

Die Strukturierung und Definition von Instandhaltungsprozessen führt zu transparenten Abläufen, die

zuvor aus einem unübersichtlichen Knäuel an Beteiligten und Schnittstellen sowie Aktivitäten

bestanden. Sowohl die Betriebsführung als übergeordnete Koordinatorin als auch die Akteure

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verstehen nicht nur ihre eigenen Prozessanteile im Gesamtsystem Offshore Windpark besser,

sondern auch die Abläufe der benachbarten Akteure und insbesondere deren Zusammenspiel. Die

Visualisierung wesentlicher Prozesse in der etablierten Modellierungssprache BPMN 2.0 ist allgemein

leicht verständlich und ermöglicht die Zusammenführung der einzelnen Akteursprozesse. Dies trägt

nicht nur zur größeren Transparenz im Gesamtsystem bei, sondern ermöglicht auch die Anwendung

von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der

Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten wie beispielsweise Anzahl der beteiligten Personen

und Qualifikation oder Durchlaufzeit der Aktivitäten, wird die Prozessbeschreibung komplettiert.

Insgesamt wird mit der Charakterisierung die Basis für Prozessoptimierungen, aber auch die Auf-

stellung und Verbesserung von Organisationsstrukturen sowie Managementsysteme gelegt.

An die Charakterisierung des Offshore Windparks schließt sich die Risikoanalyse der

Instandhaltungsprozesse (Kap. 4) an. Prozesse können durch innere und äußere Einflüsse in ihrem

zeitlichen und finanziellen Verhalten gestört werden. Solche Störungen führen zu einer Verzögerung

des Prozesses und einem Mehraufwand an Ressourcen. Im GOWOG wird zunächst die Auswahl

risikorelevanter Prozesse vorgestellt, da eine detaillierte Risikoanalyse aller Prozesse nicht

zielführend und in der Praxis nicht umsetzbar ist. Risikorelevante Prozesse im Umfeld der

Instandhaltung von Offshore Windparks sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass sie eine

elementare Bedeutung für die Instandhaltung besitzen, also ein Schlüsselprozess sind. Des Weiteren

haben sie im Falle eines ungeplanten Verlaufs wesentliche Auswirkungen auf Kosten und Ertrag. Sie

umfassen eine große Anzahl an beteiligten Akteuren mit einer hohen Anzahl an Interaktionen

und/oder einer großen Anzahl an Variablen und Abhängigkeiten. Häufig sind diese Prozesse auch von

internen Regularien oder gesetzlichen Regelungen betroffen. Insgesamt sind eine hohe

Fehleranfälligkeit oder besondere Gefährdungen der Instandhaltungsprozesse, wie z.B. eine hohe

Abhängigkeit von den Wetterbedingungen, zu beobachten. Auf Basis dieser Kriterien und deren

Priorisierung können risikorelevante Teilprozesse windparkspezifisch ermittelt werden. Beispiele sind

die Ermittlung des Arbeitsbedarfs als Grundlage jeglicher Arbeitseinsätze im und am OWP, sowie die

Einsatzplanung und die Durchführung vor Ort. Im Anschluss an die Auswahl risikorelevanter Prozesse

wird die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) als Methode zur Untersuchung der

Prozessrisiken vorgestellt. Die Risikoanalyse ausgewählter Prozesse erlaubt die strukturierte

Identifikation wesentlicher Schwachstellen in Prozessen und unterstützt deren Beseitigung. Beispiele

hierfür sind die Verfügbarkeit von Spezialisten mit Offshore-Zertifikaten oder die vollständige

Einsatzdokumentation. Schwachstellen in den Prozessen, sowie getroffene Maßnahmen und deren

Erfolgskontrolle sind wichtige Informationen für das Qualitätsmanagement. Gleichzeitig findet

dadurch nicht nur ein intensiver Austausch der beteiligten Akteure untereinander statt, sondern das

Verständnis über die Prozesse wird bei allen Beteiligten weiter vertieft. Damit ist es möglich Schnitt-

stellen exakter zu definieren.

Neben der Analyse der Prozessrisiken zur Verbesserung der Prozessstruktur spielt die Bewertung des

Laufzeitverhaltens der Prozesse eine entscheidende Rolle für die effiziente Instandhaltung von

Offshore Windparks. Im GOWOG empfehlen wir eine spezielle Simulationssoftware, mit deren Hilfe

windparkspezifische Kennzahlen zur Leistungsmessung der Prozesse quantifiziert werden können

(Kap. 5). Monitoring-Systeme zur Überwachung der Instandhaltungsprozesse sind in der Branche

bisher nicht etabliert. Zudem sind die meisten Parks noch nicht lange genug im Betrieb, um bereits

verlässliche Kennzahlen ableiten zu können. Mit Hilfe der Simulationstechnik können noch vor der

Implementierung der Prozesse oder der Fertigstellung eines Windparks Kennzahlen errechnet

werden. Typische Kennzahlen zur Bewertung von Prozessen sind deren Dauer, die Kosten, der

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Durchsatz und die erforderlichen Ressourcen. Für eine detailliertere Analyse können auch die

Wartezeiten bei Interaktionen, die Häufigkeit bestimmter Ereignisse, die Bevorzugung bestimmter

Pfade und die Auslastung einzelner Ressourcen quantifiziert werden. Neben diesen klassischen

Kennzahlen sind auch windparkspezifische Kennzahlen entscheidend. Die Zielfunktion bei der

Verbesserung von Instandhaltungsprozessen ist ein möglichst günstiges Verhältnis zwischen

Instandhaltungskosten und Verfügbarkeit des Windparks. Die zu erwartende Energieerzeugung eines

Windparks unter einer vorgegebenen Instandhaltungsstrategie ist neben den entstehenden Kosten

eine entscheidende Bewertungsgröße.

Die Simulation von Prozessen mit der BPMN ermöglicht die Bestimmung von Kennzahlen für die

strategische Bewertung von Prozessen. Dabei können Instandhaltungsstrategien, Prozessalternativen

und Ressourcenstrategien unter einer angenommenen Instandsetzungslast verglichen werden. Für

eine aufgabenangemessene Bewertung sollten auch Modelle der Windenergieanlagen und

Wettermodelle bereitgestellt werden. Auch der Einsatz als Entscheidungshilfe in der operativen

Planung ist denkbar, um z.B. eine sinnvolle Aggregation von Arbeiten zu unterstützen.

Nach der Beschreibung der Methoden zur Charakterisierung, Risikoanalyse und Simulation werden

Beispiele für Optimierungspotenziale (Kap. 6) in operativen Prozessen, in den Prozessen der

Entsorgung von Abfällen des Offshore Windparks, der Anmeldung von Personen der Bundepolizei

und bei der Warenanmeldung beim Zoll vorgestellt.

Die Anwendung der entwickelten Methoden zur Charakterisierung des Leistungssystems Offshore

Windpark, zur Prozessoptimierung mittels Risikoanalyse und die windparkspezifische Simulation

führt zu Optimierungsempfehlungen für die operativen Prozesse. Werden diese in dem untersuchten

Offshore Windpark umgesetzt, erhält man eine angepasste Prozessstruktur und Parameterwerte, die

wiederum in die Charakterisierung des Windparks einfließen und in einem kontinuierlichen

Verbesserungsprozess münden.

Abschließend wird im Ausblick (Kap. 0) auf die entwickelten Methoden und deren weitere Nutzung in

der Offshore Windenergie reflektiert. Es wird ein kurzer Einblick in die Anwendung der

Optimierungsergebnisse im Rahmen der projektphasenbegleitenden Entwicklung von

Betriebskonzepten von Offshore Windparks und weitere Forschungsbedarfe gegeben.

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Inhalt

Inhalt........................................................................................................................................................ 5

1 Einführung ..................................................................................................................................... 12

1.1 Hintergrund ............................................................................................................................... 12

1.2 Der Leitfaden „German Offshore Wind Operation Guide (GOWOG)“ ...................................... 14

1.2.1 Ziel ................................................................................................................................. 14

1.2.2 Betrachtungsgrenzen des GOWOG ............................................................................... 14

1.2.3 Inhalte ............................................................................................................................ 15

2 Grundlagen .................................................................................................................................... 17

2.1 Projektphasen eines Offshore Windparks ................................................................................. 17

2.2 Betrieb und Instandhaltung ....................................................................................................... 17

2.2.1 Grundmaßnahmen der Instandhaltung......................................................................... 19

2.2.2 Instandhaltungsstrategien ............................................................................................. 22

2.2.3 Instandhaltungsszenarien im Offshore Windpark ......................................................... 27

2.3 Vertragsarten für den Betrieb von Offshore Windparks ........................................................... 32

2.3.1 Vollwartungsvertrag ...................................................................................................... 33

2.3.2 Standardwartungsvertrag.............................................................................................. 34

2.4 Prozessrisiken ............................................................................................................................ 35

2.4.1 Allgemeiner Risikobegriff .............................................................................................. 35

2.4.2 Arten von Risiken ........................................................................................................... 36

2.4.3 Betrachtete Risikoarten im Anwendungsfall SystOp ..................................................... 37

2.4.4 Methoden der Risikoanalyse ......................................................................................... 38

2.4.5 Risikoanalyse im Anwendungsfall ................................................................................. 43

3 Charakterisierung des Offshore Windparks .................................................................................. 45

3.1 Methodisches Vorgehen ........................................................................................................... 45

3.2 Schritt 1: Festlegung der Rahmenbedingungen ........................................................................ 46

3.3 Schritt 2: Analyse der beteiligten Akteure und Infrastruktur .................................................... 48

3.3.1 Übersicht der Akteure und Infrastruktur ...................................................................... 48

3.3.2 Portfolioanalyse der Stakeholder .................................................................................. 50

3.3.3 Das Leistungssystem Offshore Windpark ...................................................................... 51

3.4 Schritt 3: Strukturierung der Prozesse ...................................................................................... 54

3.4.1 Hierarchische Prozessstruktur ....................................................................................... 54

3.4.2 Prozesslandkarte ........................................................................................................... 56

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3.4.3 Beschreibung der Teilprozesse der Instandhaltung ...................................................... 57

3.4.4 Sonderfall: Instandhaltungsspezifische Finanzflüsse eines Offshore Windparks ......... 58

3.5 Schritt 4: Prozessmodellierung und –parametrierung .............................................................. 61

3.5.1 Auswahl der Prozesse .................................................................................................... 61

3.5.2 Auswahl der Prozessmodellierungssprache .................................................................. 62

3.5.3 Beispielprozessmodell: Rückflug mit dem Helikopter ................................................... 63

3.5.4 Prozessparametrierung ................................................................................................. 64

3.6 Schritt 5: Ableitung von Optimierungspotenzialen ................................................................... 66

3.7 Schritt 6: Auswahl risikorelevanter Teilprozesse ...................................................................... 66

3.8 Nutzen der Charakterisierung des Offshore Windparks ........................................................... 71

3.9 Anwendung der Methode am Beispiel Instandsetzung von Kleinkomponenten ...................... 72

3.9.1 Rahmenbedingungen .................................................................................................... 72

3.9.2 Prozessstrukturierung, -modellierung und -parametrierung ........................................ 73

3.9.3 Kurzbeschreibung der Teilprozesse der Instandsetzung einer Kleinkomponente ........ 75

3.9.4 Beschreibung der behördlichen Prozesse ..................................................................... 78

3.10 Bewertung der Methode zur Charakterisierung von OWP ............................................... 78

4 Risikoanalyse ................................................................................................................................. 80

4.1 Ziel der Risikoanalyse ................................................................................................................ 80

4.2 Vorbereitende Schritte .............................................................................................................. 81

4.3 Prozessauswahl ......................................................................................................................... 82

4.4 Interviewplanung ...................................................................................................................... 82

4.5 Durchführung ............................................................................................................................ 83

4.6 Auswertung ............................................................................................................................... 88

4.7 Bewertung der Methode zur Risikoanalyse .............................................................................. 89

5 Simulation des Leistungssystems .................................................................................................. 90

5.1 Analyse der Systemdynamik ...................................................................................................... 90

5.2 Stochastische Simulation ........................................................................................................... 91

5.2.1 Parameter und stochastische Verteilungen .................................................................. 91

5.2.2 Parametrierung der Prozesssimulation ......................................................................... 93

5.2.3 Ressourcen .................................................................................................................... 96

5.2.4 Durchführung von Experimenten .................................................................................. 97

5.2.5 Notation und Werkzeuge .............................................................................................. 98

5.3 Domänenspezifische Prozesssimulation ................................................................................... 99

5.3.1 Erweiterung der BPMN-Notation .................................................................................. 99

5.3.2 Windparkmodelle ........................................................................................................ 101

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5.3.3 Saisonale Wettereinflüsse ........................................................................................... 103

5.4 Bewertung der Methode: Simulation ...................................................................................... 106

6 Beispiele für Optimierungspotenziale ausgesuchter Prozesse der Instandhaltung .................... 109

6.1 Optimierungspotenziale in operativen Prozessen .................................................................. 109

6.2 Optimierungspotenziale bei der Entsorgung von Abfällen ..................................................... 110

6.3 Optimierungspotenziale bei der Anmeldung von Personen bei der Bundespolizei ............... 111

6.4 Optimierungspotenziale bei der Warenanmeldung beim Zoll ................................................ 112

7 Ausblick........................................................................................................................................ 113

Literatur ............................................................................................................................................... 116

Anhang 1: Projektphasen eines Offshore Windparks ......................................................................... 122

Anhang 2: Beschreibung zur Ebenen- und Begriffsdefinition ............................................................. 127

Anhang 3: Überblick über die in den einzelnen Teilprozessen durchzuführenden Maßnahmen

bezogen auf die Instandhaltungsprozesse Inspektion, Wartung, Instandsetzung und Verbesserung 130

Anhang 4: Beispiel eines Fragebogens zur Aufnahme von Prozessen und Parametern ..................... 134

Anhang 5: Anmeldung des Warentransports beim Zoll ...................................................................... 139

Anhang 6: Anmeldung von Personen bei der Bundespolizei beim Grenzübertritt in und aus der AWZ

147

Anhang 7: Entsorgung von OWP-Abfällen........................................................................................... 153

Anhang 8: Berechnung der Energieerzeugung einer WEA .................................................................. 170

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Übersicht über die Inhalte und Ergebnisse des GOWOG ................................................. 15

Abbildung 2: Projektphasen eines Offshore Windparks ....................................................................... 17

Abbildung 3: Übersicht über die Grundmaßnahmen der Instandhaltung [in Anlehnung an DIN 31051]

............................................................................................................................................................... 20

Abbildung 4: Instandhaltungsarten [In Anlehnung an DIN 31051, DIN 13306, V VDE V 0109-1] ......... 23

Abbildung 5: Beispiel einer Risikomatrix [DIN 50126] .......................................................................... 40

Abbildung 6: Ablaufschema zur Methode der Prozessanalyse ............................................................. 46

Abbildung 7: Zuverlässigkeit und ihre prozessbeschreibenden Parameter RAMS ............................... 47

Abbildung 8: Allgemeine Portfolioanalyse der Stakeholder für Betrieb und Instandhaltung von

Offshore-Windparks .............................................................................................................................. 50

Abbildung 9: Das Leistungssystem Offshore Windpark ........................................................................ 53

Abbildung 10: Hierarchische Prozessstruktur ....................................................................................... 55

Abbildung 11: Prozesslandkarte zur Instandhaltung von Offshore Windparks .................................... 56

Abbildung 12: Ausschnitt der in den Teilprozessen der Instandsetzung von Kleinkomponenten an

einer OWEA mit einem PTV zu untersuchenden Aufgaben .................................................................. 58

Abbildung 13: Finanzflüsse und finanzbegleitende Informationsflüsse zwischen den Akteuren bei

der Instandhaltung von OWP ................................................................................................................ 59

Abbildung 14: Prozessmodell am Beispiel des Elementarprozesses Rückflug mit dem Helikopter ..... 65

Abbildung 15: Beispiel einer typischen Prozessbeschreibung .............................................................. 68

Abbildung 16: Prioritätenanalyse der Kriterien zur Auswahl risikoreicher Teilprozesse ...................... 70

Abbildung 17: Kriterienbasierte Bewertung von Teilprozessen durch Akteure .................................... 70

Abbildung 18: Beispiel für die Gesamtbewertung der Risikorelevanz der Teilprozesse der

Instandsetzung mit Angabe der Standardabweichung ......................................................................... 71

Abbildung 19: Kontinuierliche Verbesserung der Organisations- und Prozessstruktur von OWP im

Betrieb durch Nutzung der GOWOG-Methoden ................................................................................... 72

Abbildung 20: Auszug Leistungssystem Offshore Windpark für die Instandsetzung von

Kleinkomponenten ................................................................................................................................ 73

Abbildung 21: Prozesslandkarte zur Instandhaltung von OWP anhand eines spezifischen Beispiels .. 74

Abbildung 22: Ausschnitt aus einer Prozesshierarchie ......................................................................... 85

Abbildung 23: Formular Allgemein der Risikoanalyse ........................................................................... 86

Abbildung 24: Formular Fehler, Ursachen, Folgen der Risikoanalyse ................................................... 87

Abbildung 25: Formular Fehlerbewertung der Risikoanalyse ............................................................... 87

Abbildung 26: Risikobewertung der Fehlerursachen ............................................................................ 88

Abbildung 27: Normalverteilung, Gleichverteilung und Dreiecksverteilung ........................................ 93

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Abbildung 28: Parametrierung eines Simulationsmodells ................................................................... 94

Abbildung 29: Ergebnisse eines Simulationsexperimentes ................................................................... 98

Abbildung 30: Für die Domäne Offshore Windparks erweiterte BPMN-Notation [Joschko 2014]..... 100

Abbildung 31: Beispiel-Prozess mit domänenspezifischen Elementen ............................................... 101

Abbildung 32: GUI zur Definition von Windenergieanlagen mit Beispieldaten .................................. 102

Abbildung 33: Exemplarische Stromerzeugung in Abhängigkeit zur Windgeschwindigkeit ............... 103

Abbildung 34: Exemplarischer Betriebszustand in Abhängigkeit von Windgeschwindigkeiten pro

Monat .................................................................................................................................................. 104

Abbildung 35: Anteil an der jährlichen Stromerzeugung pro Monat .................................................. 104

Abbildung 36: GUI zur Definition von historischen oder synthetischen Wetterdaten ....................... 106

Abbildung 37: Verknüpfung der Betriebskonzeptentwicklung und dem laufenden Betrieb .............. 114

Abbildung 38: Aufbau Projektphase "Planung" .................................................................................. 122

Abbildung 39: Aufbau der Projektphase "Entwicklung und Konstruktion"......................................... 123

Abbildung 40: Aufbau der Projektphase "Produktion" ....................................................................... 123

Abbildung 41: Aufbau der Projektphase "Bau und Errichtung" .......................................................... 124

Abbildung 42: Aufbau der Projektphase "Betrieb" ............................................................................. 126

Abbildung 43: Darstellung der beim OWP-Betrieb grundsätzlich anwendbaren Zoll-Verfahren ....... 139

Abbildung 44: Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen ....................... 155

Abbildung 45: Abfall- und zollrechtliche Kennzeichnung für PPK-Abfälle .......................................... 156

Abbildung 46: Informationspflichten zur Verbringung von PPK-Abfällen nach Deutschland ............. 156

Abbildung 47: Abfall- und zollrechtliche Kennzeichnung für Siedlungsabfälle ................................... 157

Abbildung 48: Notifizierungsverfahren nach VVA [LAGA 2012].......................................................... 158

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht Wartungsverträge [EE 2012] ................................................................................ 32

Tabelle 2: Matrix zur Bewertung der Fehlerfolgen ............................................................................... 43

Tabelle 3: Akteure beim Betrieb eines Offshore Windparks ................................................................. 49

Tabelle 4: Kostenarten der Betriebskosten von Offshore Windparks und deren Verteilung ............... 59

Tabelle 5: Beispiel gewählter Bewertungsklassen der Risikoanalyse für die Instandsetzung von

Kleinkomponenten ................................................................................................................................ 81

Tabelle 6: Grundlegende Parameter für die Prozesssimulation ........................................................... 95

Tabelle 7: Relevante Parameter für die Abbildung von Ressourcen ..................................................... 97

Tabelle 8: Relevante Parameter für die Instandhaltungslast .............................................................. 102

Tabelle 9: Relevante Parameter für die Stromerzeugung ................................................................... 103

Tabelle 10: Übersicht über relevante Parameter saisonaler Wettereinflüsse .................................... 106

Tabelle 11: Angaben bei der Internet‐Zollanmeldung (IZA) und einer Ausfuhranmeldung mit Internet‐

Ausfuhranmeldung‐Plus (IAA‐Plus) ..................................................................................................... 143

Tabelle 12: Übersicht über die Regelungsbereiche der VVA für Import in die EU [Wuttke 2007] ..... 154

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Abkürzungen

A Faktor Auftretenshäufigkeit/ -wahrscheinlichkeit in RPZ

AWZ Ausschließliche Wirtschaftszone

B Faktor Bedeutung in RPZ

BPMN Business Process Model and Notation

BSH Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie

CMS Condition Monitoring System

DFÜ Datenfernübertragung

E Faktor Entdeckungswahrscheinlichkeit in RPZ

ETA Event tree analysis

FMEA Failure Mode and Effect Analysis

FTA Fault tree analysis

GOWOG German Offshore Wind Operation Guide

GUI Graphical User Interface

HAZOP Hazard and operability study

MTBF Mean Time Between Failure

O&M Betrieb und Instandhaltung (engl. Operation and Maintenance)

OPEX Betriebskosten (operational expense)

OSS Offshore Service Station

OWEA Offshore Windenergieanlage

OWP Offshore Windpark

PAX Passagierliste

PL Performance Level

PSA Persönliche Schutzausrüstung

PtJ Projektträger Jülich

PTV Personnel transfer vessel

RBD Reliability Block Diagram

RPZ Risikoprioritätszahl

SDL Service-Dienstleister

SIL Safety Integrity Level

ÜNB Übertragungsnetzbetreiber

WEA Windenergieanlage

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1 Einführung

1.1 Hintergrund

Die Offshore-Windenergie ist die Schlüsselenergie der Energiewende in Deutschland [WAB 2013].

Ohne sie wird das Ziel bis 2020 35% des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien zu decken nicht

erreichbar sein. Für die Offshore-Windenergie bedeutet dies 15 GW – rund 3500 Offshore

Windenergieanlagen (OWEA) – sollen bis 2030 an das Stromnetz angeschlossen sein [BR 2015]. Bis

heute sind 10 Offshore-Windparks (OWP) in der Nord- und Ostsee in Betrieb gegangen und drei

befinden sich noch im Bau. Weitere Windparks sind genehmigt und werden geplant [4COffshore

2015]. Betriebserfahrungen bestehender Offshore-Windparks zeigen, dass der Anteil der

Betriebskosten über die Lebensdauer mit ca. 28% sehr hoch ist. Ebenso haben die

Stromgestehungskosten mit durchschnittlich 12-14 €ct/kWh das Niveau des fossilen Strommixes (6

€ct/kWh) und der Onshore-Windenergie (8 €ct/kWh) noch lange nicht erreicht. [Roland Berger 2013]

Die Wirtschaftlichkeit von Offshore-Windparks muss folglich für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit

verbessert werden durch [Roland Berger 2013]

Reduktion der Investitionskosten, zum Beispiel durch optimierte Errichtungskonzepte und

Logistik oder leichtere OWEA und Tragstrukturen;

Reduktion der Betriebskosten, zum Beispiel durch eine optimale Instandhaltungs-strategie,

Prozessdesign des Betriebs oder funktionsfähige Technik.

Die Reduktion der Investitionskosten ist heute, parallel zu den technischen Fragestellungen der

Unternehmen, Gegenstand aktueller Entwicklungs- und Forschungsansätze. Die Reduktion der

Betriebskosten rückt zunehmend in den Vordergrund.

Die Instandhaltungsstrategie, als Grundlage von Betrieb und Instandhaltung (O&M), wird in der

Entwicklungs- und Planungsphase festgelegt. Sie basiert im Wesentlichen auf standortabhängigen

Parametern, Wahl des OWEA-Herstellers und Wirtschaftlichkeitsberechnungen, wie sie

beispielsweise mit dem O&M-Tool von Energy Research Centre of the Netherlands (ECN)

durchgeführt werden. Die Umsetzung der Instandhaltungsstrategie erfolgt im Rahmen der

technischen Betriebsführung der OWP. Sie basiert neben der gewählten Instandhaltungsstrategie auf

Wetterprognosen, dem technischen Zustand der OWEA und Kostenkalkulationen [VDI 2012]. Damit

ist die Betriebsphase auf Basis der standortabhängigen und technischen Rahmenbedingungen

angepasst und vertraglich vereinbarte Verfügbarkeiten werden erreicht. Trotzdem geben die hohen

Stromgestehungs- bzw. Instandhaltungskosten einen Hinweis auf

a. Nicht zuverlässige und an Bedingungen angepasste Technik

b. Nicht optimale Instandhaltungsstrategie

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c. Nicht optimales Prozessdesign von Betrieb und Instandhaltung

Anpassungen der Technik werden in aktuellen Forschungsansätzen (a.) untersucht und durch die

Anlagenhersteller vorangetrieben [VDI 2012a]. Eine Optimierung der Instandhaltungsstrategie (b.),

das heißt beispielsweise prioritätenorientierte oder zustandsorientierte Instandhaltung, erfolgt heute

auf Basis von Erfahrungen und Empfehlungen der Komponentenhersteller [VDI 2012]. Das

Prozessdesign (c.), also die aufbau- und ablauforganisatorische Struktur von Betrieb und

Instandhaltung, basiert auf der technischen Auslegung der Windenergieanlagen und der

Instandhaltungsstrategie. Diesem Prozessdesign wird sowohl in der Entwicklungs- und

Planungsphase als auch im laufenden Betrieb nur wenig Beachtung geschenkt, obwohl es

erheblichen Einfluss auf die Verfügbarkeit eines Offshore-Windparks und auf die

Instandhaltungskosten nimmt.

Vor diesem Hintergrund wurde in dem Forschungsprojekt SystOp Offshore Wind eine Methode zur

Strukturierung und Optimierung des Leistungssystems Offshore Windpark im Betrieb entwickelt. Die

methodischen Ansätze und Ergebnisse werden im Handlungs- und Kriterienleitfaden GOWOG –

German Offshore Wind Operation Guide zusammengeführt.

SystOp Offshore Wind war ein Verbundprojekt der Hochschule Bremen zusammen mit der der

Universität Hamburg, Ingenieurgesellschaft IZP Dresden mbH, und der BTC Business Technology

Consulting AG, Oldenburg. Das Projekt wurde vom BMU / BMWi gefördert und wurde vom 1.4.2011

bis 31.10.2015 unter dem Förderkennzeichen 0325283 durchgeführt. Das Projekt wurde unter

Beteiligung der Industrie durchgeführt. Folgende Industriepartner haben mitgewirkt

Bugsier Reederei- und Bergungsgesellschaft mbH & Co. KG

DEWI-OCC Offshore and Certification Centre GmbH

DOTI GmbH & Co. KG

EWE Energie AG

EWE Offshore Service & Solution GmbH

Frisia-Offshore GmbH

Hochtief Solutions AG

htm Helicopter Travel Munich GmbH

Nehlsen GmbH & Co. KG

Nordwest Assekuranzmakler GmbH & Co. KG

PHH Personaldienstleistung GmbH

REETEC GmbH Regenerative Energie- und Elektrotechnik

ORIZON GmbH, Niederlassung Bremerhaven (ehem. RKM Personaldienstleistungen GmbH)

Signalis Germany

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WindMW GmbH

wpd windmanager GmbH & Co. KG

1.2 Der Leitfaden „German Offshore Wind Operation Guide (GOWOG)“

1.2.1 Ziel

Ziel des GOWOG ist die Optimierung des Designs und der Ausführung der Instandhaltungsprozesse

eines Offshore Windparks, um Prozessrisiken zu minimieren und eine hohe Verfügbarkeit des

Offshore Windparks sicher zu stellen. Dabei sollen die Beteiligten, Aktivitäten und Schnittstellen

sowie deren Zusammenwirken harmonisiert werden. Weiterhin sollen die Prozesse des OWP bei

gleichzeitig erfolgender Standardisierung transparenter werden. Standardisierte Prozesse

ermöglichen eine Leistungsmessung der individuell vorliegenden Prozesse, und bieten verlässliche

Schnittstellen und eine Kommunikationsgrundlage für die beteiligten Organisationen.

Hierfür wurde ein Planungs- und Optimierungswerkzeug entwickelt, das die Prozesse strukturiert

sowie hinsichtlich seiner Prozessrisiken und dem dynamischen Laufzeitverhalten analysiert und

bewertet. Auf Basis der durch die Anwendung der entwickelten Methoden gewonnenen Erkenntnisse

können Empfehlungen zum Design und der Ausführung der Prozesse vom Anwender abgeleitet

werden.

Der Leitfaden richtet sich an alle direkt am Betrieb beteiligten Akteure (Betriebsführung,

Transportunternehmen, Servicedienstleister etc.), die durch die Verbesserung ihres Prozessdesigns

zu einem kostengünstigeren Betrieb des gesamten Offshore Windparks gelangen wollen.

1.2.2 Betrachtungsgrenzen des GOWOG

Der Leitfaden befasst sich ausschließlich mit der Betriebsphase des Offshore Windparks und

fokussiert hier auf die Instandhaltungsprozesse, die ein großes Optimierungspotenzial aufgrund

vieler verschiedener Akteure, Aktivitäten und Interaktionen aufweisen. Insbesondere die

Schnittstellen zwischen den Aktivitäten verschiedener Akteure sind häufig mit Medienbrüchen oder

Wartezeiten behaftet [Staud 2006, S.243f], die zu erheblichen Verzögerungen und zusätzlichen

Kosten für Ressourcen im Prozessverlauf führen können.

Die Betrachtungen in der Betriebsphase fokussieren auf das Leistungssystem Offshore Windpark.

Dieses umfasst sowohl die bei der Instandhaltung beteiligten Akteure onshore, beteiligte Akteure

offshore, Infrastruktur und Transportmittel als auch die zwischen ihnen ablaufenden

Interaktionsflüsse. Das Leistungssystem mit allen beteiligten Akteuren und Schnittstellen wird in

Abbildung 9 auf Seite 53 dargestellt.

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Der Offshore Windpark setzt sich aus mehreren Gewerken zusammen. Der Windpark umfasst die

Offshore Windenergieanlagen inklusive der Tragstrukturen, die Innerparkverkabelung, das

Umspannwerk inklusive der Tragstruktur und die Wohnplattform. Das Seekabel und die

Konverterstation des Übertragungsnetzbetreibers (ÜNB) werden nicht einbezogen. Die

Instandhaltungsprozesse können sich durch unterschiedliche Prozessabläufe unterscheiden.

1.2.3 Inhalte

Der GOWOG besteht im Wesentlichen aus verschiedenen Methoden, die mit einander verknüpft zu Empfehlungen hinsichtlich des Prozessdesigns und der Ausführung der Prozesse führen.

Abbildung 1 stellt die verschiedenen Methoden und deren Zusammenhänge dar.

Abbildung 1: Übersicht über die Inhalte und Ergebnisse des GOWOG

Grundlage ist die Charakterisierung des Leistungssystems Offshore Windpark in der Instandhaltung.

Sie beinhaltet die Abbildung von Prozessen in verschiedenen Hierarchieebenen bis auf die Ebene der

Aktivitäten hinunter, die in Prozessmodellen der etablierten Prozessmodellierungssprache BPMN 2.0

dargestellt werden. Ausgewählte Prozesse werden bei Störungen des geplanten Prozessablaufs

Technische Abläufe

Prozess-parameter Meteorologie

Hydrologie

BPMN-Editor

Simulation

Finanzielle Abläufe

OWPEditor

Referenz-prozesse

Wetter-komponente

WEA-Katalog

Identifikation von Modellierungsfehlern und kritischen Teilprozessen, Statistische Ergebnisse, z.B. Durchlaufzeit oder Ressourcenbedarf

Simulationder Prozesse

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Optimierungsmaßnahmen, z. B. Reduktion der Durchlaufzeit

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Prozesse, Aktivitäten, Interaktionen, Ressourcen,

Unterbrechungs-/Abbruchkriterien

GOWOG

FMEA-Bäume

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GWPPM

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mittels einer angepassten Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) hinsichtlich ihres

Verzögerungspotenzials und Ressourcenmehraufwands untersucht und Verbesserungsmaßnahmen

empfohlen. In dem Simulationstool werden die Prozesse mit der Wetterkomponente und den

technischen Windparkdaten so verbunden, dass die Leistung der Prozesse in verschiedenen

Szenarien abgebildet und bewertet werden kann aber auch Prozessalternativen miteinander

verglichen werden können.

Der GOWOG unterteilt sich in die Abschnitte

Definitionen und Grundlagen

Prozessanalyse zur Charakterisierung des Offshore Windparks

Analyse der Prozessrisiken

Simulation der Prozesse

Handlungsempfehlungen für die Branche

Bewertung des methodischen Ansatzes und der Ergebnisse

Im Abschnitt Definitionen und Grundlagen werden die im GOWOG verwendeten Begriffe, der

Lebenszyklus eines Offshore Windparks, aber auch grundsätzliche Definitionen zum Thema Betrieb

und Instandhaltung erläutert. Anschließend an die grundlegenden Informationen werden die

Methoden zur Charakterisierung des Offshore Windparks, der Risikoanalyse und der Simulation in

Form einer Verfahrensanweisung beschrieben. Es werden Optimierungsmaßnahmen für die Prozesse

und Handlungsempfehlungen für die Branche abgeleitet. Der GOWOG endet mit einem Ausblick für

die Entwicklung von Betriebskonzepten sowie auf einen weiterführenden Forschungsansatz.

Das German Wind Power Plant Model (GWPPM) wurde parallel zum GOWOG im Forschungsprojekt

SystOp Offshore Wind entwickelt. Ziel des GWPPM ist es Prozesse für den Betrieb von OWP mithilfe

eines Referenzprozessmodells bzw. in einem geeigneten Ordnungsrahmen zu standardisieren. Das

GWPPM gibt einen Überblick über die ablaufenden Prozesse insbesondere in den Phasen Bau und

Stromvermarktung. Es richtet sich insbesondere an die Planungs- und Managementebene von

Offshore Windparks. Auf Basis der aufgezeigten ablaufenden Best-practice Prozesse können

Vorgehensweisen abgeleitet werden.

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2 Grundlagen

2.1 Projektphasen eines Offshore Windparks

Die Projekt-(oder Lebens-)Phasen eines Offshore Windparks lassen sich in sechs Phasen unterteilen

(Abbildung 2).

Abbildung 2: Projektphasen eines Offshore Windparks

In Anhang 1 werden die einzelnen Phasen mit ihren übergeordneten Prozessen kurz erläutert. Eine

ausführlichere Beschreibung ist bei der WAB e.V. im WABwiki „Projektphasen von Offshore

Windparks“ einsehbar1. Auf die Projektphase Betrieb und insbesondere auf die Prozesse der

Betriebsphase wird wegen der Ausrichtung des GOWOG in den folgenden Kapiteln näher

eingegangen.

2.2 Betrieb und Instandhaltung

Die Betriebs- und Instandhaltungsprozesse von OWP umfassen alle technischen und administrativen

Maßnahmen die zum Betrieb der OWEA erforderlich sind. Sie müssen alle Anforderungen und

Rahmenbedingungen des OWP-Betriebes berücksichtigen und umsetzen, um den planmäßigen

kontinuierlichen Betrieb sicherzustellen. [DIN 13306]

Die Betriebsprozesse beinhalten alle internen Prozesse, die für den sicheren und fortlaufenden OWP-

Betrieb erforderlich sind. Die Instandhaltungsprozesse erhalten den funktionsfähigen Zustand der

Windenergieanlagen und deren Nebenanlagen oder die Rückführung in diesen. Grundsätzlich

umfassen beide sowohl technische als auch organisatorische Tätigkeiten. [DIN 13306]

Die Betriebs- und Instandhaltungsprozesse werden in die folgenden Prozesse unterteilt, die sich von

den Zuständen der Anlagen ableiten: [VDI 3810-1, DIN 31051]

Betrieb;

Stillstand / Bereitschaft;

Instandhaltung;

Änderung (Modifikation);

1 einsehbar unter http://www.wab.net/

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Außergewöhnliche Situation;

Betriebsführung.

Im Betrieb wird in Abhängigkeit von der Wetterlage und dem Einspeisemanagement des

Übertragungsnetzbetreibers vom OWP Strom produziert. Jede einzelne Windenergieanlage und

Nebenanlage ist voll funktionsfähig. [In Anlehnung an DIN 13306]

Der Stillstand/Bereitschaft beschreibt den betriebsfreien funktionsfähigen Zustand während der

windarmen Zeit, in der die Windgeschwindigkeit unter der Einschalt- bzw. über der

Ausschaltwindgeschwindigkeit liegt. Weiterhin steht die OWEA beim Betreten der Anlage für die

meisten auszuführenden Arbeiten still. [In Anlehnung an DIN 13306]

Bei der Durchführung der Instandhaltung muss das Betriebs- und Instandhaltungskonzept sowie die

festgelegte Instandhaltungsstrategie berücksichtigt werden. Grundlage der Instandhaltung in der

deutschen Offshore-Windbranche und in der Industrie ist die europäische DIN EN 13306 und die

deutsche DIN 31051. Die DIN 31051 enthält weiterführende, für Deutschland relevante,

Unterteilungen der Instandhaltungsmaßnahmen.

Die Instandhaltung umfasst die Einsätze, die während der Betriebsphase des Offshore-Windparks

durchgeführt werden und dem reibungslosen Betrieb des Parks dienen. In der DIN 31051 wird

Instandhaltung als „Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen sowie

Maßnahmen des Managements während des Lebenszyklus einer Betrachtungseinheit zur Erhaltung

des funktionsfähigen Zustandes oder der Rückführung in diesen, so dass sie die geforderte Funktion

erfüllen kann“ definiert. Sie wird weiterführend in die Grundmaßnahmen Inspektion, Wartung,

Instandsetzung sowie Verbesserung unterteilt. Diese werden im Kapitel 2.2.1 näher beschrieben.

Sobald eine Erhöhung der Systemleistung erzielt wird, ist von einer Änderung (Modifikation) die

Rede. „Eine Änderung ist keine Instandhaltungsmaßnahme, sondern bezieht sich auf die Änderung

der bisherigen geforderten Funktion einer Einheit in eine neue geforderte Funktion. Eine Änderung

kann einen Einfluss auf die Funktionssicherheit oder die Leistung einer Einheit haben. Der Wechsel

einer Einheit, bei der eine andere Version die ursprüngliche Einheit ersetzt, ohne dass sich die

geforderte Funktion oder die Funktionssicherheit der Einheit ändert, wird als Ersatz bezeichnet und

stellt somit keine Änderung dar.“ [DIN EN 13306]

Die außergewöhnliche Situation beinhaltet gefährliche Situationen in denen Menschen, Umwelt und

Technik gefährdet werden, Notfallsituationen oder Situationen, die eine spezielle Handlung

erfordern.

Der Notfall wird auf in Not geratene Personen im OWP bzw. in der OWEA oder der OSS sowie auf

Unfälle mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt bezogen. Im Wesentlichen wird der Prozess des

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Notfalls im Schutz- und Sicherheitskonzept beschrieben und die notwendigen Maßnahmen

aufgestellt.

Die Betriebsführung unterteilt sich in die technische und die kaufmännische Betriebsführung. Hier

werden Daten aufgenommen und ausgewertet sowie die Netzeinspeisung geregelt.

2.2.1 Grundmaßnahmen der Instandhaltung

Die Instandhaltung wird in unterschiedliche Grundmaßnahmen unterteilt (Abbildung 3).

Inspektion;

Wartung;

Instandsetzung;

Verbesserung [DIN 31051].

2.2.1.1 Inspektion

Die Inspektion wird definiert als „Maßnahmen zur Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes

einer Betrachtungseinheit einschließlich der Bestimmung der Ursachen der Abnutzung und dem

Ableiten der notwendigen Konsequenzen für eine künftige Nutzung“ [DIN 31051]. Die Inspektion ist

die Analyse des aktuellen Zustands der Anlagen. Zu ihr zählen neben der DFÜ-Zustandsüberwachung,

die visuelle Analyse vor Ort und per Webcam sowie die laufende akustische Überwachung. Die

Inspektion bestimmt den Ist-Zustand und legt den Arbeitsbedarf an der OWEA fest. Sie wird vor der

Wartung und der planmäßigen Instandsetzung durchgeführt. Zu den Maßnahmen der Inspektion

gehören z.B. [BWE 2012]

Werksabnahmen;

Wiederkehrende Prüfung (WKP) (gem. Anforderungen des deutschen Baurechts);

Zustandsorientierte Prüfung;

Überprüfung zum Ende des Gewährleistungszeitraums.

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Instandhaltung- Alle Maßnahmen zur Erhaltung des funktionsfähigen Zustandes oder der Rückführung in diesen- Dient dem reibungslosen OWP-Betrieb

Wartung- Maßnahmen zur Verzögerung des Abbaus des vorhandenen Abnutzungsvorrats- z. B. Austausch von Betriebsmitteln, Behebung kleinerer Mängel

Inspektion- Maßnahmen zur Feststellung und Beurteilung des Istzustandes- Bestimmung der Ursachen der Abnutzung- z. B. visuelle Vor-Ort-Analyse

Instandsetzung- Maßnahmen zur Rückführung einer Betrachtungseinheit in den funktionsfähigen Zustand

Verbesserung- Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen zur Steigerung der Funktionssicherheit- z. B. Aufrüstung von Sicherheitssystemen, Verbesserung des Umweltschutzes, Leistungsverbesserung, Erhöhung der Verfügbarkeit etc.

Planmäßige Instandsetzung

- Einsätze aufgrund von Störfällen, die durch Fernsteuerung oder redundante Systeme vorübergehend behoben werden können- Ausgefallene Systeme, die für den funktionsfähigen Zustand der Anlage unwichtig sind- Einsätze, die geplant werden müssen (z. B. Großkomponententausch)- Die Instandsetzung erfolgt nicht unmittelbar nach Einsätzen der Störung

Unplanmäßige Instandsetzung

- Einsätze, die aufgrund von Störfällen, die nicht durch Fernsteuerung oder redundante Systeme behoben werden können und den funktionsfähigen Zustand der Anlage gefährden umgehend erfolgen müssen- Komponenten, Ersatzteile und Betriebsmittel müssen vorrätig sein- Transportmittel und Fahrzeuge müssen frei verfügbar sein- Die Instandsetzung erfolgt unmittelbar nach Einsätzen der Störung

Abbildung 3: Übersicht über die Grundmaßnahmen der Instandhaltung [in Anlehnung an DIN 31051]

2.2.1.2 Wartung

Die Wartung wird definiert als „Maßnahmen zur Verzögerung des Abbaus des vorhandenen

Abnutzungsvorrates“ [DIN 31051]. Der Abnutzungsvorrat stellt eine „Einheit“ für die Abnutzung einer

Anlage bzw. ihrer Komponenten bis zum Ende ihrer Funktionsfähigkeit dar. Für den OWP bedeutet

dies, dass beispielsweise die Wartung den Ausfall einer Windenergieanlage verzögert bzw.

verhindert. Die Einsätze erfolgen auf Basis der Wartungsanweisungen des Herstellers und / oder dem

aktuellen Zustand der jeweiligen Anlage. Der aktuelle Zustand wird ggf. mit der kurz vor der Wartung

vor Ort durchgeführten Inspektion und den Analysenergebnissen des aktuellen Anlagenzustandes

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festgestellt. Die Wartung beinhaltet den Austausch von Betriebsstoffen und Verschleißteilen, sowie

die Behebung kleiner ungeplanter und kurzfristig aufgetretener Mängel. [DIN 31051]

2.2.1.3 Instandsetzung

Instandsetzung wird definiert als eine „physische Maßnahme, die ausgeführt wird, um die Funktion

einer fehlerhaften Einheit wiederherzustellen“ [DIN EN 13306, DIN 31051]. Die Instandsetzung kann in

planmäßige und unplanmäßige Maßnahmen unterteilt werden.

Die planmäßige Instandsetzung beinhaltet Einsätze aufgrund von

Störfällen, die durch Fernsteuerung oder redundante Systeme vorübergehend behoben

werden können;

ausgefallenen Systemen, die für den eigentlichen Betrieb der OWEA unwichtig sind oder

Totalausfällen ganzer nicht lagerungsfähiger Module, wie z. B. Rotorblätter und Getriebe, die

eines geplanten Einsatzes und / oder den Einsatz eines nicht sofort verfügbaren

Spezialschiffes bedürfen.

Es handelt sich dabei um Einsätze, die in die windarmen Sommermonate bzw. in windarmen

Zeitfenstern mit hoher Zugangswahrscheinlichkeit verlegt werden können bzw. müssen. Kleinere

Störungen mit einer geringen Instandsetzungsdauer können an verschiedenen Windenergieanlagen

gemeinsam oder während eines Wartungseinsatzes abgearbeitet werden. Störungen mit einer hohen

Instandsetzungsdauer oder Einsätze zu denen ein Spezialschiff (z. B. Jack-Up Barge) notwendig ist,

werden getrennt von den Wartungsarbeiten durchgeführt.

Die unplanmäßige Instandsetzung beinhaltet Einsätze, aufgrund von Störfällen, die nicht durch

Fernsteuerung oder redundante Systeme behoben werden können und den Betrieb der OWEA

erheblich stören, die Betriebssicherheit beeinflussen und / oder zu einem Ausfall der Anlage führen.

Es sind Komponenten und Systeme betroffen, die für den eigentlichen Betrieb der OWEA essentiell

sind. Es handelt sich dabei um schnellstmöglich durchzuführende Einsätze, die keinen Aufschub

erlauben und bei denen die erforderlichen Ersatzteile und Betriebsmittel vorrätig und die

Transportmittel bzw. Fahrzeuge frei verfügbar sind.

2.2.1.4 Verbesserung

Verbesserung wird definiert als „Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen

sowie Maßnahmen des Managements zur Steigerung der Zuverlässigkeit und/oder Instandhaltbarkeit

und/oder Sicherheit einer Einheit, ohne ihre ursprüngliche Funktion zu ändern.“ Eine Verbesserung

kann auch vorgenommen werden, um Fehler während des Betriebs zu verhindern und um Ausfälle zu

vermeiden.“ [DIN EN 13306; DIN 31051]

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Verbesserungen können sinnvoll sein, wenn z.B. Betriebserfahrungen und Inspektionsbefunde

systematische Probleme erkennen lassen, die darlegen, dass die bisherige Funktionssicherheit nicht

ausreicht. [DIN V VDE V 0109-1] Die Funktionssicherheit beschreibt die „Fähigkeit, eine geforderte

Funktion auszuführen, wenn sie gefordert wird. Die Merkmale der Funktionssicherheit beinhalten die

Verfügbarkeit und ihre Einflussfaktoren (Zuverlässigkeit, Wiederherstellbarkeit, Instandhaltbarkeit,

Instandhaltungsunterstützung) und in einigen Fällen Haltbarkeit, Wirtschaftlichkeit, Vollständigkeit,

Sicherheit und Einsatzbedingungen. Funktionssicherheit wird beschreibend genutzt als ein Oberbegriff

für die zeitbezogene Qualitätsmerkmale eines Produkts oder einer Dienstleistung.“ [DIN EN 13306]

Die Verbesserung beinhaltet:

Aufrüstung der sicherheitstechnischen Systeme und Komponenten nach dem jeweiligen

Stand der Technik;

Ständige Optimierung der baulichen Anlagen in ökologischer Hinsicht nach dem jeweiligen

Stand der Technik;

Maßnahmen zur Leistungsverbesserung und Erhöhung der Verfügbarkeit der OWEA;

Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit in und an der OWEA;

Maßnahmen zur Minderung der Betriebs- und Instandhaltungskosten.

2.2.1.5 Störung

Bei Auftreten einer Störung kann der funktionsfähige Zustand der Anlage nicht aufrechterhalten

werden. Es kommt zu einer fehlerhaften, fehlenden oder unvollständigen Funktion der Anlage. Die

Ursachen der Störung können in technischen und organisatorischen Fehlern oder durch externe

Einwirkungen, wie z.B. extreme Wetterbedingungen, Einwirkungen durch Dritte etc., begründet sein.

Die Störung kann ökologische und ökonomische Auswirkungen nach sich ziehen. [DIN EN 13306]

2.2.2 Instandhaltungsstrategien

Die Instandhaltung mit den beschriebenen Einsatzmöglichkeiten kann in unterschiedlichen Arten

verwirklicht werden. Diese Arten beschreiben die Instandhaltungsmethode, welche angewandt wird

um die entsprechenden Instandhaltungsziele zu erreichen. Eine Instandhaltungsart gibt an, zu

welchem Zeitpunkt welche Instandhaltungsmaßnahmen in welcher Intensität an welchen

Anlagenkomponenten (Getriebe, Generator etc.) durchzuführen sind. Die Wahl einer

Instandhaltungsart hängt von den Betreibern bzw. den abgeschlossenen Service-Verträgen mit den

Herstellern, externen Dienstleistern etc. ab. Sie beeinflusst maßgeblich die Zuverlässigkeit der

Anlagen und damit auch die Wirtschaftlichkeit der Windparks. Die verwirklichte Instandhaltungsart

beeinflusst unmittelbar die gesamte Betriebsführung des OWP. Die Fördergesellschaft Windenergie

e.V. (FGW) hat in Zusammenarbeit mit verschiedenen Vertretern der Windbranche die Technische

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Richtlinie für Windenergieanlagen - Teil 7: Instandhaltung von Windenergieanlagen - die die Planung

und Durchführung der Instandhaltung näher beschreibt, entwickelt. [FGW 2010; IPIH o.J.]

Folgende grundsätzlichen Instandhaltungsarten werden betrachtet: [DIN 31051, DIN 13306, VDE V

0109-1].

vorbeugende Instandhaltung;

ereignisorientierte Instandhaltung;

prioritätenorientierte Instandhaltung

Abbildung 4 zeigt eine Übersicht über die verschiedenen Instandhaltungsarten.

Abbildung 4: Instandhaltungsarten [In Anlehnung an DIN 31051, DIN 13306, V VDE V 0109-1]

Instandhaltung

Präventive [auch: vorbeugende] Instandhaltung

Ausgeführt in festgelegten Abständen oder nach vorgeschriebenen Kriterien

ZustandsorientierteInstandhaltung

- Präventive Instandhaltung- Kombination aus Zustandsüberwachung- Prüfungen, Analysen und den daraus

resultierenden Maßnahmen

Vorausbestimmte [auch: zyklische] Instandhaltung(ähnlich Wartung)

- Präventive Instandhaltung- In festen Zeitintervallen oder nach

Nutzung- Ohne vorherige Zustandsermittlung

Korrektive [auch: ereignisorientierte] Instandhaltung

Ausgeführt nach der Fehlererkennung

Aufgeschoben

ermöglicht das Zusammenlegen von Einsätzen und somit eine effektive

Einsatzplanung

Unmittelbar

ausgeführt ohne Aufschub nach Fehlerbehebung

Instandhaltung nach außergewöhnlichem

Betriebszustand- ausgeführt nach Eintreten

besonderer Betriebszustände oder Ereignissen (z.B. erhöhte Betriebsmittelbeanspruchung z.B. durch Kurzschlüsse)

Weitere präventive Instandhaltung

- Einzelmaßnahme an Betriebsmittel/-gruppe

- verursacht durch Fehlfunktion oder Ausfall durch Konstruktionsfehler/ verdeckten Mangel

Prioritätenorientierte Instandhaltung

Verknüpfung von Daten der aktuellen Zustandsermittlung mit weiteren Daten wie Alter, Technologie, Ersatzteilverfügbarkeit, Erfahrung des Betriebs- und Servicepersonals, besonderen Vereinbarungen mit Netznutzern, netzplanerischen Gesichtspunkten sowie allgemeinen Betriebserfahrungen und Informationen aus der Systemebene

Instandhaltung nach Eintritt von Fehlfunktion

Instandhaltung nach Ausfall

Geplant, auf Anforderung oder kontinuierlich

(betrifft nur Zustandsüberwachung bzw. Prüfverfahren aber nicht evtl. folgende IH-

maßnahmen)

VoraussagendeInstandhaltung

- zustandsorientierte Instandhaltung

- nach Vorhersage, abgeleitet von wiederholter Analyse

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2.2.2.1 Präventive Instandhaltung

Die präventive (auch: vorbeugende) Instandhaltung wird in festgelegten Abständen oder nach

vorgeschriebenen Kriterien durchgeführt. Sie unterteilt sich in die zustandsorientierte, die

vorausbestimmte (auch: zyklische) Instandhaltung, die Instandhaltung nach außergewöhnlichem

Betriebszustand oder in weitere präventive Instandhaltungsarten. Der Unterschied zwischen der

zustandsorientierten sowie der vorausbestimmten Art ist, dass die vorausbestimmte ohne

Überprüfung des Ist-Zustandes der Anlagen in bereits vorab festgelegten Zeitintervallen durchgeführt

wird, sie ist somit ausschließlich geplant. Zu dieser Instandhaltungsart zählt im Rahmen der

Durchführung der Instandhaltungsmaßnahme der Wartung bspw. die zyklische Sichtprüfung bzw.

Begehung, die zyklische Inspektion während der Routineinstandhaltung (Wartung), die zyklische

Nachweisprüfung usw. Neben den zyklischen (kalenderzeitorientierten) Maßnahmen sind auch

altersabhängige Maßnahmen möglich, bei denen Komponenten vorbeugend ausgetauscht werden,

sobald sie eine bestimmte Nutzungsdauer erreicht haben. Hierzu zählen auch solche Maßnahmen,

die abhängig vom aktuellen Alter einer Komponente verschiedene Szenarien für den nächsten

prophylaktischen Komponententausch unter Beachtung der zu erwartenden Kosten-Erlös-Bilanzen

durchrechnen. Die zustandsorientierte Instandhaltung basiert hingegen auf einer Kombination der

Zustandsüberwachung, entsprechenden Prüfverfahren sowie Analysen, aus welchen sich die

notwendigen Tätigkeiten ableiten lassen. Sowohl die Zustandsüberwachung als auch die

Prüfverfahren können geplant, auf Anforderung oder kontinuierlich durchgeführt werden. [DIN EN

13306]

Nur bei Überschreitung eines definierten Schadensniveaus werden die Komponenten getauscht. Sie

setzt damit später als die vorausbestimmte geplante Instandhaltung, aber früher als die korrektive

Instandhaltung ein. Es ist möglich anhand der aktuellen Anlagenzustände und der archivierten

Leistungs- und Zustandsdaten notwendige Instandhaltungsmaßnahmen rechtzeitig vor einem

Schaden oder Systemausfall zu erkennen und zeit- und kostenoptimal zu planen und durchzuführen.

Anhand der Zustände können Ursachen für Störungen und Schäden erkannt und entsprechende

Verbesserungsmaßnahmen an der Anlage durchgeführt werden. Weiterhin können

Restnutzungsdauerprognosen, Anweisungen zum Anlagenbetrieb und weitere

Instandhaltungsmaßnahmen abgeleitet werden.

Die zustandsorientierte Instandhaltung minimiert einerseits das Risiko eines unerwarteten Ausfalls

der Anlage, andererseits erfordert diese eine genaue Analyse der Komponenten und ein

umfassendes Fachwissen. [wind:research 2012] Diese Instandhaltungsart beruht auf der

Beobachtung des monotonen Driftprozesses mit einem vielwertigen Bereich. Ihre Vorteile sind die

höhere Verfügbarkeit der Anlagen, ein sehr gut vorbereiteter Einsatzplan, kürzere

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Unterbrechungszeiträume welche wiederum eine Kostenreduzierung bedeuten, das Verwenden des

hierdurch gewonnenen Wissens für die nächsten Einsätze sowie eine Optimierung der

Instandhaltungsstrategie welche letztendlich zu einer optimierten downtime und OPEX-Kosten führt.

[Areva 2012]

Bestandteil der zustandsorientierten Instandhaltung sind u.a. die periodische Prüfung des Zustands

der wesentlichen Komponenten der OWEA durch einen Sachverständigen, Erstellung qualifizierter

Wartungs- und Reparaturkonzepte und periodische Zustandskontrolle des Antriebsstranges und der

Rotorblätter. [Albers et al. 2002] Sofern diese zustandsorientierte Instandhaltung durch Vorhersagen

ausgelöst wird, welche auf wiederholten Analysen basieren, spricht man von einer voraussagenden

Instandhaltung. Nach Eintreten besonderer Betriebszustände bzw. Ereignissen, wie z.B. eines

erhöhten Betriebsmittelanspruches durch einen Kurzschluss o.ä. kommt es zu einer Instandhaltung

nach außergewöhnlichem Betriebszustand. Weitere präventive Instandhaltungen können eintreten,

nachdem es bspw. zu einer Fehlfunktion oder einem Ausfall basierend auf einem Konstruktionsfehler

oder verdeckten Mangels kam. Diese werden ausschließlich als Einzelmaßnahme an einer

Einzelkomponente oder einer Komponentengruppe durchgeführt. Zusammenfassend ist zu sagen,

dass die vorausbestimmte geplante Instandhaltung die wahrscheinlich teuerste Strategie ist. Die

Komponenten werden auch ohne feststellbare Schäden nach einer festgelegten Betriebsstundenzahl

oder einem Zeitintervall ausgewechselt. Die volle Lebensdauer der Komponenten wird oftmals nicht

ausgenutzt. Damit werden Ausfälle weitestgehend verhindert und es liegt eine sehr gute

Instandhaltungsplanung vor. [Gerdes 2004, DIW 2004]

2.2.2.2 Korrektive (auch: ereignisorientierte) Instandhaltung

Mit der korrektiven (auch: ereignisorientierte oder störungsorientierte [wind:research 2012])

Instandhaltung wird die Lebensdauer der einzelnen Anlagenkomponenten längst möglich ausgenutzt,

da nur bei Auftreten eines Fehlers Maßnahmen ergriffen werden um die Anlage wieder in einen

Zustand zu bringen, in dem sie ihre geforderte Funktion erfüllen kann. Der Instandhaltungsaufwand

wird damit auf ein geringes Maß reduziert. Als Folge daraus können erhöhte Kosten durch

Folgeschäden an der Anlage entstehen und es kann zu Anlagenausfällen in Zeiten guter

Windleistungen kommen. Weiterhin liegt eine schlechte Ersatzteillogistik vor. [Gerdes 2004]

Diese Instandhaltungsart muss je nach Schwere des Fehlers unmittelbar ausgeführt werden. Hierbei

zu unterscheiden wäre, ob es sich um eine unmittelbare Instandhaltung nach Eintritt einer

Fehlfunktion oder in Folge eines Ausfalls handelt. [DIN V VDE V 0109-1]

Die Instandhaltungsart der unmittelbar nach Eintritt der Fehlfunktion bzw. Funktionseinschränkung

ausgeführten Instandhaltung kommt in der Regel bei wartungsarmen bzw. nahezu wartungsfreien

Komponenten mit hoher Zuverlässigkeit zum Einsatz. Voraussetzung hierbei ist, dass die

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Auswirkungen in Folge der Fehlfunktion begrenzt sind. Sollte der Fehler bereits zu einem Ausfall der

Komponenten bzw. Stillstand der Anlage geführt haben, kommt es zu einer unmittelbar nach einem

Ausfall durchgeführten Instandhaltungsart. Diese nimmt entsprechende Beeinträchtigungen der

Verfügbarkeit der Anlage in Kauf. Sollte es sich um keine schwerwiegende Fehlfunktion handeln,

könnte die Instandhaltung aufgeschoben werden. Diese Instandhaltungsart ermöglicht ein flexibleres

Planen der Einsätze und es könnten die Einsätze eventuell zusammengelegt werden und somit vor

allem Transportkosten eingespart werden. [DIN V VDE V 0109-1]

Die korrektive Instandhaltungsart erzeugt meist die geringsten Kosten für die eigentlichen

Instandhaltungsmaßnahmen, denn nur bei einem Fehlerereignis fallen Kosten an. Mögliche

Folgekosten für Ausfall und Ersatz sind jedoch oftmals nur schwer abschätzbar. Daher kommt diese

Instandhaltungsart nur dann zur Anwendung, wenn die Folgen eines Betriebsmittelausfalls

überschaubar und räumlich begrenzt sind und eine Wiederinbetriebnahme durch geeignete

Instandsetzungs-, Austausch- oder Erneuerungsmaßnahmen kurzfristig machbar ist bzw. ein

redundantes System existiert. Ein weiterer Grund für diese Instandhaltungsart kann die Vielzahl der

eingesetzten Betriebsmittel sein, die eine geplante Instandhaltungsmaßnahme aus wirtschaftlichen

Gründen nicht rechtfertigt. Bei der korrektiven Instandhaltungsart wird der Ist-Zustand nicht

systematisch durch Inspektionen erfasst. Wartungen und Instandsetzungen werden nach Eintritt der

Fehlfunktion bzw. anderen Ereignishäufungen oder bei Ausfall durchgeführt. [DIN V VDE V 0109-1]

2.2.2.3 Prioritätenorientierte Instandhaltung

Die prioritätenorientierte Instandhaltung verknüpft Daten der aktuellen Zustandsermittlung mit

weiteren Daten wie Alter, Technologie, Ersatzteilverfügbarkeit, Erfahrung des Betriebs- und

Servicepersonals, besonderen Vereinbarungen mit Netznutzern, netzplanerischen Gesichtspunkten

sowie allgemeinen Betriebserfahrungen und Informationen aus der Systemebene. [FGW-TR 7-A

2010]

Aufgrund der hieraus entstehenden Priorisierung von Kennzahlen wie bspw. Wichtigkeit oder

Zustand der Anlage kann es zu einer Kombination der korrektiven, voraussagenden und

zustandsorientierten Instandhaltung kommen. Dies wird übergeordnet als prioritätenorientierte

Instandhaltung bezeichnet. [FGW-TR 7-A 2010]

Durch die Priorisierung verschiedener Komponenten werden Einflüsse wie z.B. Wichtigkeit, Zustand,

Ausfallprognosen und Synergie-Überlegungen zur Kombination verschiedener

Instandhaltungsmaßnahmen berücksichtigt und diese nach Wichtigkeit sortiert. Beispiele für

Kriterien zur Priorisierung sind [EVW1 2011; S.114f]:

Technische Aspekte: Alter einer Komponente, technische Einschätzung;

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Wirtschaftliche Aspekte: finanzielle Konsequenzen infolge Personengefährdung,

Umweltschäden, Produktionsrückgang oder Wetterbedingungen;

Synergieeffekte durch zeitliches und räumliches Zusammenlegen oder Vorziehen von

Maßnahmen mit einem koordinierten Personal- und Materialeinsatz;

Allgemeine Betriebserfahrung;

Erfahrung des Service- und Betriebspersonals.

Die Priorisierung kann auch auf der Basis einer Risikobetrachtung erfolgen. Diese Risikobetrachtung

gliedert sich grundsätzlich in folgende Arbeitsschritte: [DIN V VDE V 0109-1]

Definition und Identifizierung der führenden Fehlermechanismen;

Qualitative Klassifikation der zugehörigen Eintrittswahrscheinlichkeit;

Qualitative Klassifikation der zugehörigen Auswirkungen im Falle eines Fehlereintritts;

Ermittlung der Risiko-Klasse durch die Kombination der Klassifikation für die

Eintrittswahrscheinlichkeit und die jeweiligen Auswirkungen.

2.2.2.4 Weiterentwicklung der Instandhaltungsarten für Offshore-Bedingungen

Über die bekannten Instandhaltungskonzepte hinaus können die Instandhaltungsarten entsprechend

den gegebenen Anforderungen und Bedingungen ergänzt und weiterentwickelt werden. Die

zustandsorientierte Instandhaltung wurde für die Windenergieanlagen aufgrund der erhöhten

Schadensfälle, vor allem bei OWEA-Leistungen über 1 MW und den besonderen Offshore-

Bedingungen überarbeitet. Sie wurde um eine kontinuierliche Überwachung der Hauptkomponenten

durch Schadenfrüherkennungssysteme, wie das Condition Monitoring System (CMS), erweitert. Zu

den Hauptkomponenten gehören die Gondel und der Rotor sowie der Turm und das Fundament. Die

modifizierte zustandsorientierte Instandhaltung ist u.a. eine Bedingung zur Versicherbarkeit von

Offshore-Projekten. [VDI 2888, Gerdes 2004, Gothaer 2002]

Die Instandhaltungsarbeiten können demzufolge gezielt in windarme Monate bzw. in windschwache

Zeitfenster gelegt werden. Eine weitgehende Ausnutzung der Komponenten-Lebensdauern ist

gewährleistet und es liegt eine verringerte Ausfallwahrscheinlichkeit vor. Eine wirtschaftlich

optimierte Instandhaltung der OWEA wird gewährleistet. [Gerdes 2004]

2.2.3 Instandhaltungsszenarien im Offshore Windpark

Für die Grundmaßnahmen der Instandhaltung können allgemeine Instandhaltungsszenarien abhängig

von der Entfernung des OWP zur Küste abgeleitet werden.

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2.2.3.1 Inspektion

Die Inspektionen der Anlagen des OWP werden von Gutachtern oder Zertifizierungsgesellschaften

oder ausgebildetem Personal der Betriebsgesellschaft und während der Gewährleistung im Team mit

Inspektoren des Herstellers durchgeführt. Die Inspektoren werden von der Betriebsgesellschaft über

den Zustand der zu inspizierenden Anlagen informiert bzw. werten die Überwachungsdaten selber

aus. Während der Inspektionen wird die Betriebsgesellschaft laufend über die Tätigkeiten informiert.

Die Kommunikation und Informationsweitergabe sowie die Datenübertragung dienen der

Sicherstellung des Schiffsverkehrs und dem sicheren Arbeiten im OWP sowie dem Austausch

technischer Daten und Informationen. Der Übertragungsnetzbetreiber wird mittels der

Windstromprognose über evtl. Leistungsausfälle durch die Inspektionseinsätze informiert. Der

Genehmigungsbehörde werden die erforderlichen Nachweise vorgelegt.

Szenario 1 – Küstennaher OWP

Bei küstennahen OWP steigen die Inspektoren am Flugplatz in den Helikopter oder gehen am

Seehafen an Bord des Service-Schiffes und fliegen bzw. fahren direkt zu den Anlagen. Sie werden

vom Helikopter auf die Anlagen gehoistet oder gehen per Boatlanding oder dem entsprechenden

Übersteigsystem auf die Anlage. Nach Beendigung der Tätigkeiten fliegen die Inspektoren mit dem

Helikopter zurück zum Flugplatz oder fahren mit dem Serviceschiff zurück zum Seehafen.

Szenario 2 – Küstenferner OWP

Bei küstenfernen OWP bleiben die Inspektoren längere Zeit im OWP und übernachten auf der

Wohneinheit oder einem Offshore-Versorger. Sie werden mit dem Helikopter vom Flugplatz aus zur

Wohneinheit bzw. dem Offshore-Versorger geflogen, fahren vom Seehafen direkt mit dem Offshore-

Versorger zum OWP oder werden mit kleinen Service-Schiffen zur Wohneinheit bzw. zum Offshore-

Versorger gefahren. Vom Offshore-Versorger oder der Wohneinheit ausgehend fahren sie mit

kleinen Serviceschiffen zu den OWEA. Nach Beendigung des Einsatzes fliegen sie mit dem Helikopter

zurück zum Flugplatz oder fahren mit dem Offshore-Versorger bzw. einem kleineren Serviceschiff

zurück zum Seehafen.

2.2.3.2 Wartung

Die Onshore-Service-Station stellt das für den Einsatz erforderliche Equipment für jede einzelne

OWEA und der OSS zusammen. Für die Einsätze wird das Equipment in Werkstattcontainern verstaut,

die dann komplett auf die OWEA-Plattform bzw. auf die OSS übergesetzt werden. Von der Onshore-

Service-Station aus werden die Container zum Hafen zur Verladung auf die Transporter befördert.

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Szenario 1 - Küstennaher OWP

Bei küstennahen OWP bringt ein größeres Serviceschiff die Container direkt zu den OWEA. An der

OWEA werden die Materialien aus dem Container in die Gondel der OWEA transportiert. Nach

erfolgtem Arbeitseinsatz werden sämtliche Materialien, Abfälle, verbrauchte Betriebsstoffe und

deren Reste, sowie Werkzeuge wieder in dem Container verstaut. Abfälle mit einem größeren

Aufkommen werden in dafür ausgelegten Behältern getrennt gesammelt. Die Container werden vom

Serviceschiff wieder zurück zum Seehafen und von dort aus zur Onshore-Station befördert. Die

Wartungsteams fahren entweder zusammen mit den Containern auf dem Serviceschiff zum OWP

oder werden vom Helikopter zu den OWEA geflogen. Das Wartungspersonal kann während der

Wartungsphasen in Nähe des Seehafens oder Flugplatzes stationiert werden.

Szenario 2 – Küstenferner OWP

Bei küstenfernen OWP werden die Werkstattcontainer für mehrere OWEA am Seehafen auf einen für

bis zu 14 Tagen autark arbeitenden Offshore-Versorger, der auch als Wohneinheit für die

Wartungstechniker dient, geladen und zum OWP transportiert. Der Versorger bringt die Container

direkt zu den OWEA und setzt sie auf der Anlandeplattform ab. An der OWEA werden die Materialien

aus dem Container in die Gondel der OWEA transportiert. Nach erfolgtem Arbeitseinsatz werden

sämtliche Materialien, Abfälle, verbrauchte Betriebsstoffe und deren Reste, sowie Werkzeuge wieder

in dem Container verstaut. Abfälle mit einem größeren Aufkommen werden in dafür ausgelegten

Behältern getrennt auf dem Serviceschiff gesammelt. Die Container werden vom Offshore-Versorger

wieder zurück zum Seehafen und von dort aus zur Onshore-Station befördert. Die Wartungsteams

fahren entweder mit dem Offshore-Versorger in den OWP und wohnen während der

Wartungsphasen auf dem Schiff oder werden auf einer Wohneinheit stationiert.

Während der Wartung wird die Betriebsgesellschaft laufend über die Tätigkeiten informiert. Die

Kommunikation und Informationsweitergabe und die Datenübertragung dienen der Sicherstellung

des Schiffsverkehrs und dem sicheren Arbeiten im OWP sowie dem Austausch technischer Daten und

Informationen. Der Übertragungsnetzbetreiber wird mittels der Windstromprognose über

Leistungsausfälle durch die Wartungseinsätze informiert.

2.2.3.3 Geplante Instandsetzung

Die geplante Instandsetzung kann in die Instandsetzung mit Großkomponententausch und die

Instandsetzung mit Kleinkomponententausch unterscheiden werden.

Bei der geplanten Instandsetzung mit Großkomponententausch erfolgt der Transport der

Großkomponenten und des Equipments mit einer Jack-up Barge. Die Onshore-Station stellt das

erforderliche Equipment zusammen und bringt es zum Verladen auf die Jack-up Barge zum Seehafen.

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Die Hersteller stellen die Großkomponenten an der Hafenkante bereit. Die Jack-up Barge

transportiert die Komponenten zu den Windenergieanlagen. Die Arbeiten werden dort direkt von der

Barge aus durchgeführt. Die Barge wird von dem Offshore-Versorger im Feeder-Betrieb mit ggf.

zusätzlich erforderlichem Material oder Personal versorgt. Abfälle und nicht mehr benötigte

Materialien werden von den Serviceschiffen zum Seehafen transportiert. Die Jack-up Barge

transportiert die ausgetauschten Altkomponenten zum Seehafen zurück. Die Altkomponenten

werden entweder dem beauftragten Entsorger zur Entsorgung oder dem Hersteller zur Aufarbeitung

übergeben oder zur Onshore-Station zur Aufarbeitung oder Zwischenlagerung transportiert.

Das Instandsetzungspersonal besteht innerhalb der Gewährleistungszeiten aus einem Team von

Technikern des Herstellers und der Betriebsgesellschaft. Außerhalb der Gewährleistung werden nur

Techniker der Betriebsgesellschaft eingesetzt. Das Instandsetzungspersonal kann mit der Barge zum

OWP fahren oder fliegt mit dem Helikopter bzw. fährt mit dem Serviceschiff vom Seehafen zur Jack-

up-Barge.

Während der Instandsetzung wird die Betriebsgesellschaft laufend über die Tätigkeiten informiert.

Die Kommunikation und Informationsweitergabe und die Datenübertragung dienen der

Sicherstellung des Schiffsverkehrs und dem sicheren Arbeiten im OWP sowie dem Austausch

technischer Daten und Informationen. Der Übertragungsnetzbetreiber wird mittels der

Windstromprognose über Leistungsausfälle durch die Instandsetzungseinsätze informiert.

Bei der geplanten Instandsetzung mit Kleinkomponententausch bzw. im Störfall stellt die Onshore-

Station das erforderliche Equipment, Betriebsstoffe, Ersatzteile und Material in Werkstattcontainern

zusammen und bringt es zum Verladen auf den Transporter zum Seehafen.

Szenario 1 – Küstennaher OWP

Bei küstennahen OWP transportiert das Serviceschiff den Container zur OWEA. Das

Instandsetzungspersonal setzt sich während der Gewährleistung aus einem Team von Technikern der

Hersteller und der Betriebsgesellschaft zusammen. Das Instandsetzungsteam wird per Helikopter

oder mit dem Serviceschiff zur OWEA gebracht.

Die Kommunikations- und Informationsweitergabe und die Datenübertragung dienen der

Sicherstellung des Schiffsverkehrs und dem sicheren Arbeiten im OWP sowie dem Austausch

technischer Daten und Informationen. Der Übertragungsnetzbetreiber wird über Leistungsausfälle

durch die Instandsetzungseinsätze informiert.

Szenario 2 – Küstenferner OWP

Bei küstenfernen OWP werden die Werkstattcontainer für mehrere OWEA am Seehafen auf einen für

bis zu 14 Tagen autark arbeitenden Offshore-Versorger, der auch als Wohneinheit für die

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Wartungstechniker dient, geladen und zum OWP transportiert. Der Versorger bringt die Container

direkt zu den OWEA und setzt sie auf der Anlandeplattform ab. An der OWEA werden die Materialien

aus dem Container in die Gondel der OWEA transportiert. Nach erfolgtem Arbeitseinsatz werden

sämtliche Materialien, Abfälle, verbrauchte Betriebsstoffe und deren Reste, sowie Werkzeuge wieder

in dem Container verstaut. Abfälle mit einem größeren Aufkommen werden in dafür ausgelegten

Behältern getrennt auf dem Serviceschiff gesammelt. Die Container werden vom Offshore-Versorger

wieder zurück zum Seehafen und von dort aus zur Onshore-Station befördert. Die

Instandsetzungsteams fahren mit dem Offshore-Versorger in den OWP und wohnen während der

Instandsetzungen auf dem Schiff oder werden auf einer Wohneinheit stationiert.

Während der Instandsetzungen wird die Betriebsgesellschaft laufend über die Tätigkeiten informiert.

Die Kommunikation und Informationsweitergabe und die Datenübertragung dienen der

Sicherstellung des Schiffsverkehrs und dem sicheren Arbeiten im OWP sowie dem Austausch

technischer Daten und Informationen. Der Übertragungsnetzbetreiber wird mittels der

Windstromprognose über Leistungsausfälle durch die Instandsetzungseinsätze informiert.

2.2.3.4 Ungeplante Instandsetzung

An der Onshore-Station werden die notwendigen Ersatzteile, Werkzeuge, Materialien und

Betriebsstoffe für den Einsatz schnellstmöglich zusammengestellt. Die Instandhaltungstechniker sind

in der Nähe des Seehafen oder des Flugplatzes für den Einsatz bei ungeplanten Instandsetzungen

und/oder Störungen auf Abruf verfügbar. Die Betriebsgesellschaft stellt das Techniker-Team

zusammen. In der Gewährleistung wird das Team aus Technikern der Betriebsgesellschaft und

Techniker des Herstellers bestehen, außerhalb der Gewährleistung setzt sich das Team aus

Technikern der Betriebsgesellschaft und ggf. von Personaldienstleistern zusammen.

Szenario 1 – Küstennaher OWP

Das Team und das erforderliche Equipment werden je nach Instandsetzungskonzept und –art per

Helikopter oder Serviceschiff direkt zu den OWEA gebracht. Nach dem Einsatz werden die

Altkomponenten, Rest- und Abfallstoffe auf der Onshore-Station gesammelt, sortiert und

zwischengelagert.

Während der Instandsetzungen wird die Betriebsgesellschaft laufend über die Tätigkeiten informiert.

Die Kommunikations- und Informationsweitergabe und die Datenübertragung dienen der

Sicherstellung des Schiffsverkehrs und dem sicheren Arbeiten im OWP sowie dem Austausch

technischer Daten und Informationen. Der Übertragungsnetzbetreiber wird über Leistungsausfälle

durch die Instandsetzungseinsätze informiert.

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Szenario 2 – Küstenferner OWP

Das Team und das erforderliche Equipment werden je nach Instandsetzungskonzept und –art per

Helikopter oder Offshore-Versorger direkt zu den OWEA gebracht. Nach dem Einsatz werden die

Altkomponenten, Rest- und Abfallstoffe auf der Onshore-Station gesammelt, sortiert und

zwischengelagert.

Während der Instandsetzungen wird die Betriebsgesellschaft laufend über die Tätigkeiten informiert.

Die Kommunikations- und Informationsweitergabe und die Datenübertragung dienen der

Sicherstellung des Schiffsverkehrs und dem sicheren Arbeiten im OWP sowie dem Austausch

technischer Daten und Informationen. Der Übertragungsnetzbetreiber wird über Leistungsausfälle

durch die Instandsetzungseinsätze informiert.

2.2.3.5 Verbesserung

Die Verbesserung der Windenergieanlagen wird analog der geplanten Instandsetzungen

durchgeführt.

2.3 Vertragsarten für den Betrieb von Offshore Windparks

Für den Betrieb von Offshore Windparks werden externe Instandhaltungsunternehmen (auch

Servicedienstleister genannt) von den Betreibern bzw. Betriebsgesellschaften für die Instandhaltung

der Anlagen des OWP beauftragt. Tabelle 1 zeigt die Charakteristika der häufigsten Voll- und

Standardverträge für Wartungen an OWP auf.

Tabelle 1: Übersicht Wartungsverträge [EE 2012]

Standard Voll

Leistungen Ohne Groß-komponenten*

Mit Groß-komponenten*

Mit Groß-komponenten

und Schäden von außen

Wartungstätigkeiten nach Herstellervorgabe inklusive Betriebs- und Schmierstoffservice

ja ja ja Ja

Zwischenwartungen ja ja ja

Upgrades ja ja ja

Fernüberwachung 24/7 Tage

ja ja ja ja

Technische Beratung ja ja ja ja

Verfügbarkeitsgarantie bis zu 97 %

ja ja ja

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Standard Voll

Leistungen Ohne Groß-komponenten*

Mit Groß-komponenten*

Mit Groß-komponenten

und Schäden von außen

Alle Reparaturen Exklusive GK Inklusive GK Inklusive GK

Behebung Totalschäden ja

*Zu den Großkomponenten (GK) zählen Hauptgetriebe, Transformator, Drehkranz, Generator, Hauptlager, Hauptwelle, Rotorblätter, Gussteile der Narbe und des Turmes.

2.3.1 Vollwartungsvertrag

Vollwartungsverträge gewährleisten dem Betreiber ein fest vereinbartes Minimum an technischer

Verfügbarkeit. Je weitreichender die Garantie, desto höher das Risiko für den Hersteller und desto

teurer der Wartungsvertrag.

Für Offshore Windparks werden mindestens für den Gewährleistungszeitraum Vollwartungsverträge

abgeschlossen. Das Hauptargument hierbei ist sicherlich die bessere Finanzierbarkeit der Windparks

bei Auswahl eines Vollwartungsvertrages. Auch unabhängige Servicedienstleister bieten trotz hoher

Kostenrisiken zunehmend Vollwartungsverträge an, die häufig preiswerter ausfallen und individuell

gestaltet werden können. Für Betreiber bleiben bei Abschluss eines Vollwartungsvertrages

Restrisiken, da nicht alle erforderlichen Arbeiten, wie bspw. Trafo-Wartung, Rotorblattbegutachtung

in den Vertrag eingeschlossen sind.

Der Vollwartungsvertrag muss jedoch nicht stets zu einem besseren Anlagenzustand führen als ein

Basisvertrag. Es gibt eine Reihe von Arbeiten, deren Vernachlässigung erst nach Jahren zu Problemen

führen. Ein Beispiel sind kleine Schäden am Rotorblatt. Vollserviceanbieter können sie „aussitzen“.

Denn wer wird kurz vor dem Auslaufen des Vertrages auf eigene Kosten teure Komponenten

austauschen, wenn dies nicht unbedingt erforderlich ist? [BWE-MÜ 2012, S. 87-89]

Vorteile der Vollwartungsverträge

Von Investoren und Versicherungen bevorzugt;

Weniger Verantwortung für den Betreiber;

Mehr Anlagenpflege, Kulanz, präventive Instandhaltung;

Übernahme von Schäden, die durch die Versicherung nicht abgedeckt sind;

Reparatur ohne Zeitverzögerung durch Auftragsvergabe [BWE-MÜ 2012, S. 87-89];

Üblicherweise kein Kündigungsrecht [BWE-MÜ_Finanz. 2012, S. 68].

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Nachteile der Vollwartungsverträge

Höhere Kosten, wenn keine teuren Reparaturen im Vertragszeitraum anfallen;

Keinen detaillierten Einblick in den Zustand der Anlagen durch eingeschränkten

Zugriff auf Daten und Informationen [BWE-MÜ_Finanz. 2012, S.87ff].

Grundsätzlich sollten in Vollwartungsverträgen u.a. folgende Aspekte geklärt werden:

Genaue Definition der Verfügbarkeit (und insbesondere aller

verfügbarkeitsrelevanten Ereignisse);

Klare Definition von versicherten Bereichen/Teilen, Versicherungskonzept, Nachweis

der Deckung;

Informationen über Ersatzteilversorgung, Teilzugang, Warenwirtschaft, Logistik des

Serviceanbieters, haben doch Vollwartungskunden ein großes Interesse an

Informationen über die Organisation des Anbieters, mit dem sie eine langjährige

Partnerschaft eingehen wollen;

Kompetenznachweis mit Mitarbeiterprofilen;

Datenfernüberwachung, Reaktionszeiten;

Wartungsdauer und -häufigkeit sowie Inhalte;

Verbesserungs- und Entwicklungspotential;

Dokumentation, Kundenkommunikation, Abstimmung;

Anlagenzustand, Verlängerung der Laufzeiten und Haftung bei Vertragsende;

Servicenetz, Ansprechpartner;

Aus- und Weiterbildung, Qualifikationen;

Das Konzept in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter und auf die

Sicherheit vor Umweltschädigungen durch die Anlage.

Vollwartung verschiebt die Verantwortlichkeiten (auch für Inspektion, Verbesserungen) zum

Instandhalter. [EE 2012]

2.3.2 Standardwartungsvertrag

Onshore hat sich gezeigt, dass mit einem einfachen Standardwartungsvertrag ein vergleichbarer

Service gewährleistet ist. Meistens fallen geringere Kosten an und der Betreiber ist meistens besser

über den Zustand seiner Anlage informiert. Andererseits wird seitens der Betreiber mehr

Verantwortung übernommen. Onshore beauftragen Betreiber spezialisierte Servicefirmen für

Einzelbereiche wie Instandhaltung, Trafo-Wartung, Triebstrang oder Ölwechsel. Die Vorteile der

Standardwartungsverträge lassen sich zusammenfassen zu:

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Kostenersparnis;

Mehr Transparenz;

Mehr Kontrolle und Einfluss beim Betreiber;

Bessere Vergleichsmöglichkeit bei Kosten und Qualität

[BWE-MÜ 2012, S. 87ff].

2.4 Prozessrisiken

2.4.1 Allgemeiner Risikobegriff

Es existiert kein einheitlicher Risikobegriff in den vielfältigen Einsatzgebieten [Seidel 2011]. Die

wesentlichen Gemeinsamkeiten aller verwendeten Risikobegriffe bestehen darin, dass Ereignisse

hinsichtlich Schadensschwere und Eintrittshäufigkeit beschrieben werden und das Produkt aus

beiden Größen als Risiko interpretiert wird.

In den Normen DIN EN 61508-4 und DIN EN 50126 verzichtet man auf die Produktbildung und

versteht unter dem Begriff Risiko die Kombination aus Wahrscheinlichkeit und Ausmaß eines

Schadens bzw. Häufigkeit eines Ereignisses und Ereignisfolge.

Die dargestellten Begriffe werfen folgende Fragen auf:

1. Wie soll man die Eintrittshäufigkeit/-wahrscheinlichkeit interpretieren?

Tritt nicht jedes Ereignis nur einmal ein? Wenn man ein Ereignis u.a. durch Zeit und Ort

charakterisiert wäre das doch so!

2. Eine zahlenmäßige Angabe der Schadens-/Ereignishäufigkeit sollte immer realisierbar sein.

Für die Bewertung des Schadensausmaßes/ der Ereignisfolge ist das aber oftmals nicht der

Fall. Wie soll man dann ein Produkt berechnen?

3. Ist für die Risikobeschreibung die Ereignishäufigkeit oder die Ereigniswahrscheinlichkeit

besser geeignet?

Zur ersten Frage: Der Begriff der Häufigkeit/ Wahrscheinlichkeit nimmt keinen Bezug auf ein

konkretes Ereignis sondern auf eine Ereignisklasse. Bewertet wird also, wie häufig Ereignisse einer

bestimmten Ereignisklasse auftreten bzw. ob ein Ereignis einer bestimmten Ereignisklasse auftritt.

Die Ereignisklassen werden durch einen Bereich des Schadensausmaßes charakterisiert. Daher ist es

auch sinnvoll, den Begriff Schadensklasse zu verwenden.

Zur zweiten Frage: Eine Produktbildung ist nur möglich, wenn sowohl die Häufigkeit/

Wahrscheinlichkeit als auch das Schadensausmaß quantifiziert werden können. Insbesondere bei

Sicherheitsuntersuchungen lassen sich die Schadensklassen nicht durch ein einheitliches

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quantitatives Maß beschreiben (Tote/ Verletzte/ Umweltschäden). Hier belässt man es ohne

Produktbildung bei der Doppelbewertung pro Schadensklasse durch das Schadensausmaß und die

Ereignishäufigkeit /-wahrscheinlichkeit.

Zu beachten ist, dass eine Risikoeinschätzung nur mit Nennung der Schadensklassen sinnvoll ist und

Vergleiche zweier Risiken nur dann erlaubt sind, wenn den gegenübergestellten Risiken die gleichen

Schadensklassen zu Grunde liegen. Bewertet man nämlich ein und dieselbe Situation einerseits mit

einer sehr detaillierten und andererseits einer sehr groben Klassierung, so ergeben sich nicht

vergleichbare Ereignishäufigkeiten/ -wahrscheinlichkeiten der Schadensklassen, die sich auch in der

Größenordnung unterscheiden können. Es gilt: Je detaillierter die Klasseneinteilung, desto kleiner

sind die berechneten Risiken infolge der kleineren Häufigkeiten/ Wahrscheinlichkeiten.

Zur dritten Frage: Wie eingangs des Abschnittes bemerkt, werden für die Risikobeschreibung beide

Alternativen Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit genannt. Die Verwendung der Häufigkeit besitzt den

Vorteil, dass man auf einen Bezug zu einer sogenannten „Time at Risk“ (im Weiteren

Betrachtungsdauer) verzichten kann. Während die Wahrscheinlichkeit der Angabe einer

Betrachtungsdauer bedarf – und auch wesentlich von dieser abhängt, ist die Häufigkeit

(≈Wahrscheinlichkeit/Betrachtungsdauer) von der Betrachtungsdauer unabhängig. In die

Betrachtungsdauer wird nicht nur die Zeitdimension einbezogen sondern auch die Anzahl der

betrachteten Anlagen. Mögliche Maßeinheiten wären also zum Beispiel Anlagenbetriebsstunden für

einen Windpark oder Fahrzeugkilometer für eine Fahrzeugflotte. Entsprechend erhält man mögliche

Einheiten zur Bemessung der Häufigkeit: Ereignisanzahl pro Anlagenbetriebsstunde oder

Ereignisanzahl pro Fahrzeugkilometer.

2.4.2 Arten von Risiken

Soweit die Anwendungsgebiete von Risikoanalysen gefächert sind, so vielfältig sind auch die

verwendeten Risikobegriffe. Das für ein Anwendungsgebiet genutzte Risikokalkül richtet sich vor

allem nach zwei Kriterien. Diese sind

1. der Betrachtungsgegenstand, von dem ein Risiko ausgeht

2. der Fokus auf bestimmte interessierende Risiken, d.h. Schadensarten

Betrachtungsgegenstand und zu untersuchende Schadensarten sind durch den Auftraggeber der

Risikoanalyse zu benennen bzw. einzugrenzen. Im Allgemeinen ergeben sich diese aus dem

Verantwortungsbereich des Auftraggebers. Beim Betrachtungsgegenstand kann man im

Wesentlichen zwischen Prozess- und Systemuntersuchungen unterscheiden, wobei eine scharfe

Trennung meist gar nicht möglich ist. So greifen Prozesse bei ihrem Ablauf auf Ressourcen, also

Systeme zurück. Folglich können Prozessrisiken ihren Ursprung in Systemrisiken haben. Der

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umgekehrte Fall ist auch denkbar. Konstruktion und Produktion eines Systems sind Prozesse, die die

späteren Systemeigenschaften bestimmen. Das Risiko, eines Fehlers während dieser Prozesse hat ein

Risiko eines Fehlverhaltens des Systems im Betrieb zur Folge. Neben den Risiken, die vom

eigentlichen Betrachtungsgegenstand ausgehen, gibt es noch externe Risiken, die beispielsweise von

Blitzschlägen, Stürmen, Vandalismus, usw. resultieren können. Diese externen Einflüsse mit zu

betrachten ist dann sinnvoll, wenn man die internen Risiken relativieren möchte oder der

Betrachtungsgegenstand über Funktionen verfügen soll, die die externen Einflüsse in gewissem Maße

kompensieren.

Die interessierenden Schadensarten sind vom Standpunkt des Risikoträgers abhängig. So gibt es

spezielle Fälle mit einem einseitigen Risikobild, wie es beispielsweise beim Glücksspieler der Fall ist.

Sein Risiko besteht darin, seinen Einsatz zu verlieren. Eine Versicherung muss das Risiko tragen,

größere Zahlungspflichten als Einnahmen zu haben. Neben diesem finanziellen Risiko kann es auch zu

einem Imageschaden kommen. Einem weit aus breiterem Risikospektrum sehen sich Unternehmen

ausgesetzt, die eine Betreiberrolle erfüllen. Typische Risiken, denen ein Betreiber (z.B. von

Windenergieanlagen, Fahrzeugen, …) gegenüberstehen kann, sind das Sicherheits- und Umweltrisiko,

das finanzielle Risiko oder ein Imageschaden. Für einen Produzenten, der ja auch ein Betreiber ist,

nämlich Betreiber von Produktionsanlagen, gilt das Gleiche. Neben den Risiken, die aus dem

Produktionsprozess hervorgehen, muss sich der Produzent auch den Risiken widmen, die mit Fehlern

seines Produktes im späteren Betrieb in Zusammenhang gebracht werden können. Der Käufer wird

darauf bestehen, dass ihm diese Risiken vom Hersteller offengelegt werden. Blickt man in den

privaten Bereich, zeigen sich weitere Arten von Risiken, so zum Beispiel das Gesundheitsrisiko,

welches infolge der Nebenwirkungen von Medikamenten entsteht oder das Verletzungsrisiko beim

Betreiben bestimmter Sportarten.

Die aufgezeigte Palette von Risikoarten ist natürlich nicht vollständig.

2.4.3 Betrachtete Risikoarten im Anwendungsfall SystOp

Betrachtungsgegenstand sind die Prozesse des Betriebs und der Instandhaltung eines Offshore-

Windparks. Fehler an den Windenergieanlagen bleiben in der Risikoanalyse unbewertet. Sie stellen

lediglich ein auslösendes Ereignis für einen Prozess dar, der die Fehlerbeseitigung zum Ziel hat. Die

Instandhaltung betreffend ist die Risikoanalyse sowohl auf korrektive als auch auf vorbeugende

Maßnahmen gerichtet. Die genaue Festlegung, welche Prozesse in die Risikoanalyse einbezogen

werden, erfolgt im Rahmen der Prozessanalyse. Grundlage der Risikoanalyse bilden detaillierte

Prozessbeschreibungen, aus denen die beteiligten Akteure, die Aktivitäten und deren Verknüpfungen

ersichtlich sind.

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Beim Betrieb und der Instandhaltung von Windenergieanlagen sind Umweltschäden und auch

Gefährdungen für Leben und Unversehrtheit denkbar. Diese Risiken werden im Rahmen der SystOp-

Analysen bewusst ausgeschlossen. Die Betrachtungen beschränken sich auf den finanziellen Aspekt.

Prinzipiell werden zwei Möglichkeiten finanzieller Einbußen infolge von Prozessfehlern gesehen:

1. Der geplante Standardablauf des Prozesses ist nicht möglich, wodurch zusätzliche Kosten

entstehen

2. Die Wiederinbetriebnahme einer Windenergieanlage verzögert sich, wodurch ein

Einnahmeverlust entsteht

Die Fehlerfolge Einnahmeverlust bleibt in der Risikoanalyse zunächst unbewertet. Anstelle dessen

wird die Verzögerung der Wiederinbetriebnahme verwendet. Erst am Ende der Risikoanalyse wird

daraus eine monetäre Schadensgröße berechnet. Auf diese Weise soll transparent bleiben, welcher

Umrechnungsfaktor zwischen Zeitverzögerung der Wiederinbetriebnahme und monetärer

Bewertung des Ertragsverlustes angesetzt wird. Außerdem wird sichergestellt, dass ein einheitlicher

Umrechnungsfaktor Anwendung findet. Das Schadensausmaß wird also durch 2 Dimensionen

beschrieben:

1. Zusatzkosten

2. Zeitverzögerung der Wiederinbetriebnahme

Diese besondere Struktur der Schadensmessung hat Einfluss auf die anwendbaren Analysemethoden.

2.4.4 Methoden der Risikoanalyse

Bei der Vielzahl an Methoden bietet sich zunächst eine Unterteilung nach deren Zweck an. Folgende

Ziele werden verfolgt:

1. Identifizieren der Risiken

2. Bewertung der Risiken

3. Dokumentation der Risiken

4. Management der Risiken

Die meisten im Folgenden vorgestellten Methoden verfolgen davon gleich mehrere Ziele. Neben

einer kurzen Beschreibung wird auf anwendbare Normen hingewiesen.

Identifizieren

Unter Identifizierung der Risiken ist das Erkennen gefahrbringender Ereignisse und Zustände zu

verstehen. Dieser Schritt ist Grundlage der anderen drei Ziele.

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Der übliche Weg ist das Zusammentragen der Risiken in einer Expertenrunde. Natürlich möchte man

dabei allen Gefahren auf die Spur kommen. Daher empfiehlt es sich, Risikokataloge zu verwenden.

Eine systematische Herangehensweise bietet die HAZOP (Hazard and operability study). Die HAZOP

ist eine qualitative Analyse eines Systems, dessen Verhalten durch Prozessattribute beschrieben

werden kann. Die Ausprägungen dieser Attribute sind bei Normalverhalten bekannt. Mögliche

Abweichungen vom Normalverhalten werden systematisch zusammengestellt, indem Abweichungen

der Attribute vom Normalverhalten durch bestimmte Leitworte benannt werden. Diese

Abweichungen werden als potentielle Risiken angesehen. Bestandteil der HAZOP ist auch die

Fehlerfolgesuche. Die Benennung von Ursachen und Gegenmaßnahmen, sowie die Quantifizierung

werden in anschließenden Analysen durchgeführt. Zur HAZOP-Analyse gibt es die Norm BS IEC 61882

und den Entwurf DIN EN 61882 .

Darüber hinaus können Simulationen hilfreich sein, wenn es darum geht, zunächst einmal das

System- bzw. Prozessverhalten kennenzulernen, um Schwachpunkte und Engpässe offenzulegen.

Diese Unterstützung benötigt man vor allem bei großen Systemen und Prozessen, wo keine

belastbaren Felddaten zur Verfügung stehen. Auch wenn eine detaillierte Beschreibung durch die

Konstrukteure und Designer möglich ist, kann man oftmals kaum auf die Zuverlässigkeit des

Gesamtsystems schließen, insbesondere dann nicht, wenn das Zusammenwirken der Komponenten

und Aktivitäten aufgrund des Umfanges und der starken Verflechtung sehr komplex ist.

Bewertung

Hier ist zu unterscheiden zwischen Methoden, welche sich dem Setzen von Akzeptanzmaßstäben

widmen, und Verfahren zur Kennzahlenbestimmung.

Ein Werkzeug zum Setzen von Sicherheitsklassen - übliche Bezeichnungen sind SIL-Safety Integrity

Level und PL-Performance Level - ist der Risikograph. Die Klassen werden gebildet in Abhängigkeit

vom Schadensausmaß, von der Häufigkeit und Dauer der Gefährdung und der Möglichkeit, der

Gefährdung zu entkommen. Die Norm DIN EN ISO 13849-1 behandelt den PL, zeigt den

Zusammenhang mit dem SIL und informiert über den Risikographen.

Mit der Risikomatrix werden Risikoklassen gebildet, die durch einen Wertebereich der Häufigkeit und

einen Wertebereich des Schadensausmaßes charakterisiert sind. Zu jeder dieser Klassen wird eine

Akzeptanzbewertung vorgegeben. Eine typische Risikomatrix ist in der DIN EN 50126 dargestellt.

Diese Norm ist zwar in erster Linie für den Anwendungsfall Bahntechnik vorgesehen, kann aber

insbesondere, was die Risikomatrix betrifft, auch auf andere Fälle übertragen werden.

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Abbildung 5: Beispiel einer Risikomatrix [DIN 50126]

Sowohl die Häufigkeit als auch das Schadensausmaß (hier Gefahrenstufe) werden in der Tabelle

ordinal bewertet. Sofern möglich, könnten beide Kategorien quantitativ beschrieben werden.

Prinzipiell bedarf es der Definition der verwendeten Bewertungen für Häufigkeit, Gefahrenstufe und

Akzeptanz.

Die folgenden Methoden dienen der Risikobewertung, vorrangig der Häufigkeitsermittlung.

Eine semiquantitative Methode ist die Failure Mode and Effect Analysis (FMEA). Die FMEA gibt es in

mehreren Varianten. Die Variantenauswahl ergibt sich aus der Art des Betrachtungsgegenstandes

(Prozess-, System-, Konstruktion-, Produkt-FMEA). Charakteristisch sind zwei Prinzipien:

1. Fehlernetz, welches sich aus einer Verflechtung kausaler Fehlerketten bildet

2. Fehlerbewertung durch eine Risikoprioritätszahl (RPZ) als Produkt aus den Faktoren A, E und

B, wobei die drei Buchstaben für Auftretenshäufigkeit/ -wahrscheinlichkeit,

Entdeckungswahrscheinlichkeit und Bedeutung stehen.

Die RPZ-Bewertung gibt die Möglichkeit, Fehler mit hohem Risikopotenzial von denen mit geringem

Potenzial abzugrenzen und so gezielt nach risikomindernden Maßnahmen zu suchen. Im

Wesentlichen sind das Vermeidungsmaßnahmen (beeinflussen A), Entdeckungsmaßnahmen

(beeinflussen E) und Schutzmaßnahmen (beeinflussen B). Die FMEA wird in der Praxis sehr stark

genutzt. Die Norm DIN EN 60812 behandelt die FMEA.

Wenn das zu bewertende System/ der zu bewertende Prozess bereits eine gewisse Zeit läuft und die

Fehlerereignisse registriert wurden, kann eine statistische Datenanalyse erste Aussagen liefern.

Eventuell können auch Referenzdaten vergleichbarer Systeme/ Prozesse verwendet werden.

Abgesicherte Ergebnisse zu sehr seltenen Ereignissen (darunter sollten auch jene mit hoher

Schadensfolge sein) sind allerdings erst nach Ablauf einer bestimmten Beobachtungsdauer möglich.

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Häufigkeiten und Wahrscheinlichkeiten können in Form von Punkt- und Intervallschätzungen

ermittelt werden [vgl. Sachs 1999])

Strukturierte Analysemethoden zur Bewertung unerwünschter Ereignisse durch

Wahrscheinlichkeiten und Häufigkeiten bieten die Fehlerbaumanalyse (FTA - Fault tree analysis) und

das Zuverlässigkeitsblockdiagramm (RBD - Reliability block diagram). In beiden Fällen wird im ersten

Schritt eine qualitative Analyse durchgeführt, indem zunächst die Fehlfunktions- bzw.

Funktionsstruktur des Betrachtungsgegenstandes in graphischer Form nachgebildet wird und

anschließend nach Schwachstellen untersucht werden kann. Im zweiten Schritt erfolgt die

quantitative Analyse, in der die Kennwerte der Prozesselemente und Komponenten auf die Ebene

des Gesamtprozesses bzw. des Systems hochgerechnet werden. Zur Fehlerbaumanalyse gibt es die

Norm DIN EN 61025 und für das Zuverlässigkeitsblockdiagramm die Norm DIN EN 61078.

Die Ereignisablaufanalyse (ETA - Event tree analysis) gestattet die Zuordnung eines Fehlerereignisses

zu mehreren Schadensklassen abhängig von weiteren in der ETA betrachteten Einflüssen (z.B.

gleichzeitiges Auftreten anderer Fehler, bestimmte Umgebungsbedingungen etc.). Außerdem ist eine

Quantifizierung möglich. Zur ETA gibt es die Norm DIN 25419.

Eine etwas flexiblere aber auch aufwendigere Methode ist die Markowanalyse. Sowohl bei der FTA

als auch dem RBD, zumeist auch bei der ETA, geht man von boolschen Systemen aus. Hinzukommt,

dass man die Standardberechnungen nur bei Unabhängigkeit der Komponenten bzw.

Prozesselemente korrekt anwenden kann. Diese Einschränkungen können bei einer Modellierung mit

einer Markowkette ausgeräumt werden. Mit Markowketten wird das stochastische Verhalten eines

Systems vom aktuellen Zustand abhängig gemacht. Es können Häufigkeiten von Zustandsübergängen

(also auch Fehlerereignissen) sowie mittlere Aufenthaltsdauern in Zustandsmengen (also auch in

gefährlichen Zuständen) berechnet werden.

Dokumentation

Eine übliche Form zur Darstellung des Ergebnisses einer Risikoanalyse ist das Hazard Log

(Gefahrenprotokoll). Es dokumentiert den erreichten Stand der Risikokennzahlen Häufigkeit und

Schadensausmaß pro betrachtetes Fehlerereignis. Einzubeziehen sind Ereignisse, denen ein hohes

Risiko (Schaden x Häufigkeit) oder ein großer Schaden zugeordnet wird. Da das Hazard Log auch als

Nachweisdokument dient, sollten auch jene Ereignisse dargestellt werden, bei denen man im Vorfeld

der Untersuchung mit einem hohen Risiko- oder Schadenspotential gerechnet hat – auch wenn sich

das bei der Analyse nicht bestätigt. Schließlich sind auch jene Ereignisse einzubeziehen, für die man

eine Absenkung des Risikos durch die Definition von zusätzlichen Maßnahmen aufzeigen möchte. Ein

FMEA-Formblatt ist für die Erfassung der Informationen eines Hazard Log bestens geeignet. In der

FMEA-Tabelle werden pro Fehlerereignis und möglicher Fehlerauswirkung auf das System die

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Häufigkeit, mit der die Kombination aus Fehler + Fehlerfolge auftritt, und die daraus resultierende

Akzeptanz gemäß Risikomatrix festgehalten. Neben diesen für die Risikobewertung eigentlich

wesentlichen Spalten werden auch die für eine FMEA typischen Inhalte festgehalten: Fehlerursache,

unmittelbare Auswirkung, Ausfallerkennung und Maßnahmen. Darüber hinaus kann die Entwicklung

verschiedener Maßnahmenstände mit den aktualisierten Bewertungen dokumentiert werden.

Das Hazard Log wird in der DIN EN 50129 erklärt. Die Norm ist für den Anwendungsbereich

Signalanlagen bei der Bahn verfasst. Das Dokumentationsverfahren Hazard Log dürfte aber allgemein

einsetzbar sein.

Die FMEA-Methode bietet eine durchgängige Dokumentation der Risikoanalyse. Angefangen bei der

System-/ Prozessstruktur über das Funktionsnetz und Fehlernetz werden anschließend in den

Formblättern die detaillierten Bewertungen festgehalten.

Bei der Durchführung der Expertenrunden ist eine gleichzeitige Dokumentation unbedingt zu

empfehlen, damit die große Menge an aufgenommenen Informationen nach Abschluss eines

Meetings von allen Teilnehmern als akzeptiert gilt. Ein nachträglicher Protokollierungsprozess wäre

zu aufwendig. Für die Dokumentation werden vorbereitete Tabellen oder spezielle Software

verwendet. Damit wird auch eine klare und zielgerichtete Führung des Expertengesprächs

unterstützt.

Management von Risiken

Das Risikomanagement verbindet das System-/ Prozessdesign, das Identifizieren der Gefahren, die

Risikobewertung, das Erkennen von Verbesserungsmöglichkeiten und die Kontrolle der

Verbesserungsmaßnahmen, wonach sich der Kreis zum System-/ Prozessdesign wieder schließt. Ziel

ist es, das Risiko auf ein akzeptables Maß zu reduzieren bzw. in einem akzeptablen Bereich zu halten.

Prinzipiell sollte man davon ausgehen, dass jede Phase des Lebenszyklus mit Gefahren verbunden ist

oder Ursachen für Gefahren in sich birgt. Da die Risikoreduzierung auf ein akzeptables Maß vor dem

Auftreten von Gefahren erfolgen sollte, muss die Risikoanalyse bereits nach der Systemdefinition

beginnen und während der Entwicklung und Konstruktion einen Stand erreicht haben, der für die

nachfolgenden Lebensdauerphasen ein zu hohes Risiko ausschließt.

Von den im Vorfeld benannten Methoden ist die FMEA am besten geeignet, die

Kennzahlenentwicklung nachzuverfolgen, Schwachpunkte aufzudecken und Maßnahmen zu

managen. Die Formblätter enthalten entsprechende Spalten zu Maßnahmen, Verantwortlichkeiten

und Terminen.

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2.4.5 Risikoanalyse im Anwendungsfall

Im Anwendungsfall SystOp wurde die Risikoanalyse durch eine FMEA in abgewandelter Form

durchgeführt. Die Bedeutung eines Fehlers wird doppelt bewertet. Zum einen bewertet B1 die

Zusatzkosten und zum anderen B2 die Zeitverzögerung der Wiederinbetriebnahme infolge des

betrachteten Fehlers. Mit einem Wichtungsfaktor w wird B2 in einen monetären Verlust

umgerechnet und zu den Zusatzkosten hinzugezählt, so dass man schließlich eine eindimensionale

Bewertung der Fehlerschwere erhält: B = B1+w·B2. Die Einzelbewertungen B1 und B2 werden über

eine Wahrscheinlichkeitsverteilung simultan in einer Matrix vorgenommen. Hat man für B1 und B2

jeweils eine Klasseneinteilung, so besteht die Aufgabe darin, Anteilswerte pij mit Summe 1 (bzw.

Prozentwerte mit Summe 100) in die folgende Matrix einzutragen:

Tabelle 2: Matrix zur Bewertung der Fehlerfolgen

Klassen B2

B21 B22 B23 … B2m

Kla

ssen

B1

B11

B1n

Bei der Bemessung der Anteilswerte ist zu beachten, dass sie durch die Entdeckbarkeit des Fehlers

gepaart mit Maßnahmen zur Linderung der Fehlerfolge mitbestimmt werden.

Die Risikobewertung erfolgt durch die Fehlerhäufigkeit A und die in der Tabelle eingetragenen

Anteilswerte pij in der Zelle B1i x B2j:

𝐴 ∙∑𝑝𝑖𝑗 ∙ (𝐵1𝑖 +𝑤 ∙ 𝐵2𝑗)

𝑖,𝑗

Diese Formel entspricht genau dem Risikokalkül, wonach sich das Risiko als Produkt aus

Fehlerhäufigkeit und Fehlerschwere ergibt, wobei hier die mittlere Fehlerschwere verwendet wird.

Mit dem abgewandelten FMEA-Verfahren können die Vorteile dieser Methode genutzt werden:

1. Auf Grund der allgemeinen Bekanntheit der Methode ist mit einer hohen Akzeptanz bei den

Gesprächsteilnehmern zu rechnen.

2. Die Methode wird einheitlich auf alle betrachteten Prozesse angewendet.

3. Durch die Gesprächsteilnehmer ist schnell eine Logik zu erkennen, wodurch die FMEA-

Methode auch zu einem gesprächsführenden Instrument wird.

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4. Eine gute Dokumentation hält Expertenwissen fest und sorgt für eine gute

Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse.

Mit den Modifikationen kann die gewünschte Risikobewertung realisiert werden. Insbesondere kann

auch eine quantitative Bewertung erfolgen.

Die Durchführung einer FMEA ist sehr zeit- und personalintensiv. Der Aufwand ist maßgeblich davon

abhängig, auf welcher Hierarchieebene der Prozessstruktur man den Fokus zur Bewertung legt.

Wünschenswert ist die Wahl einer Prozessebene, auf der man konkrete Maßnahmen zur

Fehlervermeidung und Fehlerentdeckung zuordnen kann. Im Anwendungsfall wurden dafür die

Aktivitäten als geeignete Hierarchieebene angesehen. Um eine abgestimmte Bewertung zwischen

den Prozessbeteiligten zu garantieren, wird die FMEA aber auf der Ebene der Teilprozesse

durchgeführt, wobei der Fokus auf die Aufgaben der Pools gerichtet wird. Das weitere

Herunterbrechen bis auf Aktivitätenebene wird mit den Resultaten der FMEA an die einzelnen

Prozessbeteiligten delegiert. Erst in diesem Rahmen erfolgt das konkrete Maßnahmenmanagement.

Die übergeordnete Risikoanalyse bis auf Poolebene kann nur dem Anspruch gerecht werden, auf

risikorelevante Prozessbereiche hinweisen zu können. Dennoch ist die FMEA-Durchführung sehr

aufwendig, was eher auf den Umfang der Prozesse zurückzuführen ist und weniger der Methodik

geschuldet ist. Vielmehr stellt die FMEA eine sehr zielgerichtete Methode dar. Das heißt, dass

jegliche Vereinfachung ungenauere Analyseergebnisse zur Folge hätte.

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3 Charakterisierung des Offshore Windparks

Die Charakterisierung des OWP ist der Ausgangspunkt für die Planung und die Optimierung der

Prozesse des Betriebs von Offshore Windparks. Zudem wird der Wissenserhalt im Unternehmen

unterstützt. Erst das tiefgreifende Verständnis über die Struktur des OWP und seiner Prozesse

ermöglichen eine weiterführende Analyse und Erarbeitung von Optimierungsempfehlungen zum

Prozessdesign und der Ausführung der Prozesse.

Die Grundlage der Charakterisierung des Offshore Windparks ist die vollständige Abbildung der

beteiligen Einheiten, deren Aufgaben und Aktivitäten, aber auch Infrastrukturen und die

Interaktionsflüsse untereinander. Im Folgenden wird zunächst das methodische Vorgehen zur

Charakterisierung des Offshore Windparks insgesamt erläutert und anschließend auf die

verschiedenen Schritte detailliert eingegangen. Darauf aufbauend wird die Methode auf ein

Praxisbeispiel angewendet und abschließend Handlungsempfehlungen für den Einsatz der Methode

gegeben.

3.1 Methodisches Vorgehen

Die Charakterisierung des Offshore Windparks erfolgt in 6 aufeinander aufbauenden Teilschritten. In

Abbildung 6 ist ein Ablaufschema zum Vorgehen der Charakterisierung zu erkennen. Dabei sind unter

den einzelnen Schritten jeweils Leitfragen und dazugehörige Werkzeuge aufgeführt.

Ausgangspunkt der Charakterisierung des Offshore Windparks ist die Bestimmung und Festlegung

der Rahmenbedingungen der Betriebsphase (Schritt 1). Die Vertragsarten und Instandhaltungs-

szenarien müssen in ihren Grundzügen geklärt sein. Weiterhin müssen die Ziele für die Optimierung

der Prozesse von der Betriebsstrategie und den Unternehmenszielen des Betreibers abgeleitet

werden.

Nachfolgend werden die beteiligten Akteure und Infrastrukturen sowie deren Interaktionsflüsse

untereinander aufgenommen und hinsichtlich ihres Beitrags zum Betrieb des OWP und ihrer

Verbindungen zu anderen Akteuren analysiert (Schritt 2). Zum anderen ist eine detaillierte

Betrachtung der ablaufenden Prozesse im Betrieb erforderlich, um das dynamische Verhalten

abbilden zu können (Schritt 3 und Schritt 4). Die Darstellung der aufbau- und ablauforganisatorischen

Struktur des Offshore Windparks im Betrieb unter Berücksichtigung aller Akteure und Infrastrukturen

sowie deren Verknüpfungen erfordern einen intensiven Austausch und Diskussion mit den

akteurseigenen Strukturen und Prozessen, aber auch Schnittstellen und Aufgabenverteilungen.

Hieraus ergeben sich erste wesentliche Verbesserungsvorschläge des Prozessdesigns und der

Organisationsstruktur (Schritt 5). Auf Basis des umfassend charakterisierten Offshore Windparks

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können Prozesse mit einem besonders hohen Potenzial zu Prozessverzögerungen und damit

Ertragseinbußen und zusätzlichen Kosten für Ressourcen systematisch ausgewählt werden (Schritt 6).

Die ausgewählten Prozesse werden nachfolgend einer Risikoanalyse unterzogen.

Abbildung 6: Ablaufschema zur Methode der Prozessanalyse

3.2 Schritt 1: Festlegung der Rahmenbedingungen

Oberstes Ziel ist die Optimierung der Zuverlässigkeit des Betriebs von Offshore Windparks. Für die

Zuverlässigkeit müssen prozessbeschreibende Parameter abgeleitet werden, anhand derer die

Optimierung der Prozesse durchgeführt werden können. Abbildung 7 zeigt die

prozessbeschreibenden Parameter RAMS der Zuverlässigkeit.

Die Verfügbarkeit (Availability) ist das berechenbare Hauptmerkmal der Zuverlässigkeit, das durch

die anderen Merkmale beeinflusst wird. Sie hängt stark von der technischen Funktionsfähigkeit und

der Instandhaltungsstrategie ab. Die Funktionsfähigkeit (Reliability) beschreibt die technische

Verlässlichkeit, die durch die Wahl und Qualität der eingesetzten technischen Komponenten im OWP

bestimmt wird. Die Instandhaltbarkeit (Maintainability) beschreibt wie einfach ein System zu

reparieren und welcher Aufwand damit verbunden ist. Sowohl die Funktionsfähigkeit als auch die

Instandhaltbarkeit sind technische Voraus-setzungen, die in der Entwicklungs- und

Konstruktionsphase festgelegt werden. Die Instand-haltungsunterstützung (Serviceability) umfasst

1.Rahmen-bedingungen

festlegen

2.Stakeholder-analyse

3.Strukturierung der Prozesse

4.Prozess-modellierung/

-parameter5.Ableitung von Optimierungs-

potenzialen6.Auswahl

risikorelevanter Teilprozesse

Wie wird der Betrieb ausgeführt?

à Vertragsartenà Instandhaltungs- szenarien

Welche Akteure sind beteiligt und wie stehen diese miteinander in Verbindung?

à Stakeholder

à Leistungssystem

Welche Cluster-/Hauptprozesse laufen ab? Wie können diese strukturiert werden?Welche Prozesse sind besonders relevant für die Optimierung?

à Prozess- hierarchieà Prozessland- karteà Teilprozesse

à Relevanz- kriterien & Aus- wahlverfahren

Welche Akteure sind beteiligt und wie stehen diese miteinander in Verbindung?

à Prozess- modellierungà Prozess- parameter

Welche Empfehlungen zum Design der Prozesse können abgeleitet werden?

à Verantwort- lichkeitenà Aktivitäten

à Interaktionen

Welche Prozesse haben ein hohes Potenzial für Verzögerungen und zusätzliche Kosten für Ressourcen?

à Auswahl der Teilprozesse

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die Ressourcen und Management-aktivitäten, die auf Basis der technischen Voraussetzungen des

Offshore-Windparks, eingesetzt werden müssen, um den Windpark instand zu halten. Sie wird

beispielsweise durch die Verfügbarkeit von Fahrzeugen oder das Design von Prozessabläufen

beeinflusst. [DIN EN 60300-3-4; Echavarrìa 2009] Während der Betriebsphase ist hauptsächlich die

Instandhaltungsunterstützung zu beeinflussen. Sie ist damit der zu optimierende

prozessbeschreibende Parameter.

Abbildung 7: Zuverlässigkeit und ihre prozessbeschreibenden Parameter RAMS

Aus den vorangegangenen Ausführungen zur Zuverlässigkeit und ihrer Merkmale RAMS kann

abgeleitet werden, dass eine hohe Zuverlässigkeit des OWP bei minimalen Betriebs- und

Instandhaltungskosten in der Betriebsphase durch die Verbesserung der Instandhaltungs-

unterstützung (S) unmittelbar zu erreichen ist. Eine solide Systemorganisation und maximale

Prozesszuverlässigkeit ist für einen reibungslosen Betriebs- und Instandhaltungsablauf daher

unabdingbar. Die Funktionsfähigkeit (R) und die Instandhaltbarkeit (M) sind technische Vorgaben, die

in der Entwicklungsphase festgelegt werden. Sie können nur durch Verbesserungen und

Modifikationen der technischen Anlagen und/oder eine Änderung der Instandhaltungsstrategie

basierend auf Erkenntnissen und Erfahrungen des Betriebs beeinflusst werden.

Folgende Anforderungen an die Betriebsphase des Offshore Windparks lassen sich daraus ableiten:

aufbauorganisatorische Anforderungen:

Definierte und optimierte Schnittstellen der Akteure in O&M-Prozessen, z.B. durch

Leistungs- und Pflichtenbeschreibungen;

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Definierte und optimierte Interaktionen zwischen den Akteuren, z.B. durch

abgestimmte Datenflüsse.

ablauforganisatorische Anforderungen:

Optimierte Prozessflüsse, z.B. durch Verknüpfung von Instandsetzungs- und

Wartungseinsätzen auf Basis der Inspektion;

Optimierter Einsatz von Arbeitsmitteln, z.B. Parallelnutzung von Fahrzeugen;

Optimierter Einsatz von Personal, z.B. Einsatz auf Basis von Qualifikationen.

Eine Optimierung des Leistungssystems Offshore Windpark vor dem Hintergrund der aufgestellten

Anforderungen kann durch eine Risikoanalyse und Simulation mit dem Ziel der Verbesserung der

Instandhaltungsunterstützung auf aufbau- und ablauforganisatorischer Ebene erreicht werden.

Die spezifizierten bzw. quantifizierten Anforderungen zur Charakterisierung des Leistungssystems

werden aus den Leitlinien der Betreiber und der Betriebsgesellschaft, dem Betriebs- und

Instandhaltungskonzept des OWP und den bestehenden Verträgen zwischen den Akteuren

abgeleitet. Erste Hinweise zu Verträgen und Instandhaltungsszenarien wurden in Kapitel 2 gegeben.

3.3 Schritt 2: Analyse der beteiligten Akteure und Infrastruktur

Die Analyse der beteiligten Akteure und Infrastruktur ist wichtig, um den Einfluss der einzelnen

Institutionen auf den Betrieb des OWP darzustellen. Im Folgenden werden zunächst die einzelnen

Akteure und Infrastrukturen2 beschrieben und ihr Einfluss auf den Betrieb des OWP mittels einer

Portfolioanalyse ermittelt. Abschließend werden alle Akteure und Infrastrukturen sowie deren

Schnittstellen in einem Leistungssystem statisch abgebildet.

3.3.1 Übersicht der Akteure und Infrastruktur

Der Offshore Windpark im Betrieb umfasst eine Vielzahl an beteiligten Akteuren und Infrastrukturen,

die vielfältig in den verschiedenen ablaufenden Prozessen miteinander verbunden sind. Tabelle 3 gibt

einen Überblick über die verschiedenen Akteure und Infrastrukturen beim Betrieb eines Offshore

Windparks und zeigt deren „emotionale“ Einstellung von sehr gut (++) bis sehr schlecht (--), ihren

Einfluss auf die Geschäfte des OWP-Betriebs und ihre Betroffenheit durch den OWP auf. Die

2 organisatorischer und wirtschaftlicher Unterbau einer hochentwickelten Anlage. Es kann unterschieden

werden in organisatorische Infrastruktur (Info-Beschaffung, Logistik u. Verwaltung), wirtschaftliche Infrastruktur (Controlling), technologische Infrastruktur (technische Versorgung, Verkehrsnetze, IKS) und bauliche Infrastruktur (Liegenschaften, Gebäude u. Anlagen). [Ghahremani,A.(1998)]

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Bewertung beruht auf Erfahrungen und Erkenntnissen im Rahmen der Entwicklung des GOWOG. Es

stellt keine Stakeholderbetrachtung eines bestimmten Offshore Windparks dar. Eine detaillierte

Beschreibung der Akteure und Infrastrukturen mit Zielen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten,

Anforderungen und vorhandenen Schnittstellen zu anderen Stakeholdern ist im „GOWOG-Anhang I –

Akteure und Infrastrukturen„ zu finden.

Tabelle 3: Akteure beim Betrieb eines Offshore Windparks

Stakeholder Nr. Einstellung zu OWP*

Einfluss auf O&M**

Betroffenheit von O&M**

Akteure

Abfallbeförderer 31 0 Niedrig Niedrig

Abfallbehörde 33 0 Niedrig Niedrig

Abfallentsorger 1 0 Niedrig Niedrig

Bank / Investor 2 + Hoch Hoch

Betreiber 3 ++ Hoch Hoch

Betriebsgesellschaft 4 ++ Hoch Hoch

Bundespolizei 8 0 Niedrig Niedrig

CMS – Analyse 30 ++ Mittel Hoch

Externe Instandhaltungs-unternehmen

6 ++ Hoch Hoch

Gutachter / Zertifizier 23 + Mittel Niedrig

Hersteller 10 ++ Hoch Hoch

Logistikdienstleister 34 + Niedrig Niedrig

Marine Warranty Surveyor 11 ++ Mittel Niedrig

Nachunternehmer des Herstellers

12 ++ Mittel Mittel

Personaldienstleister 16 ++ Mittel Mittel

Rettungsleitstelle 18 - Niedrig Niedrig

Schulungsinstitution 32 ++ Niedrig Niedrig

Transportunternehmen 22 ++ Hoch Mittel

Übertragungsnetzbetreiber 13 - Hoch Mittel

Verkehrszentrale 24 0 Niedrig Niedrig

Versicherung 25 + Mittel Niedrig

Wetterdienst 26 0 Hoch Niedrig

Windprognose Institut 27 ++ Hoch Niedrig

Zoll 29 - Mittel Niedrig

Zulieferer Ersatzteile/ Betriebs- / Hilfsmittel

5 0 Mittel Niedrig

Infrastrukturen

Flugplatz 7 entfällt Niedrig Mittel

Helikopter 9 entfällt Hoch Hoch

Hilfsschiff 20 entfällt Niedrig Niedrig

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Stakeholder Nr. Einstellung zu OWP*

Einfluss auf O&M**

Betroffenheit von O&M**

Offshore-Windpark 14 entfällt Hoch Hoch

Rettungsdienste 17 entfällt Niedrig Niedrig

Seehafen 19 entfällt Hoch Mittel

Service-Station 15 entfällt Hoch Hoch

Transporter auf See 21 entfällt Hoch Hoch

Wohn-/Betriebsplattform 28 entfällt Hoch Hoch

Wohnschiff 35 entfällt Hoch Hoch

* ++ sehr positiv / + positiv / 0 neutral / - negativ / -- sehr negativ

** niedrig / mittel / hoch

3.3.2 Portfolioanalyse der Stakeholder

Durch die Übertragung der Stakeholderbewertung in die Portfolioanalyse lassen sich kritische

Akteure und Infrastrukturen, die dem Betrieb des OWP kritisch gegenüberstehen und zusätzlich noch

einen erheblichen Einfluss nehmen, identifizieren. Sie können dann in geeigneter Weise in den

Planungen und Entwicklungen des Betriebs berücksichtigt und einbezogen werden.

Abbildung 8: Allgemeine Portfolioanalyse der Stakeholder für Betrieb und Instandhaltung von

Offshore-Windparks3

3 Anmerkung: Portfolio muss einem individuellen OWP angepasst werden!

Betroffenheit von O&M

Ein

flu

ss a

uf

O&

M

niedrig mittel hoch

nie

dri

gm

itte

lh

och

10

2+

3 ++

4++

50

6++

780

9

10++

11++

13-

14

15

16++

17

18-

19

20

21

22++

23+

240

25+

260

27+

28

31033

0

30++

34+

12++

32++

29-

35

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Das rot umrandete Cluster zeigt die Einheiten mit dem größten Einfluss auf Betrieb und

Instandhaltung von OWP. Sie sind selbst am meisten davon betroffen. Alle Einheiten haben ein

großes Interesse an einem optimierten Betrieb und Instandhaltung.

Das grün umrandete Cluster zeigt die Einheiten, die als „Nebenspieler“ bei Betrieb und

Instandhaltung bezeichnet werden können. Sie vertreten eine eher neutrale Einstellung zum OWP.

Das blau umrandete Cluster zeigt die Einheiten mit großem Einfluss aber geringer Betroffenheit. In

Verbindung mit einem geringen Interesse am OWP können sie Betrieb und Instandhaltung in

erheblichem Maße stören.

Im Ergebnis können für dieses Beispiel keine direkt kritischen Akteure oder Infrastrukturen

identifiziert werden. Die meisten Stakeholder sind dem Betrieb des OWP positiv oder neutral

gegenüber eingestellt. Die Analyse der Stakeholder ist jedoch für jeden OWP individuell zu erstellen.

3.3.3 Das Leistungssystem Offshore Windpark

Allein die Kenntnis über die Akteure und Infrastrukturen des Offshore Windparks reichen für eine

weitergehende Betrachtung und Analyse nicht aus. Hier ist eine verständliche Darstellung von

Akteuren und Infrastrukturen sowie deren Verbindungen erforderlich, die auch die Identifikation von

Schlüsselakteuren erlaubt. Um dies zu ermöglichen wurde die Abbildung des Leistungssystems

Offshore Windpark entwickelt.

Abbildung 9 stellt das Leistungssystem Offshore Windpark für die gesamte Betriebsphase dar und ist

den Gegebenheiten des zu betrachtenden OWP anzupassen. Das Leistungssystem bildet die

beteiligten Akteure und Infrastrukturen in kleinen Icons sowohl onshore (gelb) als auch offshore

(blau) ab. Die Schnittstellen zwischen den Stakeholdern werden durch graue Pfeile repräsentiert, die

sich weiter in die Flüsse Personal, Material, Abfall, Informationen und finanztechnische

Informationen unterteilen können. Die Gesamtdarstellung aller Schnittstellen der Betriebsphase ist

hochkomplex und wenig transparent. Hier kann eine weitere Einengung der Darstellung auf Prozesse

des Betriebs und der Instandhaltung Abhilfe schaffen, wie am Beispiel der Instandsetzung von

Kleinkomponenten in Abbildung 20, Seite 73 gezeigt wird. Eine weitere Differenzierung und

Präzisierung ist durch die Darstellung der verschiedenen Interaktionsflüsse zu erreichen.

Die Abbildung der Stakeholder und Schnittstellen im Leistungssystem lässt die hohe Komplexität der

organisatorischen Struktur der Betriebsphase erkennen, in der die Betriebsgesellschaft als

Schlüsselakteur fungiert. Sie koordiniert den Betrieb und insbesondere die Instandhaltung und hat zu

fast allen Akteuren und Infrastrukturen Schnittstellen. Des Weiteren liefert die Darstellung einen

Überblick über alle Akteure, Infrastrukturen und deren Schnittstellen untereinander bzw. in weiterer

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Detaillierung die zwischen den Stakeholdern ablaufenden Flüsse. Somit können Schnittstellen

definiert und Aufgaben abgeleitet werden. Um einen stets aktuellen Überblick der organisatorischen

Struktur zu behalten sind ein kontinuierliches Update und eine laufende spezifische Anpassung

erforderlich. Die hierarchische Darstellung der Stakeholder in Form eines Organigramms ist im Falle

des Offshore Windparks und der hier eingenommenen überbetrieblichen Sicht auf alle Akteure und

Infrastrukturen nicht möglich.

Die Darstellung des Leistungssystems Offshore Windpark erlaubt einen ersten Einblick in die

Organisationsstruktur und Prozesse, jedoch die zeitlich-logische Abfolge der Tätigkeiten der Akteure

und Infrastrukturen in verschiedenen Betriebssituationen ist nur in Ansätzen zu erahnen. Die

ablaufenden Betriebs- und Instandhaltungsprozesse müssen dafür weiter präzisiert werden.

3.4 Schritt 3: Strukturierung der Prozesse

Eine Präzisierung der Prozesse in der Betriebsphase führt einerseits zu einer Minderung der

Komplexität und des Umfangs und andererseits können darauf aufbauend für die weitere

Optimierung relevante Prozesse ausgewählt werden. Die Literatur liefert zur Strukturierung von

Prozessen vielfältige Ansätze wovon der bekannteste die Prozesskette nach PORTER ist, die die

Wertschöpfung des Unternehmens in den Fokus stellt. Da es sich beim Betrieb des OWP um

betriebsübergreifende Prozesse handelt, muss die Form der Strukturierung den Gegebenheiten des

OWP angepasst werden. Im Folgenden werden die hierarchische Prozessstruktur und die

Prozesslandkarte sowie die Prozessmodellierung und –parametrierung für den Betrieb von Offshore

Windparks vorgestellt.

3.4.1 Hierarchische Prozessstruktur

Um die Prozesse in der Betriebsphase weiter zu präzisieren und die Komplexität zu reduzieren,

müssen zunächst hierarchische Prozessebenen definiert werden. D.h. die Prozesse werden

ausgehend von der Projektphase, wie z.B. Bau oder Betrieb, bis hinunter auf Aktivitätenebene in den

Elementarprozessen vertikal weiter verfeinert. Mit der Hierarchisierung der Prozesse wird die

Komplexität der Prozesse insgesamt reduziert und die Prozesse in den einzelnen Ebenen identifiziert

und definiert. Die Prozesse werden auf den verschiedenen Ebenen klar und verständlich dargestellt

und der Rahmen zur Prozessdefinition festgelegt. Darüber hinaus gibt es ebenenübergreifende

Führungs- und Unterstützungsprozesse, die auf die Prozesse in den verschiedenen Ebenen

unterschiedlich Einfluss nehmen. Beispiele sind das Qualitätsmanagement als Führungsprozess und

das Personalmanagement als Unterstützungsprozess.

Page 54: GOWOG German Offshore Wind Operation Guide...von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten

53

Abbildung 9: Das Leistungssystem Offshore Windpark

- onshore - - offshore -

Seehafen

Abfall-entsorger

Rettungsleitstelle

Übertragungsnetz-betreiber

OW

P -

Gew

erke

WindprognoseInstitut

Transport-unternehmer

Verkehrszentrale

offshore service vessel (OSV)

Betriebsstruktur (Topside)

SeekabelInnerpark-

verkabelung

Tragstruktur(Turm, Unterstruktur und evtl. Transition

Piece)

Rotor-Gondel-Gruppe

Externes IH-Unternehmen

Zertifizierer/Gutachter

CMS-Analyse

Nachunternehmer der Hersteller

Marine Warranty Surveyor

www.bildarchiv.alpha-ventus.de

Personaldienstleister

www.betrieb-und-lager.de

www.inwerk-werkstatt.de

Betreiber

Zoll

By Felix König (Own work) [CC-BY-3.0], via Wikimedia Commons

Wetterdienst

Banken

Versicherung

Service Station

RaimondSpekking / CC-BY-SA-4.0 (via Wikimedia Commons)

www.hochtief.de

Flugplatz

Zulieferer Ersatzteile

Betriebsgesellschaft

www.bildarchiv.alpha-ventus.de

Hersteller

Bundespolizei

Schulungsinstitution

Institut für Umwelt- und Biotechnik

©

Abkürzungen

IH InstandhaltungOWP Offshore-WindparkUW UmspannwerkOWEA Offshore-Windenergieanlage

Bearbeitungsstand: 19.03.2014

Personal

Material

Informationen

Abfall

Finanzen

Interaktionen

Leistungssystem Offshore Windpark in der Betriebsphase

dive support vessel

Transporter auf See

personnel transfer vessel(PTV)

Transportschiff jack-up bargewww.hochtief.de

Rettungsdienste

Helikopter

Logistik-dienstleister

Operationplatform

Gründungselemente

Tragstruktur

Gründungselemente

Hilfsschiff

Abfall-beförderer

Abfall-behörde

Michael Meding at de.wikipedia

Staro1 at de.wikipedia

By BoH [CC-BY-SA-3.0] via Wikimedia Commons

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54

Abbildung 10 zeigt die entwickelte Prozesshierarchie für Offshore Windparks von den Projektphasen

bis auf Aktivitätenebene.

Die Ebene 1 – Projektphasen des Offshore Windparks repräsentiert die Phasen von der Planung bis

zum Rückbau und Entsorgung (Kapitel 2.1). Der GOWOG beschäftigt sich ausschließlich mit der

Betriebsphase. Diese wird auf der Ebene 2 - Clusterprozesse weiter unterteilt in den Betrieb selbst,

Stillstand, Modifikation, Instandhaltung und Außergewöhnliche Situation sowie die gesamte

Betriebsführung. Die Unterteilung basiert auf möglichen Anlagenzuständen [DIN 13306, DIN 31051].

Die Untersuchung dieser Prozesse hat gezeigt, dass die Instandhaltung mit den vielen Akteuren und

Interaktionen am fehleranfälligsten und damit als am risikoreichsten erscheint. Die weitere

Betrachtung konzentriert sich daher auf die Instandhaltung. Sie wird weiter verfeinert in Ebene 3 -

Hauptprozesse: Inspektion, Wartung, Instandsetzung und Verbesserung. Diese Unterteilung basiert

auf allgemeinen und OWP-spezifischen Normen und Literatur zum Thema Instandhaltung. Alle

Hauptprozesse, die am OWP ausgeführt werden müssen, unterliegen dem gleichen Ablauf und

unterteilen sich weiter in die 5 Teilprozesse der Ebene 4: Ermittlung des Arbeitsbedarfs,

Einsatzplanung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung. Alle Teilprozesse werden in Ebene

5 - Elementarprozesse mit allen Akteuren, Aktivitäten und Interaktionen in einem Prozessmodell

dargestellt. Die Ebene 6 ist nur erforderlich, wenn die Beschreibung der Aktivitäten auf 5. Ebene

nicht ausreicht und beispielsweise eine weitere Präzisierung in Unterprozessen erforderlich ist. Eine

formale Beschreibung der Hierarchieebenen ist in Anhang 2 zu finden.

Page 56: GOWOG German Offshore Wind Operation Guide...von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten

55

Abbildung 10: Hierarchische Prozessstruktur

Ebene 1

(Projekt-)Phase

Ebene 2

Cluster- prozesse

Betrieb

Stillstand/ Bereit-schaft

Ände-rungen (Modifi-kation)

Instand-haltung

Außerge-wöhnl.

Situation

Ebene 5

Elementarprozesse

Sekundärer Prozess-schritt

Primärer Prozess-schritt

Planung

Entwicklung &

Konstruktion

Produk-tion

Betrieb

Bau

Ebene 6

Rückbau (Repower-

ing)

Inspektion

Wartung

Instand-setzung

Verbesse-rung

Planung & Strategie, Controlling, Qualitätsmanagement, Schulung etc.

Personalmanagement, Finanzmanagement, F&E etc.

Interaktions- und Sequenzkanten, wie Personal/ Material/ Informationen/ Finanzen/ Abfall

Bei

Vo

rhan

den

sein

vo

n U

nte

rpro

zess

en: r

eku

rsiv

e W

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erh

olu

ng

der

Eb

ene

5

zur

Vis

ual

isie

run

g vo

n P

roze

ssh

iera

rch

ien

Unterstützungsprozesse

Ausführungsprozesse

Ebene 4

Teil-prozesse

Ebene 3

Haupt-prozesse

Bet

rieb

sfü

hru

ng

Bet

rieb

sfü

hru

ng

Einsatz-planung

Durch-führung

Vor-bereitung

Nach-bereitung

Ermittlung Arbeits-bedarf

Page 57: GOWOG German Offshore Wind Operation Guide...von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten

56

3.4.2 Prozesslandkarte

Auf Basis der hierarchischen Prozessstruktur kann eine Prozesslandkarte der Instandhaltung für einen OWP

entwickelt werden. Sie gibt eine Übersicht über alle Prozesse, die bei der Instandhaltung ablaufen können

und sich voneinander unterscheiden. Die unterschiedlichen Prozessabläufe hängen zunächst von dem zu

betrachtenden Gewerk des OWP und dann von der durchzuführenden Instandhaltungsart ab. Wobei die

Ermittlung des Arbeitsbedarfs parallel für verschiedene Instandhaltungsarten und Gewerke ablaufen

können. Dies trifft auch für die Einsatzplanung zu. Die Prozessabläufe der Vorbereitung und Durchführung

sind von den unterschiedlich einzusetzenden Fahrzeugen geprägt. Die Nachbereitung ist allgemeingültig für

alle Gewerke und Instandhaltungsarten. Die durchzuführenden Aktivitäten können sich jedoch

unterscheiden. Dies ist vom Verlauf der Einsätze, den Personen an Bord und dem Material und Abfall

abhängig. Diese Prozesslandkarte dient als Baukasten für das Prozessmanagement der Instandhaltung von

OWP mit Fokus auf die Schnittstellen der beteiligten Akteure. Für jeden OWP können die zutreffenden

Prozesse in der Prozesslandkarte zusammengestellt werden. Die Aufstellung der Prozessmodelle und

Parametrierung erfolgt dann OWP-spezifisch. In Abbildung 11 ist eine Prozesslandkarte zur Instandhaltung

eines OWP dargestellt.

Abbildung 11: Prozesslandkarte zur Instandhaltung von Offshore Windparks

Abbildung 11 zeigt eine Übersicht der zu modellierenden Teilprozesse und deren Verknüpfung. Die

verknüpften Prozessmodelle geben ein für die weitere Simulation und Risikoanalyse notwendiges

Gesamtbild ab. Folgende Prozesse der Instandhaltung wurden im Rahmen des Forschungsprojektes SystOp

Offshore Wind untersucht:

VorbereitungWohnschiff

VorbereitungPTV

VorbereitungHelikopter

VorbereitungJack up

VorbereitungSpezialschiff,

z.B.

Tauchschiff

Hinfahrt/AufenthaltWohnschiff

Hinfahrt

PTV

HinflugHelikopter

Hinfahrt/Aufenthalt

Jack up

Hinfahrt/Aufenthalt

Spezialschiff

Arbeit vor OrtInstandsetzung

ArbeitWartung

Arbeit

Inspektion

ArbeitGroßkompo-

nenten

ArbeitSpezialtätig-

keiten

RückfahrtWohnschiff

RückfahrtPTV

RückflugHelikopter

RückfahrtJack up

RückfahrtSpezialschiff

Fernüberwachung& Datenanalyse

Gewerke:UW/ Wohnplattform, Turbine, Tragstruktur,

Innerparkverkabelung Durchführung

Ermittlung des Arbeitsbedarfes

HinreiseArbeiten im

OWPRückreise

Instand-setzung

Großkompo-nententausch

Verbesserung

Wartung

Inspektion vor Ort

Inspektion

Sonstige Inspektions-

anforderungen

Verbesserungs-anforderungen

Wartungs-anforderungen

Instandsetzungs-anforderungen

Dokumentation

Abfall-management

Waren-anmeldung

Einsatzplanung( ≥24 h; vor Einsatztag)

Vorbereitung( ≤24 h; am Einsatztag)

Nachbereitung

technische und administrative Informationen des Einsatzes

Störungen im Prozessablauf

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57

Instandsetzung von Kleinkomponenten an der OWEA;

Instandhaltungsprozesse eines Umspannwerks;

Jahreswartung und Wiederkehrende Prüfung eines Offshore Windparks;

Grundlagen zur Instandhaltung der Tragstrukturen;

Instandsetzung von Großkomponenten, insbes. Rotorblätter und Getriebe;

Anmeldeverfahren bei Zoll und Bundespolizei;

Rechtliche Lage und Umgang mit Abfällen aus der AWZ;

Untersuchung und Analyse der Finanzströme und finanzbegleitenden Informationsflüsse.

Zur Aufnahme und Spezifizierung der Prozesse sind mehrtägige Arbeitseinsätze im Betriebsbüro des zu

untersuchenden OWP durchzuführen. Innerhalb der Gespräche mit den Mitarbeiter_innen der

kaufmännischen und technischen Betriebsführung können die Prozesse anhand von Fragebögen diskutiert

und aufgenommen werden. Zusätzlich sind mit der Betriebsleitung weitere Fragen zur kaufmännischen

Betriebsführung sowie dem strategischen Vorgehen der Betriebsführung zu klären und zu diskutieren.

Die Einordnung der OWP-spezifischen Prozesse in die Prozesshierarchie und die Aufstellung einer

Prozesslandkarte geben einen guten Überblick über die bei der Instandhaltung ablaufenden Teilprozesse.

Die Aufgaben der Akteure in den Teilprozessen und das damit verbundene tatsächliche Agieren und

Interagieren der Akteure sowie der zeitlich-logischen Abfolge der Aktivitäten ist damit noch nicht

dargestellt. Dafür müssen die ablaufenden Instandhaltungsprozesse in Prozessmodellen weiter präzisiert

werden.

3.4.3 Beschreibung der Teilprozesse der Instandhaltung

In dem Teilprozess Ermittlung des Arbeitsbedarfs wird der Tätigkeitsbedarf im OWP auf Basis der

vorliegenden Daten und Informationen festgelegt. Dies können neben Instandhaltungsanweisungen des

Herstellers und Instandhaltungsprotokollen, CMS-Analysen oder auch eingehende Fehler- und

Störungsmeldungen sein. Aufbauend auf dieser Analyse wird der Zeit-, Personal- und Materialbedarf

bestimmt. Der Teilprozess endet mit dem Stellen des Antrags auf Arbeitserlaubnis an die

Betriebsgesellschaft. Die anschließende Einsatzplanung wird normalerweise von der Betriebsgesellschaft

durchgeführt. Sie legt in Abstimmung mit den Wettervorhersagen den Einsatztag und das Transportmittel

fest und wählt die Arbeitseinsätze aus. In dieser Phase werden auch das Material zusammengestellt und die

behördlichen Anmeldungen durchgeführt. Die Einsatzplanung endet mit dem fertig geplanten Einsatz. Auf

Grundlage der Einsatzplanung wird in der Vorbereitung das Transportmittel für den geplanten Einsatz

gerüstet, die Techniker gehen an Bord und das Material wird geladen. Bei Bedarf erfolgt vor Abreise noch

eine Sicherheitseinweisung des OWP-Personals. Mit Herstellung der Abreisebereitschaft beginnt die

Durchführung. Sie untergliedert sich in die Hin- und Rückreise sowie die Durchführung der Arbeiten vor Ort.

Nach Ankunft des Transportmittels im Seehafen bzw. Helikopterlandeplatz schließt sich die Nachbereitung

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58

des Einsatzes an. Sie umfasst die Dokumentation, die Entsorgung von Abfällen und die Instandhaltung von

Werkzeugen. Hinzu kommt die Erfüllung notwendiger behördlicher Auflagen, wie die Warenanmeldung

beim Zoll. Am Beispiel der Instandsetzung von Kleinkomponenten an der OWEA mit einem PTV werden in

Abbildung 12 die wichtigsten Aufgaben der Teilprozesse vorgestellt.

Abbildung 12: Ausschnitt der in den Teilprozessen der Instandsetzung von Kleinkomponenten an einer OWEA mit einem PTV zu untersuchenden Aufgaben

Um einen besseren Überblick über die in den einzelnen Teilprozessen durchzuführenden Maßnahmen

bezogen auf die Instandhaltungsprozesse Inspektion, Wartung, Instandsetzung und Verbesserung zu

erhalten, werden diese in Anhang 3 tabellarisch an Beispielen aufgezeigt.

3.4.4 Sonderfall: Instandhaltungsspezifische Finanzflüsse eines Offshore Windparks

Bei der Instandhaltung von OWP wird zwischen Finanzflüssen und finanzbegleitenden Informationsflüssen

unterschieden. Informationsflüsse betreffen die Verfügbarkeit relevanter Informationen (z.B. Nachfrage,

Bestellmenge, Produktionskosten, Lieferzeiten, …), die benötigt werden um optimale Entscheidungen

treffen zu können. Bei Finanzflüssen handelt es sich hingegen um den Fluss des Geldes. Die in einem OWP

ablaufenden Finanzflüsse sind abhängig vom gewählten Instandhaltungskonzept, den Vertragsarten für den

Betrieb von OWP (Kapitel 2.3) und den vereinbarten Vertragsbedingungen. Während die

Betriebsgesellschaft primär für die Koordination und Organisation finanzbegleitender Informationsflüsse

verantwortlich ist, erfolgen die Finanzflüsse vor allem direkt zwischen dem Betreiber und den

Auftragnehmern. Abbildung 13 zeigt die wesentlichen Finanzflüsse und finanzbegleitenden

Informationsflüsse zwischen den Akteuren bei der Instandhaltung von OWP.

Page 60: GOWOG German Offshore Wind Operation Guide...von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten

59

Abbildung 13: Finanzflüsse und finanzbegleitende Informationsflüsse zwischen den Akteuren bei der Instandhaltung von OWP

Kostenarten

Anfallende Betriebskosten eines Offshore Windparks gliedern sich in die Kostenarten (Tabelle 4). Die

verschiedenen Kostenarten fallen in den Instandhaltungsprozessen an und müssen über die Finanzflüsse

beglichen werden.

Tabelle 4: Kostenarten der Betriebskosten von Offshore Windparks und deren Verteilung

Kostenarten Verteilung der Betriebskosten [Böttcher 2013]

Materialkosten für Ersatzteile und Verbrauchsstoffe der Hauptgewerke Windturbine, Fundament, Umspannplattform und Innerparkverkabelung

25 %

Versicherungskosten 25 %

Logistikkosten für Hub-, Offshore Versorgungs- sowie Crew Transfer Vessel 25 %

Personalkosten inklusive Werkzeug, Schutzausrüstung und Schulungen 10 %

Allgemeinkosten für Management und Fernwartung 6 %

Kosten für den Eigenstromverbrauch der Windturbine und Umspannplattform 5 %

externe Servicekosten für beispielsweise Hafenlogistik, technisches Back-Up Office oder Biomonitoring

4 %

Die Kosten für ein Transportschiff belaufen sich auf 2.000 bis 6.000 EUR pro Tag. Die Schiffscrew ist

inklusive, die Treibstoffkosten dagegen exklusive. Bereitstellungskosten fallen auch dann an, wenn das

- onshore - - offshore -

Seehafen

Abfall-beförderer

Notfallmanagement

Übertragungsnetz-betreiber

OW

P -

Gew

erke

WindprognoseInstitut

Transport-unternehmer

Verkehrszentrale

offshore service vessel (OSV)

Betriebsstruktur (Topside)

SeekabelInnerpark-

verkabelung

Tragstruktur(Turm, Unterstruktur und evtl. Transition

Piece)

Rotor-Gondel-Gruppe

www.husumwindenergy.com

Externes IH-Unternehmen

Zertifizierer/Gutachter

CMS-Analyse

Nachunternehmer der Hersteller

Marine Warranty Surveyor

www.turbosquid.comwww.bildarchiv.alpha-ventus.de

Personaldienstleister

www.hna.de

www.betrieb-und-lager.de

www.inwerk-werkstatt.de

Betreiber

www.kabel-licht.de

www.main-netz.de

Zoll

www.bkvibro.de

www.wordpress.de www.schiffbilder.de www.docvadis.de

Wetterdienst

www.tarife.net

Banken

Versicherung

www.gabelstapler-verkauf-hamburg.de

Service Station

www.wikipedia.de/hamburg-hafen-containerterminal

www.hochtief.de

www.shjv.euFlugplatzwww.bilder.bild.de

www.hansebube.de

Lieferant Hilfs-/Betriebsstoffe &

Ersatzteile

Betriebsgesellschaft

www.bildarchiv.alpha-ventus.de

www.flugplatz-beilrode.de www.conrad.de

Herstellerwww.welt.de

www.marketingfoxportal.ch

www.celleheute.de

Bundespolizei

Schulungsinstitution

Institut für Umwelt- und Biotechnik

©

Abkürzungen

IH InstandhaltungOWP Offshore-WindparkUW UmspannwerkOWEA Offshore-Windenergieanlage

Bearbeitungsstand: 19.03.2014

Personal

Material

Informationen

Abfall

Finanzen

Interaktionen

Leistungssystem Offshore Windpark in der Betriebsphase

www.marineinsight.comdive support vessel

Transporter auf See

www.fleetmon.compersonnel transfer vessel

(PTV)www.LM-illustration.dk

Transportschiff jack-up bargewww.hochtief.de

Rettungsfahrzeuge

www.friking.de

Helikopter

Logistik-dienstleister

www.thelogisticsstore.com

operation platform

www.werbeservice.de

Gründungselemente

Tragstruktur

Gründungselemente

Hilfsschiffwww.feflektion.info

Page 61: GOWOG German Offshore Wind Operation Guide...von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten

60

Fahrzeug nicht arbeiten kann, sondern z.B. wegen Schlechtwetter oder Eisgang im Hafen bleiben muss. Die

Verkehrszentralen (für Luft und Wasser) sind staatliche Einrichtungen und werden somit über Steuern

finanziert. Für die Abfallentsorgung ist der Hersteller/ Serviceunternehmer zuständig. Dieser definiert

bspw. über Passus in Vertrag, ab einem bestimmten Zeitraum die Entsorgung des Altöls zu übernehmen

(z.B. 200 Liter Öl pro Anlage). Die anfallenden Kosten für den externen Servicedienstleiter sind sehr stark

von den Instandhaltungsarbeiten abhängig. Entscheidungen über das Nachbestellen von fehlenden

Ersatzteilen zum Auffüllen der Lagerbestände sind budgetabhängig. Ein Fehler der zum Anlagenstillstand

führt ist immer kritisch, da kein Strom erzeugt werden kann und Ertragsausfälle entstehen.

Abwicklung der Bezahlung

Bei dem Prozess der Instandhaltung existieren zwei Finanzströme – die Rechnungsbezahlung und das

Einziehen der Zölle. Für die Zollzahlung besitzen die Unternehmen bei einer Einzelanmeldung eine Zehn-

Tages-Frist. Die Unternehmen verrechnen die anfallenden Zollkosten bargeldlos über ein Aufschubkonto

beim Zoll. Bei Einsatz eines Aufschubkontos ist eine Bürgschaft bei der Bank zu hinterlegen. Im Falle von

versäumten Zollzahlungen fordert der Zoll die fälligen Verbindlichkeiten ein. Strafzahlungen fallen nicht an.

Der Prozess der Rechnungsbezahlung beinhaltet die Rechnungsprüfung, Zahlungsfreigabe und die

Bezahlung des Rechnungsbetrages. Beteiligte Akteure sind die Betriebsgesellschaft und das beteiligte

Unternehmen welches die Rechnung ausgestellt hat. Die internen Akteure der Betriebsgesellschaft können

aus dem Commercial Management, dem Technical Controlling, der Geschäftsführung und dem Steering

Committee bestehen.

Versicherung

Für die Absicherung von Investitionen und Kapitalflüssen von Banken und Investoren sind Versicherungen

unerlässlich. Für die Überwachung ist bei den klassischen Offshore-Projekten der Einsatz eines erfahrenen

Sachverständigen (Warranty Surveyor) mittlerweile Standard. Der Versicherer entschädigt den Versicherten

nur dann für Verluste oder Schäden, wenn der Versicherte die Empfehlungen des beauftragten

Sachverständigen vollständig befolgt hat. [GDV 2013]

Die Versicherung erstattet für gewöhnlich folgende Kosten:

Bereitstellungskosten, z.B. wenn ein Einsatz zur Reparatur eines entschädigungspflichtigen

Schadens nicht durchgeführt werden konnte;

Stornierungskosten, z.B. wenn ein geplanter Einsatz durch einen entschädigungspflichtigen

Schaden nicht stattfinden konnte [GDV 2013];

Kosten für das Abladen und Lagern sowie den Weitertransport von versicherten Sachen zum

Bestimmungsort, z.B. wenn ein entschädigungspflichtiges Ereignisse dazu führt, dass ein

versicherter Transport seinen Bestimmungsort nicht erreicht [GDV 2013];

Page 62: GOWOG German Offshore Wind Operation Guide...von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten

61

Ertragsausfälle, wobei eine übergeordnete Versicherung die Versicherungen des Herstellers und

der Betriebsgesellschaft steuert.

Zu berücksichtigen bleibt, dass vielmals Höchstentschädigungen vereinbart werden.

3.5 Schritt 4: Prozessmodellierung und –parametrierung

Die im vorhergehenden Kapitel beschriebene Strukturierung der Prozesse gibt eine erste Ordnung der

Prozesse vor. Die tatsächlich zeitlich-logischen Abfolgen von Aktivitäten und Interaktionen einzelner

Akteure in den Teilprozessen wird damit nicht wiedergegeben. Dies ist jedoch für eine Analyse der Prozesse

und die Identifikation von Optimierungspotenzialen des Prozessdesigns und als Grundlage für

weiterführende Analysen erforderlich. Die Elementarprozesse, also die Aktivitäten der Akteure und ihrer

Interaktionen, müssen dafür in Form von Prozessmodellen in einer für alle beteiligten Akteure und von der

Managementebene bis zum Servicetechniker verständlichen Modellierungssprache abgebildet werden.

Damit wird die kritische Diskussion über die eigenen Prozesse und die Verknüpfung zu Prozessen

benachbarter Akteure initialisiert und motiviert. Hier eignet sich insbesondere die grafische Dokumentation

der Prozesse.

Hinzu kommt die Aufnahme von Prozessparametern, die einerseits die Diskussion der Modelle mit den

verschiedenen Akteuren unterstützen und andererseits für die Simulation der Prozessleistung

Voraussetzung sind. Die Prozessmodelle und –parameter können in der Risikoanalyse zur Ableitung von

Fehlerursachen und deren Folgen genutzt werden.

In den folgenden Kapiteln wird die Auswahl der Prozesse und der Prozessmodellierungssprache

beschrieben und ein Beispielprozessmodell vorgestellt, das die Möglichkeiten der Prozessmodellierung

aufzeigt. Abschließend wird die Parametrierung von Prozessen kurz erläutert. Das beschriebene Vorgehen

stellt eine Möglichkeit der Prozessmodellierung und –parametrierung dar. Es ist ein kontinuierliches Update

und eine spezifische Anpassung an den individuellen OWP bzw. dessen Prozesse erforderlich. In Anhang 3

sind als Beispiel die Fragen zur Aufnahme und Parametrierung von Prozessen hinterlegt.

3.5.1 Auswahl der Prozesse

Die hohe Zahl an Hauptprozessen sowie den dazu gehörigen Führungs-, Unterstützungs- und

Ausführungsprozessen (Kapitel 0) zeigen, dass relevante Prozesse für die Optimierung des Betriebs von

Offshore Windparks ausgewählt werden müssen. Die Auswahl erfolgt dabei nach festgelegten Kriterien, die

von den Optimierungszielen (Kapitel 3.1) abgeleitet werden müssen. Folgende Kriterien wurden für die

Auswahl der Prozesse in der Betriebsphase ausgewählt:

Vernetzung von Akteuren;

Hohe Zahl an Akteuren;

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62

Hohe Zahl an Schnittstellen und Interaktionen;

Zugänglichkeit und Verfügbarkeit von Daten und Informationen durch Mitarbeit von

Industriepartnern, Veröffentlichungen, etc.

Die Clusterprozesse Betrieb und Stillstand/Bereitschaft weisen eine geringere Anzahl an Akteuren,

Schnittstellen und Interaktionen auf. Sie erscheinen damit weniger anspruchsvoll und werden hier nicht

weiter betrachtet. Die Außergewöhnliche Situation mit den Aufgaben Abwehr von Gefährdungen für

Mensch, Umwelt und Technik, Rettung von Leben und dem Schutz der Umwelt und Technik sowie den

damit verbundenen Anforderungen hat eine Sonderstellung. Im Wesentlichen sind die Abläufe solcher

Situationen in den Schutz- und Sicherheitskonzepten der OWP hinterlegt und sehr individuell auf den

einzelnen OWP ausgerichtet. Des Weiteren unterliegen sie einer Vielzahl an rechtlichen Regelungen und

behördlichen Vorgaben. Zudem setzen sich verschiedene Arbeitsgruppen und Projekte mit diesem Thema

auseinandersetzen. Vor diesem Hintergrund wird die außergewöhnliche Situation im GOWOG nicht weiter

betrachtet. Die Einheiten wurden aber der Vollständigkeit wegen in die Darstellung des Leistungssystems

aufgenommen.

Die größte Vernetzung und Zahl an Akteuren und damit verbunden eine Vielzahl an Schnittstellen und

Interaktionen ist in der Instandhaltung zu finden, die darüber hinaus mit unterschiedlichsten

Instandhaltungsstrategien ausgeführt wird. Dabei liegt der Fokus auf der Inspektion, Wartung und

Instandsetzung. Die bei der Änderung (Modifikation) und Verbesserung ablaufenden Prozesse sind mit den

Prozessen der Wartung und Instandsetzung vergleichbar.

3.5.2 Auswahl der Prozessmodellierungssprache

Gemeinsam mit den Projektpartnern, insbesondere der Universität Hamburg wurden die Anforderungen an

eine geeignete Notation zur Erfassung der Betriebs- und Instandhaltungsprozesse festgelegt. Für die

Modellierung der Instandhaltungsprozesse eines OWP bieten sich aufgrund ihres stark

unternehmensübergreifenden Charakters grafische Notationen aus dem Bereich der Workflow- oder

Geschäftsprozessmodellierung an. Die Notationssprache soll einem frei verfügbaren Standard genügen, der

von einer ausreichenden Anzahl von Softwarewerkzeugen unterstützt wird. Dies vereinfacht langfristig eine

Verwertung der Ergebnisse. Neben der grafischen Darstellung wird eine XML-Spezifikation benötigt, welche

eine Weiterverarbeitung der Modelle in anderen Softwarewerkzeugen wie z.B. für Simulationsstudien

ermöglicht. Mit Hilfe sogenannter Workflow Patterns wurde der benötigte Sprachumfang definiert. Es

werden Sequenzen, parallele Verzweigungen (AND), inklusive Verzweigungen (OR), exklusive

Verzweigungen (XOR), Synchronisation, einfache Zusammenführungen, Prozesszyklen, Abbruch von

Aktivitäten, Abbruch von Sequenzen und implizite Terminierung benötigt, um die komplexen Prozesse der

Offshore Industrie adäquat abbilden zu können. Eine Unterscheidung verschiedener Ereignistypen ohne

Zeitverzug von Aktivitäten mit Zeitverzug ermöglicht eine übersichtliche Modellierung und erleichtert somit

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63

die fachliche Diskussion der Modelle mit Industriepartnern. Ein Fokus unserer Forschungsarbeiten liegt in

der Interaktion der verschiedenen Beteiligten im Leistungssystem Offshore Windpark. Eine deutliche

Unterscheidung verschiedener an der Ausführung einer Aktivität beteiligter Organisationen, und eine

entsprechende Unterscheidung von Sequenz- und Nachrichtenfluss ermöglicht die Identifikation von

kritischen Schnittstellen und somit die Analyse und ggf. Optimierung der Kommunikation der beteiligten

Einheiten. Die genannten Anforderungen werden vollumfänglich von der Business Process Model and

Notation (BPMN) 2.0 nach dem Standard der Object Management Group (OMG) [ISO 19510] erfüllt. Es

steht eine große Auswahl an Editoren zur Modellierung von BPMN-Prozessen zur Verfügung. Das für den

GOWOG verwendete Softwarewerkzeug IYOPRO unterstützt vollumfassend die BPMN 2.0, bietet eine sehr

ergonomische Benutzeroberfläche und erzeugt optisch ansprechende Modelle. Zudem beinhaltet es eine

Vielzahl weiterer Funktionen wie die Simulation, auf welche in Kapitel 5 näher eingegangen wird. Die XML-

Exportfunktionalität ermöglicht zudem jederzeit einen Umstieg auf eine andere Modellierungssoftware,

sowie die Verwendung der Modelle in Simulationsexperimenten.

Mit Hilfe der Modellierung der Elementarprozesse in BPMN 2.0 ist es insbesondere möglich eine

entsprechende Transparenz und Orientierung innerhalb der Unmenge an Prozessabläufen zu schaffen.

Durch die Unterteilung in primäre und sekundäre Prozessschritte ist eine klare Darstellung der

Prozessverantwortlichen möglich. Dabei werden überwiegend die Interaktionen zwischen den Akteuren

betrachtet, da diese ein höheres Risikopotenzial bergen. Die internen Flüsse innerhalb der Pools werden im

Rahmen der Prozesserstellung mitaufgenommen und mit den relevanten Parametern hinterlegt, jedoch

nicht weiter analysiert.

3.5.3 Beispielprozessmodell: Rückflug mit dem Helikopter

Das Beispielprozessmodell (Abbildung 14) zeigt einen Ausschnitt des Rückflugs eines Helikopters bei der

Instandsetzung einer Kleinkomponente. Es wurde in BPMN 2.0 als Kollaborationsdiagramm modelliert. Der

Rückflug beginnt mit dem Eintreffen des Helikopters an der Anlage und endet mit dem Landen auf dem

Flugplatz. Wesentliche Bestandteile sind die Überwachung des Hoistens und der Rückflug sowie der

Transfer der Techniker und des Materials / Abfälle zwischen der Anlage und dem Helikopter. Zudem wird

nicht nur die zeitlich-logische Abfolge der Aktivitäten und Ereignisse dargestellt, sondern auch

möglicherweise auftretende nicht geplante Ereignisse, die zu einem Abbruch der Aktivitäten und in diesen

Fällen zu anderen Aktivitäten führen können.

Jedem Akteur wird ein blauer Pool zugeordnet, der alle Aktivitäten des Akteurs während des Rückflugs

enthält. Sollten sich die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten eines Akteurs auf unterschiedliche

Abteilungen oder Personengruppen unterteilen ist es sinnvoll diese weiter in Lanes zu differenzieren. In

diesem Fall ist es am Transportmittel Luft mit der Unterteilung in Pilot und Hoist Operator zu erkennen.

Jeder Pool (also Akteur) hat ein Start- und ein Endereignis. Das Startereignis wird mit dem grünen Bullet

Page 65: GOWOG German Offshore Wind Operation Guide...von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten

64

und das Endereignis mit dem roten Bullet dargestellt. Der primäre Prozessschritt initialisiert den Prozess,

wie hier im Beispiel das Transportmittel Luft, das die OWEA erreicht.

Die Aktivitäten, die zwischen Start und Ende ablaufen sind in den weißen Kästchen zu finden. Die

Aktivitäten sind immer mit einem Zeitbedarf verbunden. Neben den Aktivitäten können auch Ereignisse

auftreten. Sie werden in Form der gelben Symbole dargestellt. Ein Ereignis wäre beispielsweise das Senden

von Informationen vom Pilot zur Betriebsgesellschaft, dass die Hoist-Position eingenommen wurde. Der

gestrichelte Pfeil stellt die Interaktion (also den Informationsaustausch) dar. Durch die Aktivitäten und

Interaktionen werden ebenfalls die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten der Akteure abgebildet.

3.5.4 Prozessparametrierung

Die Prozessmodelle stellen die Aktivitäten und Interaktionen in Verbindung mit den beteiligten Akteuren

sehr gut dar. Eine Auskunft über die benötigte Zeit, die Anzahl und Qualifikation der beteiligten Personen

oder das verwendete Material geben sie nicht. Hierfür müssen unterschiedlichste Parameter aufgenommen

werden. Aktivitäten können mit Informationen hinsichtlich ihres Zeitpunktes, der Zeitdauer, Anzahl und

Qualifikation der Personen, Ort, Häufigkeit der Durchführung und anderen die Aktivität beeinflussenden

Bedingungen hinterlegt werden. Die Parametrierung der Interaktionen orientiert sich an den ablaufenden

Flüssen zwischen den Akteuren, Beispiele sind

Informationen: Zeitpunkt, Häufigkeit, Dauer, Arten, Verwendung, Speicher,…;

Material: Art, Zeitpunkt, Häufigkeit von Transporten, Transportmittel,…;

Abfall: Art, Menge, Entsorgung,…;

Personal: Anzahl, Arbeitszeitregelung,…;

Finanzen bzw. finanzbegleitende Informationsflüsse: Art, Häufigkeit, …

Beispielfragen zur Parametrierung sind in Anhang 3 zu finden.

Für die leistungsdynamische Simulation und die Risikoanalyse war insbesondere die Kenntnis über die

Zeiten und die Anzahl der eingesetzten Servicetechniker relevant, die in Exceltabellen und in vorgesehenen

Dokumentationsfeldern in IYOPRO für jede Aktivität und Interaktion dokumentiert wurde.

Page 66: GOWOG German Offshore Wind Operation Guide...von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten

65

Abbildung 14: Prozessmodell am Beispiel des Elementarprozesses Rückflug mit dem Helikopter

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66

3.6 Schritt 5: Ableitung von Optimierungspotenzialen

Die Entwicklung von Optimierungspotenzialen erfolgt parallel zur Aufnahme der Prozesse und in der

Diskussion mit den verschiedenen Akteuren und der Diskussion zwischen den Akteuren über die Prozesse.

Im Fokus der Optimierung stehen beim GOWOG die Interaktionen zwischen den Akteuren. Hier können

Interaktions- und Medienbrüche, aber auch Wartezeiten oder Endlosschleifen aufgedeckt werden.

Doppelarbeiten durch dieselben Aktivitäten verschiedener Akteure werden ebenfalls erkannt. Zudem

werden in den Gesprächen mit den durchführenden Mitarbeiter_innen Wünsche und

Verbesserungsvorschläge geäußert, die ebenfalls aufgenommen und im Zuge der Optimierung bewertet

und umgesetzt werden können. Die nach der Charakterisierung des OWP abgeleiteten

Optimierungsansätze gehen direkt in das Prozessdesign, also die Zuordnung von Verantwortlichkeiten und

Abfolge von Aktivitäten, ein. Ein Beispiel für eine Verbesserung ist die Nutzung des gleichen Softwaretools

durch verschiedene Akteure zur Eingabe und zum Abrufen von Informationen.

3.7 Schritt 6: Auswahl risikorelevanter Teilprozesse

Um wesentliche Schwachstellen in Prozessen strukturiert zu identifizieren und zu beseitigen, kann die

Risikoanalyse (Kapitel 4) angewendet werden. Neben der Identifikation der Schwachstellen bietet sie die

Möglichkeit die Schwachstellen, die getroffenen Maßnahmen und die Erfolgskontrolle der Maßnahmen zu

dokumentieren. Weiterhin lassen sich Schnittstellen zwischen Akteuren exakter definieren. Die

Charakterisierung des Leistungssystems und insbesondere die Prozessmodelle und –parameter können für

diese Art der Analyse genutzt werden. Jedoch ist der Aufwand zu groß, um alle Teilprozesse zu

untersuchen, so dass risikoreiche Teilprozesse bestimmt werden müssen. Im Folgenden wird daher die

Methode zur Auswahl risikorelevanter Teilprozesse unter Einbezug der beteiligten Akteure beschrieben.

Die Kriterien zur Auswahl risikorelevanter Teilprozesse lauten [in Anlehnung an Helbeck 2008]:

Schlüsselprozess: Elementare Bedeutung für die Instandhaltung eines OWP;

Wirtschaftliche Auswirkung: Wesentliche Auswirkungen auf Kosten und Ertrag eines OWP;

Komplexität: große Anzahl an Akteuren mit hoher Anzahl an Interaktionen und/oder große Anzahl

an Variablen und Abhängigkeiten;

Compliance: Insbesondere von internen Regularien oder gesetzlichen Regelungen betroffen;

Gefährdungspotenzial: Allgemeine hohe Fehleranfälligkeit oder besondere Gefährdungen der

Instandhaltungsprozesse eines OWP, z.B. hohe Wetterabhängigkeit.

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Hinzu kommen Kriterien zur Bewertung der Durchführbarkeit einer Risikoanalyse wie die Zugänglichkeit

und Verfügbarkeit von Daten und Informationen. Die Kriterien müssen auf das Optimierungsziel und die

OWP-spezifischen Bedingungen angepasst werden und können hier nur eine erste Orientierung geben. Die

Teilprozesse werden anhand der festgelegten Kriterien mit „zutreffend“, „z.T. zutreffend“ oder „nicht

zutreffend“ bewertet.

Je nach Anwendungskontext existieren verschiedene Definitionen für Komplexität. Im Umfeld von

Prozessen ist diese nicht klar definiert, sodass sie über ein spezielles Verfahren ermittelt werden muss. Die

Methode zur Komplexitätsbestimmung basiert auf den Prozessmodellen.

Die Bewertung der Prozesskomplexität bezieht sich immer auf einen Teilprozess wie beispielsweise

„Einsatzplanung“ oder „Arbeiten an der Anlage“.

In die Bewertung der Komplexität gehen drei Aspekte ein:

1. Umfang des Prozesses (repräsentiert durch die Anzahl der Aktivitäten);

2. Mittlere Durchlaufzeit einer Aktivität;

3. Vernetzung der Aktivitäten.

Für die Messung der Durchlaufzeit wird diese vereinfachender Weise auf die Dauer der Aktivität beschränkt

und die Wartezeit vor Beginn der Aktivität außer Acht gelassen.

Da die Relevanzbewertung der Teilprozesse für den Vergleich derselben herangezogen wird, muss

garantiert werden, dass die Bewertung nach einheitlichen Prinzipien erfolgt:

1. Beschreibung der Prozesse mit übereinstimmender Detailliertheit. Betrachtung bis auf

Aktivitätenebene, die dadurch charakterisiert ist, dass nur ein Akteur daran beteiligt ist.

2. Berücksichtigung der Prozesselemente Aktivität, Gateway, typisierte Aktivität (z.B. Nachricht

senden). In die Bewertung gehen die Anzahl der Elemente, die Anzahl der von einem

Prozesselement ausgehenden Kanten (Übergänge) und die Durchlaufzeit ein.

3. Übergänge zwischen Pools werden stärker bewertet als Übergänge innerhalb eines Pools.

Vorschlag: Faktor 2

Gateways, die einen Eingang sofort weiterschalten, wird die Durchlaufzeit 0 zugeordnet. Gateways mit

einer Synchronisationsfunktion erhalten, sofern die Synchronisationsdauer einschätzbar ist, eine positive

Durchlaufzeit.

Der Vorschlag, die Übergänge zwischen den Pools doppelt so stark zu bewerten, wie die Übergänge

innerhalb der Pools resultiert aus zwei möglichen Überlegungen. Erstens bedarf jeder Übergang

(=Informationsübermittlung) bei externem Informationsaustausch stets einer Rückbestätigung, bei internen

ist das wegen der „Nähe“ der Aktivitäten nicht notwendig. Zweitens werden Übergänge zwischen

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Aktivitäten unterschiedlicher Pools nur durch die Verbindung zwischen Sender und Empfänger dargestellt.

Wollte man diesen Übergang selbst den Status einer Aktivität (Übermittlungsfunktion) zugestehen, so

erhielte man die Aktivitätenkette Senden → Übermittlung → Empfangen, welche zwei Übergänge enthält.

Das sind nur zwei mögliche Überlegungen. Der Faktor 2 ist nicht als Festlegung zu verstehen.

Die Berechnung im Detail wird anhand des folgenden Beispiels erklärt:

Abbildung 15: Beispiel einer typischen Prozessbeschreibung

In der Grafik sind alle Prozesselemente, die mit einer Durchlaufzeit belegt sind, mit der entsprechenden

Zahl für die Durchlaufzeit versehen. Für alle anderen Prozesselemente möge die Verweildauer 0 betragen.

Zu jedem Pool (i = 1, 2, 3) werden

1. die Anzahl der Aktivitäten ni bestimmt;

2. die Anzahl der Verbindungen ermittelt und zur maximal möglichen Anzahl (𝑛𝑖2) verbundener

Aktivitäten ins Verhältnis gesetzt; Resultat vi;

3. die mittlere Durchlaufzeit di berechnet.

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Für die Verbindungen zwischen den Pools werden analoge Werte bestimmt:

1. n = Anzahl der Verbindungen;

2. v = Vernetzung der Pools = Anzahl der Verbindungen n zwischen Lanes bezogen auf Anzahl

möglicher Poolpaarungen (𝑘2), wobei k die Anzahl der Pools ist;

3. d = mittlere Durchlaufzeit der Verbindungen.

Für das Beispiel erhält man folgende Werte:

Pool 1: n1 = 6; v1 = 6/15 = 0,4; d1 = 75/6 = 12,5;

Pool 2: n2 = 11; v2 = 12/55 = 0,218; d2 = 31/11 = 2,818;

Pool 3: n3 = 4; v3 = 3/6 = 0,5; d3 = 18/4 = 4,5;

Zwischen Pools: n = 5; v = 5/3 = 1,667; d = 0/5 = 0.

Aus diesen Zwischenwerten werden die Gesamtbewertungen für den Teilprozess gebildet:

Größe: nges = n1 + n2 + n3 + n;

Vernetzung: vges = (n1∙v1+n2∙v2+n3∙v3+2∙n∙v)/(n1+n2+n3+n);

Durchlaufzeit: dges = (n1∙d1+n2∙d2+n3∙d3+n∙d)/(n1+n2+n3+n);

und schließlich die Komplexitätsbewertung bestimmt:

c = nges∙vges∙dges

Zum Beispielprozess erhält man:

nges = 26; vges = 0,903; dges = 4,769; c ≈ 112

Die Komplexität ist nur ein Bewertungskriterium neben anderen. Das gewichtete Zusammenrechnen der

Werte zu den verschiedenen Kriterien ist nur sinnvoll, wenn die Wertebereiche für die einzelnen Kriterien

abgestimmt sind. Wie den später folgenden Ausführungen dieses Abschnitts zu entnehmen ist, werden die

anderen Kriterien mit 0 / 0,5 / 1 bewertet. Entsprechend sind die Komplexitätszahlen auch auf das Intervall

[0;1] zu normieren. Sind c1, c2, …, cm die ermittelten Komplexitätswerte der m untersuchten Teilprozesse

und cmax der größte Wert davon, so bilde man die Quotienten ci/cmax und ordne sie anschließend in die

Klassen 0 bis 1/3, 1/3 bis 2/3, 2/3 bis 1 ein. Die Teilprozesse, die in die unterste Klasse eingeordnet wurden,

erhalten die Bewertung 0, Teilprozesse in der mittleren Klasse die Bewertung 0,5 und die in der obersten

Klasse die Bewertung 1.

In den meisten Fällen wird den Kriterien eine unterschiedliche Wichtigkeit zugeordnet, so dass die

Festlegung von Prioritäten mittels einer Prioritätenanalyse erforderlich ist. Abbildung 16 zeigt das Ergebnis

der am Beispiel eines OWP durchgeführten Prioritätenanalyse.

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Abbildung 16: Prioritätenanalyse der Kriterien zur Auswahl risikoreicher Teilprozesse

Jeder Teilprozess wird anschließend durch die beteiligten Akteure anhand der gewählten Kriterien

bewertet (Abbildung 17). Neben den priorisierten Auswahlkriterien kommen die vorhandene Datenqualität

und Verfügbarkeit an Kontakten als weitere Kriterien hinzu. Sie können die Qualität der Risikoanalyse

beeinflussen, sind aber nicht als Ausschlusskriterium zu betrachten.

Abbildung 17: Kriterienbasierte Bewertung von Teilprozessen durch Akteure

B

KriterienSchlüssel-

prozess

Wirtschaftl.

AuswirkungKomplexität Compliance

Gefährdungs-

potenzial

Summe je

Kriterium

Gewichtungs

faktor (%)Rang

A Schlüssel-

prozess3 3 4 2 12 30 1

Wirtschaftl.

Auswirkung1 3 3 3 10 25 2

Komplexität 1 1 2 1 5 12,5 4

Compliance 0 1 2 1 4 10 5

Gefährdungs-

potenzial2 1 3 3 9 22,5 3

Summe 40 100

Methode: Vergabe von 4 Punkte je Paar, zur Erreichung klarer Unterschiede

A deutlich wichtiger als B 4:0

A wichtiger als B 3:1

A + B gleichwichtig 2:2

A weniger wichtig als B 1:3

A deutlich weniger wichtig als B 0:4

Schlüssel-

prozess

Wirtschaftl.

Auswirkung

Gefährdungs-

potenzialKomplexität Compliance

Daten-

qualität

Verfügbar-

keit an

Kontakten

Gewichtung: 30,0% 25,0% 22,5% 12,5% 10,0% Summe

Arbeitsbedarfs-

ermittlung0,00

Einsatzplanung 0,00

Hinflug-

vorbereitung0,00

Hinfahrt-

vorbereitung0,00

Hinflug 0,00

Hinfahrt 0,00

Durchführung 0,00

Rückflug 0,00

Rückfahrt 0,00

Nachbereitung 0,00

0 = nicht zutreffen 0,5 = z.T. zutreffend 1 = zutreffend

Firma/Name

Teilp

roze

sse

der

Inst

ands

etzu

ng

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Die Einzelbewertungen der Akteure werden für jeden Teilprozess gemittelt. Im Ergebnis ergibt sich die

Gesamtbewertung der Teilprozesse (Abbildung 18). Diese sollte mit den beteiligten Akteuren rückgekoppelt

und bestätigt werden.

Abbildung 18: Beispiel für die Gesamtbewertung der Risikorelevanz der Teilprozesse der Instandsetzung mit Angabe der Standardabweichung

Die Einsatzplanung und die Durchführung der Tätigkeiten im OWP konnten als risikorelevante Teilprozesse

bei einer Relevanzschwelle von 50% identifiziert werden. Sie werden in der nachfolgenden Risikoanalyse

weiter betrachtet.

3.8 Nutzen der Charakterisierung des Offshore Windparks

Die Charakterisierung des OWP aus unternehmensübergreifender Sicht führt unmittelbar dazu, dass die

Abläufe im Betrieb und insbesondere der Instandhaltung transparent werden. Es wurde eine Methode

geschaffen, die einen Überblick über alle am Betrieb beteiligten Akteure und deren Zusammenwirken

ermöglicht. Die verantwortlichen Akteure und Akteure mit Schlüsselpositionen lassen sich identifizieren.

Hierbei kann insbesondere der Betriebsgesellschaft eine tragende Rolle als Koordinatorin der Akteure und

Prozesse zugeordnet werden.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Ris

iko

rele

van

z

Standardabweichung

Relevanzschwelle

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Die Strukturierung der Prozesse und deren Modellierung in dem Modellierungsstandard BPMN 2.0 dient

zum einen als Basis für die Erstellung von Organisationsstrukturen sowie der Umsetzung des

Qualitätsmanagements, das im Rahmen von ISO-Zertifizierungen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Eine

Optimierung der Organisationsstruktur und der Prozessabläufe kann darauf aufbauend mit gängigen

Methoden des Prozessmanagements und des Qualitätsmanagements erfolgen.

Die in den Schritten 1 – 6 aufgezeigte Charakterisierung des Leistungssystems Offshore Windpark ist die

Basis für weitergehende Analysen der Risikoanalyse und der Simulation. Mit ihnen werden Verbesserungen

des Prozessdesigns und –ablaufs ermittelt. Werden diese Verbesserungspotenziale auf den OWP

angewendet wird ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess initiiert. (Abbildung 18)

Abbildung 19: Kontinuierliche Verbesserung der Organisations- und Prozessstruktur von OWP im Betrieb durch Nutzung der GOWOG-Methoden

3.9 Anwendung der Methode am Beispiel Instandsetzung von Kleinkomponenten

Der Beispielprozess der Instandsetzung von Kleinkomponenten wurde aufgrund der vielen, teilweise

spontan auszuführenden Interaktionen zwischen den Akteuren ausgewählt. Diese bergen einen großen

Optimierungsbedarf im Ablauf und Zusammenspiel der Aktivitäten und Interaktionen.

3.9.1 Rahmenbedingungen

Bei dem Beispielprozess wurde ein geplanter Instandsetzungseinsatz per Helikopter und per Schiff zum

Austausch einer Elektronikkomponente auf Basis einer Störungsmeldung zugrunde gelegt. Da das System

ange

pass

te

Proz

esss

truk

tur

&

Para

met

erw

erte

Charakterisierung des OWP

Risikoanalysevon Prozessrisiken

Simulation der Prozesse

Optimierung der Prozesse

Analysemethoden

MaßnahmenDurchlaufzeiten,

Prozessalternativen

Anwendung auf OWP

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redundant ausgelegt ist, ist die OWEA weiter in Betrieb. Zudem ist als Zeitspanne ein Tag eingeplant und

die Bündelung von Maßnahmen möglich. Als Instandhaltungsstrategie wurde die zustandsorientierte

Instandhaltung vorausgesetzt, da diese eine immer größere Bedeutung für die Instandhaltung von OWP

erhält. Der Offshore Windpark selbst bringt folgende Standortbedingungen mit:

80 OWEA á 5 MW;

30 km entfernt von der Küste in der AWZ;

Unbemannte Umspannplattform;

Keine Wohneinheit im OWP;

Onshore-Station im Seehafen.

Als Transporteinheiten wurden sowohl Schiffs- als auch Helikoptereinsätze untersucht und dargestellt, da

beide Transportmittel häufig parallel in einem OWP genutzt werden.

3.9.2 Prozessstrukturierung, -modellierung und -parametrierung

Im ersten Schritt wurden die Akteure und Infrastrukturen sowie deren Schnittstellen in Form des

Leistungssystems abgebildet (Abbildung 20).

Abbildung 20: Auszug Leistungssystem Offshore Windpark für die Instandsetzung von Kleinkomponenten

Das spezifische Leistungssystem der Instandsetzung zeigt, dass auch hier die Betriebsgesellschaft die

Schlüsselrolle übernimmt. Sie koordiniert und überwacht den Prozess. Da der OWP in der AWZ liegt ist die

- onshore - - offshore -

Seehafen

Abfall-entsorger

Institut für Umwelt- und Biotechnik

Transport-unternehmen

Wetterdienst

Service-Station

www.wikipedia.de/hamburg-hafen-containerterminal

Helikopter

Flughafen

Personnel Transfer Vessel

Betriebsgesellschaft

OWP-Gewerke

Personal

Material

Abfall

Finanzen

Informationen

Interaktionen

©

www.bildarchiv.alpha-ventus.de

Betriebsstruktur (Topside)

Tragstruktur

Innerpark-verkabelung

Rotor-Gondel-Gruppe

Gründungs-elemente

Tragstruktur(Turm, Unter-struktur

und evtl. Transition

Piece)

Gründungs-elemente

Seekabel

Bundespolizei

Zoll

Externes IH-Unternehmen

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Anmeldung der Waren und Personen erforderlich, so dass Zoll und Bundespolizei ebenfalls zu den Akteuren

gehören. Die Leistungssystemdarstellung gibt einen Überblick über die Akteure, Infrastrukturen und Flüsse.

Sie unterstützt damit die spätere Prozessmodellierung.

Aufbauend auf der Prozesshierarchie für Offshore Windparks (Kapitel 0) wird die OWP-spezifische

Prozesslandkarte erstellt (Abbildung 21). Die Teilprozesse der Instandsetzung von Kleinkomponenten sind

in der Abbildung blau markiert. Für jedes der blau markierten Kästen wurde der Prozess modelliert, sodass

die gesamte Prozesskette von der Fehlermeldung bis zur Behebung abgebildet wurde. Die Aktivitäten und

Interaktionen wurden mit den Parametern Zeitdauer und Anzahl beteiligter Personen hinterlegt.

VorbereitungWohnschiff

VorbereitungPTV

VorbereitungHelikopter

VorbereitungJack up

VorbereitungSpezialschiff,

z.B. Tauchschiff

Hinfahrt/AufenthaltWohnschiff

Hinfahrt PTV

HinflugHelikopter

Hinfahrt/Aufenthalt

Jack up

Hinfahrt/Aufenthalt

Spezialschiff

Arbeit vor OrtInstandsetzung

ArbeitWartung

Arbeit Inspektion

ArbeitGroßkompo-

nenten

ArbeitSpezialtätig-

keiten

RückfahrtWohnschiff

RückfahrtPTV

RückflugHelikopter

RückfahrtJack up

RückfahrtSpezialschiff

Fernüberwachung& Datenanalyse

Gewerke:UW/ Wohnplattform, Turbine, Tragstruktur,

Innerparkverkabelung Durchführung

HinreiseArbeiten im

OWPRückreise

Instand-setzung

Großkompo-nententausch

Verbesserung

Wartung

Inspektion vor Ort

Inspektion

Sonstige Inspektions-

anforderungen

Verbesserungs-anforderungen

Wartungs-anforderungen

Instandsetzungs-anforderungen

Dokumentation

Abfall-management

Waren-anmeldung

Ermittlung des ArbeitsbedarfesErmittlung des Arbeitsbedarfes

Einsatzplanung( ≥24 h; vor Einsatztag)

NachbereitungVorbereitung( ≤24 h; am Einsatztag)

Abbildung 21: Prozesslandkarte zur Instandhaltung von OWP anhand eines spezifischen Beispiels

Im Zuge der Prozessaufnahme und -validierung wurde festgestellt, dass der Teilprozess der Nachbereitung

mit geringen Unterschieden für alle innerhalb des OWP ablaufenden Hauptprozesse der Instandhaltung

gültig ist. Ebenso können die Teilprozesse „Hinfahrt und Hinflug sowie Rückfahrt und Rückflug als Bausteine

für alle übrigen Hauptprozesse des OWP verwendet werden. Weitere allgemeingültige Prozesse in der

Instandhaltung sind die Entsorgung von Abfällen aus dem OWP, der Anmeldung der Ein- und Ausfuhr von

Waren sowie der Anmeldung bei der Bundespolizei. Diese Prozesse werden in Anhang II des GOWOG näher

beschrieben.

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75

3.9.3 Kurzbeschreibung der Teilprozesse der Instandsetzung einer Kleinkomponente

3.9.3.1 Teilprozess „Ermittlung des Arbeitsbedarfes“

Die Instandsetzung von Kleinkomponenten kann je nach vertraglich vereinbarter Zuständigkeit und

Gewährleistung durch die Servicegesellschaft des OWEA-Herstellers oder durch Servicegesellschaften

anderer Komponentenhersteller und freie externe Instandhaltungsunternehmen durchgeführt werden. Im

Folgenden wird daher in OWEA- und NICHT-OWEA_HERSTELLER unterschieden.

Einsatz-durch-NICHT-OWEA-Hersteller

Die Ermittlung des Arbeitsbedarfes zeigt alle wesentlichen Tätigkeiten und Schnittstellen zwischen den

Akteuren zur Ermittlung der notwendigen Arbeiten aufgrund eines vorliegenden Fehlers und/oder Störung

einer OWEA. Diese liegt nicht innerhalb der Gewährleistung (also Verantwortung des Herstellers). Der

Fokus liegt auf dem Austausch von Informationen und Daten zwischen der Betriebsgesellschaft, dem

Servicedienstleister (SDL) und wenn erforderlich zwischen dem Betreiber sowie dem Zulieferer der

Komponenten.

Nach Eingang eines Fehlers/Störung im OWP wird der Tätigkeitsbedarf zur Behebung des Fehlers/Störung

anhand der Fehler-/Störungsmeldung, der vorliegenden Anlagendokumente und Erfahrungen durch die

Betriebsgesellschaft bzw. den SDL ermittelt. Der Prozess ist abgeschlossen, wenn die Tätigkeiten, der

Zeitbedarf sowie der Personal-, Material- und Transportmittelbedarf seitens des SDL (ausgenommen

Hersteller) festgelegt sind. Der Antrag auf Arbeitserlaubnis wurde durch den SDL gestellt.

Einsatz-durch-OWEA-Hersteller

Die Ermittlung des Arbeitsbedarfes zeigt alle wesentlichen Tätigkeiten und Schnittstellen zwischen den

Akteuren zur Ermittlung der notwendigen Tätigkeiten aufgrund eines vorliegenden Fehlers und/oder

Störung einer OWEA. Diese liegt innerhalb der Gewährleistung. Der Fokus liegt auf dem Austausch von

Informationen und Daten zwischen der Betriebsgesellschaft, dem Hersteller und wenn erforderlich

zwischen dem Hersteller und Nachunternehmer des Herstellers.

Nach Eingang eines Fehlers/Störung im OWP wird der Tätigkeitsbedarf zur Behebung des Fehlers/Störung

anhand der Fehler-/Störungsmeldung, der vorliegenden Anlagendokumente und Erfahrungen ermittelt. Der

Prozess ist abgeschlossen, wenn die Tätigkeiten, der Zeitbedarf sowie der Personal-, Material- und

Transportmittelbedarf seitens des Instandhaltungsunternehmens des OWEA-Herstellers festgelegt sind.

Der Antrag auf Arbeitserlaubnis wurde durch den OWEA-Hersteller gestellt.

3.9.3.2 Teilprozess „Einsatzplanung“

Dieser Teilprozess wird täglich durchgeführt. Die Betriebsgesellschaft ist hauptverantwortlicher Akteur. Die

Wetterbedingungen werden zunächst geprüft. Darauf aufbauend werden die Transportmittel festgelegt

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und die Arbeitsanträge zur Durchführung für den nächsten Einsatztag zusammengestellt. Die Anmeldungen

bei Zoll und Bundespolizei werden angestoßen. Die Materialien, Werkzeuge und Ersatzteile werden vom

SDL zusammengestellt und verpackt. Die Einsatzplanung endet, wenn die Arbeitseinsätze koordiniert, die

Anmeldungen erfolgt und die Transportmittel „bestellt“ sind.

3.9.3.3 Teilprozess „Hinfahrtvorbereitung“

Die Hinfahrtvorbereitung zeigt alle wesentlichen Tätigkeiten und Schnittstellen zwischen den Akteuren zur

Herstellung der Einsatzbereitschaft des Schiffes am Tag des Instandsetzungseinsatzes. Der Fokus liegt auf

der Kommunikation zwischen der Betriebsgesellschaft, den Servicetechnikern und dem Kapitän des PTV

sowie auf der Material- und Werkzeugverladung.

Am Einsatztag wird das PTV für die Fahrt vorbereitet. Das Material wird zum Anlegeplatz im Hafen

transportiert. Die Techniker finden sich am Hafen ein. Das Material wird an Bord gebracht und seefest

gelascht. Die Hinfahrtvorbereitung endet, wenn das PTV und die Techniker abfahrbereit sind.

3.9.3.4 Teilprozess „Hinflugvorbereitung“

Die Hinflugvorbereitung zeigt alle wesentlichen Tätigkeiten und Schnittstellen zwischen den Akteuren zur

Herstellung der Abflugbereitschaft des Helikopters am Tag des Instandsetzungseinsatzes. Der Fokus liegt

auf der Kommunikation zwischen der Betriebsgesellschaft, den Servicetechnikern und dem Piloten sowie

auf der Material und -Werkzeugverladung.

Am Einsatztag wird der Helikopter für den Flug technisch vorbereitet, die notwendigen

Sicherheitsunterweisungen werden durchgeführt sowie PAX-Listen erstellt. Das Material wird zum Flugplatz

transportiert und die Techniker finden sich am Flugplatz ein. Die Hinflugvorbereitung endet, wenn der

Helikopter, die Crew und die Techniker abflugbereit sind.

3.9.3.5 Teilprozess Durchführung

Hinfahrt

Die Hinfahrt zeigt alle wesentlichen Tätigkeiten und Schnittstellen zwischen den Akteuren während der

Überfahrt, Überstieg und Aufsteigen auf der OWEA. Der Fokus liegt auf der Kommunikation zwischen dem

Betriebsbüro, den Servicetechnikern und dem Kapitän sowie auf der Material und –Werkzeugverladung.

Die Hinfahrt mit dem PTV umfasst die Hinfahrt zum OWP und in den OWP, sowie die

Sicherheitsunterweisung und das Briefing der Techniker an Bord. Außerdem werden die Techniker auf die

OWEA / Umspannwerk übergesetzt. Die Betriebsführung übernimmt das people tracking. Die Hinfahrt

endet, wenn die Techniker auf der OWEA angemeldet sind und das PTV in der Warteposition angekommen

ist.

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Hinflug

Der Hinflug zeigt alle wesentlichen Tätigkeiten und Schnittstellen zwischen den Akteuren während des

Fluges und Hoistens auf der OWEA. Der Fokus liegt auf der Kommunikation zwischen der

Betriebsgesellschaft, den Servicetechnikern und dem Piloten sowie auf der Material- und

Werkzeugverladung.

Der Hinflug umfasst den Hinflug zum OWP und in den OWP, sowie das Hoisten und Absetzen von Techniker

und Material auf der OWEA und die ggf. erforderliche Zwischenlandung auf dem Umspannwerk. Die

Betriebsgesellschaft übernimmt das people tracking. Der Hinflug endet, wenn die Techniker auf der OWEA

oder dem Umspannwerk angemeldet sind und der Helikopter wieder am Flugplatz oder auf dem

Umspannwerk eintrifft, um auf die Rückreise zu warten.

Arbeiten an der Anlage

Der Teilprozess „Arbeiten an der Anlage“ umfasst die Tätigkeiten der Techniker im OWP, sowie die Anreise

des Helikopters bzw. des PTV zu den OWEA bzw. Umspannwerk, um die Techniker nach Abschluss der

Arbeiten wieder abzuholen. Die Betriebsführung übernimmt das people tracking. Die Durchführung endet,

wenn das Transportmittel an den Anlage angekommen ist, die Anlage wieder in den notwendigen

Betriebszustand geschaltet wurde und die Techniker sich von der Anlage abgemeldet haben und auf

Abholung warten.

Rückfahrt

Die Rückfahrt zeigt alle wesentlichen Tätigkeiten und Schnittstellen zwischen den Akteuren während des

Überstiegs von der OWEA und der Überfahrt. Der Fokus liegt auf der Kommunikation zwischen der

Betriebsgesellschaft, den Servicetechnikern und dem Kapitän sowie auf der Material- und

Werkzeugverladung.

Die Rückfahrt beginnt mit dem Übersetzen der Techniker und dem Kranen des Materials. Die Rückfahrt ist

abgeschlossen, wenn das PTV am Seehafen angelegt hat.

Rückflug

Der Rückflug zeigt alle wesentlichen Tätigkeiten und Schnittstellen zwischen den Akteuren während des

Hoistens von der OWEA und des Rückfluges zurück zum Flugplatz. Der Fokus liegt auf der Kommunikation

zwischen der Betriebsgesellschaft, den Servicetechnikern und dem Piloten sowie auf der Material- und

Werkzeugverladung.

Der Rückflug beginnt mit dem Hoisten der Techniker und Zwischenlanden auf dem Umspannwerk zum

Umladen von Gepäck. Der Rückflug ist abgeschlossen, wenn der Helikopter am Flugplatz gelandet ist.

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3.9.3.6 Teilprozess „Nachbereitung“

Die Nachbereitung zeigt alle wesentlichen Tätigkeiten und Schnittstellen zwischen den Akteuren zur

Nachbereitung des Instandsetzungseinsatzes. Der Fokus liegt auf dem Austausch von Informationen über

den Instandsetzungseinsatz sowie dessen Dokumentation. Außerdem auf der Instandhaltung der PSA,

Material und Werkzeuge sowie die Material- und Werkzeugbevorratung.

In der Nachbereitung wird vom Entladen des Transportmittels über die Prüfung durch Zoll und

Bundespolizei, sowie das De-Briefing der Techniker und die Dokumentation des Einsatzes bis hin zur

Instandhaltung von Materialien und Geräten durchgeführt. Die Abfallentsorgung ist ebenfalls Teil der

Nachbereitung. Mit der Nachbereitung endet der gesamte Instandsetzungsprozess.

3.9.4 Beschreibung der behördlichen Prozesse

Die korrekte Ausführung der behördlichen Prozesse ist für den reibungslosen Ablauf der Instandhaltung

relevant. Da sie zu Restriktionen oder auch Abbrüchen des Ablaufs führen können. Hierzu gehören die

Prozesse „Anmeldung des Warentransports beim Zoll“, „Personenanmeldung bei der Bundespolizei beim

Grenzübertritt in und aus der AWZ“ und die „Entsorgung von OWP-Abfällen“. Die ausführliche

Beschreibung der behördlichen Prozesse erfolgt in den Anhängen 4 – 6.

3.10 Bewertung der Methode zur Charakterisierung von OWP

Die vorgestellte Methode zur Charakterisierung des Betriebs von Offshore Windparks wurde am Beispiel

des Windparks alpha ventus entwickelt und auf den Windpark RIFFGAT angewendet und evaluiert.

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Charakterisierung zu einer hohen Transparenz der Strukturen

und Prozesse führt, sodass ein allgemeines Verständnis aller beteiligten Unternehmen von der Techniker-

bis zur Managementebene erreicht wird. Die Darstellung der Prozesse in Prozessmodellen mithilfe der

Modellierungssprache BPMN 2.0 führt zu allgemein verständlichen Abbildungen der realen Prozesse. Schon

nach einer kurzen Einweisung in die BPMN-Elemente können die Modelle eigenständig gelesen und

verstanden werden. Insbesondere direkte „Prozessarbeiter“ bekommen durch die Charakterisierung einen

besseren Eindruck über ihren Anteil am Gesamtprozess. Die unternehmensübergreifende Darstellung in

den Prozessmodellen steigert zudem das Verständnis zwischen den beteiligten Stakeholdern. Insgesamt

führt die Charakterisierung zu einem Austausch und der Aufdeckung von Schwachstellen in den Prozessen,

denn Schwächen in der Prozessstruktur und der Prozessdurchführung werden schon bei der Erhebung

identifiziert, eindeutig zugeordnet und geeignete Gegenmaßnahmen können entwickelt werden.

Gleichwohl können auch die Auswirkungen von Maßnahmen besser abgeschätzt werden.

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Optimierungsmethoden basieren auf einer strukturierten und zielorientierten Darstellung des zu

untersuchenden Systems. Für Prozesse sind hierfür insbesondere die Modelle und Parameter zu nennen,

die in dem Forschungsprojekt als Ausgangspunkt der Risikoanalyse und der Simulation erfolgreich

eingesetzt wurden. Es wurde am Beispiel des Prozesses „Instandsetzung von Kleinkomponenten“ über alle

Teilprozesse hinweg und für weitere Instandhaltungsprozesse, wie beispielsweise die Wartung und

Wiederkehrende Prüfung, vereinzelte Teilprozesse gezeigt, dass mit der Charakterisierungsmethode alle

beteiligten Stakeholder erfasst und ihre Aufgaben mit den Prozessmodellen beschrieben werden können.

Die jeweilige Stakeholdersicht geht dabei unmittelbar in die Darstellung der Prozesse mit ein. Die

Aufnahme der komplexen unternehmensübergreifenden Prozesse erschweren die syntaktische Prüfung der

Modelle, die jedoch mithilfe einfacher Simulationsläufe aufgedeckt und entsprechende Anpassungen in den

Modellen vorgenommen werden können. Es zeigte sich auch, dass einige Teilprozesse (wie bspw.

Einsatzplanung) mehrmals und parallel zu anderen Teilprozessen ablaufen. Dies ist auf dem ersten Blick

nicht an den Modellen abzulesen. Diese Wiederholungen und Extraschleifen werden am ehesten mithilfe

der Simulation sichtbar. Diese Art der Simulation führt jedoch noch nicht zu einer Bewertung der

Prozessleistung, sondern zeigt ausschließlich die Durchführbarkeit der Prozesse. Für eine hohe Konsistenz

und Verständlichkeit der Modelle ist jedoch auf eine konforme Formulierung der Elementbeschreibungen

zu achten, z.B. Substantiv + Verb (d.h. „PAX-Liste erstellen“ und NICHT „Erstellung PAX-LISTE“). Hinzu

kommt eine allgemein festgelegte Granularität der Aktivitäten um die Prozesse in gleicher Tiefe zu

beschreiben, z.B. bis die Aktivitäten nur noch von einer Person durchgeführt werden können. In diesem

Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass mit der gewählten Modelloberfläche die

Prozessparameter separat dargestellt werden müssen.

Die Erhebung und Diskussion der Prozesse erfolgte in Interviews mit den jeweils beteiligten Mitarbeitern.

Hier konnte festgestellt werden, dass ein hohes Konzentrationsvermögen benötigt wurde die Modelle eines

gesamten Prozesses mit mehreren Teil- und Unterprozessen durchzuarbeiten. Es empfiehlt sich die

Interviews auf mehrere Tage zu verteilen. In den Interviews wurde häufig über Erfahrungen aus dem

alltäglichen Arbeitsleben berichtet, die wertvolle Informationen zu den Prozessen liefern können und

entsprechend zu dokumentieren sind. Auch die Abfrage der einzelnen Parameter jeder Aktivität und

Interaktion nahm sehr viel Zeit und Nacharbeitung in Anspruch.

Auf oberster Ebene ist die Methode der Prozessaufnahme und -darstellung für unterschiedliche OWP`s

adaptierbar. Im Detail jedoch können die Modelle nicht 1:1 übernommen werden, da die Abläufe und

Beteiligten insbesondere je nach Lage des OWP unterschiedlich sind. Um den Nutzen der Modelle für die

jeweiligen Akteure zu erhöhen, wäre es zudem wichtig die Modelle detaillierter aus der entsprechenden

Stakeholdersicht zu betrachten und darzustellen.

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4 Risikoanalyse

Dieser Abschnitt schildert den Ablauf einer Risikoanalyse bis zur Risikobewertung und geht detailliert auf

die einzelnen Schritte ein. Der betrachtete Instandsetzungsprozess lässt noch keine statistische

Risikobewertung zu. Das hier dargestellte Verfahren führt eine Risikobewertung auf Grundlage von

Expertenwissen durch. Mit fortlaufendem Betrieb sind diese Bewertungen auf Basis von Betriebsdaten und

Erfahrungen zu ergänzen bzw. durch statistische Analysen zu aktualisieren. Das Verfahren bleibt dabei vom

Prinzip her erhalten. Sobald die Fehlerereignisse tatsächlich beobachtet wurden, kann deren tatsächliche

Fehlerfolge und Fehlerhäufigkeit gemessen bzw. berechnet werden. Die ermittelten Werte treten dann an

die Stelle der Expertenschätzungen.

4.1 Ziel der Risikoanalyse

Betrachtungsgegenstand der Risikoanalyse: sämtliche Prozesse des Betriebs und der Instandhaltung eines

OWP

Berücksichtigte Schadenskategorien:

1. Der geplante Standardablauf des Prozesses ist nicht möglich, wodurch zusätzliche Kosten entstehen

2. Die Wiederinbetriebnahme einer Windenergieanlage verzögert sich

Beauftragung der Risikoanalyse: Die betrachteten Schadensarten sind wesentlich für einen

wirtschaftlichen Betrieb des Windparks. Damit steht die Risikoanalyse im Interesse des Investors bzw.

Betreibers und der Betriebsgesellschaft. Die Benennung des Auftraggebers der Risikoanalyse ist daher

äußerst wichtig, weil für ihr Gelingen die Mitarbeit aller Prozessbeteiligten notwendig ist. Über den

Auftraggeber, der zugleich Auftraggeber der Gewerke für den Betrieb und die Instandhaltung ist, muss die

Bereitschaft der Prozessbeteiligten sichergestellt werden. Für Prozessbeteiligte, die nicht im Auftrag des

Eigners/ Betreibers stehen (Zoll, Bundespolizei), müssen zusätzliche Vereinbarungen getroffen werden.

Ziele der Risikoanalyse:

1. Benennen der wesentlichen Aktivitäten und der damit verbundenen Fehlermöglichkeiten

2. Risikobewertung und Identifizierung risikoreicher Fehler

3. Übergabe der Ergebnisse an Prozessbeteiligte zur internen Weiterverwendung und Festlegung

risikomindernder Maßnahmen

Bei einzelnen Prozessänderungen bedarf es nur einer Aktualisierung der bereits vorliegenden Risikoanalyse.

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4.2 Vorbereitende Schritte

Die vorbereitenden Schritte zielen auf eine effektive Durchführung der Risikoanalyse ab. Schwerpunkt der

Analyse sind die Interviews mit den Experten. Hier werden die für die Risikoanalyse notwendigen

Informationen gesammelt.

Führt man sich den Umfang der Prozesslandschaft zum Betrieb und zur Instandhaltung eines Offshore

Windparks vor Augen (siehe Abschnitte 3.3 + 0), so wird klar, dass man im Rahmen der Risikoanalyse nur

einen Teil der Prozesse behandeln kann. Dafür wurde ein Prozessauswahlverfahren entwickelt (siehe

Abschnitt 3.5.1).

Sowohl für die Prozessauswahl als auch die Interviews selbst benötigt man Prozessbeschreibungen. Wie

man zu den Prozessbeschreibungen kommt, wird in den Abschnitten 0 + 3.5 erläutert.

Da die Interviews mit unterschiedlicher personeller Besetzung bestritten werden und die Ergebnisse in eine

einheitliche Risikoauswertung eingehen sollen, muss dafür gesorgt werden, dass der Ablauf standardisiert

wird und die Risikoeinschätzungen nach einem übereinstimmenden Bewertungsmaßstab erfolgen. Für die

Fehlerdokumentation und -bewertung sind vorab Formulare zu entwerfen. Unter anderem werden dabei

auch die Klassen zur Einordnung der Fehlerfolgen vorgegeben. Zur Festlegung dieser Klassen wird ein

Expertengespräch mit einem Mitarbeiter des Betriebsbüros durchgeführt. Durch die zentrale Einbindung

des Betriebsbüros in den Gesamtprozess können deren Mitarbeiter den Bereich möglicher Fehlerfolgen am

besten einschätzen. Denkbare Klasseneinteilungen sind solche mit einheitlicher Klassenbreite, aber auch

jene mit breiter werdenden Klassen bei aufsteigender Bewertung. Zweitgenannte sind vorzuziehen, wenn

sich eine Bewertungsgrenze nach oben nur schwer festlegen lässt. Im Anwendungsfall SystOp fiel die

Entscheidung auf folgende Klasseneinteilungen:

Tabelle 5: Beispiel gewählter Bewertungsklassen der Risikoanalyse für die Instandsetzung von Kleinkomponenten

Bewertungsklassen

Verzögerung der Instandsetzung ≤ 1 d 2-4 d 5-13 d 14-30 d > 30 d

Zusatzkosten für Ressourcen ≤ 1T€ 2-5 T€ 6-21 T€ 22-85 T€ > 85 T€

Zu beachten ist, dass die Klasseneinteilung für jedes Projekt individuell vorgenommen werden sollte, da

insbesondere der Wertebereich möglicher Fehlerfolgen von der Erreichbarkeit des Windparks, den

einsetzbaren Ressourcen und den klimatischen Bedingungen abhängt.

Alle weiteren Maßnahmen zur Standardisierung werden im Abschnitt 4.4 Interviewplanung erläutert.

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4.3 Prozessauswahl

Um die Risikoanalyse in einem akzeptablen Rahmen zu halten, ist es notwendig, sich auf die Prozesse mit

dem größten Risikopotenzial zu konzentrieren. Im Abschnitt 3.5.1 wird darauf gesondert eingegangen. An

dieser Stelle werden nur die Auswahlkriterien und Voraussetzungen für das Auswahlverfahren benannt.

Durch eine Befragung sind für alle Teilprozesse Bewertungen der folgenden Kriterien zu bestimmen:

Schlüsselaktivität, Wirtschaftliche Auswirkung, Compliance, Gefährdungspotential

Befragt werden Experten, die Berührung zu allen Teilprozessen haben und auch die Zusammenhänge

zwischen den Teilprozessen kennen. Das sind zum einen Angehörige des Betriebsbüros und zum anderen

Personen, die bei der Aufstellung der Prozessbeschreibungen mit den meisten und den potentiell

wichtigsten Prozessen in Berührung gekommen sind.

Hinzu kommt noch das Kriterium Komplexität, welches rechnerisch aus den Prozessbeschreibungen zu

bestimmen ist.

4.4 Interviewplanung

Zu jedem ausgewählten Teilprozess sind Interviews zu planen – und zwar nach einem einheitlichen

Vorgehen:

1. Schritt – Abschätzung der zu bewältigenden Arbeitsmenge

a) Auslesen der Poolanzahl n aus der Prozessbeschreibung. Beispiel laut Abbildung 15: 3

b) Schätzung folgender Zeitdauern und Anzahlen (Mittelwert)

a. Zeit ta zur Bestimmung der wesentlichen Aktivitäten; Anzahl na wesentlicher Aktivitäten.

Annahme: ta = 5 min; na = 2

b. Zeit tb zur Bestimmung der Fehlermöglichkeiten; Anzahl nb der Fehlermöglichkeiten.

Annahme: tb = 5 min; nb = 2

c. Zeit tc zur Bestimmung der Fehlerursachen; Anzahl nc der Fehlerursachen. Annahme: tc = 5

min; nc = 2

d. Zeit td zur Bestimmung der Fehlerhäufigkeit und zum Ausfüllen der Matrix (siehe Abschnitt

2.5.5). Annahme: td = 5 min

c) Schätzen der Gesamtdauer t = n∙(ta+na∙(tb+nb∙(tc+nc∙td))). Beispiel t = 225 min

2. Schritt – Aufteilung auf mehrere Interviews

Zum ersten Termin sind eine Vorstellungsrunde und eine Präsentation zur Darstellung des Anliegens,

zur Vorstellung der Prozesse und Erläuterung der Analysemethode einzuplanen. Hierfür muss man etwa

mit 2 h rechnen. Ansonsten ist die im Schritt 1 geschätzte Arbeitsmenge auf eine genügende Anzahl an

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Interviews aufzuteilen, wobei man nicht mit mehr als 4 h pro Gespräch rechnen sollte. Beispiel: Es

genügt ein Interviewtermin, wobei 2 h Einführung + 225 min Interview geplant werden.

3. Schritt – Teamzusammenstellung + Termin- und Ortsabstimmung

Alle Prozessbeteiligten sollten durch eine Person vertreten sein. Sonderfälle mag es geben, bei denen

man von vornherein eine Risikorelevanz für einen Prozessbeteiligten ausschließen kann. Dazu kommt

der Moderator, am besten durch eine zweite Person unterstützt. Nach Klärung der personellen

Besetzung erfolgt die Termin- und Ortsabstimmung.

Vor der ersten Kontaktaufnahme mit den Prozessbeteiligten sollte deren Teilnahmebereitschaft

gesichert werden – etwa durch eine Beauftragung durch den Betreiber.

4. Schritt – Einladung

In der Einladung ist das Anliegen der Risikoanalyse vom Standpunkt des Auftraggebers zu

verdeutlichen. Mit der Angabe der Tagesordnung sollte eine erste Einstellung auf das Interview

ermöglicht werden. Abgesehen davon sind natürlich die organisatorischen Dinge (Anfahrt, Verpflegung,

…) zu vermitteln.

5. Schritt – Erstellung der Arbeitsmaterialien

Zur einführenden Darstellung des Anliegens, zur Vorstellung der Prozesse und Erläuterung der

Analysemethode ist eine Präsentation anzufertigen. Sowohl für die Präsentation als auch die FMEA-

Runde benötigt man Präsentationstechnik. Zur Orientierung während des Interviews wird jedem

Prozessbeteiligten eine Prozessbeschreibung bereitgestellt. Falls die beteiligten Unternehmen aus

Gründen der Vertraulichkeit die poolinternen Prozessabläufe nicht preisgeben wollen, sind individuell

angepasste Prozessbeschreibungen zu erstellen, welche jene poolinternen Verbindungen verdecken,

die nicht im Verantwortungsbereich des jeweiligen Prozessbeteiligten liegen. Die Interviews werden in

Form einer FMEA durchgeführt. Dazu ist ein Formblatt zu erstellen, welches einheitlich in allen

Interviews genutzt wird. Hilfreich für eine möglichst vollständige Abdeckung aller Fehlermöglichkeiten

ist die Verwendung von Fehlerkatalogen. Sofern solche bei den Moderatoren oder den

Prozessbeteiligten vorliegen, sollten Sie als „Ideengeber“ für das Gespräch bereitgestellt werden.

4.5 Durchführung

Für die Interviews wird die folgende Tagesordnung vorgesehen:

1. Begrüßung und einführende Bemerkungen (Anlass)

2. Vorstellungsrunde

3. Vorstellung der Tagesordnung

4. Präsentation

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Vorstellung des zu analysierenden Teilprozesses

Erläuterung des Analyseverfahrens

5. FMEA-Interview

6. Auswertung

Falls mehrere Interviews für einen Teilprozess notwendig sind, gibt es eine Aufspaltung im Ordnungspunkt

5 FMEA-Interview.

Der Anlass (Punkt 1) ergibt sich aus der Beauftragung. Sowohl motivierend als auch richtungsweisend

können Bemerkungen dazu sein, welchen Nutzen sich der Auftraggeber von der Risikoanalyse verspricht.

Ansonsten dürften die Punkte 1-3 selbsterklärend sein.

Vor der Präsentation werden den Teilnehmern die auf sie speziell angepassten Prozessbeschreibungen

verteilt.

Um in das FMEA-Interview voll einsteigen zu können („Learning by doing“ wäre hier falsch am Platze),

sollten sowohl der zu analysierende Teilprozess als auch das Analyseverfahren erläutert werden. Dazu sieht

die Präsentation folgende Punkte vor:

Vorstellung des zu analysierenden Teilprozesses

o Einordnung des Teilprozesses in den Gesamtprozess des Betriebs und der Instandhaltung

o Detaillierte Vorstellung des Teilprozesses (Akteure und ihre Aufgaben)

o Erklärung der Darstellungselemente der Prozessbeschreibungen

Erläuterung des genutzten FMEA-Analyseverfahrens

o Fehlerzuordnung zu den Aktivitäten

o Kausale Fehlerkette …->Ursache->Fehler->Folge->…

o Fehlerfolgen auf oberster Prozessebene und Schadensklassen

o Vermeidungs- und Entdeckungsmaßnahmen

o Bewertung der Häufigkeit einer Fehlerursache und der prozentualen Aufteilung auf

Schadensklassen (Matrix)

o Risikogesamtbewertung

Im Folgenden einige erläuternde Bemerkungen zu den Präsentationsinhalten:

Die hierarchische Einordnung des Teilprozesses in den Gesamtprozess kann durch ein

Blockdiagramm (Beispiele sind im Abschnitt 3 Prozessanalyse) oder durch Baumdiagramme

dargestellt werden. Ein Beispiel für ein Baumdiagramm zeigt Abbildung 22. Zu sehen ist nur ein

Bruchteil der gesamten Prozesshierarchie. Nur der Subprozess „Austausch defekter

Kleinkomponenten“ wurde weiter in Teilprozesse heruntergebrochen.

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Abbildung 22: Ausschnitt aus einer Prozesshierarchie

Für die detaillierte Darstellung des Teilprozesses eignet sich die BPMN-Prozessbeschreibung, wie

sie in den Abschnitten 3.5.2 + 3.5.3 näher erläutert wird. Auch, was die Darstellungselemente

betrifft, sei auf diese Abschnitte verwiesen.

Eine bewährte Methode zur Erzeugung der kausalen Beziehungen zwischen Funktionen bzw.

Fehlern besteht darin, die Prozessstruktur auf die Funktions- bzw. Fehlerstruktur zu übertragen.

Idee: Zu jeder Hierarchieebene in der Prozessstruktur lassen sich Funktionen zuordnen. Die

Funktionen der untergeordneten Prozesse sorgen in ihrer Gemeinsamkeit dafür, dass die

Funktionen der übergeordneten Prozessebene realisiert werden. Negativ formuliert bedeutet das,

dass die Fehler auf einer betrachteten Prozessebene auf Fehler der untergeordneten Prozesse

zurückzuführen sind. Ob erfolgs- oder fehlerorientiert, in beiden Fällen wird dadurch eine

Kausalstruktur generiert. Im fehlerorientierten Fall spricht man von Fehlerketten der Form … ->

Fehlerursache -> Fehler -> Fehlerfolge -> …. Die linksseitigen Punkte weisen darauf hin, dass sich die

Kausalkette nach links fortsetzen lässt, indem man Ursachen der Ursachen angibt. Entsprechendes

gilt für die rechtsseitigen Punkte, die für die Folgen der Folgen stehen.

Bevor man in die Interviewrunde einsteigt, sollten eventuelle Fragen geklärt werden.

Zu jedem Pool in der Beschreibung des Teilprozesses wird das Interview nach gleichem Prinzip

durchgeführt. Dabei kann man sich durch die Bearbeitung der Formblätter leiten lassen:

1. Schritt: Formular Allgemein ausfüllen (siehe Abbildung 23)

Akteur und Aufgabe sind entsprechend der Prozessbeschreibung auszufüllen. Dann folgt die Angabe

der wesentlichen Aktivitäten, welche im Interview zu erfragen sind.

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2. Schritt: Formular Fehler, Ursachen, Folgen ausfüllen (siehe Abbildung 24)

Für jede Aktivität sind die Fehlermöglichkeiten und deren Ursachen auszufüllen. Wenn eine

Fehlermöglichkeit mehrere Ursachen besitzt, sind entsprechend mehr Zeilen auszufüllen. In Spalte

D ist die Ursache einer der 5M-Kategorien (Mensch-Maschine-Material-Methode-Mitwelt)

zuzuordnen. Des Weiteren wird in Spalte H die Häufigkeit, mit der die Fehlermöglichkeit gemeinsam

mit der Ursache auftritt, abgefragt. Schließlich sind noch in die Spalten E, F, G die Fehlerfolgen,

Vermeidungsmaßnahmen und Entdeckungsmaßnahmen einzutragen. Die detaillierte Angabe der

möglichen Fehlerfolgen wird in Schritt 3 behandelt. Alle Angaben sind im Interview abzufragen.

3. Schritt: Fehlerbewertung (siehe Abbildung 25)

Pro Fehlerursache wird im Register Fehlerbewertung eine Matrix erzeugt, in der die prozentuale

Aufteilung auf die möglichen Fehlerfolgen einzugeben ist. Die Summe der Prozentwerte muss 100

betragen. Die Zahlen sind im Interview zu erfragen.

Abbildung 23: Formular Allgemein der Risikoanalyse

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Abbildung 24: Formular Fehler, Ursachen, Folgen der Risikoanalyse

Abbildung 25: Formular Fehlerbewertung der Risikoanalyse

Als Resultat erhält man pro Fehlerursache eine Risikobewertung. Beispielsweise wird in Abbildung 25 die

Fehlerursache 1.1 mit 2,64 T€ pro 100 Einsatztage bewertet. Für die Auswertung werden die ermittelten

Risikobewertungen nebeneinandergestellt.

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4.6 Auswertung

Pro Fehlerursache wird ein Risikowert nach der Formel in Abschnitt 2.4.5 errechnet. Hierzu ist zunächst der

Umrechnungsfaktor w zu bestimmen, der den Einnahmeverlust in Abhängigkeit von der Verzögerung der

Wiederinbetriebnahme bewertet. Folgende Faktoren gehen in den Umrechnungsfaktor w ein:

Leistung der WEA; Beispiel: 5MW

Stromvergütung; Beispiel: 190€/MWh

Auslastung; Beispiel: 0,5

Für das Beispiel ergibt sich der Wert w = 5MW ∙ 190 €/MWh ∙ 0,5 = 1900 €/h.

Nach der Risikoberechnung werden die Fehlerursachen nach dem Risikowert abfallend geordnet. Als

Ergebnis erhält man ein Diagramm wie in Abbildung 26 dargestellt.

Abbildung 26: Risikobewertung der Fehlerursachen

Für die Teilnehmer der Risikoanalyse werden auf sie angepasste Reports erstellt, sobald alle Pools in den

für einen Teilprozess angesetzten Interviews behandelt wurden. Inhalt dieser Reports ist das

zusammenfassende Diagramm aus Abbildung 26 und die drei ausgefüllten Formblätter für ihr Pool.

Da sich eine Risikoanalyse normalerweise über mehrere Teilprozesse erstreckt, ist nach Abschluss aller

Gespräche nochmals eine Zusammenfassung notwendig. Diese kann auch in Form des in Abbildung 26

dargestellten Diagramms bewerkstelligt werden – nunmehr aber mit den Risikowerten aus allen

behandelten Teilprozessen.

Der Zweck der Risikoanalyse besteht darin, den Status Quo zu bewerten und zugleich auf

Verbesserungsmöglichkeiten hinzuweisen. Für Verbesserungsmaßnahmen sind die einzelnen Pool-

Verantwortlichen zuständig. Entsprechend sind diese nach Auswahl der Risikoschwerpunkte zu

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beauftragen, nach Verbesserungsmöglichkeiten zu forschen und diese umzusetzen. Mit Etablierung der

risikomindernden Maßnahmen ist eine Neubewertung vorzunehmen. Hierbei genügt dann allerdings eine

punktuelle Änderung der aktuellen Analyse.

4.7 Bewertung der Methode zur Risikoanalyse

Allen Teilnehmern wurde zu Beginn des Workshops ein Evaluierungsbogen ausgehändigt. Der

Evaluierungsbogen dient der Einschätzung des Workshops mitsamt der verwendeten

Risikoanalysemethodik. Die ausgefüllten Bögen wurden zurückgegeben und von der HSB ausgewertet.

Evaluierungsergebnis:

Themenblock „Risikoanalysemethode FMEA“

Nach Meinung der Workshopteilnehmer konnten die Prozessrisiken aufgrund von Zeitmangel nur teilweise

identifiziert und bewertet werden.

Die Bewertungsmatrix sieht der Großteil der Teilnehmer als ausreichende Grundlage für die Bewertung der

Risiken an, die FMEA wird ebenfalls mehrheitlich als geeignetes Werkzeug zur Beurteilung der Prozesse

eingestuft.

Themenblock „Austausch im Expertenteam“

Der Austausch im Expertenteam sowie die Ergebnisse der Risikoanalyse werden im ganzen bzw. teilweise

als Hilfestellung für ein besseres Verständnis der OWP-Abläufe eingestuft.

Die Frage, ob im Expertenteam ein vorwettbewerblicher Austausch stattfinden kann, wird von allen

Befragten mit einem „Ja“ beantwortet.

Die erzielten Ergebnisse wurden weitestgehend bis teilweise als realistisch eingeschätzt und sind nach

Meinung der befragten Teilnehmer ein nützlicher Beitrag für die OWP‐Branche.

Themenblock „Gesamtbewertung“

Die Durchführung sowie die Zielanforderungen des Workshops wurden nach Meinung aller Teilnehmer klar

und verständlich kommuniziert.

Das Zeitfenster empfand der Großteil der Teilnehmer als zu gering bemessen, hieraus ergab sich direkt

einer der Verbesserungsvorschläge, nämlich die zukünftige Einplanung eines größeren Zeitfensters bzw. die

Themenpakete weiter vorab einzugrenzen.

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5 Simulation des Leistungssystems

5.1 Analyse der Systemdynamik

Bei der Analyse des Leistungssystems spielen sowohl dessen Struktur, als auch die Systemdynamik eine

wichtige Rolle. Methoden zur Analyse der Systemstruktur wurden in Abschnitt 3 vorgestellt, wie zum

Beispiel die Modellierung der Prozesse in der BPMN 2.0 oder ein hierauf basierender Algorithmus zur

Quantifizierung der Komplexität dieser Prozesse. Weiteren Erkenntnisgewinn bietet nun eine Betrachtung

des Laufzeitverhaltens des gesamten Systems, da so weitere Kennzahlen und Fragestellungen untersucht

werden können. Wie lassen sich die O&M-Prozesse bewerten? Ist eine Strategie erfolgreicher als die

andere? Welche saisonalen Abhängigkeiten gilt es zu betrachten? Als Bemessungsgrundlage werden dabei

Performanzkriterien wie Kosten und Ertrag sowie Verlässlichkeit, Qualität und Effizienz verwendet.

Das Leistungssystem Offshore Windpark ist ein kybernetisches System, d. h. es bestehen viele

Rückkopplungen zwischen den einzelnen Systemelementen, wie zum Beispiel Abhängigkeiten zwischen

einzelnen Prozessen und Beteiligten. Eine rein mathematisch-analytische Betrachtung kann die

Auswirkungen derartiger Rückkopplungen nicht angemessen erfassen. An welchen Stellen kritische

Teilprozesse ins Stocken geraten können, kann erst durch eine Beobachtung der Systemdynamik bestimmt

werden.

Beobachtungen am Realsystem müssten je nach Untersuchungsziel viele Jahre andauern. Abschließende

Bewertungen über den gesamten Lebenszyklus eines Windparks existieren noch nicht. Mit Hilfe der

Computersimulation kann die Systemdynamik jedoch adäquat untersucht werden, solange bestimmte

Daten und Modelle vorliegen.

Die Simulation ist dabei wesentlich kostengünstiger und schneller durchzuführen als direkte

Beobachtungen am Realsystem. Sie ermöglicht auch die Analyse von fiktiven Systemen, also von noch nicht

fertiggestellten Windparks, noch nicht erprobten Instandhaltungsstrategien oder noch nicht umgesetzten

Sollprozessen. Investitionsentscheidungen strategischer Art lassen sich so im direkten Vergleich genauso

absichern wie kurzfristige Entscheidungen operativer Art. Insbesondere Ressourcenanalysen, wie der

Einsatz von Transportmittel und die Bereithaltung von Personal, lassen sich unter verschiedenen Szenarien

erproben.

Die Motivation für derlei Untersuchungen ist letztlich abhängig von den Zielen der jeweiligen

Prozessbeteiligten, also der Stakeholder. Auch der jeweils betrachtete Systemausschnitt muss nicht

zwangsläufig das gesamte Leistungssystem umfassen. Für denjenigen Stakeholder, der die Verfügbarkeit

der Anlage gewährleisten muss (Betreiber, Hersteller, Servicedienstleister) ist eine umfassende Betrachtung

des Gesamtsystems inkl. der Prozesse aller Beteiligten ratsam. Das gilt für jeden Stakeholder der in Tabelle

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3 mit einer hohen Betroffenheit vom Windpark ausgewiesen wurde, also auch für Finanzdienstleister und

Versicherungen.

Bei der ereignisdiskreten Simulation von Prozessen werden diese schrittweise in einem Computermodell

durchlaufen. Dies geschieht mehrfach für einen ausgewählten Zeitraum, wie z.B. 20 Lebensjahre eines

Offshore Windparks oder 52 Wochen zur Abbildung eines Windjahres. Alle vorhandenen Prozess-

beschreibungen laufen dabei nebenläufig ab, blockieren die jeweils notwendigen Ressourcen und sind

natürlichen Schwankungen ausgesetzt. Hierdurch werden auch die Auswirkungen von Rückkopplungen

zwischen den Prozessen korrekt quantifiziert, was bei einem System wie dem Leistungssystem Offshore

Windpark von besonderer Wichtigkeit ist und nur mit Hilfe der Simulationstechnik geleistet werden kann.

Grundlage für die Analyse des Laufzeitverhaltens sind verschiedene Modelle, die mit den entsprechenden

Eingabedaten versehen werden müssen. Die Struktur dieser Modelle und mögliche Umsetzungs-

möglichkeiten werden in den folgenden Abschnitten beschrieben.

5.2 Stochastische Simulation

Prozessmodelle sind die Grundlage für jede Prozessanalyse. Der Detaillierungsgrad muss an die jeweilige

Zielsetzung angepasst sein (vgl. Abschnitt 3.5). Das bedeutet, für das Ziel relevante Details werden

modelliert, von irrrelevanten Details wird abstrahiert. Wurden die Prozesse mit der BPMN 2.0 modelliert,

ist eine ereignisdiskrete Prozesssimulation grundsätzlich möglich, sofern ein geeignetes Werkzeug gewählt

wird (vgl. Abschnitt 5.2.5), da diese Modelle als ausführbar gelten.

5.2.1 Parameter und stochastische Verteilungen

Simulationsmodelle erfordern eine Vielzahl von Eingabeparamatern. Welche konkreten Daten für welche

Zwecke benötigt werden, wird in den folgenden Abschnitten beschrieben; tabellarisch werden die jeweils

notendigen Daten aufgeführt. In diesem Abschnitt wird vorab das Wesen der ereignisdiskreten Simulation

und die Notwendigkeit stochastischer Verteilungen mit realitätsnahen Parametern erläutert.

Stochastische Verteilungen werden genutzt, um realistische Schwankungen in einem System abzubilden.

Menschliche Arbeitszeit ist beispielsweise niemals konstant, sondern einer Vielzahl von Faktoren

ausgesetzt, deren detaillierte Abbildung aufgrund ihrer Komplexität nicht praktikabel ist. Im Allgemeinen

lässt sich beschreiben, wie lange eine Tätigkeit durchschnittlich, mindestens oder maximal dauert. Ein

exakter Wert für die Dauer einer einzelnen, konkreten Ausführung der Tätigkeit ist jedoch vorab nicht

bestimmbar.

Diese Schwankungen können in der Realität zu kritischen Rückkopplungen führen. Verzögert sich zum

Beispiel eine Aktivität, werden auch die Folgeaktivitäten verzögert. Finden Interaktionen zwischen

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verschiedenen Prozessen statt, so werden auch die Arbeitsschritte anderer Beteiligte hierdurch beeinflusst.

Wenn die Verzögerung des Interaktionspartners sich wieder auf den ursprünglichen Bearbeiter ausübt,

wird von einer Rückkopplung gesprochen. Dies betrifft im Offshore Windpark zum Beispiel die Verzögerung

von Transporten. Hierdurch kann die tatsächliche Verzögerung in einem Prozess noch sehr viel größer

ausfallen, als die initial wirkende Verzögerung eines einzelnen Arbeitsschrittes.

Um diese Dynamik adäquat abbilden zu können, wird bei der Zuweisung von Parametern in der Simulation

mit stochastischen Verteilungen gearbeitet. Bei menschlichen Arbeitszeiten bietet sich eine

Normalverteilung mit den Parametern Mittelwert und Varianz an. Nicht immer ist jedoch die Varianz

bekannt. In diesen Fällen kann zum Beispiel auf eine Dreiecksverteilung mit den Parametern Median,

Minimum und Maximum oder die Gleichverteilung mit den Parametern Minimum und Maximum

zurückgegriffen werden. Abbildung 27 zeigt diese drei Verteilungstypen jeweils mit der Dichtefunktion,

welche durch Messung der Fläche unterhalb der Funktion (Integration) die Angabe einer

Wahrscheinlichkeit für einen Abschnitt des Wertebereichs ermöglicht. Außerdem beinhaltet die Abbildung

Histogrammbalken, welche eine mögliche Stichprobe von konkret gezogenen Werten der Verteilungen

darstellt. Umso größer die Stichprobe ausfällt, umso mehr nähert sich die Verteilung der gezogenen Werte

gemäß dem „Gesetz der großen Zahlen“ an die Dichtefunktion an.

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Abbildung 27: Normalverteilung, Gleichverteilung und Dreiecksverteilung

Es gibt noch eine Vielzahl weiterer theoretischer Verteilungstypen. Die Exponentialverteilung

beispielsweise eignet sich, um Zwischenankunftszeiten von unabhängigen Ankunftsereignissen (zum

Beispiel Kundenanfragen) zu beschreiben. Die Weibullverteilung hingegen eignet sich, um die

Zwischenankunftszeit von Ausfallereignissen – wie sie typisch für technische Anlagen sind – zu beschreiben.

5.2.2 Parametrierung der Prozesssimulation

Als Vorbereitung für eine Simulation müssen die Modelle mit Parametern versehen werden, welche nicht

Bestandteil der BPMN-Spezifikation sind. Letzteres hat Auswirkung auf die Wahl der Werkzeuge. Abbildung

28 zeigt am Beispiel der Software IYOPRO, an welchen Elementen zwingend für jedes Prozessmodell

Parameter erforderlich sind.

Die Zwischenankunftszeit von Startereignissen beschreibt, wann und, daraus resultierend, wie häufig ein

Prozess startet. Hier können stochastische Verteilungen angegeben werden, welche beschreiben, wie viel

Zeit zwischen zwei Auslösungen des Ereignisses vergeht. Diese Variante bietet sich beispielsweise an, um

die Häufigkeit von Störfällen an Anlagen zu beschreiben, durch welche jeweils ein Prozess („Erfassung des

Fehlers“) ausgelöst wird. Alternativ können mit einer kalenderbasierten Eingabemaske auch konkrete

Zeitpunkte angegeben werden. Das ist sinnvoll für Prozesse, die regelmäßig starten. Beispielsweise startet

regelhaft die „Hinfahrt“ eines Schiffes zum Windpark täglich zu einer bestimmten Uhrzeit; ein

stochastischer Parameter wäre hier nicht sinnvoll.

Die Dauer von Aktivitäten beschreibt, wie viel Zeit zwischen dem Beginn und dem Ende einer Aktivität

vergeht. In der Regel werden hierdurch (nur für das zeitliche Intervall) eine oder mehrere Ressourcen

belegt. Diese können dann keine anderen Aktivitäten zur gleichen Zeit ausführen (vgl. Abschnitt 5.2.3). Für

die Dauer der Aktivitäten müssen stochastische Verteilungen hinterlegt werden, welche die natürlichen

Schwankungen bei der Ausführung von Aktivitäten treffend beschreiben.

An Verzweigungen müssen Bedingungen oder Wahrscheinlichkeiten hinterlegt werden, welche angeben,

wann welchem Pfad gefolgt wird. Diese werden jeweils an den ausgehenden Pfaden einer Verzweigung

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hinterlegt (nicht an der Verzweigung selbst). Bedingungen sind abhängig von dem im Prozess zur Verfügung

stehenden Informationen. Ob ein Transportmittel zurück zum Hafen fahren kann oder erst noch ein

weiteres Einsatzteam von einer Anlage abholen muss, ist abhängig davon, ob sich noch Teams auf Anlagen

befinden, welche diesem Transportmittel zugeordnet sind. Ob das Transportmittel an der Anlage anlegen

kann, ist abhängig von den aktuellen Wetterbedingungen. Diese Bedingungen können mit Skriptsprachen

wie z.B. Python formuliert werden, wobei die Zustandsinformationen mit Hilfe von Prozessvariablen zur

Verfügung gestellt werden. Alternativ können an den ausgehenden Pfaden der Verzweigungen auch

Wahrscheinlichkeiten hinterlegt werden. Dies ist eine Abstraktionsmöglichkeit, falls die auszuwertenden

Informationen im Simulationsmodell nicht zur Verfügung stehen. Wenn beispielsweise kein Wettermodell

(wie in Abschnitt 5.3.3 beschrieben) zur Verfügung steht, können zunächst historische Daten ausgewertet

werden, die angeben, wie häufig das Anlegen an einer Anlage aufgrund der Wetterbedingungen gelingt.

Anstatt nun die Wetterbedingungen selbst zu hinterlegen, wird in das Simulationsmodell für jeden

Prozesspfad nur noch die daraus resultierende Wahrscheinlichkeit in Prozent für jeden einzelnen Pfad

hinterlegt. Da hiermit jedoch bestimmte Abhängigkeiten zwischen den Prozessen nicht adäquat abgebildet

werden können, sollte an Verzweigungen nur auf Wahrscheinlichkeiten zurückgegriffen werden, wenn sich

die zugrundeliegenden Bedingungen aufgrund fehlender Informationen nicht beschreiben lassen.

Abbildung 28: Parametrierung eines Simulationsmodells

Neben diesen grundlegenden Parametrierungen für Simulationsmodelle, können auch alle höheren

Modellierungskonstrukte der BPMN 2.0 genutzt und ggf. parametriert werden. Hierbei ist jedoch erneut

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auf die Wahl eines geeigneten Werkzeuges zu achten, welches die BPMN-Elemente in Modellbildung und

Simulation unterstützt.

Mit Hilfe von Nachrichtenkanten lässt sich die Interaktion zwischen Prozessen beschreiben. Aufgrund der

hohen Zahl an beteiligten Organisationen und ineinander greifenden Prozessen hat sich dieses Element für

die betrachtete Domäne Offshore Windparks als besonders wichtig herausgestellt. Wenn bei dem

Nachrichtenaustausch Informationen übergeben werden sollen, so kann an der Nachrichtenkante

hinterlegt werden, welche Prozessvariablen hiervon betroffen sind. Der Wetterdienstleister meldet

beispielsweise an sämtliche Schiffe (und an weitere Beteiligte) die aktuellen und prognostizierten

Wetterinformationen, wie zum Beispiel Wellenhöhe und Windgeschwindigkeit. Es ist daher ratsam in der

Simulation – entsprechend dem Ablauf in der Realität – die Wetterinformationen im Prozess des

Wetterdienstleisters zu „generieren“ (vgl. Abschnitt 5.3.3), und anschließend an die Prozesse der

Transportunternehmer mit Hilfe von Nachrichtenflüssen zu verteilen. Somit ist sichergestellt, dass allen

Schiffen die gleichen Informationen zur Verfügung stehen, auf denen die Entscheidungen basieren können.

Angeheftete Ereignisse und Ereignisunterprozesse sind sehr nützlich, um Abbruchbedingungen zu

beschreiben. Aufgrund der Wettereinflüsse haben sich auch diese Elemente als besonders wichtig

erwiesen. Es müssen keine speziellen Simulationsparameter hinterlegt werden, jedoch ist darauf zu achten,

dass die empfangenden, angehefteten Ereignisse eindeutig mit den korrespondierenden sendenden

Ereignissen verknüpft sind. Abbildung 14 zeigt beispielsweise, dass der Wetterdienstleister Signale mit

Informationen an die Transportunternehmer sendet. Hierdurch werden Ereignisunterprozesse ausgelöst, in

denen entschieden wird, ob die neuen Wetterbedingungen einen Einfluss auf den laufenden Prozess

haben. Ist dies der Fall, werden sendende Abbruchereignisse ausgelöst, welche über ihren Namen mit den

angehefteten, empfangenden Abbruchereignissen an den Aktivitäten verknüpft sind. So kann anhängig

davon, an welcher Stelle der Prozess gerade steht (Hinfahrt, Anlegen an der Anlage, Rückfahrt etc.),

angemessen auf die sich ändernden Wetterbedingungen reagiert werden.

Tabelle 6: Grundlegende Parameter für die Prozesssimulation

Eingabeparameter Definition in

Dauer einer Aktivität Stunden

Zwischenankunftszeit Ereignisse Stunden

Bedingungen Verzweigungen Skriptsprache (z.B. Python)

Wahrscheinlichkeiten an Verzweigungen %

Zu übermittelnde Information an Nachrichtenkanten

Skriptsprache (z.B. Python)

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96

5.2.3 Ressourcen

Eine herausragende Stellung in der Prozesssimulation nehmen Ressourcenmodelle ein. Für alle Aktivitäten

in einem Prozess sind Ressourcen notwendig, wie zum Beispiel Personal, Werkzeuge und Transportmittel.

Diese können stets nur eine Aktivität gleichzeitig ausführen, wodurch sich alle Prozesse, in denen dieselbe

Ressource verwendet werden soll, indirekt gegenseitig beeinflussen. Ist eine Ressource gerade belegt, so

muss der nächste Prozess, der diese Ressource anfordert, warten, bis diese Ressource wieder frei wird. Mit

mathematisch-analytischen Modellen lässt sich zwar die erwartete Auslastung einer Ressource berechnen,

nicht jedoch, welche konkreten Auswirkungen das Warten eines Prozesses auf eine Ressource hat. Die

Simulationstechnik kann Aussagen treffen, an welchen Stellen tatsächlich Stauungen zu erwarten sind,

welche Prozesse ins Stocken geraten können oder gar an welchen Stellen kritische Verklemmungen

entstehen können.

Abhängig von dem verwendeten Werkzeug gibt es verschiedene Möglichkeiten, Ressourcenmodelle zu

hinterlegen. Diese können mit Hilfe von Tabellen, Organigrammen oder speziellen Graphen erfasst werden.

Eine Abbildung als Graph ist besonders geeignet, um die zugrundeliegende Ressourcenstruktur abzubilden.

Unterschieden wird zwischen Ressourcen-Pools und Ressourcen. Ein Ressourcen-Pool beinhaltet viele

Ressourcen und definiert lediglich die Art der darin enthaltenen Ressourcen. Betrachtet man

Transportmittel, so gibt es einen Ressourcen-Pool für Schiffe und einen für Helikopter. Bei Personen bilden

die Ressourcen-Pools die Rollen ab, die die Personen einnehmen können. Bei den

Instandhaltungsprozessen von Offshore Windparks sind dies i.A. Qualifikationen (z.B. Industriekletterschein

Stufe 1 bis 3), welche als Bezeichner für die Ressourcen-Pools genutzt werden. Eine Ressource (Person)

kann dabei mehren Ressourcen-Pools (Qualifikationen) zugleich zugeordnet sein.

In den Prozessmodellen wird an den Aktivitäten hinterlegt, welcher Ressourcen-Pool für die Aktivität

benötigt wird. Um die Aktivität auszuführen, muss aus dem Ressourcen-Pool eine Ressource entnommen

werden. Wenn mehrere Ressourcen zur Verfügung stehen, ist gleichgültig, welche Ressource entnommen

wird. Wenn die Ressource mit einer Aktivität beschäftigt ist, muss sie aber aus allen Pools entnommen

werden, denen sie zugehörig ist, denn sie kann zunächst für keine anderen Aufgaben genutzt werden.

Wenn eine weitere Aktivität am gleichen Ressourcen-Pool eine Ressource anfordert und keine weiteren

Ressourcen zur Verfügung stehen, so muss gewartet werden, bis eine Ressource wieder frei wird, bevor der

Prozess fortgesetzt werden kann. Sobald die Aktivität abgearbeitet wurde, wird die Ressource dazu zurück

in alle Ressourcen-Pools gelegt, denen sie zugehörig ist.

Die Abbildung von Ressourcen im Zuge der Prozesssimulation ist dringend zu empfehlen, weil der

Erkenntnisgewinn über die Leistungsmerkmale der Prozesse hiermit erheblich gesteigert wird.

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97

Tabelle 7: Relevante Parameter für die Abbildung von Ressourcen

Eingabeparameter

Ressouren-Pool

Ressource

Kosten von Ressourcen

5.2.4 Durchführung von Experimenten

Da bei einer sehr kleinen Stichprobengröße einer stochastischen Verteilung die Abweichung von den zu

erwartenden Werten sehr groß werden kann, muss bei stochastischen Experimenten grundsätzlich mit

einer ausreichenden Stichprobengröße gearbeitet werden, um verlässliche Kennzahlen als Resultat zu

erhalten. Wenn beispielsweise nur ein einziger Einsatztag simuliert wird, können hierbei naturgemäß sehr

unterschiedliche Werte herauskommen (was ja durchaus der Realität entspricht). Wird ein ganzes Windjahr

simuliert, nähern sich die Werte an die zu erwartenden Durchschnittswerte an, wodurch auch belastbare

Aussagen über zu erwartende Minima und Maxima getroffen werden können. Deutlich aussagekräftiger

werden die Resultate, wenn ein Jahr vielfach simuliert wird. Mit Hilfe von Konfidenztests kann bestimmt

werden, ob die Anzahl der Simulationsexperimente groß genug war, um verlässliche Werte zu erhalten.

Letztlich ist ein Computer aufgrund seiner diskreten Arbeitsweise nicht in der Lage, echte Zufallszahlen zu

generieren. Stattdessen werden Algorithmen verwendet, die ausgehend von einem Startwert synthetische

Zufallszahlen erzeugen. Wird derselbe Startwert wiederverwendet, so werden auch dieselben Zahlen

erneut gezogen. Daher ist ein stochastisches Zufallsexperiment am Computer grundsätzlich reproduzierbar.

Dies ist nützlich, um die gleichen Eingabewerte (z.B. Zwischenankunftszeiten von Ereignissen) mit einer

anderen Systemkonfiguration zu testen. Wird eine Experimentreihe mit mehreren Zufallsexperimenten

durchgeführt, so ist es notwendig, jedes Zufallsexperiment mit einem anderen Startwert beginnen zu

lassen.

Welche Ergebnisse produziert werden, ist abhängig von den hinterlegten Eingabedaten und Modellen. In

jedem Fall werden Kennzahlen zu den Laufzeiten der einzelnen Aktivitäten und Prozesse generiert. Hierbei

können auch Wartezeiten auf Ressourcen oder Nachrichten ausgegeben werden. Für jedes Element wird

ausgegeben, wie häufig es ausgelöst wurde (zum Beispiel Abbruchereignisse) bzw. wie häufig einem Pfad

hinter einer Verzweigung gefolgt wurde. Ein gutes Werkzeug bietet detaillierte statistische Informationen

wie Mittelwert, Median, Quantile, Maxima, Minima und Varianz. Abbildung 29 zeigt am Beispiel der

Software IYOPRO, wie die Auszüge dieser Statistiken in der Prozessdarstellung integriert werden. Mit Hilfe

von Sankey-Kanten wird visualisiert, welchen Pfaden häufig und welchen Pfaden selten gefolgt wurde. An

jedem Element ist hinterlegt, wie häufig es ausgelöst wurde. An den Aktivitäten wird farblich die jeweilige

Dauer visualisiert. Rot bedeutet, dass diese Aktivität sehr lange dauert, grün steht für kurze Aktivitäten.

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Diese grafische Aufbereitung stellt lediglich eine schnelle Übersicht zur verbesserten Kommunikation der

Ergebnisse dar, welche ansonsten tabellarisch vorliegen.

Abbildung 29: Ergebnisse eines Simulationsexperimentes

5.2.5 Notation und Werkzeuge

Um Prozessmodelle simulieren zu können, muss eine Modellierungssprache genutzt werden, zu der eine

formal eindeutig standardisierte Ausführungssemantik existiert. Bei der Notation BPMN 2.0 ist dies der Fall,

und so existieren mehrere Werkzeuge am Markt, welche eine Analyse durch Simulation ermöglichen.

Die in den vorangegangen Abschnitten beschriebenen für die Simulation benötigten Eingabeparameter sind

jedoch nicht Teil des BPMN 2.0 Standards. Zwar sind aufbauend auf dem standardisierten XML-Format die

„nackten“ Modelle ohne Informationsverlust zwischen verschiedenen Software-Tools transferierbar, nicht

jedoch deren Simulationseigenschaften. Es ist also möglich, verschiedene Werkzeuge zur Modellierung zu

benutzen und eine andere Software zur Simulation. Werden jedoch verschiedene Werkzeuge zur

Simulation benutzt, müssten alle Eingabeparameter bei jedem Werkzeug neu eingepflegt werden.

Das Leistungsspektrum der verschiedenen Werkzeuge fällt wie bei der Modellierung auch hinsichtlich der

Simulation allerdings sehr unterschiedlich aus. Nur wenige Werkzeuge bieten einen zufriedenstellenden

Funktionsumfang, der den Modellbildungszyklus zur Simulation umfassend unterstützt. IYOPRO bietet eine

auf DESMO-J basierende Simulationsbibliothek mit sinnvollen Erweiterungen wie Ressourcenanalyse und

Prozesskostenrechnung. Es wurde im SystOp-Projekt nicht nur zur Modellierung, sondern auch im ersten

Schritt der Analyse des Laufzeitverhaltens der Prozesse des Leistungssystems verwendet. Erweiterungen

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99

wie Ressourcenmodelle in Form von Organigrammen oder eine integrierte Prozesskostenrechnung

ergänzen bei IYOPRO die BPMN-Modelle auf sinnvolle Weise, weshalb dieses Werkzeug durchaus zu

empfehlen ist,

Eine über die bis zu diesem Punkt beschriebenen Aspekte hinausgehende, umfassendere, strategische

Analyse des Leistungssystems stellt jedoch erhöhte Anforderungen an das zu verwendende Werkzeug.

Hierbei muss auch die Prozessumgebung in Form von Wetter- und Windparkmodellen abgebildet werden.

Jedoch kann kein am Markt befindliches Werkzeug diese sehr speziellen Anforderungen erbringen. Deshalb

wurde im Rahmen des SystOp-Projekts basierend auf der Simulationsbibliothek DESMO-J an der Universität

Hamburg ein Funktionsmuster entwickelt, welches durch seine domänenspezifische Eigenschaften in der

Lage ist, auch strategische Langzeituntersuchungen an einer Windparkkonfiguration unter gleichzeitiger

Betrachtung der Systemumgebung angemessen abzubilden, wie in den folgenden Abschnitten beschrieben

wird.

5.3 Domänenspezifische Prozesssimulation

Prozesse sind grundsätzlich einer Prozessumgebung ausgesetzt, die einen vorgegebenen Rahmen bildet

und Einfluss auf die Prozessdurchführung hat. Ob diese Prozessumgebung bei der Analyse näher betrachtet

werden muss, hängt vom Untersuchungsziel ab. Für strategische Langzeitanalysen müssen beispielsweise

auch Wettereinflüsse und Modelle des Windparks und seiner Komponenten erfasst, adäquat abgebildet

und in die Analyse einbezogen werden.

5.3.1 Erweiterung der BPMN-Notation

Ein erster Schritt zur Anpassung der Prozessmodelle an die vorliegende Domäne liegt in einer Erweiterung

der Notation. Die BPMN 2.0 bietet eine reichhaltige Auswahl von Elementen, um typische Aktivitäten und

Ereignisse in einem Geschäftsprozess abzubilden. So kann beispielsweise zwischen menschlichen und

technischen Aktivitäten unterschieden werden; weiterhin werden Eskalations-, Fehler- und Abbruch-

Ereignisse unterschieden. Auch für die Kommunikation zwischen Prozessen stehen verschiedene Elemente

zur Verfügung. Die Aussagekraft der Modelle kann noch weiter erhöht werden, indem spezielle, auf die

Domäne zugeschnittene Elemente zur Verfügung gestellt werden. Nur wenige Werkzeuge am Markt

unterstützen die Definition eigener Elemente bei der Modellierung. Es existiert kein Werkzeug, welches in

der Lage ist, auch die Bedeutung des domänenspezifischen Elements zur Simulationslaufzeit zu definieren.

Daher wurde im Rahmen des SystOp-Projektes ein neuartiges, innovatives Funktionsmuster entwickelt,

welches aufzeigt, wie diese Lücke geschlossen werden kann.

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100

Abbildung 30 zeigt vier speziell für die Domäne Offshore Wind entworfene Elemente. Das „Windpark Signal

Receive Event“ ist ein Signalempfangsereignis, welches Signale von Windenergieanlagen empfängt. Es wird

symbolisiert mit einer Windenergieanlage. Die „Windpark State Manipulation Activity“ wird ebenfalls mit

einer Windenergieanlage symbolisiert, und bezeichnet Arbeiten auf und an einer Windenergieanlage. Das

„Weather Condition Event“ bezeichnet Wettereignisse, wie zum Beispiel einen Wetterumschung. Das

„Windpark Artifact“ symbolisiert eine Referenz auf eine Windenergieanlage.

Abbildung 30: Für die Domäne Offshore Windparks erweiterte BPMN-Notation [Joschko 2014]

In Abbildung 31 ist ein Prozess basierend auf diesen vier Elementen zu sehen. Die Wettereignisse sind als

angeheftete Abbruchereignisse mit den Aktivitäten Hinfahrt und Instandsetzung verknüpft. Hierdurch wird

schneller deutlich, dass es Wetterbedingungen sind, die zum Abbruch dieser Aktivitäten führen.

Für eine domänenspezifische Simulation müssen diese neuen Elemente mit entsprechenden Modellen

verknüpft werden, welche selbst nicht angemessen als Prozessmodell darstellbar sind.

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101

Abbildung 31: Beispiel-Prozess mit domänenspezifischen Elementen

5.3.2 Windparkmodelle

Die Elemente, die mit einer WEA symbolisiert werden, werden mit Modellen des Windparks verknüpft. Für

das im SystOp-Projekt entstandene Funktionsmuster existiert eine spezielle Eingabemaske (Abbildung 32),

mit deren Hilfe die relevanten Informationen zu einem Windpark und den einzelnen WEAs hinterlegt

werden können. Hierzu gehören

Energieerzeugungskurve der Anlage (vgl. folgende Abschnitte),

Wartungsintervalle und

Ausfallwahrscheinlichkeiten.

Die Informationen zu den Wartungsintervallen und Ausfallwahrscheinlichkeiten sind ausschlaggebend für

die entstehende Instandhaltungslast (Tabelle 11). Wenn die entsprechenden WEA-Ereignisse als

Startereignisse in BPMN-Prozessen verwendet werden, kann durch die im Windpark-Modell hinterlegten

Informationen gesteuert werden, wie häufig diese Prozesse stattzufinden haben.

Die Wartungsintervalle sind jeweils abhängig von der zuletzt stattgefundenen Wartung. Wenn eine

Wartung früher oder später als geplant durchgeführt wurde, können sich die folgenden Wartungsintervalle

entsprechend verschieben. Die Ausfallwahrscheinlichkeit von Komponenten ist abhängig vom letzten

Zeitpunkt der Wartung oder des Austauschs dieser Komponente. Es besteht also eine bidirektionale

Rückkopplung zwischen den Prozessmodellen in BPMN und den spezifischen Windparkmodellen. Wenn

diese Rückkopplungen Teil des Untersuchungsgegenstandes sind, ist das hier beschriebene Vorgehen zu

empfehlen, da diese durch eine klassische Prozesssimulation nicht abgebildet werden können.

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Abbildung 32: GUI4 zur Definition von Windenergieanlagen mit Beispieldaten

Tabelle 8: Relevante Parameter für die Instandhaltungslast

Eingabeparameter

Anzahl der WEAs

Geplante Maßnahmen

Wahrscheinlichkeit ungeplante Maßnahmen

Ergebnisparameter

Instandhaltungslast

Die Leistung einer OWEA ist abhängig von verschiedenen technischen Aspekten der Anlage, wie z.B.

Eigenschaften der Rotorblätter oder der Turbine. Meistens ist bereits in der Typbezeichnung einer Turbine

ein Hinweis auf die maximal mögliche Leistung zu finden, wie zum Beispiel bei der AREVA M5000 oder der

Repower 5M. Beides sind Anlagen mit einer maximalen Leistung von 5 Megawatt, was derzeit eine gängige

Größe für Offshore Anlagen ist. Diese maximal mögliche Leistung wird als Nennleistung bezeichnet. Eine

4 Graphical User Interface

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103

(O)WEA kann jedoch nicht zu jedem Zeitpunkt die angegebene Nennleistung liefern. Die tatsächlich

umgewandelte Energie ist abhängig von der aktuellen Windgeschwindigkeit. Der Hersteller einer OWEA

gibt bestimmte Kenngrößen an, mit welchen sich für jede Windgeschwindigkeit die konkret erzeugte

Energie berechnen lässt. In der Regel sind die folgenden Kenngrößen den Produktdatenblättern der

betreffenden Turbinen zu entnehmen.

Abbildung 33 illustriert, wie sich die Leistung (auf der Y-Achse) einer OWEA in Abhängigkeit von der

Windgeschwindigkeit (X-Achse) bei den Beispielwerten Pr=5000kW, Vci=4m/s, Vr=12,5m/s und Vco=25m/s

verhält. In Anhang 8 ist die zugrundeliegende mathematische Näherungslösung zu finden. Das Intervall

zwischen Nenngeschwindigkeit und Abschaltgeschwindigkeit erzeugt die maximal mögliche Nennleistung:

Abbildung 33: Exemplarische Stromerzeugung in Abhängigkeit zur Windgeschwindigkeit

Die für die Stromerzeugung relevanten Parameter lassen sich der folgenden Tabelle entnehmen:

Tabelle 9: Relevante Parameter für die Stromerzeugung

Eingabeparameter Einheit

Nennleistung MW

Nenngeschwindigkeit in m/s m/s

Einschaltgeschwindigkeit m/s

Ausschaltgeschwindigkeit m/s

Windgeschwindigkeit auf Nabenhöhe im gegebenen Zeitabschnitt

m/s

Ergebnisparameter Einheit

Erzeugter Strom pro Zeitabschnitt kWh

5.3.3 Saisonale Wettereinflüsse

Die Wetterbedingungen am Standort einer Anlage sind entscheidend für den Stromertrag; relevant ist die

Windgeschwindigkeit auf Nabenhöhe. Legt man Daten der FINO-Forschungsplattformen zugrunde, so kann

diese Windgeschwindigkeit über 20% eines Windjahres über der typischen Nenngeschwindigkeit liegen; die

OWEAs könnten also einen beachtlichen Anteil ihrer Lebenszeit ihre volle Nennleistung erbringen. Die

meiste Zeit, insgesamt über 70% eines Jahres, liegen die Windgeschwindigkeiten zwischen Einschalt- und

Nenngeschwindigkeit. Mehr als 5% der zur Verfügung stehenden Zeit können die Anlagen aufgrund der

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Wetterbedingungen keinen Strom liefern. Besonders in den Sommermonaten kann der Wind so schwach

sein, dass die Einschaltgeschwindigkeit nicht erreicht wird. Windgeschwindigkeiten, die die

Ausschaltgeschwindigkeit überschreiten, treten in der Nordsee nur sehr selten auf, dies beschränkt sich auf

einige wenige, stürmische Tage in den Wintermonaten (Abbildung 34). Insgesamt ist daher zu erwarten,

dass die zukünftige Entwicklung im Wesentlichen in Richtung einer höheren Nennleistung bei niedrigerer

Nenngeschwindigkeit gehen wird.

Abbildung 34: Exemplarischer Betriebszustand in Abhängigkeit von Windgeschwindigkeiten pro Monat

Die jahreszeitlichen Abhängigkeiten von Windstärken und somit der Stromerzeugung liegen auf der Hand.

Diese Abhängigkeit der tatsächlichen Stromerzeugung von den einzelnen Monaten verdeutlicht Abbildung

35. Der ertragreichste Monat des Jahres ist der Januar, dicht gefolgt vom Dezember. Am wenigsten Wind

kann in den Monaten Juni und Juli geerntet werden. Im ersten und vierten Quartal eines Jahres kann 50%

mehr Energie umgewandelt werden als in den Quartalen zwei und drei.

Abbildung 35: Anteil an der jährlichen Stromerzeugung pro Monat

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In den Monaten Oktober bis März wird deutlich mehr Energie umgewandelt als in dem restlichen halben

Jahr.

Neben der Stromproduktion beeinflussen die Wetterbedingungen, ob überhaupt ein Zugang zur OWEA

durch Techniker möglich ist. Der Transport findet primär mit Schiffen und sekundär auch mit Helikoptern

statt. Verschiedene Zugangssysteme sind in Erprobung, die jeweils unterschiedliche Wetterextreme als

Maximum ausweisen. Aus der Kombination von Zugangssystem und dem verwendeten Transportschiff

ergibt sich beispielsweise die maximale Wellenhöhe, die für einen sicheren Überstieg nicht überschritten

werden darf. Die Verantwortung, ob ein Überstieg sicher möglich ist, trägt dabei im Allgemeinen der

Kapitän des Schiffes. Nicht nur das Besteigen der Anlage spielt eine Rolle, auch die sichere Rückkehr der

Techniker auf das Schiff muss gewährleistet sein. Ggf. müssen Arbeiten abgebrochen werden, wenn eine

Verschlechterung der Wetterbedingungen droht. Von der Sichtweite hängt das sichere Navigieren durch

den Windpark ab. Die Strömungsrichtung kann entscheidend sein, ob das Schiff genug Anpressdruck für

einen sicheren Zugang erzielen kann. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt besteht die Gefahr des

Eiswurfs von den Rotorblättern, der gesamte Windpark darf in diesem Fall für einen längeren Zeitraum

nicht mehr befahren werden. Sichtweite, Temperatur und Windgeschwindigkeit sind auch entscheidende

Paramater für den Einsatz von Helikoptern.

Für sämtliche Zugangssysteme muss das Personal regelmäßig geschult werden und entsprechende

Sicherheitseinweisungen erhalten. All diese Wetterparameter zeigen eine ähnliche Korrelation zu den

Quartalen wie die, die in den Abbildung 34 und Abbildung 35 verdeutlicht werden. In den Monaten Januar

und Dezember fällt der Zugang im Allgemeinen erheblich schwerer als von April bis September. So ist

exemplarisch die Wahrscheinlichkeit, dass die Wellen höher als vier Meter werden, im Januar fast

hundertmal höher als im August.

Die folgende Tabelle 10 zeigt eine Übersicht über die für diesen Abschnitt relevanten Parameter. Für den

operativen Gebrauch werden aktuelle Wetterdaten bzw. kurzfristige Prognosen für diese Paramater

benötigt. Die beteiligten Stakeholder, wie zum Beispiel das Betriebsbüro oder der Transportunternehmer,

werden hierüber vom Wetterdienst auf dem Laufenden gehalten. Für eine strategische Analyse werden

historische Daten über mehrere Betriebsjahre benötigt. Aus historischen Daten lassen sich für langfristigere

Analysen synthetische Daten für eine Simulation generieren.

Die Wetterereignisse in den BPMN-Prozessen können mit einem Wettermodell verknüpft werden. Die

Daten des Wettermodells werden entweder aus historischen Messwerten übernommen oder mit Hilfe

eines stochastischen Wettergenerators basierend auf historischen Daten generiert (Abbildung 36). Der

Vorteil der letztgenannten Methode ist, dass beliebig viele, realistische Wetterjahre erzeugt werden

können. Somit kann auch der gesamte Lebenszyklus eines Offshore Windparks simuliert werden, auch

wenn nicht für 20 Jahre historische Wetterdaten zur Verfügung stehen.

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Tabelle 10: Übersicht über relevante Parameter saisonaler Wettereinflüsse

Eingabeparameter Einheit

Wellenhöhe m

Sichtweite m

Temperatur °C

Windgeschwindigkeit m/s

Ggf. weitere Wetterdaten ?

Maximal möglich Wetterbedingungen Zugangssystem

m, m/s etc.

Maximal mögliche Wetterbedingungen Transportmittel

m, m/s etc.

Ergebnisparameter Einheit

Zugang möglich ja/nein

Abbildung 36: GUI zur Definition von historischen oder synthetischen Wetterdaten

5.4 Bewertung der Methode: Simulation

In den vorangegangen Abschnitten wurde erläutert, welche Daten für eine Laufzeitbetrachtung des

Leistungssystems relevant sind. Für Simulationsexperimente muss grundsätzlich ein Ziel vorgegeben

werden. Es ist nicht möglich, eine aussagekräftige Simulation ohne konkrete Zielvorgabe durchzuführen, da

es abhängig vom Ziel ist, welche Daten und Modelle einbezogen werden müssen.

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Die Qualität der Daten ist das kritische Kriterium für die Aussagekraft von Simulationsstudien. Für alle

Beteiligten empfiehlt es sich, frühzeitig mit der Erhebung entsprechender Daten zu beginnen. Hierfür sollte

beispielsweise stets eine Nachbereitung der Einsätze stattfinden, bei denen die entsprechenden Daten in

einer auswertbaren Datenbank erfasst werden. Wenn diese Daten auch den jeweiligen Partnern und ggf.

sogar für Branchenbenchmarks zur Verfügung gestellt werden, könnten Prozesse noch besser aufeinander

abgestimmt werden. Wichtig ist es, die Erfahrungen der verschiedenen Beteiligten zusammenzutragen und

hierauf aufbauend Planungen und Optimierungen an den Prozessen aufzubauen.

Im SystOp-Projekt zeigte sich, dass es mit entscheidenden Problemen verbunden sein kann, alle

notwendigen Daten zusammenzutragen. Stellenweise darf mit Schätzwerten gearbeitet werden, sofern

ausreichend Erfahrung bei den Mitarbeitern vorliegt. Wie bei der Prozessmodellierung ist es auch bei der

Prozesssimulation wichtig, die „richtigen“ Ansprechpartner zu finden.

Obwohl Windparks sehr unterschiedliche Konfigurationen haben können, lassen sich einige vermutlich

allgemeingültige Aussagen aus den durchgeführten Simulationsexperimenten ableiten.

Die hohe Zahl an Interaktionen in den Prozessen führt dazu, dass viele Prozesse verzögert werden, falls nur

einer der Stakeholder nicht verfügbar ist. Das führt zu einer hohen Verantwortung für alle Beteiligten. Die

Zahl der notwendigen Interaktionen zu reduzieren, könnte sich daher als vorteilhaft erweisen.

Die Wetterbedingungen, die Wahl des Zugangssystems und der verwendeten Transportmittel haben

entscheidenden Einfluss auf die Wahl geeigneter Instandhaltungsstrategien. Wann welche planbaren

Arbeiten durchgeführt werden, hat Einfluss auf die Erfolgswahrscheinlichkeit der Arbeiten und den

erzielten Stromertrag. Durch Messstationen an den Anlagen müssen historische Werte der entscheidenden

Parameter gesammelt werden, um langfristig die Strategie eines Windparks optimal auf die

Wetterbedingungen ausrichten zu können. Die Wahl passender Zeitpunkte für O&M-Maßnahmen hat in

Simulationen mehrere Prozentpunkte des Jahresertrages ausgemacht.

Zielsetzung des Betreibers ist, die Verfügbarkeit insbesondere für die ertragreichen Monate Oktober bis

März sicherzustellen, die Anlagen im gleichen Zeitraum aber möglichst selten betreten zu müssen. Es ist

daher sinnvoll, besonders große Reparaturen und jährliche wiederkehrende Inspektions- und

Wartungsarbeiten, zu welchen die Anlagen abgeschaltet werden müssen, im Juli oder Juni zu bewältigen.

Der Zugang gelingt mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit und die Ertragseinbußen sind möglichst

gering. Halbjährlich notwendige Inspektions- und Wartungsarbeiten können sinnvoll im März und

September oder im April und Oktober ausgeführt werden, um Arbeiten in den Wintermonaten zu

vermeiden. Der Oktober birgt das Risiko, bei einer großen Anzahl von OWEAs (große oder mehrere

Windparks) bei vergleichsweise wenig Ressourcen und etwas Pech mit dem Wetter nicht rechtzeitig mit

sich wiederholenden Arbeiten fertig zu werden, bevor der Zugang sich schwieriger gestaltet und dabei dann

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aber höhere Ertragseinbußen drohen. Bei Strategien mit halbjährlichen Wartungsintervallen sollte die erste

halbjährliche Wartung bei geeigneten Wetterfenstern bereits im März durchgeführt werden, um mit der

zweiten halbjährlichen Wartung bereits im September beginnen zu können. Diese Vorbeugemaßnahme

erfordert aber Flexibilität bei der Ressourcenplanung.

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6 Beispiele für Optimierungspotenziale ausgesuchter Prozesse der

Instandhaltung

Aus der Untersuchung des Instandsetzungsprozesses konnten verschiedene Optimierungspotenziale in den

operativen Prozessen, der Entsorgung von Abfällen, der Anmeldung von Personen bei der Bundespolizei

und der Warenanmeldung beim Zoll identifiziert werden. Die Prozesse der Abfallentsorgung sowie der

Anmeldungen bei Bundespolizei und Zoll werden in den Anhängen 5 bis 7 beschrieben.

Keine Potenziale wurden im Rahmen der Finanzflüsse identifiziert. Die beiden ermittelten tatsächlichen

Finanzströme finden innerhalb des Teilprozesses Nachbereitung statt. Zu diesem Zeitpunkt ist der aktive

Einsatzprozess jedoch bereits abgeschlossen und die relevanten Maßnahmen wurden an den Anlagen

durchgeführt. Verzögerungen führen zu keiner späteren Inbetriebnahme ausgefallener Anlagen.

6.1 Optimierungspotenziale in operativen Prozessen

Für die operativen Prozesse konnten allgemeine Optimierungspotenziale erkannt werden. Grundsätzlich

sind als wesentliche Einflussgröße, die über den Erfolg oder Misserfolg eines Instandhaltungsprozesses

entscheiden, das Wetter und die sich insbesondere auf See schnell ändernden Bedingungen zu nennen. Des

Weiteren zeigte sich, dass die sorgfältige und den aktuellen externen (z.B. Wetter) und internen

Bedingungen (z.B. Personalverfügbarkeit) angepasste Einsatzplanung ein entscheidender Faktor ist.

Planungsfehler pflanzen sich über den weiterführenden Prozess fort und können in der Durchführung zu

erheblichen Fehlern führen.

Für eine effektive Koordination der Instandhaltungseinsätze spielt die Priorisierung von Maßnahmen eine

wichtige Rolle. Die Priorisierung unterliegt derzeit keinem standardisierten Vorgehen, sondern wird

weitestgehend subjektiv vom Antragssteller des work permits und der Betriebsgesellschaft festgelegt.

Eindeutige und akteursübergreifende Verfahren würden für mehr Transparenz und Klarheit sorgen.

Folgende individuell zu gewichtenden Kriterien konnten hierfür ermittelt werden:

1. Sicherung der Arbeitssicherheit

2. Sicherung der Umwelt

3. Interesse des Investors

4. Ablauf von Fristen

5. Sicherung der langfristigen Wirtschaftlichkeit

6. Sicherung der kurzfristigen Wirtschaftlichkeit

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Ein weiterer Aspekt zur Optimierung der Instandhaltungsprozesse ist die Zusammenlegung von

Maßnahmen, wie z.B. die verschiedener Instandsetzungsmaßnahmen an einer Anlage oder die parallele

Durchführung Wiederkehrender Prüfungen und Wartungen.

Die Kommunikation und die abgestimmten Interaktionen zwischen den verschiedenen Beteiligten tragen

ebenfalls zum optimierten Betrieb des OWP bei.

Für die Priorisierung von Maßnahmen, die Kombination von Maßnahmen und die abgestimmte

Kommunikation zwischen den Akteuren sind Softwaresysteme, die von den betroffenen Parteien

gemeinsam genutzt werden, und klare Aufgabendefinitionen erforderlich.

Eine ausführliche Dokumentation des Einsatzes, die auch Fehler, deren Ursachen und Folgen oder

abgewendete Ereignisse, die zu einer Verzögerung oder Abbruch führen könnten beinhalten, ist notwendig.

Auf dieser Basis ist es möglich Prozesse in ihrer Struktur zu bewerten und eine datenbasierte Risikoanalyse

durchzuführen.

6.2 Optimierungspotenziale bei der Entsorgung von Abfällen

Die Entsorgung von Abfällen von in der AWZ liegenden Offshore Windparks unterliegt den rechtlichen

Rahmenbedingungen der Entsorgung von Abfällen aus Drittländern, und den europäischen Regelungen zur

Verbringung von Abfällen. Grundsätzlich dürfen OWP-spezifische Abfälle nicht als Schiffsabfälle deklariert

und wie diese behandelt werden. Hieraus ergeben sich vielfältige Probleme für den Betrieb und die

ordnungsgemäße Entsorgung von OWP-spezifischen Abfällen. Sie lassen sich zusammenfassen zu:

Verstoß gegen relevante Gesetze (z.B. Basler Übereinkommen), da deren Anwendung auf OWP in

der AWZ nicht explizit geregelt wird

Unklarheiten bei der Definitionen von Abfall und Nicht-Abfall

Unwissenheit, ob der richtige rechtliche Weg bei der Entsorgung eingehalten wird

Komplikationen bei der Zollanmeldung

Hoher bürokratischer Aufwand für jeden nach Deutschland einzuführenden Abfall

Einhaltung des Veterinärrechts5 führt zu einer Absenkung des Verwertungsniveaus

Aus dem Entsorgungsprozess der OWP-spezifischen Abfälle lassen sich insbesondere Schwächen in der

Kommunikation zwischen Entsorgungsunternehmen und Abfallbesitzer bzw. Betriebsgesellschaft erkennen.

Ein Beispiel ist die rechtzeitige Bekanntgabe der Ankunftszeit an der Kaikante gegenüber dem

5 schadlose Entsorgung von Abfällen aus Drittländern, die mit tierischen Produkten kontaminiert sein könnten, d.h.

gemeinsame Entsorgung von Restmüll, Folie, Speisereste

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111

Entsorgungsunternehmen zur Abholung der Abfälle. Die Abfälle müssten entweder unbeaufsichtigt und vor

der Witterung ungeschützt, bis zur Abholung an der Kaikante verbleiben, was nur mit Erlaubnis der

Hafenbetreiber möglich ist, oder auf dem Schiff bis zur Abholung gelagert werden. Negativ für die spätere

Entsorgung ist beispielsweise das Eindringen von Feuchtigkeit in Abfälle während des Transports, wodurch

die Qualität der Abfälle für Entsorgungsverfahren sinkt.

Aus den beschriebenen Problemen und Schwächen lassen sich u.a. folgende Optimierungspotenziale

ableiten:

Sonderregelungen für OWP in der AWZ auf nationaler und europäischer Ebene

Vereinfachung der Zollanmeldung (z.B. weniger Zollverfahren)

OWP-Abfälle sind Abfälle von deutschen Produkten, die Anforderungen der grenzüberschreitenden

Verbringung sollten ausgesetzt bzw. für diesen Sonderfall angepasst werden

Eindeutige Vorgaben zur Abfall-Definition („Abfall“ – „Nicht-Abfall“)

Genaue Planung von Art, Menge und Fluktuation der Abfälle ist aufgrund des erschwerten

Transports notwendig

Abfalltrennung im kleineren Maßstab als Onshore

Vermeidung von Fehlwürfen bei der Abfalltrennung im OWP, insbes. Getrennthaltung von

Speiseabfällen, um die Anforderungen des Veterinärrechts zu entsprechen

Entwicklung neuer Standards für Abfallbehälter, welche den notwendigen Anforderungen für On-

/Offshore genügt und im Kostenrahmen bleiben (herkömmliche Behälter eher ungeeignet für den

Offshore-Bereich)

Schon bei der Konzepterstellung müssen Behörden von Abfalldienstleistern hinzugezogen werden

Gute Kommunikation der relevanten Beteiligten unabdingbar

Bei Bedarf Einrichtung einer 24h-Bereitschaft zur Abfallabholung

6.3 Optimierungspotenziale bei der Anmeldung von Personen bei der Bundespolizei

Die Abläufe zur Anmeldung von Grenzübertritten sind weitestgehend geregelt. Hier bestehen aufgrund des

laufenden Schiffsverkehrs und Flughafenbetriebs langjährige Erfahrungen. Seitens der Bundespolizei wird

gegenüber den Belangen der Wirtschaft im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten eine hohe Flexibilität

gewährleistet.

Eine zentrale Speicherung der personenbezogenen Daten durch das Betriebsbüro ist erforderlich, um

Verzögerungen bei der Anmeldung von Grenzübertritten durch fehlende Daten zu vermeiden. Die

rechtzeitige Anmeldung von Grenzübertritten bei der Bundespolizei ist einzuhalten, um einen

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112

reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Die Bundespolizei muss zeitlich in die Lage versetzt werden ihren

grenzpolizeilichen Aufgaben nachgehen zu können.

6.4 Optimierungspotenziale bei der Warenanmeldung beim Zoll

Mit den häufigen Grenzübertritten zur Instandhaltung von Offshore Windparks in der AWZ ist ein

erheblicher Aufwand der Anmeldung von Waren zur Aus- und Einfuhr verbunden. Dieser Aufwand kann

durch vereinfachte Verfahren und Änderungen der rechtlichen Position der OWP in der AWZ reduziert

werden. Folgende Optimierungspotenziale lassen sich u.a. ableiten:

mittel- bis langfristige europäische Einigung zur Einrichtung eines Sonderstatus der OWP in der

AWZ, um Zollverfahren zu vereinfachen, z.B. durch Einrichtung einer Freizone

Verkürzung der 24-Stunden-Kontrollfrist, damit auch kurzfristige Einsätze angemeldet werden

können

Vereinfachung der Warenanmeldung, da die Anmeldung insbesondere für laufend benutzte

Werkzeuge aufwendig ist

Spezielle Schulungen des für die Anmeldung zuständigen Personals durch Zollbeamte

Wirtschaftliche Prüfung, ob Wartungsintervalle verkürzt bzw. Komponenten früher ausgetauscht

werden sollten, damit die ausgetauschten Bauteile zollfrei reimportiert werden können

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113

7 Ausblick

Die Einnahme der Prozesssicht ist grundsätzlich ein wichtiger Bestandteil der Optimierung und wird im

Qualitätsmanagement propagiert. Mit ihr werden nicht die hierarchischen Strukturen eines Unternehmens

in den Vordergrund gestellt, sondern die Prozesse fokussiert, die den Erfolg der Unternehmung

sicherstellen. Die entwickelten Methoden zeigen, dass die Einnahme der Prozesssicht auch in der

Optimierung der Instandhaltungsprozesse von Offshore Windparks eine wesentliche Rolle spielt. Es werden

klare Strukturen geschaffen und die Transparenz der Prozesse wesentlich erhöht. Um hier nachhaltige

Einsparungen zu erzielen und Prozessrisiken zu mindern sollten die Ergebnisse weiter entwickelt und

langfristig in die Entwicklung eines Standards zur Strukturierung und Optimierung der Betriebsprozesse von

Offshore Windparks einfließen.

Mit den Prozessbeschreibungen wurde eine wesentliche Grundlage zum Aufbau von Prozessdatenbanken

gelegt. Diese wiederum sind für die Referenzierung notwendig, wenn Prozessfehler und ihre Folgen

während des Betriebs und der Instandhaltung festgehalten werden, um sie später einer statistischen

Analyse zu unterziehen. Erst dadurch wird eine weitestgehend automatisierte Risikoanalyse möglich.

Um insbesondere Schnittstellen zwischen Unternehmen zu optimieren bzw. einzusparen ist es

unumgänglich für wiederholende Prozessabläufe eine Software zu entwickeln und anzuwenden. Daten- und

Medienbrüche können reduziert und der Prozess insgesamt beschleunigt werden.

Des Weiteren liegt in der Umsetzung betreiberübergreifender Konzepte (gemeinsam genutzte

Infrastrukturen; wie z.B. Lager, Flotten, Sicherheitsmittel etc.) ein erhebliches Optimierungspotenzial für

alle beteiligten Akteure. Hier können die entwickelten Methoden einen wertvollen Beitrag zur Planung und

Umsetzung leisten.

Parallel zur Projektentwicklung eines Offshore Windparks erfolgt von Beginn an die Entwicklung des

Betriebskonzeptes in verschiedenen Phasen (Abbildung 37). Einerseits liefern die Lebensphasen von der

Planung bis zum Bau und Errichtung die notwendigen Voraussetzungen für die Gestaltung und Umsetzung

der Betriebsprozesse. Andererseits können Erfahrungen und Wissen der Betriebsphase selbst einen

wichtigen Beitrag zur Betriebskonzeptentwicklung neuer OWP-Projekte liefern. So wird die Entwicklung des

Betriebskonzeptes mit einem höheren Wissensniveau in den verschiedenen Phasen begonnen und

abgeschlossen. Die Betriebskonzeptentwicklung erfolgt effektiver. Fehler, die Verzögerungen und

Ressourcenmehraufwände im laufenden Betrieb bedingen, werden frühzeitig mit geringen Aufwendungen

behandelt. Der Betrieb kann früher in einen stabilen und effektiven Betrieb übergehen.

Page 115: GOWOG German Offshore Wind Operation Guide...von Modellierungs- und Simulationstools auf Basis der BPMN 2.0. Mit der Parametrierung der Prozessmodelle, also der Erhebung von Daten

114

Die Anwendung der entwickelten Methoden unterstützt den Transfer von Erfahrungen, Wissen und Fakten,

indem dieses einerseits strukturiert aufbereitet wird. Andererseits können Empfehlungen zur Durchführung

und Gestaltung der Prozesse in Anforderungen für die Konstruktion der OWP-Anlagen und das

Betriebskonzept f und in die frühen Lebensphasen des OWP zurückgegeben werden.

Abbildung 37: Verknüpfung der Betriebskonzeptentwicklung und dem laufenden Betrieb

Die Anwendung des GOWOG ermöglicht den Vergleich verschiedener Prozesskonzepte, woraus Aussagen

hinsichtlich der Leistung und des allgemeinen Prozessrisikos im Sinne einer Verzögerung und

Prozessmehrkosten abgeleitet werden können. Darauf aufbauend sind Optimierungen der Prozesse auf

Aktivitäten- und Parameterebene möglich. Es liefert jedoch keine direkte adaptive

Entscheidungsunterstützung für die strategische oder operative Betriebsführung unter sich ständig

ändernden Rahmenbedingungen. Hier setzt das Forschungsprojekt KrOW! – Kosten- und Risikogesteuerter

Betrieb von Offshore Windparks an. Es wird gemeinsam von der Hochschule Bremen, der Universität

Hamburg, der Ingenieurgesellschaft für Zuverlässigkeit und Prozessmodellierung IZP Dresden mbH, der BTC

Business Technology Consulting AG und der EWE Erneuerbare Energien AG durchgeführt. In dem Projekt

werden Werkzeuge zur Betriebsführung von Offshore Windparks entwickelt. Ziel ist es, Entscheidungen auf

strategischer und operativer Betriebsebene mit Prognosen zu Kosten und Risiken zu unterstützen. Eine

Einbindung von Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen ist vorgesehen. Zudem wird ein

Allgemeine Betriebsanforderungen

Betriebskonzept

Organisationsspezif. Detaillierung

Betriebskonzept anwenden + verbessern

Transfer von Erfahrungen, Wissen, Fakten

konstruktionsbezogene

Informationen (z.B. 2-seitiges

Boatlanding, logist. G

rößen),

Weiterentwicklung OWP-

Komponenten (OWEA/USW)

Schnittstellen-

management

mit AN

Risiken und Verbesserungspotenziale des

Betriebskonzepts bezügl. In

standhaltungsstrategien

(z.B. WKP u. In

spektionsintervalle), Kosten (z.B.

Rückstellungen), Logistik, W

irtschaftlic

hkeit,

Anforderungen an Ressourcen

Konstruktionsspezif. Detaillierung

Festlegen des Instandhaltungskonzepts aus

logistischer Sicht unter Berücksichtigung von Kosten

und klimatischen Begebenheiten

liefert Hinweise auf Prozesse

in der Betriebsphase

Voraussetzungen für

Betriebsprozesse

Erfahrungen und Kenntnisse für

Großkomponententausch und

Management der Großlogistik

Ergebnisse im GOWOG

Grundlagen für Prozess-erhebung

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115

Trainingswerkzeug entwickelt, welches das dynamische Verhalten ausgewählter Betriebsprozesse abbildet

und zur Aus- und Weiterbildung genutzt werden kann.

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DIN 31051: Grundlagen der Instandhaltung, Ausgabe 2012-09

DIN 32541: Betreiben von Maschinen und vergleichbaren technischen Arbeitsmitteln, Mai 1977

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Teil 1: Systemaspekte und Verfahren, Ausgabe 2008-07

VDI 2888: Zustandsorientierte Instandhaltung, Ausgabe 1999-12

Bildnachweise für Abbildung 9: Das Leistungssystem Offshore Windpark

Transportunternehmer www.hansebube.de

Marine Warranty Surveyor www.hna.de

Nachunternehmer www.betrieb-und-lager.de

Hersteller www.welt.de

Versicherung www.firma-adresse.com

Banken www.tarife.net

Betreiber www.inwerk-werkstatt.de

Übertragungsnetzbetreiber www.kabel-licht.de

Zoll www.main-netz.de

Bundespolizei www.celleheute.de

CMS-Analyse www.bkvibro.de

windprognose www.flugplatz-beilrode.de

Zertifizierer/Gutachter www.conrad.de

Logistik-dienstleister www.thelogisticsstore.com

Wetterdienst www.wordpress.de

Verkehrszentrale www.schiffbilder.de

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120

Notfallmanagement www.docvadis.de

Operation platform www.shjv.eu

Offshore servicevessel www.hochtief.de

Lotse www.feflektion.info

Seehafen www.wikipedia.de/hamburg-hafen-containerterminal

Transportschiff www.LM-illustration.dk

Personnel Transfer Vessel www.fleetmon.com

Jack-upbarge www.hochtief.de

Divesupportvessel www.marineinsight.com

Hilfsschiff www.fleetmon.com

Helikopter www.friking.de

Flugplatz www.bilder.bild.de

Betriebsgesellschaft www.bildarchiv.alpha-ventus.de

Service station www.gabelstapler-verkauf-hamburg.de

Personaldienstleister www.bildarchiv.alpha-ventus.de

Schulungsinstitution www.marketingfoxportal.ch

Hilfs-/Betriebsstoffe & Ersatzteile www.husumwindenergy.com

Abfallbeförderer www.turbosquid.com

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121

Anhang

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Anhang 1: Projektphasen eines Offshore Windparks

A1.1 Planung

Die Projektphase „Planung“ setzt sich gemäß Abbildung 38 aus verschiedenen aufeinander aufbauenden

und sich teilweise überlappenden Prozessen zusammen.

Abbildung 38: Aufbau Projektphase "Planung"

Bei der Vorplanung findet die Wahl eines geeigneten Standorts statt. Dabei wird analysiert wieviel Fläche

verfügbar, wie der voraussichtliche Energieertrag (Windstatistiken) und wie gut die Netzanbindung

ausgebaut ist bzw. werden muss. Weiterhin ist die Nähe geeigneter Seehäfen für die Bau- und die

Betriebsphase von Bedeutung. Am Ende der Vorplanung wird die Anzahl und Leistung der geplanten

Anlagen festgelegt. [WAB 2014]

Die Detailklärung für den Standort unterteilt sich in die Beschaffung der Baugrundurkunde und der

Umweltverträglichkeitsprüfung. Für die Baugrundurkunde müssen geophysikalische Untersuchungen sowie

geotechnische Erkundungen vor Ort durchgeführt werden. Sie wird durch das Bundesamt für Seeschifffahrt

und Hydrographie (BSH) erteilt. Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung werden Belastungsrisiken und

Schutzgüter untersucht sowie das Landschaftsbild dargestellt. [BSH 2014]

Bei der Zertifizierung des Standorts kommt es zu einer Standortbewertung bzw. Site Assessment. Dabei

werden die Umgebungsbedingungen untersucht sowie Wind-, Wetter-, Eis- und Bodendaten geprüft.

Weiterhin kommt es zur Prüfung des Konzeptes für die Baugrundurkunde und des Standorts- und

Aufstellmusters. [BSH 2014]

Bei der Entwurfsplanung wird ein Vorentwurf des gesamten OWP erstellt. Dabei wird jeweils

standortabhängig festgelegt welche Offshore-Windenergieanlagen, Umspannstationen, Trag- und

Gründungsstrukturen sowie Seekabel für die Innerparkverkabelung verwendet werden sollen (Stand der

Technik). Weiterhin wird das Betriebskonzept festgelegt. Hier werden u.a. Instandhaltungsstrategien,

Logistik- und Wartungskonzepte definiert. [BSH 2014]

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In der Ausschreibungsphase wird die Vergabe durch die Zusammenstellung und Auswertung der

Ausschreibungsunterlagen vorbereitet. [BSH 2014]

A1.2 Entwicklung und Konstruktion

Die Projektphase der Entwicklung und Konstruktion setzt sich aus verschiedenen aufeinander aufbauenden

und sich teilweise überlappenden Prozessen zusammen (Abbildung 39).

Abbildung 39: Aufbau der Projektphase "Entwicklung und Konstruktion"

In der Ausführungsplanung kommt es zur Detailberechnung. Es werden das Lastenheft sowie

Ausführungsunterlagen erstellt. Weiterhin erfolgen die Betriebs- und Instandhaltungsplanung sowie die

Konzeptionierung für die Errichtung, Logistik und den Rückbau. [in Anlehnung an HOAI 2013]

Bei der Zertifizierung erfolgt eine standortspezifische Konstruktionsbewertung bzw. ein Site Specific Design

Assessment. Dabei werden Lasten und Tragstrukturen geprüft sowie Einzelnachweise, wie z.B.

Anschlussbereiche angegeben. Außerdem erfolgt der grundlegende Anlagen- und Windparkentwurf (Design

Basic). [BSH 2014]

Für die Finanzierungsplanung werden Berechnungen des Investitionsvolumens und der Renditen getätigt.

Weiterhin werden Kreditvergaben, EEG-Vergütungen (z.B. Stauchungsmodell) sowie Versicherungen

geprüft und mit einbezogen.

A1.3 Produktion

Die Projektphase der Produktion ist in Abbildung 40 dargestellt.

Abbildung 40: Aufbau der Projektphase "Produktion"

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Die Produktion der Gewerke beginnt mit der Fertigung durch den Zulieferer, bei welcher die Komponenten

und/oder Module gefertigt werden und der Warenausgang geprüft wird. Daraufhin erfolgt der Transport

zum Hersteller. Dort kommt es dann zur Montage. Hier wird zuerst der Wareneingang geprüft. Dann

werden die Gewerke montiert. Bei der Montage läuft stets parallel die Qualitätssicherung. Nachdem die

Gewerke montiert wurden erfolgt der innerbetriebliche Transport und die Konservierung bzw. (Transport-

)Verpackung. Der nächste Schritt ist die (Zwischen-)Lagerung. Hier werden die Kommissionierung der

Gewerke kommissioniert und zuletzt zum Hafen transportiert. Dieser kann sowohl land- als auch seeseitig

durchgeführt werden. Dafür müssen Fahrzeuge gemietet oder gechartert und die Kran- und

Transporttechnik ausgewählt werden.

Bei der Typ-Zertifizierung der Windenergieanlage finden Designbeurteilung, Qualitätsmanagement,

integrierte Produktentwicklung sowie Prototyptests statt. Weiterhin wird eine Fertigungsüberwachung

durchgeführt, bei der folgende Aspekte kontrolliert werden:

Stahlbau;

Schweißtechnik;

Korrosionsschutz;

Wichtige Einzelkomponenten der OWEA;

Gondelmontage.

Weiterhin werden Materialzertifikate gesichtet, Fertigungsprozesse inspiziert, die fertigen Bauteile

endkontrolliert sowie die sonstigen Qualitätsaufzeichnungen geprüft. Abschließend erfolgt die

Warenausgangskontrolle. [Nath 2008]

A1.4 Bau und Errichtung

Die Projektphase „Bau und Errichtung“ setzt sich aus verschiedenen aufeinander aufbauenden und sich

teilweise überlappenden Prozessen zusammen (Abbildung 41).

Abbildung 41: Aufbau der Projektphase "Bau und Errichtung"

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Im Rahmen der Hafenlogistik kommt es während der (Zwischen-)Lagerung zur Kommissionierung der

Gewerke und daraufhin zur Vormontage bestehender Gewerke (z.B. Rotorstern).

Für den Offshore-Transport muss das Transportkonzept festgelegt sowie die Gewerke umgeschlagen

werden. Dafür müssen jeweils Fahrzeuge gemietet oder gechartert sowie die Kran- und Transporttechnik

gewählt werden.

Die Errichtungsphase unterteilt sich in Bauleitung und -Betrieb. Im Baubetrieb erfolgen die

Baustellensicherung sowie die Errichtung der OWEA.

Bei der Zertifizierung von Bau und Errichtung, Transport, Installation der Anlagen und Inbetriebnahme

werden folgende Arbeitsschritte im Detail überwacht:

Verladung und Verzurrung zum Seetransport;

Einhaltung der Wetterbedingungen zum Seetransport;

Überwachung der zertifizierten Produkte;

Montage der Tragstruktur inklusive Hebearbeiten;

Montage der Maschinen und Rotorblätter.

In der Inbetriebnahme erfolgen der Probebetrieb sowie der Antrag auf Betriebserlaubnis.

Für die Projektzertifizierung wird ein periodisches Monitoring durchgeführt, bei welchem die

Aufrechterhaltung der Zertifikatgültigkeit geprüft und Sichtprüfungen durch technische Fachkräfte

durchgeführt werden. [Nath 2008]

A1.5 Betrieb

Gemäß DIN 32541 umfasst die Betriebsphase die „Gesamtheit aller Tätigkeiten, die an Maschinen und

vergleichbaren technischen Arbeitsmitteln von der Übernahme bis zur Ausmusterung ausgeübt werden“

[DIN 32541]. Die Projektphase „Betrieb“ setzt sich aus verschiedenen aufeinander aufbauenden und sich

teilweise überlappenden Prozessen zusammen (Abbildung 42). In Kapitel 2.2 wird auf die Thematik Betrieb

und Instandhaltung detailliert eingegangen.

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Abbildung 42: Aufbau der Projektphase "Betrieb"

A1.6 Repowering, Rückbau und Entsorgung

Am Ende der Betriebsphase eines Offshore Windparks müssen Entscheidungen hinsichtlich der weiteren

Verwendung des Offshore Windparks getroffen werden. Je nach technischem Zustand der Anlagen und der

Wirtschaftlichkeit kann über einen Weiterbetrieb, eine Stilllegung mit oder ohne Weiterverkauf und mit

oder ohne anschließendem Repowering entschieden werden. In Abhängigkeit von dem technischen

Zustand, der bisherigen Lasten und der bisherigen Wirtschaftlichkeit kann eine Verlängerung der

Betriebsphase angestrebt werden. Bei einem Repowering werden die bestehenden Anlagen durch

leistungsfähigere Turbinen ersetzt. Die Aufstellung der neuen Anlagen kann am gleichen Standort oder an

einem anderen Standort gemäß der gültigen Gesetzeslage erfolgen. Sowohl beim Repowering als auch der

Stilllegung des OWP müssen die Anlagen ordnungsgemäß zurückgebaut, ggf. zur Weiter- oder

Wiederverwendung aufbereitet und entsorgt werden.

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Anhang 2: Beschreibung zur Ebenen- und Begriffsdefinition

Für die gesamte Ebenen- und Begriffsdefinition gilt, dass der Prozessbegriff aufgrund seiner begrifflichen

Unschärfe sowie zu Unterscheidungszwecken stets mit einem Zuwort genau charakterisiert wird.

Führungsprozesse

Über alle Ebenen hinweg verlaufen Führungsprozesse, welche das Zusammenspiel der Prozesse zwischen

und in den Gliederungsebenen steuern. Sie koordinieren die unten aufgeführten Ausführungs- und

Unterstützungsprozessen, so dass die definierte Prozess- bzw. Ergebnisqualität erreicht wird. Zu den

Führungsprozessen zählen z.B. Planungs- und Strategieprozesse, Personalführung, Controlling,

Qualitätsmanagement, Schulung, Budgetplanung usw.

Führungsprozesse geben die äußeren Rahmenbedingungen, z.B. durch eine festgelegte

Instandhaltungsstrategie vor, werden aber aufgrund ihrer übergeordneten Rolle nicht in die Modelle mit

eingebunden.

Unterstützungsprozesse

Unterstützungsprozesse laufen ebenfalls als ebenenübergreifende Prozesse ab, sie sorgen für die

Bereitstellung aller benötigten Ressourcen um einen reibungslosen Ablauf der Ausführungs- und

Führungsprozesse zu gewährleisten. Zu diesen zählen bspw. die Personalbereitstellung, das

Finanzmanagement, die Investitionsentwicklung, die F&E-Abläufe usw.

Ebene 1 – (Projekt-)Phasen

In dieser obersten Ebene erfolgt die Darstellung der OWP-Lebensphasen. Diese Phasen gleichen dem

klassischen Ablauf des produzierenden Gewerbes, von der Produktentwicklung über die Nutzung bis zur

Verwertung. Die Namensgebung (Projekt-)Phasen entstammt aus der Einmaligkeit eines jeden OWP mit

definiertem Projektstart, -ziel und -ende. Die in den einzelnen Spalten/Ebenen fett gedruckten Begriffe

folgen einem Beispielprozess.

Ebene 2 – Cluster- UND Ausführungsprozesse

Clusterprozesse:

Die zweite Ebene umfasst die Clusterprozesse, welche sich wiederum aus den zuvor beschriebenen

Unterstützungs- und Führungsprozessen sowie den nachfolgend aufgeführten Ausführungsprozesse

zusammensetzen.

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Ausführungsprozesse:

Entsprechend der Zielrichtung von SystOp Offshore Wind liegt der Fokus auf den nach DIN 13306 und

31051 definierten Begrifflichkeiten, darunter insbesondere auf der Instandhaltung. Es ist festzuhalten, dass

die Ausführungsprozesse aus den zum Betrieb vorgelagerten (Projekt-)Phasen viele Rückkopplungen und

Loops beinhalten. Dabei wird u. a. deutlich, dass die Reihenfolge der Ausführungsprozesse nicht mit einem

zeitlich-logischen Verlauf gleichzusetzen ist.

Die einzelnen Ausführungsprozesse sind innerhalb der zugehörigen Phase miteinander verbunden und

voneinander abhängig. Es müssen nicht zwingend alle Ausführungsprozesse innerhalb dieser Phase

vorkommen.

Ebene 3 – Hauptprozesse

Hauptprozesse weisen ein annährend gleiches Prozessprofil auf. Sie verstehen sich in SystOp Offshore Wind

als wiederkehrende bzw. standardisierte Prozesse, ihre Durchführung erfolgt in regelmäßigen Abständen

wobei eine zeitliche Unterbrechung dieser erlaubt ist. Eine zeitlich-logische Abfolge ist nicht gegeben.

Ebene 4 – Teilprozesse

Teilprozesse sind untereinander eng miteinander verknüpft, sie stehen in unmittelbaren Folgebeziehungen

zueinander wodurch sie in enger zeitlich-logischer Abfolge ablaufen.

Ebene 5 – Elementarprozesse (mit Aktivitäten)

Im Rahmen der Prozessmodellierung in BPMN 2.0 (mithilfe des Programmes „IYOPRO“) entspricht die

grafische Darstellung in Ebene fünf dem Ansatz einer Modelldatei mit mehreren organisatorischen

Einheiten (im Fachjargon „Pools“ genannt), die die unterschiedlichen Prozesse voneinander trennt.

Neben der Darstellung der zusammenfassenden Beschreibungen der Abläufe innerhalb der Pools sowie der

einzelnen Aktivitäten oder Unterprozesse in einer zeitlich-kausalen Abfolge erfolgt eine Unterteilung in

primäre und sekundäre Prozessschritte. Durch Unterteilung dieser Ebene fünf in primäre sowie sekundäre

Prozessschritte können die Prozessverantwortlichen klar hervorgehoben werden.

Der primäre Prozessschritt beschreibt den führenden Prozessschritt, welcher zum Erreichen des

Teilprozessziels unabdingbar ist und somit von strategisch hoher Bedeutung ist. Der für diesen Schritt

zuständige Akteur ist innerhalb dieses Teilprozesses der Prozessverantwortliche. Entsprechend der

Ausrichtung von SystOp Offshore Wind obliegt die Prozessverantwortlichkeit oftmals bei der

Betriebsgesellschaft. Aus Sicht der BPMN 2.0 beginnt der primäre Prozessschritt mit einem untypisierten

Start-Ereignis.

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Die sekundären Prozessschritte sichern die Funktionalität des primären Prozessschrittes, sie unterstützen

diesen primären Schritt. Ihr Startereignis ist i.d.R. an den Verlauf des primären Prozessschrittes gebunden

und wird in den Modellen meist durch ein Nachrichten-Start-Ereignis angestoßen.

Die Anzahl der sekundären Prozessschritte die mit dem primären Prozessschritt in Verbindung stehen ist

nicht limitiert.

Die Aktivitäten sind über sogenannte Kanten miteinander verbunden. Diese unterteilen sich in

Interaktionskanten, welche zwischen den Prozessschritten und den Sequenzkanten, die innerhalb der

jeweiligen Prozessschritte fließen. Die Kanten können eine Vielzahl an Flussarten darstellen, folgende

Flussarten werden in SystOp Offshore Wind betrachtet: Personal-, Material- und Abfallströme sowie Finanz-

oder Informationsflüsse.

Ebene 6 - …

Sollte sich herausstellen, dass eine bestimmte Tätigkeit in der fünften Ebene nicht hinreichend durch eine

einzelne Aktivität beschrieben werden kann, können Unterprozesse gebildet werden. Die Aktivitäten dieser

Unterprozesse befinden sich jeweils eine Ebene tiefer. Da die Anzahl der Unterprozesse nicht vorgegeben

ist, stellt Ebene 6 lediglich eine rekursive Wiederholung der Ebene 5 zur Visualisierung von

Prozesshierarchien sowie eine höhere Detaillierungstiefe bei der Modellierung dar. Dementsprechend sind

auch mehr als sechs Ebenen möglich.

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Anhang 3: Überblick über die in den einzelnen Teilprozessen durchzuführenden Maßnahmen bezogen auf die

Instandhaltungsprozesse Inspektion, Wartung, Instandsetzung und Verbesserung

Teilprozess Inspektionsmaßnahmen

Ermittlung des Arbeits-bedarfs

• Ist-Zustandserfassung auf Basis der Daten- und Informationslage über die Anlage

• Bereitstellung aller notwendigen Informationen und Feststellung der erforderlichen Hilfsmittel, um die Durchführung der Instandhaltungsaufgaben zu ermöglichen

• Beschreibung der Arbeitsausführung, der erforderlichen Genehmigungen, der Ersatzteile, des Qualifikationsgrads des Instandhaltungspersonals, des Werkzeugs usw. beinhalten. [DIN EN 13306:2010]; [DIN 31051:2003-06]

Einsatzplanung • Kalkulation, Terminplanung, Abstimmung, Bereitstellung von Personal, Betriebsmitteln und Material, Erstellung von Arbeitsplänen

• ggf. Beschaffung der notwendigen Komponente, Ersatzteile und Betriebsmittel

• „Erstellen eines Plans zur Feststellung des Istzustandes, der auf die spezifischen Belange des jeweiligen Betriebes oder der Betrachtungseinheit abgestellt ist und hierfür verbindlich gilt. Dieser Plan soll u.a. Angaben über Ort, Termin, Methode, Gerät, Maßnahmen und zu beachtende Merkmalswerte enthalten.“ [DIN 31051:2003-06]

Vorbereitung • Abwicklung von Vorwegmaßnahmen wie Arbeitsplatzausrüstung, Schutz- und Sicherheitseinrichtungen usw.

• Überprüfung der Vorbereitung und der Vorwegmaßnahmen einschließlich der Freigabe zur Durchführung

Durchführung • Begehung: Ziel, durch Inaugenscheinnahme den von außen erkennbaren Zustand zu überprüfen

• Sichtkontrolle: zusätzliche Kontrolle des Zustands der Betriebsmittel durch Begutachtung (mit den menschlichen Sinnesorganen) und durch Aufzeichnen von einfachen Zustandsgrößen, offensichtliche Funktionsmängel werden dokumentiert

• Funktionskontrolle: Bestätigung, dass ein Instandhaltungsobjekt imstande ist, die geforderte Funktion zu erfüllen

• Zustandsermittlung: spezifische Beurteilung des Ist-Zustandes der betrachteten Betriebsmittel nach objektivierbaren Kriterien ab

• „Welche diagnostischen Indikatoren zur Zustandsermittlung herangezogen werden können, lässt sich aus den Betriebserfahrungen, d.h. aus der Analyse der Fehlerschwerpunkte und Fehlerursachen ableiten. Durch die Zustandsermittlung von Betriebsmitteln im Rahmen der planmäßigen Inspektion ist sichergestellt, dass auftretende Mängel an Komponenten erkannt und behoben werden können.“ [DIN V VDE V 0109-1:2008-07]

Nachbereitung • Vorlage des Ergebnisses der Ist-Zustandsfeststellung

• Auswertung der Ergebnisse zur Beurteilung des Istzustandes

• Fehleranalyse

• Planung im Sinne des Aufzeigens und Bewertens alternativer Lösungen unter Berücksichtigung betrieblicher und außerbetrieblicher Forderungen

• Entscheidung für eine Lösung/ Ableitung weiterer Instandhaltungsmaßnahmen (Instandsetzung, Verbesserung oder andere Maßnahmen)

• Rückmeldung [DIN 31051:2003-06]; [DIN V VDE V 0109]

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Teilprozess Wartungsmaßnahmen

Ermittlung des Arbeits-bedarfs

• Wartungshandbücher der Hersteller

• Bereitstellung aller notwendigen Informationen und Feststellung der erforderlichen Hilfsmittel, um die Durchführung der Instandhaltungsaufgaben zu ermöglichen

• Beschreibung der Arbeitsausführung, der erforderlichen Genehmigungen, der Ersatzteile, des Qualifikationsgrads des Instandhaltungspersonals, des Werkzeugs usw. beinhalten. [DIN EN 13306:2010]; [DIN 31051:2003-06]

Einsatzplanung • Kalkulation, Terminplanung, Abstimmung, Bereitstellung von Personal, Betriebsmitteln und Material, Erstellung von Arbeitsplänen

• ggf. Beschaffung der notwendigen Komponente, Ersatzteile und Betriebsmittel

• „Erstellen eines Plans, der auf die spezifischen Belange des jeweiligen Betriebes oder der Betrachtungseinheit abgestellt ist und hierfür verbindlich gilt. Dieser Plan soll u.a. Angaben über Ort, Termin, Methode, Gerät, Maßnahmen und zu beachtende Merkmalswerte enthalten.“ [DIN 31051:2003-06]

Vorbereitung • Abwicklung von Vorwegmaßnahmen wie Arbeitsplatzausrüstung, Schutz- und Sicherheitseinrichtungen usw.

• Überprüfung der Vorbereitung und der Vorwegmaßnahmen einschließlich der Freigabe zur Durchführung

Durchführung • „Nachstellen, Justieren, funktionserhaltendes Reinigen, Konservieren, Schmieren, Nachfüllen oder Ersetzen von Betriebsstoffen bzw. Verbrauchsmitteln, planmäßiges Austauschen von Verschleißteilen.“ [DIN V VDE V 0109]

• Austausch von Betriebsmitteln

• Behebung kleinerer Mängel etc.

• Funktionsprüfung

• Wartungen können auch in Form einer Fernwartung durchgeführt werden, dies erfolgt durch einen Fernzugriff durch technisches Personal ohne physischen Zugriff auf die Einheit, z.B. SCADA-System. [DIN V VDE V 0109]

Nachbereitung • Rückmeldung [DIN 31051:2003-06]

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Teilprozess Instandsetzungsmaßnahmen

Ermittlung des Arbeits-bedarfs

• Bereitstellung aller notwendigen Informationen und Feststellung der erforderlichen Hilfsmittel, um die Durchführung der Instandhaltungsaufgaben zu ermöglichen

• Beschreibung der Arbeitsausführung, der erforderlichen Genehmigungen, der Ersatzteile, des Qualifikationsgrads des Instandhaltungspersonals, des Werkzeugs usw. beinhalten. [DIN EN 13306:2010]; [DIN 31051:2003-06]

• Fehlererfassung innerhalb der Inspektion (Ist-Zustandsbewertung)

• Fehlerortung [DIN EN 13306:2010]

Einsatzplanung • Kalkulation, Terminplanung, Abstimmung, Bereitstellung von Personal, Betriebsmitteln und Material, Erstellung von Arbeitsplänen

• ggf. Beschaffung der notwendigen Komponente, Ersatzteile und Betriebsmittel

• „Erstellen eines Plans, der auf die spezifischen Belange des jeweiligen Betriebes oder der Betrachtungseinheit abgestellt ist und hierfür verbindlich gilt. Dieser Plan soll u.a. Angaben über Ort, Termin, Methode, Gerät, Maßnahmen und zu beachtende Merkmalswerte enthalten.“ [DIN 31051:2003-06]

Vorbereitung • Abwicklung von Vorwegmaßnahmen wie Arbeitsplatzausrüstung, Schutz- und Sicherheitseinrichtungen usw.

• Überprüfung der Vorbereitung und der Vorwegmaßnahmen einschließlich der Freigabe zur Durchführung

Durchführung • Austausch defekter Komponenten bzw. Bauteile

• Software-Wechsel

• Funktionsprüfung und Abnahme

• Fertigmeldung

Nachbereitung • Auswertung einschließlich Dokumentation, Kostenaufschreibung, Aufzeigen der Möglichkeit von Verbesserungen;

• Rückmeldung [DIN 31051:2003-06]

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Teilprozess Verbesserungsmaßnahmen

Ermittlung des Arbeits-bedarfs

• auf Basis von Erfahrungen/Maßnahmendokumentation oder direkter Einleitung aufgrund der Ergebnisse der Inspektion, Wartung und/oder Instandsetzung

• Bereitstellung aller notwendigen Informationen und Feststellung der erforderlichen Hilfsmittel, um die Durchführung der Instandhaltungsaufgaben zu ermöglichen

• Beschreibung der Arbeitsausführung, der erforderlichen Genehmigungen, der Ersatzteile, des Qualifikationsgrads des Instandhaltungspersonals, des Werkzeugs usw. beinhalten. [DIN EN 13306:2010]; [DIN 31051:2003-06]

• Fehlererfassung innerhalb der Inspektion (Ist-Zustandsbewertung)

• Fehlerortung

• [DIN EN 13306:2010]

Einsatzplanung • Kalkulation, Terminplanung, Abstimmung, Bereitstellung von Personal, Betriebsmitteln und Material, Erstellung von Arbeitsplänen

• ggf. Beschaffung der notwendigen Komponente, Ersatzteile und Betriebsmittel

• „Erstellen eines Plans, der auf die spezifischen Belange des jeweiligen Betriebes oder der Betrachtungseinheit abgestellt ist und hierfür verbindlich gilt. Dieser Plan soll u.a. Angaben über Ort, Termin, Methode, Gerät, Maßnahmen und zu beachtende Merkmalswerte enthalten.“ [DIN 31051:2003-06]

Vorbereitung • Abwicklung von Vorwegmaßnahmen wie Arbeitsplatzausrüstung, Schutz- und Sicherheitseinrichtungen usw.

• Überprüfung der Vorbereitung und der Vorwegmaßnahmen einschließlich der Freigabe zur Durchführung

Durchführung • Aufrüstung von Sicherheitssystemen

• Einsetzen verbesserter Schrauben

• Funktionsprüfung und Abnahme

• Fertigmeldung

Nachbereitung • Auswertung einschließlich Dokumentation, Kostenaufschreibung

• Rückmeldung [DIN 31051:2003-06]

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Anhang 4: Beispiel eines Fragebogens zur Aufnahme von Prozessen und

Parametern

Hauptprozess: _____________________

1. Allgemeine Fragen zu Prozessablauf

1.1 Wer ist beteiligt? (intern UND extern)

1.2 Wann beginnt der Prozess? Wodurch wird er ausgelöst?

1.3 Wann endet der Prozess? Womit wird er beendet?

1.4 Wann endet der Prozess? Womit wird er beendet?

1.5 Wann wird er abgebrochen? Warum wird er abgebrochen? Wie oft wird er abgebrochen?

1.6 Wodurch wird er abgebrochen? Mit welcher Häufigkeit tritt dies ein? Welche Folgen resultieren

daraus?

Abbruch wodurch? Häufigkeit Folgen

1.7 Mit welchen Problemen/ Risiken ist dieser Prozess verbunden? Welche könnten entstehen? Wie häufig

treten diese auf? Mit welchen Kosten sind diese verbunden? Welche führen zu Abbruch?

Problem/ Risiko Häufigkeit Kosten Führt zu einem Abbruch

2. Aktivitäten

2.1 Wo laufen die Aktivitäten ab? (Betriebsbüro, Seehafen etc. )

2.2 Wer ist daran beteiligt?

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Akteur Personenanzahl Qualifikation

2.3 Wie werden die Aktivitäten ausgeführt? (Mit welchen Mitteln (Software, Messgerät etc.)/

Fernsteuerung oder vor Ort?/ Heli oder Schiff favorisiert?)

2.4 Mit welcher Eintrittsbedingung startet die Aktivität?

2.5 Wie lange dauert die Aktivität? Mit welcher Häufigkeit läuft sie ab? (ständige Wiederholung innerhalb

des Prozesses/ einmalig etc.)

Aktivität Häufigkeit Dauer

Normalablauf

Dauer

Ausnahmesituation

2.6 Wodurch wird sie abgebrochen? Mit welcher Häufigkeit tritt dies ein? Welche Folgen resultieren

daraus?

Abbruch wodurch? Häufigkeit Folgen

2.7 Mit welchen Problemen/ Risiken ist diese Aktivität verbunden? Welche könnten entstehen? Wie häufig

treten diese auf? Mit welchen Kosten sind diese verbunden? Welche führen zu Abbruch?

Problem / Risiko Häufigkeit Kosten Führt zu einem Abbruch

2.8 Welche Aktivitäten könnten verbessert werden? Wie?

2.9 Wieso wurde es bisher nicht anders gemacht? (Hindernisse, Rahmenbedingungen)?

2.10 Welche Interaktionen werden durch diese Aktivität ausgelöst?

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3. Interaktionen zwischen den Akteuren

3.1 Wer ist daran beteiligt?

Akteur führt

aus

empfängt Personen

-anzahl

Qualifikation

3.2 Wie werden die Interaktionen ausgeführt? (Mit welchen Mitteln (Software, Messgerät etc.)/ Heli oder

Schiff favorisiert?)

3.3 Mit welcher Eintrittsbedingung startet die Interaktion?

3.4 Wie lange dauert die Interaktion? Mit welcher Häufigkeit läuft sie ab? (ständige Wiederholung

innerhalb des Prozesses/ einmalig etc.)

Interaktion Häufigkeit Dauer

Normalablauf

Dauer

Ausnahmesituation

3.5 Wodurch wird sie abgebrochen? Mit welcher Häufigkeit tritt dies ein? Welche Folgen resultieren

daraus?

3.6 Mit welchen Problemen/ Risiken ist diese Interaktion verbunden? Welche könnten entstehen? Wie

häufig treten diese auf? Mit welchen Kosten sind diese verbunden? Welche führen zu Abbruch?

Problem / Risiko Häufigkeit Kosten Führt zu einem Abbruch

3.7 Welche Interaktionen können verbessert werden? Wie?

3.8 Wieso wurde es bisher nicht anders gemacht? (Hindernisse, Rahmenbedingungen)?

4. Interaktion: Daten und Kommunikation

4.1 Wer muss wo welche Abfrage stellen? (automatisch oder manuell?/ Gemeinsame Datenpools?)

4.2 Welche Daten werden übermittelt? (Format?)

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4.3 Wie sieht die Übermittlung der Daten aus? Wie sind sie aufbereitet? (Kompatibilität?)

4.4 Ist häufig bei automatisch übermittelten Daten manuell nachzuhaken bzw. noch fehlende Infos

einzuholen? Zusätzlicher Zeitaufwand.

Welche Daten oft z.B. unvollständig, unbrauchbar ? Zusätzlicher Zeitaufwand

5. Interaktion: Personal

5.1 Welche Personalflüsse laufen in Verbindung mit dieser Aktivität ab?

5.2 Welches Personal? (Art, Größe, Gewicht etc.)

Wer? Akteurszugehörigkeit Anzahl Qualifikation

6. Interaktion: Material

6.1 Welche Materialflüsse laufen in Verbindung mit dieser Aktivität ab?

6.2 Welches Material? (Art, Größe, Gewicht etc.)

Art Verpackung Abmessungen/ Größe Gewicht

7. Interaktion: Abfall

7.1 Mit welchem Abfall ist zu rechnen? (Art, Größe, Gewicht etc.)

Art Abmessungen/ Größe Verpackung Gewicht

7.2 Wer klärt Termin der Abholung? (Gibt Entsorger Termine vor?)

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8. Interaktion: Finanzen

8.1 Welche Finanzflüsse laufen zwischen beteiligten Akteuren ab?

8.2 Welcher Geldfluss ist mit den meisten Risiken verbunden?

8.3 Wann führt eine Unterbrechung des Finanzflusses zu einem Abbruch des Prozesses?

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Anhang 5: Anmeldung des Warentransports beim Zoll

1. Beschreibung

Der Zoll ist für die Überwachung des gesamten grenzüberschreitenden Warenverkehrs unabhängig von

Werten, Herkunft und Ziel zuständig. Er prüft die Zulässigkeit der Ein- und Ausfuhr von Waren. Die deutsche

AWZ unterliegt nicht dem deutschen Hoheitsrecht. Der Warenverkehr zwischen der EU und der deutschen

AWZ muss damit zollrechtlich behandelt werden. Das anzuwendende Zollverfahren richtet sich nach den

ein- bzw. auszuführenden Waren. Der Wirtschaftsbeteiligte sucht das für sich kosten- und organisatorisch

günstigste Verfahren aus. Der Zoll darf kein Verfahren vorschreiben [Ovie 2007b]. Die aus EU-Staaten in die

AWZ auszuführenden Waren werden als Gemeinschaftswaren bezeichnet. Waren, die aus der AWZ in EU-

Staaten eingeführt werden, werden als Nicht-Gemeinschaftsware behandelt und müssen zollrechtlich

betrachtet werden, d.h. bei der Einfuhr verzollt werden. Abbildung 43 stellt die für den Betrieb eines

Offshore-Windparks grundsätzlich anwendbaren Zollverfahren dar.

Abbildung 43: Darstellung der beim OWP-Betrieb grundsätzlich anwendbaren Zoll-Verfahren

2. Ausfuhr von Waren in die AWZ

Für Waren die von einem deutschen Hafen oder Flughafen in die deutsche AWZ ausgeführt werden ist die

Ausfuhranmeldung gesetzlich vorgeschrieben. Es wird jedoch empfohlen auch Waren mit einem Wert von

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unter 1000€ unter Angabe der Material- und Seriennummern zur eindeutigen Wiedererkennung vor dem

Export beim Zoll anzumelden und somit die Nämlichkeit6 und einen problemlosen Reimport zu sichern.

Waren, die ausgeführt werden und innerhalb von 3 Jahren wieder zurück in die EU eingeführt werden,

können bei Einfuhr als Rückwaren abgefertigt werden und müssen gleichzeitig in das Zollverfahren

Abfertigung zum freien Verkehr überführt werden. Sie müssen mit Lieferscheinen, Rechnungen,

Ausfuhranmeldung und Beschreibung eindeutig identifizierbar sein. Statt der Ausfuhranmeldung können

auch vom Zoll abgestempelte Warenrechnungen als Beweis der Ausfuhr verwendet werden. Ferner dürfen

diese Waren im Ausland verwendet und bearbeitet werden, eine Verbesserung darf jedoch nicht

stattfinden bzw. nur dann, wenn diese unvermeidlich ist. Dies trifft beim OWP beispielsweise auf

Werkzeuge, Ersatzteile oder Baugruppen zu.

Die Warenanmeldung erfolgt im Normalverfahren in 2 Stufen. 24 Stunden vor der Warenausfuhr muss bei

der am Geschäftssitz des Ausführers gelegene Ausfuhrzollstelle die Zulässigkeit der Ausfuhr geprüft werden

[Ovie 2007c]. Die Prüfung erfolgt hinsichtlich außenwirtschaftsrechtlicher Sanktionen gegen Unternehmen,

Waren und Personen. Ist die Ausfuhranmeldung elektronisch erfolgt, wird diese zunächst systemseitig

formal geprüft und ggf. direkt abgelehnt. Formal korrekte Ausfuhranmeldungen werden anschließend

durch die Ausfuhrzollstelle geprüft. Beanstandungen werden direkt an den Ausführer zurückgemeldet. Die

Ausfuhrzollstelle entscheidet über die Kontrolle der Waren. Die Ausfuhranmeldung bei der Ausfuhrzollstelle

ist bis zu 150 Tage gültig. Innerhalb dieses Zeitraumes kann die Ware ausgeführt werden. Die Angabe der

Ausganszollstelle ist erforderlich, aber nicht verpflichtend. Der jeweilige Bearbeitungsstatus der

Warenanmeldung ist online einsehbar, wenn die Anmeldung online erfolgte. Die Anmeldung bei der

Ausfuhrzollstelle endet mit dem Erhalt der Movement Reference Number (MRN). Gemäß den

zollrechtlichen Vorschriften muss die Ware bei einer Kontrollanordnung der Ausfuhrzollstelle am Sitz des

Ausführers (kostenlos) oder am Ort des Verpackens und Verladens (in Rechnungstellung von Kosten)

vorgeführt werden, um die Übereinstimmung der Anmeldung mit den Waren zu prüfen. Anschließend

erfolgt das Verbringen der Ware über eine an der Grenze gelegene Ausgangszollstelle, d.h. am Seehafen

oder am zugelassenen Grenz-Flugplatz [Ovie 2007c]. Am Grenzhafen bzw. Grenzflugplatz erfolgt die

Gestellung der Ware am Amtsplatz, d.h. die Ausgangszollstelle wird über die Ankunft der Ware informiert.

Erfolgt die Gestellung der Ware am Versandort, muss die Anmeldung 2 Stunden vor Dienstschluss des

Vortages eingereicht werden. Die Ausgangszollstelle prüft die Ausfuhranmeldung und meldet eine geplante

Kontrolle dem Ausführer. Grundsätzlich behält sich der Zoll das Recht auf Kontrolle vor. Nach Ablauf einer

von der Ausgangszollstelle vorgegebenen Frist, z.B. in Bremerhaven 2 Stunden, wird die Ware dem

Ausführer automatisch überlassen. Geringfügige Beanstandungen, die bei der Überprüfung gemacht

werden, führen zu einem Vermerk in der Ausfuhrzulassung. Schwerwiegende Beanstandungen führen zu

6 Nämlichkeitssicherung: Sicherung gegen Austausch oder der Veränderung von unter zollamtlicher Überwachung

beförderten Waren [www.wikipedia.de]

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einem Versagen der Ausfuhr. Die Ausgangszollstelle meldet der Ausfuhrzollstelle die Ordnungsmäßigkeit

der Ausfuhranmeldung. Die Ausfuhrzollstelle übermittelt dem Ausführer die Ordnungsmäßigkeit mit dem

Ausgangsvermerk, womit die Ausfuhr zollrechtlich abgeschlossen ist. Die Ware ist von der

Ausfuhranmeldung bis zur abgeschlossenen Ausfuhr unter zollrechtlicher Überwachung.

Je nach Sitz des Ausführers können Ausfuhr- und Ausgangszollstelle gleich sein. Wird die Zollanmeldung

über einen „zugelassenen Ausführer“ durchgeführt, wird das Verfahren beschleunigt. Bei elektronischer

Ausfuhranmeldung erfolgt die Vergabe der MRN automatisch, eine Einzelprüfung durch Beamte wird nur in

Stichproben vorgenommen. Die Prüfung und Gestellung der Ware wird wie im Normalverfahren an der

Ausgangszollstelle vorgenommen. Der zugelassene Ausführer muss dabei der Ausführer selbst sein. Eine

Übertragung an einen Dienstleister, der den Status „zugelassener Ausführer“ hat, ist nicht erlaubt.

3. Einfuhr von Waren aus der AWZ

Waren, die aus der deutschen AWZ in die EU eingeführt werden sollen sind als Nicht-Gemeinschaftsware zu

betrachten und müssen beim Zoll grundsätzlich zollrechtlich angemeldet werden. Bis 14 Tage vor der

tatsächlichen Einfuhr kann eine Anmeldung erfolgen, für die dann eine ATA-Arbeitsnummer zur vorherigen

Prüfung vergeben wird (Vorgestellung). Aber erst mit Gestellung der Ware kann diese auch angemeldet

werden und erhält die sogenannte ATC-Nummer. Die Gestellung der Ware kann an der Einfuhrzollstelle

oder im Versandverfahren bei der Ausfuhrzollstelle am Ort erfolgen. Versandverfahren bedeutet, dass

Waren zeitnah zwischen verschiedenen Orten befördert werden dürfen [Ovie 2007b]. Damit werden erst

Einfuhrabgaben erhoben oder handelspolitische Maßnahmen ergriffen, wenn die Ware an ihrem

Bestimmungsort ihre endgültige zollrechtliche Bestimmung erhält [Ovie 2007b]. Werden die Waren in

einem Nicht-Freihafen entladen, so gilt die Kaikante als Amtsplatz.

Handelt es sich um Nicht-Gemeinschaftswaren zur Wiederausfuhr, die in einer Freizone gelagert werden, so

ist eine Gestellungsanzeige ausreichend. Diese Waren müssen innerhalb von 14 Tagen wieder ausgeführt

werden. Geht die Lagerungszeit darüber hinaus ist eine summarische Anmeldung erforderlich, wonach die

Waren unbegrenzt gelagert werden können.

Weiterhin gibt es das Zolllagerverfahren. Zolllager können zur Lagerung von Waren unter festgelegten

Voraussetzungen vom Wirtschaftsbeteiligten eingerichtet werden. Sie werden der Zollbehörde zugelassen

und von ihr überwacht. [Ovie 2007b] Für die Einrichtung eines Zolllagers ist die wirtschaftliche

Notwendigkeit nachzuweisen.

Sollen die einzuführenden Waren in der EU in den freien Handel eingehen, so sind sie in den zollrechtlich

freien Verkehr zu überführen. Erst im Anschluss können sie als Gemeinschaftsware am Güterumsatz und an

der Preisbildung beteiligt werden [Ovie 2007b].

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Handelt es sich bei den aus der AWZ einzuführenden Waren um defekte Bauteile oder Verschleißteile so

haben diese ebenfalls den Status der Nicht-Gemeinschaftsware. Sie können gemäß dem Verfahren der

„aktiven Veredelung“ behandelt werden, wenn eine Reparatur und Wiederausfuhr geplant ist. Die Waren

werden vorübergehend zur Reparatur in den Status der Gemeinschaftsware überführt und müssen nach

max. 2 Jahren wieder ausgeführt werden, da sie sonst den Status der Gemeinschaftsware verlieren und

verzollt werden müssen.

Abfall, der vernichtet werden soll ist zollfrei. Hierzu gehören nicht nur verbrauchte Betriebsstoffe, sondern

beispielsweise auch defekte Bauteile.

Die Ware darf erst dem Wirtschaftsbeteiligten überlassen werden, wenn die Zölle bezahlt wurden. Um

Verzögerungen zu vermeiden, können Aufschubkonten eingerichtet werden, über die die Zölle abgerechnet

werden.

Die Anmeldungspflicht gilt auch für Materialien, die nur zu Reparaturzwecken in den OWP gebracht wurden

oder für ganze Anlagen oder Anlagenteile. Erfolgt keine Anmeldung der Waren nimmt der Zoll die Ware bis

zu 45 Tage vorübergehend in Verwahrung. Werden in dieser Zeit die erforderlichen Unterlagen zur Einfuhr

nicht beschafft, geht die Ware in den Besitz der BRD über und wird von ihr veräußert. Die Zölle orientieren

sich am Wert der Ware selber. Pro Jahr und Windpark sind mehrere tausend Zollfälle zu erwarten. Der

Zollsatz ist u.a. auf der Homepage der Europäischen Kommission unter folgendem Link einzusehen:

http://ec.europa.eu/taxation_customs/dds2/taric/taric_consultation.jsp?Lang=de

Der Zollsatz für windbetriebene Stromerzeugungsaggregate liegt bei 2,7 % (ohne Gewähr, auf Basis

zugänglicher Unterlagen ermittelt). Verbindliche Tarifauskünfte erteilt das Hauptzollamt Hannover.

4. Anmeldeverfahren

Um Waren für die Einfuhr anzumelden kann u.a. das IT‐Anmeldeverfahren Internet‐Zollanmeldung‐Einfuhr

(IZA) und für die Ausfuhranmeldung Internet-Ausfuhranmeldung-Plus (IAA‐Plus) verwendet werden. Die

Informationen, die bei den jeweiligen Anmeldeverfahren angegeben werden müssen, sind Tabelle 1 zu

entnehmen. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den Angaben der IAA‐Plus um ein normales

Ausfuhrverfahren handelt. [Zoll 2012]. Die Anmeldungen werden über das Automatisierte Tarif- und Lokale

Zollabwicklungssystem (ATLAS) abgewickelt. Darauf aufbauende Softwaretools für die elektronische

Erfassung sowie automatisierte Abfertigung und Überwachung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs

gemäß Art. 4a der Zollkodex-Durchführungsverordnung sind z.B. ZODIAK oder DAKESY. ATLAS wird vom

Bundesministerium der Finanzen (BMF) gestellt. [BMF 2011]

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Der Zeitaufwand für die Anmeldung schwankt zwischen 5 Minuten und einem ganzen Tag. Dies ist abhängig

von dem Material und der Anzahl der Waren sowie von der Dauer um alle relevanten Informationen

zusammen zu stellen.

Tabelle 11: Angaben bei der Internet‐Zollanmeldung (IZA) und einer Ausfuhranmeldung mit Internet‐

Ausfuhranmeldung‐Plus (IAA‐Plus)

Internet-Zollanmeldung (IZA)

[BMF 2011]

Internet-Ausfuhr-Anmeldung-Plus (IZA-Plus)

[Zoll 2012]

Allgemeine Angaben

• Anmeldung zwischen wem der Warenverkehr erfolgt

• Anmeldeart

• Bearbeitende Dienststelle

• Bezugsnummer

• Art des Geschäfts

• Statistikstatus

• Zahlungsart

• Ort

• Datum der Anmeldung

• Name des Anmelders/Vertreters

• Stellung der Firma

• Telefonnummer

Adressdaten

• Versender/Ausführer, Empfänger, Anmelder

• EORI-Nummer

• Name, Vorname bzw. Firma

• Straße u. Hausnummer

• Ortsteil

• Postleitzahl, Ort

• Nationalitätskennzeichen

• Versender/Ausführer

• Identifikation ob Versender/Ausführer Empfänger,

Anmelder, Vertreter oder Erwerber ist

• Empfänger

• Vorsteuerabzugsberechtigt

• Niederlassungsnummer

• Anmelder

• Niederlassungsnummer

Anmeldung:

• EORI Nummer

• Niederlassungsnummer

• Typ des Zertifikats

• Softwarezertifikat

Kopfseite1:

• Art der Ausfuhr,

• Art der Anmeldung

Kopfseite 2:

• Bestimmungsland

• Ausfuhrland

• Ausfuhrszollstelle

• Ausgangszollstelle

• Abgabe der eAM bei besondere Umstände

• Beförderungskosten (Zahlungsweise)

• Gesamt-Rohmasse (kg)

• Bezugsnummer

• Kennung der Sendung

• Registriernummer (Fremdsystem)

• Zugelassener Ausführer

• Ladeort (Adresse)

• Auswahl: Anmelder ist Ausführer oder

Subunternehmen beauftragt

• Ansprechpartner (Name, Stellung, Telefon, Fax,

Email)

• Adresskonstellation

• Empfänger und Endverwender (TIN, Name, Straße,

PLZ, Ort, Land)

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Internet-Zollanmeldung (IZA)

[BMF 2011]

Internet-Ausfuhr-Anmeldung-Plus (IZA-Plus)

[Zoll 2012]

• Art der Vertretung

• Erwerber anderer Mitgliedstaaten

Lieferdaten

• Versendungs-/Ausfuhrland

• Bestimmungslandcode

• Bestimmungsbundesland

Lieferdaten

• Sitz des Einführers

• Kennzeichen des Beförderungsmittels bei der

Ankunft

• Container

• Lieferbedingungen

• Schlüssel

Lieferbedingungen

• Lieferort

• Art des grenzüberschreitenden aktiven

Beförderungsmittels

• Staatszugehörigkeit

• Verkehrszweig an der Grenze

• Inländischer Verkehrszweig

• Eingangszollstelle

• Warenort

• Summarische Anmeldung/Vorpapier

• Summarische Anmeldedaten

• Grenzüberschreitendes aktives Beförderungsmittel,

Staatszugehörigkeit, Kennzeichen

• Verkehrsmittel (Inland, Grenze)

• Beförderungsroute

• Lieferbedingungen (Incoterm-Code)

• Geschäftsvorgang/Rechnung (Art des Geschäfts,

Rechnungsbetrag, Währung)

Positionsseite:

• Ware (Warenbezeichnung, Warennummer,

Rohmasse (kg), Eigenmasse (kg))

• Sendung (Gefahrgutnummer, Kennung der Sendung,

Beförderungskosten (Zahlungsweise))

• Statistik (Statistischer Wert (€), Menge in bes.

Maßeinheit, Ursprungsbundesland)

• Verfahren (angemeldetes Verfahren,

vorangegangenes Verfahren, evtl. weiteres

Verfahren, Registrierungsnummer Fremdsystem)

• Packstücke, Art, Anzahl, Zeichen/Nummer

• Container, Nummer

• Vorpapiere (Nr., Art, Referenz, Zusatz)

• Unterlagen (Nr., Typ)

Die praktische Umsetzung der zollrechtlichen Bestimmungen erfolgt in Abstimmung mit den zuständigen

Zollämtern. Die beschriebenen Regelungen werden derzeit in der Branche und mit den zuständigen

Institutionen diskutiert. Ein Arbeitskreis der Bundesfinanzdirektion Nord wurde eingerichtet. Ergebnisse

sind dem Projekt nicht bekannt.

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5. Begriffsdefinitionen zur Anmeldung des Warentransports

Zugelassener Ausführer:

„Ein Zugelassener Ausführer ist ein Ausführer, dem das zuständige Hauptzollamt bewilligt hat, Waren

vereinfacht, d.h. ohne Gestellung bei der Ausfuhrzollstelle und ggf. unter Abgabe einer Ausfuhranmeldung,

die zunächst nicht alle Angaben enthält, in das Ausfuhrverfahren zu überführen. Fehlende Angaben sind

später mit einer ergänzenden Ausfuhranmeldung nachzureichen.“

[Quelle: http://www.zoll.de/DE/Unternehmen/Warenverkehr/Ausfuhr-in-einen-Nicht-EU-

Staat/Verfahren/Verfahrenserleichterungen/Zugelassener-Ausfuehrer/zugelassener-ausfuehrer.html]

Zugelassener Wirtschaftbeteiligter:

„Seit dem 1. Januar 2008 können Unternehmen, die in der Europäischen Union ansässig und am

Zollgeschehen beteiligt sind, den Status des Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO) beantragen. Der

Status berechtigt zu Vergünstigungen sicherheitsrelevanter Zollkontrollen und/oder Vereinfachungen

gemäß den Zollvorschriften.

Ziel ist die Absicherung der durchgängigen internationalen Lieferkette ("supply chain") vom Hersteller einer

Ware bis zum Endverbraucher. Der Status des Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten ist in allen

Mitgliedstaaten gültig und zeitlich nicht befristet.

Der Status kann in drei Varianten erteilt werden:

AEO-Zertifikat "Zollrechtliche Vereinfachungen" (AEO C)

AEO-Zertifikat "Sicherheit" (AEO S)

AEO-Zertifikat "Zollrechtliche Vereinfachungen/Sicherheit" (AEO F)

Die Varianten unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Bewilligungsvoraussetzungen und den damit

verbundenen Vorteilen.

Die gesetzlichen Bestimmungen zum Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten ergeben sich im Wesentlichen

aus:

Artikel 5a Zollkodex (ZK)

Artikel 14a – 14x Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO)“

[Quelle: http://www.zoll.de/DE/Unternehmen/Warenverkehr/Einfuhr-aus-einem-Nicht-EU-

Staat/Verfahren/Verfahrenserleichterungen/AEO/aeo.html]

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Bewilligungsvoraussetzungen sind unter der folgenden Adresse einsehbar:

http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Zoelle/Zugelassener-Wirtschaftsbeteiligter-

AEO/Bewilligungsvoraussetzungen/bewilligungsvoraussetzungen_node.html

Die resultierenden Vorteile für einen zugelassenen Wirtschaftsprüfer sind unter der folgenden Adresse

einsehbar: http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Zoelle/Zugelassener-Wirtschaftsbeteiligter-

AEO/Vorteile/vorteile_node.html

6. Literatur zur Anmeldung des Warentransports beim Zoll

Interviews mit Industriepartnern, Logistikunternehmen und Windenergieanlagenherstellern

[BMF 2011] Internetzollanmeldung – ATLAS. Bonn: Bundesministerium der Finanzen.

https://www.einfuhr.internetzollanmeldung.de/iza/form/display.do?%24context=1C60C26E4DDD6B77DE2

2 [Stand: 05.12.2012 bis 20.12.2012]

[BFDN 2012] ATLAS Automatisiertes Tarif- und Lokales Zoll-Abwicklungs-System inkl. AES Automated Export

System (IT-gestütztes Ausfuhrverfahren). Merkblatt für Teilnehmer zum ATLAS-Release 8.4/AES-Release

2.1, Hamburg: Bundesfinanzdirektion Nord.

[EK 2007] Zugelassene Wirtschaftsbeteiligte („Authorised Economic Operator“ – AEO) Leitlinien. Brüssel:

Europäische Kommission, Generaldirektion Steuern und Zollunion, Zollpolitik, Risikomanagement,

Sicherheit und besondere Kontrollen.

[Ovie 2007a] Das Europäische Zollrecht Teil 1: Zollbegriff, Zolltheorien, Rechtsgrundlagen, Zollkodex

(Allgemeine Regeln), In: AW-Prax, August 2007, S. 343 - 348

[Ovie 2007b] Das Europäische Zollrecht Teil 2: Zollkodex (Verfahrensrecht), In: AW-Prax, September 2007,

S. 385 - 390

[Ovie 2007c] Das Europäische Zollrecht Teil 3: Zollkodex (Verfahrensrecht – Fortsetzung), In: AW-Prax,

Oktober 2007, S. 427 - 432

[Ovie 2007d] Das Europäische Zollrecht Teil 4: Zollkodex (Verfahrensrecht – Fortsetzung und

Abgabenrecht), In: AW-Prax, November 2007, S. 471 - 478

[ZK 2007] Zollkodex (ZK) 01.01.2007 i.d.F. vom 12.10.1992.

[Zoll 2012] Zoll – Grenzenloser Einsatz für Deutschland. Bundesministerium für Finanzen. Bonn.

http://www.zoll.de/DE/Home/home_node.html. [Stand 19.09.2012].

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Anhang 6: Anmeldung von Personen bei der Bundespolizei beim Grenzübertritt in

und aus der AWZ

1. Beschreibung

Sobald Personen die AWZ von Deutschland aus betreten bzw. aus der AWZ nach Deutschland einreisen

(betreten der 12-Seemeilenzone), gilt dies als Grenzübertritt. Dieser ist unter Berücksichtigung der

Vorgaben des Schengener Grenzkodex (EU-Verordnungen 562/2006 und 610/2013) bei der Bundespolizei

anzumelden. Der Schengener Grenzkodex ist ein Gemeinschaftskodex der EU für das Überschreiten der

Grenzen durch Personen. Der Grenzkodex legt Sonderbestimmungen für die Kontrolle von Arbeitnehmern

auf Offshore-Anlagen fest. Nach Artikel 18 und Anhang VII Nr. 8 der EU-Verordnung 610/2013 ist der

Arbeitnehmer auf Offshore-Anlagen eine Person, die auf einer im Küstenmeer oder in einer

ausschließlichen Wirtschaftszone der Mitgliedstaaten gelegenen Offshore-Anlage arbeitet und regelmäßig

ohne Aufenthalt in dem Hoheitsgebiet eines Drittstaats auf dem See- oder Luftweg in das Hoheitsgebiet der

Mitgliedstaaten zurückkehrt. Er wird keinen systematischen Kontrollen unterzogen. Die Häufigkeit von

Kontrollen hängt von dem Risiko der illegalen Einwanderung ab.

Der Grenzübertritt von Personen muss für alle Übertritte in und aus der Ausschließlichen Wirtschaftszone

(AWZ) bei der Bundespolizei angemeldet werden. Bewegungen von Personen ausschließlich innerhalb der

12-Seemeilenzone erfolgen innerhalb des deutschen Staatsgebietes und gelten damit nicht als

Grenzübertritte.

Das Überschreiten der Außengrenzen darf nur an Grenzübergangsstellen und während der festgelegten

Verkehrsstunden erfolgen. Für den Schiffsverkehr ist dies die Hafengrenzdienststelle des angelaufenen

Seehafens und für den Flugverkehr der zugelassene Grenzübergangsflughafen. Bei einem nicht-

zugelassenen Grenzübergangsflughafen muss ein Antrag auf Grenzerlaubnis (§ 61 BPOLG) inkl. der

vollständigen Angaben über die Passagiere und Besatzungsmitglieder gestellt werden. Hiervon betroffene

Flughäfen sind beispielsweise Nordholz und Emden. Der Antrag auf Grenzübergangserlaubnis muss 24h vor

Abflug/Ankunft bei der zuständigen Grenzdienststelle gestellt werden. Die Erlaubnis wird an den Antrag-

steller übermittelt. Ein- und Ausreisen ohne Erlaubnis sind nicht gestattet. Sind die Listen zum Zeitpunkt der

erforderlichen Antragstellung nicht vollständig, muss eine telefonische Voranmeldung erfolgen.

Die Einreisevoraussetzungen für Personen unterscheiden sich durch deren Staatsangehörigkeit.

Grundsätzlich müssen alle Personen unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit bei einem Grenzübertritt ein

Grenzübertrittspapier (Personalausweis oder Reisepass, Führerschein ist nicht ausreichend) mitführen. Ist

dies nicht der Fall, können von der Bundespolizei für deutsche Staatsangehörige Reiseausweise als

Passersatz (Aufwand 5 min., bis 4 Wochen gültig, Kosten 8€) oder für Ausländer Notreiseausweise nach

Maßgabe des § 13 AufenthV (Lichtbild erforderlich; Kosten 25€) ausgestellt werden. Vorausgesetzt wird

dabei, dass die Identität glaubhaft gemacht werden kann. Verzögerungen der Ab- oder Einreise sind hier

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nur in einem sehr geringen Maße zu erwarten. Für die Einreise und den Aufenthalt in das Gebiet der

Schengener Vertragsstaaten benötigen Drittstaatsangehörige einen Pass, der mindestens für die Dauer des

Aufenthalts und noch für mindestens 3 Monate nach Ende des Aufenthalts gültig ist. Verschiedene

Drittstaatsangehörige sind visumpflichtig (vgl. www.auswaertiges-amt.de). Bei Tätigkeiten, die von der

Person nur in der AWZ durchgeführt werden, reicht dann ein Visum für die Durchreise. Eine gültige

Aufenthaltsgenehmigung eines Schengenstaates ist ebenfalls ausreichend. Ein deutscher Aufenthaltstitel,

der zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt, ist für Drittstaatsangehörige Arbeitnehmer nicht

erforderlich, da das AufenthG in der AWZ keine Geltung hat. Sofern vorab bei einer Auslandsvertretung ein

Schengenvisum beantragt wird, muss die Gültigkeit mindestens 2 Einreisen und die Dauer des

Gesamtaufenthalts umfassen. Das Visum unterscheidet sich damit vom Visum der Schiffsbesatzung.

Alle Personen werden bei der Ein- und Ausreise einer Mindestkontrolle unterzogen. Drittstaatsangehörige

werden eingehend kontrolliert. Die Bundespolizei hat stets das Recht, persönliche Kontrollen vor Ort

durchzuführen. Angegebene Abfahrts- bzw. Abflugzeit dürfen daher nicht ohne Meldung an die

Bundespolizei verlegt werden. Kontrollen vor Ort werden spontan, unsystematisch und nach Beurteilung

der Risikogefährdung durchgeführt. Das grenzpolizeiliche Risiko wird dabei definiert als Gefahr für die

öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen

Beziehungen eines Mitgliedstaats. Personen dürfen insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der

Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus den genannten Gründen ausgeschrieben worden sein. [EU

562/2006] In der Gesamtschau ist zu beachten, dass grenzpolizeiliche Kontrollen im Schiffsverkehr auch im

Zusammenhang mit der Zusammensetzung der Besatzungsmitglieder erforderlich werden. Im Transit, d.h.

die Person verlässt das Schiff im Hafen nicht, besteht die Passpflicht (§ 26 AufenthV). Ein Visum ist nicht

erforderlich. Dies trifft häufig bei Seefahrern zu. Für den Aufenthalt im Hafenort können ausschließlich

Seeleute vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels (§ 4 AufenthG) befreit werden. Zum Nachweis der

Befreiung erhalten sie einen Passierschein (§ 24 AufenthV).

In einigen Seehäfen ist der Zoll gleichzeitig Hafengrenzdienststelle und führt die grenzpolizeilichen

Kontrollen im Auftrag der Bundespolizei durch, z.B. Wilhelmshaven. Im Hafen Hamburg erfolgen die

Grenzkontrollen durch die Wasserschutzpolizei Hamburg

2. Anmeldung von Grenzübertritten bei Nutzung eines Schiffes

Der Schiffsführer ist für alle an Bord befindlichen Personen verantwortlich. Die Anmeldung bei der

Hafengrenzdienststelle erfolgt mit Besatzungs- und Passagierlisten durch den Reeder, einen Schiffsagenten

oder den Kapitän des Schiffs bzw. eine von ihm beauftragte Person. Die Listen sind entsprechend den

Formularen IMO FAL Form 5 „Crew List“ und IMO FAL Form 6 „Passenger List“ zu führen (Anhang 1). In den

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149

Seehäfen Hamburg, Bremen und Bremerhaven erfolgt die Anmeldung zur Einreise über den "PRE ARRIVAL

REPORT".

Bei der Einreise müssen die Listen elektronisch vorab an die Hafengrenzdienststelle übermittelt werden.

Die Liste ist während der gesamten Hafenliegezeit auf Anfrage den Beamten vorzulegen. Änderungen in der

Zusammensetzung und der Zahl der Besatzung und Passagiere ist den zuständigen Stellen unverzüglich zu

melden. Bei der Ausreise müssen die Listen spätestens 2 Stunden vor Abfahrt des Schiffs vollständig sein.

Personen, die einen Grenzübertritt beabsichtigen, müssen sich dann ebenfalls an Bord befinden.

Der Eingang der Listen wird seitens der Bundespolizei bestätigt. In der Bestätigung kann eine Kontrolle oder

Nicht-Kontrolle angegeben werden. Dies entspricht der VO (EU) 610/2013 und ist in Bremerhaven üblich.

Wird eine Kontrolle vor Ort angekündigt darf das Schiff nicht ohne die durchgeführte Kontrolle den Hafen

verlassen. Spontane Kontrollen sind auch bei einer angekündigten Nicht-Kontrolle möglich. Die Bestätigung

der Bundespolizei muss während der Liegezeit in der Brücke ausgelegt werden. Keine Listenübersendung

vorab (Pre Arrival Report) führt automatisch zur Kontrolle Dies gilt sowohl für die Ein- als auch für die

Ausreise.

In Bremerhaven werden die Tätigkeiten der Bundespolizei durch das Bremenports Operations System

unterstützt. Es werden die ankommenden und abfahrenden Schiffe mit Zeiten und Liegeplätzen angezeigt,

so dass Ankunfts- und Abfahrtszeiten direkt abrufbar und eventuell anstehende Kontrollen geplant werden

können.

Die Vollständigkeit und Richtigkeit der Unterlagen / Informationen über Grenzübertritte muss gegeben

sein. Personen an Bord, die nicht angemeldet sind, entziehen sich der Kontrolle des grenzpolizeilichen

Verkehrs. Dies ist ein ordnungswidriges Verhalten und wird geahndet.

3. Anmeldung von Grenzübertritten bei Nutzung eines Helikopters

Die Übermittlung der Passagier(PAX-)listen erfolgt durch den Piloten oder das Flughafenmanagement 24

Stunden vor dem Abflug. Die Grenzerlaubnis wird grundsätzlich für Ankunft und Abflug erteilt. Sind zeitliche

Änderungen erforderlich. müssen die neuen Informationen erneut mit korrigiertem Zeitplan an die

Bundespolizei übermittelt werden. Dies trifft auch bei Änderungen in der PAX-Liste zu.

Die PAX-Liste für den Flug mit dem Helikopter enthält neben den Fluginformationen (Datum,

Helikopterkennzeichen, Abflug- und Ankunftsort, erwartete Abflug- und Ankunftszeit) vor allem

Passagierinformationen (u.a. Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Nationalität, Passnummer, Kundenname,

Firmenname). Die Inhalte der Listen sind analog der IMO-Listen für Schiffe. Es können

unternehmensinterne Listen mit den geforderten Informationen (Name, Geburtsdatum, etc.) abgegeben

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werden, ein Formular ist nicht vorgesehen. Sollte die Passagierliste vor der Anmeldung nicht vollständig

ausgefüllt sein, werden die fehlenden Informationen umgehend nachgereicht.

An Flughäfen sind grundsätzlich bei Ein- und Ausreise Kontrollen vorgesehen.

Unabhängig davon, ob Offshoreflüge innerhalb der 12-Sm-Zone oder in die AWZ durchgeführt werden,

werden diese angemeldet. Dies dient standardmäßig der betrieblichen Absicherung, insbesondere um im

Ernstfall Nachweise über Passagiere und Besatzung erbringen zu können.

4. Literatur Anmeldung von Personen bei der Bundespolizei beim Grenzübertritt in und aus

der AWZ

Interviews mit Industriepartnern, Logistikunternehmen, Hafengrenzdienststelle in Bremerhaven

[BP 2013] Bundespolizei, www.bundespolizei.de, letzter Zugriff 19.09.2013

[HK 2013] Havariekommando, www.havariekommando.de, letzter Zugriff 19.09.2013

[EU 562/2006] Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3.2006

über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen

[EU 610/2013] Verordnung (EU) Nr. 610/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des europäischen Parlaments und des Rates über einen

Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen

Weitere Informationen liegen dem Projekt SystOp Offshore Wind vor und können bei Bedarf abgefragt

werden.

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151

IMO CREW LIST (IMO FAL Form 5)

Arrival Departure

Page Number

1.1 Name of ship 1.2 IMO number

1.3 Call sign 1.4 Voyage number

2. Port of arrival/departure 3. Date of arrival/departure

4. Flag State of ship 5. Last port of call

6. No. 7. Family name, given names 8. Rank or rating 9. Nationality 10. Date and place of birth

11. Nature and number of identity document

12. Date and signature by master, authorized agent or officer

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IMO PASSENGER LIST (IMO FAL Form 6)

Arrival Departure

Page Number

1.1 Name of ship

1.2 IMO number 1.3 Call sign

1.4 Voyage number 2. Port of arrival/departure

3. Date of arrival/departure

4. Flag State of ship

5. Family name, given names 6. Nationality 7. Date and place of birth

8. Type of identity or

travel document

9. Serial number of identity or

travel document

10. Port of

embarkation

11. Port of

disembarkation

12. Transit

passenger or not

13. Date and signature by master, authorized agent or officer

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Anhang 7: Entsorgung von OWP-Abfällen

1. Beschreibung

Gemäß der Betriebsgenehmigung des OWP dürfen keine Stoffe in das Meer eingebracht werden.

Anfallende Abfälle und verbrauchte Betriebsmittel müssen an Land nach geltendem Recht entsorgt werden.

Die zuständigen Entsorger sind vom Ort der Übergabe und der Art des Abfalls abhängig.

Die Übergabe der OWP-betriebsspezifischen Abfälle kann

• direkt im Seehafen und

• über die Onshore-Service-Station

erfolgen.

Die Entsorgung der Abfälle wird projektspezifisch umgesetzt und hängt wesentlich vom

Instandhaltungskonzept ab. Grundsätzlich erfolgt die Entsorgung über einen nach EfbV7 zertifizierten

Entsorger.

Schiffsbetriebsabfälle und OWP-spezifische Abfälle dürfen nicht vermischt werden und müssen getrennt

entsorgt werden. Die Entsorgung der Schiffsbetriebsabfälle unterliegt den Regelungen der Schifffahrt.

Die Leistungen der Abfall- und Abwasserentsorgung von OWP sind projektspezifisch und vertragsabhängig.

Es sind jedoch die jeweiligen rechtlichen Regelungen zur Abfallentsorgung der Länder und Kommunen zu

beachten, da sich diese unterscheiden können. Grundsätzlich ist es ratsam sich erst mit den zuständigen

Behörden abzustimmen.

Auf der Onshore-Service-Station werden die für die Einsätze an der Windenergieanlage bzw. dem

Umspannwerk nötigen Abfallbehälter zusammengestellt und ggf. in geeigneten Transportbehältern

verpackt. Die Transportbehälter werden zum Transportmittel befördert und entsprechend im Helikopter

oder an Deck des Schiffes seefest verstaut. An der Windenergieanlage werden die Transportbehälter mit

dem auf der Windenergieanlage bzw. dem Umspannwerk installierten Kran auf die Plattform gehoben. Auf

der WEA werden sie mit dem Fahrstuhl in die Gondel transportiert. Die Abfälle werden, entsprechend der

Abfallkategorien, in den dafür vorgesehenen Behältern gesammelt und nach Abschluss der Arbeiten in den

Transportbehältern gemeinsam mit den o.g. Materialien per Schiff zurück zur Service-Station transportiert.

7 EfbV - Entsorgungsfachbetriebsverordnung

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Dort wird der Abfall ordnungsgemäß zwischengelagert und von einem zertifizierten

Entsorgungsunternehmen abgeholt und entsorgt.

Arbeiten die mit einer Jack up – Barge, einem Kabelleger oder einem größeren Schiff durchgeführt werden

erfolgen direkt von einem Seehafen aus. Die für die Einsätze nötigen Werkzeuge, Ersatzteile und

Betriebsstoffe sowie Ausrüstung werden an Land zusammengestellt und in geeigneten Transportbehältern

verpackt. Die Transportbehälter werden auf die Jack up – Barge bzw. den Kabelleger gebracht und verstaut.

Die Arbeiten an den Kabeln, der Windenergieanlage oder des Umspannwerks erfolgen größtenteils vom

Schiff aus, sodass ein Transfer von Betriebsmitteln und Abfällen nicht zu erwarten ist. Die Abfälle, die bei

den Tätigkeiten an Bord der Schiffe entstehen, werden in dafür vorgesehenen Abfallbehältern an Bord

gesammelt. Nach Abschluss der Arbeiten werden die Abfälle im Seehafen ordnungsgemäß getrennt,

gesammelt, ggf. zwischengelagert und einem zertifizierten Entsorger übergeben.

2. Abfallrechtliche Bestimmungen

Eine Zusammenfassung der abfallrechtlichen Regelwerke ist im Anhang zu finden.

Obwohl die Bundesrepublik Deutschland laut Seerechtsübereinkommen (SRÜ) die Rechte der

wirtschaftlichen Nutzung in der deutschen AWZ genießt, gilt die AWZ als Hohe See und ist damit

internationales Gewässer. Abfalltransporte aus OWP, die in der deutschen AWZ liegen, passieren die

deutsche Zollgrenze. Bei der Einfuhr von Abfällen sind folglich abfallrechtliche und zollrechtliche

Bestimmungen zu beachten [Zoll 2012]. Die Zollrechtlichen Bestimmungen sind in den „Informationen zur

Anmeldung des Warentransports beim Zoll“ zu finden.

Die Einfuhr von Abfällen aus der AWZ in die Bundesrepublik Deutschland, richtet sich im Wesentlichen nach

der Verordnung über die Verbringung von Abfällen (VVA) und das deutsche Abfallverbringungsgesetz

(AbfVerbrG). Ausgenommen von der VVA sind bestimmte Abfälle, für die eigene Verordnungen gelten, wie

zum Beispiel radioaktive Abfälle. [VVA 2006]

Je nach vorgesehenem Entsorgungsverfahren und Abfallart ergeben sich Beschränkungen, die in Tabelle 12

vorgestellt werden.

Tabelle 12: Übersicht über die Regelungsbereiche der VVA für Import in die EU [Wuttke 2007]

Grenzüberschreitende Verbringung Import in die EU (Art. 41 bis 46)

Abfälle zur Verwertung Anhang III („Grüne“

Abfallliste), IIIA und IIIB; ≤ 20 kg Freie Verbringung Art. 3 Abs. 2

Abfälle zur Verwertung; Anhänge III, III A und III B; >

20 kg Informationspflicht Art. 18

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Grenzüberschreitende Verbringung Import in die EU (Art. 41 bis 46)

Abfälle zur Verwertung; Anhang IV („Gelbe“

Abfallliste) und IV A

Verboten, mit Ausnahmen1; Notifizierung gemäß

Art. 43 bis 46

Abfälle zur Laboranalyse; ≤ 25 kg Informationspflicht Art. 3 Abs. 4, Art. 18

Abfälle zur Beseitigung Verboten, mit Ausnahmen²; Notifizierung gemäß

Art. 41 und 42

1) die Einfuhr aus Staaten, für die der OECD-Beschluss gilt, Basel Vertragsparteien und Staaten mit

bilateraler Vereinbarung ist erlaubt

2) die Einfuhr aus Basel Vertragsparteien und Staaten mit bilateraler Vereinbarung ist erlaubt

Beim Betrieb eines OWP entstehen verschiedene Arten von Abfällen, die zum einen unter-schiedlich

entsorgt und zum anderen in verschiedenen Kategorien gemäß der Abfallverbringung unterteilt werden

müssen (Abbildung 44).

Abbildung 44: Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen

Verpackungen aus Papier, Pappe und Kartonage (PPK) haben beispielsweise die Abfallverzeichnisnummer

15 01 01. Für diese Abfallart ist eine stoffliche Verwertung vorgesehen. Dieser Abfall gehört laut Basler

Übereinkommen zu der „Grünen“ Abfallliste mit einem Basel Code - B3020. Der Zoll Code (Harmonisierte

System) für Pappe und Papier ist 4797 (Abbildung 45). Die verschiedenen Abfallidentifizierungscodes

werden beim Ausfüllen der Formulare benötigt.

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Abbildung 45: Abfall- und zollrechtliche Kennzeichnung für PPK-Abfälle

Wird die Menge der PPK- Abfälle von 20 kg nicht überschritten, ist eine freie Verbringung nach Art. 3 Abs. 2

der VVA in Deutschland aus der AWZ erlaubt (Tabelle 12). Übersteigt die Menge 20 kg, gilt sind die

allgemeinen Informationspflichten nach Art. 18 der VVA zu berücksichtigen, wozu ein Formblatt gemäß

Anlage VII der VVA (siehe Anhang 2) zu verwenden ist.

Die Person, die die Verbringung veranlasst, hat die Versandinformation vor jeder einzelnen

Abfallverbringung zu erstellen, diese ist vom Beförderer bei jeder Verbringung mitzuführen und vom

Anlagenbetreiber bei der Ankunft der Abfälle zu unterschreiben und aufzubewahren. Außerdem muss vor

den Verbringungen ein schriftlicher Vertrag zwischen dieser Person und dem Empfänger (Entsorgungsfirma)

über die Entsorgung des Abfalls abgeschlossen worden sein. Dieser Entsorgungsvertrag ist anschließend an

die zuständige Behörde zu übermitteln. Eine Kopie der Versandinformationen muss drei Jahre lang

aufbewahrt werden. [VVA 2006]. Das Fließbild in der Abbildung 46 verdeutlicht die grenzüberschreitende

Verbringung von Abfällen zur Verwertung, am Beispiel von PPK.

Abbildung 46: Informationspflichten zur Verbringung von PPK-Abfällen nach Deutschland

Gemischter Siedlungsabfall, als Beispiel für Abfälle zur Beseitigung, hat die Abfallverzeichnisnummer 20 03

01. Für diese Abfallart ist eine thermische Beseitigung vorgesehen. Haushaltsabfälle sind auch

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Siedlungsabfälle, die zu der „Gelben“ Abfallliste mit einem Code – Y26 gehören. Der Zoll Code

(Harmonisierte System) ist 3825.10 (Abbildung 47). Die verschiedenen Abfallidentifizierungscodes werden

beim Ausfüllen der Formulare benötigt.

Abbildung 47: Abfall- und zollrechtliche Kennzeichnung für Siedlungsabfälle

Die Einfuhr in die EU von Abfällen zur Beseitigung grundsätzlich verboten (Tabelle 12). Ausnahmen sind

Abfälle aus Ländern, die Vertragsparteien des Basler Übereinkommens sind [VVA 2006].

Zu diesen Vertragsparteien gehören so gut wie alle Drittländer. Aber es lässt sich anhand der Literatur keine

klare Aussage darüber treffen, ob für die deutsche AWZ ebenfalls die Ausnahmeregelung zutrifft. Es wird

daher angenommen, dass die Verbringung der "deutschen" OWP-Abfälle zur Beseitigung aus der deutschen

AWZ in Deutschland durch die VVA mit abgedeckt wird und somit legal ist. Ist dies der Fall, ist ein Verfahren

der vorherigen Notifizierung nach Art. 4 der VVA vorgeschrieben (Abbildung 48). Die Formulare dafür sind

in den Anhängen 3 und 4 zu finden.

Die Verbringung darf erst nach Erhalt der schriftlichen Zustimmungen der zuständigen Behörden am

Versandort, am Bestimmungsort und gegebenenfalls der für die Durchfuhr zuständigen Behörden und nach

Erfüllung der erteilten Auflagen erfolgen [VVA 2006].

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Abbildung 48: Notifizierungsverfahren nach VVA [LAGA 2012]

3. Literatur zur Entsorgung von OWP-Abfällen

[VVA 2006] Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlamentes und des Rates über die

Verbringung von Abfällen vom 14. Juni 2006

[Wuttke 2007] Wuttke, Joachim (2007): Artikel „Grenzüberschreitende Abfallverbringung“, Dessau

[Zoll 2012] Zoll-Auskunft für gewerbliche Zwecke, Telefonisches Gespräch und E-Mail-Verkehr

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Anhang 7.1

Zusammenfassung der Regelwerke, die für den Umgang mit Abfällen sowie deren Entsorgung während

Betrieb und Instandhaltung des OWP vom Serviceunternehmen zu berücksichtigen sind (ohne Gewähr

auf Vollständigkeit)

Nr. Name Abkürzung

Allgemeines Abfallrecht

1 Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012 KrWG

2 Abfallverzeichnisverordnung AVV

3 Altölverordnung AltölV

4 Batterieverordnung BattV

5 Elektro- und Elektronikgerätegesetz ElektroG

6 Entsorgungsfachbetriebsverordnung EfbV

7 Gewerbeabfallverordnung GewerbeAbfV

8 Nachweisverordnung NachwV

9 Verpackungsverordnung VerpackV

Internationales Abfallrecht

10 Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüber-schreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung vom 22. März 1989

Basler Übereinkommen

11 Abfallverbringungsgesetz von Juli 2007 AbfVerbrG

12 Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Verbringung von Abfällen vom 14. Juni 2006

VVA

13 Verordnung über den Verkehr mit Abfällen VeVA

14 Verordnung des UVEK über Listen zum Verkehr mit Abfällen vom 1. Januar 2010

LVA

15 Abfallrahmenrichtlinie - Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien

AbfRRL

Gefahrstoffrecht

16 Gefahrstoffverordnung GefStoffV

17 Gefahrgutverordnung See GGVSee

18 Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS 520

Gewässerschutz

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Nr. Name Abkürzung

19 Wasserhaushaltsgesetz WHG

20 Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe

VawS

Immissionsschutz

21 Umweltschadensgesetz USchadG

Normen / Weitere Bestimmungen

22 Handling of ship generated garbage ISO/WD 21070

23 International Maritime Dangerous Goods Code IMDG-Code

24 The International Convention for the Prevention of Pollution from Ships 73/78

MARPOL 73/78

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Anhang 7.2: Übersicht Ansprechpartner Abfallentsorgung

Kreis Stadt/Hafen Behörde Firma Telefon Email website

Brunsbüttel

Büsum

öffentlich-rechtliche

Abfallentsorgung

Abfallwirtschaftsgesellschaft

Dithmarschen mbH0481/8550-0 [email protected] www.awd-online.de

Dagebüll

Husum

Hörnum

List

Wyk auf Föhr

öffentlich-rechtliche

Abfallentsorgung

Abfallwirtschaftsgesellschaft

Nordfriesland mbH(04841) 8948 -0 [email protected] www.awnf.de

untere

Abfallentsorgungsbehörde04121/ 4502-2272 www.kreis-pinneberg.de

öffentlich-rechtliche

Abfallentsorgung Fachdienst Abfall(04121) 4502 -4502 [email protected] www.pi-abfall.de

untere

Abfallentsorgungsbehörde04331 202-0 info(at)kreis-rd.de  www.kreis-rendsburg-eckernfoerde.de

öffentlich-rechtliche

Abfallentsorgung

Abfallwirtschaftsgesellschaft Rendsburg-

Eckernförde mbH(04331) 345-123 [email protected] www.awr.de

oberste Abfallbehörde

Ministerium für Energiewende,

Landwirtschaft, Umwelt und ländliche

Räume

0431 988-7306

obere AbfallbehördeLandesamt für Landwirtschaft, Umwelt

und ländliche Räume04347 704-600 [email protected]

Gesellschaft für die Organisation der

Entsorgung von Sonderabfällen mbH

(GOES)

04321 9994-0 www.goes-sh.de

0431 901-0 [email protected]  http://www.kiel.de

öffentlich-rechtliche

Abfallentsorgung Abfallwirtschaftsbetrieb Kiel(0431) 5854 -0 [email protected] www.abki.de

untere

Abfallentsorgungsbehörde

Entsorgungsbetriebe Lübeck 0451 707600 [email protected] www.entsorgung.luebeck.de

untere

Abfallentsorgungsbehörde03841 3040-6620 [email protected] www.nordwestmecklenburg.de

Entsorgungs-und Verkehrsbetriebe

Wismar03841 749-0

[email protected]

untere

AbfallentsorgungsbehördeAmt für Umweltschutz 0381 3817303 [email protected] rathaus.rostock.de

Eigenbetrieb Abfallwirtschaft 03843 / 755-70330 [email protected]

Stralsund Entsorgung Stralsund (Nehlsen) 03831 / 28485-80 [email protected] www.entsorgung-stralsund.de

Sassnitz

Eigenbetrieb Abfallwirtschaft 03831 27882 08 www.awi-vr.de

Ministerium für Wirtschaft,

Bau und Tourismus

Mecklenburg-Vorpommern 0385-588 5440

www.regierung-mv.de

Abfallwirtschaftsbetrieb Emsland 05931 44-300 www.awb-emsland.de

Landkreis Meppen 05931 44-0 [email protected] www.emsland.de

Bau- und Entsorgungsbetrieb Emden 04921 87-5055 www.bee-emden.de

Amt für Umweltschutz und Bauordnung 04421 / 16-2554 www.wilhelmshaven.de

Wilhelmshavener Entsorgungszentrum

und Logistik04421 / 16-4611 [email protected] www.wel-whv.de

Der Senator für Umwelt, Bau und

Verkehr0421 361-15850 [email protected] www.umwelt.bremen.de

Entsorgung Kommunal 0421 361-3611 [email protected] www.entsorgung-kommunal.de

Entsorgungsbetriebe Bremerhaven 0471-9800-0 [email protected] www.bremerhaven.de

Bremerhavener Entsorgungsgesellschaft 0471/186-0 www.beg-logistics.de

BrakeGesellschaft für integrierte

Abfallbehandlung und Beseitigung04401 9888 - 0 www.gib-entsorgung.de

NordenhamGesellschaft für integrierte

Abfallbehandlung und Beseitigung04401 9888 - 0 www.gib-entsorgung.de

Cuxhaven Abfallwirtschaft und

Straßenreinigung04721 725712 www.cuxhaven.de

Stade Stade Landkreis Stade 04141 12-610 [email protected] www.landkreis-stade.de

Ministerium für Umwelt,

Energie und Klimaschutz0511 120 -0 [email protected] www.umwelt.niedersachsen.de

Quellen:

Kiel

Lübeck

Rostock

Emsland

Wilhelmshaven

Rendsburg-

Eckernförde

Rendsburg -

Osterrönfeld

No

rdse

e, S

chle

swig

-Ho

lste

in

Dithmarschen

Nordfriesland

Pinneberg Helgoland

www.dithmarschen.de

untere

Abfallentsorgungsbehörde04841 67-589 [email protected] www.nordfriesland.de

untere

Abfallentsorgungsbehörde0481/97-1317 [email protected]

Bremen

Wesermarsch

Ost

see

Sch

lesw

ig-

Ho

lste

in

Nordwestmecklenb

urg

http://www.offshore-windenergie.net/wirtschaft/haefen

Kiel

Lübeck

Ost

see,

Mec

klen

bu

rg-

Vo

rpo

mm

ern

Wismar

Vorpommern-Rügen

Papenburg

Wilhelmshaven

Bremen

Bremerhaven

Rostock

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Anhang 7.3: Formblatt gemäß Anhang VII der VVA

Versandinformationen (1)

(1) Mitzuführende Informationen bei der Verbringung der in der grünen Liste aufgeführten Ab-fälle, die zur

Verwertung bestimmt sind, oder von Abfällen, die für eine

Laboranalyse bestimmt sind, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006. Zum Ausfüllen dieses Dokuments

wird verwiesen auf die entsprechenden spezifischen

Anweisungen, die in Anhang IC der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 enthalten sind.

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(2) Bei mehr als 3 Transportunternehmen sind die unter Nummer 5 (a, b, c) verlangten Informa-tionen

beizufügen.

(3) Wenn es sich bei der Person, die die Verbringung veranlasst, nicht um den Erzeuger oder Einsammler

handelt, sind auch Informationen zum Erzeuger oder Einsammler anzugeben.

Anhang 7.4: Notifizierungsformular für grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen

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Anhang 7.5: Begleitformular für grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen

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Anhang 8: Berechnung der Energieerzeugung einer WEA

Einschaltgeschwindigkeit

Die Einschaltgeschwindigkeit gibt die mindestens notwendige Windgeschwindigkeit an, ab welcher die

OWEA Strom erzeugt. Bei Windgeschwindigkeiten die kleiner sind als diese Kennzahl, sind die Rotorblätter

lediglich am Trudeln und die Turbine kann keinen Strom erzeugen. Bei Windgeschwindigkeiten die gleich

oder nur geringfügig größer sind als die Einschaltgeschwindigkeit, wird zwar Strom erzeugt, jedoch noch

nicht die volle Leistung erzielt, auf die die OWEA ausgerichtet ist.

Nenngeschwindigkeit

Die Nenngeschwindigkeit gibt diejenige Windgeschwindigkeit an, welche mindestens notwendig ist, um die

Nennleistung zu erbringen. Die zu erwartenden Windgeschwindigkeiten am Standort der Anlage sollten

regelmäßig gleich oder höher der Nenngeschwindigkeit sein, damit die OWEA ihr volles Potential

ausschöpfen kann.

Abschaltgeschwindigkeit

Die Abschaltgeschwindigkeit gibt diejenige Windgeschwindigkeit, ab der die OWEA aus Sicherheitsgründen

abgeschaltet werden muss, da sonst Schäden an der Anlage nicht ausgeschlossen werden können. Die

OWEA kann keinen Strom erzeugen, wenn die Windgeschwindigkeit die Abschaltgeschwindigkeit

übersteigt.

Mit folgender Formel aus [Karti und Billinton 2004] lässt sich die erzeugte Leistung P in Abhängigkeit von

der Windgeschwindigkeit V und den anlagenspezifischen Eingabeparametern Nennleistung Pr,

Einschaltgeschwindigkeit Vci, Nenngeschwindigkeit Vr und Abschaltgeschwindigkeit Vco näherungsweise wie

folgt berechnen:

𝑃 =

{

0, 𝑓𝑎𝑙𝑙𝑠 0 ≤ 𝑉 < 𝑉𝑐𝑖

𝑃𝑟 (𝑎 + 𝑏 ∗ 𝑉 + 𝑐 ∗ 𝑉2), 𝑓𝑎𝑙𝑙𝑠 𝑉𝑐𝑖 ≤ 𝑉 < 𝑉𝑟𝑃𝑟 , 𝑓𝑎𝑙𝑙𝑠 𝑉𝑟 ≤ 𝑉 < 𝑉𝑐𝑜0, 𝑓𝑎𝑙𝑙𝑠 𝑉𝑐𝑜 ≤ 𝑉

Die Hilfsvariablen a, b und c errechnen sich ebenfalls aus den Eingabeparamatern (vgl. [Karti und Billinton

2004]):

𝑎 =1

(𝑉𝑐𝑖 − 𝑉𝑟)²[𝑉𝑐𝑖(𝑉𝑐𝑖 + 𝑉𝑟) − 4 𝑉𝑐𝑖 𝑉𝑟 (

𝑉𝑐𝑖 + 𝑉𝑟2𝑉𝑟

)3

]

𝑏 =1

(𝑉𝑐𝑖 − 𝑉𝑟)²[4(𝑉𝑐𝑖 + 𝑉𝑟) (

𝑉𝑐𝑖 + 𝑉𝑟2𝑉𝑟

)3

− (3𝑉𝑐𝑖 + 𝑉𝑟)]

𝑐 =1

(𝑉𝑐𝑖 − 𝑉𝑟)²[2 − 4 (

𝑉𝑐𝑖 + 𝑉𝑟2𝑉𝑟

)3

]