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Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 Gerinnungsstörungen und ihre Diagnostik

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Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3

Gerinnungsstörungen und ihre Diagnostik

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Vasopathien

Angeboren Morbus Osler (hereditäre

hämorrhagische Teleangiektasie)

Gefäßerweiterungen an Haut und Schleimhaut => mit zunehmendem Alter zunehmende Blutungsneigung, rezidivierende Blutungen, Eisenmangel, Lungenblutungen

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Vasopathien

Erworben Purpura Schönlein-Henoch

allergisch bedingt durch Erreger verschiedener Infektionskrankheiten (Streptokokken besonders bei Kindern, Meningokokken) oder Toxine (Diphterie)

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Thrombozytäre Störungen

Thrombozytopenie oder Thrombozytose Defekte in der Thrombozytenmembran

Morbus Glanzmann (GP IIb/IIIa – Mangel => Störung der Ausbreitung und Aggregation)

Bernard-Soulier-Syndrom (GP Ib/IX – Mangel => mangelhafte Bindung an vWF)

Defekte in den Granula Defekte im Zellstoffwechsel

Arachidonsäure-Stoffwechselstörung (verminderte Funktion) Angeboren Einnahme von ASS

Gesteigerte Thrombozytenfunktion

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Thrombozytäre Störungen

Thrombozytopenie Immunprozesse (Autoantikörper,

Alloantikörper) Infektionskrankheiten Ionisierende Strahlung Hämatologische Erkrankungen (Leukämien

u.ä.) Medikamente Verbrauchskoagulopathie Massivtransfusionen

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Thrombozytäre Störungen

Thrombozytose Essentielle Thrombozythämie (MPS) Reaktiv bei chronischen Infekten Reaktiv nach Blutverlust Nach Milzentfernung

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Koagulopathien

Plasmatisch bedingte Störungen der Hämostase. Aktivitätsminderung eines oder mehrerer Gerinnungsfaktoren Angeboren

Hämophilie A und B Von Willebrand-Jürgens-Syndrom Angeborener Faktorenmangel

Erworben Verminderung von Gerinnungsfaktoren durch Vitamin-

K-Mangel oder Leberfunktionsstörungen Erworbene Inhibitoren DIC (Verbrauchskoagulopathie) Hyperfibrinolyse

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Hämophilie

Hämophilie A: Faktor-VIII-Mangel Hämophilie B: Faktor-IX-Mangel

Beide Formen werden x-chromosomal rezessiv vererbt und daher erkranken fast ausschließlich männliche Patienten. Frauen können Merkmalsträger (Konduktorinnen) sein und zeigen selten eine Blutungsneigung.

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Hämophilie – klinisches Bild

Schwere Hämophilie < 1% RestaktivitätAusgedehnte Haut- und Gelenkblutungen bereits im Säuglingsalter, z.T. ohne erkennbaren Auslöser. Abnorme Blutungen, Hämatome„Hämophile Arthropathie“ = Schwellung der Gelenkinnenhaut mit verstärkter Durchblutung => Blutungsrisiko erhöht. Zerstörung von Knochen- und Knorpelgewebe => Gelenk-, Muskel- und Nervenschädigungen.

Mittelschwere Hämophilie 1 – 5% RestaktivitätGeringeres Blutungsrisiko, seltener Gelenkblutungen, meist nach Trauma

Milde Hämophilie 5 - < 40% Restaktivitätverstärkte Nachblutung nach Verletzung und intraoperative verstärkte Blutung, keine Gelenkblutungen

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Hämophilie – klinisches Bild

Großes Hämatom nach Bagatelltrauma

Deformation der Kniegelenke nach wiederholter Gelenkblutung

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Hämophilie - Diagnostik

Leitbefund: verlängerte aPTT, normaler Quick Heparin? Faktor VIII-Mangel bekannt => Einzelfaktorbestimmung

Faktor VIII (Aktivität und chromogen) Keine bekannte Ursache => Einzelfaktorbestimmung

der endogenen Faktoren (VIII, IX, XI, XII) Faktor VIII vermindert

Faktor VIII chromogen von Willebrand-Faktor (Aktivität und Antigen) Hemmkörper gegen Faktor VIII (Antikörper)

Plasmatauschversuch: Patientenplasma + Normalplasma (1+1): Verlängerung der aPTT um > 5 s => V.a. HemmkörperVorsicht: Phospholipidreagenz erfasst u.U. Antiphospholipid-Antikörper!

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Hämophilie - Therapie

Substitution des Faktor VIII durch Faktorenkonzentrate (symptomatisch und prophylaktisch) Aus menschlichem Plasma

Hoch gereinigt: enthält fast ausschließlich Faktor VIII Intermediär gereinigt: enthält neben Faktor VIII auch noch vWF

und andere Proteine (z.B. Haemate HS, Immunate) Rekombinant

Aus Hamsternierenzellen oder Hamsterovarzellen (Kogenate, Helixate, Recombinate (Vollständiger Faktor VIII), Re Facto (nur die A- und C-Domäne des Faktor VIII)

DDAVP (Vasopressinanalogon) (Minirin®) Aktivierung der körpereigenen Reserven durch Freisetzung

aus dem Gewebe (in Verbindung mit vWF)

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Von Willebrand-Syndrom

Häufigstes angeborenes Blutungsleiden Autosomal dominant oder rezessiv vererbt =>

Männer und Frauen sind betroffen Symptome

Schleimhautblutungen (Nase, Mund, Magen, Darm, Harnwege)

Menorrhagien Nachblutungen bei Zahnextraktion, Tonsillektomie u.ä. Selten Gelenkblutungen Hämophilie ähnliche Symptome bei gleichzeitigem

Faktor VIII-Mangel

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Von Willebrand-Syndrom

Von Willebrand-Faktor Mischung aus unterschiedlich großen

Multimeren. Die kleinste Einheit ist ein dimeres Molekül. Mit zunehmender Multimerengröße nimmt

auch die Wirksamkeit zu.

Dimer

MultimereWirksamkeit

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Von Willebrand-Syndrom

Funktion des vWF Bindung an Subendothel (Kollagenbindung) Großmolekulare Multimere binden an GP Ib-Rezeptor

auf der Thrombozytenoberfläche => Verbindung der Thrombozyten mit dem Subendothel

Bindung an den GP IIb/IIIa-Rezeptor der Thrombozyten => Verbindung der Thrombozyten untereinander

Schutz des Faktor VIII vor vorzeitiger Proteolyse durch Protein C (nichtkovalenter Komplex) (Thrombin spaltet den Faktor VIII vom vWF ab und aktiviert ihn) (Faktor VIII-assoziiertes Antigen)

In vitro: Bindung an den GP Ib-Rezeptor in Gegenwart von Ristocetin (Ristocetin-Kofaktor)

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Von Willebrand-Syndrom

Klassifikation Typ 1: leichte quantitative Defekte Typ 2: Qualitative Defekte

Typ 2A: große und/oder mittelgroße Multimere fehlen

Typ 2B: großmolekulare Multimere fehlen, Ristocetininduzierte Aggregation gesteigert, Bindung an Thrombozyten gesteigert => Thrombozytopenie

Typ 2N: Funktionsdefekt (Faktor VIII-Bindung) Typ 3: schwere quantitative Defekte

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Von Willebrand-Syndrom - Diagnostik Leitbefund: klin. Verdacht, aPTT verlängert (+/-), Quick normal

Heparin? Endogener Faktorenmangel? (Einzelfaktoren VIII, IX, XI, XII)

Eventuell Faktor VIII vermindert Blutungszeit: verlängert PFA-100: pathologisch VIII:RCof (Ristocetin-Kofaktor-Aktivitätstest)

In Gegenwart von Ristocetin kommt es zur Aggregation von Spenderthrombozyten. Angabe in % der NormEingeschränkte oder fehlende Aggregation bei qualitativen und quantitativen Defekten des vWF

Multimeranalyse mittels Gelelektrophorese Gentypisierung

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Von Willebrand-Syndrom - Diagnostik Normbereich (RCof): 60 – 150 % Vermindert: von Willebrand-Syndrom Erhöht:

Passager in vielen klinischen Situationen (Akutphaseprotein) Postoperativ Schwangerschaft Koronare Herzkrankheit Venöse Verschlusskrankheit Diabetes Tumoren

Träger der Blutgruppe O haben niedrigere Werte (VIII:C, VIII:RCof, vWF:Ag) als Träger der anderen Blutgruppen. Bei Blutgruppe A sind die Werte am höchsten.

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Von Willebrand-Syndrom - Therapie DDAVP: Aktivierung der körpereigenen

Reserven aus dem Endothel Meist ausreichend bei Typ 1 Kontraindiziert bei Typ 2N

Substitution von Faktor-VIII-Konzentrat mit Anteil an vWF (Haemate HS, Immunate) Immer bei Typ 3 und Typ 2N

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Angeborener Faktorenmangel

Fibrinogen Afibrinogenämie: schweres Blutungsleiden Hypofibrinogenämie: mildes Blutungsleiden Dysfibrinogenämie: meist mildes

Blutungsleiden, manchmal Thrombosebereitschaft

Faktor II-Mangel Blutungsneigung abhängig vom Schweregrad

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Angeborener Faktorenmangel

Mangel an Faktor V, VII, X, XI, XIII Relativ mildes Blutungsleiden, abhängig vom

Schweregrad Mangel an Faktor XII

Keine Blutungsneigung, eher Thromboseneigung

Mangel an Präkallikrein oder HMWK Keine Blutungsneigung

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Erworbene Koagulopathien

Wesentlich häufiger als angeborene Koagulopathien Meist Mangel mehrerer Faktoren Ursachen

Vitamin-K-Mangel Lebererkrankungen Massivtransfusionen Septikämie DIC (Verbrauchskoagulopathie) Erworbene Hemmkörper

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Vitamin-K-Mangel – Ursachen

Verminderung des Prothrombinkomplex (PPSB) Vitamin-K-freie Ernährung (parenteral, kein grünes

Gemüse) Vitamin-K-Resorptionsstörungen (Sprue,

Mukoviszidose, Dünndarmresektion) Leberfunktionsstörungen Bei Neugeborenen in den ersten Lebenstagen Therapie mit Cumarinen Therapie mit bestimmten Antibiotika

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Vitamin-K-Mangel – Diagnostik

Leitbefund: Quick pathologisch, PTT u.U. verlängert, Thrombinzeit normal Cumarintherapie? Bestimmung der exogenen Faktoren (II, V, VII, X)

Faktor V normal, alle anderen vermindert Bestimmung des Faktor IX (im

Prothrombinkomplex enthalten) und der Inhibitoren Protein C und S

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Vitamin-K-Mangel – Therapie

1-malige orale Gabe von Vitamin K Bei Resorptionsstörungen ist eine parenterale Gabe

von Vitamin K erforderlich Bei Cumarinüberdosierung u.U. höherdosierte und

mehrmalige orale Gabe von Vitamin K Bei drohenden und gefährlichen Blutungen oder OP

ist die Gabe von PPSB i.v. notwendig 1-malige Gabe von Vitamin K bei Neugeborenen

(Prophylaxe)

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DIC

Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) Verbrauchskoagulopathie Defibrinierungssyndrom

bezeichnen Phasen dieses komplexen Syndroms, das durch verschiedene Erkrankungen verursacht wird.

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DIC - Ursachen

Entzündliche Prozesse, Sepsis, Virusinfektionen Tumoren, Leukämien Operation (Prostata, Uterus, Pankreas, Thoraxorgane) Polytrauma Vermehrter Anfall von Zytokinen Endothelveränderungen (z.B. HELLP-Syndrom) Schock Transfusion von inkompatiblem Blut Verbrennungen Schlangengift ……..

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DIC- Auslöser

Freisetzung von Gewebethromboplastin aus zerstörten Gewebs- oder Endothelzellen Aktivierung von Faktor VII – Bildung von Thrombin –

Bildung von Fibringerinnseln in der Mikrozirkulation Gerinnungsaktivierung durch Endotoxin

(Membranbestandteile aus Bakterien) Zytokine, besonders IL-6 und TNF-α, die die

Gerinnung aktivieren Schlangengift (thrombinähnliche Enzyme) Immunkomplexe (aktivieren Monozyten, die

Gewebethromboplastin freisetzen)

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DIC - Verlauf

1. Phase: intravasale Gerinnung 2. Phase: Verbrauch von Gerinnungsfaktoren und –

inhibitoren 3. Phase: gesteigerte Fibrinolyse mit

Defibrinierungssyndrom 4. Phase: Erholung des Hämostasepotentials nach

erfolgreicher Therapie

Der Verlauf kann akut innerhalb von Stunden oder chronisch bzw. latent innerhalb von Tagen oder Wochen sein.

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DIC – 1. Phase

Intravasale Gerinnung Generalisierte Gerinnungsaktivierung durch

freigesetztes Gewebethromboplastin Diffuse Fibrinbildung Mikrogerinnsel verlegen kleine Gefäße und

Kapillaren Aktivierung der Fibrinolyse

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DIC – 1. Phase

Typische Befunde Thrombozytenabfall Häufig erhöhte Fibrinogenwerte

(Akutphaseprotein, viele Fibrinmonomere) Erhöhte Aktivität von Faktor VIII und V

(Aktivierung durch Thrombin) Beginnender AT III-Abfall (auch Protein C) Verkürzte aPTT und Thrombinzeit (gegenüber

Vorwert!)

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DIC – 2. Phase

Verbrauch aller Gerinnungsfaktoren und Inhibitoren Zunehmende Blutungsneigung Petechiale Hautblutungen Evtl. Schleimhautblutungen

Zunehmende Fibrinolyse

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DIC – 2. Phase

Typische Befunde Thrombozytopenie Zunehmende Verlängerung der

Gerinnungszeiten bei Quick und aPTT Leichte Verlängerung der Thrombinzeit

möglich Einzelfaktoren vermindert (außer X, II) Fibrinogen normal bis vermindert AT III zunehmend vermindert Anstieg der D-Dimere

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DIC – 3. Phase Vollbild der DIC – Defibrinierungssyndrom

Schwere, generalisierte Blutungsneigung Spontanblutungen

Zuerst petechiale, später flächige Hautblutungen Blutungen im Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt Blutungen aus Wunden und Einstichkanälen

Irreversible Gefäßverschlüsse kleiner Gefäße und Kapillaren Haut, Akren – Nekrosen

Organversagen Niere – Oligurie, Anurie Lunge – Zyanose Leber – Synthesestörung

Tod

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DIC – 3. Phase

Typische Befunde Schwere Thrombozytopenie Globaltests stark verlängert bis ungerinnbar Thrombinzeit verlängert Fibrinogen stark vermindert bis nicht messbar Einzelfaktoren stark vermindert, aber Prothrombin oft

noch relativ hoch AT III stark vermindert D-Dimere stark erhöht Fibrinogenspaltprodukte stark erhöht Fragmentozyten im Blutausstrich (bei latenter DIC)

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DIC – 4. Phase

Nach erfolgreicher Therapie Fibrinogen steigt wieder an

(Akutphaseprotein) Absinken der D-Dimere Anstieg des AT III Normalisierung der Thrombinzeit Normalisierung der Globaltests Langsamer Anstieg der Thrombozyten

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DIC

Thrombozyten

AT III

Fibrinogen

D-Dimere

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DIC - Therapie

Behandlung der Grunderkrankung Hemmung der Gerinnungsaktivierung durch Heparin (niedrig

dosiert) und gleichzeitige Gabe von AT III Gabe von aktiviertem Protein C

Erhöhte Blutungsneigung! Ersatz der verbrauchten Faktoren und Inhibitoren

(Frischplasma!) Hemmung der Hyperfibrinolyse

Die Therapie muss immer individuell angepasst sein!

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Thrombophilie

Angeboren AT III-Mangel Protein C-Mangel Protein S-Mangel Faktor V Leiden Faktor II Leiden Faktor XII-Mangel Hyperhomocysteinämie

Erworben AT III-Mangel Protein C-Mangel Protein S-Mangel Resistenz gegen

aktiviertes Protein C

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AT III-Mangel

Heterozygot: 0,02 % der Bevölkerung AT III-Konzentration ca. 50 % Derzeit höchstes bekanntes genetisches

Risiko für Thromboembolien bereits in jugendlichem Alter

Erhöhtes Risiko während der Schwangerschaft

Pille kontraindiziert! Homozygot: nicht mit dem Leben vereinbar

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Protein C-Mangel

Heterozygot: 0,2 – 0,4 % der Bevölkerung 6-10fach erhöhtes Thromboserisiko Protein C-Konzentration ca. 50% Klinisch ähnlich wie AT III-Mangel Bei Einleitung der Cumarintherapie

können Cumarinnekrosen auftreten Homozygot:

Bereits bei Neugeborenen schwerste Thromboembolien. Die Kinder können nur durch intensivmedizinische Maßnahmen am Leben erhalten werden.

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Faktor V Leiden

1993 erstmals beschrieben Häufigster genetischer Defekt (autosomal dominant)

mit Thromboembolierisiko: 4 – 7 % der Bevölkerung 7 – 1000faches Thromboembolierisiko

(heterozygot/homozygot) Risiko vor allem in Verbindung mit anderen

Risikofaktoren weiter erhöht (Pille, Schwangerschaft, Langstreckenflüge, …)

Synonym: APC-Resistenz = Resistenz gegen aktiviertes Protein C

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Faktor V Leiden

Punktmutation des Faktor V-Gens Austausch von Arginin in Position 506 durch

Glutamin (A506G) Aktiviertes Protein C erkennt die Spaltungsstelle von

F Va nicht mehr Faktor Va wird nicht inaktiviert, Thrombin kann

vermehrt gebildet werden Bestimmungsmethoden:

Molekularbiologisch (PCR) Funktionstest (APC-Resistenz)

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APC-Resistenz-Bestimmung

2fache aPTT-Bestimmung ohne und mit Zusatz von aktiviertem Protein C aPC inaktiviert die Kofaktoren V und VIII und

verlängert daher die aPTT um das 2- 3fache des Ausgangswertes

Durch Zusatz von Faktor V-Mangelplasma wird ein Faktorenmangel ausgeschlossen.

Bestimmung der Ratio:aPTTaPC / aPTT

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APC-Resistenz-Bestimmung

APC-Resistenz-Ratio > 2: Faktor-V-Leiden-Mutation praktisch ausgeschlossen

APC-Resistenz-Ratio < 2 und > 1,5: V.a. heterozygoten Faktor V Leiden

APC-Resistenz-Ratio 1,0 – 1,3: V.a. homozygoten Faktor V Leiden

Abklärung aller Verdachtsfälle mittels PCR !

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Therapie der Hyperkoagulabilität

Dauertherapie: Cumarintherapie Prophylaxe: Heparintherapie Akut: Fibrinolysetherapie oder Operation

Bei jeder dieser Therapien besteht u.U. die Gefahr der Rethrombosierung !

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Cumarintherapie

Wirkungsoptimum nach einigen Tagen Engmaschige Kontrollen des Quickwertes Blutungsrisiko Evtl. Nahrungsumstellung Genaues Einhalten der Dosierung Nicht anwendbar in Schwangerschaft und Stillzeit

(Ausweichen auf Cumarinderivat möglich) Gefahr von Cumarinnekrosen in der Initialphase der

Therapie Schneller Abfall von Protein C (HWZ 6 – 7 Std.)

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Heparintherapie Sofort wirksam Eliminierung über die Nieren (Vorsicht bei niereninsuffizienten

Patienten) oder Bindung an Endothel Verschiedene Heparine

Unfraktionierte Heparin (UFH) (Liquemin) Fraktioniertes Heparin (LMWH) (Fragmin, Clexane) Danaparoid-Natrium (Orgaran) Synthetisches Pentasaccharid

UFH hat Anti-Thrombin- und Anti-Xa-Aktivität, alle anderen fast nur Anti-Xa-Aktivität

Bindung an Plättchenfaktor 4 (v.a. UFH, weniger LMWH und Orgaran) => unterschiedliche Bioverfügbarkeit

Plättchenaggregation möglich (UFH)

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Heparintherapie

Komplikationen UFH kann zu Thrombozytenaggregation führen

Thrombozytenabfall mit Beginn der Therapie => Blutbildkontrolle

HIT = Heparin induzierte Thrombozytopenie - IgG-Antikörperbildung gegen Heparin-Plättchenfaktor-4-Komplexe möglich (vor allem bei UFH und in geringerem Maß bei LMWH)

Bindung der AK-Heparin-PL4-Komplexe an Thrombozyten oder Endothel (an Rezeptoren für IgG)

Plättchenaktivierung, Freisetzung von PL4, Thrombozytenabfall (< 50% des Ausgangswertes), Thrombinbildung, venöse und arterielle thromboembolische Komplikationen (Amputation, Tod)

Sofortiges Absetzen des Heparins (UFH und LMWH) und Wechsel zu Orgaran oder Hirudin

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Fibrinolysetherapie

Indikation Lungenembolie Herzinfarkt Tiefe Beinvenenthrombose (kaum noch)

Mögliche Fibrinolytika Streptokinase Urokinase rt-PA (rekombinant)

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Fibrinolysetherapie

Streptokinase Aus Streptokokken gewonnenes Protein Streptokinase bildet mit Plasminogen einen Komplex,

der als Plasminogenaktivator wirkt – systemische Lyse Klassische Therapie: hohe lytische Aktivität (12 – 20h) Ultrahohe Therapie: hohe Streptokinasedosierung –

viele Komplexe – weniger Plasmin – kürzere Lyse (6h) Verlauf der Therapie

1. Phase: Plasminämie, TZ -, Fibrinogen -, D-Dimere

2. Phase: Ausklingen der Plasminämie, TZ , Fibrinogen ansteigend

3. Phase: keine Plasminämie, TZ normal, Aktivierung des fibringebundenen Plasminogens möglich – endogene Lyse

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Fibrinolysetherapie

Urokinase Körpereigener Plasminogenaktivator Mäßige Plasminämie Langsamer Anstieg der fibrinolytischen Aktivität Über Tage anhaltend Geringe Änderungen der Gerinnungsparameter

rt-PA Bindet an Fibrin und entfaltet erst dann seine Wirkung Relativ hohe Blutungsgefährdung Keine allergischen Reaktionen Einsatz v.a. bei Herzinfarkt