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Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3
Gerinnungsstörungen und ihre Diagnostik
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 2
Vasopathien
Angeboren Morbus Osler (hereditäre
hämorrhagische Teleangiektasie)
Gefäßerweiterungen an Haut und Schleimhaut => mit zunehmendem Alter zunehmende Blutungsneigung, rezidivierende Blutungen, Eisenmangel, Lungenblutungen
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 3
Vasopathien
Erworben Purpura Schönlein-Henoch
allergisch bedingt durch Erreger verschiedener Infektionskrankheiten (Streptokokken besonders bei Kindern, Meningokokken) oder Toxine (Diphterie)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 4
Thrombozytäre Störungen
Thrombozytopenie oder Thrombozytose Defekte in der Thrombozytenmembran
Morbus Glanzmann (GP IIb/IIIa – Mangel => Störung der Ausbreitung und Aggregation)
Bernard-Soulier-Syndrom (GP Ib/IX – Mangel => mangelhafte Bindung an vWF)
Defekte in den Granula Defekte im Zellstoffwechsel
Arachidonsäure-Stoffwechselstörung (verminderte Funktion) Angeboren Einnahme von ASS
Gesteigerte Thrombozytenfunktion
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 5
Thrombozytäre Störungen
Thrombozytopenie Immunprozesse (Autoantikörper,
Alloantikörper) Infektionskrankheiten Ionisierende Strahlung Hämatologische Erkrankungen (Leukämien
u.ä.) Medikamente Verbrauchskoagulopathie Massivtransfusionen
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 6
Thrombozytäre Störungen
Thrombozytose Essentielle Thrombozythämie (MPS) Reaktiv bei chronischen Infekten Reaktiv nach Blutverlust Nach Milzentfernung
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 7
Koagulopathien
Plasmatisch bedingte Störungen der Hämostase. Aktivitätsminderung eines oder mehrerer Gerinnungsfaktoren Angeboren
Hämophilie A und B Von Willebrand-Jürgens-Syndrom Angeborener Faktorenmangel
Erworben Verminderung von Gerinnungsfaktoren durch Vitamin-
K-Mangel oder Leberfunktionsstörungen Erworbene Inhibitoren DIC (Verbrauchskoagulopathie) Hyperfibrinolyse
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 8
Hämophilie
Hämophilie A: Faktor-VIII-Mangel Hämophilie B: Faktor-IX-Mangel
Beide Formen werden x-chromosomal rezessiv vererbt und daher erkranken fast ausschließlich männliche Patienten. Frauen können Merkmalsträger (Konduktorinnen) sein und zeigen selten eine Blutungsneigung.
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 9
Hämophilie – klinisches Bild
Schwere Hämophilie < 1% RestaktivitätAusgedehnte Haut- und Gelenkblutungen bereits im Säuglingsalter, z.T. ohne erkennbaren Auslöser. Abnorme Blutungen, Hämatome„Hämophile Arthropathie“ = Schwellung der Gelenkinnenhaut mit verstärkter Durchblutung => Blutungsrisiko erhöht. Zerstörung von Knochen- und Knorpelgewebe => Gelenk-, Muskel- und Nervenschädigungen.
Mittelschwere Hämophilie 1 – 5% RestaktivitätGeringeres Blutungsrisiko, seltener Gelenkblutungen, meist nach Trauma
Milde Hämophilie 5 - < 40% Restaktivitätverstärkte Nachblutung nach Verletzung und intraoperative verstärkte Blutung, keine Gelenkblutungen
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 10
Hämophilie – klinisches Bild
Großes Hämatom nach Bagatelltrauma
Deformation der Kniegelenke nach wiederholter Gelenkblutung
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 11
Hämophilie - Diagnostik
Leitbefund: verlängerte aPTT, normaler Quick Heparin? Faktor VIII-Mangel bekannt => Einzelfaktorbestimmung
Faktor VIII (Aktivität und chromogen) Keine bekannte Ursache => Einzelfaktorbestimmung
der endogenen Faktoren (VIII, IX, XI, XII) Faktor VIII vermindert
Faktor VIII chromogen von Willebrand-Faktor (Aktivität und Antigen) Hemmkörper gegen Faktor VIII (Antikörper)
Plasmatauschversuch: Patientenplasma + Normalplasma (1+1): Verlängerung der aPTT um > 5 s => V.a. HemmkörperVorsicht: Phospholipidreagenz erfasst u.U. Antiphospholipid-Antikörper!
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 12
Hämophilie - Therapie
Substitution des Faktor VIII durch Faktorenkonzentrate (symptomatisch und prophylaktisch) Aus menschlichem Plasma
Hoch gereinigt: enthält fast ausschließlich Faktor VIII Intermediär gereinigt: enthält neben Faktor VIII auch noch vWF
und andere Proteine (z.B. Haemate HS, Immunate) Rekombinant
Aus Hamsternierenzellen oder Hamsterovarzellen (Kogenate, Helixate, Recombinate (Vollständiger Faktor VIII), Re Facto (nur die A- und C-Domäne des Faktor VIII)
DDAVP (Vasopressinanalogon) (Minirin®) Aktivierung der körpereigenen Reserven durch Freisetzung
aus dem Gewebe (in Verbindung mit vWF)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 13
Von Willebrand-Syndrom
Häufigstes angeborenes Blutungsleiden Autosomal dominant oder rezessiv vererbt =>
Männer und Frauen sind betroffen Symptome
Schleimhautblutungen (Nase, Mund, Magen, Darm, Harnwege)
Menorrhagien Nachblutungen bei Zahnextraktion, Tonsillektomie u.ä. Selten Gelenkblutungen Hämophilie ähnliche Symptome bei gleichzeitigem
Faktor VIII-Mangel
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 14
Von Willebrand-Syndrom
Von Willebrand-Faktor Mischung aus unterschiedlich großen
Multimeren. Die kleinste Einheit ist ein dimeres Molekül. Mit zunehmender Multimerengröße nimmt
auch die Wirksamkeit zu.
Dimer
MultimereWirksamkeit
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 15
Von Willebrand-Syndrom
Funktion des vWF Bindung an Subendothel (Kollagenbindung) Großmolekulare Multimere binden an GP Ib-Rezeptor
auf der Thrombozytenoberfläche => Verbindung der Thrombozyten mit dem Subendothel
Bindung an den GP IIb/IIIa-Rezeptor der Thrombozyten => Verbindung der Thrombozyten untereinander
Schutz des Faktor VIII vor vorzeitiger Proteolyse durch Protein C (nichtkovalenter Komplex) (Thrombin spaltet den Faktor VIII vom vWF ab und aktiviert ihn) (Faktor VIII-assoziiertes Antigen)
In vitro: Bindung an den GP Ib-Rezeptor in Gegenwart von Ristocetin (Ristocetin-Kofaktor)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 16
Von Willebrand-Syndrom
Klassifikation Typ 1: leichte quantitative Defekte Typ 2: Qualitative Defekte
Typ 2A: große und/oder mittelgroße Multimere fehlen
Typ 2B: großmolekulare Multimere fehlen, Ristocetininduzierte Aggregation gesteigert, Bindung an Thrombozyten gesteigert => Thrombozytopenie
Typ 2N: Funktionsdefekt (Faktor VIII-Bindung) Typ 3: schwere quantitative Defekte
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 17
Von Willebrand-Syndrom - Diagnostik Leitbefund: klin. Verdacht, aPTT verlängert (+/-), Quick normal
Heparin? Endogener Faktorenmangel? (Einzelfaktoren VIII, IX, XI, XII)
Eventuell Faktor VIII vermindert Blutungszeit: verlängert PFA-100: pathologisch VIII:RCof (Ristocetin-Kofaktor-Aktivitätstest)
In Gegenwart von Ristocetin kommt es zur Aggregation von Spenderthrombozyten. Angabe in % der NormEingeschränkte oder fehlende Aggregation bei qualitativen und quantitativen Defekten des vWF
Multimeranalyse mittels Gelelektrophorese Gentypisierung
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 18
Von Willebrand-Syndrom - Diagnostik Normbereich (RCof): 60 – 150 % Vermindert: von Willebrand-Syndrom Erhöht:
Passager in vielen klinischen Situationen (Akutphaseprotein) Postoperativ Schwangerschaft Koronare Herzkrankheit Venöse Verschlusskrankheit Diabetes Tumoren
Träger der Blutgruppe O haben niedrigere Werte (VIII:C, VIII:RCof, vWF:Ag) als Träger der anderen Blutgruppen. Bei Blutgruppe A sind die Werte am höchsten.
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 19
Von Willebrand-Syndrom - Therapie DDAVP: Aktivierung der körpereigenen
Reserven aus dem Endothel Meist ausreichend bei Typ 1 Kontraindiziert bei Typ 2N
Substitution von Faktor-VIII-Konzentrat mit Anteil an vWF (Haemate HS, Immunate) Immer bei Typ 3 und Typ 2N
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 20
Angeborener Faktorenmangel
Fibrinogen Afibrinogenämie: schweres Blutungsleiden Hypofibrinogenämie: mildes Blutungsleiden Dysfibrinogenämie: meist mildes
Blutungsleiden, manchmal Thrombosebereitschaft
Faktor II-Mangel Blutungsneigung abhängig vom Schweregrad
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 21
Angeborener Faktorenmangel
Mangel an Faktor V, VII, X, XI, XIII Relativ mildes Blutungsleiden, abhängig vom
Schweregrad Mangel an Faktor XII
Keine Blutungsneigung, eher Thromboseneigung
Mangel an Präkallikrein oder HMWK Keine Blutungsneigung
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 22
Erworbene Koagulopathien
Wesentlich häufiger als angeborene Koagulopathien Meist Mangel mehrerer Faktoren Ursachen
Vitamin-K-Mangel Lebererkrankungen Massivtransfusionen Septikämie DIC (Verbrauchskoagulopathie) Erworbene Hemmkörper
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 23
Vitamin-K-Mangel – Ursachen
Verminderung des Prothrombinkomplex (PPSB) Vitamin-K-freie Ernährung (parenteral, kein grünes
Gemüse) Vitamin-K-Resorptionsstörungen (Sprue,
Mukoviszidose, Dünndarmresektion) Leberfunktionsstörungen Bei Neugeborenen in den ersten Lebenstagen Therapie mit Cumarinen Therapie mit bestimmten Antibiotika
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 24
Vitamin-K-Mangel – Diagnostik
Leitbefund: Quick pathologisch, PTT u.U. verlängert, Thrombinzeit normal Cumarintherapie? Bestimmung der exogenen Faktoren (II, V, VII, X)
Faktor V normal, alle anderen vermindert Bestimmung des Faktor IX (im
Prothrombinkomplex enthalten) und der Inhibitoren Protein C und S
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 25
Vitamin-K-Mangel – Therapie
1-malige orale Gabe von Vitamin K Bei Resorptionsstörungen ist eine parenterale Gabe
von Vitamin K erforderlich Bei Cumarinüberdosierung u.U. höherdosierte und
mehrmalige orale Gabe von Vitamin K Bei drohenden und gefährlichen Blutungen oder OP
ist die Gabe von PPSB i.v. notwendig 1-malige Gabe von Vitamin K bei Neugeborenen
(Prophylaxe)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 26
DIC
Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) Verbrauchskoagulopathie Defibrinierungssyndrom
bezeichnen Phasen dieses komplexen Syndroms, das durch verschiedene Erkrankungen verursacht wird.
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 27
DIC - Ursachen
Entzündliche Prozesse, Sepsis, Virusinfektionen Tumoren, Leukämien Operation (Prostata, Uterus, Pankreas, Thoraxorgane) Polytrauma Vermehrter Anfall von Zytokinen Endothelveränderungen (z.B. HELLP-Syndrom) Schock Transfusion von inkompatiblem Blut Verbrennungen Schlangengift ……..
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 28
DIC- Auslöser
Freisetzung von Gewebethromboplastin aus zerstörten Gewebs- oder Endothelzellen Aktivierung von Faktor VII – Bildung von Thrombin –
Bildung von Fibringerinnseln in der Mikrozirkulation Gerinnungsaktivierung durch Endotoxin
(Membranbestandteile aus Bakterien) Zytokine, besonders IL-6 und TNF-α, die die
Gerinnung aktivieren Schlangengift (thrombinähnliche Enzyme) Immunkomplexe (aktivieren Monozyten, die
Gewebethromboplastin freisetzen)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 29
DIC - Verlauf
1. Phase: intravasale Gerinnung 2. Phase: Verbrauch von Gerinnungsfaktoren und –
inhibitoren 3. Phase: gesteigerte Fibrinolyse mit
Defibrinierungssyndrom 4. Phase: Erholung des Hämostasepotentials nach
erfolgreicher Therapie
Der Verlauf kann akut innerhalb von Stunden oder chronisch bzw. latent innerhalb von Tagen oder Wochen sein.
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 30
DIC – 1. Phase
Intravasale Gerinnung Generalisierte Gerinnungsaktivierung durch
freigesetztes Gewebethromboplastin Diffuse Fibrinbildung Mikrogerinnsel verlegen kleine Gefäße und
Kapillaren Aktivierung der Fibrinolyse
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 31
DIC – 1. Phase
Typische Befunde Thrombozytenabfall Häufig erhöhte Fibrinogenwerte
(Akutphaseprotein, viele Fibrinmonomere) Erhöhte Aktivität von Faktor VIII und V
(Aktivierung durch Thrombin) Beginnender AT III-Abfall (auch Protein C) Verkürzte aPTT und Thrombinzeit (gegenüber
Vorwert!)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 32
DIC – 2. Phase
Verbrauch aller Gerinnungsfaktoren und Inhibitoren Zunehmende Blutungsneigung Petechiale Hautblutungen Evtl. Schleimhautblutungen
Zunehmende Fibrinolyse
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 33
DIC – 2. Phase
Typische Befunde Thrombozytopenie Zunehmende Verlängerung der
Gerinnungszeiten bei Quick und aPTT Leichte Verlängerung der Thrombinzeit
möglich Einzelfaktoren vermindert (außer X, II) Fibrinogen normal bis vermindert AT III zunehmend vermindert Anstieg der D-Dimere
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 34
DIC – 3. Phase Vollbild der DIC – Defibrinierungssyndrom
Schwere, generalisierte Blutungsneigung Spontanblutungen
Zuerst petechiale, später flächige Hautblutungen Blutungen im Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt Blutungen aus Wunden und Einstichkanälen
Irreversible Gefäßverschlüsse kleiner Gefäße und Kapillaren Haut, Akren – Nekrosen
Organversagen Niere – Oligurie, Anurie Lunge – Zyanose Leber – Synthesestörung
Tod
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 35
DIC – 3. Phase
Typische Befunde Schwere Thrombozytopenie Globaltests stark verlängert bis ungerinnbar Thrombinzeit verlängert Fibrinogen stark vermindert bis nicht messbar Einzelfaktoren stark vermindert, aber Prothrombin oft
noch relativ hoch AT III stark vermindert D-Dimere stark erhöht Fibrinogenspaltprodukte stark erhöht Fragmentozyten im Blutausstrich (bei latenter DIC)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 36
DIC – 4. Phase
Nach erfolgreicher Therapie Fibrinogen steigt wieder an
(Akutphaseprotein) Absinken der D-Dimere Anstieg des AT III Normalisierung der Thrombinzeit Normalisierung der Globaltests Langsamer Anstieg der Thrombozyten
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 37
DIC
Thrombozyten
AT III
Fibrinogen
D-Dimere
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 38
DIC - Therapie
Behandlung der Grunderkrankung Hemmung der Gerinnungsaktivierung durch Heparin (niedrig
dosiert) und gleichzeitige Gabe von AT III Gabe von aktiviertem Protein C
Erhöhte Blutungsneigung! Ersatz der verbrauchten Faktoren und Inhibitoren
(Frischplasma!) Hemmung der Hyperfibrinolyse
Die Therapie muss immer individuell angepasst sein!
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 39
Thrombophilie
Angeboren AT III-Mangel Protein C-Mangel Protein S-Mangel Faktor V Leiden Faktor II Leiden Faktor XII-Mangel Hyperhomocysteinämie
Erworben AT III-Mangel Protein C-Mangel Protein S-Mangel Resistenz gegen
aktiviertes Protein C
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 40
AT III-Mangel
Heterozygot: 0,02 % der Bevölkerung AT III-Konzentration ca. 50 % Derzeit höchstes bekanntes genetisches
Risiko für Thromboembolien bereits in jugendlichem Alter
Erhöhtes Risiko während der Schwangerschaft
Pille kontraindiziert! Homozygot: nicht mit dem Leben vereinbar
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 41
Protein C-Mangel
Heterozygot: 0,2 – 0,4 % der Bevölkerung 6-10fach erhöhtes Thromboserisiko Protein C-Konzentration ca. 50% Klinisch ähnlich wie AT III-Mangel Bei Einleitung der Cumarintherapie
können Cumarinnekrosen auftreten Homozygot:
Bereits bei Neugeborenen schwerste Thromboembolien. Die Kinder können nur durch intensivmedizinische Maßnahmen am Leben erhalten werden.
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 42
Faktor V Leiden
1993 erstmals beschrieben Häufigster genetischer Defekt (autosomal dominant)
mit Thromboembolierisiko: 4 – 7 % der Bevölkerung 7 – 1000faches Thromboembolierisiko
(heterozygot/homozygot) Risiko vor allem in Verbindung mit anderen
Risikofaktoren weiter erhöht (Pille, Schwangerschaft, Langstreckenflüge, …)
Synonym: APC-Resistenz = Resistenz gegen aktiviertes Protein C
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 43
Faktor V Leiden
Punktmutation des Faktor V-Gens Austausch von Arginin in Position 506 durch
Glutamin (A506G) Aktiviertes Protein C erkennt die Spaltungsstelle von
F Va nicht mehr Faktor Va wird nicht inaktiviert, Thrombin kann
vermehrt gebildet werden Bestimmungsmethoden:
Molekularbiologisch (PCR) Funktionstest (APC-Resistenz)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 44
APC-Resistenz-Bestimmung
2fache aPTT-Bestimmung ohne und mit Zusatz von aktiviertem Protein C aPC inaktiviert die Kofaktoren V und VIII und
verlängert daher die aPTT um das 2- 3fache des Ausgangswertes
Durch Zusatz von Faktor V-Mangelplasma wird ein Faktorenmangel ausgeschlossen.
Bestimmung der Ratio:aPTTaPC / aPTT
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 45
APC-Resistenz-Bestimmung
APC-Resistenz-Ratio > 2: Faktor-V-Leiden-Mutation praktisch ausgeschlossen
APC-Resistenz-Ratio < 2 und > 1,5: V.a. heterozygoten Faktor V Leiden
APC-Resistenz-Ratio 1,0 – 1,3: V.a. homozygoten Faktor V Leiden
Abklärung aller Verdachtsfälle mittels PCR !
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 46
Therapie der Hyperkoagulabilität
Dauertherapie: Cumarintherapie Prophylaxe: Heparintherapie Akut: Fibrinolysetherapie oder Operation
Bei jeder dieser Therapien besteht u.U. die Gefahr der Rethrombosierung !
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 47
Cumarintherapie
Wirkungsoptimum nach einigen Tagen Engmaschige Kontrollen des Quickwertes Blutungsrisiko Evtl. Nahrungsumstellung Genaues Einhalten der Dosierung Nicht anwendbar in Schwangerschaft und Stillzeit
(Ausweichen auf Cumarinderivat möglich) Gefahr von Cumarinnekrosen in der Initialphase der
Therapie Schneller Abfall von Protein C (HWZ 6 – 7 Std.)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 48
Heparintherapie Sofort wirksam Eliminierung über die Nieren (Vorsicht bei niereninsuffizienten
Patienten) oder Bindung an Endothel Verschiedene Heparine
Unfraktionierte Heparin (UFH) (Liquemin) Fraktioniertes Heparin (LMWH) (Fragmin, Clexane) Danaparoid-Natrium (Orgaran) Synthetisches Pentasaccharid
UFH hat Anti-Thrombin- und Anti-Xa-Aktivität, alle anderen fast nur Anti-Xa-Aktivität
Bindung an Plättchenfaktor 4 (v.a. UFH, weniger LMWH und Orgaran) => unterschiedliche Bioverfügbarkeit
Plättchenaggregation möglich (UFH)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 49
Heparintherapie
Komplikationen UFH kann zu Thrombozytenaggregation führen
Thrombozytenabfall mit Beginn der Therapie => Blutbildkontrolle
HIT = Heparin induzierte Thrombozytopenie - IgG-Antikörperbildung gegen Heparin-Plättchenfaktor-4-Komplexe möglich (vor allem bei UFH und in geringerem Maß bei LMWH)
Bindung der AK-Heparin-PL4-Komplexe an Thrombozyten oder Endothel (an Rezeptoren für IgG)
Plättchenaktivierung, Freisetzung von PL4, Thrombozytenabfall (< 50% des Ausgangswertes), Thrombinbildung, venöse und arterielle thromboembolische Komplikationen (Amputation, Tod)
Sofortiges Absetzen des Heparins (UFH und LMWH) und Wechsel zu Orgaran oder Hirudin
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 50
Fibrinolysetherapie
Indikation Lungenembolie Herzinfarkt Tiefe Beinvenenthrombose (kaum noch)
Mögliche Fibrinolytika Streptokinase Urokinase rt-PA (rekombinant)
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 51
Fibrinolysetherapie
Streptokinase Aus Streptokokken gewonnenes Protein Streptokinase bildet mit Plasminogen einen Komplex,
der als Plasminogenaktivator wirkt – systemische Lyse Klassische Therapie: hohe lytische Aktivität (12 – 20h) Ultrahohe Therapie: hohe Streptokinasedosierung –
viele Komplexe – weniger Plasmin – kürzere Lyse (6h) Verlauf der Therapie
1. Phase: Plasminämie, TZ -, Fibrinogen -, D-Dimere
2. Phase: Ausklingen der Plasminämie, TZ , Fibrinogen ansteigend
3. Phase: keine Plasminämie, TZ normal, Aktivierung des fibringebundenen Plasminogens möglich – endogene Lyse
Inge Vonnieda Grundlagen der Blutgerinnung Teil 3 52
Fibrinolysetherapie
Urokinase Körpereigener Plasminogenaktivator Mäßige Plasminämie Langsamer Anstieg der fibrinolytischen Aktivität Über Tage anhaltend Geringe Änderungen der Gerinnungsparameter
rt-PA Bindet an Fibrin und entfaltet erst dann seine Wirkung Relativ hohe Blutungsgefährdung Keine allergischen Reaktionen Einsatz v.a. bei Herzinfarkt