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wir alle spüren, dass dieser Wahlkampf intensiver und härter wird als alle zuvor. Dafür haben wir aber auch mehr Rücken- wind als jemals zuvor: Fantastische Umfra- gewerte und so viele Mitglieder wie noch nie zeigen, dass wir eine Menge Zustim- mung und Unterstützung bekommen. Und da wir Grünen grundsolide sind, und auch die Baden-WürttembergerInnen nicht gerade zum extremen Überschwang nei- gen, muss niemand befürchten, dass wir den Boden unter den Füßen verlieren: Bei uns bleiben die Schuhsohlen unbe- schriftet! GRUNE BLATTER ¨ ¨ Mitgliederzeitschrift Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg · 04.2010 Fortsetzung Seite 2 Hier ist mehr drin: Grün oder nicht grün? – Das ist hier die Frage. Nicht für die Wirtschaft: Ökologi- sche Rahmenbedingungen sind der Schlüssel für ökonomische Prosperität im Land. Von Winfried Kretschmann. Zementieren oder ausprobieren? – Oder anders gefragt: Wie muss sich das Schul- system wandeln, um kind-gerecht und demographie-fest zu werden. Von Chris Kühn. Vorwärts oder rückwärts? – Was für eine Frage: Beim Klimaschutz ist entschei- dend, ob die Energiewende gelingt. Von Gisela Splett Allein oder gemeinsam? – Gute Frage, aber kein Gegensatz. Denn eine Gesell- schaft kann nur solidarisch funktionie- ren. Mit jedem einzelnen im Boot. Von Bärbl Mielich. Öffentlich oder individuell? – Falsche Frage: Auf eine intelligente Verknüpfung der Verkehrsträger kommt es an. Von Andreas Schwarz. Von Silke Krebs An die ersten Punkte auf der Wahlkampf- To-Do-Liste können wir Häkchen machen: Wir haben bei unse- rer Landesdelegier- tenkonferenz ein hervorragendes Land- tagswahlprogramm verabschiedet. Und auch unsere Kampagnenlinie kam beim Kreisvorständetreffen richtig gut an. Damit haben wir die Grundlage dafür gelegt, dass 2011 Grün wird. Das ist auch gut so, denn der Vorwahlkampf hat eigent- lich längst begonnen und wird – so sieht es derzeit aus – im neuen Jahr nahtlos in den eigentlichen Wahlkampf übergehen. Und Wer, wenn nicht Grün?

GRUNE ¨¨BLATTER - gruene-bw.de · Co. in eine rückwärtsgewandte Politik, die mit grünen Zielen aber auch gar nichts zu tun hat. Und natürlich freuen wir uns, dass es erstmals

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wir alle spüren, dass dieser Wahlkampfintensiver und härter wird als alle zuvor.Dafür haben wir aber auch mehr Rücken-wind als jemals zuvor: Fantastische Umfra-gewerte und so viele Mitglieder wie nochnie zeigen, dass wir eine Menge Zustim-mung und Unterstützung bekommen. Undda wir Grünen grundsolide sind, und auchdie Baden-WürttembergerInnen nichtgerade zum extremen Überschwang nei-gen, muss niemand befürchten, dass wirden Boden unter den Füßen verlieren:Bei uns bleiben die Schuhsohlen unbe-schriftet!

GRUNE BLATTER¨ ¨Mitgliederzeitschrift Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg · 04.2010

Fortsetzung Seite 2

Hier ist mehr drin:

Grün oder nicht grün? – Das ist hier dieFrage. Nicht für die Wirtschaft: Ökologi-sche Rahmenbedingungen sind derSchlüssel für ökonomische Prosperität imLand. Von Winfried Kretschmann.

Zementieren oder ausprobieren? – Oderanders gefragt: Wie muss sich das Schul-system wandeln, um kind-gerecht unddemographie-fest zu werden. Von ChrisKühn.

Vorwärts oder rückwärts? – Was für eineFrage: Beim Klimaschutz ist entschei-dend, ob die Energiewende gelingt. VonGisela Splett

Allein oder gemeinsam? – Gute Frage,aber kein Gegensatz. Denn eine Gesell-schaft kann nur solidarisch funktionie-ren. Mit jedem einzelnen im Boot. VonBärbl Mielich.

Öffentlich oder individuell? – FalscheFrage: Auf eine intelligente Verknüpfungder Verkehrsträger kommt es an. VonAndreas Schwarz.

Von Silke Krebs

An die ersten Punkteauf der Wahlkampf-To-Do-Liste könnenwir Häkchen machen:Wir haben bei unse-rer Landesdelegier-

tenkonferenz ein hervorragendes Land-tagswahlprogramm verabschiedet. Undauch unsere Kampagnenlinie kam beimKreisvorständetreffen richtig gut an.Damit haben wir die Grundlage dafürgelegt, dass 2011 Grün wird. Das ist auchgut so, denn der Vorwahlkampf hat eigent-lich längst begonnen und wird – so sieht esderzeit aus – im neuen Jahr nahtlos in deneigentlichen Wahlkampf übergehen. Und

Wer, wenn nicht Grün?

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Fortsetzung von Seite 1

Gelassen zu bleiben ist vermutlich auchdie beste Art, diese Wahl anzugehen. Wirsehen deshalb auch keinen Grund, jenach Tagespolitik unseren Kurs derEigenständigkeit zu korrigieren. Wer soll-te auch gerade in Frage stellen, dass dieGrünen eine eigene Kraft mit eigenerStärke sind? Dennoch ist bei grundsätz-licher Eigenständigkeit klar, dass eineKoalition mit der CDU im Frühjahr 2011derzeit mehr als unwahrscheinlich ist.Schließlich verrennen sich Mappus undCo. in eine rückwärtsgewandte Politik, diemit grünen Zielen aber auch gar nichts zutun hat. Und natürlich freuen wir uns,dass es erstmals eine prognostizierteMehrheit für Grün-Rot gibt. Hand aufsHerz, wer hätte noch vor einem Jahrgedacht, dass so etwas Ende 2010 inBaden-Württemberg möglich ist?

Wichtig ist auch, dass wir uns nicht einre-den lassen, das alles beruhe nur auf einemmomentanen Hype oder der Auseinander-

setzung um Stuttgart 21. Denn der positi-ve Trend hält nun schon recht lange anund ist auch bundesweit zu spüren. Ich binmir sicher: Wir erfahren gerade auch des-halb viel Zustimmung, weil wir unsere The-men nicht nach Trends ausrichten. Wirhaben Klimaschutz in den Mittelpunktgerückt, als es dafür noch wenig Zustim-mung gab. Und wir sind auch nicht dieje-nigen, die ihre Themenbreite dem geradeErfolg versprechenden Thema unterord-nen. Dazu gibt es bei uns viel zu viele Über-zeugungstäterInnen, deren Herzblut undganzes Engagement jeweils ihrem Themagewidmet ist – sei es soziale Gerechtigkeit,Ökologie, Verkehrspolitik, Tierschutz,Wirtschaftspolitik oder eines der vielenanderen wichtigen Themen. Auch die Län-ge des Landtagswahlprogramms legt davonein beredtes Zeugnis ab.

Auch anderes spricht für uns: In Sachenoffener, diskursiver Politikstil kann unsnun wirklich niemand was vormachen!

02 · GRÜNE BLÄTTER 04.10

Genau das, was viele in Baden-Württem-berg angesichts der Basta-Politik à laMappus vermissen, hat bei uns große Tra-dition: Kontroverse Fragen ausführlichund offen zu diskutieren. Allein der Ver-gleich der jeweiligen Parteitagskulturzeigt, wo lebendige Politik zuhause ist: Beiuns. Diesen Politikstil wollen wir im gan-zen Land möglich machen. Damit dieMenschen bei wichtigen Projekten mitre-den können, ihre Anregungen und Ein-wände ernst genommen und einbezogenwerden. Durch echte Beteiligung, mehrdirekte Demokratie und durch umfassen-de Transparenz in der Umsetzungsphase.

Deshalb gibt die Überschrift dieses Arti-kels die richtige Antwort auf die Frage, wereinen echten Politikwechsel in Baden-Württemberg möglich machen wird: Nurwir Grüne. Packen wir’s an!

Silke Krebs ist Landesvorsitzende der baden-württembergischen Grünen

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Geht es nach CDU und FDP, dann soll allesso bleiben, wie es ist. Ihnen fehlt die Ein-sicht, dass der Klimawandel und die knap-per werdenden Ressourcen Baden-Würt-temberg vor große Herausforderungenstellen. Dabei empfehlen sogar die Beraterder Landesregierung: Die Wirtschaftspoli-tik soll sich auf die Zukunftsfelder nach-haltige Mobilität, Umwelttechnologie undRessourceneffizienz, Gesundheit und Pfle-ge sowie IT konzentrieren. Gegen den Fach-kräftemangel soll das Land die Schulen ver-bessern, die Weiterbildung voranbringenund Familie und Beruf besser vereinbarmachen. Kurz gefasst: Baden- Württembergbraucht einen Green New Deal.

Beispiel Nachhaltige MobilitätObwohl die Zeit des billigen Öls vorbei ist,stellt unsere Automobilindustrie vor allemgroße und schwere Autos her, und dieZulieferer sind Spezialisten für den Ver-brennungsmotor. Wir wollen erreichen,dass Fahrzeuge made in Baden-Württem-berg viel weniger Energie verbrauchen. DieCDU hat die Pläne der EU-Kommission fürambitionierte CO2-Grenzwerte für PKWunterlaufen. Der ökologische Modernisie-rungsschub wurde damit verzögert. WennGrün regiert, soll das bei den europawei-ten CO2-Grenzwerten für leichte Nutz-fahrzeuge nicht noch einmal passieren.Wir wollen die Forschung für die Energie-speicherung, zum Beispiel in Batterien,voranbringen. Aber im Gegensatz zuSchwarz-Gelb wollen wir den Verbren-nungsmotor nicht einfach gegen denElektromotor tauschen. Wir brauchenintelligente Mobilitätskonzepte, die alleVerkehrsmittel – vom Fahrrad über Busund Bahn bis zum Auto – sinnvoll kombi-nieren. Das spart CO2 und macht ver-stopfte Städte wieder lebendig.

Beispiel Nachhaltige EnergieversorgungWeniger als ein Viertel des Stroms wirdbundesweit aus Atomkraft gewonnen, runddie Hälfte ist es in Baden-Württemberg.Die bisherige Landesregierung will nichtetwa diesen Modernisierungsrückstandaufholen. Sie hat es sogar zum Ziel erho-

ben, diesen Anteil mindestens bis 2020beizubehalten – und dabei nicht eineKilowattstunde Strom einzusparen. KeinWunder, dass Stefan Mappus die kräftigeLaufzeitverlängerung für die Atomkraft-werke mit durchgesetzt hat. DiesesGeschenk an die Atomkonzerne, das wirüber Bundesrat und Bundesverfassungs-gericht stoppen wollen, schadet demWettbewerb auf dem Strommarkt. Und esschadet den Stadtwerken, die in dezentra-le Energieversorgung und effiziente Kraft-Wärme-Kopplung investieren.

Dass Baden-Württemberg weniger als einProzent Windkraft im Strommix aufweist,ist das Werk der CDU. Mit ihrem Kampfgegen gute Standorte für Windkraftanla-gen hat sie Investoren vergrault. Eine grü-ne Landesregierung bräuchte nicht einenEuro öffentlicher Mittel, um diese unöko-logische Ordnungspolitik zu ändern. VieleMaschinenbauer und bisherige Automo-bilzulieferer im Land warten darauf, mitWindkraft auf ihrem Heimatmarkt Geld zuverdienen und Arbeitsplätze zu sichern.

Ökologischer OrdnungsrahmenBaden-Württemberg muss als weltweitbedeutender Industriestandort seinerökologischen Verantwortung bessergerecht werden. Eine ökologische Ord-nungspolitik mit klaren Rahmenbedin-gungen für die Wirtschaft ist dabei derSchlüssel. Genau das fordern viele Unter-nehmen ein. Sie setzen auf ihren techno-logischen Vorsprung, um höhere Umwelt-standards von Lärm über Schadstoffe biszu CO2 einzuhalten. Bei CDU und FDP fin-den sie keine Ansprechpartner.Gemeinsam mit innovativen Unternehmenund ArbeitnehmerInnen, ForscherInnenund einer kritischen Öffentlichkeit kön-nen wir in Baden-Württemberg eine öko-logische Modernisierung in Gang setzen,die weltweit zu weniger Energie- und Res-sourcenverbrauch beiträgt .

Winfried Kretschmann ist Spitzenkandidat der Grünen zur Landtagswahl und Vorsitzender der Grünen im Landtag

GRÜNE BLÄTTER 04.10 · 03

Für einen Green New Deal Von Winfried Kretschmann

MEINE KAMPAGNE BaWüEgal, ob Du Mitglied oder Sympathi-santIn bist, ob Du nur einige MinutenZeit mitbringst oder mehr, ob Du on-line aktiv werden möchtest oder aufder Straße bei Dir vor Ort – unsereAktionsplattform MEINE KAMPAGNEbietet dir viele Möglichkeiten, wie Duuns im Landtagswahlkampf unterstüt-zen kannst. Werde auf MEINE KAM-PAGNE aktiv gegen Stuttgart 21, fürden Atomausstieg, für eine bessere Bil-dungspolitik oder für die Abrüstungvon Justizminister Goll!www.gruene-bw.de/meine-kampagne

Neue GRUENE-BW.deSchöner, neuer, interaktiver – die neueWebsite der baden-württembergischenGrünen ist jetzt am Start. Die neueGRUENE-BW.de dient als unser zen-trales Informationsportal und virtuel-le Wahlkampfzentrale. Hier laufen alleunsere Online-Aktivitäten vom Blog,über MEINE KAMPAGNE bis zu unse-ren Web 2.0-Aktivivitäten zusammen.Im Lauf des Wahlkampfs kommenimmer neue Tools und Angebote wieunsere grüne Smartphone-App, dasPlakatspende-Tool oder der Grün-O-Mat dazu. Schaut rein: www.gruene-bw.de

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04 · GRÜNE BLÄTTER 04.10

Die schwarz-gelbe Bildungspolitik istgrundlegend gescheitert. In keinem ande-ren Bundesland hängen die Bildungs-chancen eines Kindes so sehr vom Geld-beutel und der Herkunft der Eltern ab wiebei uns. Die Chancen eines Arbeiterkindes,ein Gymnasium zu besuchen, sind bei unsum ein vielfaches niedriger als für ein Aka-demikerkind. Die schwarz-gelben „Bil-dungsreformen“ der letzten Jahre habendie Bildungsmisere in Baden-Württembergnoch weiter verschärft.

Die Einführung der Werkrealschule ist einereine Mogelpackung und wirkt als Schul-schließungsprogramm im ländlichenRaum. Wir wollen hingegen, dass die Schu-le im Dorf bleibt und die Basta-Politik desKultusministeriums ein Ende findet. DieEinführung des achtjährigen Gymnasiumshat die zeitliche Belastung und den psychi-schen Druck auf die Kinder massiv erhöht.Hinzu kommt, dass pro Jahr an unserenSchulen 1,6 Millionen Unterrichtsstundenausfallen. Unter diesen Bedingungen istder Ausbau der individuellen Förderungnur ein leeres Versprechen.

Anstatt Bildungsblockaden einzureißen,hält die Landesregierung an ihrer über-kommenen Schulpolitik fest und zemen-tiert das ungerechte dreigliedrige Schulsy-stem. Jede innovative Schulentwicklungvor Ort wird aus ideologischen Gründensystematisch verhindert. Die Folge: Wirhaben im Land viel zu viele Bildungsverlie-rerInnen.

Wir Grünen wissen: Es braucht einen bil-dungspolitischen Aufbruch im Land. Des-halb muss endlich ein Schwerpunkt auf dieindividuelle Förderung jedes einzelnenKindes gelegt werden. Wir Grünen stehenfür ein wirklich kindgerechtes Bildungssy-stem, das jedes Kind in Baden-Württem-berg optimal unterstützt.

Auf den Anfang kommt es an. Deshalb müs-sen Kitas und Kindergärten zu echten Bil-dungseinrichtungen weiterentwickelt wer-den. Wir Grüne wollen die Krippenplätzeab dem ersten Lebensjahr und die Ganzta-gesplätze flächendeckend massiv ausbau-

Für einen Aufbruch in der BildungspolitikVon Chris Kühn

gen sich gegenseitig. Für uns ist dabei klar:Die Zeit von Bildungsreformen von obenherab sind vorbei. Deshalb wollen wir dieSchulentwicklung in die Hände der Kom-munen, Eltern, LehrerInnen und Schüler-Innen vor Ort geben. Überall dort, wo die-se das wollen, sollen längeres gemeinsamesLernen aller Kinder und neue Lernformeneingeführt werden.

Bei der Landtagswahl am 27. März geht esum viel. Aber vor allem geht es um dieZukunft unserer Kinder. Und die brauchenvor allem eines: eine gute Bildung.

Chris Kühn ist Landesvorsitzender der baden-württembergischen Grünen

en und das spielerische Lernen ins Zen-trum stellen.

Die Aufteilung von Kindern nach der vier-ten Klasse steckt Zehnjährige in Schubla-den und vergeudet Talente, die wir späterdringend als Fachkräfte brauchen. Deshalbwollen wir die zehnjährige Gemeinschafts-schule für alle Kinder und konsequenteindividuelle Förderung. Damit orientierenwir uns am Vorbild der skandinavischenSpitzenschulen. Unsere Schule fußt aufeiner neuen Lernkultur, die Verschieden-heit nicht als Problem sieht, sondern alsChance. Wir wissen: Begabtenförderungund die Förderung schwächerer Schülerschließen sich nicht aus, sondern bedin-

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GRÜNE BLÄTTER 04.10 · 05

Der Klimawandel wird die Menschheit indiesem Jahrhundert noch vor nie da gewe-sene Herausforderungen stellen. Um dieweltweiten Auswirkungen in einem halb-wegs beherrschbaren Ausmaß zu halten,müssen wir in den Industrieländern unse-re CO2-Emissionen drastisch reduzierenund bis 2050 auf unter 10 Prozent deraktuellen Werte herunterfahren. „Weiterso“ ist keine Option und kleine Korrektu-ren werden nicht ausreichen. Neben demAusbau der Erneuerbaren brauchen wirdeutliche Impulse für Energieeinsparung– nicht nur beim Stromverbrauch und derWärmeversorgung, sondern auch in denBereichen Mobilität, Konsum und Land-wirtschaft bzw. Ernährung.

Doch statt sich dieser Herausforderunganzunehmen, hat die Bundesregierungmit ihrem Energiekonzept den Rückwärts-gang eingelegt. Schwarz-Gelb agiert alsHandlanger der großen Energiekonzerneund hat den beschlossenen Atomausstiegaufgekündigt. Die Bundesregierung –angetrieben von den baden-württember-gischen AtomfreundInnen Mappus undGönner – setzt auf alte zentrale Struktu-ren. Mit der Laufzeitverlängerung fürAtomkraftwerke ignoriert sie das Sicher-heitsbedürfnis der Bevölkerung und dasungelöste Endlagerproblem. Dabei istdoch klar: das Ziel lautet 100 ProzentErneuerbare und vollständige Abkehr vonden fossilen und atomaren Energieträ-gern. Auch im Sinne unserer internatio-

Für konsequenten KlimaschutzVon Gisela Splett

nalen Wettbewerbsfähigkeit sollte Baden-Württemberg hier Vorreiter sein und dasBremserhäuschen verlassen. Die Land-tagswahl entscheidet darüber, ob dieEnergiewende bei uns gelingt und in wel-che Richtung Baden-Württemberg zu-künftig beim Bund Druck macht.

Wir Grünen werden den dezentralen Aus-bau der erneuerbaren Energien vorantrei-ben und die Blockade beim Ausbau derWindkraft beenden. Statt auf schmutzigenStrom aus Atom und Kohle setzen wir aufmehr Kraft-Wärme-Kopplung und einebessere Ausschöpfung bisher ungenutzterEnergiepotentiale z.B. im Bio-Abfallbe-reich. Wir beschleunigen die Wärmesan-ierung des Gebäudebestands. Und weilauch die Landwirtschaftspolitik Auswir-kungen auf unsere CO2-Bilanz hat, wer-den wir auch hier den Klimaschutz stärkenund die Förderprogramme so gestalten,dass sie Humusanreicherung honorierenund Anreize für einen geringen Energie-Input geben. Wir richten die Verkehrspo-litik an Klimazielen aus, nutzen Möglich-keiten zur Verkehrsvermeidung undstärken das öffentliche Nah- und Fernver-kehrsangebot. Wichtig ist mir auch dieVorbildfunktion des Landes: Das fängt beider Wärmedämmung von Landesgebäu-den an, beinhaltet aber auch einen spar-samen Fuhrpark, ein öko-faires Beschaf-fungswesen und die Verwendungklimafreundlicher Produkte wie z.B. Recy-clingpapier, weniger Fleisch und mehr Bioin Kantinen sowie die Umstellung aufÖkostrom.

Beim Ausbau der Erneuerbaren heiligt dasZiel allerdings nicht die Mittel: Unsereökologischen Ansprüche gelten auch fürdie Energiewende. Denn bei aller Bedeu-tung, die die von uns Grünen vorangetrie-bene Energiewende hat: Am Ende geht esdarum, unsere Lebens- und Wirtschafts-weise insgesamt ökologisch verträglich zugestalten und Baden-Württemberg zu-kunftsfähig zu machen.

Gisela Splett ist Mitglied im grünen Spitzen-team zur Landtagswahl und umweltpolitischeSprecherin der Grünen im Landtag

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Für mehrsozialeGerechtigkeit

06 · GRÜNE BLÄTTER 04.10

Von Bärbl Mielich

2011 wird grün – wirschicken uns an,Baden-Württembergzu verändern. Gründ-licher als bisher wer-den grüne Ideen und

grüne Konzepte bewertet, vor allem dieGrüne Sozialpolitik. Doch wie sieht dieGrüne Vision einer gerechten Sozialpolitikaus, was unterscheidet uns von den Sozial-demokraten, wo wollen wir Verantwortungübernehmen, wo motivierend unterstüt-zen? Klar ist, dass wir keinen reinen Für-sorgestaat wollen. Klar ist auch, dass wir inder Sozialpolitik vor großen Herausforde-rungen stehen: Unsere Gesellschaft verän-dert gerade grundlegend ihre Zusammen-setzung. Der Anteil junger Menschenschwindet, gleichzeitig erhöht sich derAnteil Älterer. Das bedeutet, dass sich dassoziale Leben grundlegend verändernwird. Entsprechend muss die Politik hiereinen Rahmen vorgeben.

Grüne Sozialpolitik hat das Ziel, alle Bür-gerInnen in diesem Land am gesellschaft-lichen Leben teilhaben zu lassen. Dasbedeutet Spielräume zu eröffnen, die indi-viduelle Lebensentwürfe umsetzbarmachen und gleichzeitig Initiativen zuunterstützen, den sozialen Raum durch dieBürgerInnen zu gestalten. Wir wollen einestarke solidarische Gesellschaft, in derUnterstützung und Aufmerksamkeit fürunterschiedliche Bedürfnisse herrschenund gleichzeitig Verantwortung füreinan-der übernommen wird.

Das beginnt mit der frühkindlichen För-derung. Kleine Kinder brauchen alle denKontakt zu Gleichaltrigen, um zu kom-munizieren und voneinander zu lernen.Kinder mit Migrationshintergrund lernenso schneller die deutsche Sprache,genauso wie Kinder, die in einem sprach-armen Haushalt aufwachsen. Kinder mitBehinderungen brauchen früh den Kon-takt und die Förderung mit und durchKinder ohne Behinderungen.

Diese Chance muss Politik eröffnen. Wirbrauchen eine entsprechend ausgebauteInfrastruktur und wir brauchen vor allembezahlbare Kita-Plätze. Dazu müssen allepolitischen AkteurInnen in ein Boot, dieKommunen und das Land müssen sich anden Kosten beteiligen. Klar ist aber auch,dass Eltern individuell entscheiden, ob siedieses Angebot annehmen wollen odernicht. Wir wollen eine echte Wahlfreiheit.

Wir sehen in der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention den Para-digmenwechsel, der nötig ist, um mit demUmbau unserer Gesellschaft hin zu einerbarrierefreien Gesellschaft zu beginnen.Wir wollen die gemeinsame Schule füralle, eine barrierefreie Kommunikation,die auch seh- und hörbehinderten Men-schen zugänglich ist, die Unterstützungbeim Schaffen von barrierefreiem Wohn-raum, den Abbau von Barrieren in Unis,Ausbildungseinrichtungen und Arbeits-plätzen.

Wir wollen in der Alten- und Pflegepolitikneue Wege gehen. Weg von großen Pfle-geeinrichtungen hin zu dezentralenwohnortnahen Betreuungs- und Pflege-einheiten, die getragen werden vom sozi-alen Umfeld, vom Quartier in der Stadtoder dem Dorf.

Wir werden mit einer stärkeren Vernetzungvon Krankenhäusern, Gesundheitszentrenund niedergelassenen Praxen eine wohn-ortnahe medizinische Grundversorgunggerade auch im ländlichen Raum sichern.

Grüne Sozialpolitik braucht viele Men-schen, die wir begeistern wollen. Wirhaben bei der Landtagswahl erstmalig diegute Chance, unsere Ideen in die Tatumzusetzen. Nutzen wir sie!

Bärbl Mielich ist Mitglied im grünen Spitzenteam zur Landtagswahl und Sprecherin der Grünen im Landtag für Gesundheitspolitik, Ältere und Menschen mit Behinderung

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GRÜNE BLÄTTER 04.10 · 07

Wir Grünen wollen einen besseren öffent-lichen Personenverkehr im ganzen Landanstatt zu viel Geld für unnötige Groß-projekte zu verschwenden. Deshalb wer-den wir alles tun, um Stuttgart 21 zu ver-hindern. Denn das Projekt ist völligüberteuert, und es drohen riesige Kosten-explosionen. Außerdem führt Stuttgart 21dazu, dass in Baden-Württemberg not-wendige Bahnprojekte dem Rotstift zumOpfer fallen oder auf die lange Bankgeschoben werden. Weiter wird mit Stutt-gart 21 ein integraler Taktfahrplanunmöglich, Zuwächse im Schienenverkehrwerden auf Dauer verhindert und die vie-len Engpässe am neuen Nadelöhr Stutt-gart werden zu ständigen Verspätungenführen.

Damit mehr Menschen auf die Bahnumsteigen, brauchen wir gut getaktete,

verlässliche Verbindungen und die pas-senden Anschlüsse. Außerdem müssen wirbestehende Strecken erneuern und dieICE-Neigetechnik weiterentwickeln, umzusätzliche Fahrzeitverkürzungen zu errei-chen. Anstatt Stuttgart 21 durchzuboxen,brauchen wir den Ausbau der Rheintal-bahn und der Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim. Diese Projekte sind für ein lei-stungsfähiges europäisches Schienennetzdringend notwendig, aber bislang völligunterfinanziert.

Autos und LKWs stoßen Unmengen anklimaschädlichen CO2 und Feinstaub aus.Daher muss der Verkehr endlich seinenBeitrag zum Klimaschutz leisten: Diesgelingt durch eine integrierte Verkehrs-planung, die auf Verkehrsvermeidungdurch eine optimierte Siedlungs- undGewerbeflächenentwicklungsplanung

Für eine echte VerkehrswendeVon Andreas Schwarz

ausgelegt ist. Außerdem brauchen wirmehr umweltorientierten Verkehr – Fuß-gängerverkehr, Radverkehr, Verkehr mitBussen und auf der Schiene – und eineradikale CO2-Reduktion im Straßenver-kehr (z.B. durch E-Mobilität mit erneuer-baren Energien).

Wir Grünen wollen den öffentlichen Per-sonennahverkehr (ÖPNV), bei dem Regio-nalzug, S-Bahn, Stadtbahn, Omnibus undAnrufsammeltaxi häufig und gut aufein-ander abgestimmt fahren. Nachtverbin-dungen machen junge Menschen mobilund bringen in den Nachtstunden mehrVerkehrssicherheit. Dort wo eine vollstän-dige Versorgung heute noch nicht mög-lich ist, müssen Individualverkehr undÖPNV besser miteinander verknüpft wer-den. Ein guter ÖPNV ist auch sozialpoli-tisch wichtig, da er allen Menschen Mobi-lität garantiert. Für uns ist klar: Die Tarifeim ÖPNV müssen bezahlbar bleiben.Daher lehnen wir eine noch stärkere Nut-zerfinanzierung über weitere Preiserhö-hungen ab.

Wir wollen, dass der Schienennahverkehrlandesweit mit einem dichten und regel-mäßigen Taktfahrplan und mit modernenund komfortablen Fahrzeugen fährt. DasFahrplanangebot ist auszubauen. Und wirbrauchen mehr Qualität – also Verbesse-rungen etwa bei Fahrzeugen, Pünktlich-keit, Anschlusssicherheit, Sauberkeit,Sicherheit oder Anzahl und Öffnungszei-ten der Verkaufsstellen. An allen Bahnhö-fen sollen die Abstellmöglichkeiten fürFahrräder verbessert und die Carsharing-Stellplätze ausgeweitet werden. Wir wolleneinen bezahlbaren landesweiten Baden-Württemberg-Tarif einführen und die Zer-splitterung in mehr als 20 Verkehrsver-bünde beenden. Und wir wollen andereumweltfreundliche Verkehrsangebote wieCarsharing, Call a Bike und Anrufsammel-taxis in diesen Tarif einbeziehen.

Grün steht für eine echte Verkehrswende.Uns geht es darum, den öffentlichen Per-sonenverkehr in der Fläche zu stärken.Denn davon profitieren die Menschen imganzen Land und das Klima – und nichtvon einem Prestigeprojekt im StuttgarterUntergrund.

Andreas Schwarz ist Mitglied im grünen Spitzenteam zur Landtagswahlund Landesvorsitzender der kommunalpolitischen Vereinigung GAR

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IMPRESSUM:Herausgeber:

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Baden-Württemberg

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Telefax 0711-99 35 999

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Redaktion:

Danyal Bayaz, Tilo Berner, Sandra Boser,

Nadyne Dittmann, Florian Krebs,

Carsten Preiss, Wolfgang Schmitt,

Swantje Sperling, Dirk Werhahn

Druck:

auf Umweltpapier bei

Oktoberdruck AG, Berlin

(Auflage 6.500 Exemplare)

Bildquellen:

Seite 2: norbertloev/flickr.com (CC-BY-NC)

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