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Arbeitspapiere des Fachbereichs Wirtschafts- wissenschaft der Bergischen Universität - Gesamthochschule Wuppertal Günter Senftleben Die Theorie der langen Wellen Wuppertal, 1985, Nr. 85

Günter Senftleben Die Theorie der langen Wellen€¦ · Arbeitspapiere des Fachbereichs Wirtschafts-wissenschaft der Bergischen Universität - Gesamthochschule Wuppertal Günter

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Arbeitspapiere des Fachbereichs Wirtschafts-wissenschaft derBergischen Universität -Gesamthochschule Wuppertal

Günter Senftleben

Die Theorie der langen Wellen

Wuppertal, 1985, Nr. 85

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Günter Senftleben

Die Theorie der langen Wellen

© 1985 Günter Senftleben

Alle Rechte, insbesondere das der Veröffentlichung, vorbehal-ten. Nachdruck oder fotomechanische Wiedergabe nur mitschriftlicher Genehmigung des Autors bzw. des FachbereichsWirtschaftswissenschaft der Bergischen Universität - Gesamt-hochschule Wuppertal.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Basisinnovationen und Verbesserungsinnovationen S. 12

2. Theorie der Notwendigkeit des technischen Fortschritts S. 20

3. Theorie des Innovationszyklus S. 24

4. Der Innovationszyklus als Kernprozeß der langen Wellen S. 32

5. Der Profitratenzyklus als sekundärer Prozeß der langen Wellen S. 38

Anmerkungen S. 56

Literaturverzeichnis S. 72

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Einleitung

Seit Mitte der 70er Jahre wird die Theorie langer Wellen immer mehr als einalternatives Analysekonzept der langfristigen Wirtschaftsentwicklung gesehen.Sie unterscheidet sich von der postkeynesianisch-neoklassischen Wachstums-theorie dadurch, daß sie die Annahme einer gleichgewichtigen, stetigenWachstumsrate, einer konstanten Profitrate und eines kontinuierlich verlau-fenden technischen Fortschritts aufgibt. Die Stagnationstheorie muß sich ausder Sicht der Wellentheoretiker den Vorwurf gefallen lassen, die Erfahrungeneiner besonderen Periode der wirtschaftlichen Entwicklung bruchlos in dieZukunft zu projizieren. Im Gegensatz dazu wird die säkulare Stagnation alsintegraler Bestandteil eines umfassenderen Zyklus interpretiert. Sowohl diemodernen Wachstumstheorien als auch die klassischen bzw. keynesianischenStagnationstheorien können nur schwer in Einklang gebracht werden mit denlangfristigen Fluktuationen der kapitalistischen Entwicklung 1). Darüber hin-aus gibt es den Versuch, den unstetigen Wirtschaftsverlauf auf historisch ge-bundene, einmalige Umstände zurückzuführen.

Das historisch-singuläre Analysekonzept interpretiert den Umschlag desWachstumstempos der Nachkriegszeit entweder als Rückkehr zur kapitalisti-schen Normalität, die durch kriegsbedingte Nachholprozesse (Rekonstrukti-onsthese) bzw. durch andere Umstände gestört war , oder als historisch vorü-bergehende Abweichung einer ansonsten gleichmäßig verlaufenden Ökono-mie, verursacht durch Ölpreisschocks und politische Fehlentwicklungen wieHaushaltsdefizite, Verteilungskämpfe, Protektionismus etc. Die Stadientheore-tiker betonen ebenfalls historisch einmalige Ereignisse, allerdings mit demUnterschied, daß strukturelle Verschiebungen und qualitative Brüche in denMittelpunkt treten. Im Gegensatz zu dem historisch-singulären Erklärungs-

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konzept legen die Theoretiker der langen Wellen größeres Gewicht auf dieidentischen Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Entwicklung und be-haupten, daß dadurch die langfristigen Fluktuationen mehr oder weniger gene-riert würden. Vor diesem Hintergrund erscheint die säkulare Wachstums-schwäche, die Anfang der 70er Jahre in beinahe allen kapitalistischen Ländernetwa gleichzeitig eingesetzt hatte, als Äußerung einer regelmäßig wiederkeh-renden langen Welle. Die beiden schweren Wirtschaftskrisen Mitte der 70erund Anfang der 80er Jahre stellen sich nun dar als Überlagerung gleichartigerZyklenphasen, einer langwelligen Abstiegsperiode und zweier konjunkturellerDepressionsphasen. 2)

Im Folgenden wird eine Theorie langer Wellen entwickelt. Mit den bisherigenAnsätzen teilt er die Grundauffassung, daß lange Wellen mit einer Durch-schnittslänge von etwa 50 Jahren ein zyklisches Element 3) enthalten und daßsolche langfristigen Fluktuationen im empirischen Material mehr oder wenigerdeutlich auftreten. 4) In Anlehnung an die konjunkturelle Klassifikation Ha-berlers können etwa zwei gleich lange Perioden und zwei Umkehrpunkte un-terschieden werden: die ansteigende Periode beschleunigten Wachstums, einoberer Umkehrpunkt, die absteigende Periode verlangsamten Wachstums undschließlich ein unterer Umkehrpunkt. Es taucht nun die Frage auf, ob dieFluktuationen dem kapitalistischen Wirtschaftsprozeß inhärent sind, oder obdieser langfristig zu einem eher stetigen, nichtzyklischen Verlauf tendiert. EineBeantwortung dieser Frage setzt die Analyse der wirtschaftlichen Faktorenvoraus.

Obgleich auch die politischen und die übrigen, von außen einwirkenden Er-eignisse die jeweilige Wirtschaftslage bestimmen, muß von ihnen abstrahiertwerden. Es ist nicht immer einfach, die äußeren Faktoren deutlich von den

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inneren zu unterscheiden (vgl. Schumpeter, 1961, S. 13 ff.). So gibt es eineganze Reihe von Ereignissen, die zwar kein wirtschaftliches Phänomen an sichsind, aber aus dem sozialen Prozeß hervorgehen, wie etwa Kriege, Revo-lutionen etc. Insbesondere in der Sicht der materialistischen Sozialforschungwerden sie als Folge des ökonomischen Prozesses interpretiert, der nun sei-nerseits von den äußeren Ereignissen beeinflußt werde. Der KondratieffscheAnsatz zu einer Theorie langer Wellen hat genau diese Ereignisse zu endoge-nisieren versucht und darin eine wichtige Folge und zugleich eine Vorausset-zung der ökonomischen Zyklenbewegung vermutet (vgl. Kondratieff, 1926, S.154; ders., 1928, S. 207, 230 f.). Wir können auf die Unterscheidung zwischenäußere und innere Faktoren nicht näher eingehen und möchten den Tren-nungsstrich wie Schumpeter ziehen zwischen den "unmittelbar dem Funktio-nieren des Wirtschaftssystems zugehörigen und den durch Einwirkung ande-rer sozialer Wirkkräfte auf das Wirtschaftssystem hervorgebrachten Phäno-menen, sosehr diese Einwirkungen auch durch Wirtschaftslagen bedingt odervon wirtschaftlichen Zielsetzungen oder Klasseninteressen ausgelöst sein mö-gen" (Schumpeter, 1961, S. 14 – Hervorhebung im Original) .

Innerhalb der Wirtschaftstheorie wird heftig darüber gestritten, ob der techni-sche Fortschritt ein innerer oder ein äußerer Veränderungsfaktor ist. Der hiervorgelegte Theorieansatz gibt die in der Wachstumstheorie verbreitete An-nahme einer exogenen Rate des technischen Fortschritts auf und führt dentechnischen Fortschritt als einen inneren Veränderungsfaktor ein. Die Öko-nomen machen zurecht einen Unterschied zwischen einer Erfindung undderen Anwendung. Erfindungen lösen nicht notwendig einen technischenFortschritt aus, und technischer Fortschritt ist möglich ohne Erweiterungnaturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Da sie weder eine ökonomisch bedeu-tungsvolle Wirkung hervorrufen noch mit dem ökonomischen Prozeß direktverbunden sind, dürfen wir sie nicht als innere Veränderungsfaktoren behan-

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deln (Schumpeter, 1961, S. 19, 91 ff).

In dieser Arbeit wird die These vertreten, daß innerhalb größerer Zeiträumedie kapitalistische Ökonomie instabil verläuft und endogen etwa 50jährigeWachstumszyklen hervorbringt, die getragen werden von einem diskontinuier-lichen Innovationsstrom. Es ist offensichtlich, daß sich die inneren Faktorender wirtschaftlichen Veränderung noch längst nicht in dieser Zyklenbewegungerschöpfen. Die theoretische und empirische Konjunkturforschung glaubtnoch weitere ökonomische Wellen nachweisen zu können, die sogenanntenKitchen-, Juglar- und Kuznets-Zyklen. Darüber hinaus gibt es eine ganze Rei-he äußerer Unregelmäßigkeiten, von denen Schumpeter etwas ironisch meinte,sie seien so zahlreich und bedeutungsvoll, daß man sich fragen müsse, "ob esbei Wirtschaftsschwankungen überhaupt noch etwas gäbe, was auf andere Artzu erklären sei" (Schumpeter, 1961, S. 18). Unsere Theorie langer Wellen be-ansprucht, nur einen Ausschnitt dieser komplexen Dynamik des Wirtschafts-lebens zu erklären. Nicht alle inneren Veränderungsfaktoren können berück-sichtigt werden. Wir beziehen nur jene ein, die in längerfristigen Periodenvariieren und wichtig genug sind, um die Dynamik langer Wellen in ihrenGrundzügen zu bestimmen.

Neue Theorieansätze sind im Kern oft nichts anderes als Reproduktion bishe-riger Theoriebildung unter der Form der Kritik, d.h. Destruktion, Übernahmeund Fortentwicklung bereits bekannter Theorieelemente. Unsere wichtigstenAnknüpfungspunkte sind Schumpeters Innovationsschub-These, MenschsUnterscheidung in Basis- und Verbesserungsinnovation, die Marx'sche Theo-rie der Notwendigkeit des technischen Fortschritts und Mandels Theorie deslangwelligen Profitratenzyklus. Diese Reihenfolge bestimmt den inhaltlichenAufbau der Arbeit. Unter Verwendung der Methode der abnehmenden Abs-

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traktion wird zunächst der Kernprozeß (Kapitel 1 - 4), danach der sekundäreProzeß der langen Welle dargestellt (Kapitel 5). Diese Methode ist durchausüblich in der Konjunkturtheorie; sie ist insbesondere in der Schumpeter'schenTheorie auffindbar. Schumpeter gliedert den Konjunkturprozeß in primäreund sekundäre Welle, und er hat die These vertreten, daß der Innovations-schub die primäre Welle trägt, die dann eine sekundäre Welle in Bewegungsetzt. Konzeptionell gibt es einen wichtigen Unterschied. Schumpeters primä-re Welle bestimmt nur einen Teil des Zyklus, nämlich die Prosperität und dieRezession. In dem hier vorgestellten Theorieansatz wird hingegen die primäreWelle auf den gesamten Zyklus ausgedehnt.

Die moderne Innovationsforschung greift Schumpeters These von der Dis-kontinuität des Innovationsprozesses auf. Ihr vielleicht wertvollster theoreti-scher Beitrag betrifft die Analyse des Entwicklungsverhältnisses zwischenBasis- und Verbesserungsinnovationen. Ein erster Ansatz zu einer solchenTheorie der Innovationstypen wurde von Gerhard Mensch Anfang der 70erJahre entworfen und soll im ersten Kapitel unter besonderer Berücksichtigungdes stofflichen Reproduktionszusammenhangs kritisch fortentwickelt werden.

Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit formuliert die Theorie der Notwendigkeitdes technischen Fortschritts. Den umfassendsten und systematischsten Ansatzfinden wir in der Marx'schen Theorie des unmittelbaren Produktionspro-zesses. Für Marx war der technische Fortschritt ein sehr bedeutender endoge-ner Faktor des Akkumulationsprozesses. Seiner Ansicht nach gehören dieinnovativen Kräfte zum Wesen des kapitalistischen Wirtschaftsablaufs undwerden durch die schrankenlose Selbstverwertung des Kapitals und durch dieSubsumtion der Arbeit unter das Kapital erzeugt. Marx hat die entgegenwir-kenden Umstände, wodurch der technische Fortschritt gehemmt wird, nicht

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systematisch analysiert. Von wenigen Randbemerkungen abgesehen finden wirdeshalb auch keine Aussagen über das konkrete Zusammenspiel innovations-fördernder und innovationshemmender Kräfte. Es fehlt eine Theorie desInnovationsverlaufs. 5)

Kapitel 3 kombiniert die Marx'sche Theorie der Notwendigkeit des techni-schen Fortschritts und die Theorie der Innovationstypen mit dem Ziel, eineendogene Theorie des Innovationszyklus zu entwickeln. Die allgemeine Formdes Innovationszyklus besteht darin, daß jede Periode des Innovationszyklusdie Ursache der nächsten Periode hervorbringt und die eigene Grundlagefortschreitend zerstört, bis der Kreislauf von Neuem beginnt. Der Innova-tionszyklus ist das Resultat einander widerstreitender Kräfte: Die innovativenKräfte stoßen auf Widerstände und müssen sich gegen diese durchsetzen. Sietreten einmal in Konflikt zur Erhaltung und Verwertung des Kapitalwerts undzum anderen treffen sie auf einen Arbeitsprozeß, der durch eine bestimmtetechnische Struktur und damit durch ein spezifisches Entwicklungsverhältniszwischen technischer Basis und Stand der Verbesserungsinnovationen ge-kennzeichnet ist. Die erste Konfliktlinie begründet die prinzipielle Priorität derVerbesserungsinnovationen gegenüber den Basisinnovationen, und die zweiteKonfliktlinie zeigt auf, warum trotz dieser Priorität Basisinnovationen perio-disch entstehen.

Historischer und systematischer Ausgangspunkt der langen Wellen ist dieRevolutionierung der technischen Basis, wodurch ein neues Entwicklungs-potential für Verbesserungsinnovationen geschaffen wird. Die prinzipiellePriorität der Verbesserungsinnovationen führt dazu, daß notwendige Vorbe-reitungen des Basis-Innovations-Schubs entfallen. Im weiteren Verlauf nimmtdas durch Basisinnovationen gesetzte Entwicklungspotential für Verbesse-

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rungsinnovationen mehr und mehr ab. Die stofflich-technischen Hindernissetreten hervor ("Wolfsches Gesetz") und verzögern den Prozeß der Verbesse-rungsinnovationen. Die innovativen Tendenzen können sich immer wenigerim Bereich der Verbesserungsinnovationen verwirklichen. Es entsteht einePeriode der Umorientierung innovativer Kräfte, verbunden mit einer längerenZeitspanne verminderter Innovationstätigkeit. Der Innovationszug kommterst nach bahnbrechenden Neuerungen wieder in Gang. Drei Umstände sindes, die ihn aufhalten. Erstens ergeben sich wegen der prinzipiellen Priorität derVerbesserungsinnovationen Versäumnisse auf dem Gebiet der Vorbereitungvon bahnbrechenden Neuerungen. Zweitens stoßen solche grundlegendenInnovationen auf besondere Hindernisse, und drittens verzögert ihr technolo-gischer Systemcharakter die Realisierung einer strukturverändernden Erfin-dung.

Mit der Theorie des Innovationszyklus ist der Kern der Theorie langer Wellenformuliert. Die zwei übrigen Kapitel sind unter Berücksichtigung einiger pro-fit- und akkumulationstheoretischer Zusammenhänge daraus abgeleitet.Schumpeters Gedanke, daß der Innovationsprozeß lange Wellen trägt, wird inunsere Analyse einbezogen und entlang des begrifflichen Apparats der politi-schen Ökonomie reformuliert. Auf diese Weise öffnet sich eine weitere Di-mension der Wachstumswirkung des technischen Fortschritts, die in derSchumpeter'schen Theorie nicht enthalten ist, nämlich die Oszillation derDurchschnittsprofitrate.

Marx kante nur zwei Bewegungsformen der Durchschnittsprofitrate, die Fluk-tuationen innerhalb des Krisenzyklus’ und den langfristigen tendenziellenProfitratenfall. Mandel hat die Marx'sche Konzeption um einen langweiligenProfitratenzyklus ergänzt. Kapitel 5 wird diese interessante Erweiterung kri-

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tisch aufgreifen. Der wichtigste Unterschied zur Mandel'schen Theorie langerWellen besteht darin, daß der Innovationszyklus nicht aus dem Profitratenzyk-lus abgeleitet wird, sondern vielmehr umgekehrt: Der Innovationszyklus kon-stituiert den Profitratenzyklus und damit auch den Verteilungszyklus, indem erin entsprechender Weise auf das Niveau und die Struktur des Akkumulations-prozesses wirkt. Die oszillierende Durchschnittsprofitrate verstärkt die primä-re Akkumulationsbewegung. Ein solcher Einfluß der Durchschnittsprofitratewird sekundär genannt, da sich ihre Bewegung in den Rhythmus der primärenWelle einfügt und nicht die Quelle ist, von der diese Schwingung ausgeht.

Die Marx'sche Theorie des Profitratenfalls erhält vor diesem Hintergrund eineganz neue Dimension. Im Mittelpunkt des Marx'schen Gesetzes vom tenden-ziellen Fall der Profitrate steht die Produktivkraftentwicklung, d.h. ebenfallsder technische Fortschritt oder Innovationsprozeß. Marx war der Ansicht, daßdieselben Ursachen, die den Fall der Profitrate erzeugen ("Das Gesetz alssolches"), auch die entgegenwirkenden Umstände hervorbringen. Da er denlangwelligen Innovationszyklus nicht kannte, konnte er die Wirksamkeit derbeiden Tendenzen nur als ein zeitliches Nebeneinander, nicht aber als einan-der ablösende Perioden analysieren. Der Innovationszyklus verwandelt einensolchen synchronen Verlauf in einen zyklischen. Beide Tendenzen treten nunnicht mehr zeitlich gleichmäßig verteilt, sondern geballt und in verschiedenenZeiträumen nacheinander auf.

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1. Basisinnovationen und Verbesserungsinnovationen

Innerhalb der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion hat der Begriff „tech-nischer Fortschritt" eine unterschiedliche Bedeutung erhalten. Die bekanntes-te und weitgehend akzeptierte Definition stammt von Alfred Ott, wonachtechnischer Fortschritt bestimmt ist einmal durch die Schaffung neuer, bisherunbekannter Waren ("Produktinnovationen"), zum anderen durch den Über-gang zu neuen Produktionsverfahren ("Prozeßinnovationen"). Solche neuenProduktionsmethoden würden es gestatten, "eine gegebene Menge von Pro-dukten mit geringeren Kosten bzw. mit den gleichen Kosten eine größereProduktionsmenge herzustellen" (Ott, 1959, S. 302).

Die Unterscheidung in Produkt- und Prozeßinnovation erfolgt hier aus derSicht der einzelnen Unternehmung, nicht aber vom Standpunkt des gesell-schaftlichen Reproduktionsprozesses. Sie soll aus zwei Gründen nicht weiterverfolgt werden. Einmal sind in dieser Unterteilung das Ausmaß der Neue-rung und deren Bedeutung für den gesamtwirtschaftlichen Prozeß ausge-löscht. Außerdem verschwimmt der Unterschied zwischen Produkt- und Pro-zess-Innovation, sobald wir die einzelwirtschaftliche Ebene verlassen. VomStandpunkt des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses ist jede "kapitalge-bundene" Prozeßinnovation mit einer vorangegangenen Produktinnovationder Produktionsmittel erzeugenden Industrie reproduktiv verknüpft, und jedeProduktinnovation beruht auf einer Modifikation des Produktionsprozesses.

Erich Preiser hat zurecht auf eine Unterscheidung in Prozeß- und Produktin-novation verzichtet. Der technische Fortschritt würde sich nach seiner Mei-nung darin äußern, "daß die Stückkosten niedriger geworden sind. Ist dasnicht der Fall, liegt auch kein technischer Fortschritt vor" (Preiser, 1974, S.

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132). Sofern die sinkenden Stückkosten als Ergebnis einer Verkürzung der zurHerstellung eines bestimmten Gebrauchswertquantums erforderlichen Ar-beitszeit entstehen, ist diese Begriffsbestimmung des technischen Fortschrittsenthalten in der Marx'schen Kategorie der Produktivkraftentwicklung. 6) InAnlehnung an Marx, Preiser u. a. verstehen wir unter technischen Fortschrittjede Veränderung des Arbeitsprozesses, d.h. der Arbeitsmittel bzw. Arbeits-Methoden, wodurch ein gegebenes Arbeitsquantum die Kraft erwirbt, mehrGebrauchswerte mit verringerten Stückkosten hervorzubringen. 7) Produktiv-kraftentwicklung, technischer Fortschritt und Innovation sind dabei nur ver-schiedene Namen desselben Prozesses.

Das charakteristische Merkmal einer innovationstheoretischen Begründunglanger Wellen besteht darin, daß in den Innovationen besonderer Spannweitedie Grundlage der langen Wellen gesehen wird. Meist unterscheidet man zweiInnovationstypen: grundlegende, bahnbrechende Neuerungen, die eine anstei-gende Periode der wirtschaftlichen Entwicklung tragen, und kleinere Innova-tionen, die eine solche Wirkung nicht entfalten. 8) In der stark empirisch aus-gerichteten modernen Innovationsforschung fehlt entweder vollständig eineTheorie der Innovationstypen oder sie liegt nur in einer fragmentarischenForm vor. Ein etwas entwickelterer Ansatz wurde Anfang der 70er Jahre vonGerhard Mensch formuliert. An seine Unterteilung in Basis- und Verbesse-rungsinnovation soll nachfolgend angeknüpft werden.

Gerhard Mensch (1977, S. 56 f.) bezeichnet als Basisinnovation "das Eröffnenneuer Entwicklungslinien", als Verbesserungsinnovation das "Fortschreiten aufden bereits begangenen Entwicklungslinien". Grundlage dieser Unterscheidungist die sogenannte "Konsumtechnologie" (vgl. Mensch, 1972, 291 ff). Menschordnet die Güter des Warenkorbs entsprechend ihrer "objektiven, nutzenstif-tenden Eigenschaften" verschiedenen "Elementarmärkten" zu (ebenda).

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Im Gegensatz zu den Verbesserungsinnovationen würden die Basisinnovatio-nen außerhalb der Elementarmärkte auftreten und zugleich neue Elementar-märkte schaffen. Hieraus läßt sich eine Schlußfolgerung ziehen, die Menschselbst nicht explizit formuliert hat. Die Erschließung völlig neuer Elementar-märkte ist nichts anderes als eine qualitative Umwälzung auf dem Gebiet der"Konsumtechnologie", d.h. die Entstehung grundlegend neuer Gebrauchswei-sen mit qualitativen Sprüngen im Bereich "objektiver, nutzen-stiftender Ei-genschaften". Von dieser radikalen Gebrauchswertänderung sind kleinereModifikationen zu unterscheiden, die dadurch gekennzeichnet sind, daß siedie "objektiven, nutzenstiftenden Eigenschaften" bereits bekannter Güter nurfortentwickeln. Das unterschiedliche Ausmaß der Ge-brauchswertmodifikation, wie es soeben aus der Theorie Menschs gewonnenwurde, ist das erste charakteristische Merkmal für die Untergliederung destechnischen Fortschritts in grundlegende und kleinere Innovationen.

Ein anderer sehr bedeutender Aspekt der Innovationstheorie GerhardMenschs muß hingegen kritisch zurückgewiesen werden. Seine Gliederung desInnovationsprozesses erfolgt aus der Sicht des einzelnen Verwenders, d.h. ausder Sicht entweder der Endverbraucher oder der Weiterverarbeiter (vgl.Mensch, 1972, S. 292). Da beide ausdrücklich miteinander identifiziert undunter dieselbe Kategorie gruppiert werden, verschwindet der vom Standpunktdes gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses charakteristische Unterschiedzwischen Konsumtions- und Produktionsmittel. 9) Es schließt sich die Fragean, ob die Stellung des technischen Fortschritts innerhalb des stofflichen Re-produktionszusammenhangs die ökonomische Wirkung des technischen Fort-schritts in irgendeiner Weise beeinflußt. Wir wollen diese Frage vor dem Hin-tergrund des Drei-Sektoren-Modells der politischen Ökonomie erörtern.

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Die gesellschaftliche Produktion gliedert sich vom Standpunkt der reproduk-tiven Verwendung der Produkte in Produktionsmittel-, Lebensmittel- undLuxuswarenabteilung. Die Produktionsresultate der ersten Abteilung, die Pro-duktionsmittel, werden als sachliche Produktionsvoraussetzung von allen dreiAbteilungen bezogen. Abteilung II produziert die Mittel der individuellenKonsumtion der Arbeiter. Da sie der Reproduktion der Arbeitskräfte dienen,fungieren sie indirekt als personelle Produktionsvoraussetzungen. Die Luxus-waren (Abteilung III) sind ebenfalls Gegenstand der individuellen Konsumti-on. Sie funktionieren weder direkt als sachliche noch indirekt als personelleProduktionsvoraussetzung. Im Unterschied zu den Produktionsmitteln bildensowohl die Lebensmittel als auch die Luxuswaren keinen wirklichen Bestand-teil des Produktionsprozesses. Man wird gleich sehen, daß diese charakteristi-sche Differenz eine unterschiedliche Bedeutung des technischen Fortschrittshervortreten läßt. Zunächst sollen Gebrauchswertänderungen der Konsumti-onsmittel, dann entsprechende Änderungen der Produktionsmittel untersuchtwerden.

Nehmen wir einmal an, die Abteilungen II oder III erzeugen neue Konsumti-onsmittel (Lebensmittel oder Luxuswaren) mit jeweils neuen Gebrauchswert-eigenschaften. Die Änderung dieses Produktionsresultats setzt eine Änderungdes Arbeitsprozesses der Abteilung II oder III voraus. Ihr Ausmaß ist aberkeineswegs identisch mit dem Ausmaß der Änderung des Arbeitsprozesses.Die Produktion neuer Gebrauchswerte mit grundlegend neuen Gebrauchs-weisen kann einhergehen mit der Anwendung solcher Arbeitsmittel oder Ar-beitsmethoden, die innerhalb anderer Produktionssphären bereits gebräuch-lich sind. Da die Konsumtionsmittel keinen wirklichen Bestandteil weitererProduktionsprozesse bilden, kann ihre Gebrauchswertmodifikation dort keineweiteren Veränderungen erzeugen. 10)

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Wie verhält es sich nun bei Gebrauchswertmodifikationen im Bereich derProduktionsmittel? Auch hier gilt der Satz, daß die Produktion neuer Produk-tionsmittel auf der Grundlage gebräuchlicher oder nur leicht modifizierterArbeitsmethoden und Arbeitsmittel erfolgen kann. Die Produktion derDampfmaschine mag diesen Zusammenhang illustrieren. Anfangs erfolgteihre Produktion handwerklich bzw. manufakturmäßig, und erst Mitte des 19.Jahrhunderts wurde ihr Herstellungsprozeß durch Einführung maschinellerProduktionsprozesse selbst revolutioniert. Im Gegensatz zu den Konsumti-onsmitteln bilden die Produktionsmittel einen wirklichen Bestandteil weitererProduktionsprozesse. Ihre Modifikation muß auch eine Änderung der Ar-beitsprozesse erzeugen, worin sie als sachliche Produktionsvoraussetzungstofflich eingehen. Eine mehr oder weniger große Veränderung der Produkti-onsmittel ist also mit einer mehr oder weniger großen Änderung des Arbeits-prozesses reproduktiv verknüpft. Diese charakteristische Differenz zwischeneiner Gebrauchswertmodifikation im Bereich der Konsumtions-mittel bzw.der Produktionsmittel kann nur innerhalb des stofflichen Reproduktionszu-sammenhangs erscheinen.

Entlang der beiden soeben entwickelten Merkmale kann der Innovationspro-zeß in zwei verschiedene Innovationstypen gegliedert werden. Grundlegendetechnische Fortschritte sind durch bahnbrechende Gebrauchswertänderungen,durch qualitative Sprünge im Bereich objektiver, nutzenstiftender Eigenschaf-ten gekennzeichnet. Ihr Ausgangspunkt ist die Gebrauchswertstruktur derProduktionsmittel. Im Gegensatz dazu führen kleinere technische Fortschrittezu einer Fortentwicklung und Ausdifferenzierung dieser Gebrauchswertstruk-turen bzw. zu neuen Gebrauchsweisen der Konsumgüter. Nur die grundle-genden Innovationen etablieren ein neues "technologisches Paradigma" (Dosi,1982), während die kleineren Innovationen dadurch gekennzeichnet sind, daßsie sich innerhalb des paradigmatischen Rahmens bewegen.

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Der Ausgangspunkt einer grundlegenden Produktivkraftsteigerung läßt sichnoch etwas näher bestimmen. Der technische Fortschritt war durch eine Än-derung der Arbeitsmittel bzw. der Arbeitsmethoden gekennzeichnet. Seit derindustriellen Revolution ist die Gliederung des gesellschaftlichen Arbeitspro-zesses nicht mehr rein subjektiv festgelegt; vielmehr hat sich mit dem Maschi-nensystem ein objektiver Produktionsorganismus entwickelt (vgl. Babbage1835; vgl. Kapitel I, MEW 23, Kap. 12/13). Änderungen der Arbeitsmetho-den sind jetzt nur noch akzidentiell, durch die Natur des Arbeitsmittels selbstdiktierte technische Notwendigkeit. Das entscheidende dynamische Elementdes technischen Umwälzungsprozesses liegt deshalb in Modifikationen derArbeitsmittel, speziell in einem Wandel der Maschinerie begründet, dem cha-rakteristischen Arbeitsmittel der großen Industrie (ebenda). Eine solche Ände-rung der Maschinerie bildet den Kernprozeß einer fortschreitenden Revoluti-onierung der Gesamtstruktur der gesellschaftlichen Produktivkräfte, und siebildet das Zentrum der historisch belegten Innovationsschübe. 11)

Basis- und Verbesserungsinnovationen sind keine voneinander isolierten Er-eignisse; sie sind zueinander gehörige, sich wechselseitig bedingende Momentedes Innovationsprozesses. Der eigentliche Schöpfungsakt für eine neue tech-nologische Basis ist das Werk der grundlegenden Innovation. Er erzeugt ei-nerseits neue Entfaltungsmöglichkeiten für kleinere technische Fortschritte;andererseits legt er neue technische Entwicklungsgrenzen für Verbesserungs-innovationen fest. Da sich kleinere technische Fortschritte nur innerhalb desdurch Basisinnovationen gesetzten paradigmatischen Rahmens bewegen kön-nen, ist deren Entfaltungsmöglichkeit eingeschränkt. In dem Maße, wie dieneu geschaffenen technischen Möglichkeiten durch Verbesserungsinnovatio-nen verwirklicht werden, verengt sich der Spielraum für weitere kleinere tech-nische Fortschritte. Nach einer Periode beschleunigter Verbesserungsinnova-

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tionen muß sich wegen der Existenz solcher technischer Entwicklungsgrenzendas Innovationstempo im Bereich der kleineren technischen Fortschritte mehrund mehr verlangsamen.

Innerhalb der Innovationsforschung wurde immer wieder auf Zyklen im Be-reich der Verbesserungsinnovationen hingewiesen. Bereits Marx hat beobach-ten können, daß der Einführung neuer Maschinerie ein beschleunigter Prozeßkleinerer technischer Fortschritte gefolgt war. "Bei der ersten Einführung derMaschinerie in irgendeinen Produktionszweig folgen Schlag auf Schlag neueMethoden zu ihrer wohlfeilern Reproduktion und Verbeßrungen" (Kapitel I,MEW 23, S. 427). Im dritten Band des Kapitals finden wir noch einen ergän-zenden Hinweis. Der Prozeß der Verbesserung "wirkt gewaltsam namentlichin der ersten Epoche neu eingeführter Maschinerie, bevor diese einen be-stimmten Grad der Reife erlangt hat" (MEW 25, S. 123). Marx bezieht diesenSatz auf Gebrauchswertmodifikationen der Maschinerie und der Fabrikein-richtungen. Nachdem das fixe Kapital eine "gewisse Reife" und damit einegleichbleibende "Grundkonstruktion" erlangt habe, würden sich technischeFortschritte konzentrieren auf "Methoden der Reproduktion des fixen Kapi-tals" (Ebenda, S. 124).

Diese Marx'sche Interpretation, die angeregt wurde durch ähnliche Beobach-tungen der damals recht gut entwickelten Innovationsforschung (vgl. Babba-ge, 1835), findet in gewisser Weise Bestätigung durch Ergebnisse der moder-nen Innovationsforschung. Auch hier wird die These formuliert, daß zu Be-ginn einer Basisinnovation die kleineren technischen Fortschritte zunächstbeschleunigt, nach Ablauf einer gewissen Zeit weniger häufig auftreten. 12) Indiesem Zusammenhang wird das "Wolf'sche Gesetz der technisch-ökonomischen Entwicklungsgrenzen" angeführt. Ein solcher Hinweis ist recht

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problematisch, da es ursprünglich nicht auf das Entwicklungsverhältnis derbeiden Innovationstypen bezogen war. 13)

Wir können den stofflich-technischen Zusammenhang, das sogenannte"Wolfsche Gesetz" umkehren und analog dazu stofflich-technische Entwick-lungsgrenzen für den Bereich der Basisinnovation formulieren. Das Entwick-lungsverhältnis zwischen den beiden Formen des technischen Fortschrittsenthält dann neben der Begrenzung kleiner durch grundlegende Innovationenauch eine umgekehrte Entwicklungsschranke. Verbesserungsinnovationenbewegen sich innerhalb der durch Basisinnovationen neu geschöpften techno-logischen Basis. Ohne das bestehende technologische Paradigma aufheben zukönnen, führen sie zu einer Fortentwicklung und Ausdifferenzierung dergrundlegenden Produktionstechnik. Dadurch erzeugen sie materielle Voraus-setzungen und Bedingungen für eine erneute Revolutionierung der grundle-genden Produktionstechnik. Ein unterentwickelter Stand der Verbesserungs-innovationen behindert also anfangs die nächste technologische Revolution;nach Ablauf einer Serie von Verbesserungsinnovationen wird sie davon ge-fördert.

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2. Theorie der Notwendigkeit des technischen Fort-schritts

Wenn man die ökonomische Theorie und selbst die Innovationstheorie langerWellen daraufhin befragt, warum es technischen Fortschritt gibt, dann wirdgewöhnlich auf anthropologische Naturkonstanten aufmerksam gemacht,oder man leugnet von vornherein die gesteigerte Innovationskraft kapitalisti-scher Gesellschaften. 14) Das Urteil des deutschen Ökonomen Julius Wolf istheute noch mit gewissen Einschränkungen gültig. "Einer besonderen Begrün-dung der Notwendigkeit des technischen Fortschritts entbehren wir bisher in

der Nationalökonomie" (Wolf, 1912, S. 213). 15) Wolf hat den Marx'schenBeitrag zur Theorie des unmittelbaren Produktionsprozesses offenbar nichtzur Kenntnis genommen, denn gerade dort ist auch ein Theorie der Notwen-digkeit des technischen Fortschritts enthalten.

Die wichtigsten Marx'schen Gedanken zur Theorie der Notwendigkeit destechnischen Fortschritts können dem Ersten Band des Kapitals (MEW 23, S.192 ff) und der Schrift "Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses"entnommen werden. Marx unterscheidet zwischen der immanenten notwen-digen Tendenz des Kapitals einerseits und ihrer Durchsetzung in der Konkur-renz der Kapitale andererseits (vgl. Marx I, MEW 23, S. 335). Entlang dieserUnterscheidung sollen zuerst die immanenten Bestimmungen der kapitalisti-schen Produktion und danach der Durchsetzungsmechanismus skizziert wer-den.

Gleich der Ware, die eine unmittelbare Einheit von Gebrauchswert undTauschwert ist, trägt der kapitalistische Produktionsprozeß einen Doppelcha-

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rakter: Er ist unmittelbare Einheit von Arbeitsprozeß und Verwertungspro-zeß. Der Verwertungsprozess ist hauptsächlich durch Produktion von Mehr-wert und Erhaltung des vorgeschossenen Kapitalwerts charakterisiert. Er bil-det die wesentliche Seite des kapitalistischen Produktionsprozesses. Der Ar-beitsprozeß wird somit vom Verwertungsprozeß bestimmt; er ist nur stoff-licher Träger und Mittel des Verwertungsprozesses (vgl. Marx, Resultate, S.19, 38). Marx unterscheidet zwei Formen der Unterordnung des Arbeitspro-zesses unter das Kapital (ebenda, S. 37 ff; derselbe, Kapital I, MEW 23, S.533). Bei der "formellen Subsumtion" tritt der Arbeiter mit Bezug auf seineArbeit unter die Leitung und Oberaufsicht des Kapitalisten, ohne daß derArbeitsprozeß umgewälzt wird. Die formelle Subsumtion der Arbeit unter dasKapital ist die allgemeine Form jedes kapitalistischen Produktionsprozesses.Im Fortgang der kapitalistischen Produktion bildet sich auf der Grundlage derdirekten Unterordnung des Arbeitsprozesses unter das Kapital eine spezifischkapitalistische Produktionsweise heraus, die zu einer realen Subsumtion derArbeit unter das Kapital führt.

Die Produktion des absoluten Mehrwerts ist materieller Ausdruck der formel-len Subsumtion der Arbeit unter das Kapital. Sie entsteht durch Ausdehnungdes Arbeitstags über die Grenzen der notwendigen Arbeitszeit. Bei gegebenerEntwicklung der Produktivkräfte, bei gegebener Arbeitsintensität und beigleichbleibenden Arbeitslöhnen kann der Mehrwert nur durch absolute Ver-längerung des Arbeitstags oder durch Vermehrung der gleichzeitig beschäftig-ten Arbeitskräfte ausgedehnt werden. Die allgemeine Tendenz des Kapitalsnach schrankenloser Verwertung stößt in beiden Fällen an natürliche Maxi-malschranken, die einmal in Form der physischen Belastbarkeit des Arbeiters,zum anderen in Form der Gesamtbevölkerung hervortreten. Beide Natur-schranken des absoluten Mehrwerts hebt die relative Mehrwertproduktion auf.

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Der relative Mehrwert entspringt aus einer Verkürzung der notwendigen Ar-beitszeit, so daß sich ein Teil der Arbeitszeit, die der Arbeiter bisher für dieeigene Reproduktion benötigte, jetzt in Arbeitszeit für den Kapitalisten ver-wandelt. Die Abnahme der notwendigen Arbeitszeit ist nur mittels eines tech-nischen Fortschritts möglich, der solche Produktionszweige erfaßt, die entwe-der direkt notwendige Lebensmittel oder Produktionsmittel zu deren Herstel-lung erzeugen. Die Produktion des relativen Mehrwerts ist Ausdruck der reel-len Subsumtion der Arbeit unter das Kapital. Im Gegensatz zur absolutenMehrwertproduktion entsteht sie durch technischen Fortschritt.

Die spezifisch-gesellschaftlichen Determinanten des Produktionsprozessessind von größter Wichtigkeit für die Theorie der Notwendigkeit des techni-schen Fortschritts. Denn der technische Fortschritt ist gekennzeichnet durcheine Änderung im Arbeitsprozeß. Da der Arbeitsprozeß durch den Verwer-tungsprozess bestimmt ist, muß auch jede Veränderung des Arbeitsprozessesbestimmt sein durch den Verwertungsprozeß. Der technische Fortschrittwirkt in umgekehrter Richtung auf den Wert der Arbeitskraft und damit direktauf die Größe des produzierten Mehrwerts. Außerdem ist der bestimmendeZweck des kapitalistischen Produktionsprozesses eine möglichst große Mehr-wertproduktion. Aus diesen beiden Resultaten der Marx'schen Analyse folgtdie allgemeine und notwendige Tendenz des Kapitals, mittels technischerFortschritte die Mehrarbeitszeit durch Verkürzung der notwendigen Arbeits-zeit auszudehnen.

Wie der Arbeitsprozeß Mittel des Verwertungsprozesses, so ist seine ÄnderungMittel der relativen Mehrwertproduktion. Diese allgemeine Form des kapitalis-tischen Produktionsprozesses, die schrankenlose Selbstverwertung des Kapitalsund die Subsumtion der Arbeit unter das Kapital, erzeugt die treibende Kraft

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des technischen Fortschritts. 16) Entgegen der Auffassung der dynamischenWettbewerbstheorie entstehen solche innovativen Kräfte nicht erst in der Kon-kurrenz der besonderen Kapitale untereinander. Vor dem systematischen Hin-tergrund der Marx'schen Theorie greift jeder Ansatz zu kurz, der im periodischwechselnden Konkurrenzdruck die Entstehungsursache für langwellige Innova-tions- und Wachstumsschübe vermutet. 17)

Die Marx'sche Theorie der Konkurrenz untersucht, wie sich die innovativenKräfte, die zum Wesen des Kapitals gehören, in der Konkurrenz der selbständi-gen Einzelkapitale durchsetzen. 18) Marx sah in der Profitrate die treibendeMacht der Produktion. Sie kann bei gegebener Durchschnittsprofitrate und ge-gebenen Marktpreisen für das Einzelkapital nur gesteigert werden, wenn derindividuelle Kostpreis unter den branchendurchschnittlichen Kostpreis sinkt.Kapitale, die einen technischen Fortschritt erstmals einführen, realisieren gegen-über den Konkurrenten desselben Geschäftszweigs einen Extraprofit in Höheder Differenz zwischen ihrem verkleinerten Kostpreis und dem höheren bran-chendurchschnittlichen Kostpreis. Ihre individuelle Kostpreissumme stellt sichnun in einem vergrößerten Warenquantum dar, das jetzt einen größerenMarktraum erfordert. Unter sonst gleichbleibenden Umständen können die in-novativen Unternehmer ihr vermehrtes Warenangebot nur durch relative Kon-traktion der Preise absetzen (Marx, Kapital I, MEW 23, S. 336). Sie können dieWaren zwar über ihren individuellen Produktionspreis (individueller Kostpreisplus Durchschnittsprofit) verkaufen, müssen aber den allgemeinen Produktions-preis (branchendurchschnittlicher Kostpreis plus Durchschnittsprofit) unterbie-ten. Als Folge des vergrößerten Marktanteils der produktiver erzeugten Warenwerden die Konkurrenten derselben Branche ebenfalls zur Preissenkung undzum technischen Fortschritt gezwungen. Mit der Verallgemeinerung der neuenProduktionstechnik verallgemeinert sich auch das individuelle Kostpreisniveauder ehemals produktiveren Produzenten, so daß der Extraprofit allmählich ver-schwindet.

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3. Theorie des Innovationszyklus

Die moderne Wirtschaftstheorie thematisiert den technischen Fortschritt nuram Rande und eher beiläufig. Sie geht gewöhnlich von einer stetigen, demZeittrend folgenden Fortschrittsrate aus. Diese Kontinuitäts-Hypothese stößtin der historischen Innovationsforschung und teilweise auch in der Konjunk-turtheorie auf heftige Kritik. 19) Im Gegensatz zur Auffassung der herrschen-den Wirtschaftstheorie schließen wir uns der empirisch belegbaren These an,daß in der Geschichte des Kapitalismus technische Fortschritte diskontinuier-lich, ja sogar in Sprüngen aufgetreten sind. Aber nicht genug damit - die dortdurchgeführten Untersuchungen geben Grund zu der Annahme, daß die Dis-kontinuität selbst eine Regelmäßigkeit enthält. Insbesondere im Zusammen-hang mit der Theorie langer Wellen wurde immer wieder auf langfristige Fluk-tuationen des Innovationsprozesses hingewiesen. Man vermutet solche Inno-vationszyklen oder Zyklen des technischen Fortschritts hauptsächlich im Be-reich grundlegender technischer Neuerungen.

mi = Häufigkeit von Basisinnovationen in 22 Zehnjahresperioden 1740 -1969

Abb. 1 Häufigkeit von Basisinnovationen in der Geschichte des Kapitalismus Quelle: Mensch, 1977, S. 142

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Abbildung 1 illustriert Innovationsschübe in der Geschichte des Kapitalismus.Die dargestellte Kurve zeigt vier Häufungspunkte um 1765, 1830, 1885 und1935, die jeweils durch längere Perioden deutlich verringerter Innovations-häufigkeit unterbrochen werden. Diese quantitativ-historische Untersuchungwurde später durch weitere Analysen verschiedener Innovationsindikatorenbestätigt (vgl. van Duijn, 1983; Kleinknecht, 1984 a/b) und auch die Innovati-onsforschung der DDR hat unabhängig davon vergleichbare Ergebnisse vor-gelegt (vgl. Jonas, 1975, S. 155 f).

Ein Zyklus im Bereich der Basisinnovationen ist durch einen regelmäßig wie-derkehrenden Wechsel zwischen Innovationsschub und Innovationsmangelgekennzeichnet. Das zyklische oder periodische Element besteht abstraktbetrachtet darin, daß jede Periode ihre eigene Ursache mehr und mehr zerstörtund zugleich solche Kräfte hervorruft, die zur Ursache der nächsten Periodewerden. Wir haben es dabei mit einer besonderen Dynamik einander wider-streitender Kräfte zu tun: Innovative Kräfte treffen auf Hindernisse und müs-sen sich gegen die bewahrenden Kräfte durchsetzen. 20) Erst dann, wenn dieinnovativen Kräfte die bewahrenden Kräfte überwiegen, werden grundlegen-de, richtungsändernde Neuerungen realisiert. Die innovativen und die entge-genwirkenden, bewahrenden Kräfte wurden in der Theorie der Notwendigkeitdes technischen Fortschritts und in der Theorie der Innovationstypen bereitsangesprochen. Im vorliegenden Kapitel sollen beide Seiten integriert und zurTheorie des Innovationszyklus fortentwickelt werden.

Ein wichtiges Merkmal profitgesteuerter Innovationsprozesse besteht darin,daß Basisinnovationen tendenziell diskriminiert, Verbesserungsinnovationenhingegen favorisiert werden. 21) Dies lässt sich leicht nachweisen: Wegen derradikalen Gebrauchswertänderung und der besonderen Stellung innerhalb des

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Reproduktionsprozesses vernichten Basisinnovationen erstens eine ungleichgrößere Masse alter Produktionsmittel, so daß sie in einem besonderen Maßedem "Gesetz des Kapitalentwertungswiderstandes" unterliegen. Dieses vierteWolf'sche Gesetz der Fortschrittshemmung besagt, daß alte Produktionsanla-gen den Einsatz neuer Einrichtungen behindern, da ihr Wert durch die Inno-vation verloren geht (vgl. Wolf, 1912, S. 237, 274 ff; vgl. auch Katzenstein,1974, S. 74 ff). Zweitens entstehen infolge des Technologiesprungs und desausgeprägten Systemcharakters besonders hohe Einführungskosten beimerstmaligen Einsatz einer grundlegend neuen Produktionstechnik. 22) Da dasKostenkriterium 23) über den Einsatz einer Innovation entscheidet, behin-dern die hohen Kosten der Ersteinführung besonders den Bereich der Basis-innovation. Drittens ist das Kapital, das zuerst die grundlegend neue Techno-logie anwendet, der besonderen Gefahr der Entwertung ausgesetzt. Eine sol-che Kapitalvernichtung, die nicht die alten, sondern die gerade neu eingeführ-ten Produktionsmittel betrifft, beruht zunächst auf den großen Kostenunter-schied zwischen einer erstmaligen Konstruktion einer neuen Maschinerie undihrer Reproduktion. Außerdem folgen der Ersteinführung zahlreiche techni-sche Verbesserungen, wodurch gleiche oder leistungsfähigere Arbeitsmittelmit vergleichsweise niedrigeren Kosten produziert werden. Das hohe Ausmaßder Entwertung führt oftmals zum Bankrott jener Unternehmer, die als ersteeinen grundlegenden technischen Fortschritt realisierten. Die hier genanntenGründe für die Diskriminierung von Basisinnovationen lassen sich darin zu-sammenfassen, daß Basisinnovationen mit einer größeren "schöpferischenZerstörung" (Schumpeter) von Kapital verbunden sind, d.h. in einen viel stär-keren Konflikt treten zur Erhaltung des existierenden Kapitalwerts. 24)

Historischer und systematischer Ausgangspunkt des Innovationszyklus ist dieRevolutionierung der technischen Basis der kapitalistischen Produktion. Sietritt ein, sobald die innovativen Kräfte überwiegen. Ein solcher Basisinno-

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vationsschub schafft das Entwicklungspotential für Verbesserungsinnovatio-nen. Die prinzipielle Priorität dieser Verbesserungsinnovation führt dazu, daßim Anschluß an die technologische Revolution zunächst Verbesserungsinno-vationen favorisiert und Basisinnovationen diskriminiert werden. Erst wenndas durch Basisinnovationen gesetzte Entwicklungspotential für Verbesse-rungsinnovationen derart stark zusammengeschrumpft ist, daß es zu Blocka-den im Innovationsprozess kommt, tritt eine Umorientierung ein. Solche Blo-ckaden, die eine Verlangsamung der allgemeinen Innovationsdynamik bewir-ken, beruhen auf dem bereits erwähnten "Wolf'schen Gesetz der stofflich-technischen Entwicklungsgrenzen". Diese Grenzen machen sich als Schran-ken der relativen Mehrwertproduktion geltend. Sie können nur durch eineRevolutionierung der technischen Basis überwunden werden. Je mehr dasInnovationspotential einer gegebenen technologischen Basis ausgeschöpft ist,je stärker also die Blockaden im Innovationsprozess und damit in der relativenMehrwertproduktion hervortreten, desto stärker werden die innovativen Kräf-te, die auf eine Umwälzung der gegebenen technologischen Basis gerichtetsind.

Zugleich verbessern sich dafür die stofflich-technischen Bedingungen: Ver-besserungsinnovationen führen nämlich zu einer Ausdifferenzierung undFortentwicklung einer technischen Basis. Sie vermindern dadurch die stoff-lich-technischen Hindernisse im Bereich der nächsten technologischen Revo-lution, indem sie wichtige technische Voraussetzungen für einen erneutenBasisinnovationsschub setzen.

Darüber ist das Ausmaß der innovationsbedingten Kapitalentwertung keines-wegs gleich bleibend. Hier spielt der Kapitalumschlag eine wichtige Rolle.Jeder technische Fortschritt vernichtet den Gebrauchswert einer bestimmten

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Masse Produktionsmittel, die unter der alten Produktionstechnik als produkti-ves Kapital fungieren konnten. Der "Kapitalentwertungswiderstand" hängtnatürlich ab von dem Ausmaß der Kapitalentwertung, und diese Größe istgesetzt durch das fixe Kapital, das in den vernichteten Gebrauchswerten ent-halten war. Es wird noch gezeigt, daß Arbeitsmittel mit langen Funktionszei-ten (Fabrikgebäude, Infrastruktureinrichtungen etc.) größtenteils in der Perio-de beschleunigter Innovationsprozesse entstehen. Mit fortschreitender Ent-fernung von dieser Periode verringert sich das in diesen Arbeitsmitteln fixierteKapital. Der "Kapitalentwertungswiderstand" als wichtiges Fortschrittshem-mungsgesetz im Bereich der Basisinnovationen verliert allmählich an Bedeu-tung. Je länger also eine technologische Revolution zurückliegt, desto geringerwird der Kapitalentwertungswiderstand und um so mehr treten die durch denStand der Verbesserungsinnovation fixierten stofflich-technischen Hindernis-se zurück.

Die basisinnovativen Kräfte nehmen also mit der zeitlichen Entfernung vomletzten Basisinnovationsschub mehr und mehr zu, bis sie genügend ange-schwollen sind, um die allmählich kleiner werdenden Hindernisse zu überwin-den. Wir haben es dabei mit einem inneren Veränderungsfaktor zu tun: Derkapitalistische Wirtschaftsprozeß setzt die notwendige Tendenz einer unun-terbrochenen Steigerung der Produktivkräfte, er entwickelt und revolutioniertdie Produktivkräfte und indem er dies tut, entwertet er vorhandenes Kapital.Die Innovation als Mittel der Verwertung des Kapitals (relative Mehrwertpro-duktion) tritt in Widerspruch zur Entwertung, die dazu führt, daß die Vorbe-reitung und die Durchsetzung des Basisinnovationsschubs verzögert werden.Das stofflich-technische Verhältnis zwischen Basis- und Verbesserungsinno-vationen führt unter den Bedingungen kapitalistischer Produktion zu einemWechsel von Innovationsstau und beschleunigter Innovation

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Die basisinnovativen Kräfte und die Hinderniskurve verlaufen zyklisch und inumgekehrter Richtung. Ein hoher Stand der basisinnovativen Kräfte fällt zeit-lich mit einer niedrigen Hinderniskurve zusammen und umgekehrt, so daßperiodisch Basis-Innovations-Schübe entstehen. Eine grundlegende, rich-tungsändernde Neuerung ist demnach das Resultat einer kombinierten Wir-kung. Die Einengung der Möglichkeiten für Verbesserungsinnovationen be-schränkt die darauf beruhende relative Mehrwertproduktion, und sie läßt dieinnovativen Kräfte einer grundlegenden Erneuerung hervortreten. In demMaße, wie die kleineren Fortschrittsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, entste-hen zusätzlich materielle Vorbedingungen eines grundlegenden technischenFortschritts, und es verringert sich der Kapitalentwertungswiderstand. Wäh-rend also die innovativen Kräfte mehr und mehr auf einen grundlegendentechnischen Fortschritt ausgerichtet sind, sinkt die Hinderniskurve, die einersolchen Umwälzung entgegensteht. Je länger also die technologische Revolu-tion auf sich warten läßt, desto stärker die Kräfte, sie zu verwirklichen, undum so mehr treten die Hindernisse zurück. Die Dynamik der Basisinnovatio-nen zeigt unter kapitalistischen Bedingungen das Bild sich stets wiedererzeu-gender Zyklen, deren aufeinanderfolgenden Perioden einander reproduzierenund so die Form der Periodizität annehmen.

Die Frage nach der Dauer der Innovationszyklen stößt auf eine außer-ordentlich große Schwierigkeit. Die Natur des Gegenstandes läßt es nicht zu,exakte Angaben über die periodische Länge in gleicher Weise zu machen,wie es in naturwissenschaftlichen Disziplinen, etwa in der Frequenzanalyseder Physik üblich ist. Da eine ähnlich strenge Periodizität in ökonomischenErscheinungen nicht existiert, können wir nur insoweit Genauigkeit verlan-gen, wie es die Natur des Gegenstandes zuläßt. Die historische Innovations-forschung nennt für die großen Innovationsschübe eine durchschnittliche

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periodische Dauer von etwa 50 Jahren. Aber es gibt keinerlei Grund, dieseZahl als unveränderlich zu betrachten.

Die Länge des Innovationszyklus hängt ab von der Dynamik der entgegen-gesetzt wirkenden Kräfte. Zunächst müssen die basisinnovativen Kräftegenügend angeschwollen sein, um sich gegen die bewahrenden Kräfte, insbe-sondere gegen die prinzipielle Priorität der Verbesserungsinnovationendurchzusetzen. Darüber hinaus gibt es weitere Hindernisse bei der Realisie-rung einer grundlegenden Erfindung, so daß der Zyklus zusätzlich verlängertwird. Die erstmalige Anwendung einer Erfindung ist an eine Fülle materiell-technischer und geistiger Voraussetzungen gebunden. Sie erfordert eineVielzahl neuer Technologien, neuer Produktionsmittel und besonders quali-fizierter Arbeitskräfte. Innerhalb dieser technologischen Interdependenz giltdas sogenannte "Engpaßprinzip". Hiernach kann eine potentielle technischeNeuerung erst dann reale gesellschaftliche Produktivkraft werden, nachdemdas gesamte Bündel eng miteinander verzahnter Innovationen lückenlosherangereift ist (Mensch, 1971, S. 305; Jonas, 1975, S. 157 f). Dieser System-aspekt ist für Basisinnovationen von besonderer Bedeutung, da Produktionund Anwendung der neuen Gebrauchsweisen der Arbeitsmittel eine Vielzahlneuer Produktionselemente erfordern.

Im Kapitalismus wird die Vielzahl neuer Produktionsmittel in verschiedenenProduktionssphären durch selbständige und voneinander unabhängige Pri-vatarbeiten als Ware erzeugt. Die kapitalistische Warenproduktion isoliert dieeinzelnen Teilprozesse des technischen Fortschritts, statt sie organisatorischzusammenzufügen. Außerdem müssen sich die verschiedenen Teilprozesseunter den Bedingungen größtmögliche Profiterzielung verwirklichen. 25) Inder kapitalistischen Warenproduktion kann deshalb die Vielzahl der System-

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bedingungen nur sehr langsam heranreifen, so daß der Innovationszykluszusätzlich verlängert wird. Wenn wir die langwierigen Prozesse bedenken, dieder Innovationszyklus einschließt, die fortschreitende Umwälzung der Struk-tur der Produktivkräfte und schließlich die Vorbereitung einer neuen techni-schen Basis, dann ist es ganz offensichtlich, daß er mehrere Konjunkturzyk-len umfassen muß.

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4. Der Innovationszyklus als Kernprozeß der langenWellen

Schumpeters Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung enthält die These,daß grundlegende Innovationen großer Spannweite die langen Wellen derKonjunktur tragen. Dieser Zusammenhang wird in Abbildung 2 illustriert.

ABB 2 Quelle: Handelsblatt Nr. 248 vom 27.12.1979

Am Anfang der vier Zyklen stehen bedeutendere Innovationen, die als Quelledes langweIligen Wachstumsmuster erscheinen. Der Innovationsprozeßbeeinflußt die verschiedenen Phasen des Zyklus in recht unterschiedlicherWeise. Schumpeter (1961, S. 139 - 202) hat unter Anwendung der Methodeabnehmender Abstraktion zuerst die "primäre Welle", danach die "sekundäreWelle" und schließlich eine Vielzahl wellenförmiger Schwankungen dargestellt.

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Die primäre Welle wird direkt durch den Innovationsprozeß gesteuert. Aus-gehend vom Gleichgewicht beginnt sie mit einer Prosperitätsphase und nachAblauf der Rezessionsphase endet sie erneut im Gleichgewicht. Die primäreWelle löst eine sekundäre Welle aus, die zwei weitere Phasen, die Depressionund die Wiederbelebung, hinzufügt. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, daßSchumpeter die beiden letzten Perioden seines Vier-Phasen-Modells nichtdirekt auf Innovationen zurückführt.

Wir greifen Schumpeters These auf, daß Innovationen großer Spannweite eineprimäre Welle erzeugen und führen drei Modifikationen ein. Erstens beginntder technologische Restrukturierungsprozeß nicht erst nach Abschluß der"Wiederbelebung" in der Nähe des Gleichgewichts, sondern während desAuslaufens der absteigenden Periode, in der Phase des "TechnologischenPatts" (Mensch). 26) Zweitens wird die primäre Welle auf den gesamten Zyk-lus ausgedehnt und drittens werden die Wachstumswirkungen des technischenFortschritts vor dem Hintergrund der Marx'schen Akkumulationstheorie dis-kutiert. Auf diese Weise wird die Oszillation der Durchschnittsprofitrate the-matisierbar, die in Schumpeters Theorie keine eigenständige Kategorie bildetund in verschiedene Kostenfaktoren aufgelöst wird (vgl. Schumpeter, 1934, S.207). Das vorliegende Kapitel untersucht nur die unmittelbaren Wachstums-wirkungen des Innovationszyklus oder die primäre lange Welle. Die dritteModifikation der Schumpeter'schen Theorie, die Einbeziehung des Profitra-tenzyklus, wird im nächsten Kapitel dargestellt.

Für den Fall, daß der grundlegende technische Fortschritt eine besondereProduktionssphäre erobert, tritt im Anschluß daran eine Serie von Verbesse-rungsinnovationen auf. Es entstehen Extraprofite in Höhe der positiven Dif-ferenz zwischen dem branchendurchschnittlichen und dem individuellenKostpreis. Die große Kostendifferenz zwischen dem erstmaligen und dem

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wiederholten Einsatz der neuen Produktionsmittel sowie die hohe Anzahl vonAnschlußinnovationen erzeugen einen sprunghaften Anstieg der Vor-sprungsgewinne.

In der klassischen Theorie wurde auf den nur vorübergehenden Charakter derExtraprofite zurecht hingewiesen. "Derjenige", schreibt Ricardo (1821, S.381), "der die Maschine (….) zuerst nützlich verwendet, wird sich eines zu-sätzlichen Vorteils dadurch erfreuen, daß er eine Zeitlang hohe Profite erzielt.In dem Maße aber, in dem die Maschine in den allgemeinen Gebrauch ein-geht, wird der Preis der produzierten Ware infolge der Konkurrenz auf ihreProduktionskosten sinken. Der Kapitalist wird dann denselben Profit in Geldwie früher erhalten." Die Periode hoher Profite, die Ricardo im Auge hatte,verlängert sich in dem Maße, wie der Basisinnovation ein ganzer Schwarmweiterer Anschlußinnovationen folgt. Vorsprungsgewinne, die wegkonkurriertwerden, erneuern sich ebenso rasch durch die Serie induzierter Verbesse-rungsinnovationen. Während einer solchen Periode hoher Innovations-Dynamik sinkt zwar der Marktpreis; er erreicht aber zunächst nicht, wie Ri-cardo meinte, die Produktionskosten, da diese durch das Bündel der Ver-besserungsinnovationen ebenfalls gesenkt werden.

Die Ausdehnung der hohen, sich stets erneuernden Extraprofite auf andereProduktionssphären ist allein davon abhängig, daß der grundlegende techni-sche Fortschritt weitere Bereiche erobert. Eine solche Diffusion ist bereits inunserem Begriff des grundlegenden technischen Fortschritts angelegt. DieMaschinerie umfaßt drei allgemeine Bestimmungen: die Bewegungsmaschine,den Transmissionsmechanismus und die Werkzeug- oder Arbeitsmaschine.Ein qualitativer Wechsel im Maschinenbetrieb bedeutet eine grundlegendetechnische Änderung im Bereich dieser drei, einander zugeordneten Teile. Die

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Maschine, die erstmals einen solchen qualitativen Wechsel enthält, etabliertzugleich eine neue allgemeine Entwicklungslinie. In ihrer konkreten Ge-brauchswertmodifikation ist also ein neues, verallgemeinerungsfähigesGrundprinzip gesetzt. Dadurch räumt sie Innovationswiderstände weg, nichtnur in ihrem Produktionszweig, sondern auch in anderen Bereichen gesell-schaftlicher Produktion.

Darüber hinaus erzeugt die Anwendung der neuen Maschine stofflich-technische Ungleichgewichte. Sie trifft auf eine mehr oder weniger eng mit-einander verzahnte technische Basis, so daß sie auch technisch in Konfliktgerät mit der unverändert gebliebenen Produktionstechnik der übrigen Pro-duktionsbereiche. Es kommt hauptsächlich zwischen den enger aufeinanderbezogenen Produktionsprozessen zu technischen Disproportionen. SolcheSpannungen werden in dem Maße gesteigert, wie der zunächst punktuell auf-tretende technische Fortschritt Verbesserungsinnovationen induziert. DieDisproportionen zwischen den miteinander verzahnten technologischen Pro-zessen lösen in ständig sich erweiternden Kreisen immer wieder neue Umwäl-zungen der Produktionstechnik aus. Der beschleunigt verlaufende Diffusi-onsprozeß endet mit der Etablierung einer neuen technischen Grundlage, diedadurch gekennzeichnet ist, daß die miteinander verzahnten und aufeinanderbezogenen Technologien auf einem relativ ausgeglichenen technischen Niveauzusammenfinden. 28)

Schließlich erzwingt die Konkurrenz eine Diffusion des technischen Fort-schritts. Die neue Maschine tritt in Konkurrenz zu der alten und konkurriertdiese nieder. 29) Durch ihre Spezialisierung und Fortentwicklung erweiternsich ihre Einsatzmöglichkeiten, so daß sie neue Produktionssphären erobert.Außerdem sinken die Preise der neuen Maschine im Verhältnis zu den Preisen

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der älteren Arbeitsmittel. Als Folge des vergrößerten Marktanteils der produk-tiver erzeugten Waren werden die Konkurrenten derselben Branche immerwieder zu Preissenkungen und zum technischen Fortschritt gezwungen.

Die Diffusion des grundlegenden technischen Fortschritts stellt sich dar als"Innovationsschwarm" (Schumpeter) oder als "Schwall von Basisinnova-tionen" (Mensch). Sie multipliziert die Anlagesphären mit außerordentlich ho-hen Profiten. In den Geschäftszweigen, die von Basisinnovationen betroffenwerden, entstehen kombinierte "Sturm-und Drangperioden des Kapitals" 30).Sie sind, worauf die empirische Innovationsforschung zurecht hinweist, die"Spitzenreiter des Produktionswachstums", die neuen Leitsektoren der lang-welligen Expansionsperiode. 31) Infolge einer Abhängigkeit aller Produktions-Zweige voneinander erzeugen sie eine Marktausdehnung in anderen Produkti-onssphären, die ihrerseits den Anstoß unter sich weitergeben, der dann auf diebegünstigten Anlagesphären zurückwirkt.

Die direkte, durch den Extraprofitmechanismus gesteuerte Wachstumswir-kung des technischen Fortschritts wird ergänzt durch eine Änderung der Ar-beitsproduktivität. Der Innovationsschub steigert das Wachstumstempo derArbeitsproduktivität, so daß die Produktenmasse wachsen muß, worin sich einKapital bestimmter Wertgröße darstellt. Ein wertmäßig gegebenes Original-kapital bzw. Zusatzkapital schließt nun mehr stoffliche Elemente ein als vor-her (vgl. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 631 f; Derselbe, Kapital III, MEW 25,S. 120 ff). Es kommt zu einer stofflichen Erweiterung des gesellschaftlichenReproduktionsprozesses, ohne daß eine wertmäßige Akkumulation im selbenUmfang erfolgt.

Der Innovationsprozeß trägt die ansteigende Periode langer Wellen. Er steuert

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zugleich den oberen Umkehrpunkt und ist Kernprozeß der absteigenden Pe-riode. Endet nämlich der Innovationsschub, so entfallen auch seine positivenWirkungen auf den Akkumulationsprozess: Die Periode der Extraprofite unddie darauf beruhenden kombinierten "Sturm- und Drangperioden des Kapi-tals" laufen aus, die Leitsektoren der langwelligen Expansionsperiode verlierenihre besondere Bedeutung als Spitzenreiter des Produktionswachstums, und essinkt das Wachstumstempo der Arbeitsproduktivität.

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5. Der Profitratenzyklus als sekundärer Prozeß der lan-gen Wellen

Im allgemeinen wird die Bewegung der Durchschnittsprofitrate vor dem Hin-tergrund zwei verschiedener Perioden analysiert. Die mittelfristig ausgerichteteKonjunkturtheorie untersucht die Oszillation der Profitrate innerhalb desKonjunkturzyklus und die klassische Stagnationstheorie bzw. die Marx'scheTheorie des tendenziellen Falls der Profitrate thematisieren die säkulare Be-wegung der Durchschnittsprofitrate innerhalb der gesamten kapitalistischenEpoche. Ernest Mandel hat das traditionelle Analysekonzept erstmals umeinen dritten zeitlichen Rahmen erweitert. Neben der konjunkturellen Bewe-gung und dem tendenziellen Profitratenfall versucht er, theoretisch und empi-risch einen langweIligen Profitratenzyklus nachzuweisen (vgl. Mandel,1972/1983). Einige Jahre später wurde auf neoklassischer Grundlage ebenfallsdie These von einem langweIligen Profitratenzyklus formuliert (vgl. Glismann,1978/80). Lange Wellen des Wirtschaftswachstums werden hauptsächlich ausdem Profitratenzyklus abgeleitet, der vollständig (Glismann et al.) oder dochzu einem großen Teil (Mandel) verteilungstheoretisch bestimmt wird undInnovationszyklen mehr oder weniger generieren soll (Mandel).

Der neoklassisch fundierte verteilungstheoretische Ansatz abstrahiert von denWidersprüchen und Gegensätzen der kapitalistischen Produktion. Überpro-duktionskrisen und sonstige schwere Verwerfungen des Marktprozesses solles angeblich gar nicht geben. Entsprechende Theorien, die auf die prinzipielleInstabilität des Marktsektors abzielen, werden ignoriert. Das sogenannteSay’sche Theorem, die Theorie der störungsfrei verlaufenden Absatzwege,liegt als Dogma der gesamten Theorie zugrunde. Der Kapitalismus, der alserweiterte Tauschwirtschaft gesehen wird, ist angeblich überall und zu jeder

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Zeit harmonisch und stabil. Lange Wellen der Konjunktur können dann ent-sprechend des marktoptimistischen Dogmas nur noch durch externe Ereignis-se, die jedenfalls nicht direkt aus den Marktprozessen heraus entstehen, verur-sacht werden. Vor allem durch das Fehlverhalten von Gewerkschaften undSozialpolitikern werde der reibungslose Marktprozess gestört. Die entspre-chenden Institutionen der zu Interessengruppen organisierten Markteilnehmerwürden angeblich zu schwerfällig auf Marktsignale reagieren (Glismann et al.,1980, S. 6). In gewisser Analogie zum Sachverständigenrat wird die Positionvertreten, daß durch eine langfristig schwankende Intensität gesellschaftlicherVerteilungskämpfe zyklische Verzerrungs- und Entzerrungsprozesse bei derLohnentwicklung und beim staatlichen Verbrauch hervorgerufen werden.Solche Verschiebungen würden eine spiegelbildliche, zyklische Entwicklungder Gewinnerwartung erzeugen, wodurch eine gleichgerichtete, zyklische In-vestitionstätigkeit entstehe, die dann zu Zyklen im Sozialprodukt führe.

Mandel hat die ökonomischen Veränderungen, die dem Funktionieren deswirtschaftlichen Organismus selbst inhärent sind, stärker einbezogen. Einigeder Faktoren, die Mandel berücksichtigen will, sind in ihrer Bedeutung undRelation nicht eindeutig bestimmt. Zunächst besteht Unklarheit darin, wel-chen Stellenwert der Verteilungszyklus einnimmt und wie er sich einordnet indie exogene Theorie des unteren bzw. endogenen Theorie des oberen Um-kehrpunktes. Die Verteilung ist im unteren Umkehrpunkt exogen, durch poli-tische Ereignisse festgelegt und bildet einen wichtigen Faktor der Anstiegspe-riode der langen Wellen. In der Theorie des oberen Umkehrpunkts werdenVerteilungsverhältnisse nur gelegentlich erwähnt, und es ist kaum auszuma-chen, welchen Stellenwert sie haben 32). Falls Mandel meinte, daß dem Ver-teilungszyklus keine Bedeutung bei der Erklärung des oberen Umkehrpunktszukomme, dann wäre das Problem aufgeworfen, warum die Verteilung dieProfitrate nur während des unteren, nicht aber während des oberen Umkehr-

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punkts beeinflussen soll. Das Einbeziehen der Verteilung in die endogeneTheorie des oberen Umkehrpunkts würde die Verteilungsrelationen in einenendogenen ökonomischen Faktor verwandeln. Eine solche Endogenisierungstände dann allerdings im Widerspruch zur exogen ausgerichteten, auf politi-sche Einflüsse abzielende Verteilungstheorie des unteren Umkehrpunkts.

Mandel führt den Anstieg der Durchschnittsprofitrate überwiegend auf außer-ökonomische, historisch-singuläre Ereignisse zurück (vgl. Mandel, 1983, S. 26ff). Er nennt die Revolution von 1848, die Entdeckung der kalifornischenGoldfelder, einen erhöhten Kapitalumschlag aufgrund von Revolutionen inder Kommunikationstechnik, eine Senkung der durchschnittlichen organi-schen Kapitalzusammensetzung durch massives Eindringen des Kapitals inneue Länder mit niedriger organischer Kapitalzusammensetzung, eine plötz-liche Erhöhung der Mehrwertrate als Folge des Faschismus und kriegerischerEreignisse (ebenda, S. 24 f; derselbe, 1972, S. 107 f).

Einige der hier angeführten Faktoren wurden bereits von Parvus, van Gelde-ren, Trotzki u. a. genannt und durch Kondratieff entsprechend kritisiert (vgl.Kondratieff, 1926, S. 153 ff). Mandel hat diese Liste lediglich durch weitereEreignisse der zwanziger, dreißiger und vierziger Jahre ergänzt. Wir kennennicht die Auswahlkriterien und wissen auch nicht, warum gerade diese undnicht etwa andere historische Ereignisse besonders wichtig waren. So soll z.B.eine geographische Ausdehnung des kapitalistischen Weltmarktes Ende dervierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eine ansteigende Periode ausgelösthaben (Mandel 1983, S. 27). Die etwa hundert Jahre später auch von Mandelgenannten geographischen Einschränkungen des Weltmarktes infolge derRevolutionen in Asien und der politisch-ökonomischen Veränderungen inOsteuropa hätten eine gegenteilige Wirkung hervorbringen müssen. Tatsäch-

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lich gingen solche Einschränkungen des Weltmarktes mit einem langwelligenAufschwung einher.

In der Mandel'schen Theorie des unteren Umkehrpunkts ist der Zusammen-hang unterstellt, daß der Profitratenanstieg durch historisch singuläre, politi-sche Veränderungen "am Vorabend einer neuen Springflut der Akkumulati-on" (Mandel, 1972, S. 107) erzeugt wird und daß der Profitratensprung dieentscheidende Voraussetzung bildet für eine technologische Revolution (e-benda, S. 108 ff). Wir werden gleich sehen, wie Mandel diese von ihm selbstentwickelten Zusammenhänge wieder durcheinanderwirft und sich dabei inzahlreiche Widersprüche verwickelt. In seinem Buch "Der Spätkapitalismus"wird die Eroberung neuer Produktionssphären mit niedriger organischer Ka-pitalzusammensetzung, die plötzliche Verbilligung des konstanten Kapitalsund schließlich die Verkürzung der Umschlagszeit durch Perfektionierung desKommunikationssystems größtenteils als ein ganz normaler ökonomischerProzeß gefaßt. Mandel führt die beiden zuletzt genannten Faktoren auf tech-nische Fortschritte, d.h. auf Änderungen des Arbeitsprozesses zurück (eben-da). Es handelt sich hierbei um ökonomische, nicht aber um äußere politischeVerhältnisse, von denen Mandel ursprünglich meinte, sie würden eine langeWelle hervorrufen. Selbst in der späteren Veröffentlichung "Die langen Wel-len im Kapitalismus" werden einerseits politisch gesellschaftliche Ver-änderungen als Voraussetzung einer langen Welle genannt, um sie dann wie-der auf normale ökonomische Vorgänge zu reduzieren. 33)

In diesem Zusammenhang muß noch ein weiterer Widerspruch erwähntwerden. Bei Mandel finden wir den Hinweis, daß "Revolutionen im Trans-portwesen und der Fernmeldetechnik" über eine Erhöhung der Umschlags-häufigkeit des Kapitals einen Profitratenanstieg erzeugen (Mandel, 1983, S.

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27; derselbe, 1972, S. 107 f). Außerdem wird der Anstieg der Durch-schnittsprofitrate Anfang der 90er Jahre des 18. Jahrhunderts auf die öko-nomischen Wirkungen der elektrotechnischen Revolution zurückgeführt. 34)Die grundlegende Umwälzung der Produktionstechnik ist in beiden Fällennicht mehr Folge, sondern eine Ursache des Profitratenanstiegs.

Unsere Theorie des Profitratenzyklus unterscheidet sich in zwei wesentlichenPunkten vom Mandel'schen Theorieansatz. Erstens versuchen wir nachzu-weisen, daß alle Perioden und Umkehrpunkte des Profitratenzyklus endogendurch den kapitalistischen Wirtschaftsprozeß verursacht werden, währendMandel die These vorbringt, daß nur der obere Umkehrpunkt endogen, deruntere hingegen exogen durch historisch singuläre, insbesondere durch poli-tische Ereignisse bestimmt sei. Der zweite wesentliche Unterschied betrifftdie Bedeutung des Profitratenzyklus. Mandels Theorie langer Wellen isthauptsächlich eine Theorie der Profitrate. Der langwellige Profitratenverlaufsteuert dort die Dynamik der langen Wellen und erzeugt die Diskontinuitätdes Innovationsprozesses. Unser Theorieansatz kehrt diesen Kausalzusam-menhang um. Durch seine direkten Wirkungen auf Struktur und Niveau desAkkumulationsprozesses konstituiert der Innovationszyklus den langwelligenProfitratenzyklus, der dann sekundär die primäre Akkumulationswelle ver-stärkt.

Die allgemeine Profitrate ist in der Marx'schen Theorie eine Funktion meh-rerer Variablen. Ihre Bewegung ist Resultat der verschiedenen Einzelwirkun-gen, die aus einem Größenwechsel der Variablen erklärt werden müssen. ImMittelpunkt der Marx'schen Gesetze über das Steigen und Fallen der Profit-rate stehen zwei "Hauptfaktoren", die Mehrwertrate und die Wert-zusammensetzung des Kapitals. 35) Marx diskutiert die Gesetze entlang der

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folgenden Profitratenformel:

(1)VC

VMVC

MP+

•=+

= ''

Dabei bezeichnet P' die Durchschnittsprofitrate, M den Mehrwert, C das kon-stante Kapital, V das variable Kapital, M’ die Mehrwertrate und der Quotient

VCV+

den Kehrwert der Wertzusammensetzung des gesellschaftlichen Kapi-

tals. P' vermehrt oder vermindert sich in demselben Verhältnis wie M’

bzw.VC

V+

, wennVC

V+

bzw. M' jeweils konstant bleiben.

Die Marx'sche Profitratenformel beruht auf der Annahme, daß der Wert derWaren und somit der darin eingeschlossene Mehrwert vollständig realisiertwird. Eine wichtige Modifikation tritt ein, sobald wir diese Annahme aufgebenund zulassen, daß Teile des produzierten Mehrwerts nicht realisiert werden.Auf arbeitswerttheoretischer Grundlage kann die realisierte Mehrwert- oderProfitmasse P zwar kleiner, niemals aber größer sein als der produzierteMehrwert M. Die Differenz zwischen produzierter Mehrwertmasse M undrealisierter Profitmasse P soll als Masse des nicht realisierten Mehrwerts Adefiniert werden. Daher gilt:

(2) PMA −= 0A ≥ ; MP ≤

Wird die Marx'sche Profitratenformel auf den realisierten Mehrwert oder Pro-fit bezogen (Marx, Kapital I, MEW 23, S. 111, MEW 25, S. 254), dann folgtaus Gleichung (1) und (2) die entwickeltere Gestalt der Durchschnittsprofitra-te.

(3)

−•

+=

+−

=MA1

VCM

VCAMP' MP ≤

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Der zweite Faktor in Gleichung (3) läßt sich ohne weiteres als Realisierungs-

quoteMP

ausdrücken, so daß wir die Profitratenformeln (4) erhalten:

(4a)MP

VCMP •+

=' MP ≤

oder

(4b)MP

VCVMP •+

•= '' MP ≤

Die Marx'sche und die soeben entwickelte Profitratenformel unterscheidensich nur hinsichtlich der Realisierungsquote. Beide Profitraten verhalten sichzueinander, wie der realisierte Profit zum produzierten Mehrwert. Da derrealisierte Profit zwar kleiner, niemals aber größer sein kann als der produzier-te Mehrwert, findet die modifizierte Durchschnittsprofitrate ihr Maximum inder einfachen Durchschnittsprofitrate (1). Bleibt das Verhältnis zwischen rea-lisiertem Profit und produziertem Mehrwert unverändert, dann gelten unein-geschränkt die von Marx aufgestellten Gesetze über das Steigen und Fallender Durchschnittsprofitrate. Diese Gesetze sind nun wie folgt zu ergänzen:Bei gleichbleibender Mehrwertrate und Wertzusammensetzung des Kapitalswechselt die Profitrate in derselben Richtung und in demselben Verhältnis wiedie Realisierungsquote. In zwei sukzessiven verschiedenen Zuständen verhältsich die ursprüngliche Profitrate zu der durch Veränderung der Realisierungs-quote entstandenen, wie die ursprüngliche Realisierungsquote zur veränderten.Eine Erhöhung der Profitrate ist ökonomisch nur begrenzt möglich, da derrealisierte Profit niemals größer sein kann als der in der Produktion erzeugteMehrwert.

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Ein langweIliger Profitratenzyklus kann vor dem Hintergrund der eben entwi-ckelten Profitratenformel nur das Resultat einer kombinierten Wirkung auseiner Änderung der Wertzusammensetzung, einem Wechsel der Mehrwertrateoder einer Änderung der Realisierungsquote sein. Dieser Wirkungszusam-menhang wurde bereits in einer früheren Arbeit unter dem Aspekt des lang-welligen Profitratenzyklus eingehend analysiert, so daß wir uns auf eine syste-matische Zusammenfassung der dort gewonnenen Ergebnisse beschränkenkönnen (vgl. Senftleben, 1982, S.11 - 64; 111 - 135; 147 - 155; 162 - 170).

Die Wertzusammensetzung des produktiven Kapitals ist ein zusammenfas-sender Ausdruck der technischen Zusammensetzung des Kapitals und derrelativen Wertgröße der Produktionsmittel und Arbeitskräfte (vgl. Marx, Kapi-tal I, MEW 23, S. 640 650 f; Derselbe, Kapital III, MEW 25, S. 154 f). IhreBewegung ist entweder das Resultat einer geänderten technischen Zusammen-setzung, die selbst zurückzuführen ist auf eine Entwicklung der Produktivkräf-te, oder sie erfolgt aufgrund eines Wertwechsels der Produktionsmittel bzw.der Arbeitskräfte. Die durchschnittliche Wertzusarnmensetzung des gesell-schaftlichen Gesamtkapitals ist zusätzlich bestimmt durch die Wertzusam-mensetzung innerhalb der verschiedenen Sphären der Produktion und schließ-lich durch die Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals auf diese An-lagesphären. Je mehr Kapital in Sphären niedriger Zusammensetzung fließt,umso mehr sinkt bei sonst gleichbleibenden Umständen die durchschnittlicheWertzusammensetzung des Kapitals und umgekehrt.

Durch den Innovationszyklus werden periodisch neue Sphären der Kapitalan-lage in neu etablierten Geschäftszweigen eröffnet. Die technische Entwick-lung innerhalb der durch Basisinnovationen kreierten Geschäftszweige istdurch einen typischen Verlauf gekennzeichnet. In der Regel überwiegt anfangs

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der Handwerks- und Manufakturbetrieb, und später entwickelt sich auf dieserGrundlage der Fabrikbetrieb. Ein wichtiger Grund für diese Entwicklungsfol-ge besteht darin, daß erst ein entwickelterer Manufakturbetrieb die Grundlageschafft für große industrielle Produktionsprozesse. Innerhalb der fortschrei-tenden Arbeitsteilung entsteht der einzelne Teilarbeiter, der für die Erfüllungseiner ausschließlichen Sonderfunktion entsprechend spezialisierte Arbeitsin-strumente führt. Bevor solche Arbeitsinstrumente vom Arbeiter auf einenMechanismus mit mehreren, gleichzeitig operierenden Werkzeugen übertragenwerden können, ist ihre Differenzierung, Vereinfachung und Verbesserungerforderlich. Der sich in dieser Weise entwickelnde Manufakturbetrieb liefertdem Maschinenbetrieb außerdem seine qualitative Gliederung und quantitati-ve Proportionalität. 36) Diese typische Entwicklungsfolge innerhalb der neuentstandenen Produktionszweige ist selbst nur eine besondere Form der be-reits analysierten Serie von Verbesserungsinnovationen.

Wegen der handwerklich bzw. manufakturmäßig betriebenen Ar-beitsmethoden überwiegt zunächst das Element der lebendigen Arbeit. DieRevolutionierung der technischen Basis erzeugt eine Vielzahl neuer Produkti-onszweige mit niedriger Kapitalkomposition, so daß die durchschnittlicheWertzusammensetzung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bzw. ihr Wachs-tumstempo reduziert wird. Marx (Kapital III, MEW 25, S. 246 f) sah in derEntstehung neuer Produktionszweige ein Gegengewicht gegen den tendenziel-len Profitratenfall. 37) Seine These läßt sich nun dahingehend konkretisieren,daß der Innovationszyklus diese "entgegenwirkende Ursache" nicht, zeitlichgleichmäßig verteilt, sondern nur während einer besonderen Periode hervor-treten läßt.

In einem späteren Verlauf der langen Welle wird diese „entgegenwirkende

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Ursache“ allmählich schwächer, so daß die Wertzusammensetzung des gesell-schaftlichen Gesamtkapitals wieder stärker steigt. Zunächst nimmt im Zugenachlassender Innovationstätigkeit die Zahl neuer Geschäftszweige verhält-nismäßig ab. Da sie Produktionssphären mit niedrigerer organischer Kapital-zusammensetzung repräsentieren, verringern sich die darin wurzelnden "ent-gegenwirkenden Ursachen". Außerdem ist die technische Entwicklungsfolgeinnerhalb der Produktionszweige, die während der Revolutionierung der Pro-duktionstechnik neu entstanden waren, durch einen Anstieg der Zusammen-setzung des Kapitals gekennzeichnet. Eine solche Erhöhung beschleunigt sichinsbesondere nach Abschluß der verhältnismäßig kurzlebigen Übergangsphasezum Fabriksystem. Das von Marx formulierte Gesetz des Profitratenfalls, dasdurch die relative Abnahme des variablen Bestandteils des Gesamtkapitalsbegründet wird, tritt während der absteigenden Periode des Innovationszyk-lus, in der Phase des relativen Innovationsmangels, deutlich hervor.

In welcher Richtung bewegt sich nun der zweite "Hauptfaktor" der Profitrate,die sogenannte Mehrwertrate? Auf der Grundlage der Marx'schen Werttheorieist die jeweilige Größe der Mehrwertrate durch Länge und Intensität des Ar-beitstags, durch den Wert der Arbeitskraft und schließlich durch Lohn-schwankungen festgelegt, die je nach Größe der Arbeitslosigkeit mehr oderweniger stark von dem Wert der Arbeitskraft abweichen. Die allgemeine Be-wegung der genannten Größen ist entweder direkt durch den Innovationszyk-lus oder durch seine ferneren Wirkungen bestimmt. Der recht komplizierteZusammenhang zwischen Produktivkraftentwicklung einerseits und Längebzw. Intensität des Arbeitstags andererseits bleibt außerhalb unserer Analyse.Es sollen nur die Wert- bzw. Lohnschwankungen der Arbeitskraft dargestelltwerden.

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Der Wert der Arbeitskraft hat drei Bestandteile: ein physisches Element, einhistorisch-moralisches Element und die Erlernungskosten (Marx, Kapital I,MEW 23, S. 184 ff). In Zeiten ausgeprägter Arbeitslosigkeit fällt der Arbeits-lohn unter den Wert der Arbeitskraft. Einige Bestandteile der notwendigenArbeitszeit, die bislang der Reproduktion der historisch-moralischen Elementeund der Erlernungskosten dienten, verwandeln sich in Mehrarbeitszeit. Marxsah in dem "Herunterdrücken des Arbeitslohns unter seinen Wert" eine der"bedeutendsten Ursachen, die die Tendenz zum Fall der Profitrate aufhalten"(Kapital III, MEW 25, S. 245). Solche Perioden hoher Arbeitslosigkeit folgendem Akkumulationszyklus mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung. Derverlangsamte Akkumulationsprozeß der absteigenden Periode der langen Wel-le erzeugt eine tendenzielle Zunahme der Arbeitslosigkeit, die selbst innerhalbder kurzlebigen konjunkturellen Prosperitätsperioden fortbesteht. Die über-zyklisch gewachsene, säkulare Arbeitslosigkeit setzt sich bis weit in die anstei-gende Periode der langen Welle fort. Der nun wieder beschleunigte Akkumu-lationsprozeß reduziert allmählich das Überschußangebot, so daß im weiterenVerlauf der ansteigenden Periode eine steigende Lohnbewegung zunächstlangsam, dann aber verstärkt einsetzt. Wie bereits bei der Wertzusam-mensetzung des Kapitals zeigt sich auch hier, daß ein weiteres Gegengewichtgegen den tendenziellen Profitratenfall nicht stetig sondern periodisch auftritt.Diese Periodizität wird ebenfalls durch den Innovationszyklus gesteuert.

Es bleibt jetzt noch die Frage nach der allgemeinen Bewegung des Werts derArbeitskraft. Der Wert der Arbeitskraft ist eine Komposition aus der Masseder gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel und der entsprechendenWertgröße. Er steigt, wenn diese Masse bei gleichbleibenden Wertgrößenzunimmt, bzw. wenn in derselben Masse ein größerer Wert enthalten ist undumgekehrt. Die Revolutionierung der Produktionstechnik entfaltet die Kultur-stufen und die Lebensansprüche der Arbeiter, so daß die Masse der gewohn-

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heitsmäßig notwendigen Lebensmittel allmählich erweitert und fortentwickeltwird. Die Hebung des allgemeinen Kulturzustands bedeutet eine Erhöhungdes historisch-moralischen Elements und zusätzliche Erlernungskosten. BeideFaktoren wirken negativ auf die Mehrwertrate (vgl. Senftleben, 1982, S. 132ff). Die Periodizität des Innovationszyklus reflektiert sich in der Größe dergewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel und erzeugt dadurch eine wei-tere zyklische Komponente in der Bewegung der Mehrwertrate.

Der Profitratenzyklus besteht aus einem Auf und Ab der Durch-schnittsprofitrate. Während der ansteigenden Periode der langen Welle steigtzunächst die allgemeine Profitrate, da einmal die Revolutionierung der techni-schen Basis neue Produktionszweige mit niedrigerer organischer Kapitalzu-sammensetzung erzeugt und zum anderen die noch immer hohe Arbeitslo-sigkeit niedrige Löhne erzwingt. Es soll in diesem Zusammenhang noch kurzauf die Bewegung des Werts der Arbeitskraft eingegangen werden, soweit sie -wie die klassische politische Ökonomie meinte - vom Wert der notwendigenLebensmittel abhängt. Die Mehrwertrate steigt oder fällt, wenn die Produkti-vität der Lebensmittelproduktion zu- oder abnimmt. Auf der anderen Seitesteigt die Wertzusammensetzung innerhalb der etablierten Produktionszweigeverhältnismäßig stärker an, sobald sich die Produktivität auf die Konsumgü-terproduktion konzentriert (vgl. Senftleben, 1982, S. 115 - 119). Je mehr dertechnische Fortschritt den Konsumgütersektor betrifft, um so höher ist dierelative Mehrwertproduktion und mit ihr der Anstieg der Mehrwertrate undum so weniger kann die niedrigere Kapitalkomposition der neuen Produkti-onszweige den Anstieg der Wertzusammensetzung der etablierten Produkti-onszweige ausgleichen. Eine entgegengesetzte Wirkung entsteht, sobald dertechnische Fortschritt im Produktionsmittelsektor konzentriert ist. In beidenFällen macht sich der Unterschied hauptsächlich in der absoluten Bewegung,weniger aber in der relativen Bewegung und damit in der Profitratenbewegung

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bemerkbar (ebenda).

Im weiteren Verlauf der ansteigenden Periode der langen Welle, insbesonderenach Eintritt der Periode fehlender Basisinnovationen, sinkt die allgemeineProfitrate. Einmal tritt die Ursache hervor, worin Marx den eigentlichenGrund des Profitratenfalls sah, nämlich die "relative Abnahme des variablenBestandteils des Gesamtkapitals" (Kapital III, MEW 25, S. 227). Zum ande-ren führt die Anstiegsperiode der langen Welle allmählich zu einer Verminde-rung der Arbeitslosigkeit bzw. zu einer Erweiterung des historisch-moralischen Elements. Die Lohneinkommen steigen zunächst langsam an, mitzunehmender Länge der langwelligen Anstiegsperiode beschleunigt sich ihrWachstumstempo, so daß sie auch relativ zum Profit zunehmen. Dieser säku-lare Anstieg der Löhne, der periodisch durch konjunkturelle Abschwungspha-sen unterbrochen wird, besteht erstens aus einem konkurrenzbedingten Lohn-anstieg, wodurch der Wert der Arbeitskraft wieder erreicht bzw. überschrittenwird, und zweitens ist er Ausdruck einer Zunahme des historisch-moralischenElements und der Erlernungskosten. Ob der Lohnanstieg auf einer Erhöhungdes Werts der Arbeitskraft oder nur auf einer konkurrenzbedingten Oszillati-on des Marktpreises der Arbeit beruht, er verstärkt in jedem Fall die sinkendeTendenz der Profitrate. In einer späteren Phase der langweIligen Abstiegspe-riode stabilisiert sich wieder die Durchschnittsprofitrate infolge eines gewalt-samen Herunterdrückens des Arbeitslohns unter seinen Wert. Solche Umver-teilungsprozesse zugunsten der Profiteinkommen sind immer nur begrenztmöglich, so daß sie auch keine langfristige Expansionsphase auslösen können.38)

Die soeben dargestellte Theorie des Profitratenzyklus erweitert das Marx'scheGesetz des tendenziellen Falls der Profitrate. Marx sah in der fortschreitenden

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Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft die eigentliche Ursacheeinerseits für den Profitratenfall ("Das Gesetz als solches"), andererseits fürdie "Entgegenwirkenden Ursachen", die diesen Fall "hemmen, verlangsamenund teilweise paralysieren" (Marx, Kapital III, MEW 25, S. 249). Da Marx diekonkrete Verlaufsform der Produktivkraftentwicklung, insbesondere ihremögliche Zyklizität nicht thematisierte, wird die Wirkung beider Tendenzenals gleichzeitiger Prozeß gedacht. Anders ist es aber, sobald die Produktiv-kraftentwicklung eine zyklische Verlaufsform besitzt. "Das Gesetz als solches"und die "Entgegenwirkenden Ursachen" wirken nun nicht mehr synchronaufeinander, sondern sie treten in verschiedenen Zeiträumen nacheinander aufund erzeugen dadurch einen langwelligen Profitratenzyklus. Die Frage, welcheder beiden Tendenzen langfristig überwiegt, ist Gegenstand der Kontroverseum das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate, und sie behält ganz un-abhängig von einer Theorie des Profitratenzyklus ihre eigenständige Be-deutung. Ein langfristiger Fall der Durchschnittsprofitrate würde die Tief- undHöhepunkte des langweIligen Profitratenzyklus nicht beseitigen, sie aber aufein fortschreitend niedrigeres Niveau herabdrücken.

Es muß noch die Frage beantwortet werden, ob der dritte von Marx nichtberücksichtigte Faktor der Durchschnittsprofitrate, die Realisierungsquote,ebenfalls ein langweiliges Bewegungsmuster besitzt, so daß die Amplitudendes Profitratenzyklus zusätzlich vergrößert werden. Die Angebots- und Nach-frageverhältnisse sind einem ständigen Wechsel unterworfen. Jeder Kon-junkturzyklus enthält Phasen periodischer Überproduktion und Phasen über-schäumender Nachfrage. Darüber hinaus gibt es saisonale Schwankungen,strukturelle Verschiebungen etc. Es soll hier nur ein Aspekt hervorgehobenwerden und zwar das zeitliche Auseinanderfallen des im Angebot erscheinen-den Verschleißwerts des fixen Kapitals einerseits und der Nachfrage nachlanglebigen Arbeitsmitteln andererseits. Ausgangspunkt ist ein Innovations-

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schub, der durch eine Periode verlangsamter Innovationstätigkeit abgelöstwird. Wir möchten unsere Analyse dadurch stark vereinfachen, daß wir dieWertschöpfung innerhalb der neuen Anlagesphäre, sowie die dort verbrauch-ten Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe unberücksichtigt lassen. Die Nachfrage derneuen Anlagesphären umfaßt dann wertmäßig nur den Gesamtpreis der nach-gefragten Arbeitsmittel, während das Angebot aus dem Verschleißwert desfixen Kapitals besteht.

Es wurde gezeigt, daß die Revolutionierung der technischen Grundlage fort-schreitend neue, profitable Anlagemöglichkeiten schafft. Der Produktion inden neuen Anlagesphären geht eine Nachfrage nach neuen Fabrikationsstät-ten, Anlagen und sonstigen langlebigen Arbeitsmitteln voraus. Außerdem istjeder Innovationsschub mit umfangreichen Infrastrukturinvestitionen verbun-den, die ebenfalls eine umfassende Nachfrage auslösen. Nach dem Erwerb derneuen fixen Kapitalelemente in natura existiert hinsichtlich des dort fixiertenWertbestandteils nur Angebot aber keine Nachfrage, vor dem Erwerb bestandnur Nachfrage, kein Angebot. In der langwelligen Anstiegsperiode steht derhohen Nachfrage nach fixen Kapitalelementen zunächst ein verhältnismäßiggeringes, allmählich aber wachsendes Angebot gegenüber. Insbesondere wäh-rend des Höhepunkts des Innovationsschubs erzeugen die neuen Anlagesphä-ren einen Nachfrageüberschuß.

Der allmähliche Rückgang des technischen Fortschritts im Auslauf der anstei-genden Periode der langen Wellen führt mehr und mehr zu einer Abnahmeder neuen, profitablen Anlagesphären. Mit diesem Prozeß ist zugleich einRückgang der Nachfrage verbunden, soweit sie von den neuen Anlagesphärenerzeugt wird. Umgekehrt steigt immer der Verschleißwert der Arbeitsmittel,deren Lebensdauer größer ist als die Zeit, die seit Beginn des radikalen techni-

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schen Fortschritts verstrichen ist. Es verringert sich mehr und mehr der säku-lare Nachfrageüberschuß, bis schließlich der Punkt erreicht ist, wo er in einensäkularen Angebotsüberschuß umschlägt. Der hier beschriebene Wechselzwischen Nachfrageüberschuß und Angebotsüberschuß ist selbst nur Resultatdes Wechsels zwischen Innovationsfülle und Innovationsmangel. 39) Er darfnicht identifiziert werden mit den Überproduktionskrisen der konjunkturellenZyklen. 40)

Die periodische Änderung der Realisierungsbedingungen erzeugt eine periodi-sche Entwertung des Kapitals einschließlich des produzierten Mehrwerts. Sieruft eine langweIlige Oszillation der Realisierungsquote hervor, so daß auchdie Durchschnittsprofitrate entsprechend der eingangs formulierten Gesetzebeeinflusst wird. Die relative Zunahme der Nachfrage während des langweIli-gen Anstiegs läßt die Realisierungsquote zunächst steigen, die dann erneut aufein niedrigeres Niveau sinkt, sobald die Nachfrage relativ zum Angebot ab-nimmt. 41)

Die Analyse hat gezeigt, daß die Durchschnittsprofitrate in derselben Rich-tung und in demselben Verhältnis wechselt wie die Mehrwertrate, wie derKehrwert der Wertzusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals und wiedie Realisierungsquote. Aus dem zyklischen Gleichlauf dieser drei Profitraten-komponenten resultiert der langwellige Profitratenzyklus. Hinter einer solchenSynchronisation steht der Innovationszyklus. Über seinen direkten Einfluß aufStruktur und Niveau des Akkumulationsprozesses konstituiert er den Profitra-tenzyklus.

In Anlehnung an Schumpeter wurde die unmittelbare Wachstumswirkung desInnovationszyklus "primäre Welle" genannt. Ihr folgt ein von der Durch-

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schnittsprofitrate getragener sekundärer Akkumulationsprozeß, der sich in dieprimäre Welle einfügt und sie verstärkt. Die quantitative Wirkung der Durch-schnittsprofitrate auf das Akkumulationstempo zeigt die Formel der gesell-schaftlichen Akkumulationsrate:

(5) 'paw •=

Wobei w die gesellschaftliche Akkumulationsrate oder Rate der Erweiterungdes gesellschaftlichen Kapitals, a die Akkumulationsquote 42) und p' die unsbekannte Durchschnittsprofitrate symbolisieren. Eine höhere Durch-schnittsprofitrate während der Anstiegsperiode der primären Welle bzw. eineniedrigere während der Abstiegsperiode vermehrt oder vermindert direkt dieAkkumulationsrate. Darüber hinaus gibt es noch eine zweite, indirekte Wir-kung über die Akkumulationsquote. Bei einem Kapital gegebener Größewechselt der Profit in derselben Richtung und im gleichen Verhältnis wie dieDurchschnittsprofitrate. Er wird entweder konsumtiv als Revenue-Fonds oderproduktiv als Akkumulations-Fonds verwendet. Gleichbleibende Revenueunterstellt, muß eine Veränderung der Durchschnittsprofitrate immer aucheine gleichgerichtete Variation des Akkumulationsfonds und der Akkumu-lationsquote hervorrufen. 43) Dadurch wird die direkte Akkumulationswir-kung der Durchschnittsprofitrate zusätzlich verstärkt.

Die gesellschaftliche Akkumulationsrate w wurde wertmäßig bestimmt alsProdukt aus Durchschnittsprofitrate und Akkumulationsquote. Die Rate derstofflichen Erweiterung wird außerdem durch eine Änderung der Arbeitspro-duktivität beeinflußt, deren langwellige Zyklizität durch die primäre Wellefixiert wird. Wertmäßige und stoffliche Komponenten bestimmen die Höhedes Akkumulationstempos. Sie treten annäherungsweise als Wachstumsratender gesellschaftlichen Produktion in Erscheinung. Ihr langwelliges Bewe-gungsmuster stellt sich im statistischen Material quantitativ dar als verschiede-

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ne Trendperioden unterschiedlich hoher Wachstumsraten (vgl. u. a. Mandel,1983; van Duijn, 1983; Kleinknecht, 1984 a/b). Vom Standpunkt des Kon-junkturverlaufs äußern sich lange Wellen außerdem in einem periodischenWandel des Konjunkturmusters. 44)

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Anmerkungen

1) Konjunkturforscher und Historiker haben immer wieder die Frage erörtert,ob es neben den mittelfristigen Konjunkturschwankungen noch langwelli-ge Fluktuationen in der Geschichte des Kapitalismus gegeben habe.Spiethoff (1925) und Sombart (1927) gliedern den Zeitraum von 1822 bis1913 in vier Epochen: 1822 bis 1842 Niedergang, 1843 bis 1873 Auf-schwung, 1874 bis 1894 Niedergang, 1895 bis 1913 Aufschwung. In späte-ren wirtschaftshistorischen Analysen wurde der unstetige, diskontinuierli-che Verlauf der kapitalistischen Wirtschaftsgeschichte ebenfalls hervorge-hoben. Kuznets (1930), Wagemann (1931), Schumpeter (1961), Rostow(1978)/ Schröder/Spree (1980), Petzina/van Roon (1981) u. a. haben lang-fristige Fluktuationen gleicher oder davon abweichender Periodizität empi-risch nachweisen können. Aber auch jene Wirtschaftshistoriker, die einegeneralisierende Theorie großer Zyklen verwerfen, bestätigen die Auffas-sung, daß die kapitalistische Wirtschaftsentwicklung nicht stetig verlaufensei und daß der empirische Befund extreme Abweichungen von Trendenthalte (vgl. u. a.: Hoffmann, 1965; Kuczynski, 1952/1967; Landes, 1973;Borchardt, 1976; Fischer, 1979).

2) Von Clarks Beitrag, der quellenmäßig noch nicht erschlossen ist (Wein-stock, 1964, S. 17), einmal abgesehen, wurde der Gedanke, daß ein größe-rer Wirtschaftsrhythmus einen periodischen Wechsel des Kon-junkturmusters erzeugt, von dem in Deutschland lebenden russischen So-zialdemokraten A.L. Helphand vor fast 90 Jahren erstmals formuliert. Un-ter dem Pseudonym Parvus wies Helphand darauf hin, daß die wirtschaftli-che Depression - vergleichbar mit den Trendperioden halber Kondratieff-Länge - durch eine langfristige Verlangsamung der Produktionsentwick-lung gekennzeichnet sei. "Sie kürzt die Größe des Aufschwungs und seinenSpielraum, dehnt dagegen die Handelskrisis aus, die aber dadurch ihreSchärfe verliert. Man gewinnt fast den Eindruck, als ob sich die Produkti-on überhaupt nicht mehr emporarbeiten kann, bis die Entwicklungspoten-tiale zu einer neuen Sturm- und Drangperiode herangereift sind." (Parvus,1901, S. 26). Vor dem Hintergrund dieser These, die auch im Schumpeter -schen Drei -Zyklen-Schema enthalten ist, erscheint die tiefe Wirtschaftskri-se Mitte der 70er bzw. Anfang der 80er Jahre als Überlagerung konjunktu-

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reller und langwelliger Abschwungsperioden.

3) Das zyklische oder periodische Element einer Welle besteht abstrakt be-trachtet darin, daß in ihr Perioden eingeschlossen sind, die einander da-durch stets reproduzieren, daß sie ihre eigenen Ursachen mehr und mehrzerstören und zugleich Kräfte erzeugen, die zur Ursache der nächsten Pe-riode werden. Der endogene Ansatz zu einer Theorie langer Wellen (vgl. u.a. Kondratieff, de Wolf, Forrester, Glismann et al., Gordon, van Duijn)unterscheidet sich vom exogenen Ansatz (vgl. u. a. Parvus, van Gelderen,Schumpeter, Mandel) dadurch, daß dort das zyklische Element auf alle Pe-rioden ausgedehnt wird. Sobald das zyklische Element bedeutungslos wird,sprechen wir von einem historisch-singulären Theorieansatz. In der vorlie-genden Arbeit werden lange Wellen des Wirtschaftswachstums auf endo-gene Ursachen zurückgeführt.

4) In der Literatur besteht eine große Übereinstimmung darin, daß lang-wellige Bewegungskomponenten in Preisreihen auffindbar sind. Ihre Exis-tenz ist nur für die Mehrzahl realer ökonomischer Variablen strittig. In derjüngeren Diskussion zur empirisch-statistischen Existenz langer Wellennehmen u. a. Spree (1978), van der Zwan (1980) und van Ewijk (1982) eineeher ablehnende Haltung ein, während u. a. Hans H. Glismann et al.(1978/1980), Ernest Mandel (1983), van Duijn (1983), Metz (1984) undKleinknecht (1984 a/b) langfristige zyklische Schwingungskomponentenselbst in Produktionsreihen verschiedener Länder nachgewiesen haben.Auf die heftigen Kontroversen zum empirisch-statistischen Existenzprob-lem langer Wellen kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen wer-den.

5) Die Marx'sche Theorie sieht in den kapitalistischen Produktions-verhältnissen die Bewegungsform der Produktivkräfte, die durch die kapi-talistischen Verhältnisse zunächst gewaltig entfaltet, auf einer "gewissenStufe ihrer Entwicklung" aber mehr und mehr dazu in Widerspruch gera-ten würden. Diese bekannte These des historischen Materialismus wird imZusammenhang mit dem Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate auf-gegriffen und erscheint nun als "Widerspruch" oder "Konflikt" zwischender kapitalistischen Tendenz nach "absoluter Entwicklung der Produktiv-

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kräfte" und der "Erhaltung und Verwertung existierenden Kapitalwerts"(Marx, Kapital III, MEW 25, S. 259 f). Eine solche doppelte Wirkung derkapitalistischen Produktionsverhältnisse - einmal ihre Bedeutung als Ent-wicklungsform, zum anderen als Fessel der Produktivkräfte - wurde vonMarx nicht im Detail erörtert, so daß wir dort nur sehr wenig über daskonkrete Wechselspiel zwischen den innovations-fördernden und den in-novationshemmenden Faktoren erfahren.

6) "Unter Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit verstehen wir hier über-haupt eine Veränderung im Arbeitsprozeß, wodurch die zur Produktioneiner Ware gesellschaftlich erheischte Arbeitszeit verkürzt wird, ein klein-res Quantum Arbeit also die Kraft erwirbt, ein größeres QuantumGebrauchswert zu produzieren" (Marx, Kapital I, MEW 23, S. 333). ImGegensatz zur begrifflichen Bestimmung Preisers umfaßt die Marx'scheKategorie der Produktivkraftentwicklung auch solche Veränderungen desArbeitsprozesses, die zwar Arbeitszeit, nicht aber Kosten einsparen (vgl.Marx, Kapital I, MEW 23, S. 412 ff). Die spezifisch-kapitalistische Formder Produktivkraftentwicklung wird aber ebenfalls mit dem Kostenkriteri-um verbunden (ebenda).

7) Die Marxistische Wirtschaftstheorie unterscheidet die Produktivkraft-entwicklung von der Intensität der Arbeit. Diese begriffliche Abgrenzungist berücksichtigt in der genannten Bestimmung des technischen Fort-schritts, da hier ausdrücklich von einem gegebenen Arbeitsquantum dieRede ist. Das bloße Zusammenpressen einer größeren Arbeitsmasse in ei-ner gegebenen Zeitperiode senkt zwar ebenfalls die Stückkosten, es fälltaber nicht unter den Begriff des technischen Fortschritts.

8) Bereits die ersten Arbeiten zur Analyse langer Wellen verweisen auf rich-tungsändernde, radikale technische Neuerungen, die als wichtiger Grundlanger Wellen angesehen werden. Parvus und der Niederländer van Gelde-ren nennen u. a. bahnbrechende Neuerungen des Transportwesens (Eisen-bahn- und Straßenfahrzeugbau) und die Entstehung der elektrotechni-schen Industrie. Die grundlegenden technischen Fortschritte werden oftals "Basisinnovationen" (Mensch, 1972/1977; van Duijn, 1981/1983; Hau-stein/Neuwirth, 1982; Kleinknecht, 1984), manchmal aber auch als "radi-

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kale technische Fortschritte" (Mandel, 1972), als "technologische Revoluti-onen" (Mandel, 1972; Kuczynski, 1975; Jonas, 1975), als Innovationen, die"neue technologische Paradigmen" begründen (Dosi, 1982) oder als "In-novationen von relativ langer Spanne" (Schumpeter, 1961) bezeichnet. ZurUnterscheidung der zwei verschiedenen Innovationstypen vergleiche dar-über hinaus: Leibenstein, 1965, S. 192 f; Dorner, 1964, S. 261 f; Salter,1969, S. 43.

9) Die Liste der Basisinnovationen, die Gerhard Mensch (1977, S. 135 - 164)in Anlehnung an eine Teilerhebung der Technikgeschichtler Jewkes, Sa-wers und Stillerman aufgestellt hat, gruppiert ökonomisch bedeutenderetechnische Fortschritte (Puddelofen, Eisenbahnbau, Dampf- und Wasser-turbinen, Benzinmotoren etc.) unter die selbe Kategorie wie jene Neuerun-gen, die überwiegend dem Konsumgüterbereich angehören und offensicht-lich keine bedeutendere Wirkungen auf den Akkumulationsprozeß ausüb-ten, wie die Produktion des Aspirins, des Backpulvers, des Reißverschlus-ses, des Kugelschreibers etc.

10) Unter profittheoretischen Gesichtspunkten macht es einen Unterschied,ob der technische Fortschritt die Lebensmittelabteilung oder die Luxus-warenabteilung betrifft. Nur ein technischer Fortschritt im Bereich der di-rekten bzw. indirekten Lebensmittelproduktion erhöht bei sonst gleich-bleibenden Umständen die Mehrwertrate (Marx, Kapital I, MEW 23, S.334). Dieser profittheoretische Zusammenhang, der erst im letzten Kapi-tel erörtert wird, ändert nichts daran, daß weder die notwendigen Le-bensmittel noch die Luxuswaren stofflich als wirkliche Bestandteile weite-rer Produktionsprozesse fungieren.

11) Mandel (1972, S. 104 - 112) sieht ebenfalls in einem "qualitativen Sprung"der Maschinerie den Kernprozeß einer technischen Umwälzung, aller-dings mit dem Unterschied, daß der Bewegungsmaschine eine Schlüs-selstellung eingeräumt wird. Für die industrielle Revolution des 18. Jahr-hunderts ist diese These kaum haltbar, da wohl eher die Werkzeug-maschine der Ausgangspunkt war und schließlich die Bewegungsmaschi-ne revolutionierte (vgl. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 393 ff; Kuczynski,1975, S. 42, 92; Jonas, 1975, S. 144). Die einseitige Betonung der Bewe-gungsnaschine muß noch aus einem anderen Grund zurückgewiesen

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werden. Mandel selbst vertritt die Auffassung, daß die Steuerung von Ma-schinen mit elektronischen Geräten Kern der letzten technologischenRevolution war. Die elektronische Steuerung scheint aber gerade keinvorrangiges Moment der Bewegungsmaschine zu sein. Jedenfalls findenwir bei Mandel nicht einen einzigen Beleg für den dort unterstellten privi-legierten Zusammenhang zwischen Bewegungsmaschine und elektroni-scher Steuerung.

12) Vgl. u. a. Kuznets, 1954; Landes, 1973; Mensch, 1977; Zörgiebel, 1983;van Duijn, 1983. Ihre Begründung der "ertragsgesetzlichen Verlaufsfor-men" im Bereich der Verbesserungsinnovationen beruht auf dem bio-logisch orientierten Konzept des Produkt-Lebenszyklus. Van DuijnsTheorie des oberen Umkehrpunktes der langen Wellen liegt ein vier Pha-sen umfassender Basis-Produkt-Lebenszyklus zugrunde (van Duijn, 1983,S. 132 ff). Es bleibt die Frage offen, warum verschiedene Produktlebens-Zyklen dieselben Perioden innerhalb derselben Zeiträume durchlaufen, sodaß sie zur selben Zeit in die Sättigungsphase treten, um dann einen ge-samtwirtschaftlichen Stagnationstrend auszulösen. Außerdem scheint dieProdukt-Lebenszyklus-Hypothese vor dem Hintergrund unserer Theoriedes kapitalinduzierten technischen Fortschritts nicht besonders überzeu-gend zu sein. Kapitel drei wird zeigen, daß die diskontinuierliche Ver-laufsform der Verbesserungsinnovationen durch die innovativen Kräftekapitalistischer Gesellschaften einerseits und durch das stofflich-technischen Entwicklungsverhältnis zwischen Basis- und Verbesserungs-innovationen andererseits erklärt werden kann.

13) Der deutsche Ökonom Julius Wolf nannte verschiedene Hindernisse destechnischen Fortschritts, von denen er glaubte, daß sie die wirtschaftlicheDynamik des 20. und des 21. Jahrhundert entscheidend lähmen würden.Er führt insgesamt vier "Fortschrittshemmungsgesetze" an (Wolf, 1912,S. 235 ff): das Gesetz der technisch-ökonomischen Entwicklungsgrenze,das Gesetz des Optimums, das Gesetz der Kostenvermehrung bei additi-oneller Produktion und schließlich das Gesetz des Kapitalentwertungswi-derstands. Bei dem Gesetz der technisch-ökonomischen Entwicklungs-grenzen handelt es sich um die Kombination aus einer absoluten Kosten-senkungsmöglichkeit ("ökonomische Grenze") und um die Ausschöpfungder Wirkungsfähigkeit solcher Güter ("technische Grenze"), die als Roh-stoffe eingesetzt werden (ebenda). Wolfs ökonomische Grenze beruht

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auf einer Verwechselung der absoluten und relativen Kostensenkung. Dietechnische Grenze bezieht sich nur auf die Einsparungsmöglichkeiten imBereich des Rohstoffverbrauchs und läßt die übrigen, weitaus wichtigerenBereiche des technischen Fortschritts ganz außer Acht. Da die Literaturdas "Wolf’sche Gesetz" auf das stofflich-technische Entwicklungsver-hältnis zwischen Basis- und Verbesserungsinnovationen bezieht, soll dasGesetz im folgenden nur mit dieser vom ursprünglichen Gehalt abwei-chenden Bedeutung in Verbindung gebracht werden.

14) Es sollen hier nur zwei Beispiele aus dem Bereich der Langen-Wellen-Forschung genannt werden. Schumpeter führt die Innovationstätigkeitauf besondere individuelle Eigenschaften schöpferischer Führerpersön-lichkeiten zurück. "Diese Fähigkeit, sich zugunsten unerprobter Möglich-keiten zu entscheiden ( ... ), kann indessen in der Bevölkerung in Über-einstimmung mit dem Gauß'schen Gesetz ( ... ) verteilt sein." (Schumpe-ter, 1961, S. 107). Die Verschiedenheit im Verhalten verschiedener Per-sonen gilt Schumpeter als ganz gewöhnliche "Tatsache" (ebenda, S. 132).Er verweist in diesem Zusammenhang auf Sir Francis Galtons südafrika-nische Ochsen, wo man ebenfalls charakteristische Unterschiede im Ver-halten festgestellt habe (ebenda, S. 106, FB 32). Die empirisch konstatier-baren Verhaltensunterschiede der Personen werden aus ihrem gesell-schaftlichem Zusammenhang herausgelöst, in ewig gültige Naturkonstan-ten verwandelt und dann zu einer Grundlage der innovationsbedingtenökonomischen Entwicklung gemacht. Ein anderes Beispiel liefert Ger-hard Mensch. Die Notwendigkeit des technischen Fortschritts unter spe-zifisch kapitalistischen Bedingungen wird von vornherein in eine über-zeitlich geltende, natürliche Tendenz aller menschlichen Gesellschaftenverwandelt: "Die menschliche Gesellschaft ist eine innovative Gesell-schaft" (Mensch, 1977, S. 51).

15) Wolf selbst hat das "Gesetz des technisch-ökonomischen Fortschritts"eher am Rande und wenig systematisch erörtert. Er führt eine Liste ver-schiedener innovationsfördernder Kräfte an (Wolf, 1912, S. 213 f), ohnedaß etwas über ihre Entstehung, ihren Zusammenhang und über die rela-tive Bedeutung solcher Kräfte gesagt wird. Auch erfahren wir nicht, wiesie konkret wirken und technische Fortschritte hervorrufen.

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16) Die These, daß die relative Mehrwertproduktion eine notwendige Tendenzzum technischen Fortschritt erzeugt, wird in Anlehnung an Marx von ei-ner ganzen Reihe moderner Autoren vertreten. Vgl. u. a.: Richta-Report,1968, S. 36 ff; Altvater et. al.. 1979; Schmiede, 1973, S. 10 ff; Bader et al.,1975; Mendner, 1975, S. 30 ff; Heseler, 1980, S. 19 ff.

17) Erste Hinweise auf eine solche konkurrenztheoretische Ableitung langerInnovations- und Wachstumswellen finden wir bei Gerhard Mensch(1977, S. 210 f), Wolfgang Jonas (1975, S. 159 f) und schließlich beiKleinknecht 1979 b, S. 100 ff). Diese Autoren stimmen darin überein,daß der verschärfte Konkurrenzkampf während des Auslaufs der ab-steigenden Periode der langen Wellen, insbesondere während konjunktu-reller Krisen- und Depressionsperioden, Basisinnovationen mehr oderweniger hervorrufen würde.

18) Im folgenden soll die Marx'sche Analyse des Extramehrwerts, wie sie imersten Band des Kapitals dargestellt ist (vgl. MEW 23, S. 335 ff), vor demHintergrund der entfalteten Kategorien des dritten Bandes reformuliertwerden (vgl. besonders MEW 25, S. 33 ff, 209, 275, 654 ff). Die insbe-sondere Anfang der 70er Jahre geführte Kontroverse um die Frage, obder Extraprofit aus einer Umverteilung innerhalb einer Sphäre entspringt(vertreten von Mandel, 1972, 3. Kapitel; Jánossy, 1966, S. 125 f; Mender,1975, S. 49 ff) oder ob er durch Anwendung ausnahmsweiser Produktiv-kraft produziert wird (vertreten von Christel Neusüß, Elmar Altvater,Wolfgang Schoeller), kann an dieser Stelle nicht näher erörtert werden.

19) Die recht populäre Vorstellung, daß der technische Fortschritt stetigverlaufe (Kontinuitäts-Hypothese) ist mit vielen wirtschaftshistorischenund technikgeschichtlichen Analysen nicht in Einklang zu bringen (vgl. u.a.: Kuznets, 1930; Schumpeter, 1961; Kuczynski, 1975, Schmookler,1966; Landes, 1973).

20) Das hier angewandte Analysekonzept ist durchaus gebräuchlich in der

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Innovationstheorie langer Wellen. Bereits Schumpeter (1934, S. 339 ff;derselbe, 1961, S. 107 ff) konfrontierte innovative Kräfte mit verschiede-nen Innovationshindernissen, und er leitete die Diskontinuität der Inno-vationen aus der Dynamik beider Kräfte ab. Ein ähnliches Analysekon-zept finden wir bei Gerhard Mensch (1977). Die relative Dynamik inno-vativer und bewahrender Kräfte steht im Mittelpunkt seiner Theorie destechnologischen Patts. "Die Krisengefahr spitzt sich zu, die widerstrei-tenden Kräfte im Strukturwandel treffen härter aufeinander, und es ( ... )reiben sich die evolutorischen Kräfte der Erneuerung und die bewahren-den Kräfte ( ... ). Zunächst überwiegen die bewahrenden Kräfte, und dieInnovationen lassen auf sich warten" (Mensch, 1977, S. 17). Beide Theo-rieansätze leiden darunter, daß sie die entscheidende Nahtstelle des Inno-vationszyklus, den Innovationsschub, wenig systematisch und eher amRande erörtern, und dazu die Kräfte des Innovationsprozesses überwie-gend auf anthropologische Naturkonstanten zurückführen wollen.

21) In der akademischen Wirtschaftstheorie wird die These formuliert, daßder Marktmechanismus eher kurzfristig wirkt und auf dem Gebiet derVorbereitung grundlegenderer Innovationen mehr oder weniger versagt,so daß es insgesamt zu einer suboptimalen Allokation der Ressourcenkommen würde (vgl. Arrow, 1962). Dieser Aspekt tritt in GerhardMenschs Ansatz zur Theorie langer Wellen deutlich in den Vordergrund.Seiner Meinung nach würden Verbesserungs- und Scheininnovationengrundsätzlich favorisiert, und nur in Ausnahmefällen, im sogenanntentechnologischen Patt, würden Basisinnovationen gefördert (vgl. Mensch,1977, S. 20, 58 f, 166 ff, 218 f, 269 ff).

22) Bereits die klassische Innovationsforschung, deren wichtigster Reprä-sentant der Engländer Charles Babbage (1792 - 1871) war, hob den gro-ßen Kostenunterschied hervor zwischen der erstmaligen Konstruktioneiner Maschinerie und ihrer späteren Reproduktion. Auch in der gegen-wärtigen ökonomischen Theorie des technischen Fortschritts wird aufhohe Kosten der Ersteinführung hingewiesen. Fleck (1973, S. 26 f) ver-tritt die These, daß sich der technische Fortschritt meist über einen tech-nischen Rückschritt vollziehe, da während der Einführungsperiode mithöheren Kosten zu rechnen sei. Als Gründe für diese besondere Kost-spieligkeit nennt er fehlendes, erst zu erwerbendes Know-how der Ar-

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beitskräfte, insbesondere der Techniker; Störungen und Zeit-überschreitungen infolge technischer Mängel beim Aufbau und bei In-betriebnahme neuer Produktionsanlagen und schließlich suboptimaleProduktionsmengen aufgrund von Absatzschwierigkeiten. Rosenberg/Frischtak (1983) begründen das Festhalten an der alten Technologie u. a.mit dem Ausbildungssystem, das auf die Bedürfnisse etablierter Indust-rien zugeschnitten sei und für Techniker und Ingenieure unzureichendeLehrinhalte bereitstellen würde. Dies erinnert an Schumpeters These, daßdie Umwelt für die Wiederholung von Gewohnheitshandlungen die Vor-bedingungen liefere, die sie im Falle von neuen Dingen manchmal nichtbieten könne, wie z.B. die Bereitstellung geeigneter Arbeitskräfte(Schumpeter, 1961, S. 108).

23) Damit technischer Fortschritt auf kapitalistischer Grundlage stattfindet,muß die Kostenersparnis größer sein als die zusätzlichen Kosten, die dertechnische Fortschritt verursacht, so daß dadurch ein Extraprofit möglichwird. Die Bedingung für die Einführung des technischen Fortschritts läßtsich folgendermaßen formalisieren: EVCaVCa ++≥+ *** . Wenn

** Ca den Verschleiß der neuen Maschinerie, *V die neue Lohnsum-me, Ca den Werteverzehr der bisher eingesetzten alten Maschinerie, Vdie alte Lohnsumme und E die Kapitalvernichtung symbolisieren.

24) "Der Widerspruch, ganz allgemein ausgedrückt, besteht darin, daß diekapitalistische Produktionsweise eine Tendenz einschließt nach absoluterEntwicklung der Produktivkräfte, ( ... ) während sie andererseits die Er-haltung des existierenden Kapitalwerts und seine Verwertung im höchs-ten Maß ( ... ) zum Ziel hat. Ihr spezifischer Charakter ist auf den vor-handenen Kapitalwert als Mittel zur größtmöglichen Verwertung diesesWerts gerichtet. Die Methoden, wodurch sie dies erreicht, schließen ein:Abnahme der Profitrate, Entwertung des vorhandenen Kapitals undEntwicklung der Produktivkräfte der Arbeit auf Kosten der schon pro-duzierten Produktivkräfte" (Marx, Kapital III, MEW 25, S. 259 - Hervor-hebung nicht im Original).

25) Katzenstein hat die Hindernisse bei der Umsetzung des technischen

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Fortschritts am Beispiel des Volkswagens-Konzerns illustriert, und er ge-langt zu folgendem Resultat: "Diese gesellschaftlichen Zusammenhängemüssen sich aber auf privater Basis, auf der Basis einzelner Kapitale mitihrerseits sehr unterschiedlichen Profitbedingungen verwirklichen; dieseliegen noch dazu miteinander im Kampf. Es leuchtet ein, daß hierSchwierigkeiten für den Ablauf der Prozesse und für den technischenFortschritt selbst entstehen müssen" (Katzenstein, 1974, S. 27}.

26) In der Innovationstheorie langer Wellen ist die Frage umstritten, inner-halb welcher Periode der langen Welle der Innovationsschwarm auftritt.Schumpeter (1961, S. 140 ff) war der Ansicht, daß der Pionierunterehmererst in der Gleichgewichtsnähe Innovationen gegen den dann verminder-ten Widerstand durchsetzen würde. Diese Auffassung wird vonClark/Freeman/Soete (1981), sowie von dem Niederländer van Duijn(1981) unter Verwendung unterschiedlicher Begründungszusammenhän-ge geteilt, und sie ist auch im Mandel'schen Theorieansatz angedeutet.Die These, daß eine wiederbelebte Wirtschaft Hindernisse im Bereich derBasis-Produkt-Innovationen wegräumen würde, widerspricht zumindestteilweise den Auffassungen Menschs (1977), Jonas' (1975) und Klein-knechts, (1979 a/b), die darauf hinweisen, daß erst ökonomische Depres-sionsphasen Basisinnovationen erzwingen würden. Wir können an dieserStelle nicht kritisch auf die dort genannten Begründungszusammenhängeeingehen und möchten nur der theoretischen Klarheit wegen kurz ver-merken, daß unser Theorieansatz eher die zweite Position stützt.

27) Wir folgen hier dem klassischen Maschineriebegriff, wie er von Marx inAnlehnung an Babbage entwickelt worden war (vgl. Kapital I, MEW 23,S.393 ff).

28) Innerhalb der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftsgeschichte wird diesermiteinander verzahnte technologische Umwälzungsprozeß mehrfach er-wähnt (vgl. u. a. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 404 f; Mandel, 1972, S. 109- 112; Landes, 1973; Kuczynski, 1975). In kritischer Anlehnung an Ger-hard Mensch hat besonders Jonas (1975, S. 159) die Diffusion als Ketten-reaktion auf ein gestörtes Gleichgewicht interpretiert.

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29) Die These, daß die Konkurrenz die Diffusion befördert, wird sowohldurch die Marx'sche Theorie des Extraprofits als auch durch die dynami-sche Wettbewerbstheorie (Schumpeter, 1961; Clark, 1961; Arendt, 1949;Heuss, 1962) gestützt. Man unterscheidet zwischen einem erstmaligenEinsatz einer neuen Technologie (Vorstoßphase) , wodurch das Konkur-renzgeschehen ausgelöst würde und der Konkurrenz der Nachahmer(Verfolgungsphase), die dazu führe, daß sich die neue Technologieverbessern und ausbreiten kann, bis schließlich der Vorsprungsgewinnwegkonkurriert werde.

30) Parvus, ein "Vorläufer" der Langen-Wellen-Forschung (Weinstock, 1964,S. 18 f), verstand unter "Sturm- und Drangperioden des Kapitals" eineaufsteigende Wellenbewegung der kapitalistischen Produktionsentwick-lung. Er führte sie auf grundlegendere technische Fortschritte zurück(Parvus, 1901 / 1911). Marx hatte den Begriff "Sturm- und Drangperio-de" bereits ähnlich verwendet, allerdings mit dem Unterschied, daß derBegriff noch nicht auf längerfristige Akkumulationszyklen sondern aufdie Akkumulationswirkungen der historisch besonderen Übergangsphasezum Fabrikbetrieb bezogen wurde. "Diese erste Periode, worin die Ma-schine erst ihren Wirkungskreis erobert, ist entscheidend wichtig wegender außerordentlichen Profite, die sie produzieren hilft. Diese bilden nichtnur an und für sich eine Quelle beschleunigter Akkumulation, sondernziehen großen Teil des beständig neu gebildeten und nach neuer Anlagedrängenden gesellschaftlichen Zusatzkapitals in die begünstigte Produkti-onssphäre. Die besonderen Vorteile der ersten Sturm- und Drangperiodewiederholen sich beständig in den Produktionszweigen, worin die Ma-schinerie neu eingeführt wird" (Marx, Kapital I, MEW 23, S. 474). Offen-sichtlich wiederholen sich solche kombinierten "Sturm- und Drangperio-den" nach jeder grundlegenden, richtungsändernden Neuerung.

31) "Major innovations create leading sectors. Historically, the classic se-quence of leading sectors is: cotton textiles, railways and iron; steel,chemicals and electricity; and the motor car industry" (von Duijn, 1981, S.267). Vergleiche auch Rostow, (1975/1978), Mensch (1977), van Duijn,(1983). Kleinknecht (1979 a) hat die Wachstumsrelevanz der Basisinnova-tionen der 1930er und 1940er Jahre empirisch untersucht, und er stellt die

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These auf, daß die von Basisinnovationen besonders stark betroffenenIndustriezweige mit den Wachstumsbranchen der Nachkriegszeit iden-tisch waren.

32) Im Mittelpunkt der überakkumulationstheoretischen Fundierung des obe-ren Umkehrpunkts steht der Anstieg der organischen Kapitalzusammen-setzung (vgl. Mandel, 1972, S. 112), und nur am Rande werden auch Än-derungen des Verteilungsverhältnisses zwischen Lohn und Profit zur Be-gründung des Profitratenanstiegs herangezogen (ebenda, S. 123 f,167 f).Mit Bezug auf das Ende des sogenannten Wirtschaftswunders des Spät-kapitalismus finden wir ausnahmsweise einen Hinweis, der nicht nur dieorganische Kapitalzusammensetzung sondern ebenso den "Kampf umdie Mehrwertsrate" (S. 168) ins Zentrum rücken läßt. Insgesamt bleibtaber unklar, welche Bedeutung die Verteilung zwischen Profit und Lohnin der Theorie langer Wellen hat und ob Verteilungsverschiebungen au-ßerökonomisch-politisch oder mehr ökonomisch-endogen verursachtwerden.

33) Die Reduktion des Profitratenanstiegs auf rein ökonomische Prozesse istbesonders augenfällig im Zusammenhang mit der "Umschlagsgeschwin-digkeit des Kapitals", die eine der "Hauptdeterminanten" sein soll. "Ähn-lich erhöhte sich die Umschlagsgeschwindigkeit des Kapitals aufgrundvon Revolutionen im Transportwesen und der Fernmeldetechnik ( ... )und Revolutionen im Kredit- und Handelswesen" (Mandel, 1983, S.27).

34) "Eine verlangsamte Wachstumsrate der organischen Zusammensetzungdes Kapitals, gekoppelt mit einem Anstieg der Mehrwertrate, wiederumals Folge einer technologischen Revolution (Elektrizität), spielte beimdauerhaften Anstieg der Durchschnittsprofitrate eine Schlüsselrolle"(Mandel, 1983, S. 27 - Hervorhebung nicht im Original). Der Profitraten-anstieg ist hier bloße Folge und nicht, was die These Mandels war, dieVoraussetzung der technologischen Revolution.

35) Diese beiden "Hauptfaktoren" gewinnt Marx aus einer quantitativen undökonomischen Analyse verschiedener Bewegungsgesetze der Profitrate.

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Auch wenn sich seine Untersuchungen im dritten Kapitel des drittenBandes des Kapitals noch nicht explizit auf die Bewegung der Durch-schnittsprofitrate beziehen, so lassen sie sich dennoch ohne weiteres -worauf Marx an späterer Stelle auch ausdrücklich hingewiesen hat (MEW25, S. 178) – auf die Bewegungsgesetze der Durchschnittsprofitrate an-wenden. Denn erstens ist die Durchschnittsprofitrate durch die verschie-denen Profitraten der einzelnen Sphären bestimmt, und zweitens kanndie Bewegung der Profitrate, wie sie im dritten Kapitel des dritten Bandesdes Kapitals dargestellt wird, als Bewegung der Profitrate eines ge-sellschaftlichen Durchschnittskapitals "in zwei sukzessiven, verschie-denen Zuständen" (ebenda, S. 78) aufgefaßt werden.

36) Vgl. Babbage, 1835, S. 173 ff; Marx, Kapital I, MEW 23, Kapitel 12/ 13.In der Metamorphose der neu entstandenen Produktionszweige scheintsich die Entstehungsgeschichte der kapitalistischen Produktionsweise, dieEntwicklung des Handwerksbetriebs zum Manufaktur- und schließlichzum Fabrikbetrieb partiell und zeitlich gerafft zu wiederholen.

37) Auf den Zusammenhang zwischen Basis-Innovations-Schub und derEntstehung neuer Produktionszweige mit einer niedrigeren Wertzusam-mensetzung des Kapitals hat in neuerer Zeit Kleinknecht (1979 b, S. 97ff; derselbe, 1984b, S. 70 f) hingewiesen, und er konnte recht interessanteempirische Belege anführen. "Es steht zu vermuten, daß für die Periodenverlangsamten Wachstums, in die die Innovationsschübe fallen ( ... ), dieMarx'sche Annahme einer steigenden organischen Zusammensetzung desKapitals nicht gültig war. Vielmehr ist für diese Perioden, sowie zumin-dest für die Anfangsphasen der Perioden beschleunigten Wachstums eineTendenz zur Senkung, mindestens jedoch zur Konstanz der Wert-zusammensetzung des Kapitals ( ... ) zu vermuten" Kleinknecht, 1979 b,S. 102). Kleinknecht hat diesen Hinweis nicht weiter theoretisch erörtert.Er hätte u. a. nachweisen müssen, daß die neuen Sphären niedrigerer or-ganischer Zusammensetzung umfangreich genug sind, um den Anstiegder organischen Kapitalzusammensetzung in den älteren Produktions-sphären zu kompensieren, so daß die Durchschnittszusammensetzungnicht weiter steigt bzw. sinkt. Es ist wenig plausibel, einerseits auf den ge-ringen Produktionsumfang der neuen Anlagesphären hinzuweisen(Kleinknecht, 1979 b, S. 98), um sie dann später als einen bedeutenden,

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entgegenwirkenden Faktor erscheinen zu lassen.

38) In der Mandel'schen Theorie des unteren Umkehrpunkts werden grund-legendere Veränderungen der Verteilungsverhältnisse zugunsten der Pro-fiteinkommen als Ursache eines dauerhaften Profitratensprungs ange-führt, der mit einer langwelligen Anstiegsperiode verbunden sein soll.Mandel übersieht, daß eine Erhöhung der Mehrwertrate durch Kürzungder Reallöhne und durch eine Zunahme der Arbeitsintensität bzw. derArbeitszeit auf enge Schranken stößt, die trotz hoher und weiter wach-sender Arbeitslosigkeit nicht überschritten werden können. Erstens ist ei-ne mehrwerterhöhende Lohnsenkung nur in einem solchen Umfangmöglich, wie der Wert der Arbeitskraft, soweit dieser durch das physischeElement und durch die Erlernungskosten bestimmt ist, nicht unterschrit-ten wird. Sinkt der Arbeitslohn dennoch unter diese Grenze, findet eineZerstörung der Reproduktions- und Betätigungsbedingungen der Ar-beitskraft statt, was zu einer Einschränkung der Mehrwertproduktionführt. Zweitens besteht eine wechselseitige Begrenzung zwischen einerAusdehnung des Arbeitstags und einer gesteigerten Arbeitsintensität (vgl.Marx, Kapital I, MEW 23, S. 431 ff). Drittes haben die Arbeiter im Ver-lauf ihrer ökonomischen und politischen Kämpfe Organe kollektiver In-teressenvertretung geschaffen. Mittels solcher Gewerkschaften könnensie einen Damm gegen eine fortschreitende Senkung ihrer Reallöhne,bzw. gegen eine Ausweitung der Arbeitszeit bzw. Arbeitsintensität errich-ten. Durch gewaltsame Beseitigung gewerkschaftlicher Organisationenkann allein die dritte der drei genannten Schranken in einer solchen Weiseniedergerissen werden, daß die Mehrwertrate und damit auch die Profit-rate steigt, allerdings nur soweit es die ersten beiden Schranken zulassen.

39) Der soeben dargestellt Zusammenhang zwischen Angebot- und Nach-fragestrukturen wird teilweise im Forrester'schen Ansatz modelliert, aller-dings mit dem Unterschied, daß dort der Innovationsschubthese keinekausale Bedeutung hat. Während einer Anstiegsperiode würden Unter-nehmer ihre Kapazitäten übermäßig ausdehnen, um eine gesteigerteEndnachfrage unter der Bedingung verzögerter Kapazitätseffekte zu be-friedigen. Eine solche Überproduktion langlebiger Arbeitsmittel würdedann wieder zum Abbau überschüssiger Kapazitäten zwingen, bis schließ-lich der Punkt erreicht sei, wo erneut Investitionen erforderlich würden,

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um die noch verbliebenen und weiterhin erforderlichen Kapazitäten auf-rechtzuerhalten.

40) Periodisch schwankende Angebots- und Nachfrageverhältnisse werdenfast ausschließlich als konjunkturelles Problem analysiert, und es bestehtgroße Einigkeit darin, daß man zu unterscheiden habe zwischen demWachstum des Produktionspotentials einerseits und seiner nachfrage-bedingten Ausnutzung andererseits. Unsere These von einem säkularenNachfrage- bzw. Angebotsüberschuß hebt diese Trennung teilweise auf.Der konjunkturtheoretisch begründete Wechsel zwischen einem Nach-frageüberschuß und einem Nachfragedefizit behält zwar seine Be-rechtigung, er wird aber modifiziert durch einen übergeordneten, langfris-tigen Rhythmus. Der säkulare Nachfrageüberschuß der ansteigenden Pe-riode zögert den Widerspruch zwischen Produktion und Markt hinaus,und er reduziert zusätzlich die Bereinigungsfunktion der Krise, währendumgekehrt der säkulare Angebotsüberschuß die Widersprüche früher zu-spitzt und die Bereinigungsfunktion hervortreten läßt. Lange Wellen ha-ben demzufolge auf Dauer und Intensität der verschiedenen konjunktu-rellen Phasen einen großen Einfluß. In der ansteigenden Periode sind diekonjunkturellen Aufschwungsphasen länger und betonter und die kon-junkturellen Abschwungsphasen kürzer und weniger intensiv, während inder absteigenden Periode entgegengesetzte Proportionen entstehen.

41) Da die Bewegung der Realisierungsquote direkt gesteuert wird durch dieVeränderung der Nachfrage- und Angebotsverhältnisse, und da diese imMittelpunkt einer konjunkturtheoretischen Betrachtung stehen, muß dieOszillation der Realisierungsquote auch in der Konjunktur- oder Krisen-theorie berücksichtigt werden und zwar in einem noch viel größerenAusmaß als es für eine Theorie der langen Wellen erforderlich ist.

42) Die Formel der Akkumulationsquote a drückt das Verhältnis aus zwi-schen dem kapitalisierten Profit, d.h. dem wertmäßigen Zuwachs deskonstanten und variablen Kapitals, und der realisierten Profitmasse P.

43) Der Profit zerfällt in Revenue plus Akkumulation, und die Akkumulati-

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onsquote a war definiert:P

VCa ∆+∆= . Steigt der Profit bei gleich-

bleibender Revenue, dann wächst der Akkumulationsfonds auch verhält-nismäßig gegenüber dem Profit, so daß die Akkumulationsquote steigt,aber nicht im selben Verhältnis wie der Profit zunimmt.

44) Dieser periodische Wechsel des Konjunkturmusters war einige MaleAusgangspunkt der historischen Analyse langer Wellen (vgl. Spiethoff,1925; Woytinski, 1931). "Der Unterschied im Verlauf der Konjunktur-schwankungen in den einzelnen Perioden ist gewaltig. Schematisch kanner durch den prozentualen Anteil der Zahl der Stockungs- und Auf-schwungsjahre an jeder Zeitspanne charakterisiert werden:

Aufschwungs- jahre

Stockungs- jahre

Stockungsspanne 1822-1842(England)

43 v.H. 57 v.H.

Aufschwungsspanne 1843-1873(Deutschland)

68 v.H. 32 v.H.

Stockungsspanne 1874-1894(Deutschland)

29 v.H. 71 v.H.

Aufschwungsspanne 1895-1913(Deutschland)

79 v.H. 21 v.H.

Es ist dabei noch zu berücksichtigen, daß die Krisen in einer Stockungs-spanne härter und die Aufstiege der Wirtschaft schwächer sind als in einerAufschwungsspanne." (Woytinski, 1931, S. 581).Der große Einfluß der langen Wellen auf das Konjunkturmuster wurdeauch später immer wieder hervorgehoben, und es besteht heute in derLangen-Wellen-Forschung große Übereinstimmung darin, daß die langenWellen ein Gravitationszentrum der Konjunkturbewegung bilden, d.h. alsTrendzyklus mit unterschiedlich hohen Trendraten interpretiert werdenmüssen.

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In den letzten Jahren erschienen folgende Titel:

Braun, W. Betriebswirtschaftslehre und Politische ökono-mie: Methodische Vorüberlegungen zu einerTheoriegeschichte in systematischer Absicht,Nr. 69, 1982

Braun, W. Dogmengeschichte des Eigentums und Unter-nehmensverfassung. Ein Entwurf, Nr. 70,1982

Haas, J./Lucas, R./Pfriem, R

Überlegungen zu einer auf Mensch und Naturbezogenen Betriebswirtschaftslehre, Nr. 71,1982

Braun, W. Proto-Industrie und Selbstverwaltungsöko-nomie. Formen der Arbeitsorganisation imhistorischen Prozeß der Industrialisierung, Nr.72, 1982

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Braun, W. Die Zukunft der Arbeitsgesellschaft und dasRecht auf Arbeit, Nr. 73a, 1982

Braun, W. Handlungsrationalität. Ein methodischer Ver-such, Nr. 73, 1982

Abromeit, H. Mehrheitsprinzip und Föderalismus. Antritts-vorlesung, gehalten am 10.2.83. im Fachbereich1 der UGHW, erscheint in: Guggenberger &Offe (Hrsg.): An den Grenzen der Mehrheits-demokratie, Nr. 74, 1983

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Seifert, E. Amtliche und private Statistiken derArbeitszeit in der BundesrepublikDeutschland.Probleme - Analysen - EntwicklungenNr. 76, 1983

Rosenthal, K. Die notwendige Endlichkeit der Metaphysik -Gedanken zur Gleichursprünglichkeit vonÖkonomie und Philosophie -, Nr. 77, 1983

Arminger, G. Regressionsmodelle in der exponentiellen Fa-milie, Nr. 78, 1983

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