10
Handbuch der Auftragsabwicklung mit ergänzenden Hinweisen 2014 Bearbeitet von Karl-Heinz Güntzer, Dr. Peter Hammacher 4., unveränderte Auflage 2011. Buch mit CD/DVD. 710 S. CD-ROM mit 75 Mustertexten und -verträgen sowie Gesetzesauszügen für die sofortige Übernahme in die eigene Textverarbeitung. Gebunden ISBN 978 3 00 035476 2 Recht > Zivilrecht > Privates Baurecht, Architektenrecht Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

  • Upload
    doantu

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

Handbuch der Auftragsabwicklung

mit ergänzenden Hinweisen 2014

Bearbeitet vonKarl-Heinz Güntzer, Dr. Peter Hammacher

4., unveränderte Auflage 2011. Buch mit CD/DVD. 710 S. CD-ROM mit 75 Mustertexten und -verträgensowie Gesetzesauszügen für die sofortige Übernahme in die eigene Textverarbeitung. Gebunden

ISBN 978 3 00 035476 2

Recht > Zivilrecht > Privates Baurecht, Architektenrecht

Zu Inhaltsverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

als 8 Millionen Produkte.

Page 2: Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

Vorwort

1

1 Vorwort

Unser Rechtssystem ermöglicht es uns, im Rahmen der Gesetze und der guten Sittendie zwischenmenschlichen und geschäftlichen Beziehungen frei zu gestalten - einPrivileg, um das uns viele Völker der Welt beneiden. Es gehört zu den Selbstverständ-lichkeiten, dass, wer legitime Ansprüche besitzt, diese bei dem Betreffenden auchgeltend machen darf. Dabei sollte er nicht an der Übermacht seines Vertragspartnersscheitern müssen oder aus Angst vor Repressalien ganz darauf verzichten. Auch unterWettbewerbsbedingungen sind beide Seiten auf ein langfristig angelegtes vertrauens-volles Zusammenwirken angewiesen. Wer kurzfristige Gewinnmaximierung vor Augenhat, wird langfristig versagen. Augenmaß ist deshalb gerade für das Handeln aus derStärke heraus von existentieller Notwendigkeit für die Handelnden, ihre Unternehmenund die Gemeinschaft.

Dieses Buch ist in erster Linie für Praktiker in der Projektabwicklung bestimmt, sei esauf Seiten des Auftragnehmers, des Auftraggebers oder ihrer Berater. Sie sollen dienötige Sicherheit im Umgang mit Rechtsfragen ihres beruflichen Alltags bekommenund mit zweckmäßigen Tools eine schnelle Orientierung erhalten.

In zweiter Linie richtet sich das Buch an Juristen und Kaufleute, denen daran gelegenist, ihr rechtstheoretisches Wissen mit der Sicht der Praxis abzugleichen. Für sie sinddie weitergehenden Hinweise auf wichtige Urteile und gelegentliche Fundstellenbestimmt.

Das Buch folgt in seinem Aufbau im Wesentlichen dem normalen Verlauf einesProjektes vom Beginn der Vertragsverhandlungen bis zum letzten Akt, der Archivierungder Unterlagen.

Die Regeln des Kaufvertrages nach BGB und VOL/B und des Werkvertrages nach BGBund VOB/B sowie des Werklieferungsvertrages nach BGB werden nebeneinanderbehandelt, das Gemeinsame und das Trennende aufgezeigt. Um die Übersichtlichkeitzu erhalten, wird dabei der Begriff des Auftraggebers gleichermaßen für AG, Bestelleroder Käufer und der Begriff des Auftragnehmers für AN, Unternehmer oder Verkäuferverwendet.

Das Buch geht von den Regeln des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches und desdeutschen Handelsgesetzbuches aus, denn die Leser sollten zunächst ein Verständnisfür „die eigene Rechtsordnung“ entwickeln, bevor die abweichenden Wege andererRechtsordnungen und die Lösungsvorschläge anerkannter Vertragsmuster übernom-men werden. Angesichts fortschreitender Globalisierung sind heute jedoch internatio-nale Bezüge zu der internationalen Vertragspraxis unabdingbar. Verwiesen wird aufdas „Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalenWarenkauf“ (CISG), das bei grenzüberschreitenden Kauf- und Werklieferungsverträgen– sofern es nicht ausdrücklich im Vertrag ausgeschlossen wurde – automatischzwischen Unternehmen Anwendung findet, deren Staaten dem Abkommen beigetre-

Page 3: Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

Güntzer/Hammacher Handbuch der Auftragsabwicklung

2

ten sind.

Als Beispiel für die internationale Vertragspraxis werden die Musterbedingungen fürden Schlüsselfertigbau der FIDIC („Fédération Internationale des Ingénieurs Conseils“)- EPC/Turnkey Contract (Silver Book) 1st Ed. (1999) ISBN: 2-88432-021-0 herangezo-gen. Sie sind mit freundlicher Genehmigung der FIDIC vollständig abgedruckt. DieMusterbedingungen sind gedruckt, digital über den Buchhandel oder direkt bei FIDICzu beziehen (www.fidic.com). Wir haben uns bewusst für die englische Versionentschieden, um dem Projektleiter Formulierungsbeispiele für seine englischsprachigePraxis zu geben.

Die vorliegende 4. Auflage führt den bewährten Aufbau der Vorauflagen fort: Zu-nächst werden in 15 Kapiteln die grundlegenden Zusammenhänge, die für einemangelfreie und erfolgreiche Abwicklung von Kauf- und Werkaufträgen erforderlichsind, dargestellt.

Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare,Vordrucke und Musterverträge. Die Muster betreffen alle Vorgänge vom Verhand-lungsprotokoll über den Vertragsschluss sowie Leistungsstörungen bis hin zur Rückga-be der Sicherheiten. Die Texte der Muster entsprechen den oft sehr strengen formellenAnforderungen von Gesetz und Rechtsprechung.

Im dritten Teil befindet sich eine vernünftige Auswahl wichtiger Normen, auf die zuvorBezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem Buch und das Auffinden derbetreffenden Normen zu erleichtern.

Am Ende des Buches befindet sich auf der Innenseite der Einbanddecke eine CD, aufder alle Muster, alle Gesetzes und Verordnungstexte und weitere interessante Hinwei-se zu diesem Buch und der Homepage des GHC-Verlages (www.ghc-verlag.de)enthalten sind. Auf der CD findet der Nutzer zu den drei Vertragsmustern Verhand-lungsprotokoll für einen Nachunternehmervertrag (Muster AN+AG 2), Arbeitsgemein-schaftsvertrag (Muster AN+AG 3) und Ingenieurnachunternehmervertrag (MusterAN+AG 4) eine ausführliche Kommentierung in den Pull-Up Hinweisen, die sichautomatisch öffnen und die schnelle Orientierung ermöglichen.

Alle hier zur Anwendung empfohlenen Muster sind bestrebt, die widerstreitendenInteressen der Auftraggeber- und Auftragnehmerseite in einem angemessenenVerhältnis zu berücksichtigen und im Sinne eines ausgewogenen Interessenausgleichszu lösen. Daher können alle hier empfohlenen Muster sowohl vom Auftraggeber alsauch vom Auftragnehmer in die Vertragsverhandlungen eingebracht und vereinbartwerden.

Heidelberg, Oktober 2011

Page 4: Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

Allgemeines Vertragsrecht

17

2 Allgemeines Vertragsrecht

2.1 Welches Recht gilt?

Bis heute stehen sich weltweit zwei verschiedene Vertragsordnungen gegenüber: DasVertragsrecht, Civil Law, das seine historischen Wurzeln im römischen Recht hat unddementsprechend die meisten Rechtsordnungen des Europäischen Kontinents geprägthat und das Common Law, das seine Regeln aus der Rechtspraxis der königlichenGerichte in Westminster entwickelte und das über die Meere in die ganze Weltexportiert wurde. Hinzukommen die Rechtssysteme der Scharia sowie vielfältigeslokales Recht.

Innerhalb der großen Blöcke gibt es zahlreiche Unterschiede zwischen Ländern.Gleichzeitig aber bewegen sich die Rechtsordnungen auch aufeinander zu. In einerglobalisierten Welt stehen regionale Besonderheiten dem Handel, der Freizügigkeitaber auch der Bewältigung gemeinsamer Aufgaben im Wege. So erreicht die Europäi-sche Union, dass sich wichtige Rechtsbereiche ihrer Mitgliedsstaaten immer stärkerangleichen.

Weltweit kommt den Internationalen Organisationen bei dem Bemühen um einheitli-che Rechtsstandards große Bedeutung zu. So ist das Übereinkommen der VereintenNationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (United Nations Conven-tion on Contracts for the International Sale of Goods) vom 11.4. 1980 (BGBI. 1989 II S.588) (CISG) nationales Gesetz im Verhältnis zwischen Vertragspartnern, wenn diebeiden Mitgliedsstaaten, in denen sie ihren Sitz haben, dem CISG beigetreten sind. Fürviele Liefergeschäfte zwischen deutschen und ausländischen Geschäftspartnern würdedeshalb das CISG gelten, wenn es nicht, wie so oft in den Verträgen, standardmäßigausgeschlossen würde. Das ist schade, weil sich damit Unternehmen aus Deutschland,das in besonderem Maße auf internationale Geschäftstätigkeit angewiesen ist, nicht ander Chance zur Verbesserung der internationalen Geschäftspraxis beteiligen. DerAusschluss des CISG ist dabei meist nicht einmal das Ergebnis einer reiflichen Überle-gung unter Abwägung der Vor- und Nachteile im Vergleich zum deutschen Zivilrecht,sondern schlicht Ausdruck von Bequemlichkeit.

Weiter zu erwähnen sind die so genannten „Incoterms“ der internationalen Handels-kammer, zurzeit in der Fassung 2000, die als Internationaler Handelsbrauch weltweitanerkannt sind.

Die internationale Verflechtung der Wirtschaft, der internationale Wettbewerb und dieinternationale Ausschreibung von Großaufträgen bringen ebenfalls immer wiederkeh-rende Regeln und Klauseln, die sich zu einer internationalen Vertragspraxis entwickeln.

Probleme, die sowohl bei der Auftragsabwicklung nationaler Vorhaben als auch bei derDurchführung internationaler Projekte auftauchen, bedürfen deshalb auch einesBlickes über den Brillenrand des nationalen Rechts hinaus. Dabei darf natürlich nicht

Page 5: Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

Allgemeine Geschäftsbedingungen

43

3 Allgemeine Geschäftsbedingungen

3.1 Grundlagen

3.1.1 DefinitionHäufiger Bestandteil von Verträgen sind die sogenannten Allgemeinen Geschäftsbe-dingungen (AGB). Die deutsche Rechtsordnung hat sich dieser AGB in besondererWeise angenommen und den Schutz derjenigen, die mit diesen AGB konfrontiertwerden, über das Bedürfnis der Praxis nach standardisierten Vertragsmustern und -formulierungen gestellt.

Unter AGB versteht man alle für eine Vielzahl von Verträgen (mehr als zwei) vorformu-lierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Ver-tragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt (§ 305 Abs.1 BGB). Für die Charakteri-sierung einer Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung kommt es auf ihre Form nichtan. Auch eine handschriftlich auf Papier gebrachte Klausel, die bei mehreren Verträgenin dieser Form wiederholt wird, ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Es reichtsogar aus, wenn die Klausel zum Zwecke der Einbeziehung in die zu schließendenVerträge "im Kopf" des AGB-Verwenders oder seiner Abschlussgehilfen "gespeichert"ist und aus dem Gedächtnis in den Vertrag üblicherweise oder gegenüber einerMehrzahl von Vertragspartnern eingefügt wird (BGH, Urt. v. 10.3.1999, Az. VIII ZR204-98, NJW 1999, 2180; BGH, Urt. v. 13.11.1997, Az. X ZR 135-96, NJW 1998, 1066

Wird der Text lediglich einmal formuliert, um ihn in einer Ausschreibung zwar mehre-ren Bietern zur Verfügung zu stellen, aber nur um mit einem von ihnen einen Vertragabzuschließen, liegt hierin noch keine Vielzahl von vorformulierten Vertragsbedingun-gen (BGH, Urt. v. 26.9.1996, Az. VII ZR 318/95, NJW 1997, 135); wohl aber, wenn dererfolgreiche Bieter sodann den Vertrag „durchstellt“ und mit mehreren Subunterneh-mern Teilleistungen zu denselben kaufmännischen Konditionen vereinbart.

3.1.2 EinbeziehungOb die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Einkaufs-, Bestell-, Verkaufsbedingungen,kaufmännische und technische Bedingungen, allgemeine, zusätzliche, besondereBedingungen, etc., im englischen Sprachgebrauch General - Special - ParticularConditions of the Contract) des Auftragnehmers oder Auftraggebers und/oder desKunden gelten sollen, muss vereinbart werden. Dies kann entweder ausdrücklichgeschehen, oder in Form einer Rahmenvereinbarung, wenn mit dem Partner häufigGeschäftskontakte bestehen.

Haben die Parteien die Einbeziehung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungennicht ausdrücklich geregelt, sondern besteht jede Partei auf Verwendung der eigenenAGBs, gäbe es nach dem Grundsatz, dass ein Vertrag im Zweifel nur bei vollständiger

Page 6: Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

Störungen in der Auftragsabwicklung durch den Auftragnehmer

73

4 Leistung und Vergütung

4.1 Bestimmung desLiefer- und Leistungsumfangs

Was der Auftragnehmer versprochen hat, muss er auch halten. Aber was hat erversprochen? Dies herauszubekommen kann bei allen Vertragstypen mitunter schwierigwerden und ist doch so bedeutsam für die Bemessung der Vergütung einerseits(Nachträge für „mehr Leistung“) und für mögliche Mängelansprüche des Auftragge-bers andererseits (Mangel = „Negativabweichung vom Soll“).

Wenn die Parteien es nicht geschafft haben, den Liefer- und Leistungsumfang desAuftragnehmers und die Schnittstellen zum Auftraggeber und zu den anderen Gewer-ken deutlich zu definieren, ist ein Streit vorprogrammiert. Gleiches gilt, wenn sich imLeistungsverzeichnis Fehler, Überlappungen oder Lücken ergeben.

Durch Auslegung des Vertrages und aller relevanten Umstände muss dann versuchtwerden, herauszubekommen, was sich die Vertragsparteien bei Abschluss des Vertra-ges zu der streitigen Frage gedacht haben. Es wird also im Nachhinein, oft nachAktenlage, etwas rekonstruiert – von Leuten, die gar nicht dabei waren. Diese uner-freuliche und ineffiziente Abwicklung lässt sich nur vermeiden, wenn die Vertragspar-teien von Anfang an auf die saubere Erarbeitung des Liefer- und Leistungsumfangsgroße Mühe verwenden. Leider ist dies unter Kosten- und Zeitdruck nicht immer derFall.

Da dies alles im Baurecht am meisten diskutiert und durch Urteile präzisiert wurde,nehmen wir das Baurecht als Ausgangspunkt für die Beurteilung der mit der Bestim-mung des Liefer- und Leistungsumfangs zusammenhängenden Fragen.

4.1.1 Der Vertrag und seine BestandteileWas der Auftragnehmer an Leistung zu erbringen hat, ergibt sich zunächst und vorallem aus dem Vertrag mit all seinen Bestandteilen.

Der Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs in den Ausschreibungsunterlagen,dem Verhandlungsprotokoll, dem Pflichtenheft, etc. kommt damit eine zentraleBedeutung zu. Beschreibungen im Angebot des Aufragnehmers haben diese Bedeu-tung nur, wenn das Angebot auch zum Vertragsbestandteil wurde, bzw. wenneindeutig geregelt ist, dass die Auftragsvergabe sich auf dieses so beschriebeneAngebot bezieht. Deshalb sollte der Auftragnehmer versuchen, sein Angebot mit inden Katalog der Vertragsbestandteile aufzunehmen. Ist dies nicht geschehen, mussspäter untersucht werden, ob die dort enthaltenen Beschreibungen dennoch zurgemeinsamen Geschäftsgrundlage geworden sind.

Um Auslegungsprobleme zu vermeiden, sollte bereits bei Vertragsschluss eine Reihen-

Page 7: Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

Störungen in der Auftragsabwicklung durch den Auftragnehmer

107

5 Störungen in der Auftragsabwicklungdurch den Auftragnehmer

5.1 Vorbemerkung

Bei der Erledigung von Aufträgen geht leider nicht immer alles reibungslos. Es kann zuStörungen in der Auftragsabwicklung („Leistungsstörungen“) kommen, die entwederaus der Sphäre des Auftragnehmers, des Auftraggebers oder Dritter am Bau beteiligterFirmen herrühren – oder ihre Ursache sogar völlig außerhalb des Vertragsverhältnisseshaben.

In diesem Kapitel werden zunächst die typischen Störungen aus dem Verantwortungs-bereich des Auftragnehmers dargestellt, welche Rechte dem Auftragnehmer in diesenSituationen zustehen, was er unternehmen muss, um diese Rechte erfolgreich geltendzu machen, aber auch wie sich der Auftragnehmer zu verhalten hat, wenn er mit denAnsprüchen des Auftraggebers konfrontiert wird.

Dem Grundkonzept dieses Buches folgend, werden die Störungen parallel für Kaufver-trag nach BGB und VOL/B sowie für Werkvertrag nach BGB und VOB/B behandelt unddabei die internationalen Bezüge hergestellt. Besonders in diesem und dem nächstenKapitel ist die Verwendung der Musterschreiben für den Erfolg der Handlung wichtig,auf die bei den entsprechenden Handlungsempfehlungen hingewiesen wird.

5.2 Der Auftragnehmer leistet mangelhaft

Zum Zeitpunkt der Abnahme muss der Auftragnehmer sein Versprechen einer vertrags-gerechten und mangelfreien Lieferung oder Leistung einlösen. Ist die Leistung mangel-haft, so kann der Auftraggeber Nacherfüllung verlangen. Scheitert diese oder kommtder Auftragnehmer der Fristsetzung nicht nach, kann der Auftraggeber die Mängelselbst beheben (beim Werkvertrag), die Vergütung mindern, vom Vertrag zurücktretenoder Schadensersatz verlangen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Mängel voroder nach der Abnahme erkennbar werden; der Anspruch und die sich hieraus ablei-tenden Rechte des Auftraggebers sind dieselben.

5.2.1 MangelKauf/Werkvertrag

Das Gesetz definiert nicht, was ein Mangel ist, sondern wann eine Lieferung oderLeistung frei von Mängeln ist.

Page 8: Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

Störungen in der Auftragsabwicklung durch den Auftraggeber

139

6 Störungen in der Auftragsabwicklungdurch den Auftraggeber

Der Auftraggeber ist verpflichtet, eine mangelfreie und vertragsgerechte Lieferungoder Leistung abzunehmen und die vereinbarte Vergütung zu zahlen. Daneben trifftihn die Obliegenheit, den Auftragnehmer in dem Umfang zu unterstützen, wie diesvereinbart war oder wie es sich aus der Natur der Sache ergibt, denn geschieht diesnicht, erleidet der Auftragnehmer Nachteile.

6.1 Der Auftraggeber unterlässt eineMitwirkungshandlung

Verträge und Schuldverhältnisse überhaupt sind keine Einbahnstraßen. Beide Parteiensind zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des jeweils anderen Teilsverpflichtet, § 241 Abs.2 BGB. Hierzu gehört auch das „Kooperationsgebot“, das derBGH (Urt. v. 23.5.1996, Az. VII ZR 245/94, NJW 1996, 2158; Urt. v. 28.10.1999, Az.VII ZR 393/98, NJW 2000, 807) für den Bauvertrag herausgearbeitet hat, das im Prinzipaber für alle komplexen gegenseitigen Verträge gilt.

Damit trifft auch den Auftraggeber die Pflicht, alles zu tun, um das Projekt auch unterBeachtung der Interessen der anderen an dem Auftrag Beteiligten zum Erfolg zuführen.

Welche Mitwirkungspflichten den Auftraggeber im Einzelnen treffen, ergibt sich ausdem Vertrag. Die Parteien sollten grundsätzlich darauf achten, dass dort nicht nur dieLiefer- und Leistungspflichten des Auftragnehmers im Vertrag beschrieben werden,sondern ebenso die Mitwirkungspflichten des Auftraggebers. Dies ist nicht nur einGebot der Fairness, - es ist unbedingte Voraussetzung dafür, dass die Verantwortlich-keiten an den Schnittstellen klar sind, um Fehler zu vermeiden. Selbst wenn demAuftragnehmer die komplette Realisierung einer Leistung anvertraut worden ist, vonder Planung über Ausführung, Koordination bis Inbetriebnahme, gibt es immer nochEckpunkte, an denen der Auftraggeber seine Ressourcen und vor allem sein Geld zurVerfügung stellen muss, um den Auftrag störungsfrei abwickeln zu können.

Insbesondere, wenn Zeitpläne vereinbart wurden, an die der Auftragnehmer gebundenwird, kommt es darauf an, die zeitlichen Abhängigkeiten von Vorleistungen desAuftraggebers oder seiner Erfüllungsgehilfen klarzustellen.

Beispiel:

Damit der Auftragnehmer mit der Fertigung von Stahlprofilen beginnenkann, benötigt er die Detailzeichnungen, z.B. sechs Wochen früher.

Dies gilt erst recht dann, wenn die Ecktermine pönalisiert wurden. Vereinbarte

Page 9: Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

Streit vermeiden – Konflikte bearbeiten

333

15 Streit vermeiden – Konflikte bearbeiten

15.1 Lohnt sich der Streit?

Wenn Sie sich für dieses Kapitel interessieren, haben Sie vermutlich ein Problem, vondem Sie glauben, dass Sie es nicht mehr alleine lösen können. Sie denken darübernach, ob Sie nicht die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen sollten.

Bevor Sie jedoch diesen Schritt vollziehen, sollten Sie noch einmal genau Ihre Aus-gangslage überprüfen:

- Sind die technischen Gegebenheiten wirklich so eindeutig wie Sie das bisherbehauptet haben?

- Was sagt der Vertrag über die Risikoverteilung?- Wie leicht lassen sich Schwachpunkte in Ihrer Argumentation, die Sie selbst

schon erkannt haben, aufdecken?- Können Sie Ihre Behauptungen auch beweisen?

„Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei“ sagt der Volksmund und sounbefriedigend dies auch für jedermann sein muss: Es liegt ein Körnchen Wahrheitdarin. Es hat keinen Sinn, allein mit der Überzeugung „im Recht zu sein“, Anwälte undGerichte zu bemühen, wenn Sie bereits selbst ahnen, dass Sie Ihre Ansprüche wohlnicht werden durchsetzen können.Dazu ist die Zeit zu schade: Bedenken Sie, dass alle Streitigkeiten, die Sie vor einemGericht oder einem Schiedsgericht austragen, Monate, wenn nicht Jahre in Anspruchnehmen. Oft ist die Wut über eine Ungerechtigkeit, die Ihnen widerfahren ist, schonlängst verraucht, haben Sie Ansprüche, die sie nicht realisieren konnten, gedanklichoder tatsächlich schon längst abgeschrieben, beschäftigen Sie sich schon längst wiedermit ganz anderen Dingen, wenn die Angelegenheit in eine Phase der Entscheidungkommt. Währenddessen müssen Sie sich ständig mit der Angelegenheit beschäftigen,müssen Sie für Ihre Anwälte die Fakten aufbereiten, die Sie in dem Verfahren vortra-gen wollen. Sie kämpfen gegen die menschliche Vergesslichkeit, die plötzlich Sieselbst, aber auch die von Ihnen benannten Zeugen erfasst und zu verblüffendenErgebnissen führen kann.

Es versteht sich von selbst, dass diese Zeit bei Ihnen auch interne Kosten verursacht.Diese internen Kosten ersetzt Ihnen im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzungniemand.

Führen Sie ein Gerichtsverfahren und verlieren Sie den Prozess, so müssen Sie außerden Gebühren für den eigenen Anwalt auch die Gebühren des Gerichts sowie dieGebühren des Sachverständigen und diejenigen der gegnerischen Anwälte überneh-men. Sie müssen also abwägen, ob die Höhe der in Frage stehenden Summe imrechten Verhältnis zu dem Prozesskostenrisiko steht. Bei der Ermittlung des Prozesskos-

Page 10: Handbuch der Auftragsabwicklung - ReadingSample · Im zweiten Teil des Buches finden sich zahlreiche Musterbriefe, Musterformulare, ... Bezug genommen wurde, um das Arbeiten mit dem

Güntzer/Hammacher Handbuch der Auftragsabwicklung

346

pen.

Die Unsicherheit über den Ausgang eines Gerichtsprozesses ist sprichwörtlich („aufhoher See und vor Gericht ...“). Auch bei noch so guter Prozessvorbereitung mit Hilfevon Projektmanagern und Anwälten ist ein vollständiges Obsiegen nicht zu garantie-ren. Insbesondere komplexe Bauprojekte bieten zu viele Angriffsmöglichkeiten fürbeide Parteien: Es gibt Versäumnisse, Unklarheiten, nicht mehr reproduzierbare odernachweisbare Vorgänge und Verhaltensweisen, die plötzlich eine Bedeutung erhalten,die man ihnen zu Beginn der Auseinandersetzungen nicht beigemessen hatte. DieseUnberechenbarkeit hat mindestens zwei fatale Auswirkungen auf die betroffenenParteien: Der ordentliche Kaufmann muss Forderungen, die nicht gerade unbestrittensind, in seiner Buchhaltung einzelwertberichtigen bzw. umgekehrt, er muss Rückstel-lungen für die sich aus einem evtl. verlorenen Prozess ergebenden Konsequenzenbilden. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf das Jahresergebnis.

Ein Baurechtsstreit, der bis zum Bundesgerichtshof betrieben wird, beschäftigt Richterund Anwälte, in der Regel nicht weniger als 13 Juristen! Wollen die Parteien daswirklich? Warum sollten ausgerechnet Juristen die Richtigen sein, um den Konflikt zulösen?

Wer dennoch den Weg zu den Gerichten wählt, kann frei zwischen allen, zurzeit rund150.000 bei deutschen Rechtsanwaltskammern zugelassenen Rechtsanwälten, wählen.Örtliche Begrenzungen sind aufgehoben. Die Wahl eines „Fachanwalts für Bau- undArchitektenrecht“ stellt wenigstens sicher, dass dieser Anwalt sich zur Erlangungseiner Qualifikation eine Zeitlang theoretisch und praktisch mit baurechtlichen Fragenbeschäftigt hat und sich im Jahr 10 Stunden lang in diesem Rechtsgebiet fortbildet.

15.10 Konfliktmanagement - Erfahrungen aus derPraxis

Auftragsabwicklung ist immer konfliktbehaftet. Wer sich das einmal klargemacht -oder sich zum ersten Mal eine blutige Nase geholt hat - wird versuchen, sich künftigoptimal aufzustellen. Dieses Buch ist voll von Hinweisen, wie man schwierige Situatio-nen vermeiden kann, bzw. wie man sich verhält, wenn sie eintreten.

Im Folgenden stellen wir Ihnen noch einige Erfahrungen und Überlegungen zurVerfügung und überlassen es Ihnen, ob Sie sie annehmen möchten. Jede Situation istanders und jeder Mensch ist anders - was bei dem einen wirkt, muss nicht auch fürden anderen passen.

- Bereits die Formulierung des Vertrages kann darüber entscheiden, ob es zuKonflikten kommen wird. Ein guter Vertrag lässt möglichst wenige Missver-ständnisse zu über den Liefer- und Leistungsumfang des Auftragnehmers, dieMitwirkungsobliegenheiten des Auftraggebers, das Verfahren mit dem Ände-rungen und zusätzliche Leistungen und deren Vergütung vereinbart wird, die