204
www.hss.de GRUNDLAGEN KOMMUNALER HAUSHALTSFÜHRUNG Band 3 Kommunalpolitischer Leitfaden

HAUSHALTSFÜHRUNG GRUNDLAGEN KOMMUNALER€¦ · 11 A. KAMERALISTIK 1. EINFÜHRUNG Bund, Länder und Gemeinden gaben 2013 die Summe von 866 Mil-liarden € aus. Aus dem Bundeshaushalt

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • www.hss.de

    GRUNDLAGEN KOMMUNALER HAUSHALTSFÜHRUNG

    Band 3Kommunalpolitischer Leitfaden3

  • www.hss.de

    GRUNDLAGEN KOMMUNALER HAUSHALTSFÜHRUNG

    Band 3Kommunalpolitischer Leitfaden

  • Impressum

    ISBN 978-3-88795-508-3

    Herausgeber Copyright 2016 Hanns-Seidel-Stiftung e.V., München Lazarettstraße 33 80636 München Tel.: 089/1258-0, E-Mail: [email protected] Online: www.hss.de

    Vorsitzende Prof. Ursula Männle Staatsministerin a.D.

    Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Witterauf

    Leiter Institut fürPolitische Bildung Dr. Franz Guber

    Leiter PRÖ/Publikationen Hubertus Klingsbögl

    Verfasser Klaus Hopp-Wiel (Teil A) und Christian Dülk (Teil B Doppik)

    Redaktion Helga Merkle, Hubertus Klingsbögl (V.i.S.d.P.)

    Titelgestaltung formidee, München

    Druck Geiselberger, Vilsbiburg

    Bildnachweis Gina Sanders / fotolia.com

    Bestellnummer 0360-1512

    Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung, Verbreitung sowie Überset-zung, vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung der Hanns-Sei-del-Stiftung e.V. reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbei-tet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Das Copyright für diese Publikation liegt bei der Hanns-Seidel-Stiftung e.V. Namentlich gekennzeichnete redaktionelle Beiträge ge-ben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.

  • 5

    Inhaltsverzeichnis

    A. KAMERALISTIK von Klaus Hopp-Wiel

    1. EINFÜHRUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.1 Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.2 Funktionen des kommunalen Haushalts . . . . . . . . . . . . 12 1.2.1 Bedarfsdeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.2.2 Andere Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.3 Innenwirkung des Haushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . .15 1.4 Selbstverwaltungsrecht und Finanzhoheit . . . . . . . . . . . 17 1.4.1 Finanzielle Eigenverantwortung . . . . . . . . . . . . . 17 1.4.2 Konnexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.4.3 Finanzquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

    2. DIE STEUEREINNAHMEN DER GEMEINDEN . . . . . . . . 23 2.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.2 Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.3 Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.4 Gemeindeanteil an der Einkommensteuer . . . . . . . . . . . 27 2.5 Umsatzsteueranteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.6 Örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern . . . . . . . . . . . 30

    3. KOMMUNALER FINANZAUSGLEICH . . . . . . . . . . . . . 30 3.1 Steuerverbünde als Quellen des Finanzausgleichs . . . . . . . 30 3.2 Schlüsselzuweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.3 Kraftfahrzeugsteuerersatzverbund . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.4 Grunderwerbsteuerverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3.5 Ergänzende Finanzzuweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.6 Kommunaler Hochbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.7 Krankenhausfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.8 Weitere Zuweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.8.1 Investitionspauschalen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.8.2 Schülerbeförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.8.3 Bedarfszuweisungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.8.4 Sozialhilfeausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

  • 6

    3.9 Umlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.9.1 Kreisumlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.9.2 Bezirksumlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.9.3 Gewerbesteuerumlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

    4. DIE KOMMUNALE HAUSHALTSFÜHRUNG NACH DEN GRUNDSÄTZEN DER KAMERALISTIK . . . . . . . . . . . . . 51 4.1 Innenwirkung des Haushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 4.2 Haushaltssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.3 Werdegang des Haushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4.4 Haushaltsplan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 4.4.1 Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 4.4.2 Zuordnung zum Verwaltungs- und Vermögenshaushalt . 63 4.4.3 Haushaltssystematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4.4.4 Formaler Aufbau des Haushaltsplans . . . . . . . . . . . 69 4.5 Haushaltsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4.5.1 Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4.5.2 Veranschlagungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . 80 4.5.2.1 Kassenwirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 4.5.2.2 Haushaltsausgleich. . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4.5.2.3 Bruttogrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 4.5.2.4 Einzelveranschlagung . . . . . . . . . . . . . . . 92 4.5.3 Deckungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4.5.3.1 Gesamtdeckung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4.5.3.2 Zweckbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 4.5.3.3 Deckungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4.5.3.4 Übertragbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 4.6 Kalkulatorische Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4.7 Budgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 4.8 Kosten- und Leistungsrechnung . . . . . . . . . . . . . . 108 4.9. Kreditwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4.10 Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4.11 Mittelfristige Finanzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4.12 Unvorhergesehene Ausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . 128 4.12.1 Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben . . 128 4.12.2 Nachtragshaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4.13 Haushaltslose Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

  • 7

    B. DOPPIK von Christian Dülk

    1. Gemeindehaushaltsreform und kommunale Doppik . . . . . . 135 1.1 Ziele und Historie der Gemeindehaushaltsreform. . . . . . 135 1.2 Liquidität, Ressourcenverbrauch und Vermögensrechnung . . 138 1.3 Output- statt Inputsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1.4 Dezentralisierung und Budgetierung. . . . . . . . . . . . . 144 1.5 Kosten- und Leistungsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . 146 1.6 Controlling- und Berichtswesen . . . . . . . . . . . . . . . 147

    2. Der doppische Haushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2.1 Rechnungssystematik: Die Drei-Komponenten-Rechnung . 149 2.1.1 Ergebnishaushalt und Ergebnisrechnung. . . . . . . . 152 2.1.2 Finanzhaushalt und Finanzrechnung . . . . . . . . . . 153 2.1.3 Vermögensrechnung / Bilanz . . . . . . . . . . . . . . 156 2.2 Haushaltsplan und -gliederung . . . . . . . . . . . . . . . 157 2.2.1 Bestandteile des Haushaltsplans . . . . . . . . . . . . 157 2.2.2 Gliederung des Gesamthaushalts: Teilhaushalte und Produkte . . . . . . . . . . . . . . . 159 2.3 Haushaltsbewirtschaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2.4 Haushaltsausgleich und dauerhafte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 2.5 Grundsätze kommunaler Bilanzierung. . . . . . . . . . . . 167

    3. Fazit: Doppik ist mehr als nur kaufmännisches Buchen . . . . 169

    AUTORENVERZEICHNIS . . . . . . . . . . . . . . . 171

    C. ANHANG

    Abkürzungsverzeichnis/Quellenverzeichnis und Linkverzeichnis zu Gesetzestexten . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

  • KOMMUNALPOLITISCHE LEITFÄDEN DER HANNS-SEIDEL-STIFTUNG

    Leitfäden werden mit dem Ziel herausgegeben, Ehrenamtliche bei ihren gesellschaft-lichen Aufgaben zu unterstützen. Die Kommunalpolitischen Leitfäden liegen in vier Bänden vor.

    Kostenlose Internetbestellung unter www.hss.de/publikationen.html oder zum Herunterladen.

    Neue, überarbeitete Ausgabe!

    Neue, überarbeitete Ausgabe!

    Neue, überarbeitete Ausgabe!

  • 9

    Vorwort

    Die Publikationsreihe Kommunalpolitische Leitfäden wird nach Band 1 „Rechtliche Grundlagen kommunaler Selbstverwaltung“ und Band 2 „Baurecht in der Gemeinde“ nun mit Band 3 „Grundlagen kommuna-ler Haushaltsführung“ fortgesetzt.

    Ziel jeder öffentlichen Haushaltsführung muss es sein, für jedes Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Es ist dabei besondere Verantwortung der kommunalen Mandatsträger, den Pflichtaufgaben gerecht zu werden sowie Wünsche und Anliegen der Bürger mit den vorhandenen Möglichkeiten in Einklang zu bringen. Hierbei ist es Aufgabe der Kämmerei, unter Beachtung der gesetzlichen Rahmenbe-dingungen die Vorlagen zu erarbeiten.

    Die Hanns-Seidel-Stiftung bietet diesen Leitfaden deshalb insbesonde-re für Kommunalpolitiker als Nachschlagewerk und Handreichung an, der eine wertvolle Orientierungshilfe bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sein soll. Auch die interessierten Bürgerinnen und Bürger können sich sachkundig machen, um z.B. die finanziellen Belastungen der kommu-nalen Haushalte nachzuvollziehen.

    In diesem Leitfaden ist die von Kommunen in Bayern überwiegend praktizierte Kameralistik umfassend und in einem weiteren Teil die Doppik überblicksweise dargestellt.

    Weitere Kenntnisse zur kommunalen Haushaltsführung können auch in einschlägigen Seminaren der Hanns-Seidel-Stiftung erworben wer-den, in denen neben Theorie auch konkrete Praxisbeispiele erläutert und diskutiert werden.

    Prof. Ursula Männle Dr. Peter WitteraufVorsitzende Hauptgeschäftsführer

  • 11

    A. KAMERALISTIK

    1. EINFÜHRUNG

    Bund, Länder und Gemeinden gaben 2013 die Summe von 866 Mil-liarden € aus. Aus dem Bundeshaushalt flossen 337 Milliarden €, mit 324 Milliarden € hielten die Länder mit und die Gemeinden waren immerhin mit 206 Milliarden € beteiligt. Schon fast ein Viertel aller öffentlichen Ausgaben geht demnach auf das Konto der Kommunen, eine Zahl, die aufzeigt, welche bedeutende Rolle der kommunale Sektor im öffentlichen Finanzwesen spielt.

    Angesichts dieser gewaltigen Finanzmasse interessiert die Frage, welche Regeln für das Wirtschaften und Haushalten unserer Gemeinden und Gemeindeverbände gelten. Welche Grundsätze sind maßgebend für die Aufstellung der kommunalen Haushalte, welche Richtlinien sind einzu-halten bei der Verwaltung der öffentlichen Gelder?

    Jedes Mitglied eines kommunalen Gremiums ist mit solchen Fragen konfrontiert, nicht nur bei der alljährlich wiederkehrenden Haushalts-planaufstellung, sondern auch bei zahlreichen anderen Gelegenheiten, wie z.B. bei der Beschlussfassung über Bauaufträge oder Personalfra-gen, bei Zuschussangelegenheiten oder beim Erlass von Beitrags- und Gebührensatzungen, kurz: bei jedem Beratungsgegenstand, der sich in irgendeiner Weise auf die Finanzen der Kommune auswirkt. Bei all die-sen Gelegenheiten ist es nützlich, über Grundfragen des Haushaltsre-chts informiert zu sein und die Spielregeln zu kennen.

    Der vorliegende Leitfaden hat es sich zur Aufgabe gemacht, in das kom-munale Haushaltswesen einzuführen. Dabei wurde auf eine praxisnahe Darstellung Wert gelegt. Es sollten insbesondere die Punkte herausgear-beitet werden, die in der kommunalen Wirklichkeit Bedeutung haben und die für die Arbeit in den Gemeinderäten, Stadträten, Kreistagen und Bezirkstagen wichtig sind.

    1.1 Gesetzliche GrundlagenDas kommunale Haushaltsrecht hat seine verfassungsrechtliche Basis im Grundgesetz (GG) und in der Bayerischen Verfassung (BV). Nähere

  • 12

    Vorschriften enthalten die bayerischen Kommunalgesetze – Gemeinde-ordnung (GO), Landkreisordnung (LkrO) und Bezirksordnung (BezO) – jeweils in ihrem dritten Teil. Die Regelungen sind in allen drei Geset-zen nahezu identisch. Im Rahmen dieser Darstellung wird weitgehend nur auf die Bestimmungen in der GO hingewiesen. Für die Gemeinde-verbände, also Landkreise und Bezirke, gilt Entsprechendes.

    Detaillierte Regelungen über die kommunale Wirtschaftsführung bringen die Kommunalhaushaltsverordnungen. Je nachdem, welches Buchführungssystem die Gemeinde anwendet, sind entweder die Vorschriften der Kommunalhaushaltsverordnung - Kameralistik (KommHV-Kameralistik) oder die der Kommunalhaushaltsverordnung - Doppik (KommHV-Doppik) maßgebend.

    Das kommunale Haushaltsrecht gehört zum Kommunalrecht und un-terliegt daher der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder. Dennoch ist diese Rechtsmaterie im Großen und Ganzen bundeseinheitlich geregelt. Das Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) von 1969 hat die einzelnen Länder dazu verpflichtet. Es liegt in der Natur der Sache, dass in ei-nem einheitlichen Wirtschaftsraum die finanzrechtlichen Regeln nicht divergieren dürfen. Die Regeln des HGrG finden sich vielfach in den Haushaltsordnungen der Länder wörtlich wieder. Auch in die Kommu-nalgesetze sind sie aufgenommen worden.

    Auf eine gemeinsame Linie hatte schon das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) im Jahr 1967 Län-der und Gemeinden verpflichtet. Dieses Gesetz läutete die große Haus-haltsreform ein, die für die Kommunen etwa Mitte der 1970er Jahre ab-geschlossen war. Bund, Länder und Gemeinden sind gleichermaßen in die mittelfristige Finanzplanung einbezogen. Sie alle sind verpflichtet, ihre eigene Wirtschaftsführung einem gesamtwirtschaftlichen Interesse unterzuordnen, der Idee des „gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“.

    1.2 Funktionen des kommunalen Haushalts

    1.2.1 BedarfsdeckungDie kommunalen Körperschaften - Gemeinden, Landkreise und Bezirke – erfüllen zahlreiche öffentliche Aufgaben. Ein umfangreiches

  • 13

    Wirtschaften, Haushalten und Planen geht damit einher, der Einsatz finanzieller Mittel ist beträchtlich. Das gesamte Finanzwesen der Kom-munen ist darauf ausgerichtet, mit den zur Verfügung stehenden Mit-teln die vielfältigen Aufgaben zu bewältigen. Die Haushaltswirtschaft ist das Ordnungsinstrument dafür. Art. 61 Abs. 1 GO schreibt vor: „Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist.“

    Dem Kommunalhaushalt kommt also die Funktion zu, den aus der Aufgabenerfüllung resultierenden Finanzbedarf darzustellen und seine Deckung herbeizuführen. Man spricht hier von der Bedarfsdeckungs-funktion des öffentlichen Haushalts. Als älteste dem öffentlichen Haus-haltswesen zukommende Funktion hat sie zum Ziel, Einnahmen und Ausgaben in Einklang zu bringen.

    Der Ausgabebedarf ist definiert durch die Aufgaben. Ihre Aufga-ben erfüllen die Gemeinden entweder als eigene oder als übertragene. Der eigene Wirkungskreis umfasst die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, diese werden von den Gemeinden in eigener Verant-wortung wahrgenommen (Art. 28 Abs. 2 GG, Art.11 Abs.2 und Art. 83 Abs. 1 BV). Eigenverantwortlich meint: nicht auf Anweisung des Staates, sondern aufgrund eigener Entscheidung. Im eigenen Wirkungskreis handeln die Gemeinden daher regelmäßig nach eigenem Ermessen; sie sind nur an gesetzliche Vorschriften gebunden (Art. 7 Abs. 2 GO). Der übertragene Wirkungskreis dagegen umfasst all jene Aufgaben, die ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung den Gemeinden namens des Staates zuweist (Beispiele: Pass- und Meldewesen, Führerscheine, Wahlen, Verkehrsanordnungen). Hier sind die Gemeinden den Weisun-gen der staatlichen Behörden unterworfen (Art 8 Abs. 2 GO), im Gegen-satz zu den eigenen Angelegenheiten, bei denen die Gemeinden nicht Einzelanweisungen oder Verwaltungsvorschriften staatlicher Stellen zu beachten haben.

    Eine andere Unterscheidung nimmt man vor in „Pflichtaufgaben“ und „freiwillige“ Aufgaben. Die lebensnotwendigen Pflichtaufgaben (z.B. Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung) haben in der Ausgabenpla-nung immer Vorrang.

  • 14

    Damit ist das öffentliche Haushaltswesen auch von der Privatwirtschaft abgegrenzt: Die Aufgaben werden im großen Umfang gesetzlich vorgege-ben. Sie bestimmen die Höhe der Einnahmen, die zur Verfügung gestellt oder beschafft werden müssen. Nach dem Bedarfsdeckungsprinzip ist das Ziel dabei der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben, nicht die Erzielung eines Überschusses.

    1.2.2 Andere FunktionenDas Haushaltswesen dient dazu, die öffentliche Finanzwirtschaft so zu gestalten, dass sie klar und überschaubar bleibt. Es muss erkennbar und nachvollziehbar sein, für welche Zwecke öffentliche Gelder ausgegeben werden. Insoweit spricht man von der Kontrollfunktion des Haushalts.

    Eine neue Aufgabenstellung brachte die große Haushaltsreform Ende der 1960er Jahre: die gesamtwirtschaftliche Budgetfunktion. Es hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der öffentliche Haushalt bewusst als wirtschaftslenkendes Instrument eingesetzt werden kann. Mit ihm lässt sich die allgemeine Wirtschaftskonjunktur beeinflussen, und zwar in antizyklischer Weise: Befindet sich die Konjunktur in einem über-hitzten Zustand, so sind die öffentlichen Ausgaben einzuschränken, die Nachfrage am Markt darf nicht noch weiter durch öffentliche Aufträge vergrößert werden. Hand in Hand mit dieser Ausgabeeindämmung könnten – um Kaufkraft abzuschöpfen – die Steuern erhöht werden. Andererseits kann man bei einem Konjunkturabschwung die öffentli-chen Ausgaben erhöhen und die Kaufkraft durch Steuererleichterungen steigern.

    Dieses Gedankengut kennzeichnet das Gesetz zur Förderung der Sta-bilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967. Es bestimmt, dass Bund, Länder und Gemeinden bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamt-wirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten haben. Entsprechende Bestimmungen wurden auch in die Kommunalgesetze übernommen. Das StWG hat dem modernen Budgetrecht einen neuen Gesichtspunkt verliehen. Die Beobachtung zeigt aber, dass es sich hier um ein Idealziel handelt, das kaum je erreicht wurde. Auf der anderen Seite ist in die Kommunalgesetze sogar ein Hinweis auf den Europäischen Stabilitäts-

  • 15

    und Wachstumspakt aufgenommen und gleichzeitig auf die Verant-wortung der Gemeinden zur Einhaltung der darin formulierten Ziele (Rückführung der Verschuldung, ausgeglichener Haushalt) aufgenom-men worden (vgl. Art. 61 Abs. 1 GO).

    Mit dem fortschreitenden Ausbau des „sozialen Netzes“ gewann die Umverteilungsfunktion zunehmend an Bedeutung. In Form von Sozi-alleistungen kommt eine Vielzahl von öffentlichen Transferleistungen zur Verteilung. Die Sozialleistungen betragen mehr als ein Fünftel der kommunalen Ausgaben.

    Nicht zuletzt kommt dem Gemeindehaushalt eine kommunalpo-litische Funktion zu. In ihm vollzieht sich die Willensbildung der kommunalen Entscheidungsträger. Jedenfalls in Teilbereichen, wie z.B. bei den Investitionen, hat der Haushalt den Charakter eines kommu-nalpolitischen Programms. Es ist erstaunlich, wie wenig beachtet die Investitionspläne sind, wenn sie im Rahmen der mittelfristigen Finanz-planung dem Gemeinderat vorgestellt werden. Dabei geht es hier doch um wichtige Infrastrukturmaßnahmen für den Bürger.

    1.3 Innenwirkung des HaushaltsDas Haushaltsrecht besteht im Wesentlichen aus Verfahrensregeln. Der Haushaltsplan wirkt deshalb nur nach innen. Er wendet sich an den Gemeinderat und seine Ausschüsse, den 1. Bürgermeister und an die Verwaltung. Für sie sind die Festsetzungen des Haushaltsplanes verbindlich. Keine Wirkungen entfaltet er gegenüber dem Bürger. Das ergibt sich aus Art. 64 Abs. 3 GO, wonach Ansprüche und Verbindlich-keiten Dritter durch den Haushaltsplan weder begründet noch aufge-hoben werden. Das Haushaltsrecht ist also verwaltungsinternes Recht. Das wird an folgenden Beispielen deutlich:

    Eine Gemeinde mietet einen Büroraum. Die Verpflichtung aus diesem Rechtsgeschäft (Vertrag), den monatlichen Mietzins zu zahlen, besteht selbstverständlich unabhängig davon, ob der Haushaltsplan entspre- chende Beträge enthält oder nicht.

    Die Frage, ob einem Arbeitssuchenden Leistungen für Unterkunft und Hei-zung zu gewähren sind, richtet sich einzig und allein nach dem Sozial-

  • 16

    gesetzbuch (SGB) -Zweites Buch (II). Aufgabe des Haushaltsrechts ist es, hierfür die notwendigen Mittel bereitzustellen.

    Umgekehrt kann aufgrund des Haushaltsrechts nicht in die Rechte des Bürgers eingegriffen werden. Für die Erhebung von Steuern, Gebühren oder Beiträgen ist nach dem rechtsstaatlichen Prinzip des Gesetzesvor-behalts (Art. 20 Abs. 3 GG) stets eine besondere Rechtsgrundlage erfor-derlich. Diese Rechtsgrundlage schafft sich die Gemeinde mit einer ent-sprechenden Satzung, z.B. nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG). Gegründet auf eine solche Satzung ergehen dann Leistungsbescheide an die betroffenen Bürger. Die von ihnen zu entrichtenden Abgaben erscheinen im Haushaltsplan als Einnahmeansätze. Die Leistungs- pflicht geht aber nicht etwa auf den Haushaltsansatz zurück, sie beruht vielmehr auf dem spezialgesetzlichen Tatbestand des KAG.

    Beispiel:Eine Gemeinde will eine Straßenreinigungsgebühr erheben. Dabei erge-ben sich mannigfaltige Fragen, wie z.B.: Wer ist reinigungspflichtig, welche Grundstücke können herangezogen werden, wie hoch soll die Gebühr sein und wie ist sie zu differenzieren? Ab wann wird sie eingeführt? Das alles ist Inhalt des Abgabenrechts. Das Haushaltsrecht hingegen zeigt den Weg für folgende Abläufe: In welcher Höhe sind Einnahmen aus der Straßenreini-gungsgebühr im Haushaltsplan zu veranschlagen? Welchem Haushaltsjahr sind die Beträge zuzuordnen? In welcher Weise werden die Veranschlagun-gen im Haushaltsplan dargestellt (Haushaltsstelle, Vergleichsdaten) und für welche Zwecke werden sie verwendet? Was ist zu beachten, wenn die Gelder eingehen (Anordnungswesen, Buchung, Zahlungsverkehr)? Wie wird Rechenschaft über die Verwendung der Gebühren abgelegt?

    Eine Ausnahme machen allerdings die Hebesätze für die Realsteuern. Sie werden gewöhnlich in der Haushaltssatzung festgesetzt (möglich ist aber auch eine gesonderte Hebesatzsatzung). In diesem einen Punkt ha-ben wir eine abgabenrechtliche Regelung in unserer Haushaltssatzung; sie berührt das Außenverhältnis zum Bürger. Weil die Haushaltssatzung damit in die Rechtssphäre des Bürgers eingreift, ist sie insoweit auch angreifbar: Nach § 47 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann im Normenkontrollverfahren gegen sie vorgegangen werden. Ein

  • 17

    solches Verfahren kann aber nur anstrengen, wer von der Hebesatzfest-setzung betroffen ist.

    1.4 Selbstverwaltungsrecht und Finanzhoheit

    1.4.1 Finanzielle EigenverantwortungWenn die Kommune wirtschaftet und über ihre Haushaltsmittel ver-fügt, so tut sie das in Ausübung ihres verfassungsmäßig garantierten Selbstverwaltungsrechts. Eines der wesentlichen Prinzipien der kom-munalen Selbstverwaltung ist die Finanzhoheit; sie ist Bestandteil des Selbstverwaltungsrechts. Sowohl das Grundgesetz (Art. 28 Abs. 2 GG) als auch die Bayerische Verfassung (Art. 11 Abs. 2 BV) gewährleisten den Gemeinden das Recht des eigenverantwortlichen Wirtschaftens. Ebenso betonen die Verfassungsgerichte in ihrer Rechtsprechung den Stellen-wert der kommunalen Finanzhoheit. So stellt z.B. der Bayerische Verfas-sungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 28. November 2007 fest: „ Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung … umfasst eine angemes-sene Finanzausstattung. Bei ihrer Ausgestaltung findet der Entscheidungs-spielraum des Gesetzgebers seine verfassungsrechtlichen Grenzen grund-sätzlich im Anspruch der Gemeinden und Gemeindeverbände auf eine finanzielle Mindestausstattung. Diese ist so zu bemessen, dass die Kom-munen in die Lage versetzt werden, alle ihre Aufgaben , das heißt neben den Pflichtaufgaben des eigenen und übertragenen Wirkungskreises auch freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zu übernehmen.“

    Die finanzielle Eigenverantwortung der Gemeinden unterstreicht Art. 28 Abs. 2 GG: „Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung.“ Diese durch Ge-setz vom 15. November 1995 eingefügte Ergänzung will die kommunale Selbstverwaltung stärken und soll verhindern, dass die Finanzspiel-räume der Kommunen beschnitten werden. Sie will den Aspekt der kommunalen Eigenverantwortung im Verfassungstext betonen, kann aber nicht als Finanzausstattungsgarantie des Bundes zugunsten der Kommunen interpretiert werden.

    Eine Gemeinde kann ohne eigene, frei verfügbare Finanzmittel keine eigenverantwortlichen Entscheidungen treffen. Die Regelung einer

  • 18

    Angelegenheit im örtlichen Bereich ist meistens auch eine Regelung über die Verwendung von Haushaltsmitteln. Das den Gemeinden gewährleistete Recht, in eigener Initiative und nach selbstgesetzten Pri-oritäten Aufgaben aufzugreifen und zu erfüllen, konkretisiert sich in der Finanzhoheit.

    Art. 22 Abs. 2 GO bestätigt den Gemeinden die dem Selbstverwaltungs-recht entspringende Finanzhoheit. Nach dieser Bestimmung regeln die Gemeinden ihr Finanzwesen selbst und sind befugt, Abgaben zu erhe-ben. Allerdings ist hier auch klargestellt, dass die Finanzhoheit nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen besteht. Sowohl Bundes- wie auch Landesgesetze schränken die Finanzhoheit der Kommunen stark ein. Betroffen ist davon vor allem das Recht, eigene Abgaben zu erheben. Nur dann, wenn ein Bundes- oder Landesgesetz es zulässt, ist die Ge-meinde in der Lage, öffentlich-rechtliche Geldleistungen zu verlangen. Ohne eine derartige Rechtsgrundlage darf die Gemeinde keine Abga-ben erheben; sie hat also kein unmittelbares Recht auf Erhebung von Steuern, Gebühren und Beiträgen, sondern nur ein vom Gesetzgeber verliehenes.In diesem Zusammenhang spielt der Begriff des gemeindlichen „Steuer-findungsrechts“ eine Rolle. Gemeint ist damit das Recht, neue Steuern zu „erfinden“ und zu erheben. Nach Art. 3 Abs. 1 KAG ist das für örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern (theoretisch) möglich. In der Praxis hat das gemeindliche Steuerfindungsrecht nur geringe Bedeu-tung erlangt. Nur zwei örtliche Aufwandsteuern haben sich behaupten können: die Hundesteuer und die Zweitwohnungsteuer. In allen an-deren Fällen hat der Landesgesetzgeber einen Riegel vorgeschoben; die Erhebung von sogenannten Bagatellsteuern ist wirtschafts- und finanz-politisch unerwünscht. In Zeiten besonders schlechter kommunaler Finanzen besann man sich auf das Instrument der Steuerfindung und forderte in Bayern die Zulas-sung der Zweitwohnungsteuer. Durch Gesetz vom 26. 7. 2004 machte der Gesetzgeber den Weg dafür frei. Seitdem nutzen etliche Städte und Gemeinden die Möglichkeit, das „Innehaben von Zweitwohnungen“ zu besteuern. Die Zweitwohnungsteuer betrifft im Grunde auch Stu-denten, allerdings greift für sie in den meisten Fällen eine Freibetrags-regelung und stellt sie von der Steuerpflicht frei. Eheleute, die aus beru-

  • 19

    flichen Gründen eine Nebenwohnung benötigen, sind ebenfalls von dieser Steuer ausgenommen (Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts vom 11. 10. 2005).

    1.4.2 KonnexitätDurch Volksentscheid am 21. September 2003 wurde in die Bayerische Verfassung (BV) das Konnexitätsprinzip aufgenommen. Art. 83 Abs. 3 BV wurde wie folgt gefasst:“Überträgt der Staat den Gemeinden Aufgaben, verpflichtet er sie zur Er-füllung von Aufgaben im eigenen Wirkungskreis oder stellt er besondere Anforderungen an die Erfüllung bestehender oder neuer Aufgaben, hat er gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führt die Wahrnehmung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemein-den, ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.”

    Das strikte Konnexitätsprinzip hat sich als sinnvoll und vorteilhaft erwiesen. Es schützt die kommunale Seite vor neuen Verpflichtungen ohne finanziellen Ausgleich. Als konnexitätsrelevante Maßnahmen sind insbesondere (aber nicht ausschließlich) staatliche Gesetze und Verord-nungen zu verstehen. Die Konnexität wird aber nur ausgelöst, wenn der Freistaat Bayern als Verantwortlicher für die zusätzlichen Anforde-rungen oder Aufgaben identifizierbar ist. Bundesrechtliche oder europa-rechtliche Regelungen fallen nicht unter die Konnexität. Wenn aber der Bund Sachaufgaben regelt, die bei den Gemeinden zu Buche schlagen, nehmen die Länder die „Adressierung“ an die Kommunen vor mit der Folge, dass insoweit eine Pflicht zum Ausgleich der Mehrbelastungen entsteht.

    Beispiel: Der Bund beschließt das Kinderförderungsgesetz (KiföG) , mit dem eine rechtliche Verpflichtung zur Bereitstellung von Plätzen in Kindertagesstätten eingeführt wird. Die Länder übertragen die Zuständig-keit auf die Kommunen. Mit dieser Zuständigkeitsübertragung entsteht für die Länder gegenüber den Kommunen eine Finanzierungspflicht, obwohl es hier um ein Bundesgesetz geht.

    Nicht jede Kleinigkeit führt zu Ausgleichszahlungen, es muss sich schon um eine erhebliche Mehrbelastung handeln, die den Gemeinden aufge-

  • 20

    bürdet wird. Ansonsten würde das strikte Konnexitätsprinzip zu einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand führen. Vor einer sol-chen „Bürokratisierung“ haben die Gegner der Konnexität gewarnt, wie sie auch zu bedenken gaben, dass mit dem neuen Rechtsinstrument der politische Gestaltungsspielraum des Staates zum Nachteil der Gemein-den eingeengt würde.

    Einen weiteren Volksentscheid zur Finanzausstattung der Gemeinden gab es am 15. September 2013. Er hatte eine Ergänzung des Art. 83 Abs. 2 BV zum Gegenstand. Eingefügt wurde folgender Satz 3: „Der Staat gewährleistet den Gemeinden im Rahmen seiner finanziellen Leistungs-fähigkeit eine angemessene Finanzausstattung.“

    1.4.3 Finanzquellen

    Begriff der Abgabe

    Die gemeindlichen Einnahmen werden aus vielen Quellen gespeist, letztlich aber überwiegend aus Abgaben der Bürger. Abgabe ist ein Oberbegriff, der im Wesentlichen Steuern, Beiträge und Gebühren umfasst. Dabei handelt es sich um hoheitlich, durch Gesetze und Sat-zungen auferlegte Lasten, die in Geld zu erbringen sind und die der Einnahmebeschaffung dienen. Kennzeichen der Abgaben ist, dass sie zwangsweise erhoben werden.

    Steuern Gebühren Beiträge sonstigeAbgaben

    ABGABEN

  • 21

    Steuern

    Die Haupteinnahmequelle der Gemeinden sind Steuereinnahmen. Die um Zahlungen untereinander bereinigten Einnahmen der bayerischen Gemeinden und Gemeindeverbände betrugen 2013 insgesamt rund 33,8 Milliarden €. Hiervon waren rund 15,1 Milliarden € Steuereinnah-men.

    Steuern werden von öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen auf der Grund- lage von Gesetzen erhoben. Hauptzweck der Steuer ist die Erzielung von Einnahmen. Sozialpolitische oder wirtschaftslenkende Aspekte können daneben eine Rolle spielen. Auf der kommunalen Ebene kön-nen nur die Gemeinden eigene Steuern erheben, nicht die Landkreise und Bezirke. Diese partizipieren daran indirekt über Umlagen. Wesens-merkmal der Steuer ist, dass sie ohne Gegenleistung erhoben wird. Ausschlaggebend ist der gesetzliche Besteuerungstatbestand (z.B. Er-zielung von Einkommen, Grundbesitz).

    Originäre Gemeindesteuern sind die Grund- und die Gewerbesteuer (Realsteuern), ferner die Hundesteuer und die Zweitwohnungsteuer (letztere zählen zu den sogenannten örtlichen Verbrauch- und Auf-wandsteuern).

    Wenn auch - steuersystematisch gesehen - keine „echte“ Gemeinde-steuer, so stellt doch der Anteil an der Einkommensteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen (2013 im Rang freilich nach der Gewer-besteuer) des Gemeindehaushalts dar. Die Einkommensteuer ist eine sogenannte Gemeinschaftssteuer (gemeinschaftliche Verteilung auf Bund Länder und Gemeinden). An ihr sind die Gemeinden mit 15% beteiligt. Hierher gehört auch der Anteil an der Umsatzsteuer (2,2%), den die Gemeinden seit 1998 erhalten.

    Beiträge und Gebühren

    Beiträge sind Geldleistungen, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erhoben werden. Sie dienen zur Deckung des In-vestitionsaufwands kommunaler Einrichtungen wie Wasserversor-

  • 22

    gung, Abwasserbeseitigung oder Straßen. Beiträge werden nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) erhoben. Für die erstmalige Herstel-lung von Straßen, Wegen und Plätzen haben die Beiträge im Baugesetz- buch (BauGB) ihre Rechtsgrundlage. Beitragspflichtig sind Grund- stückseigentümer, denen diese Einrichtungen Vorteile bieten, unabhängig davon, ob sie auch tatsächlich davon Gebrauch machen. Wesensmerkmal der Beiträge ist Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung durch den Beitragspflichtigen.

    Gebühren dagegen sind Geldleistungen, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts für die tatsächliche Nutzung einer öffentli-chen Einrichtung (Benutzungsgebühren) oder für eine Dienstleistung der Verwaltung (Verwaltungsgebühren) erhoben werden. Der Gebühr steht immer eine Gegenleistung gegenüber, die der Gebührenpflich-tige tatsächlich in Anspruch genommen hat. Am wichtigsten sind die Benutzungsgebühren nach Art. 8 KAG für Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen, für die Abfallentsorgung, die Straßen-reinigung, das Bestattungswesen, für Märkte, Schlachthäuser, Verkehrs- betriebe, für Bäder, Kindergärten, Theater, Museen, Büchereien und vieles andere mehr.

    Leistungen des Finanzausgleichs

    Der Bayerische Kommunale Finanzausgleich stellt eine weitere wich-tige Säule für die Kommunalfinanzen dar. Dem Grunde nach ist er im Grundgesetz verankert (Art. 106 Abs. 7 GG). Die (Flächen-) Länder der Bundesrepublik Deutschland sind danach gehalten, einen gewissen Prozentsatz von ihren Anteilen an den Gemeinschaftssteuern den Kom-munen zu überlassen. Das bedeutet, dass die Länder einen Teil ihrer Einnahmen aus der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer an die Kommunen weiterleiten müssen (sogenannter ob-ligatorischer Steuerverbund). Darüber hinaus leistet der Freistaat Bay-ern nach dem Finanzausgleichsgesetz in einem großen Umfange weitere Transferzahlungen an den kommunalen Sektor und gewährleistet damit den Gemeinden eine insgesamt auskömmliche Finanzausstattung.

  • 23

    Sonstige Einnahmen

    Den Gemeinden fließen außerdem weitere Einnahmen aus unter-schiedlichsten Quellen zu. Sie können zum Beispiel Einnahmen aus wirtschaftlicher Betätigung, Vermietung oder Zinsen aus Kapitalvermö-gen erzielen. Ein eigenes Kapitel stellt die Aufnahme von Krediten dar.

    2. DIE STEUEREINNAHMEN DER GEMEINDEN

    Steuereinnahmen der Gemeinden und Gemeindeverbände in Bayern 2000 bis 2013

    20000

    2

    4

    6

    8

    10

    12

    14

    16

    Milliarden €

    Quelle: Gemeindefinanzen und Realsteuervergleich 2013, Bayer. Landesamt für Statistik und Daten-verarbeitung, München 2014

    2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

    Steuern insgesamt

    Gewerbesteuer (netto)

    Grundsteuern A und B Sonstige Steuern

    Gemeindeanteilan der Einkommen- und Umsatzsteuer

    Quelle: Gemeindefinanzen und Realsteuervergleich 2013, Bayer. Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, München 2014

  • 24

    2.1 ÜberblickDen Gemeinden steht das Aufkommen folgender Steuern unmittelbar zu:• Gewerbesteuer• Grundsteuer A und B• Einkommensteuer zu einem Anteil von 15 %, • Umsatzsteuer zu einem Anteil von 2,2 % • örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern. Am Aufkommen der Einkommen- und der Umsatzsteuer partizipieren die Gemeinden infolge der bundesrechtlichen Regelungen sowohl un-mittelbar als auch kraft Landesrechts über den bayerischen kommunalen Finanzausgleich. Über den sogenannten „allgemeinen Steuerverbund“ beteiligt der bayerische Staat seine Gemeinden an diesen Steuern.

    Die eigenen Steuereinnahmen der bayerischen Gemeinden betrugen im Jahr 2013 insgesamt rund 15,1 Milliarden €. Die größten Einnahme-posten bildeten dabei das Aufkommen aus dem Anteil an der Einkom-mensteuer (rund 6 Milliarden €) und aus der Gewerbesteuer (rund 6,7 Milliarden € netto, d.h. nach Abzug der Gewerbesteuerumlage).

    2.2 GewerbesteuerDie Gewerbesteuer gehört zu den Realsteuern. Im Gegensatz zu den Per-sonensteuern (z.B. Einkommensteuer und Körperschaftsteuer) zielen sie auf eine Sache (lateinisch: res). Steuergegenstand ist der Gewerbe- betrieb und seine objektive Ertragskraft. Nicht zu den Gewerbebetrie- ben zählen Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sowie die freien Beru-fe (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Apotheker, Steuerberater).

    Besteuerungsgrundlage ist der Gewerbeertrag, das ist der nach dem Einkommensteuergesetz bzw. nach dem Körperschaftsteuergesetz ermit-telte Gewinn, verändert um gewisse Hinzurechnungen und Kürzungen. Für die Berechnung der Gewerbesteuer wird zunächst ein Steuermess-betrag ermittelt. Ihn erhält man dadurch, dass man auf den Gewer-beertrag einen Prozentsatz anwendet, die sogenannte Steuermesszahl; sie beträgt 3,5%. Bis zur Höhe von 24.500 € ist bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften der Gewerbeertrag von der Besteuerung freigestellt (Freibetrag).

  • 25

    BeispielGewinn eines Personenunternehmens(nach Hinzurechnungen und Kürzungen) 50.000 €abzüglich Freibetrag 24.500 €zu versteuern 25.500 €Gewerbesteuermesszahl 3,5%Gewerbesteuermessbetrag(25.500 € mal 3,5%) = 892,50 €, abgerundet auf volle 100 € 800 €

    Den Steuermessbetrag ermittelt das Finanzamt und erlässt dann den Gewerbesteuermessbescheid. Er stellt die Besteuerungsgrundlage für die Gemeinde dar. Die Gemeinde wendet nun auf den Steuermessbe-trag ihren in der Haushaltssatzung festgesetzten Hebesatz an und erlässt den Gewerbesteuerbescheid. Das Verfahren zur Erhebung der Gewer-besteuer ist demnach zweistufig, die Verwaltungshoheit teilen sich Staat (Finanzamt) und Gemeinde.

    Beispiel:Gewerbesteuermessbetrag (ermittelt durchdas Finanzamt) 800 €Hebesatz (festgesetzt durch die Gemeinde) 300%Gewerbesteuer(Messbetrag mal Hebesatz) 2.400 €

    Die Gemeinde beeinflusst über den Hebesatz (= Steuersatz), den sie alljährlich in ihrer Haushaltssatzung festsetzt, die Höhe des Steuer-aufkommens. Hier kommt die Finanzautonomie der Gemeinde zum Tragen.

    Aus der Zweistufigkeit des Festsetzungsverfahrens folgt für den einzel-nen Steuerschuldner, dass Einwendungen gegen den Gewerbesteuer-messbescheid (zum Beispiel gegen die Höhe des Gewerbeertrags) durch Einspruch gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen sind. Anträge auf Stundung und Erlass der Gewerbesteuer sind dagegen unmittelbar an die Gemeinde zu richten.

  • 26

    Das Aufkommen der Gewerbesteuer ist den Gemeinden durch das Grundgesetz garantiert (Art. 106 Absatz 6 Satz 1 GG). Aber auch Bund und Länder sind am Gewerbesteueraufkommen beteiligt; an sie müssen die Gemeinden eine Umlage bezahlen (Gewerbesteuerumlage). Bis ein-schließlich 1997 wurde neben der Ertragskraft von Gewerbebetrieben auch das Gewerbekapital besteuert. Die Gewerbekapitalsteuer wurde jedoch durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmensteuerre-form vom 25. Oktober 1997 abgeschafft. Die Gemeinden erhielten zum Ausgleich eine Beteiligung an der Umsatzsteuer.

    Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 wurde die Gewer-besteuer als fester Bestandteil der kommunalen Finanzausstattung bestätigt und festgeschrieben. Die bisher diskutierten Alternativen zur Gewerbesteuer konnten sich damit nicht durchsetzen. Durch die Hinzu-rechnung von Zinsen und bestimmten Finanzierungsanteilen wurden zudem bestimmte ertragsunabhängige Bestandteile der Bemessungs-grundlage gestärkt.

    Zur Gewerbesteuerumlage siehe die Ausführungen in Abschnitt 3.9.3

    2.3 GrundsteuerDie Grundsteuer ist eine originäre Gemeindesteuer. Nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG steht das Grundsteueraufkommen den Gemeinden zu. Der Grundsteuer unterliegt der in einer Gemeinde gelegene Grund-besitz. Steuerpflichtig sind die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) und die übrigen unbebauten und bebauten Grund-stücke (Grundsteuer B).

    Auch die Grundsteuer wird, wie die Gewerbesteuer, in einem zweistu-figen Verfahren festgesetzt und erhoben. Zunächst ist das Grundstück durch das Finanzamt zu bewerten. Dabei werden Größe, Bodenwert und die Besonderheiten (Lage, Erschließung) des Grundstücks berück-sichtigt. Das Finanzamt ermittelt den sogenannten Einheitswert. Der Einheitswert ist nicht der tatsächliche Wert des Grundstücks, sondern nur ein steuertechnisches Hilfsmittel. Auf den Einheitswert wendet das Finanzamt eine Steuermesszahl an und ermittelt so den Steuermess-betrag. Die Gemeinde wiederum multipliziert den Steuermessbetrag

  • 27

    mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Hebesatz. Das Ergebnis stellt die Steuerschuld dar, die der Grundstückseigentümer gegenüber der Gemeinde hat (vgl. Verfahren bei der Erhebung der Gewerbesteuer).

    Seit langem wird über eine Reform der Grundsteuer nachgedacht; sie betrifft vor allem die Bemessungsgrundlage der Steuer, den Einheits-wert. Ausgangsgröße sind noch heute die am 1. Januar 1964 bzw. 1. Ja-nuar 1935 ermittelten Werte. Seit 1997 dürfen diese Einheitswerte nicht mehr für die – inzwischen weggefallene - Vermögensteuer und die Erb-schaft- und Schenkungsteuer herangezogen werden.

    Nach jahrelangem Hin und Her einigten sich die Länderfinanzminister im Jahre 2014 auf ein Reformmodell, das aus einer Bodenwertkompo-nente und einer Gebäudewertkomponente bestehen soll. Die Gebäude sollen nach Typen klassifiziert werden, wobei auf den Nutzungszweck (Wohnzwecke, Nichtwohnzwecke, Mischnutzungen) abgestellt wird. Im einzelnen bestehen aber noch recht unterschiedliche Ansichten zu den Details eines brauchbaren Typisierungsverfahrens. Zentrale Forde-rung von kommunaler Seite ist aber die ungeschmälerte Beibehaltung des Hebesatzrechts der Gemeinde.

    2.4 Gemeindeanteil an der EinkommensteuerDie Einkommensteuern (Lohnsteuer, veranlagte Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Kapitalertragssteuer) gehören zu den ergiebig-sten Steuerquellen in Deutschland. Am gesamten Steueraufkommen haben sie einen Anteil von etwa 40%. Die Gemeinden erhalten vom Aufkommen der Lohnsteuer und veranlagten Einkommensteuer jeweils 15%, vom Aufkommen der Kapitalertragssteuer 12%. Weil diese Steuern Bund, Ländern und Gemeinden gemeinschaftlich zustehen, spricht man hier von Gemeinschaftsteuern.

    Den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer gibt es seit der großen, 1969 verkündeten und 1970 in Kraft getretenen Finanzreform. Art. 106 Abs. 5 GG bestimmt: „Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Ge-meinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist.“ Einzelheiten wurden im Gemeinde-

  • 28

    finanzreformgesetz (GFRG) geregelt. Es legte den Beteiligungssatz zum 01.01.1970 auf 14% fest und führte gleichzeitig die Gewerbesteuerumlage (siehe Abschnitt 3.9.3) ein.

    Verteilungsmodus

    Der individuelle Anteil, den jede Gemeinde an der Einkommensteuer hat, wird über eine Schlüsselzahl ermittelt. Diese Schlüsselzahl ist eine auf sieben Stellen abgerundete Bruchzahl. Sie errechnet sich da-durch, dass man das Einkommensteueraufkommen in einer Gemein- de in Beziehung setzt zum Einkommensteueraufkommen des betref-fenden Bundeslandes. Allerdings wird hier nicht das tatsächliche Aufkommen zugrunde gelegt, sondern nur die Steuerleistungen, die bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze zu zahlen sind. Diese Ein- kommensgrenze beträgt bei Ledigen 35.000 €, bei Verheirateten 70.000 €. Man spricht hier von Sockelbeträgen. Nur die Steuer, die innerhalb die-ser Höchstbetragszonen anfällt („Sockelaufkommen“) ist heranzuzie-hen.

    Mit dieser Rechenweise erreicht man eine Nivellierung. Die ausglei-chende Wirkung dieses Verteilungssystems liegt darin, dass es den Ge-meinden den Einkommensteueranteil nach dem Verhältnis der Steuer-leistungen erschließt, die von den Beziehern „normaler“ Einkommen erbracht werden. Damit wird eine Bevorzugung von Gemeinden ver-mieden, in denen ein überdurchschnittlich hohes Einkommensniveau zu verzeichnen ist.

    Die Schlüsselzahl wird durch die Einkommensteuerstatistik (rückwirk-end) im dreijährigen Turnus für jede Gemeinde ermittelt. Die Bruchzahl wird auf die jeweils aktuell zur Verteilung gelangende Steuermasse an-gewendet und ergibt so den individuellen Anteilsbetrag, welcher vier-teljährlich an die Gemeinden überwiesen wird.

  • 29

    Beispiel:Verteilungsmodus der Einkommensteuer im Bundesland X

    Einkommensteuer 2015 insgesamt 10.000.000.000 €Daten aus der Einkommensteuerstatistik 2010a) anrechenbares Aufkommen des Landes X (Sockelaufkommen) 6.000.000.000 €b) anrechenbares Aufkommen der Gemeinde A im Land X („Sockelaufkommen“) 12.000.000 €Schlüsselzahl (gültig 2015 bis 2017) 12.000.000 : 6.000.000.000 0,0020000

    Einkommensteueranteil der Gemeinde A im Jahre 20015a) Anteil aller Gemeinden des Landes 10.000.000.000 mal 15% 1.500.000.000 € b) Anteil der betreffenden Gemeinde A 1.500.000.000 mal 0,0020000 3.000.000 €

    2.5 UmsatzsteueranteilDie Gemeinden erhalten seit 1. Januar 1998 einen Anteil an der Umsatz-steuer. Diese Beteiligung dient als Ersatz für die Gewerbekapitalsteuer, welche zum gleichen Zeitpunkt im Rahmen der Unternehmenssteuer-reform abgeschafft worden war. Die Umsatzsteuer rangiert unter allen Steuern in Deutschland an erster Stelle und ist relativ krisensicher. Aus diesem Grunde bedeutete die gemeindliche Beteiligung einen Erfolg im Bemühen um eine nachhaltige Verbesserung der Kommunalfinanzen. Der Beteiligungssatz ist im Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern festgelegt und beträgt derzeit 2,2% des Umsatz-steueraufkommens (nach Abzug der Bundeszuschüsse zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung).

    Zur Aufteilung des den Gemeinden zustehenden Umsatzsteueranteils bedient man sich ebenfalls besonderer Schlüsselzahlen. Zunächst verwendete man einen Übergangsschlüssel, nunmehr kommt ein end-gültiger bundeseinheitlicher Schlüssel zur Anwendung, der alle drei Jahre aktualisiert wird. Berechnungskomponenten – mit verschie-dener Gewichtung - sind: Gewerbesteueraufkommen, Zahl der so-

  • 30

    zialversicherungspflichtig Beschäftigten, Summen der sozialversiche-rungspflichtigen Entgelte. Für einen Übergangszeitraum wird noch ein Mischschlüssel herangezogen.

    2.6 Örtliche Verbrauch- und AufwandsteuernWie schon im Abschnitt „Selbstverwaltungsrecht und Finanzhoheit“ dargestellt, haben die Gemeinden das Steuerfindungsrecht, d. h., sie dürfen Steuern „finden“ und erheben. Dieses Recht spielt bei den Örtli-chen Verbrauch- und Aufwandsteuern eine Rolle. Darunter fallen die Hundesteuer und die Zweitwohnungsteuer.

    Nach Art. 3 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) können die Gemeinden für das Halten eines über vier Monate alten Hundes eine Steuer erheben. Freilich bringt die Hundesteuer nur geringe Einnah-men, der Verwaltungsaufwand ist beträchtlich. Deshalb wird man diese Steuer vor allem aus ordnungspolitischen, weniger aus fiskalischen Ge-sichtspunkten erheben.

    Die Zweitwohnungsteuer war bis Mitte 2004 in Bayern rechtlich nicht möglich. Mit einer entsprechenden Änderung des Art. 3 des Kommu-nalabgabengesetzes (KAG) wurde das Verbot gestrichen. Seither mehrt sich die Zahl der Gemeinden, die eine Zweitwohnungsteuer erheben.

    3. KOMMUNALER FINANZAUSGLEICH

    3.1 Steuerverbünde als Quellen des FinanzausgleichsDie Kommunen haben an dem Steueraufkommen in Deutschland nur einen Anteil von ca. 14 %. Angesichts der vielfältigen kommunalen Auf-gaben wäre diese Finanzausstattung zu gering. Daher erhalten in allen Flächenländern der Bundesrepublik Deutschland die Kommunen über den kommunalen Finanzausgleich zusätzliche Mittel.

    Die Finanzausgleichsleistungen werden in der Hauptsache aus Steuerver-bünden finanziert. Unter „Steuerverbund“ versteht man die Beteiligung der Kommunen an bestimmten staatlichen Steuereinnahmen mit einem festen Prozentsatz. In Bayern gibt es drei solcher Steuerverbünde:

  • 31

    • den allgemeinen Steuerverbund,• den Kraftfahrzeugsteuerersatzverbund,• den Grunderwerbsteuerverbund.

    Die Konstruktion des verbundenen Steuersystems bringt es mit sich, dass Staat und Kommunen quasi eine Schicksalsgemeinschaft bilden: Hohe Steuereinnahmen des Staates schlagen bei den Kommunen au-tomatisch durch vermehrte Zuweisungen zu Buche, während bei sin-kenden staatlichen Steuereinnahmen auch der Mittelzufluss an die Kommunen zurückgeht.

    Verpflichtend vorgeschrieben ist nur der allgemeine Steuerverbund. Hier geht es um die Verteilung der Gemeinschaftsteuern, also der be-sonders aufkommensstarken Steuern. Das Grundgesetz schreibt in Art. 106 Abs. 7 vor, dass die Länder von ihrem Anteil (Länderanteil) der Gemeinschaftsteuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Um- satzsteuer, Kapitalertragsteuer) einen gewissen Prozentsatz an die Kom-munen abgeben müssen. Diese Konstruktion bezeichnet man als „obli-gatorischen Steuerverbund“. Mit ihm wird die Teilhabe der Kommunen an den Gemeinschaftsteuern verfassungsrechtlich festgeschrieben. Allerdings lässt es das Grundgesetz offen, wie hoch die Beteiligung sein soll; über die Höhe des Beteiligungssatzes entscheiden die Länder selbst.

    Die Gemeinschaftsteuern werden nach Art. 106 Abs. 3 GG, dem Gesetz über den Länderfinanzausgleich (LFAG) und dem Gemeindefinanzre-formgesetz (GFRG) wie folgt verteilt (Stand 2014):

    Einkommensteuer 42,5 42,5 15,0Körperschaftsteuer 50,0 50,0 Zinsabschlagsteuer 44,0 44,0 12,0(Abgeltungssteuer aufZins- und Veräußerungserträge)

    Umsatzsteuer 53,5 44,5 ca. 2,0

    Die einzelnen Bundesländer sind dem Verfassungsauftrag des Art. 106 Abs. 7 GG durch ihre Finanzausgleichsgesetze nachgekommen. Vielfach – so auch in Bayern – ist vorgesehen, dass die Gemeinden nicht nur von

  • 32

    den Gemeinschaftsteuern, sondern auch von den Landessteuern einen Anteil erhalten.

    Der bayerische kommunale Finanzausgleich hat im Jahr 2014 ein Volu-men von ca. 8 Milliarden €. Im Vergleich dazu betragen die kommu-nalen Steuereinnahmen ca. 15 Milliarden €. Schon aus diesen zwei Zahlen wird deutlich, wie sehr die Kommunen auf den Finanzausgleich angewiesen sind. Der bayerische Finanzausgleich ist traditionell gut ausgestattet. Er gewährleistet den Kommunen insgesamt gesehen eine solide finanzielle Basis und sorgt dafür, die Unterschiede in der finan-ziellen Leistungskraft der Kommunen erheblich abzumildern. Damit trägt er dazu bei, in Bayern annähernd gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen und die kommunale Selbstverwaltung zu stärken.

    Immer wieder steht das Finanzausgleichssystem auf dem Prüfstand. In Gutachten werden Stärken und Schwächen des Systems beleuchtet und aufgezeigt. Im Großen und Ganzen werden aber Schlüssigkeit und Effizienz des Systems nicht in Abrede gestellt. Freilich steht immer die Frage der gerechten Verteilung im Mittelpunkt. Diese wird – bedingt durch die unterschiedlichen Interessen - „auf dem flachen Land“ an-ders bewertet als in den Städten. Gegenwärtig wird ein Reformbedarf in der „Einwohnergewichtung“ (siehe dazu die nachfolgenden Ausfüh- rungen) und bei der Berechnung der Steuerkraft erkannt. Systembe-dingt bleibt ein gewisser Teil des Realsteueraufkommens außer Be-tracht: jener Teil, der aufgrund hoher Hebesätze erzielt werden kann. Hier werden die Städte im Vorteil gegenüber kleinen Gemeinden gese-hen. Demgegenüber werden die zentralörtlichen Funktionen der Städte und die damit verbundenen Lasten ins Feld geführt.

    3.2 SchlüsselzuweisungenEine zentrale Rolle im Finanzausgleich spielen die Schlüsselzuweisun-gen. Nahezu 3 Milliarden € gehen im Jahr 2014 in dieser Form an die bayerischen Kommunen. Finanziert wird diese Summe aus dem allge-meinen Steuerverbund (siehe oben). Der allgemeine Steuerverbund ist die landesrechtliche Umsetzung der oben erwähnten Bestimmung des Art. 106 Abs. 7 GG, wonach den Kommunen ein Teil der Gemein-schaftsteuern zusteht.

  • 33

    Den allgemeinen Steuerverbund stellt man sich am besten vor als ein-en Topf, in dem die Landesanteile der Gemeinschaftsteuern fließen, hinzu kommt noch der Landesanteil der Gewerbesteuerumlage. Die Gesamtsumme wird gekürzt um die Leistungen, die der Freistaat Bay-ern im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erbringen muss (über diesen Automatismus sind die Kommunen auch an der Finanzierung der Deutschen Einheit beteiligt). Alle Mittel, die in den allgemeinen Steuerverbund fließen, nennt man Verbundmasse. Der Anteil, der den Kommunen zusteht, heißt Anteilmasse. Die Anteilmasse beträgt ge-genwärtig (2014) 12,75% der Verbundmasse. Maßgebend sind die Zu-flüsse, die in einem zurückliegenden Jahreszeitraum eingegangen sind. Für die Höhe der Anteilmasse 2014 kommt es auf das Volumen an, das sich vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2013 angesammelt hat.

    Der größte Teil der Anteilmasse (gut 80 %) wird an die Kommunen in Form von Schlüsselzuweisungen ausgeschüttet. Diesen Anteil nennt man Schlüsselmasse; sie geht zu 64% an die Gemeinden und zu 36% an die Landkreise. Die Bezirke erhalten keine Schlüsselzuweisun-gen, diese Körperschaften bekommen aber vom Staat den Sozialhilfe-ausgleich, der wegen der besonderen Belastungen der Bezirke als überörtliche Träger der Sozialhilfe gewährt wird.

    Quelle: Der Kommunale Finanzausgleich in Bayern, Bayer. Staatsministerium der Fi-nanzen, München 2012

    Die Schlüsselzuweisungen sind dazu bestimmt, die finanzielle Leis-tungsfähigkeit der Gemeinden zu verbessern. Die Zuweisungen schaffen bei denjenigen Gemeinden einen Ausgleich, deren Steuereinnahmen nicht ausreichen, die Aufgaben zu bestreiten. Entsprechendes gilt für die Landkreise in Bezug auf das Umlageaufkommen. Ihren Namen verdanken die Schlüsselzuweisungen der Tatsache, dass sie nach einem besonderen Verteilungsschlüssel an die Gemeinden gehen. Dabei werden, um zu einer möglichst gerechten Verteilung zu gelangen, zwei Dinge berücksichtigt:

    • Wie hoch ist der Finanzbedarf der Gemeinde?• Was kann die Gemeinde aus eigenen Steuereinnahmen selbst aufbrin-

    gen?

  • 34

    Zu beiden Fragen werden finanztechnische Messzahlen gebildet. Der finanztechnische Ausdruck für den Bedarf lautet Ausgangsmesszahl, derjenige für die eigene Einnahmemöglichkeit Steuerkraftmesszahl. Bei den meisten Gemeinden liegt die Ausgangsmesszahl über der Steuer-kraftmesszahl. Der Unterschiedsbetrag wird zu 55% ausgeglichen. Es gilt die Formel:

    (Ausgangsmesszahl - Steuerkraftmesszahl) mal 55% = Schlüsselzuweisung

    Erster Schritt: Ermittlung des Bedarfs

    Vorweg sei gesagt, dass die Bedarfsermittlung selbstverständlich eine fiktive ist. Wie sollte man auch individuell für jede Gemeinde heraus-finden, wie viel Geldmittel sie nötig hat? Das Gesetz muss nach einem bestimmten Schema vorgehen, nach einer Formel. Das Finanzaus- gleichsgesetz unterstellt einen Finanzbedarf, der von der Einwohner-zahl abhängt. Mit der Größe der Gemeinde wächst der Finanzbedarf. Die „Einwohnergewichtung“ hat ihre Ursache darin, dass die Gemein-den mit zunehmender Größe mehr Aufgaben (und damit mehr Ausga-ben) für Bildung, Kultur, Verkehrswesen, soziale Sicherung usw. erbrin-gen. Diese Tatsache findet ihre Berücksichtigung im Hauptansatz, also der Messzahl, die den Bedarf ausdrückt. Das FAG enthält eine an der Einwohnerzahl orientierte Staffel mit Prozentsätzen. Die Staffel beginnt bei 108 und endet bei 150. Bei dem Rechenvorgang werden demnach fiktive Einwohnerzahlen ermittelt.

    HAUPTANSATZ (ART. 3 ABS. 1 FAG)

    EINWOHNER

    bis 5.000

    ab 10.000

    ab 25.000

    ab 50.000

    ab 100.000

    ab 250.000

    ab 500.000

    % DER EINWOHNERZAHL

    112%

    115%

    125%

    135%

    140%

    145%

    150%

  • 35

    Durch die Anwendung des Hauptansatzes wird die Einwohnerzahl ge-wichtet. Es zählen auch die Personen mit Nebenwohnungen.

    Beispiel:Die gewichtete Einwohnerzahl einer Gemeinde mit 10.000 Einwohnern (9.500 mit Hauptwohnsitz, 500 mit Nebenwohnsitz) beträgt 11.500 (10.000 Einwohner mal 115%).

    Neben dem Hauptansatz gibt es Ergänzungsansätze. Mit ihnen werden gewisse Sonderbelastungen berücksichtigt. Es gibt folgende Ergän-zungsansätze:• Ergänzungsansatz für kreisfreie Städte; er beträgt 10% des Hauptan-

    satzes und soll die Belastungen auffangen, die diesen Städten dadurch erwachen, dass sie Kreisfunktion wahrnehmen.

    • Sozialhilfeansatz; mit ihm werden die Belastungen der kreisfreien Städte und der Landkreise als örtliche Träger der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitssuchende berücksichtigt.

    • Strukturschwächeansatz; er wird den Gemeinden zugebilligt, die eine überdurchschnittliche Zahl an Arbeitslosen im Verhältnis zur Steuerkraft aufweisen.

    Die Ausgangsmesszahl („Bedarfsmesszahl“) wird nun dadurch gefun-den, dass man den Hauptansatz und evtl. Ergänzungsansätze zusam-menzählt, mit der tatsächlichen Einwohnerzahl vervielfältigt und schließlich auf den sogenannten einheitlichen Grundbetrag anwen-det. Dieser stellt eine Rechengröße dar, dessen Höhe von der zur Verfü-gung stehenden Schlüsselmasse abhängig ist. Der einheitliche Grund-betrag wird jedes Jahr neu bestimmt und ist so gerechnet, dass die zur Verfügung stehende Schlüsselmasse jedes Jahr voll aufgebraucht wird.

    Beispiel:Der Grundbetrag 2014 für die Gemeinden beträgt 760,16 €. Bei einer Ge-meinde mit 10.000 Einwohnern ergibt sich eine gewichtete Einwohnerzahl von 11.500 (siehe oben). Für die Gemeinde errechnet sich eine Ausgangs-messzahl von 8.741.840 € (11.500 mal 760,16 €).

    Bei diesem Beispiel ist unterstellt, dass andere Ansätze als der Hauptansatz nicht anzuwenden sind.

  • 36

    Zweiter Schritt: Ermittlung der eigenen finanziellen Leistungs-fähigkeit

    Die Steuerkraftmesszahl gibt Auskunft darüber, welche Einnah-memöglichkeiten einer Gemeinde sozusagen per Gesetz „unterstellt“ werden. Die Steuerkraftmesszahl, gemeinhin auch „Steuerkraft“ ge-nannt, ist eine finanztechnische Messgröße und ist nicht gleichbedeu-tend mit der tatsächlichen Einnahmesituation der Gemeinde; sie stellt das Gegenstück zur Ausgangsmesszahl dar. Die Steuerkraftmesszahl ist die Summe der Steuerkraftzahlen aus den Realsteuern (Grund- und Gewerbesteuer) und dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer. Die Steuerkraftzahlen resultieren aus den Einnahmen aus den genann-ten Steuern.

    Allerdings muss bei den Realsteuern noch eine Bereinigung stattfinden, die dem Umstand Rechnung trägt, dass die Gemeinden ihre Steuersätze (Hebesätze) individuell festlegen. Bei der Ermittlung der Steuerkraft-messzahl wendet man aber nicht diese (tatsächlichen) Hebesätze an, sondern fiktive, vom Gesetz vorgegebene. Man nennt sie Nivellie-rungshebesätze.

    Diese waren seit rund 40 Jahren konstant und betrugen für die

    • Grundsteuer A 250 Prozent,• Grundsteuer B 250 Prozent,• Gewerbesteuer 300 Prozent (abzüglich der Gewerbesteuerumlage von derzeit 69 %).

    Dem lag der Gedanke zugrunde, dass die Steuerkraft hebesatzneu-tral sein soll. Wenn also eine Gemeinde ihren Bürgern und Gewerbe-betrieben höhere Steuersätze als die Nivellierungshebesätze abverlang-te, blieben die Mehreinnahmen in vollem Umfang bei der Gemeinde selbst. Sie würden weder bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen noch von Umlagen (vor allem Kreis- und Bezirksumlage, vgl. Ziff. 3.9) berücksichtigt. Würde man anders verfahren, wären die Gemeinden benachteiligt, die ihre Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen und ihren Bürgern höhere Hebesätze zumuten (müssen).

  • 37

    Wie erwähnt, blieben die Nivellierungshebesätze über Jahrzehnte hin-weg unverändert. Die tatsächlichen Steuersätze haben sich in dieser Zeit langsam, aber stetig erhöht. Der Trend fiel am stärksten bei den Großstädten aus, während kleine Gemeinden bis jetzt oft tatsächlich nur die Nivellierungshebesätze (und teilweise nicht einmal diese) ver-langen.

    Ab 2016 greift daher eine grundlegende Reform bei der Berech-nung der Steuerkraftmesszahlen der Realsteuern:

    1. Die Nivellierungshebesätze für die Grundsteuern A und B und die Gewerbesteuer werden auf einheitlich 310 % angehoben, bei der Gewer-besteuer wiederum abzüglich der Gewerbesteuerumlage. 2. Mehreinnahmen wegen eines über dem Nivellierungshebesatz lie-genden Steuersatzes werden zu 10 % angerechnet. Damit wird die Hebesatzneutralität der Steuerkraftberechnung angetastet, auch wenn sie immer noch zu 90 % gilt.

    Damit wird ein Stück weit einer Forderung der Kommunalen Spitzen-verbände entsprochen, die für den ländlichen Raum stehen (Bayeri-scher Gemeindetag und Bayerischer Landkreistag). Nachdem die großen Städte schon über den Hauptansatz bei den Schlüsselzuweisun-gen besser gestellt werden, schien es nicht gerechtfertigt, dass zusätzlich noch ein – verglichen mit den kleineren Städten und Gemeinden – rela-tiv hoher Teil ihrer Steuereinnahmen aus dem System des Finanzaus-gleichs ausgeklammert wurden.

    Zur Errechnung der Steuerkraftzahlen für die Realsteuern ist es notwen-dig, von den tatsächlichen Hebesätzen auf die Nivellierungshebesätze umzurechnen. Ausgangsbasis ist der tatsächliche Steuereingang (Steuer-Isteinnahmen) des vorvorhergehenden Jahres. Für die Steuerkraftzahlen 2014 sind demnach die Isteinnahmen des Jahres 2012 maßgebend. Bei der Steuerkraftzahl für die Gewerbesteuer ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Gemeinde von ihren Gewerbesteuereinnah-men einen Teil wieder abführen muss: die Gewerbesteuerumlage. Der Nivellierungshebesatz ist um den Vervielfältiger der Gewerbesteuerum-lage zu kürzen.

  • 38

    Beispiel für die Umrechnung auf die NivellierungshebesätzeDie Gemeinde X verzeichnet 2012 Isteinnahmen bei der• Grundsteuer A 140.000 € (Hebesatz 280%)• Grundsteuer B 1.200.000 € (Hebesatz 300%)• Gewerbesteuer 1.920.000 € (Hebesatz 320 %)Summe der Isteinnahmen 3.260.000 €

    Bisherige Berechnung bis 2015Es errechnen sich folgende Steuerkraftzahlen• Grundsteuer A 140.000 € geteilt durch 2,8 mal 2,5 = 125.000 €• Grundsteuer B 1.200.000 € geteilt durch 3,0 mal 2,5 = 1.000.000 €• Gewerbesteuer 1.920.000 geteilt durch 3,2 mal 2,31* = 1.386.000 €Realsteuerkraft insgesamt 2.511.000 €

    *Der Nivellierungshebesatz für die Gewerbesteuer beträgt 300%. Abzuzie-hen ist der Vervielfältiger für die Gewerbesteuerumlage.

    Neue Berechnung ab 2016Es errechnen sich folgende Steuerkraftzahlen• Grundsteuer A 140.000 € geteilt durch 2,8 mal 3,1 = 155.000 €• Grundsteuer B 1.200.000 € geteilt durch 3,0 mal 3,1 = 1.240.000 €• Gewerbesteuer hier greift die Regelung, dass Mehreinnahmen über dem Nivellier ungshebesatz zu 10 % angerechnet werden. 1.920.000 geteilt durch 3,2 mal 2,42* = 1.452.000 €Realsteuerkraft insgesamt 2.847.000 €

    *Aufgrund der Gewerbesteuerumlage von aktuell 69 % vermindert sich der Nivellierungshebesatz von 310 % auf 241 %. Mit 320 % hat die Ge-meinde einen um 10 % über dem Nivellierungshebesatz liegenden Steuer-satz. Hiervon fließt 1 % (10 % von 10 %) in die Steuerkraftberechnung ein. Daher beträgt der Multiplikator nicht 2,41 sondern 2,42.

  • 39

    Das Beispiel verdeutlicht zweierlei:1. Die Steuerkraft ist nicht identisch mit den tatsächlichen Steuerein-

    nahmen. Sie kann niedriger, aber auch höher sein. Letzteres wirkt sich für die Gemeinde nachteilig aus, weil sie dadurch weniger Schlüs-selzuweisungen erhält, aber mehr Kreisumlage entrichten muss, als es ihren tatsächlichen Einnahmen entspricht.

    2. Die 10-prozentige Anrechnung gilt nur bei Mehreinnahmen, nicht bei Mindereinnahmen infolge niedriger Hebesätze.

    Eine Nivellierung ist auch bei der Steuerkraftzahl für den Gemeinde-anteil an der Einkommensteuer vorzunehmen. Soweit eine Gemeinde mit ihrem Pro-Kopf-Wert der Einkommensteuerbeteiligung unter dem halben bayerischen Durchschnitt liegt, werden für die Steuerkraftzahl nur 65% herangezogen, der übersteigende Teil zählt zu 100%.

    Beispiel:Die bayerischen Gemeinden erhielten im Jahr 2014 insgesamt 7.021.154.704 € aus der Einkommensteuer (15-Prozentanteil). Damit entfielen auf jeden Bewohner Bayerns 552,9816 € gemeindlicher Einkommensteueranteil. Mithin lag der halbe Landesdurchschnitt bei 276,4908 €. Angenommen, bei einer Gemeinde ergibt sich nach der Schlüsselzahl für 2016 ein (fiktiver) Einkommensteueranteil von 400 €, so werden in Ansatz gebracht:• 65% aus 276,4908 € = 179,7190 € (Teilbetrag A)• 100% aus 123,5092 € = 123,5092 € (Teilbetrag B)Summe 400,0000 € 303,2282 €

    Das Beispiel zeigt: Die betreffende Gemeinde erhält pro Einwohner 400 € Einkommensteuer, die Steuerkraftzahl der Einkommensteuerbeteiligung beträgt aber nur 303,2282 €. Bei einer Gemeinde mit 10.000 Einwohnern beträgt die Einkommensteuerkraftzahl demnach 3.032.282 € (gegenüber tatsächlichen Einnahmen von 4.000.000 €). Diese Berechnungsmethode begünstigt die Gemeinden mit einer unterdurchschnittlichen Einkommen-steuerbeteiligung, denn sie „verschont“ ja weitgehend die untere Zone.

    Völlig unkompliziert ist hingegen die Berechnung der Umsatzsteuer-kraft. Sie entspricht genau den tatsächlichen Einnahmen der Gemein-de im Vorvorjahr. In unserem Beispiel wird eine Umsatzsteuerbeteili-gung von 200.000 € unterstellt.

  • 40

    Die Summe der Steuerkraftzahlen ergibt nunmehr die Steuerkraft-messzahl. In der Fortführung des obigen Beispiels errechnet sich nun folgendes:

    Steuerkraftzahlen der Grundsteuer A 155.000 €Grundsteuer B 1.240.000 €Gewerbesteuer 1.452.000 €Einkommensteuer 3.032.282 €Umsatzsteuer 200.000 €Steuerkraftmesszahl 6.079.282 €

    Berechnung der Schlüsselzuweisung:Wie bereits dargelegt, werden 55% des Unterschiedsbetrages zwi- schen Ausgangsmesszahl und Steuerkraftmesszahl ausgeglichen. Für den Beispielfall ergibt sich danach folgendes:

    Ausgangsmesszahl 8.741.840,00 €abzüglich Steuerkraftmesszahl 6.079.282,00 €Unterschied 2.662.558,00 €hiervon 55% 1.464.406,90 €

    3.3 KraftfahrzeugsteuerersatzverbundDie Kraftfahrzeugsteuer war früher eine Landessteuer. Aufgrund einer Änderung des Grundgesetzes steht ihr Ertrag ab Juli 2009 dem Bund zu. Als Ausgleich erhalten seitdem die Länder einen jährlichen Festbe-trag am Steueraufkommen des Bundes. 2014 erhielt Bayern 1.550 Mil-lionen, den Gemeinden flossen hiervon 52,5%, also 813 Millionen € zu.

    Die Kraftfahrzeugsteuer war ursprünglich nur für den Straßenbau und den Straßenunterhalt gedacht. Später ist diese Festlegung nach und nach aufgegeben worden. Heute werden dieser Verbundmasse auch Mit-tel für den Bau von Abwasseranlagen, Wasserversorgungsanlagen, den öffentlichen Personennahverkehr und für die Aufstockung des Sozial-hilfeausgleichs an die Bezirke entnommen. Etwa 45% der kommunalen Anteilmasse wird im Jahr 2014 der ursprünglichen Zweckbestimmung zugeführt, nämlich dem Bau und dem Ausbau sowie der Unterhaltung

  • 41

    von Gemeinde- und Kreisstraßen, ferner von Ortsdurchfahrten von Bundes- und Staatsstraßen (sofern diese in der Baulast der Gemeinden stehen) und dem Bau und Ausbau von Geh- und Radwegen.

    Die Verteilung des Straßenanteils aus dem Kraftfahrzeugsteuerverbund erfolgt entweder in Form von Pauschalzuweisungen oder in Form von gezielten Zuweisungen zu einzelnen Bauprojekten.

    Leistungen nach Art. 13 a FAG

    Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern waren bis zu der erwähn-ten Umstellung bei der Kraftfahrzeugsteuer (2009) grundsätzlich am örtlichen Aufkommen beteiligt. Infolge des Wegfalls der Ertragshoheit bei den Ländern ist eine solche Beteiligung nicht mehr möglich. Des-halb erhalten diese Gemeinden pauschale Zuweisungen (Festbeträge), die sich am Durchschnitt der in den Jahren 2008 bis 2010 erhaltenen Leistungen orientiert. Diese Mittel sind zwar zweckgebunden zu ver-wenden, ein besonderer Nachweis (Verwendungsnachweis) ist aber nicht erforderlich.

    Straßenunterhaltungszuschüsse nach Art. 13 b Abs. 2 Satz 1 FAG

    Gemeinden, die keine Leistungen nach Art. 13 a FAG erhalten – in der Hauptsache Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern – erhalten im Rahmen des Kraftfahrzeugsteuerersatzverbundes pauschale Zuweisun-gen für die Straßenunterhaltskosten von Gemeindeverbindungsstraßen und Ortsstraßen. Auch hier wurde auf Festbeträge umgestellt. Diese richten sich nach der Höhe der im Jahr 2010 gewährten Leistungen. So-weit die Mittel nicht für den Straßenunterhalt benötigt werden, dürfen sie auch für Straßenbauprojekte herangezogen werden.

    Kreisstraßenpauschalen (Art. 13 b Abs. 1 FAG)

    Festbeträge erhalten auch die Landkreise für die Kreisstraßen. Der Verteilungsmodus mag als Beispiel dafür stehen, wie sehr sich das bayerische Finanzausgleichssystem um eine gerechte Mittelzuteilung bemüht: Die Höhe der Zuweisung hängt nämlich von der Länge des

  • 42

    Kreisstraßennetzes in Relation zur Einwohnerzahl des Landkrei-ses ab. Eine Staffelung legt die Zuweisungshöhe fest für „erste, zweite, dritte“ usw. km eines Kreisstraßennetzes.

    Beispiel (Stand Jahr 2014):Ein Landkreis mit 80.000 Einwohnern hat 280 km Kreisstraßen. Damit hat ererste km je 1.000 Einwohner 80zweite km je 1.000 Einwohner 80dritte km je 1.000 Einwohner 80 vierte km je 1. Einwohner 40

    Der Landkreis erhält

    für die ersten 80 km je 660 € 52.800 €für die zweiten 80 km je 2.900 € 232.000 €für die dritten 80m km je 3.890 € 311.200 €für die vierten 40 km je 5.450 € 218.000 €Summe 814.000 €

    Härtefonds (Art. 13 c FAG)

    Ein (kleinerer) Teil des Kraftfahrzeugsteueraufkommen steht zum Aus-gleich von Härten zur Verfügung, die sich bei der pauschalen Mittelver-teilung ergeben können. Das kann der Fall sein bei besonders teuren und aufwendigen Projekten, wie zum Beispiel bei Brücken oder in-nerörtlichen Baumaßnahmen. Aus dem Härtefonds gibt es auch Mittel für besondere Belastungen durch den Winterdienst.

    3.4 GrunderwerbsteuerverbundDie Grunderwerbsteuer ist eine Landessteuer. Die Gemeinden und Landkreise sind mit 8/21 am Aufkommen dieser Steuer beteiligt (Kom-munalanteil). Maßgebend ist das örtliche Aufkommen. Die kreisfreien Städte und die Großen Kreisstädte erhalten die Verbundmittel in voller Höhe. Fällt im Bereich der kreisangehörigen Gemeinden Grunderwerb-steuer an, erhalten diese Gemeinden 3/7, die Landkreise aber 4/7 der Verbundmittel.

  • 43

    3.5 Ergänzende Finanzzuweisungen

    Allgemeine Finanzzuweisungen

    Die Gemeinden, die Verwaltungsgemeinschaften und die Landkreise erhalten als Ersatz für die Aufwendungen, die ihnen bei der Erfüllung von Staatsaufgaben (übertragener Wirkungskreis) erwachsen, einen (ergänzenden) Ausgleich in Form der Finanzzuweisungen. Die Land-kreise erhalten diese Zuweisungen auch als Ersatz des Verwaltungsauf-wandes der „Staatsbehörde Landratsamt“. Im einzelnen werden folgen-de Leistungen gewährt:• Gemeinden und Landkreise erhalten Pauschalbeträge gemäß ihrer

    Einwohnerzahl (Kopfbeträge). Der Kopfbetrag für die kreisfreien Ge-meinden beträgt im Jahre 2014 33,40 €, derjenige für die kreisange-hörigen Gemeinden bzw. die Landkreise 16,70 €.

    • Den Landkreisen wird das volle Aufkommen der vom Landratsamt als Staatsbehörde festgesetzten Kosten (Gebühren und Auslagen) überlassen.

    • Den Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften wird das Aufkom-men der von ihnen erhobenen Verwarnungsgelder und Geldbußen überlassen. Die vom Landratsamt als Staatsbehörde festgesetzten Verwarnungsgelder und Geldbußen erhalten die Landkreise.

    • Zum Ausgleich des Sachaufwands der staatlichen Schulämter gehen an die kreisfreien Gemeinden und Landkreise Pauschalzuweisungen in Höhe von 0,16 € je Einwohner.

    3.6 Kommunaler HochbauDer Freistaat Bayern gewährt seinen Kommunen Zuweisungen für Ho-chbauprojekte. Im einzelnen werden gefördert• Schulen und Schulsportanlagen• Kindertageseinrichtungen• sonstige öffentliche Einrichtungen (Theater, Konzertsäle)

    Im Gegensatz zu den frei verwendbaren Zuweisungen (z.B. Schlüssel-zuweisungen) sind die Zuweisungen für den kommunalen Hochbau streng zweckgebunden. Die zweckentsprechende Verwendung muss von der Gemeinde nachgewiesen werden. Zuwendungsfähig sind der

  • 44

    Bau, der Umbau und die Erweiterung der genannten Einrichtungen, unter bestimmten Voraussetzungen auch die Generalinstandsetzung dieser Gebäude.

    Hinweis: Die aktuell gültigen Kostenrichtwerte sind im Internet unter der Adresse www.stmf.bayern.de/kommunaler_finanzausgleich/allge-meines veröffentlicht.

    Zum Umfang der Förderung ist zu sagen: Der Staat fördert nicht die gesamten Baukosten. Bestimmte Kostenarten werden von vorneherein ausgeschieden, wie z.B. die Grunderwerbskosten, die Kosten der Er-schließung oder der beweglichen Einrichtung. Angesichts der vielen Möglichkeiten, ein Bauprojekt technisch und gestalterisch zu realisie-ren, ist es notwendig, nach einem einheitlichen Verteilungsmaßstab vor-zugehen. Man nimmt Kostenrichtwerte zu Hilfe. Sie sagen aus, was als zuweisungsfähig anerkannt wird. Für die verschiedenen Maßnahmen gibt es individuelle Kostenrichtwerte, die bei Bedarf der Kostenentwick-lung angepasst werden.

    Beispiele für Kostenrichtwerte (ab Januar 2014)• Schulen: 3.745 € je m² Hauptnutzfläche• Sporthallen 27 qm mal 15 m²: 1.756.100 €• Sporthallen 27 qm mal 30 m²: 3.453.700 €• Kindertageseinrichtungen: 3.883 € je m² Hauptnutzfläche

    Mit dem Kostenrichtwert werden die zuweisungsfähigen Kosten gefun-den. Bei Neubauten und bei Erweiterungsbauten gelten die Kostenrich-twerte als Kostenpauschalen. Hier müssen die tatsächlich entstandenen Kosten nicht mehr eigens nachgewiesen werden. Das stellt für den Träger der Maßnahme eine wesentliche Erleichterung in der verwaltungstech-nischen Abwicklung der Zuwendung dar. In den anderen Fällen gelten die Kostenrichtwerte als Höchstwerte, das bedeutet, die angefallenen Kosten werden höchstens bis zu diesem Betrag anerkannt.

    Von den zuwendungsfähigen Kosten übernimmt der Staat einen An-teil (Anteilfinanzierung), dessen Höhe von der (staatlichen) Haushalt-slage, aber auch von der finanziellen Lage des Zuweisungsempfängers

  • 45

    abhängt. Auch spielen die Bedeutung der Maßnahme und das Staatsin-teresse eine Rolle.

    Beispiel:Eine Gemeinde plant den Bau einer Schule mit 1.000 qm Hauptnutzfläche. Damit ergeben sich zuwendungsfähige Kosten von 3.745.000 € (1.000 qm mal 3.745 €). Hierauf wird ein Fördersatz, abgestimmt auf die finanziellen Verhältnisse des Zuwendungsempfängers, angewendet. Bei einem Förder-satz von 30% ergibt sich eine Zuwendung von 1.123.500 €. Diesen Betrag erhält die Gemeinde entsprechend dem Baufortschritt ausbezahlt.

    Der Freistaat Bayern hat in den letzten Jahren das Zuwendungsverfahren wesentlich vereinfacht. Die Beantragung und die Abwicklung der Zu-weisungen sind inzwischen unkompliziert und kommunalfreundlich.

    3.7 KrankenhausfinanzierungBei der Krankenhausfinanzierung ist streng zu trennen zwischen Inves-titionskosten und Betriebskosten. Die Investitionskosten sind Sache des Steuerzahlers, die Betriebskosten dagegen werden über die Pflegesä-tze bzw. Fallpauschalen gedeckt, werden also in der Hauptsache von den Versicherten aufgebracht.

    Die rechtliche Grundlage bildet das Bayerische Krankenhausgesetz (BayKrG). Gefördert werden Krankenhäuser, die in den Krankenhaus-bedarfsplan des Freistaats Bayern aufgenommen sind. Dieser Plan enthält die für die akut-stationäre Versorgung der Bevölkerung be-darfsnotwendigen Häuser. Er gibt Auskunft über den Standort, die Bet-tenzahl, die angebotenen Fachrichtungen und die Versorgungsstufe der Einrichtung.

    Gefördert werden insbesondere der Neubau, der Umbau, die Sanierung und die Erweiterung von Krankenhäusern sowie die Ergänzungs- und Wiederbeschaffungen von Anlagegütern. Förderfähige Projekte werden in ein Programm aufgenommen, das Jahreskrankenhausbauprogramm. Bei der Vielzahl der Anträge ist diese staatliche Lenkungsmaßnahme im Interesse der Verfahrenstransparenz und der Herstellung eines Interes-senausgleichs unerlässlich.

  • 46

    Im Staatshaushalt wird jährlich festlegt, wie viele Mittel für den Kran-kenhausbau zur Verfügung stehen. Nach der Finanzierungsregel des Art. 10 b Abs. 1 FAG haben aber der Staat und die Kommunen die Kosten der Krankenhausfinanzierung (Investitionskosten) je zur Hälfte zu tragen. Das geschieht auf kommunaler Seite ab dem Jahr 2014 aus-schließlich über die Krankenhausumlage; die sogenannte örtliche Beteiligung, wie sie bis einschließlich 2013 erhoben wurde, ist wegge-fallen. Mit der Krankenhausumlage zahlen die Landkreise und kreis-freien Städte – sie kommen als kommunale Krankenhausträger in Frage – in das Finanzierungssystem ein. Die Krankenhausumlage orientiert sich an der Umlagekraft und an der Einwohnerzahl.

    3.8 Weitere Zuweisungen

    3.8.1 InvestitionspauschalenZur Finanzierung von Investitionen, Instandsetzungs- und Moder-nisierungsmaßnahmen erhalten die Gemeinden und Landkreise pau-schale Zuweisungen, die sogenannten Investitionspauschalen. Bei diesen Zuweisungen entfällt ein Antrags- und Bewilligungsverfahren, sie können von den Kommunen im Investitionsbereich völlig frei ver-wendet, ja sogar als Rücklage angespart werden. Die zur Verfügung ste-hende Finanzmasse (2014 insgesamt 365 Millionen €) teilen sich die kreisangehörigen Gemeinden (Anteil 45%), kreisfreien Städte (Anteil 20%) und die Landkreise (Anteil 35%). Die Verteilung der Zuweisun-gen erfolgt bedarfsorientiert, wobei als Bemessungsgrundlagen die Ein-wohnerzahl und die Umlagekraft maßgebend sind.

    3.8.2 Zuweisungen zu den Kosten der SchülerbeförderungWeiter ersetzt der Freistaat Bayern den Kommunen einen Anteil (er liegt im Jahre 2014 bei ca. 60%) der Kosten der Schülerbeförderung. Die Berechnung dieser Zuweisung geschieht – wie so häufig im Finanzaus-gleich – in pauschalierter Weise. Dazu werden zunächst für die ver-schiedenen Gruppen von Aufgabenträgern (kreisangehörige Gemein-den, Schulverbände, kreisfreie Städte, Landkreise, Bezirke) Teilmassen gebildet, und zwar unter Berücksichtigung des tatsächlichen Beförde-rungsaufwandes. Sodann wird in jeder Teilmasse jeweils eine Hälfte nach der Zahl der Schüler (mit Beförderungsanspruch) und die andere

  • 47

    Hälfte nach den Beförderungsausgaben verteilt. Dabei wird jeweils wird auf das Datenmaterial des vorvorhergehenden Jahres zurückgegriffen.

    3.8.3 BedarfszuweisungenIn besonderen Ausnahmefällen (z.B. Naturkatastrophen) gewährt der Freistaat Bayern den Kommunen sogenannte Bedarfszuweisungen. Diese sind dafür bestimmt, einer außergewöhnlichen Lage, in die eine Kommune geraten ist, Rechnung zu tragen. Auch kann damit eine besondere Aufgabenbelastung oder eine Härte abgemildert werden. Grundsätzlich ist die Zahlung einer Bedarfszuweisung nur möglich, wenn die beantragende Gemeinde das belastende Ereignis nicht zu vertreten hat und trotz Ausschöpfung aller anderen denkbaren Einnah-memöglichkeiten nicht mehr in der Lage ist, den Verwaltungshaushalt auszugleichen und/oder die Mindestzuführung zum Vermögenshaus-halt zu erwirtschaften. Bedarfszuweisungen werden entweder als rück-zahlbare Überbrückungshilfe oder als (nicht zurückzuzahlende) Zu-weisung gewährt.

    3.8.4 Sozialhilfeausgleich für die BezirkeDie Bezirke sind die Träger der überörtlichen Sozialhilfe. Den weitaus größten Anteil in ihren Haushalten beanspruchen die Sozialhilfeausga-ben. Der Staat unterstützt daher die Bezirke durch besondere Zuweisun-gen nach Art. 15 FAG (Sozialhilfeausgleich). Dabei muss man sehen, dass die Bezirke keine Schlüsselzuweisungen erhalten. Selbstverständlich ist durch den Sozialhilfeausgleich das gesamte „kommunale Lager“ betrof-fen, denn ohne diesen Ausgleich müssten die Bezirke eine wesentliche höhere Bezirksumlage erheben, was sich sowohl auf den kreisfreien wie auch auf den kreisangehörigen Bereich auswirken würde. Denn dann müssten Landkreise reagieren und die die Kreisumlagesätze anheben. Im Jahre 2014 stehen als Sozialhilfeausgleich insgesamt rd. 649 Mil-lionen € zur Verfügung.

    3.9 Umlagen

    3.9.1 KreisumlageDie Landkreise haben keine eigenen Steuerquellen, sie müssen daher ihre Haushalte zu einem großen Anteil aus einer Umlage finanzieren,

  • 48

    der Kreisumlage. Sie legen, wie es im FAG heißt, ihren „durch sonstige Einnahmen nicht gedeckten Bedarf“ auf die kreisangehörigen Gemei-nden um. Die Kreisumlage findet ihre Rechtfertigung in der Tatsache, dass der Landkreis einen Gemeindeverband darstellt, der solche Auf-gaben erfüllt, die die Leistungskraft der einzelnen Mitgliedsgemeinden übersteigen (Beispiele: Trägerschaft von Krankenhäuser, Bau und Un-terhalt weiterführender und berufsbildender Schulen, örtlicher Träger der Sozialhilfe, Jugendhilfe, Kreisstraßen).

    Die Höhe der Kreisumlage richtet sich nach dem ungedeckten Bedarf des Landkreises. Dieser Betrag wird vom Landkreis jährlich neu er-rechnet. Maßgebend sind die Festsetzungen des Haushaltsplans des Landkreises. Den Finanzierungsbedarf, also den Betrag, der nicht durch „sonstige Einnahmen“ (z.B. Vermögenserträge, staatliche Zuweisun-gen, Gebühren) gedeckt werden kann, nennt man Umlagesoll. Dieser ungedeckte Bedarf wird auf die Gemeinden verteilt, „umgelegt“. Jede Gemeinde zahlt entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit an den Landkreis. Die Berechnungsbasis bildet die Umlagekraft. Diese wiederum setzt sich zusammen aus

    • den Steuerkraftzahlen (vgl. Abschnitt 3.2) plus

    • 80% der Schlüsselzuweisungen, die die Gemeinde im Vorjahr bekom-men hat.

    Je umlagekräftiger eine Gemeinde ist, um so mehr zahlt sie Kreisum-lage. Die Kreisumlage wird in einem Prozentsatz der Umlagegrundlagen bemessen. Dieser Prozentsatz heißt Umlagesatz. Er steht in der Haus-haltssatzung des Landkreises.

    Beispiel:Die Gemeinde hat • im Jahr 2015 eine Steuerkraft von 3.600.000 €• im Jahr 2014 Schlüsselzuweisungen in Höhe von 500.000 € erhalten. Angesetzt werden 80%, also 400.000 €Umlagekraft mithin 4.000.000 €

  • 49

    Bei einem Kreisumlagesatz von 50% zahlt die Gemeinde demnach die Hälfte ihrer Steuerkraft als Kreisumlage.

    Bei Festlegung des Umlagesatzes hat der Landkreis zu beachten, dass er nur für solche Aufgaben einen Finanzbedarf berechnen darf, für die er auch zuständig ist. Mit anderen Worten: Er darf die Umlagezahler nicht zur Finanzierung von Aufgaben heranziehen, die sie – die Umlagezahler (Gemeinden) - selbst wahrnehmen. Zu den Aufgaben, die nicht in die Zuständigkeit des Landkreises gehören, zählen z.B. Zuwendungen für gemeindliche Feuerwehren, Zuschüsse an örtliche Sportvereine (so-weit sie nicht für die Jugendarbeit bestimmt sind), Zuweisungen für Gemeindebüchereien und für die Erwachsenenbildung. Kriterium für die Zuordnung einer Aufgabe (Gemeinde oder Landkreis) ist häufig die Bedeutung der Angelegenheit: Ist sie nur lokal begrenzt bedeutsam, oder betrifft sie das Kreisgebiet insgesamt?

    Diese Fragen spielten in einem – damals aufsehenerregenden Rechts-streit – Anfang der 1990-er Jahre eine Rolle (Stichwort: „Eichenau-Ur-teil“) und sind inzwischen höchstrichterlich geklärt. Der Landkreis darf seinen Kompetenzrahmen nicht verlassen, ein Verstoß dagegen könnte zur Fehlerhaftigkeit der Haushaltssatzung führen.

    3.9.2 BezirksumlageDie Bezirke legen ihren ungedeckten Bedarf auf die Landkreise und auf die kreisfreien Städte um. Diese müssen die Bezirksumlage entrich-ten. Errechnet wird sie nach demselben Prinzip wie die Kreisumlage. Maßgebend ist auch hier die Umlagekraft. Auf die Umlagekraft wird ebenfalls ein Umlagesatz angewendet, den die Bezirke in ihren Haush-altssatzungen festlegen.

    3.9.3 GewerbesteuerumlageSeit dem Jahre 1970 (Inkrafttreten der ersten großen Finanzreform in Deutschland) müssen die Gemeinden an Bund und Länder eine Umlage (Gewerbesteuerumlage) abführen. Die Umlage war deshalb eingeführt worden, weil – als wesentlicher Teil der Finanzreform – den Gemeinden seit dieser Zeit eine Beteiligung an der Einkommensteuer zusteht. Die Umlage erfolgte sozusagen im Austausch gegen diese Beteiligung. Dem

  • 50

    liegt folgende Überlegung zugrunde: Durch den Einkommensteuer-anteil sind die Gemeinden an einer Steuerart beteiligt, die im Großen und Ganzen den Charakter einer dynamischen Wachstumssteuer hat und die von einer Vielzahl von Bürgern entrichtet wird. Im Gegenzug dazu sollen die Gemeinden einen Teil der (lokal sehr unterschiedlich fließenden) Gewerbesteuer abgeben. Die Gewerbesteuerumlage, welche zu einem gewissen Anteil wieder in den Finanzausgleich zurückfließt, wirkt insofern ausgleichend und damit ist das kommunale Finanzsys-tem auf eine breitere Basis gestellt.

    Eine weitere Funktion erhielt die Gewerbesteuerumlage als Instrument zur Mitfinanzierung der Lasten der Deutschen Einheit. Der Umlage-satz ändert sich von Jahr zu Jahr. Er gliedert sich in einen „Landesver-vielfältiger“ und einen „Bundesvervielfältiger“, darüber hinaus um eine Erhöhungszahl, die sich im Zusammenhang mit den Finanzierungslas-ten „Deutsche Einheit“ ergibt.

    Zur Ermittlung der Gewerbesteuerumlage wird das Ist-Aufkommen der Gewerbesteuer eines Jahres durch den von der Gemeinde für dieses Jahr festgesetzten Hebesatz geteilt und das Ergebnis mit dem gesetzlich festgelegten Vervielfältiger multipliziert. Im Jahr 2014 betrug der Ver-vielfältiger 69 Prozentpunkte. Davon gehen 14,5 Prozentpunkte an den Bund und 54,5 Prozentpunkte an das Land. Vom Landesanteil entfielen 5,0 Prozentpunkte auf die Beteiligung der Kommunen an den Kosten der Deutschen Einheit.

    Beispiel:

    Eine Gemeinde verzeichnet im Jahr 2014 ein Gewerbesteueraufkommen von 1.000.000 €, bei einem Hebesatz von 400%. Sie muss 172.500 € Gewer-besteuerumlage entrichten.

    Berechnung:

    1.000.000----------- mal 69 = 172.500 € 400

  • 51

    Das Zentralfinanzamt München erhebt die Gewerbes