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HbSS SICHELZELLKRANKHEIT: Basiswissen, Epidemiologie, klinische Diagnostik und Behandlung nach internationalen Standards Prim. Univ.Prof. Dr. Milen Minkov Abt. Kinder- und Jugendheilkunde KA Rudolfstiftung

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HbSSSICHELZELLKRANKHEIT:Basiswissen, Epidemiologie, klinische

Diagnostik und Behandlung nach

internationalen Standards

Prim. Univ.Prof. Dr. Milen Minkov

Abt. Kinder- und Jugendheilkunde

KA Rudolfstiftung

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Das Hämoglobin

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Klassifizierung der

Hämoglobinopathien

Thalassämien

(quantitative Beeinträchtigung der

Globinkettensynthese)

Anomale Hämoglobine

(qualitativ-strukturelle Veränderung

der Globinketten)

-Thalassämie

0-Thal

+-Thal

-Thalassämie

0-Thal

+-Thal

Löslichkeit (Hb-S, -C)

Instabile Hb (Hb-Zürich,

Hb-Köln)

Hb mit O2-Transportstörung

………Hb-E

Hb-Lepore

…………

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Hämoglobin S (2ßS2)

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Die HbS-Mutation

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Figure © 2000 by Griffiths et al. ; text © 2014 by Steven M. Carr

Link: http://www.mun.ca/biology/scarr/Gr09-13.html

Pathophysiologie

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Genetische Formen der Sichelzellkrankheit

• Sichelzellanämie Sichelzellkrankheit SS

• Sichelthalassämie Sichelzellkrankheit SßThal

• HbSC-Erkrankung Sichelzellkrankheit SC

• HbSD-Erkrankung Sichelzellkrankheit SD

• HbSLepore-Erkr. Sichelzellkrankheit SLepore

• HbSOArab-Erkr. Sichelzellkrankheit SOArab

Heterozygote Träger des HbS-Gens sind durch die

Trägerschaft nicht krank, haben keine Anämie, keine

Schmerzkrisen, keine Gefäßverschlüsse.

Alte Namen Neue Namen

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Pathogenese

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Pathogenese (2)

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Pathogenese (3)

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Trägerschaft für HbS in Afrika

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Globale Verteilung der

Hämoglobinopathien

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Herausforderung 1:

Steigende Patientenzahlen

4

13

1 2 1

42

5

13

7 7 6 7

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

Pati

en

ten

zah

l

Jahre

Patienten mit Sichelzellkrankheit im St. Anna Kinderspital

Neue_Patienten Alle

Herkunft n %

Nigeria 26 52

Ghana 4 8

Türkei 4 8

Guinea 2 4

Angola 2 4

Togo 2 4

Haiti 1 2

Kenia 1 2

Kongo 1 2

Gemischte Ehe 3 6

Keine Angabe 4 8

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Herausforderung 2:Fehlende Prävention

- Kein pränatales Screening auf Trägerschaft in

Risikogruppen in Österreich

15 Kinder < 5 Jahre

- Ab- und Aufklärung von EmigrantInnen und

MitbürgerInnen aus Risiko-Gebieten über die Krankheit

und die Bedeutung der Trägerschaft extrem wichtig

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Erbgang der Sichelzellkrankheit

Autosomal-rezessiv

„Risikogebiete“: Zentral – und West-Afrika,

Länder des östlichen Mittelmeerraumes (Türkei,

Libanon, Palästina, Syrien, Süd-Italien,

Griechenland, Nord-Afrika), des Mittleren Ostens

(Iran, Irak), Asien (Indien, Afghanistan) und

Amerika

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Erbgang der SS-Krankheiten

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Herausforderung 3:

Vielfältige klinische Probleme

Erythrozyten mit > 50% HbS,

Sichelzellbildung

Gefäßverschluss, Infarkte

Organschäden

ZNS, Lunge, Knochen, Leber,

Retina, Uro-Genitaltrakt

Milz

Sepsisgefahr!!! Pneumokokken

H. InfluenzaeMeningokokken

Schmerzkrisen

Chronische Hämolyse

Anämie Gallensteine Markhyperplasie

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Klinische Präsentation

Häufige klinische Erscheinungen der SS-Krankheit

Akute Chronische

Kinder Bakterielle Sepsis oder Meningitis1

Milzsequestration1

Aplastische Krise

Vaso-okklusive Krisen

Akutes Thoraxsyndrom1

Schlaganfall1

Priapismus

Enuresis

Funktionelle Asplenie

Wachstumsverzögerung

Avaskuläre Hüftkopfnekrose

Knocheninfarkte

Gallensteine

Neuro-kognitive Defizite

Erwachsene Bakterielle Sepsis1

Aplastische Krise

Vaso-okklusive Ereignisse

Knocheninfarkte

Akutes Thoraxsyndrom1

Schlaganfall1

Priapismus

Akutes Multiorganversagen1

Bein-Ulcera

Proliferative Retinopathie

Avasculäre Hüftnekrose

Cholecystitis

Chronisches Organversagen1

Leber

Lunge

Nieren

Fertilitätsprobleme

1Mortalitäts-assoziiert

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Klinische Präsentation

Alter (Jahre)

Klin

ische E

rschein

ungen

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 >18

Anämie

Schmerzkrisen (Vasookklusion)

Sepsis

Milzsequestration

Schlaganfall (ischemisch)

Retinopathie

Priapismus

Pulmonale Hypertension

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Verlauf und Folgen

• Chronische Hämolyse

• Gefäßumbau

• Akute Ereignisse

• Chronische Organdysfunktion

• Verkürzte Lebenserwartung (m/f: 42/48 vs. 60/68)

Ref: Platt O.S. et al., NEJM, 1994,330(23):1639-1644

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Todesumstände in 209 Pt

Ref: Platt O.S. et al., NEJM, 1994,330(23):1639-1644

Ohne chronisches Organversagen

Schmerzkrise

Akutes Thoraxsyndrom

Insult

Infektion

Perioperativer Tod

Krebs

GI-Blutung

Unerwartet zu Hause

Trauma

Verschiedene Ursachen

Nicht bekannt

45

9

15

13

14

4

3

10

14

7

37

20/45 mit akutem Thoraxsyndrom

Hämorrhagisch 11, n.a. 4

HIV 2; TBC 3; andere bakterielle

CHE 4; Transfusionsbedingt 3?; Herz-

OP 2; Laparotomie 2; andere

Brust, Ovarien, Colon, Myelom

Drogen 3; Krämpfe 2; n.a. 3; nach

Schmerzkrise; Hämosiderose

Mit klinisch diagnostiziertem chronischem Organversagen

Niereninsuffizienz

Herzinsuffizienz

Zerebrales Multiinfarktsyndrom

22

11

5

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Erythrozyten mit

> 50% HbS, Sichelzellbildung

Gefäßverschluss, Sequestration

Organschäden

ZNS, Lunge, Knochen, Leber,

Retina, Uro-Genitaltrakt

Milz

Sepsisgefahr!!! Pneumokokken

H. InfluenzaeMeningokokken

Schmerzkrisen

Chronische Hämolyse

Anämie Gallensteine Markhyperplasie

Sichelzellkrankheit: klinische Probleme

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Verteilung der Knochenschmerzen

• Hände und Füsse

• distale Gelenke

• gelenknahe Teile der

langen Röhrenknochen

• Becken

• Rippen, Sternum

• Wirbelkörper

Kleinkinder

6 Mo – 3 Jahre

Schulkinder u.

Erwachsene

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ERSTDIAGNOSE EINER

SICHELZELLKRANKHEIT

in USA, England,

Frankreich, Belgien,

Niederlande

• Neugeborenen

-Screeningallgemein bzw. gerichtet

in Deutschland (Österreich)

Zufallzufällig normo-oder mikrozytäre Anämie +Retikulozytose entdeckt

unklare Schmerzepisoden

Milzsequestration

Pneumokokkensepsis

sonstige Komplikation

(z. B. ZNS-Infarkt, Osteo-myelitis)

Dx: Hb-Analyse in kompetentem Labor

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Möglichkeiten einer frühen Diagnose(solange es kein NN-Screening gibt)

Hb-Analyse bei jedem NN bzw. Kind <1 Jahr,

bzw.

Blutbild und Retis bei neuem Patienten jenseits des

1. Ljahres

wenn beide Eltern aus einem der folgenden Ländern

kommen:

Türkei, Süd-Italien, Sizilien, Griechenland, Libanon,

Irak, arabische Halbinsel, Syrien, Indien, West-Afrika,

Zentral-Afrika, Karibik, Brasilien

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Basisdiagnostik

KBB + Retikulozyten + Ery-Morphologie

Hb-Diagnostik (Hb-Elektrophorese; HPLC; Gensequenzierung)

Blutgruppe, Rhesus, Kell (BG-Genotypisierung)

GOT, GPT, GGT, LDH, Crea, BUN, HS

Harn

Ultraschall Leber/Milz/Nieren

EKG, Echo

Virologie (Hepatitis, HIV,…)

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Verbesserung der Lebenserwartung und

Lebensqualität von Sichelzellpatienten

60er Jahre Sichelzellkrankheit = Erkrankung von Kindern

viele Kinder starben im 1.-5. Lebensjahr

(Pneumokokken-Sepsis, Milzsequestration))

70er Jahre durchschnittl. Lebenserwartung 14,3 Jahre

80er Jahre Beginn NN-Screening in USA; Penizillin-Prophylaxe,

Pneumovax

Milzpalpation durch Eltern:

85% der Kinder erreichen Erwachsenenalter90er Jahre Neugeborenenscreening (USA, F, B, UK, NL)

mittlere Lebenserwartung für HbSS (90er J): 40 – 50 J

für HbSC, HbSßThal : 50 – 60 J

(in Frankreich, England, USA)

Hydroxycarbamid

2000 Konjugierter Pneumokokken-Impfstoff

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Betreuung und Behandlung

Basisversorgung (Prophylaxe)

Behandlung

Präventiv (Hydroxyurea; Austauschtrnasfusionen)

Symptomatisch (akute Ereignisse; Organschäden)

Kurativ (Stammzelltransplantation)

Mitbetreuung im niedergelassenen Bereich

http://www.sichelzellkrankheit.info/

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http://www.sichelzellkrankheit.info/

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Basisversorgung

• Regelmäßige Kontrollen in einer Fachambulanz

• Penicillinprophylaxe: (mind. bis 5. Lebensjahr!)

< 3 Jahre: 2 x 200.000 I.E. (=2x 125 mg) tgl.

3-5 Jahre: 2 x 400.000 I.E. (=2x 250 mg) tgl.

> 5 Jahre: 2 x 500.000 I.E. (=2x 300 mg) tgl.

> 12 Jahre: 2 x 1.000.000 I.E. (=2x 600 mg) tgl.

• Impfungen:

Alle Impfungen lt. Standard - Impfplan

+ Konj. Pneumokokken-Impfstoff ab 3. Lebensmonat

+ Pneumovax im 24. Lebensmonat, Booster nach 3-5 Jahren

Bei Dx zw. 2.-5. LJ: 2 x Prevenar im Abstand von 2 Monaten,

2 Monate später 1. Pneumovax.

• TCD (transcranieller Doppler)

• Schulung der Eltern (z.B. Milzpalpation)

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Regelmäßige Vorstellung in einer

Fachambulanz

Ziele:

Erfassung der relevanten Parameter im “steady state”

Früherkennung von Organschäden und Risiken für

bestimmte Komplikationen

Anpassung der Basisversorgung

Aufklärung und Schulung von Eltern und Patienten

Complianceverbesserung

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Regelmäßige Vorstellung in einer

FachambulanzUntersuchung Fragestellung Häufigkeit

Klinische Untersuchung mit

Differenzialblutbild und Retikulozyten

(kapillär), Blutdruck, Pulsfrequenz,

Anthropometrie

Eltern- und Patientenschulung

Klinische Zeichen im symptomfreien

Intervall (z.B. Milzgröße)

Blutbildparameter im symptomfreien

Intervall

< 2 Jahre

=> 1x/3 Monate

2-6 Jahre

=> 2x/Jahr

> 6 Jahre

=> 1-2x/Jahr

Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-

Aktivität

Zusätzlich zur SCD vorliegender

G6PD-Mangel

einmalig

Erweiterte Blutgruppenbestimmung:

AB0, D, C, c, E, e, K, Fy(a), Fy(b), Jk(a),

Jk(b), S, s, Le(a), Le(b)

Auswahl von Erythrozytenkonzentraten

Erleichterung der Diagnostik bei möglicher

späterer Transfusionsreaktion

einmalig

Hb-Analyse HbS: initiale Diagnose

HbF: etablierter Modulator der

Krankheitsausprägung

einmalig

Leber- und Nierenwerte, Urinstatus, ggf.

Sammelurin mit Eiweißausscheidung

Erkennen einer Hepato- und

Nephropathie, ggf. Beginn einer ACE-

Hemmer-Therapie bei > 300 mg Protein-

Ausscheidung /24 Std.

1x/Jahr ab 6. Lebensjahr

Impfungen kontrollieren Impflücken erkennen und schließen 1x/Jahr

Serologie (HIV, Hepatitis) Transfusionsbedingte Infektionen 1x/Jahr bei Transfusionen

Sono Abdomen und Harntrakt Cholelithiasis

Nierenveränderungen

Milzgröße

Alle 2 Jahre ab dem 3.

Lebensjahr

Fortsetzung auf der nächsten Seite!

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Regelmäßige Vorstellung in einer

Fachambulanz

Untersuchung Fragestellung Häufigkeit

Augenarzt Augenhintergrund: Proliferative

Retinopathie

1x/Jahr ab dem 10. Lebensjahr;

bei SCD-S/C ab dem 6. Lebensjahr

EKG und Echokardiographie Retrograder Jet über

Trikuspidalklappe als Zeichen des

pulmonalen Hypertonus

Ventrikuläre Hypertrophie

Herzinsuffizienz

alle 2 Jahre ab dem

10. Lebensjahr

Transkranielle

Dopplersonografie (TCDS)

Flussgeschwindigkeit in

intrazerebralen Gefäßen: Indikation

zur Transfusions- oder HC-Therapie

1x/Jahr zwischen 2.-16. Lebensjahr

nur SCD-S/S und

SCD-S/β0-Thalassämie

Pubertätsstatus (Tanner) Pubertas tarda 1x/Jahr ab 14. Lebensjahr bis

postpubertär

Ca, Phosphat, Parathormon, 25-OH-

Vit.D3

Vitamin D-Mangel

Sekundärer

Hyperparathyreoidismus

1x/Jahr

Neuropsychologische Testung Kognitive Entwicklung

Förderbedarf erkennen

Im Alter von 6, 11, 16 Jahren

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Untersuchungen bei spezieller

Indikation

Untersuchung Fragestellung Häufigkeit

Spirometrie,

Bodyplethysmographie

Einschränkung der Lungenfunktion,

Indikation zur weiteren

Diagnostik/Therapie

bei respiratorischer Symptomatik,

nach akutem Thoraxsyndrom, bei O2-

Sättigung <95%

Lebereisenmessung (MRT, SQUID) Eisenüberladung Bei Transfusionen, siehe AWMF-

Leitlinie 025/029

Ferritin Eisenüberladung Bei Transfusionstherapie

dreimonatlich

Hb-Analyse HbS: Effizienz stattgehabter

Transfusionen

HbF: etablierter Modulator der

Krankheitsausprägung

Unter Transfusionstherapie und

vor/unter Hydroxycarbamid-Therapie

jährlich

Endokrinologische

Diagnostik

Endokrinopathie bei Transfusionen, siehe AWMF-

Leitlinie 025/029

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Screening mittels TCD

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Milzpalpation

Spatel mit Markierung als Referenz für die individuelle Milzgröße

(aus:http://scinfo.org/problem-oriented-clinical-guidelines/specific-problems-

sequestration-spleen-or-liver)

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Lebensführung

Auslösender

Faktor

Maßnahme zur Vermeidung

Dehydratation ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Richtmenge 1500 ml/m2*d), bei Durstgefühl

auch nachts

ausreichendes Trinken beim Sport, bei Hitze und auf Flugreisen (niedrige

Luftfeuchtigkeit!)

kein exzessiver Alkoholgenuss (wirkt diuretisch)

Unterkühlung warme Kleidung

Auskühlung beim Schwimmen meiden

Hypoxie Vorsicht bei Aufenthalt in großen Höhen (relevant ab >2000 m) [16]

Schlafapnoe behandeln

nicht rauchen

Langstreckenflüge gehen mit einer Reduktion des Sauerstoffpartialdrucks

einher, die etwa einer Höhe von 2400 m über Meeresspiegel entspricht [17].

Gemeinsam mit der bei Langstreckenflügen oft unzureichenden

Flüssigkeitsaufnahme kann das selten vasookklusive Krisen auslösen.

Patienten, die bei Langstreckenflügen trotz ausreichender Flüssigkeitszufuhr

symptomatisch wurden, sollten vor weiteren Flügen mit der Fluggesellschaft

die Sauerstoffsupplementation an Bord vereinbaren [18].

Azidose keine anaerobe körperliche Anstrengung

frühzeitige Arztvorstellung bei Gastroenteritis

Infektionen allgemeine Hygienemaßnahmen

Impfungen und Penicillinprophylaxe

Tropenreisen nach Möglichkeit vermeiden, in jedem Fall aber

tropenmedizinische Beratung und Malariaprophylaxe bei Reisen in

Endemiegebiete [19]

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Transfusion bei Sichelzellkrankheit

• Sauerstoff-Träger zuführen (z.B. bei Milz-

Sequestration)

• Erythrozyten mit pathologischen Eigenschaften

ersetzen durch normale (z.B. nach ZNS-Infarkt,

fulminantem ATS)

• Verhinderung der Bildung des pathologischen

HbS (z.B. nach ZNS-Infarkt)

Ziele:

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Transfusionstechniken

Art der Transfusion Beschreibung

Einmalige T.

(einfache; top up)

10-15 ml/kg EK

Austausch- bzw. partielle

Austauschtransfusion

(Maschineller) Austausch (HbS Zielwert <30%)

Partieller Austausch:

75% des Blutvolumens wird entfernt (75ml/kg x 0,75) und

mit der gleichen Menge EK+ Nacl 0,9% (im Verhältnis 2:1)

ersetzt. Dauer bis zu 2,5 Stunden

„Modifiz. partielle Austauschtransfusion“:

z.B. bei ATS und Hb> 8,0 g/dl: Aderlass von 10-15 ml/kg

und über 2. Zugang die gleiche Menge Nacl 0,9%

infundieren; anschließend Transfusion von EK

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Effekte der Hydroxyurea auf die Sichelzellkrankheit

Hydroxyurea

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Indikationen für

Hydroxycarbamid-Therapie

Häufige (schwere) Schmerzkrisen

(beeinträchtigter Alltag!!)

> 2 Akute Thorax-Syndrome

Ständige schwere Anämie (Hb < 6g/dl)

Pathologisches TCD

Pulmonale Hypertension

Chron. Niereninsuffizienz

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“Take home” Messages:

Bei Patienten, die aus „Risikoländern“

stammen

und eine Anämie ± Schmerzepisoden

aufweisen

muss immer an eine Sichelzell-Krankheit

gedacht, und diese ausgeschlossen bzw.

bestätigt werden.

1

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“Take home” Messages:

Die Sichelzell-Krankheit ist eine systemische

Krankheit und nicht bloß eine Anämie!

Bei Patienten mit Hb SC kann die Anämie

fehlen, die Retikulozytenzahl kann

richtungsweisend sein!

2

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“Take home” Messages:

Bei der Sichelzell-Krankheit besteht ein

hohes Risiko für lebensbedrohliche

Ereignisse:

Sepsis

Milzsequestration

Schlaganfall

Akures Thoraxsyndrom

Adäquates Handeln ist Lebensrettend

3

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