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HEIDELBERGER INSTITUT FÜR INTERNATIONALE KONFLIKTFORSCHUNG e.V. am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg KONFLIKTBAROMETER 2003 Krisen . Kriege . Putsche Verhandlungen . Vermittlungen . Friedensschlüsse 12. JÄHRLICHE KONFLIKTANALYSE 2., überarbeitete Auflage

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HEIDELBERGER INSTITUT FÜRINTERNATIONALE KONFLIKTFORSCHUNG e.V.

am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg

KONFLIKTBAROMETER 2003Krisen . Kriege . Putsche

Verhandlungen . Vermittlungen . Friedensschlüsse

12. JÄHRLICHE KONFLIKTANALYSE2., überarbeitete Auflage

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HIIKDas HEIDELBERGER INSTITUT FÜR INTERNATIONALE KONFLIKTFORSCHUNG (HIIK) am INSTITUT FÜRPOLITISCHE WISSENSCHAFT DER UNIVERSITÄT HEIDELBERG ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein. Eswidmet sich der Erforschung, Auswertung und Dokumentation innerstaatlicher und internationaler politischer Konflikte.Das HIIK ging 1991 aus einem u.a. von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziell unterstützten For-schungsprojekt KOSIMO (Konflikt-Simulations-Modell) hervor, welches von Prof. Dr. Frank R. Pfetsch (UniversitätHeidelberg) geleitet wurde.

KonfliktKonflikte sind Interessengegensätze (Positionsdifferenzen) um nationale Werte von einiger Dauer und Reichweite zwi-schen mindestens zwei Parteien (organisierte Gruppen, Staaten, Staatengruppen, Staatenorganisationen), die entschlossensind, sie zu ihren Gunsten zu entscheiden.

KonfliktgegenständeTerritoriumSezessionDekolonisationAutonomieSystem, IdeologieNationale MachtRegionale VorherrschaftInternationale MachtRessourcenSonstiges

Gewaltgrad Intensitäts-gruppierung

Intensitäts-stufe

Intensitäts-bezeichnung Definition

nicht-gewaltsam niedrig

1 Latenter KonfliktEine Positionsdifferenz um definierbare Werte von natio-naler Bedeutung ist dann ein latenter Konflikt, wenn dar-auf bezogene Forderungen von einer Partei artikuliertund von der anderen Seite wahrgenommen werden.

2 Manifester Konflikt

Ein manifester Konflikt beinhaltet den Einsatz vonMitteln, welche im Vorfeld gewaltsamer Handlungen lie-gen. Dies umfasst beispielsweise verbalen Druck, dieöffentliche Androhung von Gewalt oder das Verhängenvon ökonomischen Zwangsmaßnahmen.

gewaltsam

mittel 3 Krise Eine Krise ist ein Spannungszustand, in dem mindes-tens eine der Parteien vereinzelt Gewalt anwendet.

hoch

4 Ernste Krise Als ernste Krise wird ein Konflikt dann bezeichnet, wennwiederholt und organisiert Gewalt eingesetzt wird.

5 Krieg

Kriege sind Formen gewaltsamen Konfliktaustrags, indenen mit einer gewissen Kontinuität organisiert undsystematisch Gewalt eingesetzt wird. Die Konfliktpar-teien setzen, gemessen an der Situation, Mittel in gro-ßem Umfang ein. Das Ausmaß der Zerstörung ist nach-haltig.

Das vorliegende Konfliktbarometer 2003 gibt den aktuellen Stand unserer Forschung wieder. Dadurch ergeben sich Abweichungen von Daten älterer Ausgaben.

Redaktionsschluss: 1. Dezember 2003Veröffentlichung der 2. Auflage: 23. Januar 2004

Konfliktintensitäten

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Globale Entwicklung

Im Jahr 2003 werden 218 politische Konflikte geführt.Davon sind 14 Kriege und 21 Ernste Krisen: Insgesamtwerden demnach 35 Konflikte mit hohem Gewaltein-satz ausgetragen. In 45 weiteren gewaltsamen Konflik-ten der Intensität Krise kann der vereinzelte Einsatzvon Gewalt feststellt werden. Diesen stehen 138 ge-

waltlose Auseinandersetzungen gegenüber, die sich in63 manifeste Konflikte und 75 latente Konflikte auf-gliedern.Im Vergleich zum Vorjahr erhöht sich die Anzahl derKonflikte, die auf der höchsten Intensitätsstufe aus-getragen werden, um einen auf jetzt 14, die Anzahl derErnsten Krisen dagegen verringert sich um fünf von 26auf 21. Damit sinkt die Gesamtanzahl an Konfliktenauf den beiden höchsten Intensitätsstufen von 39 imJahr 2002 auf 35 im Jahr 2003. Die Zahl der Krisen ist

deutlich von 37 auf 45 angestiegen. Die Menge derKonflikte auf den beiden gewaltlosen Intensitätsstufenändert sich nur unwesentlich. In diesem Jahr werdenzwei Konflikte mehr geführt als im vergangenen Jahr,

da im Jahr 2002 acht Konflikte für beendet erklärtwurden und dieses Jahr zehn neue aufgenommenworden sind. Diese verteilen sich wie folgt: fünf in Af-rika, jeweils zwei in Europa und der Region Vordererund Mittlerer Orient und einer in Amerika. Davon er-reicht nur der innersudanesische Konflikt (Darfur -SLA) eine gewaltsame Intensitätsstufe, drei weitereneue Konflikte werden mit geringem Gewalteinsatzausgetragen, sechs bleiben gewaltlos. Zwölf Konfliktewerden innerhalb des Jahres beendet. Für die langfri-stige Trendanalyse wurden die fünf Intensitätsstufenzu drei Gruppen zusammengefasst. Die beiden gewalt-losen Stufen als “niedrige Intensität”, Krisen als “mitt-lere Intensität” und ernste Krisen und Kriege als Kon-flikte “hoher Intensität”. Zudem ist in der Grafik dieGesamtzahl der erfassten Konflikte abgebildet. DieVerlaufskurve zeigt, dass die Anzahl der im jeweiligenJahr laufenden Konflikte seit 1945 von 76 kontinuier-lich auf 218 erfasste Konflikte im Jahr 2003 gestiegenist. Auffallend ist der jeweils stufenweise Anstieg derGesamtkonfliktzahlen, gefolgt von Phasen mit gerin-gen Zu- oder Abnahmen: Stufe 1: 1945 bis 1949 von76 auf 116, Stufe 2: 1958 bis 1960 von 117 auf 133,Stufe 3: 1972 bis 1980 von 129 auf 167, Stufe 4: 1988bis 1991 von 167 auf 192 und schließlich der letzteAnstieg seit 1996 von 178 auf aktuell 218. Insofern istdie Zunahme der Konflikte im Berichtszeitraum dieFortsetzung eines nunmehr seit sieben Jahren anhal-tenden Trends. Die Betrachtung der einzelnen Intensi-tätsgruppierungen zeigt, dass die Verlaufskurve beiden Konflikten niedriger Intensität meist die Zu- oderAbnahme der Gesamtkonfliktzahlen nachzeichnet.Eine deutliche Ausnahme bildet hier jedoch die Perio-de zwischen 1960 und 1963, in der die Gesamtzahl derKonflikte zunimmt, die Anzahl der gewaltlosen Ausei-nandersetzungen hingegen rückläufig ist. Auffällig istaußerdem die Phase zwischen 1988 und 1991. Im Ge-gensatz zum sprunghaften Anstieg der Gesamtzahl derKonflikte (von 167 auf 192) erhöht sich in diesemZeitraum die Anzahl der gewaltlosen Konflikte nurmäßig von 111 auf 118.An der Entwicklungslinie der Konflikte hoher Intensi-tät fällt der kontinuierliche, meist gleichmäßig verlau-fende Anstieg auf. Ausnahmen bilden die drei Phasenhoher Eskalation von 1945 bis 1949 von sechs auf 20,von 1977 bis 1983 von 22 auf 35, und von 1987 bis1991, dem Zeitraum in dem die Sowjetunion zusam-menbricht, von 28 auf 42. Phasen deutlicher Deeskala-tion gab es zwischen 1949 und 1951 von 20 auf zwölf,

Konfliktbarometer 2003 – Globales Konfliktpanorama 3

Globales Konfliktpanorama 2003

Konfliktintensitäten 2003 im Vergleich zu 2002

75

63

45

21

14

71 69

37

26

13

0

10

20

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80

latenter Konflikt manifester Konflikt Krise ernste Krise Krieg

An

zah

l

2003

2002

gewaltsamgewaltlos

Mit dieser Ausgabe des Konfliktbarometers erweitert das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschungseine Methodik. Deutlichstes Merkmal dieser Veränderung ist eine zusätzliche Intensitätsstufe, in der Konflikte mitvereinzeltem Gewalteinsatz klassifiziert werden. Diese neue Intensitätsstufe ermöglicht es, eine klare Trennliniezwischen gewaltlosen und gewaltsamen Konflikten zu ziehen. Weiteres erfahren Sie auf Seite 8 (Methodische Verän-derung im Konfliktbarometer), aktualisierte Konfliktlisten finden Sie unter www.konfliktbarometer.de.

Laufende Konflikte niedriger, mittlerer und hoher Intensität1945 bis 2003

0

50

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150

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250

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1981

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1987

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2002

Anz

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Gesamtzahl

niedrige Intensität

mittlere Intensität

hohe Intensität

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Konfliktbarometer 2003 – Globales Konfliktpanorama4

Ernste Krise Krieg

Markiert sind die vom Konflikt betroffenen Staaten mit der jeweils höchsten Intensität.

Übersichtskarte: Gewaltsame Konflikte hoher Intensität 2003

Legende

Nr. Konfliktname und wichtigstes Konfliktziel Nr. Konfliktname und wichtigstes Konfliktziel

Europa - ernste Krisen 18 Haiti (Opposition) - nationale Macht

1 Russland (Tschetschenien) - Sezession Asien - KriegeAfrika - Kriege 19 Indonesien (Aceh) - Sezession, Ressourcen

2 Burundi (Hutu) - nationale Macht Asien - ernste Krisen

3 Zentralafrika (Bozizé - Patassé) - nationale Macht 20 Nepal (Maoistische Rebellen) - Ideologie/ System, nationale Macht

4 DR Kongo (Rebellen) - nationale Macht, Ressourcen 21 Indien (Kaschmir) - religiöse und regionale Autonomie, Sezession5 DR Kongo (Hema - Lendu) - Regionale Vorherrschaft,

Ressourcen 22 Indien (Nagaland) - Sezession

6 Elfenbeinküste (Rebellen) - nationale Macht 23 Indien (Tripura) - Sezession, Sonstiges (Einwanderung)

7 Liberia - Nationale Macht 24 Indien - Pakistan (Siachen-Gletscher) - Territorium/ Grenze

8 Uganda (LRA) - nationale Macht 25 Laos (Rebellen) - Ideologie/ System, Autonomie, nationale Macht

Afrika - ernste Krisen 26 Myanmar (Ethnische Minderheiten) - regionale Autonomie

9 Angola (Cabinda) - Sezession 27 Pakistan - Indien (Kaschmir) - Territorium, internationale Macht

10 Nigeria (Nigerdelta - Ijaw) - Ressourcen (Öl) 28 Philippinen (MILF) - Sezession, System/ Ideologie

11 Somalia (nationale Macht) - nationale Macht 29 Sri Lanka (LTTE) - Autonomie

12 Sudan (SPLA) - Sezession, Ressourcen, rel. Vorherrschaft VMO - Kriege

13 Sudan (Darfur-SLA) - regionale Vorherrschaft 30 Irak (Islamisten - PUK) - regionale Vorherrschaft, System

Amerika - Kriege 31 Irak (Irakisch Kurdistan) - Autonomie, Ressourcen (Öl, Wasser)

14 Kolumbien (ELN) - nationale Macht, System 32 Irak - USA, GB - internationale Macht, Ressourcen, System

15 Kolumbien (FARC) - nationale Macht, System VMO - ernste Krisen

16 Kolumbien (Paramilitärs) - regionale Vorherrschaft 33 Afghanistan (Taliban) - regionale Vorherrschaft, nationale Macht

Amerika - ernste Krisen 34 Algerien (Islamisten) - nationale Macht, System

17 Guatemala (FRG) - nationale Macht 35 Israel (Palästinenser) - Autonomie, System, Ressourcen

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zwischen 1983 und 1985 von 35 auf 27 und zwischen1991 und 1992 von 42 und 36. Der deutlichste Rück-gang innerhalb eines Jahres ist jedoch zwischen 1994und 1995 zu verzeichnen, hier sank die Anzahl dergewaltsamen Konflikte hoher Intensität von 41 auf 29.Seit 1997 ist die Anzahl der Konflikte hoher Intensitätdeutlich von 29 bis zum Jahr 2001 auf 40 gestiegenund hat damit fast das Niveau von 1994 erreicht.Während im vergangenen Jahr die Zahl konstant ge-blieben ist, sinkt sie in 2003 um vier auf 35. DieEntwicklungslinie der mittleren Konfliktstufe Krise, inder Gewalt nur vereinzelt zu beobachten ist, verläuftauffallend parallel und auf nahezu gleichem Niveauwie jene der Konflikte hoher Intensität. Seit 1995 je-doch liegt die Anzahl der Krisen, mit Ausnahme desJahres 2002, stets höher als jene der ernsten Krisen undKriege. Eine vergleichbare Entwicklung gab es nurzwischen 1959 und 1964.

Analyseinnerstaatlich - zwischenstaatlich

Insgesamt werden dieses Jahr 136 innerstaatliche und82 zwischenstaatliche Konflikte geführt. Von den 14Kriegen ist nur einer zwischenstaatlich: Dies ist derKrieg der USA gegen den Irak.Auf der Ebene der ernsten Krise werden mit denbeiden zwischenstaatlichen (Indien vs. Pakistan [Sia-chen-Gletscher] und Pakistan vs. Indien [Kaschmir])ebenfalls deutlich weniger als innerstaatliche Kon-flikte (19) gezählt. Auch auf der Intensitätsstufe derKrise und der Stufe der manifesten Konflikte ist dieAnzahl der innerstaatlichen Konflikte deutlich höherals die der zwischenstaatlichen. Einzig bei den latentenKonflikten dominieren Auseinandersetzungen zwi-schen Staaten gegenüber innerstaatlichen Auseinander-setzungen. Damit werden 2003 weniger als ein Zehntelaller Kriege und ernsten Krisen zwischen Staaten aus-getragen.Für die langfristige Trendanalyse wurden wiederumdie beiden höchsten Intensitätsstufen ernste Krise undKrieg zusammengefasst. Hier zeigt sich, dass die Do-minanz der innerstaatlichen Gewaltkonflikte bereitsseit Beginn des Untersuchungszeitraums zu beobach-ten ist. Die Verlaufskurve der innerstaatlichen Kon-flikte steigt kontinuierlich an und verzeichnet beson-

ders große Ausschläge zu Beginn des erfassten Zeit-raums (1945: 3 - 1948: 13), zur Mitte der fünfzigerJahre (1955: 9 - 1958: 14), Ende der siebziger Jahre bisAnfang der achtziger Jahre (1977: 18 - 1983: 28), Endeder achtziger bis Anfang der neunziger Jahre (1987: 23- 1994: 37) und Ende der Neunziger bis zum vergange-nen Jahr (1997: 27 - 2002: 38). In 2003 sinkt die An-zahl der innerstaatlichen Konflikte hoher Intensitätzum ersten Mal seit vier Jahren, und zwar um vier auf32.Hingegen verläuft die Entwicklungslinie der gewaltsa-men zwischenstaatlichen Konflikte weit ruhiger. Hierfällt vor allem die Zunahme zum Ende der siebzigerJahre (1976: 3 - 1980: 7) und der rasante Anstieg Endeder achtziger, Anfang der neunziger Jahre (1987: 5 -1991: 10) auf. Bedeutsam ist der Zeitraum von 1991bis 1994. Während ab diesem Zeitpunkt die Anzahl derzwischenstaatlich geführten Kriege und ernsten Kri-

sen drastisch zurückgeht (1991: 10 - 1995: 2), nimmtdie Anzahl der innerstaatlichen gewaltsamen Konflikteauf hohem Niveau weiter zu (1991: 32 - 1994: 37).

Regionale Entwicklung

Auch im Jahr 2003 werden mit zwölf von 35 diemeisten hoch gewaltsamen Konflikte in Afrika ausge-tragen. An zweiter Stelle folgt Asien mit elf; in dieserRegion sind auch die meisten Konflikte insgesamt zubeobachten (67 von 218). Auffallend ist in beiden Re-gionen der hohe Anteil an Konflikten mittlerer Intensi-tät. Während Europa von Konflikten der hohen undmittleren Intensität weitgehend verschont bleibt, fälltder höhere Anteil an gewaltsamen Konflikten in Ame-

Konfliktbarometer 2003 – Globales Konfliktpanorama 5

Inner- und zwischenstaatliche Konflikte hoher Intensität1945 bis 2003

0

5

10

15

20

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30

35

40

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45

19

47

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51

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53

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59

19

61

19

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65

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69

19

71

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91

19

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19

97

19

99

20

01

20

03

An

zah

l

innerstaatlich

zwischenstaatlich

Inner- und zwischenstaatliche Konflikte 2003 nach Intensität

34 3436

19

13

41

29

9

2 10

5

10

15

20

25

30

35

40

45

latenter Konflikt manifester Konflikt Krise ernste Krise Krieg

An

zah

l

innerstaatlichzwischenstaatlich

Verteilung aller Konflikte 2003nach Region und Gewalteinsatz

21

40

182930

46

7 12

16

56

12

11

1

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Europa Afrika Amerika Asien VMO

Anz

ahl

hohe Intensitätmittlere Intensitätniedrige Intensität

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rika und vor allem in der Region Vorderer und Mittle-rer Orient (VMO) auf.Der Jahresvergleich der Konflikte auf hoher Intensitätvon 2003 mit 2002 zeigt je nach Region ein uneinheit-liches Bild. Auffallend ist vor allem der starke Rück-gang der hoch gewaltsamen Konflikte in Afrika. Wäh-

rend auch in Asien die Anzahl der gewaltsamen Kon-flikte um zwei abnimmt, bleibt sie in Europa 2003 miteinem, dem Tschetschenien-Konflikt, konstant. InAmerika erhöht sich die Zahl der gewaltsamen Kon-flikte hoher Intensität um einen (Guatemala [FRG]), inder Region Vorderer und Mittlerer Orient ebenfalls umeinen (Irak vs. USA, Großbritannien und Irak [Ira-kisch-Kurdistan] eskalieren, während Afghanistan [Ta-liban, Al-Kaida] vs. USA 2002 beendet werden kon-nte).

Konfliktgegenstände

Die meisten Konflikte werden im Jahr 2003 um Ter-ritorialansprüche geführt. Dies ist auch der Konfliktge-genstand, der den geringsten Anteil an gewaltsamenKonflikten überhaupt aufweist. Dicht darauf folgennationale Macht und Ideologie. Letzterer umfasst auchKonflikte, die auf religiösen oder weltanschaulichenGegensätzen beruhen. Es ist zu beobachten, dass esoftmals zu einer Vermischung mehrerer Konfliktge-

genstände kommt. Dies trifft vor allem auf Ressourcenzu.

Putsche

Im Jahr 2003 gab es insgesamt sieben Putsche undPutschversuche: fünf in Afrika und je einen in Europa

und Amerika. Am 9.2.03 wird vergeblich versucht, diekomorische Zentralregierung unter Azali Assoumanizu entmachten. Der Bürgerkrieg in Zentralafrika wirdam 15.3. durch einen putschartigen Machtwechsel ent-schieden. Islamistische Offiziere unternehmen am 7.6.in Mauretanien einen Putschversuch. Der Präsident

von São Tomé und Príncipe Fradique de Menezes kannbereits acht Tage nach dem versuchten Machtwechselvom 16.7. die Amtsgeschäfte wieder aufnehmen. Ge-neral Verissimo Correia Seabra beendet die Herrschaftvon Präsident Kumba Yala in Guinea Bissau durch ei-nen unblutigen Militärputsch am 14.9. In Bolivienflieht am 17.10. Präsident Gonzalo Sanchez de Lozadain die USA. In Georgien kann sich Präsident EduardSche-wardnadse seit dem 24.11. nicht mehr an derMacht halten.

Dynamiken innerhalb einzelnerKonflikte

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Gesamtzahl derKonflikte auf den jeweiligen Intensitätsstufen nur ge-ringfügig verändert; dies spiegelt jedoch nicht die Ent-wicklung einzelner Konflikte innerhalb des Jahres wi-der. Insgesamt sind 31 Konflikte eskaliert, davon fünfum zwei Stufen und 26 um eine. Von den sechs Kon-flikten, die dieses Jahr neu als ernste Krise oder Krieg

geführt werden, galten im Vorjahr bereits vier als Kri-se, d.h. es hat lediglich eine Intensivierung der Gewaltstattgefunden. Damit ist die Intensität Krise die amhäufigsten beobachtete Vorstufe zum überwiegend ge-waltsamen Konfliktaustrag. Von den insgesamt 32Konflikten, die deeskalieren, werden 15 in diesem Jahranders als im Vorjahr ohne Gewalt ausgetragen. He-rausragend ist die Entwicklung in Angola (Regierung

Konfliktbarometer 2003 – Globales Konfliktpanorama6

Konflikte hoher Intensität nach Regionen 2003 - 2002

1

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5

12

6

1

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16

5

0

2

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6

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16

18

Europa hohe Intensität Asien hohe Intensität Amerika hoheIntensität

Afrika hohe Intensität VMO hohe Intensität

An

zah

l

20032002

Veränderung der Intensität AnzahlEskalation um vier Stufen 0

Eskalation um drei Stufen 0

Eskalation um zwei Stufen 5

Eskalation um eine Stufe 26

Keine Veränderung 155

Deeskalation um eine Stufe 25

Deeskalation um zwei Stufen 4

Deeskalation um drei Stufen 1

Deeskalation um vier Stufen 1

Anzahl der Putsche und Putschversuche pro Jahr 1945 - 2003

0

5

10

15

20

25

30

1945

1951

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1975

1979

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1987

1991

1995

1999

2003

Häufigkeit der Konfliktgegenstände nach Gewalteinsatzglobal 2003

13

242719

47

1811

262

1259

4

16

3

5

4

109

7

2

15

6

8

0

10

20

30

40

50

60

Terr

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hohe Intensitätmittlere Intensitätniedrige Intensität

Page 7: HEIDELBERGER INSTITUT FÜR INTERNATIONALE …theopenunderground.de/@pdf/war/Konfliktbarometer_2003.pdf · Konflikt schen mindestens zwei Parteien (organisierte Gruppen, Staaten, Staatengruppen,

vs. Unita), da hier der Krieg nach dem Tode von JonasSavimbi beendet ist und der Konflikt als latenter Kon-flikt weitergeführt wird.

Maßnahmender Konfliktbearbeitung

Verhandlungen

Gespräche, Verhandlungen und Konferenzen werdenin diesem Jahr in insgesamt 68 der 218 laufenden Kon-flikte geführt. Am häufigsten reden die Konfliktpartei-en in Konflikten der Intensität manifester Konflikt mit-einander. Aber auch in 21 der insgesamt 37 hoch ge-waltsamen Konflikte trafen Vertreter der Kriegspar-

teien zu Gesprächen zusammen. Am häufigsten wur-den bei Sezessionskonflikten (19) Gespräche aufge-nommen, bei Territorialkonflikten kam es dazu in 14Fällen.

Verträge

Insgesamt werden 34 Verträge oder Abkommen zurRegelung des Konfliktaustrags abgeschlossen; davon24 in gewaltsamen Konflikten. Darunter sind zwölfWaffenstillstandsvereinbarungen (Kongo [Bürger-krieg], zweimal Elfenbeinküste, Somalia [Bürger-krieg], Sudan [Darfur-SLA], dreimal Sudan, zweimalNepal [Maoisten] und zweimal Burundi [Hutu]) undsieben Friedensabkommen (zweimal Kongo [Bürger-krieg], Kongo [Hema - Lendu], Kongo-Brazzaville,Elfenbeinküste, Liberia, Somalia [Puntland]). Zusam-mengenommen werden jedoch nur vier (Burundi,Kongo-Brazzaville, Somalia [Puntland], Sudan) biszum Ende des Berichtszeitraums nicht gebrochen. Beiden restlichen Abkommen handelt es sich meist umAbkommen, die das weitere Verfahren regeln oder eineTeillösung herbeiführen.

Internationale Organisationen

Ende 2003 unterhält die UNO 13 Peacekeeping-Mis-sionen. Im Berichtszeitraum werden drei Missionenbeendet (UNMOP in Kroatien, UNMIBH in Bosnien-

Herzegowina, UNIKOM in Irak und Kuwait). Eineneue Mission nimmt am 19.9. ihre Tätigkeit in Liberiaauf. Dies ist Ausdruck des gestiegenen Engagementsder UNO in Afrika, wo zum ersten Mal vier Missionengleichzeitig aktiv sind (MONUC in der DR Kongo,UNAMSIL in Sierra Leone, UNMIL in Liberia, UN-MEE in Äthiopien und Eritrea). Ebenfalls vier Missio-nen sind im Vorderen und Mittleren Orient im Einsatz(MINURSO in der Westsahara, UNDOF in Israel undSyrien, UNTSO in Israel, UNIFIL im Libanon). Nurnoch drei Missionen gibt es in Europa (UNOMIG inGeorgien [Abchasien], UNMIK in Jugoslawien [Koso-vo], UNFICYP in Zypern), in Asien sind es weiterhinzwei (UNMISET in Ost-Timor, UNMOGIP in Indienund Pakistan). Es ist zu beobachten, dass die UNO ihreBlauhelme mit robusteren Mandaten ausstattet undsich verstärkt in gewaltsame Konflikte einschaltet. Mitden Missionen in Israel, in der DR Kongo, in Liberiaund in Indien (Kaschmir) werden in vier Fällen UNO-Soldaten in Konflikten mit hoher Intensität eingesetzt;außerdem sind sie in fünf Konflikten mittlerer Intensi-tät aktiv. Insgesamt sind im Oktober 2003 rund 43.000Soldaten und Polizisten aus 92 Ländern bei Peacekee-ping-Missionen im Einsatz. Die größten Kontingentestellen Pakistan (5.250 Mann), Bangladesch (4.000Mann) und Nigeria (3.300 Mann). Aus Deutschlandsind 355 Personen bei drei Missionen im Einsatz. ImLaufe des Jahres sterben 39 Blauhelmsoldaten und -polizisten; insgesamt sind im Dienste der UNO seit1948 über 1.800 Personen getötet worden. Die für dieUNO gefährlichsten Missionen sind UNIFIL (247 Toteseit 1978), UNFICYP (170 Tote seit 1964) undUNAMSIL (113 Tote seit 1999).Die UNO hält im September 2003 Sanktionen gegensechs Staaten aufrecht. Die Maßnahmen gegen Afgha-nistan und den Irak sind dabei zum Teil ausgesetzt oderaufgehoben. Die Sanktionen gegen Liberia, Ruanda,Sierra Leone und Somalia bleiben unverändert beste-hen.Neben der UNO unterhalten auch andere internatio-nale Organisationen Friedensmissionen, so etwa dieWirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten(ECOWAS) in Liberia und die Nordatlantikpaktorga-nisation (NATO) auf dem Balkan und in Afghanistan.Auch die Wirtschaftsgemeinschaft Zentralafrikani-scher Staaten (CEMAC) unterhält weiter ihre ersteMission in Zentralafrika. Die großen Regionalorgani-sationen Europäische Union (EU), Afrikanische Un-ion (AU) und Organisation Amerikanischer Staaten(OAS) beteiligen sich ebenfalls an der Friedenssiche-rung mit Missionen beispielsweise in Makedonien undder DR Kongo (EU), Burundi (AU) und Haiti (OAS).Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeitin Europa (OSZE) unterhält 2003 insgesamt siebenLangzeitmissionen in Skopje, Georgien, Moldawien,Bosnien-Herzegowina, Kroatien, dem Kosovo und inSerbien und Montenegro. Weiter ist die OSZE mitFeldaktivitäten in Usbekistan, Albanien, Weißrussland,Kasachstan, Kirgistan, Turkmenistan, der Ukraine, Ar-menien, Aserbaidschan und Tadschikistan vertreten.

Konfliktbarometer 2003 – Globales Konfliktpanorama 7

Verhandlungen 2003 nach Konfliktintensitäten

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23

16

1011

0

5

10

15

20

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latenter Konflikt manifester Konflikt Krise ernste Krise Krieg

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Das Mandat der Assistenzgruppe für Tschetschenienwurde über den 31.12.02 hinaus nicht mehr verlängert.

Autoritative Entscheidungen durchden IGH

Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag fälltim Berichtszeitraum zwei Urteile. Eines beendet denTerritorialkonflikt zwischen Indonesien und Malaysiazugunsten Malaysias. Eine Entscheidung wird außer-

dem im Streit zwischen dem Iran und den USA um dieBesetzung von iranischen Ölplattformen durch dieUSA 1987 und 1988 gegen die USA gefällt. Die USAund Großbritannien ziehen ihre Klagen gegen Libyenwegen des Lockerbie-Anschlages zurück. Drei neueFälle werden vor den IGH gebracht: Malaysia undSingapur legen ihren Territorialkonflikt vor, außerdemstreiten sich Mexiko und die USA beziehungsweise dieDR Kongo und Frankreich um bestimmte Rechte ihrerStaatsbürger.

Konfliktbarometer 2003 – Globales Konfliktpanorama8

Übersicht: Laufende Peacekeeping-Missionen der UNOMissionskürzel Name der Mission (Englisch) Beginn LandMINURSO UN Mission for the Referendum in Western Sahara 1991 WestsaharaMONUC UN Mission in the Democratic Republic of the Congo 1999 DR KongoUNAMSIL UN Mission in Sierra Leone 1999 Sierra LeoneUNDOF UN Disengagement Observer Force Golan Heights 1974 Syrien - IsraelUNFICYP UN Force in Cyprus 1964 ZypernUNIFIL UN Interim Force in Lebanon 1978 LibanonUNIKOM UN Iraq-Kuwait Observer Mission 1991-2003 Irak - KuwaitUNMEE UN Mission in Ethiopia and Eritrea 2000 Äthiopien - EritreaUNMIBH UN Mission in Bosnia and Herzegovina 1995-2002 Bosnien-HerzegowinaUNMIK UN Interim Administration Mission in Kosovo 1999 Jugoslawien (Kosovo)UNMIL UN Mission in Liberia 2003 LiberiaUNMISET UN Mission of Support in East Timor* 2002 Ost-TimorUNMOGIP UN Military Observer Group India and Pakistan 1949 Indien - PakistanUNMOP UN Mission of Observers in Prevlaka 1996-2002 KroatienUNOMIG UN Observer Mission to Georgia 1993 GeorgienUNTSO UN Truce Supervisory Organization Middle East 1948 Naher Osten* Nachfolgerin der UN Transitional Administration in East Timor (UNTAET), Beginn 1999

Methodische Veränderung imKonfliktbarometer

Methodischer Ansatz

Das Heidelberger Institut für Internationale Konflikt-forschung (HIIK) legt seiner Forschung eine qualitati-ve Konflikt- bzw. Kriegsdefinition zugrunde. Kriegund weniger intensive Gewaltformen werden anhandder tatsächlich beobachtbaren Gewalt klassifiziert, undnicht aufgrund der Anzahl von Todesopfern. DiesesVorgehen stellt sicher, dass auch über den historischenWandel des Konfliktaustrags hinweg das jeweiligeKonfliktgeschehen erfasst und vergleichbar bleibt. Fürdie Einstufung der beobachteten Konflikte in die je-weilige Intensität ist die Art, Dauer und Häufigkeit dereingesetzten Maßnahmen im Konfliktaustrag entschei-dend. Diese werden in der Datenbank KOSIMO er-fasst, codiert und dem jeweiligen Akteur zugeordnet.In den vergangenen Jahren hat sich der Blickwinkelauf das internationale Konfliktgeschehen stark verän-dert. Galten jahrelang die zwischenstaatlichen Kriegeals wichtigstes Objekt der Konfliktforschung, sorücken nun die wesentlich zahlreicheren innerstaat-lichen Konflikte in den Vordergrund. Um damit zu-

sammenhängende neue Forschungsfragen fundiert be-antworten zu können, haben wir unseren methodischenAnsatz erweitert.

Erweiterung der Konfliktdefinition

Da eine Vielzahl von Konflikten in schwachen oderbereits zusammengebrochenen Staaten zu beobachtenist, die nicht in der Lage sind, mit eigenen Truppen inden Konflikt einzugreifen, hat das HIIK erstmals seit1991 die Konfliktdefinition erweitert. Erfasst werdenpolitische Konflikte ab sofort auch dann, wenn dieStaatsmacht nicht als Konfliktpartei beteiligt ist. Ent-scheidend bleibt der nationale Wert der Konfliktgegen-stände.

Erweiterung der Intensitätenskala

Um die Besonderheiten des Gewaltaustrags und dieEskalations- und Deeskalationsdynamiken von inner-staatlichen Konflikten genauer abbilden zu können, hatdas HIIK die Anzahl der Intensitätsstufen erweitert: ab

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Konfliktbarometer 2003 – Methodik

sofort geben anstatt vier nun fünf Stufen die Intensitätdes Konfliktes an. Um den Übergang vom gewaltlosenzum gewaltsamen Austrag besser unterscheiden zukönnen, wurde eine Zwischenstufe eingerichtet, in dervereinzelte oder zeitlich begrenzte Gewaltakte wie beiAusschreitungen, Putschen oder Terroranschlägen er-fasst werden. Die folgende Tabelle zeigt das Spektrumder erweiterten Intensitätenskala, nennt beispielhaftEreignisse, die dem jeweiligen Niveau zugeordnetwerden und vergleicht diese mit der bisherigen Eintei-lung.

Erweiterung der Konfliktgegenstände

Auch im Bereich der Konfliktgegenstände wurde eineModifikation vorgenommen. Anstatt bisher maximaldrei kann nun eine unbeschränkte Anzahl beobachtba-rer Konfliktgegenstände angegeben werden. Die bishe-rigen Konfliktgegenstände Territorium, Dekolonisa-tion/Sezession, Autonomie, Ideologie/System, Natio-nale Macht, Internationale Macht und Ressourcen ha-ben wir ausdifferenziert, so dass beispielsweise unterder Kategorie Ressourcen genau unterschieden wird,welche Art von Ressource (Öl, Diamanten, Wasserusw.) umstritten ist. Der Konfliktgegenstand Regiona-le Vorherrschaft wurde neu aufgenommen. Er bezeich-net Konflikte, in denen eine innerstaatliche Gruppie-rung ein Gebiet unter seine Kontrolle zu bringen ver-sucht, ohne dass hierbei das Ziel der Machtausübungüber den Gesamtstaat (Nationale Macht) oder das eines

eigenen Staatsaufbaus (Sezession) formuliert oder ver-folgt wird.

Entwicklung von KOSIMO 2.0

Um die Anzahl der beschreibenden Variablen zu ver-größern, die Konfliktverläufe exakter abzubilden undnicht zuletzt um die Auswertungsmöglichkeiten zuverbessern, wurde KOSIMO auf ein relationales Da-tenbanksystem umgestellt. Dies erlaubt uns, künftigeine unbegrenzte Menge an Daten zu Konflikten undbeteiligten Akteuren zu erfassen. Ergänzungen und Er-weiterungen können jederzeit hinzugefügt werden.Durch die Verknüpfung von beispielsweise Konflikt-verlaufs- und Staatsstrukturdaten können umfangrei-che Analysen durchgeführt werden, die neue Einblickein Bestimmungsfaktoren für Konfliktdynamiken erlau-ben.

KOSIMO 1.3 KOSIMO 2.0

nicht-gewaltsam

Intensitätsstufe Intensitäts-bezeichnung Schlüsselereignisse Intensitäts-

bezeichnungSchlüsselereignissezwischenstaatlich

Schlüsselereignisseinnerstaatlich

1 Latenter Konflikt

Positionsdifferenzen,Erhebung vonForderungen um nationaleWerte, die von derGegenseite zurückgewie-sen werden

Latenter Konflikt

Positionsdifferenzen;Erhebung vonForderungen um nationa-le Werte, die von derGegenseite zurückgewie-sen werden

Positionsdifferenzen,Erhebung vonForderungen um natio-nale Werte, die von derGegenseite zurückge-wiesen werden

2 Krise Forderungen, verbundenmit Drohungen

ManifesterKonflikt

Forderungen verbundenmit Drohungen

Forderungen verbundenmit Drohungen

gewaltsam

3 Ernste Krise

Gewalt wird sporadischeingesetzt, beispielsweisebeiGrenzzusammenstössen

Krise Grenzscharmützel, kurz-zeitige gewaltsameZusammenstöße

Aufstände, Rebellionen,Putsche, einzelneTerroranschläge

4 KriegSystematischer Einsatzvon Gewalt über einenlängeren Zeitraum hinweg

Ernste KriseRegelmäßige, organisier-te gewaltsameZusammenstöße

Regelmäßige gewaltsa-me Zusammenstößeder Konfliktparteienjedoch mit deutlichenKampfpausen,Guerillakrieg, zahlreicheund fortgesetzteTerroranschläge

5 - - Krieg

Systematischer Einsatzvon Gewalt innerhalbeines geschlossenenZeitraums

Bürgerkrieg, Einsatzaller verfügbaren Mittel,Bildung vonKriegsökonomien

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Bosnien-Herzegowina (RS - BKF)Intensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1991Konfliktparteien: Serben (SDS) vs. Kroaten (HDZ) vs.

Muslime (SDA), Republika Srpska (RS) vs.Bosniakisch-Kroatische Föderation (BKF)

Konfliktgegenstand: Autonomie, Sonstige (Minderheiten)Die Konflikte zwischen Serben, Kroaten und Bosnia-ken (Muslime) sowie zwischen den Entitäten in Bos-nien-Herzegowina bestehen fort. Die Bemühungen desHohen Repräsentanten der Internationalen Gemein-schaft (OHR) Paddy Ashdown konzentrieren sich auchin diesem Jahr auf die Stärkung der BundesorganeBosnien-Herzegowinas, in denen sowohl die Bosnia-kisch-Kroatische Föderation als auch die RepublikaSrpska (RS) vertreten sind. Nach Bekanntwerden ille-galer Waffenexporte und Spionageaktivitäten der RSim März beschneidet der Hohe Repräsentant am 2.4.die Befugnisse der bosnisch-serbischen Streitkräfte.Am 1.10. erlässt Ashdown mehrere Anweisungen, diedie Gesetzgebung in den beiden Entitäten harmonisie-ren sollen. Nur unter massivem Druck von EU undNATO einigt sich das bosnische Staatspräsidium am11.10. auf den Entwurf zu einer Streitkräftereform, diedie Armeen der Föderation und der RS unter einen ge-meinsamen Oberbefehl stellen soll. Auch nach denVerfassungsänderungen des letzten Jahres wird dieFunktionsfähigkeit der staatlichen Organe Bosnien-Herzegowinas durch die von allen drei Volksgruppenpraktizierte Blockadepolitik massiv eingeschränkt.

sl

Frankreich (Korsika)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1975Konfliktparteien: Korsische Nationalisten, Nationalfront für

die Befreiung Korsikas (FLNC) vs.Regierung

Konfliktgegenstand: Sezession

Die Dezentralisierungspolitik der französischen Re-

gierung, die auf einen Sonderstatus der Mittelmeer-insel Korsika abzielt, scheitert knapp am Willen derkorsischen Bevölkerung. In einem Referendum am6.7. stimmen 50,98 % gegen die geplante Zusammen-legung der beiden Inseldepartements und mehrVerwaltungsautonomie. Im Zuge der Festnahme desmutmaßlichen Mörders des ehemaligen korsischenPräfekten Claude Erignac verschärft sich die Sicher-heitslage auf Korsika erneut. Nach der Verurteilungacht Verdächtiger zu langen Haftstrafen verlässt diePartei Corsica Nazione am 11.7. aus Protest das regio-nale Parlament. Gleichzeitig hebt die Nationalfront fürdie Befreiung Korsikas (FNLC) ihren Waffenstillstandauf und bekennt sich zu zahlreichen Anschlägen derletzten Monate. Seit Jahresbeginn ereignen sich mehrals 200 Vorfälle; es gibt keine Todesopfer. ah

Georgien (Abchasien)Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 1989Konfliktparteien: Regierung vs. abchasische OppositionelleKonfliktgegenstand: Ethnische und regionale Autonomie

Die autonome Republik Abchasien strebt nach wie vordie Abspaltung von Georgien und den Anschluss anRussland an. Der Waffenstillstand wird seit 1994 voneiner UNO-Mission (UNOMIG) und GUS-Friedens-truppen überwacht. Trotzdem kommt es am 27.12.02zu Zusammenstößen zwischen georgischen Zivilistenund abchasischen Sicherheitskräften, bei denen 30Georgier festgenommen werden. Im Januar werden beiZusammenstößen mit den russischen Friedenstruppenmindestens zwei abchasische Zivilisten getötet undmehrere Personen verwundet. Am 10.3. bietet Ge-orgien Abchasien die Bildung einer gemeinsamenFöderation an. Diesen Vorschlag lehnt der abchasischePremierminister Raul Khadjimba strikt ab. Am 30.3.verüben abchasische Aufständische einen Sprengstoff-anschlag auf die Energieversorgung in Tiflis und an-

Konfliktbarometer 2003 – Europa1 0

EuropaDie Gesamtzahl der beobachteten Konflikte in Europa bleibt mit 38 Konflikten gleich. Zwei Konflikte sind neu hin-zugekommen: der Putsch gegen den georgischen Präsidenten Eduard Schewardnadse und die Auseinandersetzungzwischen Russland und der Ukraine um die Schwarzmeerinsel Tuzla. Der Konflikt um die Autonomie der nordser-bischen Provinz Woiwodina wird mit der Verabschiedung einer neuen serbischen Verfassung in diesem Jahr beige-legt. Die Zahl der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Europa erhöht sich im Vergleich zum Vorjahr geringfügigauf acht. Die einzige ernste Krise wird in Russland (Tschetschenien) ausgetragen. Auch in diesem Jahr ist derNordkaukasus die konfliktträchtigste Region. Die häufigsten Konfliktgegenstände in Europa sind wieder Autonomie,Sezession und Territorium.

Häufigkeit der Konfliktgegenstände nach GewalteinsatzEuropa 2003

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hohe Intensitätmittlere Intensitätniedrige Intensität

Konfliktintensitäten Europa 2003 - 2002

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latenter Konflikt manifester Konflikt Krise ernste Krise Krieg

An

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2003

2002

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Konfliktbarometer 2003 – Europa 1 1

Übersicht: Konflikte in Europa 2003

Konfliktname1 Direkt Beteiligte2 Konfliktgegenstand Beginn Änd.3 Int.4Armenien - Aserbaidschan * Armenien vs. Aserbaidschan Territorium, Autonomie 1985 ! 1

Bosnien-Herzegowina (RS -BKF)

Serben (SDS) vs. Kroaten (HDZ) vs. Muslime(SDA), Republika Srpska (RS) vs. Bosniakisch-Kroatische Föderation (BKF)

Ethnische Autonomie, Sonstige (ethni-sche Minderheiten) 1991 ! 2

Frankreich (Korsika) Korsische Nationalisten, korsischeTerrororganisation (FLNC) vs. Regierung Sezession 1975 ! 3

Georgien (Abchasien) Regierung vs. abchasische Oppositionelle Ethnische und regionale Autonomie 1989 " 3Georgien (Adscharien) * Adscharische Minderheit vs. Regierung Autonomie 1989 ! 1Georgien (Putsch) Georgische Zentralregierung vs. Opposition Nationale Macht 2003 NEU 2

Georgien (Südossetien) * Südossetische Minderheit vs. GeorgischeMinderheit Sezession 1989 # 1

Großbritannien - Spanien(Gibraltar) * Großbritannien vs. Spanien Territorium (Gibraltar) 1954 ! 2

Großbritannien (Nordirland)

GB, Unionistische Parteien vs. nationalistischeParteien, IRA vs. extremistische loyalistischeParamilitärs und jeweiliger politischer Arm vs. extre-mistische republikanische Paramilitärs und jeweili-ger politischer Arm

Sezession 1968 ! 3

Island - Norwegen(Fischereirechte) * Island vs. Norwegen Ressourcen 1993 ! 1

"Kaspisches Meer" *Armenien vs. Aserbaidschan vs. Georgien vs. Iranvs. Kasachstan vs. Russland vs. Türkei vs.Turkmenistan

Wassergrenze, Ressourcen (Erdöl,Erdgas), Internationale Macht 1993 ! 2

Lettland - Russland Lettland vs. Russland Internationale Macht 1994 " 2Lettland (russischsprachigeMinderheit) Lettland vs. russischsprachige Minderheit Autonomie 1991 ! 2

Liechtenstein - Tschechien,Slowakei * Liechtenstein vs. Tschechien, Slowakei Territorium 1990 ! 1

Makedonien (AlbanischeNationalarmee) Regierung vs. ANA Sezession 2001 " 3

Makedonien (AlbanischeMinderheit) Regierung vs. Albanische Minderheit Autonomie 1991 ! 2

Moldau (Transnistrien) Transnistrische Separatisten vs. Regierung Sezession 1991 ! 2

Rumänien - Ukraine Rumänien vs. UkraineSeegrenze (Schwarzes Meer,Schlangeninsel, Kontinentalsockel),Ressourcen (Erdöl, Erdgas)

1991 ! ENDE 1

Rumänien (UngarischeMinderheit) * ungarische Minderheit vs. Regierung Autonomie 1989 ! 1

Russland - Georgien Russland vs. Georgien Internationale Macht 2001 ! 3Russland - Norwegen(Barentssee) * Russland vs. Norwegen Territorium 1947 ! 1

Russland - Ukraine Russland vs. Ukraine Territorium (Insel Tuzla) 2003 NEU 2Russland - Weißrussland * Russland vs. Weißrussland Territorium 2001 ! 1Russland (Tschetschenien) Tschetschenische Rebellen vs. Regierung Sezession 1991 # 4Serbien und Montenegro(Kosovo)

Zentralregierung vs. Parteien der Albaner (DPK,LDK) Sezession 1989 ! 3

Serbien und Montenegro(Montenegro)

Montenegrinische Regionalregierung vs.Zentralregierung Sezession 1997 ! 1

Serbien und Montenegro(UCPMB) * UCPMB vs. Serbien und Montenegro Sezession, Autonomie 2000 ! 1

Serbien und Montenegro(Woiwodina)

Provinzregierung der Woiwodina vs. serbischeZentralregierung Autonomie 1989 ! ENDE 1

Slowakei (ungarischeMinderheit) * Ungarische Minderheit vs. Regierung Autonomie 1993 ! 1

Slowenien - Kroatien Slowenien vs. Kroatien Territorium (Grenze) 1991 ! 2Spanien - Marokko (Ceutaund Melilla)

Spanien vs. Marokko Territorium (Ceuta und Melilla),Ressourcen (Fischfang) 1961 ! 1

Spanien - Marokko(Petersilieninsel) * Spanien vs. Marokko Territorium (Petersilieninsel) 2002 # 1

Spanien (Baskenland) ETA vs. Regierung Sezession 1960 ! 3Türkei - Griechenland Türkei vs. Griechenland Territorium (Seegrenze) 1960 ! 2Ungarn - Rumänien(Minderheit) * Ungarn vs. Rumänien Autonomie (ungarische Minderheit in

Rumänien) 1990 # 1

Ungarn - Slowakei(Minderheit) * Ungarn vs. Slowakei Autonomie (ungarische Minderheit in

der Slowakei) 1993 # 1

Ungarn - Slowakei(Ressourcen) * Ungarn vs. Slowakei Ressourcen 1989 ! 1

Zypern Nordzypern vs. Republik Zypern Sezession 1963 ! 2

1) mit * gekennzeichnete Konflikte sind nicht mit einem eigenen Text im Regionalteil erwähnt2) aufgeführt werden nur die im Berichtszeitraum direkt beteiligten Parteien3) Veränderungen zum Vorjahr: " bzw. % Eskalation um eine bzw. mehr als eine Intensitätsstufe; # bzw- & Deeskalation um eine bzw. mehrals eine Intensitätsstufe; ! keine Veränderung4) Intensitätsstufen: 5: Krieg; 4: ernste Krise; 3: Krise; 2: manifester Konflikt; 1: latenter Konflikt

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grenzenden Provinzen. Nach Verhandlungen kommendrei UNO-Beobachter frei, die Anfang Juni in Abcha-sien als Geiseln genommen worden sind. ik

Georgien (Putsch)Intensität: 2 Veränderung: NEU Beginn: 2003 Konfliktparteien: Georgische Zentralregierung vs. OppositionKonfliktgegenstand: Nationale Macht

OSZE-Wahlbeobachter stellen fest, dass es bei dengeorgischen Parlamentswahlen am 2.11. zu starkenUnregelmäßigkeiten gekommen ist. Die Oppositionspricht von Betrugsfällen zu Gunsten der Parteien, dieStaatschef Eduard Schewardnadse unterstützen. Am3.11. veröffentlicht die Wahlkommission das vorläufi-ge Wahlergebnis, das auf einen Sieg dieser Parteienhindeutet. Daraufhin ruft die Opposition zum Protestauf und fordert den Rücktritt Schewardnadses. Als einTreffen zwischen dem Präsidenten und der Oppositionam 9.11. ergebnislos endet und die Wahlkommissionam 20.11. das Ergebnis für gültig erklärt, organisierendie Oppositionsführer einen Marsch auf Tiflis. Da diegeorgischen Sicherheitskräfte nicht einschreiten,kommt es zu keinen gewaltsamen Ausschreitungen.Nachdem auch der Chef des georgischen Sicherheits-rats Tedo Japaridse von Wahlbetrug spricht, überschla-gen sich am 22.11 die Ereignisse. Während Scheward-nadse die Eröffnungsrede vor dem neugewählten Par-lament hält, stürmen die Demonstranten das Gebäudeund besetzen es. Der Präsident flieht mit seinen Leib-wächtern und ruft den Ausnahmezustand aus. In die-sem Machtvakuum erklärt sich die Parlamentsspreche-rin Nino Burdschanadse bis zu vorgezogenen Neuwah-len in 45 Tagen zur Präsidentin. Der russische Außenmi-nister Igor Iwanow trifft in Tiflis ein, um zwischenSchewardnadse, der immer noch seinen Rücktritt ab-lehnt, und der Opposition zu vermitteln. Als große Teileder Armee zu den Demonstranten überlaufen, erklärtSchewardnadse am 23.11. seinen Rücktritt. ik

Großbritannien (Nordirland)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1968Konfliktparteien: GB, Unionistische Parteien (UUP vs. DUP)

vs. nationalistische Parteien (SDLP vs. SinnFein), IRA vs. extremistische loyalistischeParamilitärs (UVF, UDA/UFF, LVF, RedHand Defenders, Orange Volunteers) undjeweiliger politischer Arm vs. extremistischerepublikanische Paramilitärs (ContinuityIRA, INLA, Provisonal IRA, Real IRA) undjeweiliger politischer Arm

Konfliktgegenstand: Sezession

Der durch die Aufhebung der Teilautonomie insStocken geratene Friedensprozess in Nordirland istnach wie vor gefährdet. Im Januar brechen einige loya-listische Splittergruppen den Kontakt zur internationa-len Entwaffnungskommission ab. Die protestantischenparamilitärischen Gruppen setzen ihre Fehde unterein-ander mit mehreren Morden fort, bis die An-hänger desehemaligen Anführers der Ulster Vertei-digungsverei-nigung (UDA) Johnny Adair unter dem Druck ihrerGegner am 6.2. nach Schottland fliehen. Obwohl sichim März auch US-Präsident George W. Bush für einEnde der paramilitärischen Gewalt stark macht, ver-schiebt der britische Premierminister Tony Blair am1.5. die für den 29. desselben Monats geplantenWahlen zum nordirischen Regionalparlament. Grund

dafür ist die anhaltende Unklarheit über die Haltungder IRA zur Gewaltfrage. Im Sommer gelingt es demParteichef der gemäßigten Ulster Unionisten-partei(UUP) David Trimble nur mit Mühe, eine Kurs-ände-rung seiner Partei hinsichtlich des Karfreitags-abkom-mens zu verhindern. Vor dem Hintergrund der ver-gleichsweise friedlichen Sommermonate unternehmendie wichtigen Parteien im September erste Son-die-rungsgespräche mit dem Ziel der Wiederherstellungder Teilautonomie. Ende Oktober vernichtet die IRAnach Aussage der internationalen Entwaffnungskom-mission im dritten und bisher umfassendsten Schrittweitere Teile ihres Arsenals. Trotz dieses Vorgangsbleiben die protestantischen Parteien skeptisch undfordern mehr Transparenz von Seiten der Irischen Re-publikanischen Armee (IRA) bei der Entwaffnung. Dieradikale republikanisch-irische Partei Sinn Féin zeigtsich enttäuscht über diese ablehnende Haltung. Ob-wohl dem Friedensprozess durch diesen Disput erneutder Stillstand droht, setzt die Regierung in London Re-gionalwahlen für den 26.11. an. Der Wahlkampf unddie Wahlen zur Regionalversammlung werden von An-feindungen zwischen den Parteien und vereinzeltenAnschlägen gegen öffentliche Einrichtungen über-schattet. Trotz des erfolgreichen Verlaufs der Abstim-mung ist eine sofortige Wiedereinsetzung der Allpar-teienregierung noch unsicher. Die Demokratische Un-ionistenpartei (DUP) gewinnt die meisten Sitze undlöst damit die UUP als stärkste Kraft ab. Auch aufkatholischer Seite gehen die radikalen Kräfte gestärktaus der Wahl hervor. Hier setzt sich die Sinn Féindurch. mt

Lettland - RusslandIntensität: 2 Veränderung: " Beginn: 1994 Konfliktparteien: Lettland vs. RusslandKonfliktgegenstand: Internationale Macht Der Interessenkonflikt zwischen Lettland und Russ-land in der Frage der Rechte der russischsprachigenMinderheit in Lettland verschärft sich. Russland be-hindert den Einbürgerungsprozess der oftmals Staaten-losen, indem es diesen in Lettland lebenden "Nicht-bürgern" den Erhalt russischer Visa erleichtert. Nachder erfolgreichen Volksabstimmung in Lettland zumEU-Beitritt legt Russland bei der EU Beschwerde ein,weil große Teile der russischsprachigen Minderheitnicht wahlberechtigt sind. Am 14.10. verabschiedet dieDuma eine Resolution, in welcher Lettland Menschen-rechtsverletzungen und die Diskriminierung der ethni-schen Minderheiten vorgeworfen werden. kw

Lettland (Russischsprachige Minderheit)Intensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1991Konfliktparteien: Lettland vs. russischsprachige MinderheitKonfliktgegenstand: Autonomie

Der seit der Unabhängigkeit Lettlands bestehendeKonflikt zwischen der lettischen Regierung und derrussischsprachigen Minderheit um kulturelle Autono-mie erreicht in diesem Jahr einen neuen Höhepunkt.Ab September 2004 soll in Lettland ein Gesetz in Krafttreten, das Lettisch zur allgemeinen Unterrichtssprachean allen staatlichen Schulen macht. Die in Lettlandlebenden Russen, Weißrussen und Ukrainer, ca. 35%der Bevölkerung, protestieren in zahlreichen Demon-strationen für die Beibehaltung der russischsprachigen

Konfliktbarometer 2003 – Europa1 2

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Schulen. Die größte Demonstration findet am 23.5. inRiga statt, einen Tag vor dem dort stattfindendenGrand Prix d'Eurovision. kw

Makedonien (Albanische Nationalarmee)Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 2001Konfliktparteien: Regierung vs. ANAKonfliktgegenstand: SezessionIm Konflikt zwischen der makedonischen Regierungund der Albanischen Nationalarmee (ANA) lehnt letz-tere das von der UNO im Jahr 2001 zwischen der ma-kedonischen Regierung und der albanischen Minder-heit vermittelte Abkommen von Ohrid ab. Diesesräumt der albanischen Minderheit weitgehende Auto-nomierechte ein. Die ANA allerdings fordert die Ver-einigung aller albanisch-besiedelten Gebiete in Süd-serbien, dem Kosovo, Makedonien und Nordgrie-chenland. Im Berichtzeitraum verübt die ANA mehre-re Anschläge, die sich vornehmlich gegen Gebäudeund Regierungseinrichtungen richten. Anfang Sep-tember signalisiert sie der Regierung jedoch Ge-sprächsbereitschaft. Sie knüpft die Aufnahme von Ver-handlungen an die Bedingungen, dass sämtliche inhaf-tierten ANA-Mitglieder frei gelassen werden, der ANAAmnestie gewährt wird und die Regierungstruppensich aus den albanisch-besiedelten Gebieten an derGrenze zum Kosovo zurückziehen. Die Regierunglehnt dies ab. Anfang Oktober stellt Makedonien eineaus 1.000 Soldaten bestehende Sondereinheit zur Ter-rorismusbekämpfung auf. fw

Makedonien (Albanische Minderheit)Intensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1991Konfliktparteien: Regierung vs. Albanische Minderheit Konfliktgegenstand: Autonomie

Im manifesten Autonomiekonflikt zwischen der make-donischen Regierung und der albanischen Minderheitlöst die im November letzten Jahres gewählte Regie-rung Ende Januar die Sonderpolizei des Innenministe-riums auf. Am 1.3. ersetzt die EU-Mission Concordia,bestehend aus 450 leicht bewaffneten Soldaten, dieNATO-Operation Allied Harmony. Die 200 Mann star-ke EU-Polizeimission Proxima löst am 1.12. Concor-dia ab. Im März implementiert die Regierung perGesetz einen substantiellen Teil des Ohrid-Abkom-mens, das auf die Erfüllung der Forderungen der alba-nischen Minderheit zielt. Am 17.7. erhält die alba-nischsprachige Universität von Tetovo offiziellen Sta-tus. fw

Moldau (Transnistrien)Intensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1991 Konfliktparteien: Transnistrische Separatisten vs. RegierungKonfliktgegenstand: Sezession

Der Konflikt zwischen der international nicht aner-kannten Transnistrischen Moldauischen Republik(PMR) und der Republik Moldau ist ungelöst. Moldaubetrachtet die PMR als Teilrepublik, die eine eigeneWährung und Streitkräfte besitzt. Transnistrien ver-weigert dem moldauischen Präsidenten WladimirWoronin und 13 weiteren moldauischen Politikern imMärz die Einreise. Im Mai nimmt die PMR nicht anden moldauischen Lokalwahlen teil. Trotz wiederhol-

ter Vereinbarungen mit der OSZE, seine Truppen abzu-ziehen, hat Russland noch immer Streitkräfte in Trans-nistrien stationiert. kw

Rumänien - UkraineIntensität: 1 Veränderung: !ENDE Beginn: 1991Konfliktparteien: Rumänien vs. RegierungKonfliktgegenstand: Seegrenze (Schwarzes Meer,

Schlangeninsel, Kontinentalsockel),Ressourcen (Erdöl, Erdgas)

Am 17.6. legen Rumänien und die Ukraine den seit1991 bestehenden Grenzstreit um die im SchwarzenMeer gelegene Schlangeninsel bei. Im Rahmen bilater-aler Gespräche unterzeichnen der ukrainische Präsi-dent Leonid Kutschma und sein rumänischer Amtskol-lege Ion Iliescu einen Vertrag, der die Zugehörigkeitder Schwarzmeerinsel zur Ukraine festschreibt. Dieukrainische Regierung sagt im Gegenzug zu, keineOffensivwaffen auf der Insel Smeinji zu stationieren.

bg

Russland - GeorgienIntensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 2001Konfliktparteien: Russland vs. GeorgienKonfliktgegenstand: Internationale Macht

Im Konflikt zwischen Russland und Georgien umRückzugsbasen tschetschenischer Rebellen auf georgi-schem Territorium werden am 6.12.02 bei einem Zwi-schenfall in der Nähe des Pankisi-Tals fünf Verdächti-ge getötet. Ende Dezember 2002 wirft Russland Ge-orgien vor, tschetschenische Rebellen dort nicht aus-reichend zu verfolgen. Der georgische Minister fürStaatliche Sicherheit Wachtang Kutateladse beschul-digt Russland dagegen, die tschetschenischen Frei-schärler mit Waffen zu beliefern. Russland protestiertam 28.3. gegen wiederholte US-amerikanische Auf-klärungsflüge entlang der russisch-georgischen Grenzeund plant ein Gesetz, das Georgien wirtschaftlich iso-lieren und im Gegenzug die abtrünnigen RepublikenAbchasien und Südossetien stärker an Russland bindensoll. Der oberste georgische Gerichtshof entscheidetam 16.5., die noch in Haft verbliebenen tschetscheni-schen Rebellen nicht an Russland auszuliefern. Diesesind im August 2002 vom georgischen Grenzschutzwegen illegalen Grenzübertritts und Waffenbesitzesfestgenommen worden. Russland erhöht daraufhin denDruck auf Georgien. Am 12.8. droht Russland einenMilitärschlag gegen tschetschenische Kämpfer auf ge-orgischem Boden an. ik

Russland - UkraineIntensität: 2 Veränderung: NEU Beginn: 2003 Konfliktparteien: Russland vs. UkraineKonfliktgegenstand: Territorium (Insel Tuzla), Ressourcen

(Erdgas, Erdöl, Fischfang)

Am 19.9. beginnt Russland mit dem Bau einesDamms, der das russische Festland mit der Insel Tuzlain der Meerenge von Kertsch verbinden soll. DieUkraine betrachtet Tuzla als eigenes Staatsgebiet undfordert Russland auf, den Bau sofort zu stoppen. Siebefürchtet, dass Russland mit diesen Ansprüchen aufTuzla auch die Seegrenze zu seinen Gunsten verschie-ben will. Die Lage spitzt sich zu, als die Ukraine ihreArmee in Alarmbereitschaft versetzt und Truppenver-bände an die Meerenge verlegt. Die USA und die

Konfliktbarometer 2003 – Europa 1 3

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NATO intervenieren im Konflikt und fordern die Par-teien auf, sich im Rahmen bilateraler Gespräche zueinigen. Nach Verhandlungen einigen sich der russi-sche Ministerpräsident Michail Kasjanow und seinukrainischer Kollege Viktor Janukowitsch am 24.10.auf die baldige Erarbeitung eines Abkommens über dieMeerenge von Kertsch. Russland kündigt die Einstel-lung der Dammarbeiten an, während die Ukraine sichbereit erklärt, ihre Grenzsoldaten abzuziehen. bg

Russland (Tschetschenien)Intensität: 4 Veränderung: # Beginn: 1991Konfliktparteien: Tschetschenische Rebellen vs. RegierungKonfliktgegenstand: Sezession

Im Tschetschenien-Konflikt bemüht sich Russland, dieBeziehungen zu der abtrünnigen Kaukasusrepublik zunormalisieren. Seit Anfang 2002 erarbeitet die vonRussland eingesetzte tschetschenische Verwaltungeine Verfassung, die Tschetschenien den Status einerpräsidialen Republik innerhalb der Russischen Fö-deration gewähren soll. Anfang März dieses Jahres be-zeichnet Russlands Präsident Wladimir Putin das fürden 23.3. angekündigte Referendum über den Verfas-sungsentwurf als Grundlage für eine politische Lösungdes Konfliktes. Die OSZE und der Europarat kritisie-ren die Bedingungen für die Abhaltung des Volksent-scheids und entsenden keine Beobachter. Am 23.3.nehmen über 70 % der Stimmberechtigten am Re-ferendum teil. Eine Mehrheit von 96 % befürwortet dieneue Verfassung sowie die Gesetze zur Durchführungvon Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Tsche-tschenische Rebellen bezeichnen das Ergebnis als Fäl-schung. Sie kündigen gewaltsamen Widerstand gegendie neue Verfassung an, die Tschetschenien als un-trennbaren Teil der Russischen Föderation beschreibt.Seit einem schweren Selbstmordanschlag auf Gebäudeder tschetschenischen Verwaltung Ende Dezember2002, bei dem 80 Menschen getötet werden, ist es biszur Mitte des Jahres 2003 zu keinen größeren An-schlägen durch tschetschenische Rebellen gekommen.Nach dem Referendum über die neue Verfassung ver-üben sie jedoch wiederholt Terroranschläge und An-griffe gegen russische Truppen. Bei den schwerstenVorfällen werden am 16.5. in Znamenskoye mindes-tens 61 Menschen getötet. Ein Attentat in Iliskhan-Yurtkostet 30 Menschen das Leben. Anfang August verü-ben tschetschenische Rebellen einen Anschlag auf dasMilitärkrankenhaus in Mozdok, bei dem 50 Menschengetötet werden. vr

Serbien und Montenegro (Kosovo)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1989Konfliktparteien: Zentralregierung vs. Parteien der Albaner

(DPK, LDK)Konfliktgegenstand: SezessionIm Konflikt Serbien und Montenegros mit der albani-schen Bevölkerungsmehrheit im Kosovo um dieSezession der Provinz fordert der serbische Minister-präsident Zoran Djindjic Anfang des Jahres eine end-gültige Klärung der Statusfrage durch die UNO. Dieselehnt die Initiative als verfrüht ab. Erstmals seit 1999führen die Konfliktparteien direkte Gespräche. DieDemokratische Partei Kosovos (DPK), die die stärksteFraktion in der kosovarischen Volksvertretung stellt,boykottiert die Verhandlungen. Die Gespräche finden

zwischen dem 13. und 15.10. unter Vermittlung derUNO in Wien statt. Die Themen umfassen die Repatri-ierung der Flüchtlinge sowie Energie- und Transport-fragen. Die Frage nach dem Status des Kosovo bleibtzunächst ausgeklammert. Die Gespräche sollen aufMinisterialebene weitergeführt werden. Im weiterenVorfeld des Treffens kommt es zu gewaltsamen Über-griffen gegen die serbische Minderheit und Anschlä-gen der Albanischen Nationalarmee (ANA). Diese for-dert einen Zusammenschluss aller albanisch besiedel-ten Gebiete in Kosovo, Mazedonien und Südserbien.

fw

Serbien und Montenegro (Montenegro)Intensität: 1 Veränderung: ! Beginn: 1991Konfliktparteien: Montenegrinische Regionalregierung vs.

ZentralregierungKonfliktgegenstand: Sezession

Im Streit um die Unabhängigkeit Montenegros be-schließen die Parlamente der beiden TeilrepublikenSerbien und Montenegro Ende Januar die Umwand-lung des jugoslawischen Bundesstaates in einen losenStaatenbund. Am 4.2. verabschiedet auch das jugosla-wische Bundesparlament die Verfassungsänderungenzur Schaffung der Union Serbien und Montenegro.Nach der neuen Verfassung haben beide Republikendas Recht, den Staatenbund nach einer dreijährigenFrist per Volksabstimmung wieder zu verlassen. An-fang September betont Montenegros Präsident MiloDjukanovic erneut, dass er diese Möglichkeit wahrzu-nehmen plant. Damit ist eine Lösung des Konfliktsverschoben. sl

Serbien und Montenegro (Woiwodina)Intensität: 1 Veränderung: !ENDE Beginn: 1989Konfliktparteien: Provinzregierung der Woiwodina vs. serbi-

sche ZentralregierungKonfliktgegenstand: Autonomie

Der Konflikt um den Status der nordserbischenProvinz Woiwodina ist beendet. Das Belgrader Par-lament verabschiedet im Januar 2002 das "Omnibus-Gesetz", das die weitgehende Wiederherstellung der1989 aufgehobenen Autonomie der Woiwodina vor-sieht. Mit der neuen serbischen Verfassung vom 4.2.03wird die Autonomie der Provinz endgültig festge-schrieben. sl

Slowenien - KroatienIntensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1991Konfliktparteien: Slowenien vs. KroatienKonfliktgegenstand: Territorium (Grenze)Der Grenzverlauf in der Bucht von Piran in der nord-östlichen Adria ist weiterhin umstritten. Trotz derGesprächsbereitschaft, die Kroatien und SlowenienAnfang des Jahres artikulieren, können sich diese nichtauf eine endgültige Festlegung der Seegrenze einigen.Nachdem Kroatien am 1.8. die Einrichtung einer Ex-klusiven Wirtschaftszone in der Adria angekündigt hat,verschlechtern sich die Beziehungen zwischen beidenStaaten. Am 31.8. zieht Slowenien seinen Botschafteraus Zagreb ab und droht, Kroatiens EU-Beitritt im Jahr2007 nicht zu unterstützen. Im September fordert dieEU, die Streitigkeiten im Rahmen bilateraler Gesprä-che beizulegen. Kroatien nimmt Abstand von derDeklarierung einer Exklusiven Wirtschaftszone, be-

Konfliktbarometer 2003 – Europa1 4

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schließt jedoch am 31.10. die Einrichtung einerUmwelt- und Fischereischutzzone in der Adria. Slo-wenien protestiert dagegen, da es seine ökonomischenInteressen in der Adria gefährdet sieht. AnfangOktober kritisiert die EU die unilaterale EntscheidungKroatiens und fordert Premierminister Ivica Racan auf,den Dialog mit Slowenien zu suchen. sl

Spanien - Marokko (Ceuta und Melilla)Intensität: 1 Veränderung: ! Beginn: 1961Konfliktparteien: Spanien vs. MarokkoKonfliktgegenstand: Territorium (Ceuta und Melilla), Ressourcen

(Fischfang)Der Konflikt zwischen Marokko und Spanien um diespanischen Exklaven Ceuta und Melilla besteht weiter.Die Lage zwischen beiden Regierungen entspanntsich, als Marokko im Februar in Folge eines Tankerun-glücks vor der galizischen Küste vorübergehend dasFischerei-Verbot für spanische Schiffe in marokkani-schen Gewässern aufhebt. Im Januar verständigen sichdie spanische Außenministerin Ana Palacio und dermarokkanischen König darauf, die Botschafter, die imOktober 2001 abgezogen worden sind, wieder zu ent-senden. Bei ersten Gesprächen seit Beginn des Kon-flikts um die Petersilieninsel im Juni betonen die Re-gierungschefs beider Länder José Maria Aznar undDriss Jettou die Normalisierung der Beziehungen. sk

Spanien (Baskenland)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1960Konfliktparteien: ETA vs. Spanische RegierungKonfliktgegenstand: SezessionIm Konflikt um die Unabhängigkeit des Baskenlandssetzt die Terrororganisation Baskenland und Freiheit(ETA) ihren bewaffneten Kampf gegen die spanischeRegierung fort. Bei Sprengstoffanschlägen werden indiesem Jahr vier Menschen getötet und zahlreiche ver-letzt. Die spanische Polizei reagiert darauf verstärktmit Festnahmen und der Beschlagnahmung vonWaffen. Im Oktober legt die baskische Regierung unterJuan José Ibarretxe den nach ihm benannten Plan vor,der die Loslösung des Baskenlands von Spanien inzwei Schritten vorsieht. Zunächst sollen den Baskenweitere Kompetenzen in den Bereichen Justiz, Polizei,Bildung und Infrastruktur zugestanden werden. 2005soll dann die baskische Bevölkerung in einemReferendum über die endgültige Loslösung von Spa-nien entscheiden. Die spanische Regierung lehnt denPlan ab. sk

Türkei - GriechenlandIntensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1960Konfliktparteien: Türkei vs. GriechenlandKonfliktgegenstand: Territorium (Seegrenze)

Die Türkei und Griechenland erhalten ihre Forder-ungen im Konflikt um Hoheitsrechte in der Ägäis auf-recht. Am 9.6. kommt ein türkischer Kampfjet einemgriechischen Passagierflugzeug zu nahe, was zu Un-stimmigkeiten zwischen beiden Regierungen führt.Der türkische Außenminister Abdullah Gül schlägt beiseinem Besuch in Athen am 17.6. die Bildung einertürkisch-griechischen Kommission zur Untersuchungdes Vorfalls vor. Des Weiteren verzichten am 10.10.beide Staaten auf geplante Manöver im Mittelmeer.Nach erneuten Gesprächen zwischen den Außenmi-

nistern beider Länder in Athen erklärt Gül am 21.10.,dass Spannungen zwischen beiden Staaten der Ver-gangenheit angehörten. ks, mad

ZypernIntensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1963Konfliktparteien: Nordzypern vs. Republik ZypernKonfliktgegenstand: SezessionIn den ersten Monaten des Berichtszeitraums zeichnetsich eine Annäherung zwischen der Republik Zypernund Nordzypern ab. Mit der Grenzöffnung im Sommer2003 wird ein wichtiger Schritt auf dem Weg zurLösung des Sezessionskonflikts gemacht. Zunächstlehnt der Vertreter der türkischen Volksgruppe inNordzypern Rauf Denktasch am 10.12.2002 die über-arbeitete Version des UNO-Friedensplans für Zypernab. Verhandlungen am Rande des EU-Gipfels inKopenhagen bleiben ohne Erfolg. Der externe undinterne Druck auf Denktasch steigt, den UNO-Plan zuakzeptieren. Nach einem UNO-Ultimatum beginnenEnde Januar regelmäßige Treffen zwischen denGeneralsekretären der Außenministerien.Am 16.2. gewinnt der Oppositionspolitiker TassosPapadopoulos die Präsidentschaftswahlen der Repu-blik Zypern mit 51,5% der Stimmen und löst damit denkooperationswilligeren Glafkos Klerides ab. Er kün-digt an, Teile des UNO-Plans neu verhandeln zu wol-len. Ende Februar trifft UNO-Generalsekretär KofiAnnan nacheinander die griechische und die türkischeRegierung sowie Denktasch und Papadopoulos. Annanlädt beide nach Den Haag ein, um über den StatusZyperns zu entscheiden. Mit der politischen Unter-stützung der Türkei kündigt Denktasch bereits imVorfeld an, dass er den UNO-Plan ablehnen wird. Am10.3. scheitern die Gespräche. Ohne eine Lösung derZypern-Frage abzuwarten, unterzeichnen die EU-Mit-gliedstaaten am 16.4. die Beitrittsverträge für die zehnneuen Mitgliedstaaten. Ab Mai 2004 gehört die Re-publik Zypern somit zur EU. Am 21.4. kündigt Nord-zypern überraschend die Öffnung der Grenzen an, dievier Tage später erfolgt. Im Juli lehnt PapadopoulosDenktaschs Vorschläge zur weiteren Verbesserung derbilateralen Beziehungen ab. Stattdessen ratifiziert dasParlament der Republik Zypern am 14.7. den EU-Bei-trittsvertrag. Daraufhin unterzeichnen die Türkei undNordzypern am 8.8. ein Handelsabkommen. ks

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Angola (Cabinda)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1975Konfliktparteien: FLEC; FLEC-FAC; FLEC-Renovada,

FLEC-Platform, FDC vs. RegierungKonfliktgegenstand: Sezession

Der Konflikt zwischen diversen Befreiungsbeweg-ungen und der angolanischen Regierung um die Zu-kunft der ölreichen Provinz Cabinda bleibt ungelöst.Die Fortsetzung der Regierungsoffensive, Sondier-ungsgespräche zwischen Rebellen und Regierung inParis und Luanda, die fortschreitende Zersplitterungder unterschiedlichen Rebellenbewegungen sowie diesich verschlechternde humanitäre Situation sind diebestimmenden Ereignisse in Cabinda.Die im Oktober 2002 von der Regierung begonneneOffensive setzt sich über den Winter fort. Im Novem-ber 2002 erobern Regierungstruppen das Hauptquar-tier der Front für die Befreiung der Enklave Cabinda -Streitkräfte Cabindas (FLEC-FAC) bei Buco-Zau, imDezember folgen Aktionen gegen die Front für dieBefreiung Cabindas - Erneuerung (FLEC-Renovada).Die im Januar in Paris und Luanda begonnenenSondierungsgespräche zwischen Regierung und Re-bellengruppen bleiben bis Jahresende ergebnislos. Am26.4. kommt es innerhalb der FLEC-FAC zum Bruchzwischen dem Vorsitzenden N'Zita Tiago und seinem"Außenminister" Liberal Nuno, nachdem sich bereitsam 5.3. mit der Geheimen Armee für die BefreiungCabindas (ELSC) eine neue Rebellenbewegung gebil-det hat. Im Januar verhindert die Regierung eineUntersuchung des UNHCR von Menschenrechtsver-letzungen durch Sicherheitskräfte. rs

Angola (UNITA)Intensität: 1 Veränderung: " Beginn: 1975Konfliktparteien: Regierung vs. UNITAKonfliktgegenstand: Nationale Macht, RessourcenDer 2002 eingeleitete Friedensprozess zwischen derregierenden Volksbewegung für die Befreiung Angolas(MPLA) und der Union für die Totale UnabhängigkeitAngolas (UNITA) setzt sich fort. Die Demobilisierungvon ca. 95.000 Ex-UNITA-Soldaten, die Rückkehr vonca. drei der vier Millionen Vertriebenen sowie derWechsel an der Spitze der UNITA sind die bestimmen-den Ereignisse.Gemäß der Übereinkunft vom 4.4.02 richtet dieRegierung 41 Sammellager ein, in denen ca. 95.000UNITA-Soldaten registriert und demobilisiert werden.Am 27.6. erklärt die Regierung die Demobilisierungfür beendet und ordnet die Schließung des letztenSammellagers an. UNITA-Führer Pauolo Lukamba"Gato" kritisiert mehrfach die Lebensbedingungen inden Sammellagern, sowie das Fehlen von ausreichen-den Reintegrationsprogrammen. Die UNITA bemühtsich den Wandel zu einer politischen Partei zu vollzie-hen. Am 26.6. wird der Ex-UNITA-Diplomat IsaisSamakuva zum neuen Präsidenten der UNITAgewählt. Im August erklärt die UNITA, dass einzelneihrer Büros von MPLA-Anhängern beschädigt wordenseien. Trotz aller Spannungen erscheint eine gewaltsa-me Eskalation sehr unwahrscheinlich. rs

Äthiopien - EritreaIntensität: 3 Veränderung: # Beginn: 1998Konfliktparteien: Äthiopien vs. EritreaKonfliktgegenstand: Territorium (Grenzverlauf)Die Demarkation der äthiopisch-eritreischen Grenzeverschiebt sich seit Juli mehrfach. Der von der Grenz-

Konfliktbarometer 2003 – Afrika

AfrikaAfrika bleibt wie im Vorjahr die Region mit den meisten Kriegen. Die Zahl der intensiv geführten Gewaltkonflikteinsgesamt reduziert sich jedoch von 16 auf 12. Die deutlichste Deeskalation erfährt Angola nach dem Ende desBürgerkrieges. Das gewaltsame Konfliktgeschehen konzentriert sich auf das Gebiet der Großen Seen und Westafrika.Viele der gewaltsam ausgetragenen Konflikte deeskalieren im Laufe des Jahres. Haupthindernis einer weiterenDeeskalation ist die weite Verbreitung von Kleinwaffen.Externer Druck führt zu einer gewissen Konfliktmüdigkeit. Die Möglichkeit zur Finanzierung der Konfliktparteiendurch rücksichtslose Ausbeutung der Ressourcen und Bevölkerung wird zunehmend eingeschränkt, beispielsweisedurch die Boykottierung des Handels mit Blutdiamanten. Hauptkonfliktgegenstände bleiben nationale Macht undRessourcen. Die Mehrzahl der Opfer sind Zivilisten. Die UNO unternimmt am häufigsten und erfolgreichstenLösungsversuche. Sie zögert dabei nicht, ihre Missionen mit einem robusteren Mandat als früher auszustatten.

Konfliktintensitäten Afrika 2003 - 2002

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20

latenter Konflikt manifester Konflikt Krise ernste Krise Krieg

An

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20032002

Häufigkeit der Konfliktgegenstände nach GewalteinsatzAfrika 2003

458

347

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1

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1

2

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0

5

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20

25

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hohe Intensitätmittlere Intensitätniedrige Intensität

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kommission für Äthiopien und Eritrea (EEBC) am13.4.02 endgültig festgelegte Grenzverlauf, der Eritreadie umstrittene Stadt Badme zuspricht, wird vonÄthiopien nicht anerkannt. Eritrea lehnt weitere Ver-handlungen über diese Frage ab.Derzeit ist die UNO-Mission UNMEE in der Regionmit 4.200 Mann vertreten und sichert eine 25 km brei-te temporäre Sicherheitszone (TSZ) entlang der äthio-pisch-eritreischen Grenze. Trotzdem wird Anfang No-vember ein eritreischer Soldat bei einem Grenz-zwischenfall erschossen. Die äthiopische Regierungweist jede Verantwortung für den Zwischenfall vonsich. Wenige Tage darauf tritt die Militärische Koordi-nationskommission (MCC) in Namibia zusammen undeinigt sich, derartige Zwischenfälle in Zukunft zu ver-meiden. Gespräche zwischen den Konfliktparteien undder EEBC in Den Haag verlaufen am 19.11. ergebnis-los. kat

Burundi (Hutu)Intensität: 5 Veränderung: ! Beginn: 1993Konfliktparteien: verschiedene Hutu-Rebellenorganisationen

vs. RegierungKonfliktgegenstand: nationale Macht

Trotz eines am 3.12.02 geschlossenen Waffenstill-standsabkommens zwischen einer Fraktion der Vertei-digung der Demokratie - Kräfte für die Verteidigungder Demokratie (CNDD-FDD) unter Pierre Nkurunzizaund der Regierung, dem sich alle anderen Rebellen-gruppen bis auf Agathon Rwasas Splittergruppe derPartei für die Befreiung des Hutu-Volkes - NationaleBefreiungskräfte (Palipehutu-FNL) anschließen, dau-ern die Gefechte im ersten Halbjahr fast ununterbro-chen an. Anfang Juli greifen Rwasa und Nkurunzizagemeinsam die Hauptstadt Bujumbura an, obwohl am1.5. gemäß dem Friedensabkommen von Arusha ausdem Jahr 2000 der Hutu Domitien Ndayizeye die Präs-identschaft übernommen hat. Während Nkurunzizanach dem Angriff auf Bujumbura den Kampf beendetund mit der Regierung über eine Machtbeteiligungverhandelt, setzt Rwasas Palipehutu-FNL ihre Offen-sive gegen die Regierung fort und greift erneutBujumbura an. Diese entgegengesetzten Positionen derRebellenführer resultieren am 8.9. erstmals inKämpfen zwischen zwei Hutu-Rebellengruppen, die,wie auch die Kämpfe zwischen Rwasas Palipehutu-FNL und der Armee, immer noch andauern.Nkurunziza schließt am 8.10. ein Waffenstillstands-und Machtbeteiligungsabkommen sowie am 17.11. einFriedensabkommen mit der Regierung. Am 20.10.erreichen die AU-Friedenstruppen in Burundi (AMIB)unter der Führung Südafrikas zur Absicherung desArusha-Abkommens ihre volle Stärke. Am 24.11. bil-det Ndayizeye sein Kabinett um, Nkurunziza wird alsMinister für Good Governance drittmächtigster Mannin der Regierung. hlm

Elfenbeinküste (Rebellen)Intensität: 5 Veränderung: ! Beginn: 2000Konfliktparteien: RDR, MPCI, MPIGO, MJP, Forces

Nouvelles vs. Regierung (FPI)Konfliktgegenstand: Nationale Macht

Der 2002 verschärfte gewaltsame Machtkampf zwi-schen der regierenden Ivorischen Volksfront (FPI) desPräsidenten Laurent Gbagbo und den verschiedenen

Rebellenbewegungen (MPCI, MPIGO, MJP) sowieder politischen Opposition setzt sich fort. Am 6.12.02werden in Monko Zohi Massengräber mit 120 Leichenentdeckt. Die UNO-Verifikationsmission vom 23. bis29.12.02 kritisiert den mangelnden Schutz der Zivilis-ten vor Todesschwadronen. Während der Kampfhand-lungen wird das französische Kontingent in der Puf-ferzone zwischen den Rebellen im Norden und denRegierungstruppen (FANCI) im Süden angegriffen.Nach erfolglosen Vermittlungsbemühungen der ECO-WAS, der AU und der ehemaligen KolonialmachtFrankreich gelingt es, mit allen Konfliktparteien vom17. bis 24.1. Friedensgespräche in Marcoussis,Frankreich, abzuhalten. Ergebnis sind die Einrichtungeiner Versöhnungsregierung, eine Amnestie für dieAufständischen und die Neugestaltung des Einbür-gerungs- und Wahlrechts. Am 27.1. beginnen die Ge-spräche zur Regierungsbildung, wobei der bei denFriedensverhandlungen nicht anwesende Gbagbo dieUmsetzung stark behindert. Die UNO-Mission MINU-CI beginnt am 14.3. zur Absicherung des Friedenspro-zesses. In den andauernden Kämpfen zwischen denRegierungstruppen und den Rebellen, die von liberia-nischen Söldnern unterstützt werden, sterben am 22.3.42 Zivilisten. Nach Einsetzung der Versöhnungsregie-rung am 26.3. resultiert ein Angriff auf ein Regierungs-mitglied der Rebellen am 30.6. in einer Regierungs-krise, die sich durch Unstimmigkeiten über die Imple-mentierung des Demobilisierungsprogramms (DDR)weiter zuspitzt. Am 23.9. treten alle Regierungsmit-glieder der MPCI zurück. Obwohl Vermittlungsbe-mühungen der Internationalen Organisation derFrankophonie (OIF) vom 1. bis 4.10., der ECOWASam 19.11. und Frankreichs Außenminister Dominiquede Villepin am 21.11. stattfinden, bleibt die Zukunftdes DDR-Programms und der Rebellenbeteiligung ander Regierung ungewiss. gs

Guinea-Bissau (Opposition)Intensität: 3 Veränderung: $ Beginn: 1998Konfliktparteien: Opposition vs. RegierungKonfliktgegenstand: Nationale MachtDer Konflikt zwischen Regierung und Opposition inGuinea-Bissau ist von der desolaten wirtschaftlichenSituation und dem Unwillen von Präsident KumbaYala, Neuwahlen auszurufen, bestimmt. Am 24.2. ruftdie Nationale Union der Arbeiter Guineas (UNTG)einen fünftägigen Streik aus. Die für Februar angesetz-ten Wahlen werden viermal verschoben. Die von Op-position und internationaler Gemeinschaft gefordertenWahlvorbereitungen gehen schleppend voran. Wäh-renddessen schließt Yala den einflussreichsten Radio-sender, entlässt seinen Informationsminister und ord-net willkürliche Verhaftungen an. Am 14.9. wird Yaladurch einen unblutigen Militärputsch unter GeneralVerissimo Correia Seabra abgesetzt. Die Verwaltungs-geschäfte übernimmt bis zu Neuwahlen eine Über-gangsregierung. Die Militärjunta ernennt den Zivi-listen Henrique Rosa zum Präsidenten, unterzeichneteinen Vertrag mit 22 gesellschaftlichen Gruppen, diedann einen provisorischen nationalen Übergangsratkonstituieren. Yala ruft dagegen am 17.9. zur öffent-lichen Unterstützung der Formierung einer Regierungder Nationalen Einheit auf. pd

Konfliktbarometer 2003 – Afrika 1 7

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Konfliktbarometer 2003 – Afrika

Übersicht: Konflikte in Afrika 2003Konfliktname1 Direkt Beteiligte2 Konfliktgegenstand Beginn Änd.3 Int.4

Angola (Cabinda) FLEC; FLEC-FAC; FLEC-Renovada, FLEC-Platform, FDC vs. Regierung Sezession 1975 ! 4

Angola (UNITA) Regierung vs. UNITA Nationale Macht; Ressourcen 1975 " 1

Äthiopien - Eritrea Äthiopien vs. Eritrea Territorium/Grenzverlauf 1998 # 3

Äthiopien - Somalia * Äthiopien vs. Somalia Internationale Macht 2003 NEU 2

Äthiopien (Ogaden) * ONLF vs. Äthiopien Autonomie 1984 ! 1

Äthiopien (Oromo) * OLF vs. Regierung Ethnische, regionale Autonomie 1974 " 1

Burundi (Hutu) verschiedene Hutu-Rebellenorganisationen vs.Regierung Nationale Macht 1993 ! 5

Elfenbeinküste (Rebellen) RDR, MPCI, MPIGO, MJP, Forces Nouvelles vs.Regierung Elfenbeinküste (FPI) Nationale Macht 2000 ! 5

Ghana * Andani vs. Abudu Regionale Vorherrschaft 2002 " 1Guinea-Bissau (Opposition) Opposition vs. Regierung Nationale Macht 1998 $ 3

Guinea (UDFG) * UDFG vs. Regierung Nationale Macht 1999 ! ENDE 1Kenia (Ethnien), Uganda(Ethnien) Pokot, Karamojong, Sabiny, Turkana, Dinka Ressourcen (Weideland, Vieh,

Hilfsgüter) 1991 ! 3

Komoren * Regionalregierungen vs. Regierung der Komorenauf Grande Comore Sezession 1997 ! 2

DR Kongo (Rebellen) RCD-Goma, RCD-ML-K, RCD-N, MLC vs. Mayi-Mayi, Interahamwe, Regierung Nationale Macht, Ressourcen 1996 ! 5

DR Kongo (Hema - Lendu)Hema (UPC, FAPC, PUSIC), RCD-Goma (Ruanda)vs. Lendu (FNI, FPDC), Regierung, Uganda, RCD-K/ML, EU

Regionale Vorherrschaft, Ressourcen 2000 $ 5

Kongo-Brazzaville (Ninja-Milizen) Regierung vs. Ninja-Milizen Nationale Macht 1997 % 3

Liberia LURD und MODEL vs. Regierung unter CharlesTaylor Nationale Macht 1998 ! 5

MadagaskarRegierung vs. Komitee für die Verteidigung vonWahrheit und Gerechtigkeit (Ex-Präsident DidierRatsiraka)

Nationale Macht, Sezession 2001 % 2

Mauretanien - Senegal * Mauretanien vs. Senegal Ressourcen, Territorium 2000 ! 1

Mauretanien (Putsch) Regierung vs. Putschisten Nationale Macht 2003 NEU 3Mauritius - Großbritannien(Diego Garcia) * Mauritius vs. Großbritannien Territorium (Diego Garcia und

Chagosarchipel) 1980 ! 1

Namibia - Botswana * Botswana vs. Namibia Territorium, Grenze (Situngu-Inseln) 1997 ! ENDE 1

Namibia (Caprivi-Streifen) * CLA vs. Regierung Sezession 1998 ! 1Niger - Benin * Benin vs. Niger Territorium (Grenze, Lété-Insel) 1964 ! 1Nigeria - Kamerun(Bakassi) * Nigeria vs. Kamerun Territorium, Ressourcen 1993 ! 1

Nigeria (Christen -Muslime) Muslime, Haussa-Fulani vs. Christen, Yoruba Religiöse Vorherrschaft 1993 ! 3

Nigeria (Nigerdelta - Ijaw) Ijaw, Urhobo vs. Itsekiri, Regierung Ressourcen (Öl) 1993 # 4

Nigeria (Nigerdelta -Ogoni)* Ogoni vs. Regierung Ressourcen (Öl) 1993 % 1

Ruanda (Hutu) Regierung vs. Hutu (Interahamwe, FDLR) Nationale Macht, ethnische Autonomie 1994 ! 3

São Tomé und Príncipe -Nigeria * São Tomé und Príncipe vs. Nigeria Territorium (Seegrenze), Ressourcen

(Öl) 1994 ! ENDE 1

São Tomé und Príncipe(Putsch) Fernando Pereira, CDF vs. Regierung Nationale Macht 2003 NEU 3

Senegal (Casamance) MFDC vs. Regierung Regionale und ethnische Autonomie 1982 ! 3Sierra Leone (RUF) * RUF vs. Regierung Nationale Macht, Ressourcen 1991 ! 2Simbabwe (Opposition) MDC, NCA, CFU vs. Regierung (ZANU-PF) Nationale Macht 2000 ! 3

Somalia (nationale Macht) Somalische Übergangsregierung u.a. vs. SRRCu.a. Nationale Macht 1980 ! 4

Somalia (Puntland) Abdullahi Yussuf vs. Jama Ali Jama Regionale Vorherrschaft 2001 % 3

Somalia (Somaliland) * Somaliland vs. Somalia (TNG, Kriegsherren,Puntland) Sezession 1991 ! 2

Sudan - Uganda * Sudan vs. Uganda internationale Macht (Unterstützungder Rebellen) 1989 ! 2

Sudan (SPLA) SPLA, NDA vs. Regierung Sezession, Ressourcen im Südsudan,Religiöse Vorherrschaft 1989 ! 4

Sudan (Darfur-SLA) Sudanese Liberation Army (SLA) vs. Regierung,Arabische Milizen Regionale Vorherrschaft 2003 NEU 4

Südafrika - Namibia * Südafrika vs. Namibia Grenze, Ressourcen (Diamanten) 2000 ! 1

Südafrika (KwaZulu-Natal) * Inkatha Freiheitspartei (IFP) vs. Regierung regionale Vorherrschaft 1999 ! 1

Swasiland - Südafrika * Swasiland vs. Südafrika Territorium 1902 ! 11) 2) 3) 4) siehe Seite 11: Übersicht: Konflikte in Europa

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Kenia (Ethnien), Uganda (Ethnien)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1991Konfliktparteien: Pokot, Karamojong, Sabiny, Turkana, DinkaKonfliktgegenstand: Ressourcen (Weideland, Vieh, Hilfsgüter)Die Auseinandersetzungen um Weidegründe undHilfsgüter zwischen verschiedenen Stämmen in dennahe der jeweiligen Grenzen gelegenen GebietenKenias, Ugandas und des Sudan fordern mindestens 50Todesopfer. Schwere Kämpfe finden vor allem im Ja-nuar, April und Juni statt. Die Verbreitung von Klein-waffen seit Anfang der 1990er Jahre führt dazu, dassbereits existierende traditionelle Stammesfeindschaf-ten zunehmend gewaltsamer ausgetragen werden. cb

DR Kongo (Rebellen)Intensität: 5 Veränderung: ! Beginn: 1996Konfliktparteien: RCD-Goma, RCD-ML-K, RCD-N, MLC vs.

Mayi-Mayi, Interahamwe, RegierungKonfliktgegenstand: Nationale Macht, Ressourcen

Die Friedensverhandlungen im Bürgerkrieg im Kongo,die seit 1999 neben den Kämpfen stattfinden, zeigendeutliche Fortschritte. In diesem Krieg sind seit 1998rund 3,3 Millionen Menschen gestorben. Am 6.12.02schließt Präsident Joseph Kabila mit den beiden größ-ten Rebellengruppen, der Befreiungsbewegung desKongo (MLC) und der Kongolesischen Sammlungs-bewegung für Demokratie - Goma (RCD-Goma) einAbkommen über Mitbeteiligung an der Regierung. DieRCD - Befreiungsbewegung - Kisangani (RCD-ML-K) bricht zuvor die Teilnahme an den Verhandlungenab. Die ruandischen Rebellen der Mayi-Mayi sprechensich gegen die Vereinbarung aus. Am 17.12.02 wirdmit Hilfe des Inter-Kongolesischen Dialogs (ICD) inPretoria eine Übergangsregierung beschlossen. Sie sollzwei Jahre bestehen und Mitglieder von allen Rebel-lengruppen enthalten. Bereits am 23.12.02 brechenneue Kämpfe zwischen MLC, RCD-Nord (RCD-N)und RCD-ML-K aus. 50.000 Menschen fliehen in denKivu-Regionen. Der ICD stellt am 12.3. einen neuenVerfassungsentwurf vor. Am 2.4. unterzeichnen alleKonfliktparteien ein Friedensabkommen. Kabila wirdam 9.4. als Übergangspräsident vereidigt. Der RCD-Goma lehnt dies ab. Im Osten des Kongo liefern sichder RCD-Goma und die ruandischen Hutu-Rebellender Interahamwe weiterhin Gefechte; dieser kämpftauch gegen Mayi-Mayi und RCD-ML-K. Der RCD-Goma setzt den ICD aus, nachdem er im Mai eineOffensive in Kivu beginnt. Dabei erhält die GruppeHilfe von Ruanda, das sie schon im Bürgerkrieg unter-

stützt und mit ihm die ruandischen Rebellen im Kongobekämpft hat. Die Situation im Osten verbessert sicherst, nachdem der RCD-Goma einem Teilrückzug zu-stimmt und dann auch der RCD-ML-K im Juli gegendie Mayi-Mayi vorgeht. Am 5.9. wird die neue kongo-lesische Armee vereidigt, der alle Rebellengruppen an-gehören sollen. Daraufhin schließen am 3.10. derRCD-Goma und Mayi-Mayi einen Waffenstillstand,wie schon zuvor RCD-Goma und RCD-ML-K. Am16.10. fordert der Kongo alle Hutu-Rebellen aus Ru-anda auf, das Land zu verlassen. Bis zum 24.11. wer-den rund 3.400 von 14.000 Interahamwe-Kämpferndemobilisiert und repatriiert. Die UNO-MissionMONUC wird am 29.7. auf 10.800 Soldaten vergrö-ßert und beginnt am 14.11. mit einer neuen proaktivenStrategie, um im Rahmen eines robusten Mandats, auchvor dem Hintergrund der Ereignisse in Ituri, ihr Ent-waffnungsprogramm voranzubringen. pb

DR Kongo (Hema - Lendu)Intensität: 5 Veränderung: $ Beginn: 2000Konfliktparteien: Hema (UPC, FAPC, PUSIC), RCD-Goma

(Ruanda) vs. Lendu (FNI, FPDC),Regierung, Uganda, RCD-K/ML; EU

Konfliktgegenstand: Regionale Vorherrschaft, Ressourcen

Die Auseinandersetzungen vor allem zwischen denEthnien der Hema und Lendu in der Ituri-Provinz desKongo flauen zu Beginn des Jahres ab. Die Milizen derHema, die Union der Kongolesischen Patrioten (UPC),die Partei für Einheit, Sicherheit und Integrität desKongo (PUSIC) und die Bewaffneten Kräfte desKongolesischen Volkes (FAPC), unterstützt vom RCD-Goma, kämpfen gegen die Milizen der Lendu, dieFront der Nationalisten und Integrationisten (FNI) unddie Volksarmee für die Demokratie im Kongo (FPDC),die von den kongolesischen Rebellen des RCD-ML-Kunterstützt werden. Der Kongo und Uganda vereinba-ren am 17.2. neben dem Rückzug der ugandischenTruppen die Einsetzung einer Befriedungskommission(IPC). Nach dem Rückzug der ugandischen Truppen,die zumindest eine gewisse Kontrolle ausgeübt haben,eskaliert die Gewalt. Am 26.2. wird der Chef derUNO-Mission MONUC beschossen. Bei Kämpfen imFebruar sterben 760 Menschen. Uganda stoppt darauf-hin seinen Teilrückzug und erobert Bunia von der UPCam 6.3. zurück. Die UPC war ursprünglich mit Ugandaverbündet, am 6.1. verbündet sie sich mit dem RCD-Goma, der vom ugandischen Rivalen im Kongo, Ru-anda, unterstützt wird. Am 18.3. schließen beide einen

Konfliktbarometer 2003 – Afrika

Konfliktname1 Direkt Beteiligte2 Konfliktgegenstand Beginn Änd.3 Int.4

Swasiland (Opposition) Regierung (König Mswati III.) vs. SFTU, PUDEMO,SWAYOCO u.a. System, nationale Macht 2000 $ 3

Tansania (Sansibar) * Tansania, CMM vs. CUF Autonomie, regionale Vorherrschaft 1993 ! 1

Togo (Opposition) Regierung (PPT) vs. Opposition (UFC) Nationale Macht 2002 NEU 2

Tschad (MDJT) * Tschad vs. MDJT Nationale Macht 1998 " ENDE 1

Uganda - Ruanda * Uganda vs. Ruanda Internationale Macht, Ressourcen 2000 $ 2Uganda (ADF, PRA, NALU) Regierung vs. ADF, PRA, NALU Nationale Macht 1992 " 2Uganda (LRA) Regierung vs. LRA Nationale Macht 1992 ! 5Uganda (UNRF II) * Uganda vs. UNRF II Nationale Macht 1979 ! ENDE 1Zentralafrika - Tschad * Zentralafrika (Patassé) vs. Tschad Nationale Macht 2002 % ENDE 2Zentralafrika (Bozizé -Patassé)

Regierung vs. François Bozizé; Regierung vs. Ange-Felix Patassé Nationale Macht 1997 $ 5

1) 2) 3) 4) siehe Seite 11: Übersicht: Konflikte in Europa

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Waffenstillstand. Die ugandischen Truppen werdenvon uruguayischen Friedenstruppen ersetzt. Diese sindvon der Lage überfordert. Anfang April werden beimschwersten Zwischenfall des Jahres 1.000 Menschenin Drodro ermordet. Im Mai bekämpfen sich die Stam-mesmilizen erneut heftig, die UPC erobert Bunia zu-rück. Uganda greift wieder in die Kämpfe ein, nach-dem sie auf sein Territorium übergreifen. 300 Men-schen sterben und 50.000 fliehen. Ein von allen Mi-lizen unterzeichneter Waffenstillstand vom 18.5. hältnicht. Die EU beschließt unter UNO-Mandat am 12.6.ebenfalls Friedenstruppen nach Ituri zu entsenden.Diese werden von Frankreich angeführt und sind be-reits ab dem 11.6. vor Ort. Ihr Mandat erstreckt sichnur auf die Stadtgrenzen von Bunia. Die UPC erklärtsich zur Zusammenarbeit mit ihnen bereit. Dennochliefern sich einzelne Mitglieder Schießereien mit denFriedenstruppen. Anfang Juli kehren die ersten der biszu 350.000 Flüchtlinge zurück. Die Friedenstruppenbeginnen langsam mit der Entwaffnung der Milizen.Außerhalb von Bunia gehen die Kämpfe weiter. Am1.9. übergeben die EU-Friedenstruppen Bunia anMONUC, die ihre Demilitarisierungsoperationen am15.9. auf Ituri ausdehnt. Diese Operationen stoßen aufbewaffneten Widerstand. Im Oktober gehen die Kämp-fe der Milizen weiter. Im November liefern sich dieUNO-Truppen mehrere Gefechte mit Truppen derPUSIC. Die Sicherheitslage in Ituri ist sehr unsicher,vor allem aufgrund der zirkulierenden Waffen und derUnübersichtlichkeit des Gebiets. pb

Kongo-Brazzaville (Ninja-Milizen)Intensität: 3 Veränderung: % Beginn: 1997Konfliktparteien: Regierung vs. Ninja-MilizenKonfliktgegenstand: Nationale Macht

Die Ninja-Milizen von Pasteur Ntoumi, die PräsidentDenis Sassou-Nguesso bis Ende 2002 in der Pool-Region der Republik Kongo bekämpft haben, treten zuBeginn des Jahres in Verhandlungen mit der Regierungein. 90.000 Menschen sind während der Kämpfe geflo-hen. Die Verhandlungen führen am 17.3. zur Unter-zeichnung eines Friedensabkommens. Am 27.3. tau-schen die Parteien vereinbarungsgemäß Gefangeneaus. Die Ninja sollen demobilisiert und reintegriertwerden. Am 29.4. geben 2.300 von 14.000 Ninja ihreWaffen ab. In den darauf folgenden Monaten kommtder Wiederaufbau der Wirtschaft und der Verwaltungin Pool voran. Am 1.9. erlässt das Parlament eine Am-nestie für die Ninja. Im Oktober und November liefernsich Armee und Ninja erneut Scharmützel, denen Strei-tigkeiten um Hilfsgüter zugrunde liegen. pb

LiberiaIntensität: 5 Veränderung: ! Beginn: 1998Konfliktparteien: LURD und MODEL vs. Regierung unter

Charles TaylorKonfliktgegenstand: Nationale MachtAnfang Februar flammen in Liberia erneut heftigeKämpfe zwischen den Vereinigten Liberianern für Ver-söhnung und Demokratie (LURD) und Regierungs-truppen auf, die bis Mitte des Jahres anhalten. DieLURD erhalten ab April Unterstützung durch eineneue Rebellengruppe, die Bewegung für Demokratiein Liberia (MODEL). Die Rebellen werden von

Guinea und der Elfenbeinküste unterstützt. Im Junigreifen die LURD, die zusammen mit der MODELbereits 80 % des Landes kontrollieren, die HauptstadtMonrovia an, was die Regierung unter Charles Taylorzur Teilnahme an Friedensverhandlungen unter derLeitung der ECOWAS zwingt. Diese führen trotz oderwegen beständigen Bruchs des Waffenstillstands-abkommens vom 17.6. durch alle Parteien schließlicham 11.8. zum Rücktritt Präsident Taylors, der nach Ni-geria ins Exil geht. Trotz eines am 18.8. geschlossenenFriedensabkommens und der Entsendung von Frie-denstruppen der ECOWAS und der UNO dauern dieKämpfe auch unter Taylors Nachfolger, dem ehemali-gen Vizepräsidenten Moses Blah, an, der die Macht am14.10. an den Zivilisten Gyude Bryant übergibt.Bryants Regierung gehören auch Vertreter der Rebel-len an. Trotzdem ist der Konflikt noch nicht beendet,da noch vereinzelte heftige Zusammenstöße zwischenLURD/MODEL und Anhängern Taylors stattfinden.Die UNO-Mission UNMIL versucht, diese zu entwaff-nen, einige haben ihre Waffen bereits freiwillig abge-geben. hlm

MadagaskarIntensität: 2 Veränderung: % Beginn: 2001Konfliktparteien: Regierung vs. Komitee für die Verteidigung

von Wahrheit und Gerechtigkeit (Ex-Präsident Didier Ratsiraka)

Konfliktgegenstand: Nationale Macht, Sezession

Die politische Situation in Madagaskar normalisiertsich nach der Bestätigung des Präsidenten Mark Rava-lomanana im Amt durch Wahlen am 15.12.02. Folgedieser Entspannung ist die Wiederaufnahme des Lan-des in die AU am 31.7. Jedoch entladen sich am 19.5.politische Spannungen zwischen dem oppositionellenKomitee für die Verteidigung von Wahrheit und Ge-rechtigkeit (CMMR) und der Regierung in einer Mas-sendemonstration von 10.000 Anhängern. Am 6.8.wird der ehemalige Präsident Didier Ratsiraka, dersich im Exil befindet, von einem Gericht in Madagas-kar zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt. gs

Mauretanien (Putsch)Intensität: 3 Veränderung: NEU Beginn: 2003Konfliktparteien: Regierung vs. PutschistenKonfliktgegenstand: Nationale Macht

Am 7.6. greifen Teile des mauretanischen Militärs denPräsidentenpalast in Nouakchott an. 29 Menschen ster-ben bei Gefechten zwischen den Putschisten und loya-len Einheiten. Nach 24 Stunden hat Präsident MaauiyaOuld Taya die Situation wieder unter Kontrolle. Er be-schuldigt radikale Islamisten, den Putsch geplant undausgeführt zu haben. Vor dem Putschversuch ist dieRegierung massiv gegen Oppositionelle und Regime-kritiker vorgegangen, darunter auch zahlreiche Is-lamisten. Dabei werden im Mai 30 Personen verhaftet.Hinter dem Putschversuch werden Anhänger von Ex-General Salah Ould Hanana vermutet. In der Folgewerden 150 Verdächtige verhaftet. Die mutmaßlichenDrahtzieher des Putsches sind ins Ausland geflohen.

sl

Konfliktbarometer 2003 – Afrika2 0

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Nigeria (Christen vs. Muslime)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1993Konfliktparteien: Muslime, Haussa-Fulani vs. Christen,

YorubaKonfliktgegenstand: Sonstiges (Religiöse Vorherrschaft)

Nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen imUmfeld der Miss World-Wahlen im November 2002kündigt der Präsident der Christlichen VereinigungNigerias Vergeltungsschläge gegen zukünftige An-griffe seitens militanter Muslime an. Im Juli werdenbei einem Vergeltungsangriff christlicher Milizen aufdie muslimische Bevölkerung der Stadt Numan imBundesstaat Adamawa mindestens 15 Menschen getö-tet. Im Zuge gewaltsamer Auseinandersetzungen zer-stören die Milizen Moscheen und Wohnviertel promi-nenter Muslime. sl

Nigeria (Nigerdelta - Ijaw)Intensität: 4 Veränderung: # Beginn: 1993Konfliktparteien: Ijaw, Urhobo vs. Itsekiri, RegierungKonfliktgegenstand: Ressourcen (Öl)Im Vorfeld der nigerianischen Parlaments- und Prä-sidentschaftswahlen brechen im Februar Gefechte zwi-schen den Volksgruppen der Ijaw, Itsekiri und Urhoboim Nigerdelta aus. Die Ijaw und Urhobo fühlen sichbei der gegenwärtigen Ziehung der Gemeindegrenzen,die über Anteile an Gewinnen aus der Ölförderung ent-scheiden, gegenüber den Itsekiri benachteiligt. DieIjaw, die größte Volksgruppe im Nigerdelta, fordernvon transnationalen Ölkonzernen und der Regierungeine umfangreichere Beteiligung an den Erträgen. Diegewaltsamen Auseinandersetzungen, die in erster Liniezwischen den Milizen der Ijaw und Itsekiri ausgetra-gen werden, erreichen Mitte März einen ersten Höhe-punkt. Die Regierung entsendet mehr als 1.000 Sol-daten ins Nigerdelta, um die Kämpfe einzudämmen.Im März und Juli besetzen Ijaw-Milizen Förderanla-gen der Ölfirmen und nehmen Mitarbeiter als Geiseln.Die transnationalen Ölkonzerne schließen zahlreicheFörderstellen im Nigerdelta und evakuieren ihreMitarbeiter. Die Gefechte zwischen den verfeindetenMilizen und der Einsatz der Regierungsarmee gegendie Ijaw fordern über hundert Tote. Im August werdenbei erneuten Gefechten zwischen Milizen der Itsekiriund Ijaw weitere hundert Menschen getötet. sl

Ruanda (Hutu)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1994Konfliktparteien: Regierung vs. Hutu (Interahamwe, FDLR)Konfliktgegenstand: Nationale Macht, ethnische AutonomieNach dem Rückzug von 23.000 ruandischen Soldatenaus dem Kongo am 5.10.02 greift Ruanda nur am 12.6.nochmals militärisch in der kongolesischen Nord-Kivu-Provinz ein. Der Kongo soll im Gegenzug fürden Abzug die 15.000 bis 20.000 ruandischen Rebellenim Kongo entwaffnen und deportieren. Am 17.11. keh-ren 103 Kämpfer der Demokratischen Kräfte für dieBefreiung Ruandas (FDLR), darunter ihr AnführerPaul Rwarakabije, freiwillig zurück und nehmen amReintegrationsprogramm der Regierung teil. Die Si-tuation in Ruanda selbst wird durch die Freilassungvon 40.000 Gefangenen, die im Zusammenhang mitdem Genozid von 1994 in Haft waren, verschärft.Ihnen ist kein Prozess gemacht worden. Der interna-tionale Strafgerichtshof für Ruanda in Arusha, Tan-

sania, setzt seine Arbeit fort und soll sie bis 2008abschließen. Am 27.5. wird eine neue Verfassung perReferendum angenommen. Sie soll die Alleinherr-schaft einer Ethnie in Zukunft verhindern. Die an-schließende Präsidentschaftskampagne spannt dieSituation an, da die Kandidaten Präsident PaulKagame, ein Tutsi, und sein wichtigster Herausfor-derer Faustin Twagiramungu, ein Hutu, rassische Pro-paganda einsetzen. pb

São Tomé und Príncipe (Putsch)Intensität: 3 Veränderung: NEU Beginn: 2003Konfliktparteien: Fernando Pereira, CDF vs. RegierungKonfliktgegenstand: Nationale Macht

Am 16.7. putscht Major Fernando Pereira mit Unter-stützung der kleinen Oppositionspartei Christlich-Demokratische Front (CDF) gegen Präsident Fradiquede Menezes. Als Gründe für den Putsch geben sie dieKorruption der Regierung und die große Armut derBevölkerung an. Am nächsten Tag beginnen Verhand-lungen über eine friedliche Lösung des Konflikts. Ni-geria, Portugal, Brasilien, die USA und die AU verur-teilen den Putsch und beteiligen sich teilweise an denVerhandlungen. Am 23.7. unterzeichnen die Putsch-isten ein Abkommen über die Rückgabe der Macht anMenezes. hlm

Senegal (Casamance)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1982Konfliktparteien: MFDC vs. RegierungKonfliktgegenstand: Regionale und ethnische AutonomieTrotz der Gesprächsbereitschaft, die Ende 2002 vonSeiten der Regierung des Senegal und Teilen der Re-bellen der Bewegung der Demokratischen Kräfte derCasamance (MFDC) geäußert wurde, halten die ge-waltsamen Auseinandersetzungen um die Autonomieder Casamance an. Anfang Januar startet die Regie-rungsarmee einen Feldzug gegen die Rebellen, beidem über 30 Menschen getötet werden. Anfang Maiwird bei einem Angriff der MFDC ein Regierungssol-dat getötet. Im Oktober finden Gespräche zwischendem moderaten Flügel der MFDC und der Regierungunter Abdoulaye Wade statt. Am 7.10. erklärt der Ge-neralsekretär der MFDC Jean-Marie Biagui denKampf um die Casamance für beendet und fordert dieKämpfer der Rebellenbewegung auf, ihre Waffen nie-derzulegen. Da der militärische Arm der MFDC denVerhandlungen ferngeblieben ist, werden den jüngstenFriedensinitiativen geringe Chancen eingeräumt. sl

Simbabwe (Opposition)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 2000Konfliktparteien: MDC, NCA, CFU vs. Regierung (ZANU-

PF)Konfliktgegenstand: Nationale Macht

Die gewaltsamen Auseinandersetzungen um die natio-nale Macht zwischen der regierenden AfrikanischenNationalen Union Simbabwe - Patriotische Front(ZANU-PF) des Präsidenten Robert Mugabe und derOpposition dauern an. Bei einem Parteitreffen derZANU-PF in Harare wird bei einem Brandanschlageine Person getötet. Eine Demonstration der größtenOppositionspartei Bewegung für einen Demokrati-schen Wechsel (MDC) wird am 2.6. durch Sicher-heitskräfte gewaltsam aufgelöst. Am 18. und 23.10.

Konfliktbarometer 2003 – Afrika 2 1

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werden Vertreter der MDC und der Nationalen Verfas-sungsversammlung (NCA) festgenommen. gs

Somalia (nationale Macht)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1980Konfliktparteien: Somalische Übergangsregierung u.a. vs.

SRRC u.a.Konfliktgegenstand: Nationale Macht

Der Konflikt um die Wiederherstellung eines Staates inSomalia und um die Machtverteilung hält unvermin-dert an. Die 2002 begonnene Friedenskonferenz wirdMitte Februar von Eldoret nach Nairobi verlegt. DieVerhandlungen geraten im September endgültig insStocken, da zum wiederholten Mal einige Kriegsher-ren die Konferenz verlassen. Dazu zählen der Prä-sident der Übergangsregierung (TNG), AbdulkassimSalad Hassan, Musa Sidi Jallahow, ein führenderKriegsherr aus Mogadischu, und die Juba-Tal Allianz(JVA). Sie beschuldigen die Organisatoren der Kon-ferenz, insbesondere Äthiopien, zu versuchen, die ei-genen Interessen durchzusetzen. Mitorganisator Dschi-buti verlässt aus diesem Grund ebenfalls die Kon-ferenz. Die Chancen für eine friedliche Einigung indem seit nunmehr zwanzig Jahren blutig ausgetrage-nen Konflikt vermindern sich somit weiter. Wie allevorherigen Waffenstillstände wird auch der am27.10.02 im Rahmen der Friedenskonferenz vereinbar-te gebrochen. Die Kämpfe konzentrieren sich im Ja-nuar, Juni und Oktober um Baidoa, wo sich zwei Frak-tionen der Rahanweyn-Widerstands-Armee (RRA)gegenüberstehen. In Mogadischu kämpfen die Anhän-ger verschiedener Kriegsherren im Februar, März undJuni um die Macht. Die Region Mittel-Shabelle wirdim März und Juni von Kämpfen erschüttert. WeitereBrennpunkte sind Kismayo, wo sich im Mai Anhängerverschiedener Clans bekämpfen, ebenso die Galgudud-Region im November. Auch die Friedenskonferenz inNairobi verläuft nicht friedlich, mindestens ein Dele-gierter wird ermordet. Die Kämpfe fordern im Be-obachtungszeitraum mindestens 300 Tote, 370.000Menschen sind innerhalb Somalias auf der Flucht. cb

Somalia (Puntland)Intensität: 3 Veränderung: % Beginn: 2001Konfliktparteien: Abdullahi Yussuf vs. Jama Ali JamaKonfliktgegenstand: Regionale VorherrschaftDer Konflikt um die politische Vorherrschaft in derautonomen Region Puntland im Nordosten Somaliasentschärft sich. Bei dreitägigen schweren Kämpfenzum Jahreswechsel sterben zwar noch einmal 30Menschen. Die militärische Niederlage Jama AliJamas ist somit jedoch besiegelt. Seine vorübergehen-de Flucht in das zwischen Puntland und der internatio-nal nicht anerkannten Republik Somaliland umstritte-ne Gebiet Sanaag führt zu diplomatischen Spannungenzwischen den Regierungen. Ein Friedens- und Macht-teilungsabkommen zwischen Jama Ali Jama und Prä-sident Abdullahi Yusuf vom 17.5. wird von beidenParteien bislang eingehalten. cb

Sudan (Darfur-SLA)Intensität: 4 Veränderung: NEU Beginn: 2003Konfliktparteien: Sudanese Liberation Army (SLA) vs.

Regierung, Arabische MilizenKonfliktgegenstand: Regionale Vorherrschaft

Nach mehreren bewaffneten Übergriffen arabischerNomadenstämme auf die eingeborene Bevölkerung inder Provinz Darfur, für die die Sudanesische Befrei-ungsarmee (SLA) die Regierung des Sudan verant-wortlich macht, kämpft die SLA seit März in der Re-gion gegen die sudanesischen Sicherheitskräfte. Siebeschuldigt die Regierung außerdem des Rassismusund der wirtschaftlichen Ausbeutung der Provinz. Einerster, im September geschlossener Waffenstillstandwird bis Ende November verlängert. Die SLA wirftden Sicherheitskräften wiederholt vor, diesen zu bre-chen. Ende November werden wiederholt Kämpfezwischen SLA und arabischen Milizen gemeldet. SeitBeginn des Konfliktes sind 600.000 Menschen aus derProvinz geflohen. kat

Sudan (SPLA)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1989Konfliktparteien: SPLA, NDA vs. RegierungKonfliktgegenstand: Sezession, Ressourcen im Südsudan,

Sonstiges (Religiöse Vorherrschaft)

Nachdem es am Anfang des Jahres noch heftige Ge-fechte zwischen der Regierung des Sudan und der Su-danesischen Volksbefreiungsarmee (SPLA) gibt, gehtseit Jahresmitte das Ringen um ein Friedensabkommenunter Vermittlung der IGAD weiter. Hauptstreitpunktestellen die Sicherheitsfrage und der spätere Status derRegionen Blue Nile, Abyei und Nuba dar. Der Waffen-stillstand in den Nuba-Bergen wird ein weiteres Malbis vorerst Januar 2004 verlängert, ebenso der allge-meine Waffenstillstand zwischen sudanesischer Regie-rung und SPLA bis vorerst November 2003. Inwiefernein möglicher Friedensschluss wirklich dem gesamtenSudan Stabilität bringen wird, bleibt abzuwarten.

kat

Swasiland (Opposition)Intensität: 3 Veränderung: $ Beginn: 2000Konfliktparteien: Regierung (König Mswati III.) vs. SFTU,

PUDEMO, SWAYOCO u.a.Konfliktgegenstand: System, nationale Macht

Der Konflikt um ein demokratisches Regierungs-system in Afrikas letzter absoluter Monarchie Swasi-land intensiviert sich. Alle Richter des Obersten Ge-richtshofs treten am 29.11. zurück, nachdem KönigMswati III. sich über eine Entscheidung des Gerichtszugunsten des Parlaments hinwegsetzt. Proteste desGewerkschaftsbundes Swasilands (SFTU), der gene-rell verbotenen Parteien, insbesondere der VereinigtenDemokratischen Volksbewegung (PUDEMO), undanderer zivilgesellschaftlicher Akteure wie dem Swa-siland Jugend-Kongress (SWAYOCO) halten dasganze Jahr über an. Im August treibt die Polizei Demonstranten undStreikende auseinander, ein Mensch wird getötet.Gegen alle Proteste erlässt der König am 14.11. eineneue Verfassung, die seine monarchischeRegierungsweise festigt und demokratische Reformenweitestgehend ausschließt. Eine Verschärfung desKonfliktes ist möglich, da PUDEMO und SWAYOCO

Konfliktbarometer 2003 – Afrika2 2

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mit zivilem Ungehorsam und Anwendung von Gewaltdrohen. cb

Togo (Opposition)Intensität: 2 Veränderung: NEU Beginn: 2002Konfliktparteien: Regierung (PPT) vs. Opposition (UFC)Konfliktgegenstand: Nationale MachtDie Opposition in Togo kritisiert den am 30.12.02 an-genommenen Verfassungsentwurf und wertet ihn alsVerfassungsbruch. Die Verfassungsänderung ermög-licht Präsident Gnassingbe Eyadema jederzeit Neu-wahlen. Die Nichtzulassung des populärsten Opposi-tionellen Gilchrist Olympio zur Präsidentschaftswahldurch die Unabhängige Nationale Wahlkommission(CENI) und das Urteil des Verfassungsgerichts am 7.5.sind umstritten. Trotz Verhaftungen von Journalistenund der Schließung zweier Rundfunkanstalten wirddas Wahlergebnis von Beobachtern nicht diskreditiert.Am 1.6. wird Eyadema mit 57 % erneut zum Prä-sidenten gewählt. pd

Uganda (ADF, PRA, NALU)Intensität: 2 Veränderung: " Beginn: 1992Konfliktparteien: Regierung vs. ADF, PRA, NALUKonfliktgegenstand: Nationale MachtNach dem Rückzug seiner Armee aus dem Kongo setztUganda gegen die verschiedenen Rebellengruppen, dieden Kongo als Rückzugsgebiet nutzen, keine Waffen-gewalt mehr ein. Am 10.6. verstärkt Uganda seine Gar-nisonen an der Grenze zum Kongo, ohne Truppen dort-hin zu entsenden. Uganda befürchtet, die Rebellenkönnten die schweren Kämpfe zwischen Hema undLendu in Ituri im Grenzgebiet zu einer Offensive nut-zen. Die wichtigste Rolle bei der Nichteinmischungvon Uganda im Kongo spielt der dortige Minister fürRegionale Kooperation, Mbusa Nyamwisi, der An-führer der Kongolesischen Sammlungsbewegung fürdie Demokratie - Befreiungsbewegung - Kisangani(RCD-ML-K), der ein Verbündeter Ugandas ist. Am29.10. wird Taban, Sohn von Ex-Diktator Idi Amin,aus dem kongolesischen Exil an Uganda ausgeliefert.

pb

Uganda (LRA)Intensität: 5 Veränderung: ! Beginn: 1992Konfliktparteien: Regierung vs. LRAKonfliktgegenstand: Nationale Macht

Zu Beginn des Jahres verringert sich die Intensität desKonfliktes zwischen der Regierung Ugandas vonYoweri Museveni und der Widerstandsarmee Gottes(LRA), die für die Errichtung eines christlichenGottesstaates kämpft, zunächst. Seit März 2002 be-steht ein Abkommen zwischen Uganda und demSudan, der die LRA zuvor unterstützt hat. Es erlaubtUganda die Rebellen auf sudanesischem Territoriumzu bekämpfen. Das Abkommen wird bis Ende desJahres verlängert. Insgesamt sind 15.000 ugandischeSoldaten im Sudan. Neben dem militärischen Druckbietet Uganda der LRA eine Amnestie an, die vorallem von ehemaligen Kindersoldaten angenommenwird. Bis Juli nehmen 246 der noch rund 1.000 vonehemals 3.000 Kämpfern der LRA das Amnestieange-bot an. Von Juni 2002 bis Juni 2003 entführt die LRA8.400 Kinder, insgesamt sind es 20.000. Aufgrund desKonflikts befinden sich 850.000 Menschen auf der

Flucht. Verhandlungsversuche der offiziellen Regie-rungsabordnung und der Gruppe der Acholi ReligiöseFührer Friedens-Initiative (ARLPI) scheitern im März,als die LRA den Waffenstillstand bricht. Daraufhinbeginnt die Armee eine neue Offensive. Die LRAweicht diesem Druck aus und unternimmt von Juni anÜberfälle und Entführungen erstmals außerhalb derAcholi-Region an der Grenze zum Sudan. Im Augustgreift die LRA dann auch Dörfer im Osten Ugandas imRahmen einer erneuten Initiative an. Die Regierungbeginnt im September mit der Ausbildung undAusrüstung von Milizen wie den Karamajong. Diesesollten zu Beginn des Jahres noch einem Entwaff-nungsprogramm, das das Problem der Verbreitung vonKleinwaffen bekämpfen sollte, unterzogen werden.

pb

Zentralafrika (Bozizé - Patassé)Intensität: 5 Veränderung: $ Beginn: 1997Konfliktparteien: Regierung vs. François Bozizé; Regierung

vs. Ange-Felix PatasséKonfliktgegenstand: Nationale Macht

Im Bürgerkrieg in Zentralafrika treffen am 5.12.02erste Truppen der Wirtschaftlichen und MonetärenGemeinschaft der Zentralafrikanischen Staaten(CEMAC) ein, um Präsident Ange-Felix Patassé zuschützen. Sie sollen die hauptsächlich libyschen Trup-pen der Gemeinschaft der Sahelo-Sahara-Staaten(CEN-SAD) ersetzen. Im Dezember erringt die Re-gierung mehrere militärische Siege gegen die Rebellenvon François Bozizé. Daraufhin drängt sie die kongo-lesischen Rebellen der Bewegung für die Befreiungdes Kongo (MLC), mit denen sie seit 2002 verbündetist, das Land zu verlassen. Der MLC werden vor allemvon der Zivilbevölkerung massive Menschenrechts-verletzungen vorgeworfen. Im März führt die Armeeeinzelne Gefechte mit der MLC. Nach einigen militä-rischen Erfolgen im Frühjahr erobert Bozizé am 15.3.überraschend und relativ unblutig die HauptstadtBangui. Er wird am 21.3. von der ehemals herrschen-den Partei von Patassé und am 24.3. von der CEMACanerkannt. Patassé flieht nach Togo und versucht er-folglos von dort aus eine eigene Rebellenbewegung insLeben zu rufen. In den folgenden Monaten bleibt dieSicherheitslage angespannt, da viele Kleinwaffen imUmlauf sind und Banditentum weit verbreitet ist.Französische Truppen, die Landsleute nach demMachtwechsel evakuieren sollen, liefern sich verein-zelt Gefechte mit Marodeuren. Diese bestehen aus ehe-maligen Kämpfern beider Seiten im Bürgerkrieg.Entwaffnungsaktionen der CEMAC und der Regie-rung, die teilweise auch zu Schiessereien führen, än-dern daran nur wenig. Die CEMAC will ihre Truppenbis zum Ende der Transitionsphase vor Ort belassen,ebenso bleibt die UNO-Mission BONUCA im Land.

pb

Konfliktbarometer 2003 – Afrika 2 3

Page 24: HEIDELBERGER INSTITUT FÜR INTERNATIONALE …theopenunderground.de/@pdf/war/Konfliktbarometer_2003.pdf · Konflikt schen mindestens zwei Parteien (organisierte Gruppen, Staaten, Staatengruppen,

Konfliktbarometer 2003 – Amerika2 4

Bolivien (Opposition)Intensität: 3 Veränderung: Beginn: 2002Konfliktparteien: Regierung vs. MAS, Gewerkschaften,

KokabauernKonfliktgegenstand: Nationale Macht

Der innenpolitische Konflikt in Bolivien zwischen derRegierung und einem informellen Bündnis vonOppositionsparteien aus dem linken Parteienspektrum,Gewerkschaften und Kokabauern verschärft sich imJahr 2003. Ende 2002 erhöht die Regierung auf Druckdes Internationalen Währungsfonds die Steuern undkürzt soziale Ausgaben, um das Staatsdefizit zu verrin-gern. Die Opposition kritisiert die Politik der Regie-rung und ruft zu Streiks und Demonstrationen auf.Zudem stellt sie die Forderung, die Erdgaserträge, dieab 2005 erwirtschaftet werden sollen, gerecht zu ver-teilen. Nach der Ankündigung weiterer Steuererhö-hungen entlädt sich am 12.2. die Spannung durch blu-tige Ausschreitungen in der Hauptstadt La Paz undanderen Teilen des Landes. Die größte Oppositions-partei, Bewegung zum Sozialismus (MAS), und derGewerkschaftsdachverband Zentrale Arbeitergewerk-schaft Boliviens (COB) rufen einen Generalstreik aus,worauf am 18.2. das gesamte Kabinett von PräsidentGonzalo Sánchez de Lozada zurücktritt. Lozada beruftein verkleinertes Kabinett und stellt ein alternativesSteuerkonzept vor. Nach der Ankündigung Lozadas,der Freihandelszone FTAA im Jahr 2005 beizutretenund über die Erdgasexporte ohne die Mitwirkung derBevölkerung zu entscheiden, kommt es im Septembererneut zu blutigen Unruhen. Die Opposition und dieBauerngewerkschaft, die nun auch den Rücktritt desPräsidenten einfordern, rufen einen Generalstreik aus.Am 15.10. stimmt die Regierung einem Referendum

über die Erdgasexporte und über eine verfassungge-bende Versammlung zu. Trotzdem erreicht die Krisemit dem Rücktritt Lozadas am 17.10. ihren vorläufigenHöhepunkt. Lozada flieht nach Miami, USA, und dasParlament wählt am gleichen Tag den VizepräsidentenCarlos Mesa, der sich zuvor öffentlich vom Präsiden-ten abgewandt hat, zum Nachfolger. Mesa stellt einKabinett mit parteilosen Mitgliedern und verspricht,die Bevölkerung bei der Entscheidung über die Erd-gasexporte mit einzubeziehen. Die Einheitsgewerk-schaft der Landarbeiter Boliviens (CSUTCB) verkün-det einen Waffenstillstand für die nächsten 90 Tage.

mz

Guatemala (FRG)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1960Konfliktparteien: Regierung (FRG), OppositionelleKonfliktgegenstand: Nationale Macht

Die Auswirkungen des 1996 beendeten Bürgerkriegesbeeinflussen weiterhin die aktuelle politische Situationin Guatemala. Infolge der Regierungsübernahme durchdie Republikanisch-Guatemaltekische Front (FRG)unter Präsident Alfonso Portillo vor vier Jahren bege-hen beide Seiten politisch motivierte Gewalttaten. Seitdem Beginn des Wahlkampfes zu den Präsident-schaftswahlen im April 2003 ist ein sprunghafter An-stieg der Gewalt zu verzeichnen. Nach Angaben vonMenschenrechtsgruppen werden im ersten Halbjahrknapp 1.400 Gewalttaten verübt, darunter über 800Morde und Mordversuche. Opfer sind neben Opposi-tionellen und Zivilisten jüngst auch Journalisten. Ex-Diktator General Efrain Rios Montt, der während desBürgerkrieges für den Tod tausender Menschen verant-wortlich gemacht wird, verkündet im Sommer seine ver-

AmerikaIn der Konfliktregion Amerika bleibt die Anzahl der Konflikte insgesamt gleich. Die weiterhin unsichere und ange-spannte Wirtschaftssituation in Mittel- und Lateinamerika ist scheinbar Hauptquelle der politischen Instabilitäten invielen Staaten des Kontinents. So fordern nach den gewaltsamen Unruhen des vergangenen Jahres in Argentinien undVenezuela dieses Jahr auch in Bolivien und der Dominikanischen Republik Demonstranten in teilweise gewaltsamenAusschreitungen eine auf stärkeren sozialen Ausgleich gerichtete Politik ihrer Regierungen. Dies zeigt sich in derDarstellung der Konfliktgegenstände am hohen Anteil gewaltsamer Konflikte in der Säule System/Ideologie. InGuatemala erschüttern die Unruhen im Vorfeld der Wahlen den ohnehin instabilen Friedensprozess, auf Haiti sorgtder Streit um Präsident Aristide für fast tägliche Gewalt auf den Straßen der Städte. In Peru besteht die Gefahr einesneuen Entfachens des Konfliktes mit Anhängern der Rebellenorganisation Leuchtender Pfad. In den seit 40 Jahrenandauernden Bürgerkriegen in Kolumbien kann Präsident Uribe mit seiner auf militärische Stärke ausgerichtetenPolitik keine Beruhigung des Landes herbeiführen. Die zwischenstaatlichen Konflikte werden weiterhin ohne Gewaltausgetragen.

Häufigkeit der Konfliktgegenstände nach GewalteinsatzAmerika 2003

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hohe Intensitätmittlere Intensitätniedrige Intensität

Konfliktintensitäten Amerika 2003 - 2002

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latenter Konflikt manifester Konflikt Krise ernste Krise Krieg

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fassungsrechtlich umstrittene Kandidatur für die FRG.Bei den unter internationaler Aufsicht abgehaltenenWahlen am 9.11. unterliegt er mit ca. 17 % der Stimmendeutlich. Montt akzeptiert die Niederlage. jh, fs

Haiti (Opposition)Intensität: 4 Veränderung: " Beginn: 1987Konfliktparteien: Oppositionsbündnis vs. RegierungKonfliktgegenstand: Nationale MachtDer durch Demonstrationen, Streiks und gewaltsameAusschreitungen bestimmte Konflikt zwischenRegierungs- und Oppositionsparteien um die nationaleHerrschaft von Präsident Jean-Bertrand Aristide inHaiti dauert an. Ein von der OAS-Mission vorgelegterZeitplan zur Konfliktbeilegung bleibt von Regierungund Opposition weitgehend unbeachtet. Der Plan siehtfür Ende 2003 Neuwahlen vor. Ende des Jahres ver-schärft sich die Situation mit wütenden Protesten vonRegierungsgegnern, die Aristide Korruption, Macht-missbrauch und Wahlbetrug vorwerfen. Regierungs-treue Straßenbanden reagieren darauf mit Gewalt.Anfang Januar kommt es bei Massendemonstrationenin Port au Prince erneut zu Ausschreitungen. EineVielzahl von Demonstrationen und mehrere Mordan-schläge gegen Politiker und Oppositionelle erschütternHaiti während des gesamten Jahres. Die OAS und dieUSA, die jeweils alle Hilfszahlungen eingefroren ha-ben, fordern die Regierung mehrmals auf, die Lage un-ter Kontrolle zu bringen. Nach dem Fund der Leiche

des Oppositionsführers Amiot Metayer am 23.9. be-schuldigen die Regierungsgegner Aristide, für dessenTod verantwortlich zu sein. Bei nachfolgenden zahlrei-chen gewaltsamen Zusammenstößen sterben im Okto-ber und November mindestens 13 Demonstranten. An-fang November werden die für den Monat angesetztenNeuwahlen, eine der wichtigsten Bedingungen für dieAuszahlungen von internationalen Hilfsgeldern an denärmsten Staat der Region, abgesagt.

nis

Kolumbien (ELN)Intensität: 5 Veränderung: " Beginn: 1961Konfliktparteien: ELN vs. RegierungKonfliktgegenstand: Nationale Macht, System

Im Konflikt zwischen der linksgerichteten Rebellen-organisation Nationales Befreiungsheer (ELN) und derkolumbianischen Regierung zeichnet sich weiterhinkeine Lösung ab. Die etwa 5.000 Mann starke Grup-pierung gerät durch die Militäroperationen der Regie-rung und die fortgesetzten Kämpfen mit verschiedenenparamilitärischen Organisationen verstärkt unterDruck. Die ELN verübt im laufenden Jahr zahlreicheBombenanschläge und entführt Politiker, Industrielleund Touristen. Der kolumbianische Präsident HoracioUribe bietet der Guerillaorganisation im Juni eine Teil-amnestie an, wenn diese ihre Waffen niederlegt. DieELN weist das Angebot der Regierung ab. dk

Konfliktbarometer 2003 – Amerika 2 5

Übersicht: Konflikte in Amerika 2003

Konfliktname1 Direkt Beteiligte2 Konfliktgegenstand Beginn Änd.3 Int.4Argentinien - Chile * Argentinien vs. Chile Grenze (Anden) 1902 " 1Argentinien -Großbritannien (Falkland-Inseln) *

Argentinien vs. Großbritannien Territorium (Falkland Inseln) 1833 " 1

Argentinien (Opposition) * Argentinien vs. Piqueteros Ideologie / System 2001 # 2Bolivien - Chile * Bolivien vs. Chile Territorium 1883 " 1Bolivien - Chile, Peru(Meereszugang) * Bolivien vs. Chile, Peru Territorium (Meereszugang Boliviens

zum Pazifik) 1964 $ 2

Bolivien (Opposition) Regierung vs. MAS, Gewerkschaften, Kokabauern Nationale Macht 2002 " 3Dominikanische Republik * Opposition vs. Regierung System 2003 NEU 3Gautemala - Belize * Guatemala vs. Belize Territorium 1862 " 1Guatemala (FRG) Opposition vs. Regierung FRG Nationale Macht 1960 ! 4Guyana - Surinam * Guyana vs. Surinam Territorium, Ressourcen 2000 " 1Haiti (Opposition) Opposition vs. Regierung Nationale Macht 1987 " 4Kanada- USA * Kanada vs. USA Territorium, Ressourcen 1996 " 1

Kanada (Québec) * Regionalregierung Québec vs. Regierung Sezession 1976 " 1

Kolumbien-Venezuela * Kolumbien vs. Venezuela Territorium, Ressourcen 1932 " 1Kolumbien (ELN) ELN vs. Regierung Nationale Macht, System 1961 " 5Kolumbien (EPL) * EPL-Guerilla vs. Regierung Nationale Macht, Ideologie/System 1964 " 3

Kolumbien (FARC) FARC vs. Paramilitärs vs. Regierung Nationale Macht, System 1961 " 5

Kolumbien (Paramilitärs) Paramilitärs (AUC u.a.) vs. Regierung Regionale Vorherrschaft 1995 " 5

Mexiko (Chiapas) * EZLN vs. Regierung Regionale Vorherrschaft, Sonstiges(Rechte der Indios) 1994 " 1

Mexiko (Guerrero) * ELN vs. Regierung Autonomie 1997 " 1Nicaragua vs. Honduras * Nicaragua vs. Honduras Territorium, Ressourcen 1999 " 1Nicaragua - Kolumbien * Nicaragua vs. Kolumbien Territorium 1980 " 1Peru (Leuchtender Pfad) Leuchtender Pfad vs. Regierung System 1980 $ 3USA - Kuba * USA vs. Kuba System 1959 " 2USA - Kuba (Guantanamo)* USA vs. Kuba Territorium (Guantanamo) 1898 " 1Venzuela -Guyana * Venezuela vs. Guyana Territorium 1830 " 1Venezuela (Opposition) Opposition vs. Regierung Nationale Macht, System 2000 " 31) 2) 3) 4) siehe Seite 11: Übersicht: Konflikte in Europa

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Kolumbien (FARC)Intensität: 5 Veränderung: " Beginn: 1961Konfliktparteien: FARC vs. Paramilitärs vs RegierungKonfliktgegenstand: Nationale Macht, System

Im Krieg der etwa 17.000 Mann starken BewaffnetenRevolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) ge-gen die Regierung führt auch die militärische Offen-sive, die Präsident Horacio Uribe im August 2002 mitUnterstützung der USA beginnt, zu keiner Befriedungdes Landes. Am 7.2. verlängert die Regierung den seitAugust geltenden Ausnahmezustand, der durch eineEntscheidung des Obersten Gerichtshofs Anfang Maijedoch für verfassungswidrig erklärt wird. Um demmilitärischen Druck zu begegnen, erhöhen die FARCdie Anzahl der terroristischen Anschläge und versu-chen den Krieg, dem seit Beginn insgesamt mehr als200.000 Menschen zum Opfer gefallen sind, in dieStädte zu tragen. Gleichzeitig führen die linksorien-tierten FARC und verschiedene rechtsgerichtete Mi-lizen erbitterte Kämpfe, bei denen im gesamten Jahrmehr als 20.000 Menschen sterben. Um die Kosten derKämpfe zu finanzieren, entführt die Rebellenorgani-sation über das Jahr mehrere hundert Zivilisten underpresst dabei hohe Lösegelder, was zu einer weiterenDestabilisierung des Landes beiträgt. Uribe, der wegender hohen Militärausgaben auch im eigenen Lagerunter Druck gerät, bietet den FARC mehrmals im JahrVerhandlungen an. Diese scheitern jedoch an derVorbedingung der Rebellen, die erneute Einrichtungeiner demilitarisierten Zone in die Gespräche einzube-ziehen. dk, nis

Kolumbien (Paramilitärs)Intensität: 5 Veränderung: " Beginn: 1995Konfliktparteien: Paramilitärs (AUC u.a.) vs. RegierungKonfliktgegenstand: Regionale Vorherrschaft

Im Zuge seiner auf Stärkung staatlicher Macht ausge-legten Politik geht Präsident Horacio Uribe gegen dieVorherrschaft der insgesamt 12.000 Paramilitärs vor,die gegen die linksgerichteten GuerillagruppierungenELN und FARC kämpfen und denen dabei massiveMenschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.Seit Beginn einer Regierungsoffensive im August ver-gangenen Jahres sterben mehr als 2.000 Milizionäre.Die Regierung bietet zu Beginn des Jahres den ver-schiedenen Gruppierungen Straffreiheit an, sollten die-se ihre Waffen abgeben. Die Paramilitärs der Verein-igten Selbstverteidigungskräfte Kolumbiens (AUC),die sich durch Raub und Plünderung finanzieren, sig-nalisieren daraufhin Verhandlungsbereitschaft, könnensich wegen interner Machtstreitigkeiten jedoch nichtauf eine einheitliche Position einigen. Am 25.11. geben850 Mitglieder der rechtsgerichteten Miliz CaciqueNutibara ihre Waffen ab. dk, nis

Peru (Leuchtender Pfad)Intensität: 3 Veränderung: $ Beginn: 1980Konfliktparteien: Leuchtender Pfad vs. RegierungKonfliktgegenstand: SystemDer Systemkonflikt zwischen dem Leuchtenden Pfad(Sendero Luminoso) und der peruanischen Regierungsetzt sich gewaltsam fort. Auf Druck des Interamerika-nischen Gerichtshofs für Menschenrechte hebt das pe-ruanische Verfassungsgericht am 7.1. die Urteile vonMilitärgerichten der Jahre 1990 bis 2000 auf. Obwohl

am 21.3. die lebenslange Freiheitsstrafe gegen denGründer der Rebellenorganisation Abimael GuzmánReynoso aufgehoben wird, eröffnet die Staatsanwalt-schaft am 25.3. ein weiteres Verfahren wegen des Ver-dachts neuerlicher terroristischer Aktivitäten. Anhän-ger des Rebellenführers intensivieren nach dem Aufrufzum Volkskrieg vom 12.6. ihre gewaltsamen Maßnah-men. Bei einer Operation gegen die Rebellen wird am27.6. ein Regierungssoldat getötet und zwei weitereverletzt. Am 10.7. greifen 50 Rebellen ein Elitekom-mando in einem Hinterhalt an und töten sieben Sol-daten. Am 28.8. wird der Abschlussbericht der Wahr-heitskommission zur Aufklärung der Menschen-rechtsverletzungen zwischen 1980 und 2000 veröffent-licht. In diesem werden fast 70.000 Todesopfer politi-scher Gewalt festgestellt, die hauptsächlich demLeuchtenden Pfad zuzurechnen ist. gs

Venezuela (Opposition)Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 2000Konfliktparteien: Opposition vs. RegierungKonfliktgegenstand: Nationale Macht, SystemDie Opposition in Venezuela, bestehend u.a. ausGewerkschaftsverbänden und dem Unternehmerver-band Fedecamaras, und der venezolanischen Regie-rung fordert den Rücktritt von Präsident Hugo Chavez.Dies führt zu Straßenschlachten und Streiks. Am 22.1schlägt der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter alsVermittler ein Referendum vor, in dem über eine Ver-fassungsänderung zur Verkürzung der Amtszeit desPräsidenten auf vier Jahre abgestimmt werden soll.Auf Druck von Vermittlern und wegen der sich drama-tisch verschlechternden wirtschaftlichen Situation be-endet die Opposition am 3.2. den seit AnfangDezember andauernden Generalstreik und beginnt mitder Unterschriftensammlung für eine Petition zurDurchführung des Referendums. Die Regierung,gestärkt durch den gescheiterten Generalstreik, lehntam 4.2. eine solche Abstimmung ab. Im Mai unter-zeichnen die Konfliktparteien ein Abkommen, wonachdurch ein Referendum über den Verbleib von Chavezim Amt entschieden und eine Wahrheitskommissionzur Klärung des Putsches im letzten April eingesetztwerden soll. Am 19.8. legt die Opposition eine Petitionmit 2,5 Millionen Unterschriften vor und erfüllt damitdie Voraussetzung zur Abhaltung des Referendums.Dies kann jedoch nur von einer nationalen Wahlkom-mission organisiert werden, die bis dahin vom Parla-ment jedoch noch nicht einberufen worden ist. Am20.8. findet in Caracas ein Protestmarsch von mehr als10.000 Gegnern Chavez’ statt, welche die Abhaltungdes Referendums beschleunigen wollen. Die aus fünfPersonen bestehende Wahlkommission lehnt die Peti-tion am 19.9. ab, weil die Unterschriften lange vor dem19.8. gesammelt worden und damit ungültig seien.

dk

Konfliktbarometer 2003 – Amerika2 6

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Bangladesch - IndienIntensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1971Konfliktparteien: Bangladesch vs. IndienKonfliktgegenstand: Grenze, Ressourcen (Wasser)

Der Grenzkonflikt zwischen Bangladesch und Indienhält auch in diesem Jahr an. Erneut werden zu Beginndes Jahres Soldaten an der Grenze zu beiden Staatengetötet. Dennoch wird eine Busverbindung zwischenDelhi und Dhaka eröffnet. Im September treffen sichdie Außenminister beider Länder, um über den Verlaufder Grenze und die Nutzung von 54 Flüssen zu ver-handeln. Insgesamt entspannt sich das Verhältnis bei-der Staaten zum Ende des Jahres leicht. ak

Bangladesch - MyanmarIntensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1991Konfliktparteien: Bangladesch vs. MyanmarKonfliktgegenstand: Sonstiges (Flüchtlingsrückführung)

Die Lage zwischen Bangladesch und Myanmar imKonflikt über die Rückführung politischer Flüchtlingeaus Myanmar entspannt sich. Nach Intervention derUNO einigen sich beide Staaten auf die Rückführungvon zunächst 273.000 Flüchtlingen nach Myanmar.Neben der Intensivierung bilateraler Wirtschafts-beziehungen nähern sich die Staaten zunehmend an.

ak

Bangladesch (Opposition)Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 1991Konfliktparteien: AL vs. RegierungKonfliktgegenstand: Nationale Macht

Der Machtkonflikt zwischen der Awami-Liga (AL)und der regierenden Nationalistischen Partei Bang-ladeschs (BNP) eskaliert. Zu Jahresbeginn beruhigt

sich die Lage zunächst, nachdem verschiedene Op-positionspolitiker aus der Haft entlassen worden sind.Im Mai boykottiert die AL jedoch eine Parlamentssit-zung. Der oberste Gerichtshof verurteilt Mitglieder derAL zu Gefängnisstrafen. Unbekannte Angreifer verü-ben mehrere Attentate auf führende Mitglieder der AL.Die Opposition macht die Regierung für die Anschlägeverantwortlich und ruft wiederholt Generalstreiks aus.Ihre Anhänger reagieren mit Ausschreitungen. ak

China - IndienIntensität: 1 Veränderung: ! Beginn: 1947Konfliktparteien: China vs. IndienKonfliktgegenstand: Territorium (Aksai Chin, Ladakh, Sikkim,

Arunachal Pradesch), internationale Macht

Der Grenzkonflikt zwischen China und Indien ent-spannt sich weiter. Der indische Premierminister AtalBihari Vajpayeeh unterzeichnet in China einAbkommen, das die Beziehungen der beiden Länderpositiv verändern soll. Indien erkennt darin Tibet alschinesisches Territorium an, im Gegenzug bietet Chinaan, das Königreich Sikkim nicht mehr als unabhängi-gen Staat zu betrachten. Das Abkommen ist in der indi-schen Öffentlichkeit umstritten. Daneben sollen dieBeziehungen durch technologische und ökonomischeKooperation stabilisiert werden. Die Entspannungwird durch eine gemeinsame militärische Übung derSeestreitkräfte in chinesischen Gewässern unterstri-chen. asr

Konfliktbarometer 2003 – Asien 2 7

AsienDie Gesamtzahl der beobachteten Konflikte in Asien liegt bei 67. Die Staaten dieser Region mit den meistenKonfliktbeteiligungen sind mit Abstand Indien und China, gefolgt von Indonesien und den Philippinen. Über dieHälfte der Konflikte in Asien bleibt gewaltfrei. Die Schwelle zur Gewalt überschreiten in diesem Jahr fünfAuseinandersetzungen: Der Oppositionskonflikt in Bangladesch, der Konflikt auf Sulawesi in Indonesien, dieKonfrontationen zwischen Militärregierung und Demokratiebewegung in Myanmar, die Auseinandersetzung auf denSalomonen und der Konflikt in Usbekistan. Der einzige Krieg Asiens wird in der indonesischen Provinz Aceh aus-getragen. Der Krieg des vergangenen Jahres, der Maoistenkonflikt in Nepal, deeskaliert um eine Stufe. Auffällig ist,dass die ganz überwiegende Zahl der Konflikte im Vergleich zum Vorjahr keine Veränderung in der Intensität auf-weist. Der mit Abstand nach Anzahl der betreffenden gewaltsamen Konflikte friedloseste Staat der Region ist Indien.Beachtenswert ist, dass Territorialkonflikte und Auseinandersetzungen um internationale Macht meist unterhalb derGewaltschwelle bleiben.

Häufigkeit der Konfliktgegenstände nach GewalteinsatzAsien 2003

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Konfliktintensitäten Asien 2003 - 2002

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Konfliktbarometer 2003 – Asien2 8

Übersicht: Konflikte in Asien 2003Konfliktname1 Direkt Beteiligte2 Konfliktgegenstand Beginn Änd.3 Int.4Bangladesch - Indien Bangladesch vs. Indien Grenze, Ressourcen (Wasser) 1971 ! 3Bangladesch - Myanmar Bangladesch vs. Myanmar Sonstiges (Flüchtlingsrückführung) 1991 ! 2Bangladesch (ChittagongHill Tracts)

CHT-Stämme, SCC, Shanti Bahini, JSS vs.Regierung Sezession 1947 ! 2

Bangladesch (Opposition) * AL vs. Regierung Nationale Macht 1991 " 3

China - Indien China vs. Indien Territorium, internationale Macht 1947 ! 1China - Philippinen * China vs. Philippinen Territorium/ Grenze 1971 ! 2

China - Taiwan China vs. Taiwan Internationale Macht, Ideologie/System, Sezession 1949 ! 2

China - Vietnam(Paracelsus-Inseln) * China vs. Vietnam Territorium/ Grenze, Ressourcen 1945 ! 1

China - Vietnam u.a(Spratly-Inseln) *

China vs. Vietnam vs. Japan vs. Philippinen vs.Taiwan Territorium/ Grenze, Ressourcen 1945 ! 1

China (Falun Gong) * Falun Gong vs. Regierung Ideologie/ System 1999 ! 2China (Hongkong) Hongkonger Gesellschaft vs. Regierung Autonomie 1999 " 2

China (Tibet) Tibetische Exilregierung, Tibeter, TibetischeSeparatisten vs. Regierung Ideologie/ System, Sezession 1912 # 2

China (Xinjiang) * ETIM vs. Regierung System/ Ideologie, Sezession 1990 ! 3Fidschi (Nationale Macht) * Ethnische Fijianer vs. Indische Elite Nationale Macht 1987 ! 2Frankreich - Vanuatu(Matthew- und Hunter-Inseln) *

Frankreich vs. Vanuatu Territorium/ Grenze 1980 ! 1

Frankreich(Neukaledonien)* Regierung vs. FLNKS Sezession 1984 ! 2

Indien - Pakistan (Siachen-Gletscher) * Indien vs. Pakistan Territorium/ Grenze 1984 ! 4

Indien (Assam) NDFB, BLTF, ULFA vs. Regierung Ethnische Autonomie 1979 ! 3Indien (Ayodhya) * Muslime vs. Hindus Religiöse Vorherrschaft 1853 ! 3

Indien (Gujarat) Muslimische Minderheitsbevölkerung vs.Regierung, Hinduistische Mehrheitsbevölkerung Religiöse Autonomie 2002 ! 3

Indien (Kaschmir) Kaschmiri und Pakistani Rebellengruppen vs.Regierung

Religiöse und regionale Autonomie,Sezession 1947 ! 4

Indien (Nagaland) * NNC vs. Regierung Sezession 1947 ! 4Indien (Naxaliten II) * PWG, MCC vs. Regierung System/ Ideologie 1997 # 2Indien (Sikhs) * Sikhs vs. Regierung Religiöse Vorherrschaft, Sezession 1929 ! 1

Indien (Tripura) ATTF, BNS, NRGT, NLFT, NSCN, TVF vs.Regierung

Sezession, Sonstiges (illegaleEinwanderung bengalischer Siedler) 1980 ! 4

Indonesien (Aceh) GAM vs. Regierung Sezession, Ressourcen 1953 " 5Indonesien (Demokratie) * Reformasi vs. Regierung Ideologie/ System 1997 ! 1Indonesien (JemaahIslamiah) Jemaah Islamiah vs. Regierung Nationale Macht 2002 ! 3

Indonesien (Kalimantan) * Dayaks vs. Maduresen Ethnische Vorherrschaft 1997 # 1

Indonsien (Molukken) Laskar Dschihad, Malukku Souveränität vs.Regierung; Muslime vs. Christen Religiöse Vorherrschaft 1998 $ 2

Indonesien (Papua) OPM vs. Regierung Sezession, Ressourcen(Bodenschätze) 1949 ! 3

Indonesien (Sulawesi) Christen vs. Muslime, Laskar Dschihad, JemaahIslamiah Religiöse Vorherrschaft 1998 " 3

Japan - China (Senkakus-/Diaoyus-Inseln) * Japan vs. China Territorium/ Grenze, Ressourcen 1972 " 2

Japan - Russland (Kurilen)* Japan vs. Russland Territorium 1945 ! 1Japan - Südkorea(Takeshima-/ Tokto-Inseln) * Japan vs. Südkorea Territorium 1945 ! 2

Kambodscha (CFF) * CFF vs. Regierung Nationale Macht, Ideologie/ System 2000 # 1Kambodscha (CPP, FUN-CINPEC, SRP) CPP vs. FUNCINPEC, SRP Ideologie/ System, nationale Macht 1979 ! 3

Laos (Rebellen) Rebellen vs. Regierung Ideologie/ System, Autonomie, natio-nale Macht 1975 " 4

Malaysia - Indonesien(Grenze) * Malaysia vs. Indonesien Territorium 1981 ! ENDE 1

Malaysia - Indonesien undPhilippinen (Einwanderer) * Malaysia vs. Indonesien, Philippinen Ressourcen, Internationale Macht 1998 ! 2

Malaysia (Demokratie,Opposition) *

Reformasi (Barisan Alternatif/ Keidalan) vs.Regierung Nationale Macht 1998 ! 1

Malaysia (KMM) * KMM vs. Regierung Ideologie/ System 2001 ! 1Myanmar (EthnischeMinderheiten) KNU, KNDO, SSA vs. Regierung, DKBA, UWSA Regionale Autonomie 1948 ! 4

Myanmar (NLD) NLD vs. Regierung Ideologie/ System, nationale Macht 1990 " 3Myanmar (Rohingya) * Rohingya vs. Regierung Autonomie 1948 # 1Nepal - Bhutan Nepal vs. Bhutan Sonstiges (Flüchtlinge) 1986 ! 2Nepal (MaoistischeRebellen) CPN-M vs. Regierung Ideologie/ System, nationale Macht 1996 # 4

Neuseeland - USA(Atomwaffenpolitik) * Neuseeland vs. USA Internationale Macht

(Rüstungskontrolle) 1984 ! 1

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China - TaiwanIntensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1949Konfliktparteien: China vs. TaiwanKonfliktgegenstand: Internationale Macht, Ideologie/ System,

Sezession

Der Konflikt um den Status Taiwans gewinnt anDynamik. Beide Staaten werden in die WTO aufge-nommen. Der völkerrechtliche Status Taiwans ist einesder wichtigsten Themen im Präsidentschaftswahl-kampf des nächsten Jahres in Taiwan. Hardliner inPeking drohen daraufhin mit Invasion. China verhin-dert erneut die Mitgliedschaft Taiwans in der UNO.

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China (Hongkong)Intensität: 2 Veränderung: " Beginn: 1999Konfliktparteien: Hongkonger Gesellschaft vs. RegierungKonfliktgegenstand: Autonomie

Der Konflikt zwischen China und Teilen derBevölkerung der ehemaligen britischen KronkolonieHongkong um Autonomie und demokratische Partizi-pation dauert an. Öffentliche Diskussionen um ein vonder chinesischen Regierung erlassenes neues Sicher-heitsgesetz weiten sich zu einer Serie von Massen-demonstrationen in Hongkong aus. Dieses Gesetzwürde die Meinungs-, Presse- und Religionsfreiheiteingeschränken. Die von Peking eingesetzte Stadtre-gierung zieht nach den Protesten die Gesetzesvorlagezurück. Eine für September angekündigte Neuvorlageverschiebt sie auf unbestimmte Zeit. asr

China (Tibet)Intensität: 2 Veränderung: # Beginn: 1912Konfliktparteien: Tibetische Exilregierung, Tibeter, Tibetische

Separatisten vs. RegierungKonfliktgegenstand: Ideologie/ System, Sezession

Im Tibet-Konflikt setzt die Zentralregierung die juris-tische Verfolgung von separatistischen Aktivisten alsauch ihre diplomatischen Bemühungen, die internatio-nale Popularität des Dalai Lama zu untergraben, fort.

Die Gewaltbereitschaft der Separatisten bleibt gering.Der Dalai Lama verkündet, er wolle sich in Verhand-lungen um eine Autonomie Tibets innerhalb Chinasbemühen, dieses Ziel ist in Tibet jedoch umstritten.Sollte die tibetische Gesellschaft sich darüber zerstrei-ten, und die pazifistische Autorität des Dalai Lamageschwächt werden, könnte das Gewaltpotential desKonfliktes sprunghaft ansteigen. asr

Indien (Assam)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1979Konfliktparteien: NDFB, BLTF, ULFA vs. RegierungKonfliktgegenstand: Ethnische Autonomie

Trotz eines Autonomieabkommens zwischen der indi-schen Regierung und den Kräften BefreiungstigerBodoland (BLTF) halten die Angriffe anderer Separa-tisten auf die bengalisch-sprechende Bevölkerung inAssam weiter an. So werden im April vier bengalischeMuslime von Rebellen der Nationalen Demokratisch-en Front für Bodoland (NDFB) getötet. Die Separati-sten der Vereinigten Befreiungsfront von Assam(ULFA) überfallen Dörfer und Züge im angrenzendenBihar, bei denen mehrere Menschen verletzt und getö-tet werden. Entlang der Grenze zu Bhutan wird ver-mehrt indische Grenzpolizei stationiert, nachdem diebhutanesische Regierung ein Aufenthaltsverbot für dieRebellen beider Gruppen ausspricht. In Bhutan werdenihnen die Versorgunswege für Nahrungs- und medizi-nische Versorgung abgeschnitten. ak

Indien (Gujarat)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 2002Konfliktparteien: Muslimische Minderheitsbevölkerung vs.

Regierung, HinduistischeMehrheitsbevölkerung

Konfliktgegenstand: Religiöse Autonomie

Während des Berichtszeitraums greifen sich Teile derHindu- und Moslembevölkerung im indischen Bun-desstaat Gujarat wiederholt gegenseitig an. Im De-zember 2002 gewinnt die Regierungskoalition unterder Führung der Bharatiya Janata Partei (BJP) von

Konfliktbarometer 2003 – Asien 2 9

Konfliktname1 Direkt Beteiligte2 Konfliktgegenstand Beginn Änd.3 Int.4

Nordkorea - Südkorea Nordkorea vs. Südkorea Ideologie/ System, InternationaleMacht 1947 ! 3

Nordkorea - USA,Südkorea, Japan Nordkorea vs. USA, Südkorea, Japan Internationalen Macht

(Rüstungskontrolle), System/ Ideologie 1993 ! 2

Osttimor - Australien Osttimor vs. Australien Territorium, Ressourcen 2002 ! 2Pakistan - Indien(Kaschmir) Pakistan vs. Indien Territorium, Internationale Macht 1947 ! 4

Pakistan (Belutschistan) * BSO, BFL vs. Regierung Sezession 1920 ! 2Pakistan (Sindh) MQM vs. Regierung Autonomie, Nationale Macht 1977 # 1Papua-Neuguinea(Bougainville II) * BRA vs. Regierung Autonomie 1988 ! 1

Philippinen (Abu Sayyaf) Abu Sayyaf vs. Regierung Sezession 1985 # 3Philippinen (MILF) MILF vs. Regierung Sezession, System/ Ideologie 1984 " 4Philippinen (MNLF) * MNLF vs. Regierung Sezession 1970 $ ENDE 2Philippinen (NPA) * NPA, CPP vs. Regierung Ideologie/ System 1968 # 2

Salomonen (MEF) Regierung, IFM vs. MEF Sonstiges (Umsetzung des Vertragesvon 2000), Ressourcen 1998 " 3

Singapur - Malaysia Singapur vs. Malaysia internationale Macht, Territorium/Grenze 1979 ! 1

Singapur (JemaahIslamiah) * Jemaah Islamiah vs. Regierung Ideologie/ System 1999 ! 1

Sri Lanka (LTTE) LTTE vs. Regierung Autonomie 1922 ! 4Thailand - Kambodscha(Grenze) Thailand vs. Kambodscha Territorium/ Grenze, Internationale

Macht 1954 " 2

Tadschikistan * Islamische Rebellen vs. Regierung Ideologie/ System 1990 ! 3Usbekistan (IMU) * IMU vs. Regierung Usbekistan Ideologie/ System, Nationale Macht 1997 " 3Vietnam (KKNLF) KKNLF vs. Regierung Sezession, Ideologie/ System 2002 ! 21) 2) 3) 4) siehe Seite 11: Übersicht: Konflikte in Europa

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Ministerpräsident Narendra Modi die Wahlen inGujarat trotz Vorwürfen ihrer angeblichen stillschwei-genden Duldung gewalttätiger Ausschreitungen vonHindus gegen Muslime im Anschluss an einenBrandanschlag auf einen mit Hindu-Pilgern besetztenZug nahe Godhra im Februar 2002. Im Juni wirft dieNationale Menschenrechtskommission (NHRC) derBundesstaatsregierung Versagen bei der Bekämpfunggewalttätiger Ausschreitungen im Zusammenhang mitden Auseinandersetzungen um den Anschlag inGodhra und den Wahlen vom Dezember 2002 sowiebei der Strafverfolgung der Gewalttäter vor. Auch wirftsie einigen Staatsorganen in Gujarat eine zumindeststillschweigende Billigung der Gewalttaten gegenüberden Muslimen vor. Nach einem Urteil des OberstenGerichtshofs Indiens im September erklärt die Bundes-staatsregierung, sie wolle auf eine Überprüfung derFreisprüche für verschiedene Beschuldigte auf Seitender militanten Hindus hinwirken. Im November fordertdie Unionsregierung die Regierung von Gujarat zurverschärften Bekämpfung der Gewalttäter auf. mp

Indien (Kaschmir)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1947Konfliktparteien: Kaschmiri und Pakistani Rebellengruppen

vs. RegierungKonfliktgegenstand: Religiöse und regionale Autonomie,

Sezession

Während des gesamten Berichtszeitraumes verübenmilitante Separatisten nahezu wöchentlich Anschlägein Kaschmir, bei denen zahlreiche Zivilisten getötetwerden. Die indischen Sicherheitskräfte reagieren wiein den Vorjahren mit verstärkter Repression in derRegion. Der Aufruf der Separatistengruppe Hezb-ul-Mujahedin am 30.12.02, auf Gewalt in Kaschmir zuverzichten, wird nicht befolgt. Eine Friedensinitiativedes indischen Staatspräsidenten Abdul Kalam, wieauch der Aufruf zu Verhandlungen durch Khan ShahAfridi im Juni bleibt ohne Ergebnis. Ende Oktober bie-tet die indische Regierung Verhandlungen über dieZukunft Kaschmirs unter der Vorbedingung einesGewaltverzichts an. Am 21.11. verkündet die HurriyatAllparteienkonferenz (APHC), eine Dachorganisationverschiedener Separatistengruppen, ihre Bereitschaft zuGesprächen und kündigt an, in Kürze einen Zeitplan fürzukünftige Verhandlungen und Vorschläge über derenInhalt der Öffentlichkeit vorstellen zu wollen. mp

Indien (Tripura)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1980Konfliktparteien: ATTF, BNS, NRGT, NLFT, NSCN, TVF vs.

RegierungKonfliktgegenstand: Sezession, Sonstiges (illegale Einwanderung

bengalischer Siedler)

Im nordöstlichen indischen Staat Tripura gehen dieKämpfe zwischen den separatistischen Rebellen derLiga zur Befreiung von Tripura (NLFT) und der Ganz-Tripura Tiger Kräfte (ATTF) gegen die Regierung wei-ter. Nach dem Wahlsieg der linken Regierungsparteienverschärft sich der Kampf der Rebellen. Wiederholtwerden hochrangige Politiker entführt und später getö-tet. Drei zeitgleiche Überfälle auf ein Dorf, bei denenmindestens 32 Menschen getötet werden, rufen einenGeneralstreik der Bevölkerung gegen die Rebellenhervor. Zeitweilig wird eine Ausgangssperre angeord-

net. Der Ministerpräsident von Tripura beschuldigtBangladesch, den Rebellen der NLFT in der benach-barten Grenzregion Unterschlupf zu gewähren. Ins-gesamt wird in diesem Jahr von mehr als 200 Totenausgegangen. ak

Indonesien (Aceh)Intensität: 5 Veränderung: " Beginn: 1953Konfliktparteien: GAM vs. RegierungKonfliktgegenstand: Sezession, Ressourcen

Der Sezessionskonflikt in der indonesischen ProvinzAceh eskaliert. Nachdem Präsidentin MegawatiSukarnoputri am 18.5. das Kriegsrecht über dieProvinz verhängt hat, beginnt die Armee am darauffol-genden Tag eine Großoffensive mit rund 40.000Soldaten. Damit betrachtet die internationale Gemein-schaft die Vermittlungsversuche als gescheitert, derenZiel es war, das Militär bis zur Präsidentenwahl 2005unter zivile Kontrolle zu stellen. Seit Mai sind mehr alstausend Menschen getötet worden und über 20.000 aufder Flucht. Mit einer Verschärfung des KriegsrechtsAnfang November, die eine Ausweitung der Militär-aktionen bedeutet, erreicht der Bürgerkrieg einen wei-teren Höhepunkt. cs

Indonesien (Jemaah Islamiah)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 2002Konfliktparteien: Regierung vs. Jamaah IslamiahKonfliktgegenstand: Nationale MachtDie Terrorgruppe Jemaah Islamiah verübt in diesemJahr mehrere Anschläge in Indonesien. So werden am5.8. 13 Menschen bei einem Bombenattentat auf einwestliches Hotel in Jakarta getötet und über hundertverletzt. Im Februar beginnt der Prozess gegen dieHauptbeschuldigten des Attentats von Bali im Oktober2002. Fast ein Jahr nach den Anschlägen wird einer derAngeklagten zum Tode verurteilt, andere erhalten le-benslange Haftstrafen. Am 18.10. erlässt die Regie-rung Antiterror-Notverordnungen. cs

Indonesien (Molukken)Intensität: 2 Veränderung: $ Beginn: 1998Konfliktparteien: Laskar Dschihad, Malukku Souveränität vs.

Regierung; Muslime vs. ChristenKonfliktgegenstand: Religiöse Vorherrschaft

Der Konflikt zwischen Muslimen und Christen bestehtweiter. Zu Anfang des Jahres verurteilt ein Gericht inJakarta zwei Führer von christlichen Gruppen wegenAnschlägen auf muslimische Einrichtungen zu Ge-fängnisstrafen. Sonst bleiben die Auseinandersetzun-gen aber weitgehend gewaltfrei. cs

Indonesien (Papua)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1949Konfliktparteien: Regierung vs. OPMKonfliktgegenstand: Sezession, Ressourcen (Bodenschätze)

Der Sezessionskonflikt zwischen der indonesischenRegierung und der Organisation Freies Papua (OPM)dauert an. Am 7.7. hissen Separatisten eine Papua-Flagge, woraufhin die Armee einen Rebellen tötet undweitere verletzt und verhaftet. Im August plant dieRegierung eine Spaltung der Provinz in drei Teile. Diesführt zu Ausschreitungen, die auch nach der Rück-nahme des Vorhabens nicht abebben. cs

Konfliktbarometer 2003 – Asien3 0

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Indonesien (Sulawesi)Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 1998Konfliktparteien: Christen vs. Muslime, Laskar Dschihad,

Jemaah IslamiahKonfliktgegenstand: religiöse Vorherrschaft

Im Konflikt zwischen Muslimen und Christen auf derindonesischen Insel Sulawesi, in dem es von 1999 bis2001 über tausend Tote gegeben hat, ist es in den ver-gangenen anderthalb Jahre ruhig geblieben. Am12.10., dem ersten Jahrestag der Bali-Anschläge, tötetdie Jemaah Islamiah acht Christen und verletzt weite-re. Wegen des Erlasses von einigen Antiterror-Notverordnungen erklärt am 15.10. die islamistischeOrganisation Laskar Jihad ihre sofortige Auflösung,bestreitet aber einen Zusammenhang mit den Bali-Anschlägen. cs

Kambodscha (CPP - FUNCINPEC, SRP)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1979Konfliktparteien: CPP vs. FUNCINPEC, SRPKonfliktgegenstand: Ideologie/ System, nationale Macht

Bereits seit der Machtübernahme des amtierendenkambodschanischen Ministerpräsidenten Hun Sen imJahre 1979 besteht ein Konflikt zwischen derKambodschanischen Volkspartei (CPP) und der roya-listischen FUNCINPEC-Partei. Im Jahr 1995 tritt dieSam Rainsy-Partei (SRP) als weitere Konfliktparteihinzu. Im Vorfeld der Parlamentswahlen werden min-destens vier Morde an FUNCINPEC- bzw. SRP-Aktivisten begangen. Am 27.7., dem Tag der Parla-mentswahlen, wird ein Bombenanschlag gegen dasHauptquartier der FUNCINPEC in Phnom Penh ver-übt. SRP und FUNCINPEC werfen Hun Sen Unregel-mäßigkeiten im Wahlverlauf vor. Beide boykottierensowohl die Eröffnungszeremonie des neuen Parla-ments als auch die Verhandlungen zur Bildung derneuen Regierung. Erst nach einem Appell des KönigsNorodom Sihanouk Anfang November erklären siesich zu Koalitionsverhandlungen bereit. ca

Laos (Rebellen)Intensität: 4 Veränderung: " Beginn: 1975Konfliktparteien: Rebellen vs. RegierungKonfliktgegenstand: Ideologie/ System, Autonomie, nationale

Macht

Nachdem Laos bereits im Jahre 2000 regelmäßig vonBombenanschlägen erschüttert worden ist, greifen die-ses Jahr mehrmals bewaffnete Personen Zivilisten undRegierungssoldaten an. Die Zwischenfälle sind Aus-druck der antikommunistisch-royalistischen Wider-standsbewegung und des damit verbundenen Freiheits-kampfes der indigenen Minderheit der Hmong. ct

Myanmar (Ethnische Minderheiten)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1948Konfliktparteien: KNU, KNDO, SSA vs. Regierung, DKBA,

UWSAKonfliktgegenstand: Regionale Autonomie

Der Kampf der Rebellen von der Karen Nationalunion(KNU), der Karen Nationale Verteidigungsorganisa-tion (KNDO) und der Rebellen der Shan-Staatsarmee(SSA) um regionale Autonomie gegen Myanmars Mi-litärregierung und die mit ihr verbündeten Milizen derDemokratisch-Buddhistischen Karen-Armee (DKBA)und der Vereinigten Armee des Wa-Staats (UWSA)

geht unvermindert weiter. Anfang des Jahres startet dieArmee Myanmars ihre alljährliche Trockenzeitoffen-sive gegen Stützpunkte der Rebellen an der Grenze zuThailand. Daneben finden während des ganzen Jahresimmer wieder kleinere Gefechte statt. Ein einseitigausgerufener Waffenstillstand und ein Verhandlungs-angebot der SSA im Januar werden von der Militärre-gierung nicht beachtet. Die Armee verübt auch weiter-hin nahezu täglich Übergriffe, wie Raub, Vergewalti-gung und Mord, gegen ethnische Minderheiten.Insgesamt fordert der Konflikt im Berichtszeitraummehrere Hundert Todesopfer, einige Tausend werdenvertrieben. Die Rebellengruppen sind auch in anderenGebieten, wie dem der Mon, aktiv. ca

Myanmar (NLD)Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 1990Konfliktparteien: Regierung vs. NLDKonfliktgegenstand: Ideologie/System, nationale Macht

Der Konflikt um nationale Macht und das politischeSystem zwischen der herrschenden Militärregierung inMyanmar und der Nationalen Liga für Demokratie(NLD), die 1990 die letzten freien Wahlen gewonnenhat und seitdem an der Regierungsausübung gehindertwird, besteht weiter. Die in der Folge der Freilassungder Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi im Jahr2001 eingetretene Entspannung hält zu Beginn desBerichtsjahres weiter an. Jedoch verschärft sich dieSituation Ende Mai mit einem Überfall auf Suu Kyierneut. Bei dem Überfall, der zunächst als Zusam-menstoß zwischen NLD- und Regierungsanhängernbezeichnet wird, sterben bis zu hundert Menschen. SuuKyi und zahlreiche NLD-Mitglieder werden verhaftetund fast im ganzen Land die NLD-Büros geschlossen.Ihr Gesundheitszustand und starker internationalerDruck, vor allem von Seiten der USA, führen dazu,dass ihre Haft Ende September in einen Hausarrestumgewandelt wird. ca

Nepal - BhutanIntensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1986Konfliktparteien: Nepal vs. BhutanKonfliktgegenstand: Sonstiges (Flüchtlinge)

Der Konflikt um die Repatriierung von Flüchtlingenim Osten Nepals, die ursprünglich aus Bhutan stam-men, jedoch nepalesischer Abstammung sind, bestehtweiter. Die Verifikationsmission, die Ende 2001gemeinsame Arbeitsgruppen aus Nepal und Bhutanmit Unterstützung der EU und des UNHCR eingesetzthaben, veröffentlicht im Jahr 2003 ihre Ergebnisse.Nach den Untersuchungen der Arbeitsgruppen dürfenca. 9.000 von 12.000 Flüchtlingen des LagersKhudunabari nach Bhutan zurückkehren. Am 23.10.stimmen Bhutan und Nepal dieser freiwilligen Rück-kehr zu. Im Osten Nepals bleiben immer noch ca.90.000 Menschen auf weitere sechs Flüchtlingslagerverteilt, für die bislang noch keine Verifikationsmis-sion eingesetzt worden ist. yf

Nepal (Maoistische Rebellen)Intensität: 4 Veränderung: # Beginn: 1996Konfliktparteien: CPN-M vs. RegierungKonfliktgegenstand: Ideologie/System, nationale Macht

Der seit 1996 bestehende gewaltsame Konflikt zwi-schen der Kommunistischen Partei Nepals - Maoisten

Konfliktbarometer 2003 – Asien 3 1

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Konfliktbarometer 2003 – Asien3 2

(CPN-M), die die Errichtung eines maoistischenStaates in Nepal fordert, und der Staatsführung mitKönig Gyanendra an der Spitze, geht im Jahr 2003trotz eines siebenmonatigen Waffenstillstandes weiter.Nach der Ermordung von Krishna Mohan Shrestha,dem Chef der Polizei in Nepal, am 26.1., kündigen dieRebellen einen Waffenstillstand an, um die Friedens-verhandlungen mit der Regierung wiederaufzuneh-men. Die Maoisten knüpfen die Friedensgespräche anzwei Bedingungen. Dies sind der Rückzug der Armeeund die Freilassung der Gefangenen. Die Rebellen unddie Vertreter der Regierung treffen sich formell am20.4. und 17.7. In den Treffen fordern die Rebelleneine Konferenz, eine vorläufige Regierung, die Ent-stehung einer verfassunggebenden Versammlungsowie konkrete Fristen, um ein Friedensabkommen zuerreichen. Die Regierung ihrerseits will über die Aus-prägung der nepalesischen Monarchie und den Inhaltder Verfassung nicht verhandeln. Sie demonstrierengegen die Auflösung der Regierung durch KönigGyanendra im Oktober 2002. Die Massenproteste füh-ren zum Rücktritt von Premierminister LokendraBahadur Chand am 30.5. Er wird durch Surya BahadurThapa ersetzt. Die Verhandlungen zwischen den Rebellen und denVertretern der Regierung tragen nicht zur Lösung desKonflikts bei. Obwohl die Regierung im Juli drei mao-istische Führer freilässt, weigert sie sich, eine neueVerfassung auszuarbeiten. Am 27.7. kündigen dieMaoisten das Ende des Waffenstillstandes an. DieRegierung erklärt den Ausnahmezustand. yf

Nordkorea - SüdkoreaIntensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1947Konfliktparteien: Nordkorea vs. SüdkoreaKonfliktgegenstand: Ideologie/ System, Internationale Macht

Die Beziehungen zwischen Nordkorea und Südkoreaverbessern sich. Im Laufe des Jahres finden mehrereGespräche auf Kabinettsebene statt, die eine Annähe-rung in Bezug auf die Teilung der Halbinsel verspre-chen. Zum ersten Mal ist es südkoreanischen Touristen2003 erlaubt, den Norden an ausgewählten Tagen zubesuchen. Ein historisches Ereignis stellt die Wieder-verbindung der Eisenbahnstrecke zwischen Nordkoreaund Südkorea dar. Dennoch ist das Verhältnis durchdie nukleare Wiederaufrüstung Nordkoreas überschat-tet. Am 18.2. droht Nordkorea, das Waffenstillstands-abkommen von 1953 mit Südkorea aufzukündigen.Darüber hinaus ereignet sich Mitte Juli ein Schuss-wechsel an der Grenze, bei dem niemand verletzt wird.

je

Nordkorea - USA, Südkorea, JapanIntensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1993Konfliktparteien: Nordkorea vs. USA, Südkorea, JapanKonfliktgegenstand: Internationalen Macht (Rüstungskontrolle),

System/ Ideologie

Nachdem im Jahr 2002 bekannt wurde, dass Nord-korea sein Nuklearprogramm zum Bau von Atomwaf-fen nicht eingestellt hat, verabschiedet die Internatio-nale Atomenergiebehörde (IAEA) am 6.1. eine Resolu-tion, um Druck auf Nordkorea auszuüben. Nordkoreareagiert am 10.1. mit dem sofortigen Austritt aus demAtomwaffensperrvertrag und fordert Verhandlungenmit den USA. China, die USA, Russland, Südkoreaund Japan bemühen sich um eine diplomatische

Lösung des Konflikts. Am 26.2. wird der Reaktor inYongbyon nach Angaben Nordkoreas wieder inBetrieb genommen. Diesen hatte es zuvor als Konzes-sion abgeschaltet.Eine Entspannung scheint sich abzuzeichnen, alsNordkorea sich nach Vermittlung Chinas zuGesprächen mit den USA am 23.4. in Peking bereiter-klärt. Die Gespräche enden allerdings ohne Ergebnis.Am 9.6. droht Nordkorea mit dem Aufbau einer nukle-aren Abschreckung, sollten die USA ihre „feindlichePolitik“ nicht aufgeben. Erst Ende August kommt eswieder zu einer Annäherung während der multilatera-len Sechsergespräche, die aber ebenfalls ohne Fort-schritte enden. Am 2.10. erklärt Nordkorea, dass ihmdie Wiederaufbereitung von Brennstäben zur Herstel-lung von Atomwaffen gelungen sei und es zu weiterenGesprächen nur unter Ausschluss Japans bereit ist.

je

Osttimor - AustralienIntensität: 2 Veränderung: NEU Beginn: 2002Konfliktparteien: Osttimor vs. AustralienKonfliktgegenstand: Territorium, Ressourcen

In der Auseinandersetzung zwischen Osttimor undAustralien um die Nutzungsrechte von Erdgas- undErdölvorkommen in der Timorsee ratifizieren beideParteien am 6. bzw. 7.3. ein Abkommen, das die Ge-winnverteilung zwischen den Ländern regelt. Darinsetzt Australien einen 80-prozentigen Erlösanteil ausdem Erdgasfeld "Greater Sunrise" durch. Osttimor, dasnach seiner Unabhängigkeit am 20.5.02 noch immerstark von finanzieller Hilfe Australiens abhängig ist,beklagt nach der Unterzeichnung durch seinenPremierminister Mari Alkatiri den außergewöhnlichstarken diplomatischen Druck, der von Australien aus-geübt worden sei. Australien hat im Vorfeld jeglicheRegelung über den Internationalen Gerichtshof in DenHaag ausgeschlossen. nis

Pakistan - Indien (Kaschmir)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1947Konfliktparteien: Pakistan vs. IndienKonfliktgegenstand: Territorium, Internationale MachtDer Konflikt zwischen Indien und Pakistan um den ter-ritorialen Status von Kaschmir hält weiter an. Im Ver-gleich zu vergangenen Jahren kommt es im Berichts-zeitraum zu weniger häufigen Zusammenstößen indi-scher und pakistanischer Streitkräfte entlang derDemarkationslinie in der Kaschmirregion. Im Februarweisen beide Seiten kurzzeitig Diplomaten des jeweilsanderen Staates aus. Nach Gesprächsangeboten seitensPakistans im Februar und seitens Indiens im Mai, neh-men die Missionen beider Staaten ihre Arbeit EndeMai wieder auf. Im Juni und Juli bieten beide Regie-rungen der jeweils anderen Gespräche über eine Ver-besserung der bilateralen Beziehungen und Kaschmiran. Im August beschuldigt Indien Pakistan im An-schluss an einen Bombenanschlag in Mumbai, seineInfiltration nun auch über Kaschmir hinaus auszudeh-nen zu wollen. Indische und pakistanische Truppen lie-fern sich im September ein heftiges Artilleriegefecht,bei dem vier Menschen getötet werden. Im Oktoberund November versichern beide Seiten einander erneutihre Gesprächsbereitschaft über die Kaschmirfrage.Am 25.11. verkünden Indien und Pakistan einen Waf-fenstillstand entlang der Demarkationslinie in Kasch-

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mir auf unbeschränkte Zeit. Indien schränkt den Waf-fenstillstand ein, so dass dieser nur für den Konfliktmit Pakistan gelte, nicht jedoch gegenüber militantenGruppen in Kaschmir selbst. mp

Pakistan (Sindh)Intensität: 1 Veränderung: # Beginn: 1977Konfliktparteien: MQM vs. RegierungKonfliktgegenstand: Autonomie, Nationale Macht

Am 11.12.02 tritt die Muttahida Qaumi Mahaz (MQM)in eine Regionalregierung in der pakistanischenProvinz Sindh ein, die von der Pakistan Muslim-Liga(PML-Q) geführt wird. Die PML-Q ist wichtigsteRegierungspartei und unterstützt das Regime von Ge-neral Pervez Musharraf. Damit wird der Konflikt we-sentlich entschärft. Die MQM erhofft sich dadurcheine teilweise Lösung des Konflikts um den Status dervon ihr repräsentierten ethnischen Gruppe derMohajirs im Sindh. Der weiterhin wichtigste Vertreterder MQM, Altaf Hussein, entscheidet sich dennoch ausAngst vor möglichen Terroranschlägen rivalisierenderParteien in der Provinz zu einem Verbleib im selbstgewählten Londoner Exil. mp

Philippinen (Abu Sayyaf)Intensität: 3 Veränderung: # Beginn: 1985Konfliktparteien: Abu Sayyaf vs. Regierung Konfliktgegenstand: Sezession

Die ca. 500 kämpfenden Mitglieder der OrganisationAbu Sayyaf, die sowohl von der US-amerikanischenals auch von der philippinischen Regierung als terro-ristisch eingestuft werden und vermutlich Verbindun-gen zu Al-Kaida und Jemaah Islamiah hat, haben dieErrichtung eines islamischen Staates auf Mindanaound Sulu zum Ziel. Zu Verhandlungen mit Abu Sayyaf,die wiederholt Zivilisten entführt, hohe Lösegeldfor-derungen stellt und vor der Ermordung der Geiselnnicht zurückschreckt, ist die Regierung nicht bereit. Inihrem Versuch, Abu Sayyaf zu besiegen, wird das philip-pinische Militär durch Beratung und Ausbildung von US-amerikanischer Seite unterstützt. Im Mai liefern sich dieAbu Sayyaf Gefechte mit Regierungstruppen, bei denenvier Rebellen und zwei Soldaten getötet werden. slu

Philippinen (MILF)Intensität: 4 Veränderung: " Beginn: 1984Konfliktparteien: MILF vs. RegierungKonfliktgegenstand: Sezession, System/ Ideologie

Im Dezember 2002 und Januar 2003 werden aufMindanao wiederholt Bombenanschläge verübt, beidenen mehrere Dutzend Zivilisten getötet werden. Diephilippinische Regierung vermutet, dass die MoroIslamische Befreiungsfront (MILF), die für die Ab-spaltung des muslimisch geprägten Südens kämpft,hinter diesen Anschlägen steht. Sie startet im Februareine militärische Offensive mit mehreren tausendSoldaten gegen die Rebellen. Bis zu 30.000 Zivilistenflüchten vor den Kampfhandlungen. Nachdem in denfolgenden Monaten unvermindert Bombenanschlägeauf öffentliche Einrichtungen verübt werden, unteranderem im März auf den Davao City Airport, brichtdie Regierung im Mai die Friedensgespräche mit denRebellen ab und eröffnet eine Offensive mit Luft-angriffen und Artilleriefeuer auf die Rebellen. Als Re-aktion darauf rufen die MILF-Rebellen einen zehntägi-

gen Waffenstillstand aus. Am 18.7. unterzeichnet dieRegierung ein Waffenstillstandsabkommen mit derMILF, dem Friedensverhandlungen in Malaysia folgensollen. Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo, die sichwährend der Offensive auf einem Staatsbesuch in denUSA befindet, sichert US-Präsident George W. Bushdie militärische Unterstützung im Kampf gegen dieTerrorgruppen in den Philippinen zu. Er möchte diePhilippinen zum wichtigsten Verbündeten ohneNATO-Mitgliedschaft erklären, um so die Zusammen-arbeit der beiden Länder auf militärischem Gebiet zuverstärken und zu erleichtern. Er beschließt die Ent-sendung von Truppen auf die Philippinen. slu

Salomonen (MEF)Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 1998Konfliktparteien: Regierung, IFM vs. MEFKonfliktgegenstand: Sonstiges (Umsetzung des Vertrages von

2000), RessourcenNachdem der auf den Salomonen im Zuge einesFriedensabkommens aus dem Jahr 2000 vereinbarteEntwaffnungsprozess seit dem letzten Jahr ins Stockengeraden ist, verüben Angehörige der rivalisierendenRebellenbewegungen Isatabu Befreiungsbewegung(IFM) und Kräfte der Malaita Adler (MEF) in derersten Hälfte des Jahres erneut mehrere Anschläge. ImJuni bietet Australien die Entsendung einer Friedens-truppe auf die Salomonen an. Die Regierung und dasParlament der Salomonen nehmen im Juli wegen dersich verschlechternden Sicherheitslage diese Offertean. Am 24.7. beginnt die multinationale Friedensmis-sion unter australischer Führung. Die MEF erklärt sichnach Gesprächen mit Befehlshabern der Friedenstrup-pen zur Entwaffnung bereit. Die Mission der multina-tionalen Polizei- und Streitkräfte wird am 29.10. fürweitgehend erfolgreich und vorläufig abgeschlossenerklärt. mp

Singapur - MalaysiaIntensität: 1 Veränderung: ! Beginn: 1979Konfliktparteien: Singapur vs. MalaysiaKonfliktgegenstand: internationale Macht, Territorium/ Grenze

Im seit 1979 bestehenden Grenzkonflikt zwischenSingapur und Malaysia sind 1998 Streitigkeiten überGrenzkontrollen und die militärische Nutzung desLuftraums und 2002 Auseinandersetzungen über dieWasserversorgung und das LandgewinnungsprogrammSingapurs hinzugekommen. Nachdem keine Einigungerzielt werden kann, unterzeichnen Singapur undMalaysia ein Übereinkommen, das am 24.7. den Streit-fall um die Souveränitätsrechte über die Inseln PedraBranca/Pulau Batu Puteh, Middle Rocks und SouthLedge vor den Internationalen Gerichtshof bringt.Malaysia hingegen bringt den Streitfall um dieLandgewinnung am 5.9. vor den Internationalen See-gerichtshof, der am 8.10. entscheidet, dass der Falldurch ein unabhängiges Schiedsgericht weiterverfolgtwerden soll. ct

Sri Lanka (LTTE)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1922Konfliktparteien: LTTE vs. RegierungKonfliktgegenstand: Autonomie

Der Anfang 2002 mit einem unbefristeten Waffenstill-stand einsetzende Friedensprozess zwischen der Re-gierung von Sri Lanka unter Premierminister Ranil

Konfliktbarometer 2003 – Asien 3 3

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Wickremesinghe von der Vereinigten Nationalpartei(UNP) und den Befreiungstigern von Tamil Eelam(LTTE) gerät ins Stocken. Aufgrund der erreichtenErfolge sind bislang 1.000 sri-lankische Flüchtlingeaus Indien und mehr als 100.000 Binnenvertriebenezurückgekehrt. Neben den gravierenden Fragen des Verschwindensvon Personen während des Krieges und der Rekrutie-rung von Kindersoldaten durch die LTTE besteht dasKernproblem in den von der Armee eingerichtetenHochsicherheitszonen. Diese sollen erst aufgelöst wer-den, wenn die LTTE entwaffnet ist. Erst dann kann einGroßteil der Flüchtlinge zurückkehren. Während dieLTTE hinsichtlich des Konfliktgegenstandes bereits imNovember 2002 die Sezessions- zugunsten einerAutonomieforderung aufgegeben hat, können sich dieKonfliktparteien in der Entwaffnungsfrage nicht eini-gen, so dass die LTTE die offiziellen Verhandlungenam 21.4. unbefristet suspendiert.Trotz Hunderter Zwischenfälle, vor allem von Seitender LTTE, wird der Waffenstillstand weiterhin von bei-den Seiten beachtet. Zeitweilig gewalttätig gestaltetsich allerdings das Verhältnis von Tamilen undMuslimen im Norden und Osten Sri Lankas sowie daszwischen der LTTE und anderen Tamilenorganisatio-nen. Der Friedensprozess soll durch den von interna-tionalen Geberländern, insbesondere von Japan, inAussicht gestellten finanziellen Anreiz von 4,5 Mrd.US-Dollar angetrieben werden. Er findet unter Ver-mittlung der norwegischen Sri-Lankischen Überwa-chungsmission (SLMM) statt. Diese wird im Laufe desJahres regelmäßig von Staatspräsidentin ChandrikaBandaranaike Kumaratunga von der oppositionellenVolksallianz (PA)/ Sri Lanka-Freiheitspartei (SLFP) inscharfer Form kritisiert. Die Präsidentin, die sich ge-gen die spezifische Art und Weise des Friedensprozes-ses deutlich ausspricht, nähert sich damit nationalis-tisch-singhalesischer Protesthaltung an. Dies findet imNovember seinen Ausdruck in der vorübergehendenSuspendierung des Parlamentes, die sich bereits seitAnfang des Jahres abgezeichnet hat, sowie in derAusrufung des Ausnahmezustands und in der Entlas-sung dreier Minister - in direktem zeitlichem Zusam-menhang mit dem ersten detaillierten Vorschlag derLTTE zur Machtteilung.Während die LTTE ausdrücklich erklärt, sich in diesepolitischen Auseinandersetzungen nicht einmischen zuwollen und dem Friedensprozess weiterhin verpflichtetzu sein, bemüht sich Wickremesinghe, mit derPräsidentin einen Kompromiss zu vereinbaren und siein den Friedensprozess stärker einzubinden. ct

Thailand - Kambodscha (Grenze)Intensität: 2 Veränderung: " Beginn: 1954Konfliktparteien: Thailand vs. KambodschaKonfliktgegenstand: Territorium/ Grenze, Internationale Macht

Am 29.1. ereignen sich in Phnom Penh gewaltsameAusschreitungen gegen thailändische Einrichtungen.Die zwischen Thailand und Kambodscha bestehendenSpannungen hinsichtlich ihrer gemeinsamen Grenzelassen sich bis zum Anfang der 50er Jahre zurückver-folgen. Die Wurzeln dieses Konfliktes sind jedoch inden davor liegenden Jahrhunderten zu suchen. DerKonfliktverlauf wurde in der Vergangenheit wesentlichauch durch Thailands Befürchtung vietnamesischerRegionalmachtbestrebungen und die thailändischeUnterstützung der Roten Khmer bis Ende der 80erJahre bestimmt. Bei den Ausschreitungen am 29.01.wird die thailändische Botschaft beinahe vollkommenzerstört, thailändische Unternehmen werden angegrif-fen. Auslöser für die Ausschreitungen ist eine angebli-che Bemerkung eines thailändischen Models über daskambodschanische Nationalsymbol, die Angkor Wat-Tempelanlage.Thailands Premierminister Thaksin Chinnawat wirftden kambodschanischen Parteien vor, im Wahlkampffür die anstehende Parlamentswahl ausländerfeindli-che Parolen zu gebrauchen. In den folgenden Tagenbringen Militärmaschinen über 700 thailändischeStaatsangehörige außer Landes. Thailand schließt dieGrenze zu Kambodscha und zieht seinen Botschafterzurück. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern entspan-nen sich weitgehend wieder, als Thailand Ende Märzdie Grenze wieder öffnet. Zu der raschen Entspannungtragen sowohl das Interesse Thailands an einer baldi-gen Normalisierung der Beziehungen, wie auch daskambodschanische Angebot von Entschädigungszah-lungen bei. ca

Vietnam (KKNLF)Intensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 2002Konfliktparteien: KKNLF vs. RegierungKonfliktgegenstand: Sezession, Ideologie/ System

Die Nationale Befreiungsfront von Kampuchea Krom(KKNLF) verfolgt ihren im Juni 2002 ausgerufenenKampf für die Loslösung eines als Kampuchea Krombezeichneten Gebietes von Vietnam im Jahresverlaufnicht aktiv. Im November werden in Kambodscha ca.100 mutmaßliche KKNLF-Mitglieder sowie vier an-gebliche KKNLF-Führer verhaftet. Unter den Verhaf-teten befinden sich zwei US-Bürger, die aus Kambod-scha ausgewiesen werden. Die vier mutmaßlichenFührungsmitglieder der KKNLF sollen vor Gerichtgestellt werden. ca

Konfliktbarometer 2003 – Asien3 4

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Afghanistan (Taliban)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1994Konfliktparteien: Übergangsregierung vs. TalibanKonfliktgegenstand: regionale Vorherrschaft, nationale Macht

Der Konflikt zwischen der afghanischen Übergangsre-gierung und den Taliban um nationale Macht undregionale Vorherrschaft in den südöstlichen ProvinzenPaktia, Kandahar und Khost bleibt weiter bestehen.Das Übergangsregime unter Hamid Karsai versuchtmit Hilfe der Schutztruppe ISAF und der US-geführteninternationalen Koalition, den Einfluss der Taliban zubrechen. Die internationale Koalition und Anhängerder Taliban, die seit letzten Oktober durch die Hezb-e-Islami-Truppen des Kriegsfürsten Gulbuddin Hekmatyarunterstützt werden, liefern sich wiederholt heftigeKämpfe. Bei diesen sterben u.a. Ende Januar 18 Solda-ten. Am 4.4. unternehmen das afghanische Militär unddie internationale Koalition eine gemeinsame Militär-aktion gegen die Taliban nahe Spin Boldak. Am 8.7.führen Übergriffe auf die pakistanische Botschaft inKabul zu heftigen diplomatischen Spannungen. MitteAugust greifen die Taliban einen Konvoi der interna-tionalen Koalition in der Nähe von Spin Boldak an.Dabei kommen 25 Personen ums Leben. In einer zwei-

wöchigen, groß angelegten Aktion gehen afghanischeTruppen Anfang September gegen eine Hochburg derTaliban in der Provinz Zabul vor, mehr als hundertSoldaten werden getötet. Ende Oktober weitet dieISAF ihr Mandat über Kabul hinaus auf Kundus aus.Am 3.11. wird der Verfassungsentwurf präsentiert, derim Dezember der Loya Jirga zur Diskussion übergebenwird. Sollte diese Ratsversammlung die Verfassung an-nehmen, sind für nächstes Jahr Wahlen geplant. fw

Ägypten (Islamistische Gruppen)Intensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1997Konfliktparteien: Moslembrüder, Gaamat-al-Islamiya, al-

Waad-Gruppe vs. RegierungKonfliktgegenstand: nationale Macht, SystemDer seit 1997 bestehende Machtkonflikt zwischen derägyptischen Regierung unter Präsident Hosni Mubarakund der Muslimbruderschaft, der Gaamat al-Islamiyasowie der al-Waad-Gruppe, die sich für die Errichtungeines islamischen Systems in Ägypten einsetzen, wirddas sechste Jahr in Folge unterhalb der Gewaltschwel-le ausgetragen. Die 1928 gegründete und 1984 verbo-tene Muslim-Bruderschaft fordert heute vor allem eineAufhebung des Versammlungsverbotes. Obwohl deiure verboten, stellt sie inoffiziell 17 der 454 Parla-

Konfliktbarometer 2003 – Vorderer und Mittlerer Orient 3 5

Vorderer und Mittlerer OrientIm Vergleich zum Vorjahr hat die Zahl der beobachteten Konflikte im Vorderen und Mittleren Orient (VMO) leichtzugenommen. Statt 32 werden 33 Dispute vornehmlich um das politische System und um die nationale Macht aus-getragen. Neu hinzugekommen sind der zwischenstaatliche Konflikt der USA mit Syrien um Rüstungskontrollesowie der innerstaatliche Reformkonflikt in Saudi-Arabien. Diese beiden Konflikte werden ohne den Einsatz vonGewalt ausgetragen. In insgesamt zwölf Auseinandersetzungen setzen die Konfliktparteien Gewalt ein, in sechsdavon mit hoher Intensität. Diese stehen zehn Gewaltkonflikten bzw. fünf mit hoher Intensität in 2002 gegenüber.Die Anzahl nicht-gewaltsamer Konflikte hat sich hingegen mit aktuell 21 gegenüber 22 im Vorjahr kaum verändert.Allerdings ist bei den manifesten Konflikten eine Abnahme um drei zu verzeichnen, während die Anzahl latenterKonflikt um zwei zugenommen hat. Insgesamt sind sieben Konflikte eskaliert, einer davon um zwei Intensitätsstufen.Vier haben dabei die Schwelle zur Gewalt überschritten. In 21 Auseinandersetzungen bleibt die Austragungsformunverändert, drei Konflikte sind deeskaliert. Alle drei Kriege in der Region werden in diesem Jahr auf irakischemBoden ausgetragen. Die beiden innerirakischen Konflikte unter diesen sind im Zusammenhang mit der US-geführ-ten Militäroperation Iraqi Freedom eskaliert. Die zwei Kriege des Vorjahres werden nicht mehr mit maximaler Inten-sität geführt. Der zwischenstaatliche Konflikt einer US-geführten Allianz in Afghanistan konnte im Vorjahr beendetwerden, da das Regime der Taliban gestürzt und eine Übergangsregierung eingesetzt worden ist. Das weitere Vorge-hen gegen versprengte Anhänger der Taliban und des terroristischen Netzwerkes Al-Kaida wird im Rahmen desinnerstaatlichen Afghanistan-Konfliktes erfasst. Der Nahostkonflikt zwischen palästinensischen Gruppierungen undder israelischen Regierung wird 2003 mit weniger massivem Gewalteinsatz auf der Stufe einer ernsten Krise geführt.Nach dem Sturz des irakischen Regimes und der Einsetzung eines irakischen Regierungsrates durch die US-geführ-te Besatzungsverwaltung fehlt in zwei innerirakischen Auseinandersetzungen eine der Konfliktparteien, weshalb dieKonflikte Irak (Irakisch-Kurdistan) und Irak (Schiiten) in diesem Jahr beendet werden.

Konfliktintensitäten VMO 2003 - 2002

7

14

6

3 3

5

17

5

32

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

latenter Konflikt manifester Konflikt Krise ernste Krise Krieg

An

zah

l

20032002

Häufigkeit der Konfliktgegenstände nach GewalteinsatzVMO 2003

45

14

8

31

4

3

12 2

2 3

2

34

1

0

2

4

6

8

10

12

14T

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hohe Intensitätmittlere Intensitätniedrige Intensität

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mentsabgeordneten. Von terroristischen Anschlägenals Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele hatsie sich seit einigen Jahren distanziert. Im Verlauf desJahres führt die ägyptische Regierung in mehrerenWellen zahlreiche Verhaftungen durch. So nimmt sieim Januar 14 Mitglieder der Muslim-Bruderschaft inHaft. Dabei ist sie insbesondere durch die Großde-monstrationen gegen den bevorstehenden US-geführ-ten Militärschlag im Irak im Februar und März sowiedurch Proteste gegen das israelische Vorgehen im Kon-flikt mit den Palästinensern gefordert. Der manifesteKonflikt um die politische Teilhabe in Ägypten verän-dert sich demnach nicht substantiell. Die Situationbleibt zwar gewaltfrei, eine dauerhafte Lösung desKonflikts ist jedoch nicht in Sicht. sb

Algerien (Kabylei)Intensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1989Konfliktparteien: CIADC, RCD, FFS vs. RegierungKonfliktgegenstand: Autonomie, System

Der Konflikt zwischen den Berbern und der algeri-schen Regierung verläuft weiterhin gewaltfrei. DieBerber, vertreten durch den Zusammenschluss derDorf- und Stammesältesten (CIADC) und die politi-schen Parteien Front der Sozialistischen Kräfte (FFS)und Versammlungsbewegung für die Kultur und dieDemokratie (RCD) fordern von der Regierung dieUmsetzung eines 15 Punkte umfassenden Programms.Die Hauptforderungen sind die Anerkennung ihrerKultur, der Berbersprache als Amtssprache, staatlicheUnterstützung für die Opfer der Polizeieinsätze imJahre 2001 und ein Programm zur Bekämpfung derArbeitslosigkeit, von der die Hauptsiedlungsregion der

Konfliktbarometer 2003 – Vorderer und Mittlerer Orient3 6

Übersicht: Konflikte im Vorderen und Mittleren Orient 2003Konfliktname1 Direkt Beteiligte2 Konfliktgegenstand Beginn Änd.3 Int.4

Afghanistan (Taliban) Übergangsregierung vs. Taliban regionale Vorherrschaft, nationaleMacht 1994 ! 4

Ägypten (IslamistischeGruppen)

Moslembrüder, Gaamat-al-Islamiya, al-Waad-Gruppe vs. Regierung nationale Macht, System 1997 ! 2

Ägypten - Sudan * Ägypten vs. Sudan Territorium, Ressourcen (Öl) 1958 ! 1Algerien (Kabylei) CIADC, RCD, FFS vs. Regierung Autonomie, System 1989 ! 2Algerien (Islamisten) GIA, GSPC, FIS, HDS vs. Regierung nationale Macht, System 1989 ! 4Bahrein (Schiiten) * Schiiten vs. Regierung nationale Macht 1975 ! 1

Irak - Iran * Irak vs. Iraninternationale Macht,Ideologie/System, sonstiges(Kriegsgefangene, Reparationen)

1932 ! 2

Irak - Israel * Irak vs. Israelinternationale Macht(Nichtanerkennung Israels),Ideologie/System

1948 ! 2

Irak - Kuwait * Irak vs. Kuwait Territorium, Ressourcen (Öl), sonstiges(Reparationen) 1961 ! 2

Irak - USA, GB Irak vs. USA, Großbritannien

internationale Macht (Abrüstung,Unterstützung des internationalenTerrorismus), Ressourcen (Sicherungder Ölquellen), System

1990 " 5

Irak (Ansar al-Islam, IUMK -PUK)

Islamische Einheitsbewegung, Ansar al-Islam vs.Patriotische Union Kurdistans regionale Vorherrschaft, System 2001 " 5

Irak (Irakisch Kurdistan) irakische Kurden vs. Regierung Autonomie, Ressourcen (Öl, Wasser) 1945 # ENDE 5

Irak (PUK - DPK) * Patriotische Union Kurdistans vs. DemokratischeUnion Kurdistans regionale Vorherrschaft, System 1979 ! 1

Irak (Schiiten) * irakische Schiiten vs. Regierung Autonomie 1991 ! ENDE 2

Iran - USA USA vs. Iran internationale Macht(Rüstungskontrolle), Ideologie 1979 ! 2

Iran - VAE * Iran vs. Vereinigte Arabische Emirate Territorium (Inseln im Persischen Golf) 1971 ! 1Iran (Konservative -Reformer) Iranische Reformer vs. Iranische Konservative nationale Macht, System 1993 ! 2

Iran (Kurden) * Iran vs. Demokratische Partei Kurdistans Autonomie 1979 ! 1Iran (Volksmudschaheddin)* Volksmudschaheddin vs. Regierung nationale Macht, System 1965 $ 2Israel - Jordanien * Israel vs. Jordanien Territorium (Westjordanland) 1967 ! 2Israel (Hisbollah) Hisbollah vs. Israel Territorium (Shebah-Felder) 1982 ! 3

Israel (Palästinenser) PLO, Islamischer Dschihad, Hisbollah, Hamas vs.Israel Autonomie, System, Ressourcen 1948 $ 4

Jemen (Islamisten) Islamisten vs. Regierung nationale Macht 1994 " 3Jordanien - Israel * Jordanien vs. Israel Ressourcen (Wasser) 1994 ! 1Libanon (religiöse Gruppen) Religiöse Gruppen vs. Regierung nationale Macht 1975 ! 3Libanon - Israel Libanon, Hisbollah vs. Israel Ressourcen (Wasser) 2001 $ 1Libyen - USA,Großbritannien Libyen vs. USA, Großbritannien internationale Macht

(Entschädigungen, Rüstungskontrolle) 1986 ! 2

Marokko (Westsahara) Frente POLISARIO vs. Regierung Sezession 1976 ! 2Saudi-Arabien (Islamisten) Islamisten vs. Regierung nationale Macht, System 1990 " 3Saudi-Arabien (Reformer) Reformer vs. Regierung nationale Macht 2003 NEU 2Syrien - Israel Syrien vs. Israel Territorium 1967 " 3

Syrien - USA USA vs. Syrien internationale Macht(Rüstungskontrolle) 2003 NEU 2

Türkei (Kurden) Kurden vs. türkische Regierung Autonomie 1920 " 31) 2) 3) 4) siehe Seite 11: Übersicht: Konflikte in Europa

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Berber, die Kabylei, besonders stark betroffen ist.Nachdem im letzten Dezember einige der Berber-Aktivisten, die im Zusammenhang mit dem Boykottder letztjährigen Parlamentswahlen verhaftet wordenund in Hungerstreik getreten sind, formiert sich massi-ver Protest. Anfang Januar organisieren die Berberzahlreiche Massendemonstrationen in Sidi Aich, TiziOuzou und Paris, auf denen die Freilassung derInhaftierten gefordert wird. Im Verlauf des Frühjahrstrifft sich Präsident Abdelaziz Bouteflika zu Gesprä-chen mit Vertretern der CIACD. Anfang Juni werdenzahlreiche der inhaftierten Berber-Aktivisten freigelas-sen. Nachdem im letzten Jahr die Berbersprache Ta-mazight durch eine Verfassungsänderung als offizielleSprache anerkannt worden ist, wird diese ab 31.7. inden offiziellen Lehrplan übernommen und ab Septem-ber in 200 Schulen, vorwiegend in der Kabylei, ge-lehrt. fw

Algerien (Islamisten)Intensität: 4 Veränderung: ! Beginn: 1989Konfliktparteien: GIA, GSPC, FIS, HDS vs. RegierungKonfliktgegenstand: nationale Macht, System

Der Konflikt zwischen der algerischen Regierung unddiverser islamistischer Gruppen um nationale Machtund das System wird weiterhin gewaltsam ausgetra-gen. Im Jahresverlauf verüben die Islamisten zahlrei-che Anschläge, worauf die Armee mit militärischenAktionen reagiert, die bis zu 900 Todesopfer fordern.Richten sich die Aktionen der Salafistengruppe fürPredigt und Kampf (GSPC) um Hassan Hattab und derVerteidiger der Salafistischen Lehre (HDS) vornehm-lich gegen Vertreter des Staates, Sicherheitskräfte unddie Armee, nimmt die Bewaffnete Islamische Gruppe(GIA) vor allem Zivilisten und Ausländer ins Visier.Die Entführung von insgesamt 33 westeuropäischenSaharatouristen durch kleinere Einheiten der GSPC imZeitraum zwischen März und April zieht dieAufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Die alge-rische Armee befreit am 13.5. 17 Geiseln. Am 2.7.begnadigt die Regierung die zwei prominenten Führerder Islamischen Heilsfront (FIS) Hassan Madani undAli Ben Hadj unter der Auflage, künftig von politi-scher Betätigung Abstand zu nehmen. Am 4.7. wirdRabah Radja von der Regierungspartei Nationale Be-freiungsfront (FLN) durch die GSPC ermordet. AnfangSeptember startet die Armee eine großangelegte, fastsechs Wochen dauernde Militäraktion gegen dieGSPC. Diese fordert vor allem auf Seiten der Rebellenzahlreiche Tote. fw

Irak - USA, GroßbritannienIntensität: 5 Veränderung: " Beginn: 1990Konfliktparteien: Irak vs. USA, GroßbritannienKonfliktgegenstand: internationale Macht (Abrüstung, Unterstüt-

zung des internationalen Terrorismus), Res-sourcen (Sicherung der Ölquellen), System

Der Konflikt zwischen den USA und Großbritannieneinerseits und dem Irak andererseits um internationaleMacht bzw. um die Entwaffnung des Irak, dem der Be-sitz von Massenvernichtungswaffen und die Unterstüt-zung des internationalen Terrorismus vorgeworfenwird, eskaliert mit dem Angriff der westlichen Alliier-ten am 20.3. zum Krieg. Ihr Ziel ist der Regimewech-sel im Irak. Nach den Entwicklungen des vergangenenJahres hat sich diese Eskalation trotz der Bemühungen

der internationalen Staatengemeinschaft um Vermei-dung eines „Dritten Golfkrieges“ bereits abgezeichnet.Ohne UNO-Mandat und gegen den erklärten Willender UNO-Vetomächte Russland und Frankreich, aberauch Deutschlands und weiterer Staaten setzen insbe-sondere die USA damit das Vorgehen gegen ein Ele-ment der sogenannten „Achse des Bösen“ in die Tatum. Politisch unterstützt von einer „Koalition der Wil-ligen“, versteht die Administration von US-PräsidentGeorge W. Bush die Operation Iraqi Freedom als kon-sequenten weiteren Schritt im „Kampf gegen den inter-nationalen Terrorismus“, der nach den Anschlägenvom 11.9.01 ausgerufen worden ist. In nur 21 Tagenund mit weniger als 250.000 Soldaten gelingt es denAlliierten, die durch das Embargo geschwächten undschlecht ausgerüsteten irakischen Truppen zu besie-gen, den vielfach erwarteten verlustreichen Kampf umBagdad zu vermeiden und die Hauptstadt einzuneh-men. Damit betrachten sie das irakische Regime am9.4. als gestürzt. Bis Bush am 1.5. die Hauptkampf-handlungen im Irak für beendet erklärt, sind auf Seitender Iraker 13.000 Tote zu beklagen, etwa 4.300 davonZivilisten. Dieser irakischen Opferbilanz stehen 171gefallene alliierte Soldaten gegenüber, 115 davon aufSeiten der USA.Dieser schnelle militärische Sieg über das irakischeRegime steht allerdings einer ernüchternden politi-schen Bilanz gegenüber: Die USA verweigern die Wie-deraufnahme der UNO-Abrüstungsinspektionen, kön-nen jedoch mit einem eigenen Team von Waffenins-pekteuren bislang keine Beweise für die Existenz vonMassenvernichtungswaffen im Irak finden, welcheoffiziell als Kriegsgrund angeführt worden sind. EndeNovember verringern die USA die Zahl der Experten,die nach Massenvernichtungswaffen suchen, und rich-ten ihre Priorität statt dessen auf die Suche nach Auf-ständischen. Zwar werden mehrere Mitglieder aus derFührung des ehemaligen irakischen Regimes gefasst.Außerdem spüren US-Soldaten am 22.7. durch Hin-weise aus der Bevölkerung die beiden Söhne SaddamHusseins, Udai und Kusai, in ihrem Versteck in dernordirakischen Stadt Mossul auf. Diese kommen beieinem heftigen Feuergefecht beim Sturm auf das Hausums Leben. Saddam Hussein selbst ist jedoch nochnicht gefunden. Darüber hinaus steigt die Zahl derOpfer unter den US-Soldaten kontinuierlich. So unbe-zwingbar die hochmoderne US-geführte Armee bei derEroberung des Landes gewesen ist, so hilflos steht siewährend der Besatzung täglichen Überfällen von Be-satzungsgegnern im Nachkriegsirak gegenüber. DieseGuerilla- und Terrortaktik kostet bis Ende Oktober mit118 Opfern bereits mehr US-Soldaten das Leben alsder vorangegangene Krieg.Im Jahresverlauf machen die irakischen Besatzungs-gegner zunehmend auch die Verbündeten der USA zuZielen ihrer Anschläge. Am 7.8. fallen 17 Menscheneiner Autobombe vor der jordanischen Botschaft inBagdad zum Opfer. Am 12.11. sterben infolge einesSelbstmordattentats in Nasirija im Südirak 19 italieni-sche Soldaten und Carabinieri sowie neun Iraker. ZweiWochen später beschießen Aufständische die italieni-sche Botschaft in Bagdad mit Mörsergranaten. EndeNovember werden allein am 29. und 30.11. bei An-schlägen sieben spanische Geheimdienstagenten, zweijapanische Diplomaten, ein Kolumbianer, zwei Süd-

Konfliktbarometer 2003 – Vorderer und Mittlerer Orient 3 7

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koreaner sowie zwei US-Soldaten getötet. Die US-Truppen reagieren hierauf mit einem der heftigstenGefechte seit Ende des Krieges, bei dem nach US-Angaben 54 Iraker getötet, 18 verletzt und sieben wei-tere festgenommen werden. Internationale Einrich-tungen bleiben von den Angriffen der Aufständischenebenfalls nicht verschont. So töten irakische Selbst-mordattentäter mit Autobomben vor dem UNO-Haupt-quartier am 19.8. 23 Menschen, darunter den UNO-Koordinator für den Irak, Sergio de Mello, sowie am22.9. zwei Personen. Die UNO zieht daraufhin am30.10. vorübergehend ihr Personal aus Bagdad ab. EinAnschlag auf das Hauptquartier des InternationalenRoten Kreuzes fordert am 27.10. zehn Menschenleben,woraufhin sich die Hilfsorganisation am 8.11. aus Bag-dad und Basra zurückzieht. Bei einer gleichbleibendendurchschnittlichen Anzahl von 30 Anschlägen pro Tagsteigt die Zahl der Opfer gegen Ende des Jahres. Nach-dem am 2.11. 16 US-Soldaten durch den Abschusseines Helikopters getötet werden, starten die USAMitte November eine Reihe von Militäroperationengegen die Besatzungsgegner, darunter die OperationIron Hammer, die auch mehrtägige Luftangriffe aufBagdad und Umgebung einschließt. Die irakischen Be-satzungsgegner reagieren am 21.11. mit mehreren Ra-ketenangriffen auf zwei Hotels und das Ölministeriumin Bagdad. Am 22.11. sterben mindestens 18 Men-schen bei Anschlägen mit Autobomben auf Polizeista-tionen nördlich der Hauptstadt. Nach Ansicht desChefs der US-geführten Besatzungsverwaltung im Irak(CPA), Paul Bremer, der Mitte Mai seinen Amtsvor-gänger Jay Garner abgelöst hat, sind diese jüngstenEreignisse bezeichnend für die geänderte Taktik derAufständischen, deren Aktionen sich verstärkt gegenIraker richten. Angesichts der nicht abebbenden Ge-walt im Irak vereinbaren die CPA, die seit Anfang Maiim Amt ist, und der seit Juli bestehende, von der CPAeingesetzte irakische Regierungsrat (IGC) am 15.11.einen neuen Zeitplan, wonach bereits bis Ende Juni2004 die politische Souveränität an eine Übergangsre-gierung abgegeben werden soll. Die Wahl eines Gre-miums zur Ausarbeitung einer neuen irakischen Ver-fassung ist bis spätestens 15.3.05 vorgesehen. Ein lan-desweiter Volksentscheid über die neue Verfassungund erstmals allgemeine freie Wahlen sollen Ende2005 stattfinden. Die höchste schiitische Autorität imIrak, Großajatollah Ali Husseini al-Sistani, kritisiertdiese Pläne, welche die Wahl der Übergangsregierungund des verfassunggebenden Gremiums durch für die-sen Zweck ernannte Organe und keine Direktwahldurch das irakische Volk vorsehen. Nach einem Ge-spräch mit dem Großajatollah am 27.11. erklärt derIGC-Vorsitzende Jalal Talabani, dass der US-Zeitplaneventuell abgeändert werden müsse. Am 27.11. be-sucht Bush zum Thanksgiving-Fest überraschend seineTruppen in Bagdad und bedankt sich bei diesen fürihren Einsatz. pj

Irak (Ansar al-Islam, IUMK - PUK)Intensität: 5 Veränderung: " Beginn: 2001Konfliktparteien: IUMK, Ansar al-Islam vs. PUKKonfliktgegenstand: regionale Vorherrschaft, System

Im Zusammenhang mit dem US-geführten Militär-schlag gegen den Irak eskaliert der seit 2001 bestehen-de Konflikt zwischen islamistischen Gruppierungen

und der säkularen Patriotischen Union Kurdistans(PUK) im Nordirak zu einem Krieg. Die Islamisten,die sich vor allem in der Islamischen Einheitsbe-wegung Kurdistans (IUMK) und den Ansar al-Islamorganisieren, umfassen etwa 800 bewaffnete Anhän-ger, die ein strenges islamisches Regime nach demVorbild der afghanischen Taliban anstreben und umregionale Vorherrschaft im Machtbereich der PUK inIrakisch-Kurdistan kämpfen. Sie kontrollieren bereitseinen Gürtel aus etwa 40 Dörfern im Nordosten desLandes. Als vor dem Hintergrund des „Dritten Golf-kriegs“ massive Gefechte zwischen der irakischen Ar-mee und kurdischen Peschmerga ausbrechen, werdenletztere auch in ihrem Vorgehen gegen die Ansar al-Islam von US-Truppen unterstützt. So fliegen die USAschwere Luftangriffe gegen Stellungen der sogenann-ten Helfer des Islam, gefolgt von Raketenangriffen am21.3., bei denen bis zu 150 Islamisten getötet werden.Unter wachsendem Druck verüben die Islamisten am22.3. ein Selbstmordattentat auf einen Checkpoint derPUK und drohen weitere Anschläge an. Die US-Ak-tionen bereiten eine Bodenoffensive der PUK vor, dieam 28.3. beginnt. Bis zu 10.000 kurdische Peschmergabeteiligen sich an der Operation, durch die sie nachwenigen Stunden die Hauptquartiere der Ansar einneh-men. Etwa 70 Islamisten werden getötet, zahlreiche wei-tere ziehen sich in die umliegenden Berge zurück. pj

Irak (Irakisch-Kurdistan)Intensität: 5 Veränderung: # ENDE Beginn: 1945Konfliktparteien: irakische Kurden vs. RegierungKonfliktgegenstand: Autonomie, Ressourcen (Öl, Wasser)

Der Autonomiekonflikt zwischen den kurdischenVolksgruppen im Nordirak und der Zentralregierung inBagdad eskaliert im Rahmen des „Dritten Golfkriegs“zum Krieg. Nachdem eine US-geführte Allianz am20.3. mit Luftangriffen auf die Hauptstadt beginnt, lie-fern sich kurdische Peschmerga im Norden des Landesmassive Gefechte mit der irakischen Armee. Sie wer-den dabei von US-Truppen unterstützt, die aufgrundder Verweigerung der Türkei, einer Stationierung vonUS-Soldaten zuzustimmen, mit Fallschirmjägern inIrakisch-Kurdistan landen. Im Vorfeld des Krieges ha-ben die irakischen Kurden einer Kooperation mit denUSA aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem irakischenRegime zunächst zögerlich gegenübergestanden. Sosetzte Saddam Hussein am 16.3.1988 Senf- und Ner-vengas gegen die Stadt Halabscha ein, wodurch bis zu7.000 Kurden getötet wurden. 1991 erklärten die Kur-den ein Gebiet im Nordirak für autonom, dass wegender Einrichtung einer Flugverbotszone durch die USA,Großbritannien und Frankreich nach dem ZweitenGolfkrieg faktisch außerhalb des Machtbereichs desDiktators liegt. Dessen Herrschaft endet am 9.4.03 mitdem Einmarsch der Alliierten in Bagdad. Die Kämpfeim Norden dauern jedoch an. Am 10.4. erobern kurdi-sche Peschmerga gemeinsam mit US-Streitkräften dieStädte Kirkuk und Mossul, aus denen sich die iraki-schen Truppen einen Tag später ohne weitere Gefechtezurückziehen. Nachdem am 1.5. die Hauptkampfhand-lungen als beendet gelten, flammen nochmals Kämpfe40 Kilometer nördlich von Bagdad auf, als Araber dasFeuer auf Kurden eröffnen. Dennoch kann der Kon-flikt mit der Beteiligung der Führer der beiden wich-tigsten Kurdenparteien, Massud Barsani und Jalal

Konfliktbarometer 2003 – Vorderer und Mittlerer Orient3 8

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Konfliktbarometer 2003 – Vorderer und Mittlerer Orient 3 9

Talabani am irakischen Regierungsrat, der Anfang Julivon der US-geführten Besatzungsverwaltung einge-setzt wird, als beendet betrachtet werden – vor allemvor dem Hintergrund des nach wie vor de-facto auto-nomen Kurdengebietes, das über eine eigene Verwal-tung und Infrastruktur verfügt. pj

Iran - USAIntensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1979Konfliktparteien: USA vs. IranKonfliktgegenstand: internationale Macht (Rüstungskontrolle),

IdeologieIm Konflikt um die Einhaltung von Vereinbarungenzur Rüstungskontrolle und das politische System desIran erheben die USA am 13.12.02 den Vorwurf, zweiAnlagen zur Herstellung von waffenfähigem Plutoni-um in Natanz und Arak zu betreiben. Der iranischePräsident Sayed Mohammed Khatami räumt am 9.2.ein, dass in den betreffenden Anlagen Uran gewonnenwird. Dies und die Absicht, Kernbrennstäbe aufzube-reiten, diene jedoch nur der zivilen Nutzung. ZwischenFebruar und Mai sowie Mitte Juli führt die Internatio-nale Atomenergiebehörde (IAEA) daraufhin eine Rei-he von Inspektionen durch, bei denen sich IAEA-Ge-neraldirektor Mohamed el-Baradei am 21.2. beein-druckt über den technischen Entwicklungsstand zeigt.Vor diesem Hintergrund fordert el-Baradei den Iran am17.3. auf, ein Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperr-vertrag zu unterzeichnen. In einem Bericht vom 16.6.äußert sich die IAEA besorgt darüber, dass der Irannicht sämtliches Material und kerntechnische Aktivitä-ten offengelegt habe. Die Spannungen zwischen denUSA und dem Iran nehmen zu, als der Sprecher desWeißen Hauses, Ari Fleischer, am 19.6. ein militäri-sches Vorgehen im Umgang mit dem Iran nicht aus-schließen will. Washington unterstützt jedoch einenVorschlag Großbritanniens, Frankreichs und Deutsch-lands, wonach dem Iran bis Ende Oktober Zeit gege-ben werden solle, seine Nuklearprogramme offenzule-gen und durch unangemeldete Kontrollen seiner Anla-gen ein gründlicheres Monitoring zuzulassen. Am19.10. verhandelt Teheran mit der IAEA hierüber.Zwei Tage darauf verspricht Irans Außenminister Ka-mal Kharazi seinen Amtskollegen aus Großbritannien,Frankreich und Deutschland “vollständige Trans-parenz”. Kurze Zeit später willigt der Iran ein, die An-reicherung von Uran einzustellen und kündigt an, eineVereinbarung über robustere Inspektionen zu unter-zeichnen. Nach langen Verhandlungen schließen dieUSA und Europa einen Kompromiss, der die Lage ent-spannt und auf dessen Grundlage die IAEA am 25.11.eine Resolution verabschiedet, in welcher der Iran fürsein Nuklearprogramm gerügt wird, jedoch keineSanktionen verhängt werden. Anfang nächsten Jahreswird die Behörde einen neuen Bericht vorlegen. pj

Iran (Konservative - Reformer)Intensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1993Konfliktparteien: Iranische Reformer vs. Iranische

KonservativeKonfliktgegenstand: nationale Macht, SystemIm Machtkonflikt um die Beschränkung des Einflussesder konservativen Judikative um StaatsoberhauptAjatollah Sayed Ali Khamenei und den reformorien-tierten Kräften um Regierungschef Sayed MohammedKhatami im Iran erleiden letztere im Jahr 2003 einigeRückschläge. Bei den Kommunalwahlen im Februar

verleiht die Bevölkerung ihrer Enttäuschung über denstagnierenden Reformprozess mit einer Wahlbeteili-gung von nur elf Prozent Ausdruck. Diese lag 1999noch bei 64 Prozent. In Teheran gewinnen die Konser-vativen 14 von 15 zur Wahl stehenden Sitzen. In denanderen Großstädten fällt die Niederlage für die Refor-mer ähnlich aus. Am 5.3. verabschiedet das Parlamenteinstimmig zwei Gesetze zur Abschaffung des Rechtsdes Wächterrats auf Prüfung von Kandidaturen beiWahlen und zu Kompetenzen des Präsidenten zurDurchsetzung von Verfassungsbestimmungen. Khata-mi hat diese Reformvorhaben am 28.8. des Vorjahresangekündigt und zugleich bei ihrer Einbringung am2.9.02 hervorgehoben, dass er ein Veto des Wächter-rats nicht akzeptieren werde. Dennoch weisen die kon-servativen Mullahs beide Gesetze im Mai 2003 zurück,woraufhin Khatami am 13.7. erstmals seinen Rücktrittin Aussicht stellt. Wenige Tage später räumt der Wäch-terrat jedoch die Bereitschaft zum Verzicht auf seinVorrecht bei der Prüfung von Wahlkandidaten ein.Weiterhin kontrollieren die Mullahs das Justizwesen,die Überwachung der Legislative, die Sicherheits-dienste und die staatlichen Medien. Die Reformer hin-gegen können ihr Reformprogramm bislang kaum indie Tat umsetzen. Um ihre seit 2000 bestehende Mehr-heit im Parlament nicht zu verlieren, organisiert diegrößte Reformpartei Islamische BeteiligungsfrontIrans (IIPF) daher am 17.10. einen zweitägigen Kon-gress zur Strategieplanung für die am 20.2.04 anste-henden Parlamentswahlen. pj

Israel (Hisbollah)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1982Konfliktparteien: Hisbollah vs. IsraelKonfliktgegenstand: Territorium (Shebah-Felder)

Der als Krise einzustufende Konflikt zwischen Israelund der Hisbollah, die im Süden Libanons operiert undvon Syrien und dem Iran vor allem finanziell undlogistisch unterstützt wird, hält auch im laufenden Be-richtszeitraum an. Umstritten ist nach wie vor ein alsSheba-Felder bekanntes Grenzgebiet im Länderdrei-eck Israel-Syrien-Libanon, das die Hisbollah für denLibanon beansprucht, während Israel das Gebiet alsTeil der Golanhöhen unter seiner Kontrolle behält. Seitdem Abzug der israelischen Truppen im Mai 2000greift die Hisbollah wiederholt israelische Stellungenin Nordisrael und im Gebiet der Sheba-Felder an, wor-auf Israel mit Vergeltungsschlägen reagiert. Durch ih-ren Kampf gegen den internationalen Terrorismus undden Irak-Krieg üben die USA politischen Druck auf diesyrische und libanesische Regierung aus. Währendeines Treffens von US-Außenminister Colin Powellund Syriens Präsident Bashar al-Assad am 3.5. in Da-maskus verlangen die USA, dass Syrien seine Unter-stützung für die Hisbollah und andere Terrorgruppen,wie die Hamas, gänzlich einstellt. Am 22.5. bringt dieisraelische Marine ein Schiff in internationalen Gewäs-sern auf, das Waffen transportiert, die angeblich für dieHisbollah und palästinensische Kämpfer in Israel be-stimmt sind. Die israelische Regierung befürwortet am9.11. eine von Deutschland vermittelte Vereinbarungmit der Hisbollah, wonach u.a. ein im Jahr 2000 ent-führter israelischer Oberst der Reserve gegen Anhän-ger der Hisbollah ausgetauscht werden soll. hl

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Israel (Palästinensische Gruppierungen)Intensität: 4 Veränderung: $ Beginn: 1948Konfliktparteien: PLO, Islamischer Dschihad, Hisbollah,

Hamas vs. IsraelKonfliktgegenstand: Autonomie, System, RessourcenDer Konflikt zwischen Israel und der palästinensi-schen Autonomiebehörde um die Einrichtung einessouveränen Palästinenserstaates ist seit seiner erneutengewaltsamen Eskalation im Jahr 2000 im Vergleichzum Vorjahr zu einer ernsten Krise deeskaliert. Wäh-rend auf palästinensischer und radikal-islamischer Sei-te, vertreten durch Hamas und Islamischen Dschihad(Israel), die Terroranschläge gegen zivile Einrichtun-gen in israelischen Städten zunehmen, setzt die israeli-sche Armee weiterhin verstärkt auf gezielte Liquidie-rungen mutmaßlicher Terroristen und größere militäri-sche Operationen in den besetzten Gebieten. So ster-ben beispielsweise bei einem von radikalen Palästinen-sern verübten Anschlag am 5.1. in Tel Aviv 23 Men-schen, über 100 werden verletzt. Am 19.8. und am4.10. kommen bei zwei weiteren Selbstmordanschlä-gen 20 beziehungsweise 19 Israelis ums Leben. Die is-raelischen Sicherheitsorgane reagieren auf diese wieauch auf die weniger verlustreichen Anschläge immerwieder mit einzelnen Militäraktionen. Am 8.3. gelingtes der israelischen Armee, den mutmaßlichen Hamas-Führer Ibrahim al-Maqadma und seine drei Begleiterzu töten. Am 3.4. nimmt die israelische Armee etwa1.000 Menschen bei einer Razzia im palästinensischenFlüchtlingslager von Tulkarem fest. Am 12.6. werdenbei einem der schwersten israelischen Vergeltungs-schläge mit Kampfhubschraubern 18 Palästinenser ge-tötet, darunter angebliche Anhänger der Hamas. Israelgreift im Zuge seiner militärischen Maßnahmen auchverstärkt die Infrastruktur der Palästinenser an. Bei ei-ner groß angelegten Militäraktion zerstören israelischeArmeeeinheiten bis zu 120 Häuser im FlüchtlingslagerRafah und töten acht Menschen. Daneben greift die is-raelische Armee in zahlreichen Operationen wieder-holt Einrichtungen der palästinensischen Sicherheits-kräfte an und zerstört diese. Ferner belagert sie konti-nuierlich Jassir Arafats Amtssitz und hält ihn de factoseit einem Jahr in Hausarrest. Die UNO kritisiert Israelmehrfach aufgrund der Anwendung “unverhältnismä-ßiger Gewalt”.Neben direkten militärischen Aktionen gegen mutmaß-liche Terroristen riegelt Israel die Autonomiegebieteaus Furcht vor Anschlägen wiederholt vollständig ab,was die dortige Wirtschaft nahezu zum Erliegen bringtund weitere Unruhen provoziert. Um eine dauerhafteAbgrenzung der Gebiete zu erreichen und damit dasEinsickern militanter Palästinenser zu verhindern, bautIsrael einen Sicherheitszaun entlang weiter Teile desWestjordanlandes auf palästinensischer Seite. Diesführt international zu starker Kritik. Unter anderemverurteilt die UNO-Generalversammlung den Bau am21.10. mit 144 zu 4 Gegenstimmen, unter letzteren dieUSA und Israel. Auf diplomatischer Ebene mündenVermittlungsbemühungen der USA zwar mehrfach inGespräche zwischen der israelischen Regierung undVertretern der Palästinenser, doch mangelt es weiterhinan der Umsetzung beschlossener Maßnahmen zur dau-erhaften Konfliktdeeskalation. So erfüllt Jassir Arafatim März mit der Ernennung von Mahmud Abbas zumersten Ministerpräsidenten der Autonomiebehörde einezentrale Forderung der USA und der Europäer nach

einer stärkeren Demokratisierung der palästinensi-schen Führung, doch kann sich dieser gegen Arafatund seinen Machtapparat auf Dauer nicht durchsetzen.Hintergrund für diesen innerpalästinensischen Kon-flikt ist u.a. die Kontrolle der Arafat unterstellten Si-cherheitsorgane, die von israelischer Seite für ihre zuinkonsequente Haltung gegenüber den Terroristen kri-tisiert werden. Bei einem von den USA vermitteltenTreffen zwischen Scharon und Abbas am 4.6. inJordanien setzt sich letzterer für die Entwaffnung derradikalen Gruppen ein, während Scharon u.a. ein Endedes Siedlungsbaus in den palästinensischen Gebietenverspricht. Doch die Hamas und andere radikale Grup-pen lehnen einen Waffenstillstand solange ab, wie Is-rael sich weigert, größere Zugeständnisse an die Pa-lästinenser zu machen. Die von den USA für einenFriedensschluss vorgeschlagene sogenannte “Road-map” scheitert bislang an diesen fehlenden Zuge-ständnissen der israelischen Seite, wie auch am fehlen-den Willen und Unvermögen des Machtapparates Ara-fats, die Gewalt einzudämmen. Abbas tritt aufgrunddes innerpalästinensischen Machtkonflikts am 6.9. vonseinem Amt zurück und stürzt die Führung Arafats da-mit in eine Krise. Diese ist selbst durch die Ernennungvon Abbas' Nachfolger Ahmed Qurei nicht gelöst, daauch hier ein erneuter Machtkampf um die Kontrolleder palästinensischen Sicherheitsorgane ausbricht. Am12.11. stellt Qurei sein neues Kabinett vor, das vom pa-lästinensischen Parlament gebilligt wird. Die Kontrolleder Sicherheitskräfte untersteht dabei nach wie voreinem Arafat nahestehenden Minister. Nach einer am16.9. durch die USA verhinderten Resolution desUNO-Sicherheitsrates, die die Unversehrtheit Arafatsgarantieren soll, befürwortet Israel seine Ausweisung.Aus Armeekreisen wird sogar seine Liquidierung ge-fordert. Seit Ausbruch der zweiten Intifada sind etwa2.600 Palästinenser und über 900 Israelis in dem lau-fenden Konflikt getötet worden. Aus Verärgerung überIsraels Siedlungspolitik und den Bau des Sicherheits-zaunes kürzen die USA am 27.11. ein für Israel be-stimmtes Darlehen von neun Milliarden US-Dollar um290 Millionen. hl

Jemen (Islamisten)Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 1994Konfliktparteien: Islamisten vs. RegierungKonfliktgegenstand: nationale Macht

Der Konflikt zwischen der jemenitischen Regierungund dem Islamischen Dschihad (Jemen) um den Herr-schaftsanspruch nimmt in diesem Jahr an Intensität zu.Am 28.12.02 ermordet ein Mitglied des IslamischenDschihad den stellvertretenden Vorsitzenden derSozialistischen Partei Jemens (JSP) Jarallah Omar.Dieser war für ein Bündnis zwischen der JSP und derReformpartei eingetreten, was eine Schwächung desradikal-islamischen Flügels der Reformpartei zur Fol-ge gehabt hätte. Zur Jahresmitte geht die Regierungverstärkt gegen die Islamisten vor, die sich vorwiegendim gebirgigen Süden des Landes verstecken. In diesemZusammenhang beginnt die Armee am 25.6. eineOffensive, an der Kampfhubschrauber, Panzer undschwere Artillerie eingesetzt werden. Dabei greift sieeinen Stützpunkt des Islamischen Dschihad und derArmee von Aden-Abyan an. Bei der Offensive kom-men mindestens zehn Menschen ums Leben. Am 1.7.

Konfliktbarometer 2003 – Vorderer und Mittlerer Orient4 0

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verhaftet die Polizei vier Verdächtige im Süden desLandes, die sich erst nach einem Schusswechsel erge-ben. Bei der Aktion werden drei weitere Verdächtigegetötet. mad

Libanon (religiöse Gruppen)Intensität: 3 Veränderung: ! Beginn: 1975Konfliktparteien: Religiöse Gruppen vs. RegierungKonfliktgegenstand: nationale Macht

Im Konflikt um die Machtverhältnisse im Libanonbleibt die Intensität im Jahr 2003 unverändert. Die li-banesischen Regierungskritiker wenden sich vor allemgegen den syrischen Einfluss in der libanesischen Po-litik. Die syrische Regierung setzt zwar den im Vorjahrbegonnenen militärischen Abzug fort und beordert imFebruar ca. 4.000 und im Juli weitere 1.000 Soldatenzurück nach Syrien. Dennoch übt sie weiterhin politi-schen Druck aus. Nur einen Tag nach seinem Rücktrittam 15.4. setzt das Parlament den libanesischen Pre-mierminister Rafik Hariri wieder ein - allerdings mitzusätzlichen pro-syrischen Ministern in seinen Reihen.Die maronitische Kirche und andere christliche Oppo-sitionsgruppen, die Unabhängigkeit von Syrien einfor-dern, halten sich in diesem Jahr mit Protesten zurück.Der Kampf islamistischer Gruppierungen gegen die li-banesische Regierung setzt sich hingegen fort. Am15.6. führt die Gruppe Ansar Allah einen Raketenan-griff gegen ein Gebäude eines TV-Senders durch, derdem Premierminister gehört. es

Libyen - USA, GroßbritannienIntensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1986Konfliktparteien: Libyen vs. USA, GroßbritannienKonfliktgegenstand: internationale Macht (Entschädigungen,

Rüstungskontrolle)

Im Jahr 2003 erzielen die Konfliktparteien in dem seit15 Jahren andauernden Streit um die politische Verant-wortung für das Lockerbie-Attentat von 1988 deutli-che Fortschritte. Bereits im April erklärt sich Libyenbereit, die Verantwortung für den Anschlag zu über-nehmen und darüber hinaus jeder der betroffenen 270Familien zehn Millionen US-Dollar Entschädigung zu-kommen zu lassen. Im August nimmt Libyen dieSchuld vor der UNO formal auf sich, was als essen-tielle Voraussetzung für die Aufhebung der 1986 überdas Land verhängten Sanktionen gilt. Noch im glei-chen Monat überweist Libyen die ersten Anzahlungen.Mitte August fordert Großbritannien die Aufhebungder Sanktionen durch den UNO-Sicherheitsrat.Frankreich, das aufgrund eigener Forderungen bezüg-lich eines anderen Flugzeugattentats Einwände hat,verzögert eine Entscheidung. Anfang September hebtder UNO-Sicherheitsrat die Sanktionen jedoch auf undLibyen zahlt die letzten Entschädigungen aus. DieUSA haben jedoch Bedenken hinsichtlich der man-gelnden Achtung von Menschenrechten und werfenLibyen vor, nach Massenvernichtungswaffen zu stre-ben. Sie fordern einen substantiellen Wandel des Re-gimes. sb

Marokko (Westsahara)Intensität: 2 Veränderung: ! Beginn: 1976Konfliktparteien: Frente POLISARIO vs. RegierungKonfliktgegenstand: Sezession

Elementarer Streitpunkt des Konflikts zwischen Ma-rokko und der saharouischen Befreiungsfront POLI-SARIO ist die Ausrichtung des 1991 im Rahmen desWaffenstillstandes beschlossenen Referendums, dasden endgültigen Status der Westsahara klären soll. DieFrente POLISARIO lässt im Januar 100 marokkani-sche Kriegsgefangene frei. Nachdem eine Vermitt-lungsinitiative des UNO-Sondergesandten JamesBaker Anfang Februar zunächst abgelehnt wird, lenktdie Frente POLISARIO am 10.7. wider Erwarten ein.Der Vorschlag sieht vor, dass das umstrittene Gebietfür einen Übergangszeitraum von vier bis fünf Jahrenden Status einer autonomen Provinz Marokkos erhält.Danach soll durch das seit 1991 angestrebte Referen-dum entschieden werden, ob die Westsahara unabhän-gig wird, als semi-autonome Provinz weiter bestehtoder Marokko zugeschlagen wird. Der ursprünglicheVorschlag Bakers wird letztlich auf Druck Frankreichsund der USA im UNO-Sicherheitsrat Ende Juli dahin-gehend modifiziert, dass Marokko im Laufe der Über-gangszeit jederzeit Einspruch erheben kann. fw

Saudi-Arabien (Islamisten)Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 1990Konfliktparteien: Islamisten vs. RegierungKonfliktgegenstand: nationale Macht, System

Die Stationierung von US-Truppen in Saudi-Arabienim Zuge des Zweiten Golfkriegs von 1991 hat zuSpannungen zwischen Islamisten und dem SaudischenKönigshaus geführt, die im Berichtszeitraum zu einerKrise eskalieren. Die Islamisten versuchen, die in Tei-len der Bevölkerung als korrupt angesehene saudischeRegierung zu destabilisieren, die Beziehungen zu denUSA nachhaltig zu stören und eine Verwestlichung desKönigreiches zu verhindern. Bereits 1995 hat es imNovember einen Bombenanschlag auf eine US-ameri-kanische Einrichtung in der saudischen HauptstadtRiad gegeben, bei dem sechs US-Amerikaner starben.Aufgrund der Tatsache, dass die Mehrzahl der Atten-täter der Anschläge vom 11.9.01 aus Saudi-Arabienstammen, veranlassen die USA, verstärkt politischenDruck auf den Golfstaat auszuüben, gegen die Islamis-ten vorzugehen. Der 2003 von den USA geführte Krieggegen den Irak verschärft die Spannungen im König-reich, in dem nach wie vor 5.000 US-Soldaten statio-niert sind. Am 29.4. beschließt die US-Regierung denAbzug ihrer Truppen aus Saudi-Arabien, wo weiterhinnoch ca. 30.000 US-amerikanische Zivilisten leben.Am 13.5. verüben Islamisten mit angeblicher Hilfe derAl-Kaida einen Selbstmordanschlag auf einen Wohn-komplex von Gastarbeitern in Riad und töten dabei 29Menschen. Nicht zuletzt aufgrund des Drucks der USAintensiviert die saudische Regierung den Kampf gegendie islamistischen Terroristen. Am 28.7. erschießensaudische Sicherheitskräfte acht mutmaßliche Terro-risten, die einen Bombenanschlag vorbereitet haben sol-len. Am 8.11. verüben Terroristen einen weiteren An-schlag in der Hauptstadt, diesmal mit 17 Toten, was dieGefahr einer politischen Destabilisierung für das saudi-sche Königshaus durch Extremisten weiter erhöht. hl

Konfliktbarometer 2003 – Vorderer und Mittlerer Orient 4 1

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Saudi-Arabien (Reformer)Intensität: 2 Veränderung: NEU Beginn: 2003Konfliktparteien: Reformer vs. RegierungKonfliktgegenstand: nationale Macht

Anhaltende wirtschaftliche Probleme und Kritik amautoritären Regierungssystem in Saudi-Arabien lassenim laufenden Jahr einen manifesten Konflikt um poli-tische Reformen seitens Teilen der Bevölkerung, vorallem der intellektuellen Elite, entstehen. Zu den wich-tigsten Forderungen gehören u.a. das Recht auf Mei-nungs- und Versammlungsfreiheit. Am 14.9. demon-strieren in Riad nach Aufruf der in London ansässigenoppositionellen Bewegung für islamische Reformen inSaudi-Arabien (MIRA) Hunderte Menschen friedlichfür politische Reformen. Etwa 150 Demonstrantenwerden aufgrund des Vorwurfs der illegalen Ver-sammlung verhaftet und vor Gericht gestellt. Die sau-dische Regierung kündigt am 13.10. Wahlen für dieRatsversammlungen auf kommunaler Ebene an, die in-nerhalb eines Jahres stattfinden sollen. Am 1.11. ver-sammeln sich bis zu 500 Menschen in Riad, um fürReformen und für die Freilassung politischer Gefan-gener zu demonstrieren. hl

Syrien - Israel Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 1967Konfliktparteien: Syrien vs. IsraelKonfliktgegenstand: Territorium

Hauptstreitpunkt im Konflikt zwischen Israel undSyrien sind die seit 1967 von Israel besetzten Golan-höhen. Der Versuch der USA, die Konfliktparteien anden Verhandlungstisch zurückzubringen, scheitert anden unvereinbaren Positionen beider Staaten. WährendSyrien darauf besteht, die Verhandlungen auf der Basisverschiedener UNO-Resolutionen und bisher erreich-ter Übereinkünfte der im Jahr 2000 abgebrochenenGespräche fortzuführen, lehnt Israel jegliche Vorbe-dingungen ab. Am 9.1. erschießt ein israelischer Soldatbei einem Grenzzwischenfall einen Syrer. Nach israe-lischen Angaben ist das Feuer einer kleinen Personen-gruppe erwidert worden, die in israelisch besetztesGebiet eingedrungen ist. Syrien hingegen erklärt,Israel habe zuerst und ohne Grund geschossen. Im Au-gust nehmen die Spannungen zwischen den Ländernerneut zu, als Israel ein mutmaßliches Ausbildungs-lager des Islamischen Dschihad auf syrischem Territo-rium bombardiert. Dies führt zu heftigen Protesten sei-tens der Syrer. Obwohl Israel diesen Angriff mit sei-nem Recht auf Selbstverteidigung rechtfertigt undgleichzeitig betont, dass er nicht gegen Syrien gerich-tet war, verschärft sich der Ton zwischen beiden Staa-ten. Syrien behält sich vor, im Falle einer Wiederho-lung derartiger Angriffe militärisch zu reagieren.

mad

Syrien - USAIntensität: 2 Veränderung: NEU Beginn: 2003Konfliktparteien: USA vs. SyrienKonfliktgegenstand: internationale Macht (Rüstungskontrolle)

Die Beziehungen zwischen den USA und Syrien ver-schlechtern sich zusehends. Noch während des Kriegesgegen den Irak im März wirft der US-amerikanischePräsident George W. Bush Syrien die Unterstützungterroristischer Gruppen vor. Am 15.4. beschuldigen dieUSA Syrien darüber hinaus, Mitgliedern des gestürz-

ten irakischen Regimes Unterschlupf zu gewähren undchemische Waffen zu besitzen. Bush droht Syrien mitdiplomatischen und ökonomischen Sanktionen, fallsDamaskus nicht auf die Forderungen eingehe. Eineleichte Entspannung in dem Konflikt zeichnet sich ab,als US-Außenminister Colin Powell am 3.5. Syrien be-sucht und sich zu Gesprächen mit dem syrischen Prä-sidenten Baschar al-Assad trifft. Diese werden aberohne Ergebnis beendet. Am 12.11. verhängt der US-amerikanische Kongress die angedrohten Sanktionengegen Syrien, da es die US-Forderungen nicht erfüllthabe. mad

Türkei (Kurden)Intensität: 3 Veränderung: " Beginn: 1920Konfliktparteien: Kurden vs. RegierungKonfliktgegenstand: Autonomie

Im Konflikt zwischen der türkischen Regierung unddem Kongress für Freiheit und Demokratie in Kur-distan (Kadek), der als Nachfolger der verbotenenKurdischen Arbeiterpartei (PKK) für Autonomierechtefür die kurdische Minderheit in der Türkei eintritt,erzielen die Konfliktparteien auch in diesem Jahr keinesubstantiellen Fortschritte zur Beendigung des Kon-flikts. Am 13.3. verbietet das türkische Verfassungs-gericht die größte kurdische Partei des Landes, dieVolkspartei für Demokratie (Hadep), wegen ange-blicher Verbindungen zu Rebellengruppen. Gleichzei-tig untersagt das Gericht 46 Mitgliedern der Partei,sich für die Dauer von fünf Jahren politisch zu betäti-gen. Die EU kritisiert dieses Urteil. Der türkischen Ar-mee zufolge greifen kurdische Rebellen am 31.5. ei-nen Armeeposten an und töten dabei einen Soldaten.Dies ist der erste Angriff seit die PKK 1999 einen ein-seitigen Waffenstillstand ausgerufen hat. Am 31.7. ver-abschiedet das türkische Parlament ein Amnestiege-setz, das allen PKK-/Kadek-Mitgliedern, die nicht anKampfhandlungen gegen den türkischen Staat teilge-nommen haben, Straffreiheit garantiert. Verschiedenekurdische Gruppierungen lehnen dieses Gesetz aller-dings ab und verlangen eine Generalamnestie. Im Sep-tember erklärt der inhaftierte Vorsitzende des KadekAbdullah Öcalan den einseitig ausgerufenen Waffen-stillstand für beendet. Er begründet dies damit, dass dieTürkei auf keine der Forderungen eingegangen sei. Am22.9. verhaftet die Türkei den ehemaligen Vorsitzen-den der kurdischen Demokratischen Volkspartei(Dehap) Tuncer Bakirhan wegen der Teilnahme aneiner pro-kurdischen Solidaritätsveranstaltung imdeutschen Gelsenkirchen. Am nächsten Tag wirdBakirhan wieder freigelassen.Am 3.10. beschließt das türkische Staatssicherheits-gericht die Umwandlung des Todesurteils gegen Öca-lan in lebenslange Haft. Dies ist vor allem im Zusam-menhang mit den türkischen Bestrebungen zu sehen,die Aufnahmekriterien für den EU-Beitritt zu erfüllen.

mad

Konfliktbarometer 2003 – Vorderer und Mittlerer Orient4 2

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Datenbank KOSIMO 2.0Das HIIK erfasst in seiner Datenbank Kosimo Informationen zu politischen Konflikten ab 1945. Seit 2003 führt es einrelationales Datenbanksystem, das den Datensatz von Kosimo 1.3 vollständig überarbeit, aktualisiert und erweitert hat.Derzeit enthält Kosimo 2.0 Informationen zu weit mehr als 500 Konflikten in über 2.500 Teilphasen. Die neueKonzeption ermöglicht die detaillierte Darstellung des Konfliktverlaufs in gewaltsamen und nicht-gewaltsamen Phasenanhand der systematischen Erfassung der Einzelmaßnahmen des Konfliktaustrags. Die Datenbank enthält zudemumfangreiche Angaben zur Struktur staatlicher und nicht-staatlicher Akteure, die in Jahreszeitreihen erfasst sind.

Impressum

Herausgeber:

HIIK - HEIDELBERGER INSTITUT FÜR INTERNATIONALE KONFLIKTFORSCHUNG e.V.am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg, Marstallstraße 6, 69117 Heidelberg

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Europa: Stephanie Lerche (sl), Benjamin Gondro (bg), Ariane Hellinger (ah), Ingolf Klein (ik), Sophie Kraume (sk), VelinaRudarska (vl), Kai Stenull (ks), Matthias Trefs (mt), Katja Wezel (kw), Florian Winckler (fw)

Afrika: Christian Baukhage (cb), Peer Böhrnsen (pb), Philipp Dierauer (pd), Stephanie Lerche (sl), Heidrun Lotta Mayer (hlm),Gerrit Schlomach (gs), Katharina Schöneborn (kat), Rüdiger Schwarz (rs)

Amerika: Nicolas Schwank (nis), Johannes Heckmann (jh), Daniela Kohnen (dk), Fritz Schirrmeister (fs), Claus Vierling (cs),Miguel Zamorano (mz)

Asien: Christoph Trinn (ct), Christopher Altgeld (ca), Julienne Ernst (je), Yolanda Fernandez (yf), Tina Hennecken (th), AnjaKluge (ak), Sarah Lüdecke (sl), Malte Pehl (mp), Alexander Roth (asr), Carla Scherhag (cs), Nicolas Schwank (nis)

Vorderer und Mittlerer Orient: Pamela Jawad (pj), Sebastian Bühner (sb), Klaus Eckert (ke), Hendrick Lehmann (hl), LeilaMousa (lm), Imad Mustafa (mad), Eric Sangar (es), Florian Winckler (fw)

Redaktion: Christian Baukhage, Peer Böhrnsen, Pamela Jawad, Hendrick Lehmann, Stephanie Lerche, Nicolas Schwank, Christoph Trinn

Graphiken:Angel Jimenez

Layout:Veronika C. Haas

Konzeption und Gesamtleitung:Pamela Jawad, Nicolas Schwank

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