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Seite 1 DZNE e. V. – Witten, M. Halek Herausforderndes Verhalten - Einschätzen und Verstehen 1. St.Galler Demenz-Kongress, 27. November 2013 Dr. Margareta Halek, MScN Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V., Witten

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Herausforderndes Verhalten - Einschätzen und Verstehen

1. St.Galler Demenz-Kongress, 27. November 2013 Dr. Margareta Halek, MScN Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V., Witten

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Komplexe Situationen

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Verstehende Diagnostik

Ansatz: Ziel 1: Verstehen, warum das Verhalten auftritt Ziel 2: Ansatzpunkte finden, um mit dem Verhalten

umzugehen Verhalten mindern Verhalten für alle möglichst ertragbar machen

BARTHOLOMEYCZIK et al 2007. KOLANOWSKI, A. M. 1999. KITWOOD, T. 2000. COHEN-MANSFIELD, J. 2000. ZWIJSEN, S. A. et al. 2011.

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Verstehenden Diagnostik

Verfahren: Schritt 1: Verhalten erfassen/beschreiben Schritt 2: Ursachen/Gründe für das Verhalten suchen Warum? Schritt 3: Verstehenshypothesen (Vermutungen) formulieren Schritt 4: Maßnahmen festlegen und durchführen

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Assessmentinstrument als Strukturierungshilfe

1. Wertfrei, objektiv, nachvollziehbar, messbar : Hilfsmittel – Assessmentinstrumente – sollen helfen den Zustand, Situation, ein Risiko, ein Phänomen zu beschreiben

2. Keine Beliebigkeit: Handlungsplanung auf der Basis strukturiert erhobener Daten ist nicht „beliebig“ – Transparenz im diagnostischen Prozess

3. Verläufe: Informationen über Veränderungen, Erfolge und Misserfolge

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Verhalten beschreiben

1. Bezeichnung/Beschreibung des Verhaltens (bzw. der Situation) − Um welches Verhalten geht es? − Welches Verhalten steht im Mittelpunkt?

2. Verhalten quantifizieren − Häufigkeit (täglich) − Dauer (5 Minuten) − Stärke/Intensität (leicht, laut)

3. Die Umstände/den Rahmen, in dem das Verhalten stattfindet, beschreiben − Zeitpunkt des ersten Auftretens − Ereignis beim ersten Auftreten − Zeiträume/Zeitpunkt des Auftretens − Ort, Situation, Anwesenden

4. Folgen/Auswirkungen des Verhaltens einschätzen − Belastung, Stresserleben − Gefährdung der Sicherheit für BW selbst, für andere Personen und für Mitarbeiter

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Instrumente für Verhaltenserfassung

Globale Verhaltensinstrumente High-Impact englischsprachig (Jeon et al. 2011): − Neuropsychiatric Inventory (NPI) − BEHAVE-AD − CERAD-BRSD − Dementia Behaviour Distrubance Scale

(DBDS) − Neurobehavioural Rating Scale (NRS) − Columbia University Sclae for Psychopathology

in AZD − Manchester and Oxford Universities Scale for the

Psychopathological Assessment of Dementia − Nursing Home Behaviour Problem Scale − Revised Memory and Behaviour Problem

Checklist (RMBPC) Globale Instrumente aus dem deutschsprachigen Raum: − NPI − BEHAVE-AD − CERAD

Spezifische Verhaltensinstrumente − Cohen-Mansfield Agitation Inventory

(CMAI) − Rating Scale for Aggressive Behaviour in the

Elderly (RAGE) Purpose

− Pittsburgh Agitation Scale (PAS) − Apathy Evaluation Scale (AES)

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A. Wahnvorstellungen Glaubt der/die Pensionär/-in Dinge, von denen Sie wissen, dass sie nicht wahr sind? Sagt er/sie z.B., dass andere Leute versuchen, ihm/ihr Schaden zuzufügen oder ihn/sie zu bestehlen? Sagt er/sie, Familienmitglieder oder Personal seien nicht die, die sie zu sein vorgeben, oder seine Partnerin/ihr Partner habe eine Affäre? Glaubt der/die Pensionär/in irgendwelche anderen ungewöhnlichen Dinge?

Ja (wenn ja, bitte Unterfragen stellen) Nein (wenn nein, bitte zur nächsten Leitfrage gehen) Nicht zutreffend

1. Glaubt der/die Pensionär/-in, dass er/sie in Gefahr ist, dass andere planen, ihm/ihr weh zu tun, oder ihm/ihr weh getan haben? Ja Nein

2. Glaubt der/die Pensionär/-in, dass andere ihn/sie bestehlen? Ja Nein

3. Glaubt der/die Pensionär/-in, dass seine Partnerin/ihr Partner eine Affäre hat? Ja Nein

4. Glaubt der/die Pensionär/-in, dass seine Familienmitglieder, Personal oder andere Personen nicht die sind, die sie zu sein vorgeben? Ja Nein

5. Glaubt der/die Pensionär/-in, dass Personen aus dem Fernsehen oder aus Zeitschriften tatsächlich in seinem/ihrem Zimmer anwesend sind? (Versucht er/sie, mit ihnen zu reden oder zu interagieren?)

Ja Nein

6. Glaubt er/sie irgendwelche anderen ungewöhnlichen Dinge, nach denen ich nicht gefragt habe? Ja Nein

Bemerkungen: .................................................................................................................................................................... ....................................................................................................................................................................

Wurde die Leitfrage bestätigt, bestimmen Sie bitte die Häufigkeit und Schwere der Wahnvorstellungen: Häufigkeit: 1. selten - weniger als einmal pro Woche.

2. manchmal - etwa einmal pro Woche. 3. häufig - mehrmals pro Woche, aber nicht jeden Tag.

4. sehr häufig - ein- oder mehrmals täglich.

Schwere: 1. leicht - die Wahnvorstellungen sind vorhanden, scheinen aber harmlos und belasten

den/die Pensionär/-in nicht besonders. 2. mässig - die Wahnvorstellungen bedeuten für den/die Pensionär/-in Stress und

Belastung und verursachen ungewöhnliches oder merkwürdiges Verhalten. 3. stark - die Wahnvorstellungen bedeuten für den/die Pensionär/-in grossen Stress oder

grosse Belastung und verursachen in erheblichem Masse ungewöhnliches oder merkwürdiges Verhalten.

Störung: Wie sehr belastet Sie dieses Verhalten und/oder verursacht mehr Arbeit für Sie?

0. überhaupt nicht

1. minimal (Arbeitsroutine fast unverändert) 2. leicht (Arbeitsroutine etwas verändert, aber nur geringer Zeitaufwand für

Umdisponierung) 3. mässig (Arbeitsroutine gestört, Zeitaufwand für Umdisponierung)

4. stark (störend, belastend für Personal und andere Pensionäre/Pensionärinnen, erheblicher Zeitaufwand)

5. sehr stark (sehr störend, sehr belastend für Personal und andere Pensionäre/Pensionärinnen, Aufwand an Zeit, die normalerweise anderen Pensionären/Pensionärinnen oder Aktivitäten gewidmet wird)

NPI: CUMMINGS, J. L. 1997. The Neuropsychiatric Inventory: assessing psychopathology in dementia patients. Neurology, 48, S10-6.

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Cohen-Mansfield Agitation Inventory: COHEN-MANSFIELD, J., MARX, M. S. & ROSENTHAL, A. S. 1989. A description of agitation in a nursing home. J Gerontol, 44, M77-84. http://www.dementia-assessment.com.au/symptoms/CMAI_Manual.pdf

www.hamburg.de

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Beispiel IdA: Verhaltenserfassung

IdA: HALEK, M. & BARTHOLOMEYCZIK, S. 2009. Assessmentinstrument für die verstehende Diagnostik bei Demenz: Innovatives demenzorientiertes Assessmentsystem (IdA). In: BARTHOLOMEYCZIK, S. & HALEK, M. (eds.) Assessmentinstrumente in der Pflege. Möglichkeiten und Grenzen. Hannover: Schlütersch. 1. Um welches herausfordernde Verhalten handelt es sich?

Passives Verhalten wie z. B. sich zurückziehen, apathisch sein, nicht reagieren, nicht kommunizieren, Unruhiges, aktives, nicht aggressives Verhalten wie z. B. hin- und hergehen, Sachen hin- und herschieben, sammeln, monotones wiederholen von Tätigkeiten/Bewegungen, Körperlich aggressives Verhalten wie z. B. schlagen, beißen, kratzen, schubsen, Verbal aggressives Verhalten wie z. B. beschimpfen, anschreien, bedrohen, laut beleidigen, Verbal nicht aggressives Verhalten wie z. B. ständiges Fragen, wiederholen von Sätzen, rufen, jammern, schreien, Geräusche machen, Anderes Verhalten wie z. B. Enthemmung,

2. Wie genau verhält sich die Bewohnerin, der Bewohner während der herausfordernden Situation? Bitte kurz beschreiben (Stichwörter):

3. Wann ist das Verhalten zum ersten Mal aufgetreten? Unbekannt Bitte Datum und Zeitraum/Zeitpunkt benennen: Unklar

4. Gab es ein besonderes Ereignis kurzfristig bevor das Verhalten zum ersten Mal auftrat? Unbekannt Einzug Neuer Zimmernachbar Krankheit Veränderung beim Pflegepersonal Unklar Krankenhauseinweisung Medikamentenänderung Andere, bitte benennen:

5. Zu welcher Tages-/Nachtzeit zeigt sich gewöhnlich das Verhalten (in den letzten 14 Tagen?)

Bemerkungen zum Zeitraum: Besonderheiten: Unklar

00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

6. Wie lange dauert das Verhalten gewöhnlich an (in den letzten 14 Tagen)? Nur kurzfristig, wenige Minuten Stunde/n am Tag Fast ununterbrochen Unklar

Besonderheiten: 7. Wie häufig kommt das Verhalten gewöhnlich vor (in den letzten 14 Tagen)?

Selten (weniger als einmal pro Woche) Einmal pro Woche Mehrmals pro Woche Einmal täglich Unklar Mehrmals täglich Mehrmals in der Stunde Dauernd/immer

Besonderheiten:

X X

X X

Verkriecht sich in ihrem Bett

Das ständige laufen auf dem Wohnbereich und fragen „Wo bin ich?“. Das Antworten hilf nicht lange. Manchmal findet Sie den Weg zum Treppenhaus, deshalb muss man auf sie aufpassen. Und sie jammert auch ständig „Ich kann nicht mehr“.

Das Laufen und Fragen seit dem Einzug ins AH vor 3 Monaten. „Ich kann nicht mehr“ hat sie schon zu Hause öfters gesagt, nur weniger häufig.

X

2-5

X

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Beispiel IdA

Bewohner schimpfen, Mitarbeiter sind entnervt und verärgert, man meidet sie

8. An welchem Ort tritt das Verhalten gewöhnlich auf (in den letzten 14 Tagen)? Orts-/Raumangaben: Unklar Besonderheiten:

9. Wer ist während des Verhaltens gewöhnlich anwesend (in den letzten 14 Tagen)? Pflegende/Mitarbeiter (genauer?) Ärzte (genauer?) Unklar Andere Bewohner (genauer?) Andere (genauer?) Angehörige (genauer?) Keine weiteren Personen

Besonderheiten: 10. Gibt es bestimmte Situationen, in denen sich das Verhalten gewöhnlich zeigt (in den letzten 14 Tagen)?

Ja, welche?: Nein Unklar 11. Welche Emotionen/Handlungen löst das Verhalten bei allen Beteiligten aus?

Bitte kurz beschreiben: Unklar 12. Welche Konsequenzen haben diese Emotionen/Handlungen für das Verhalten der/des Bewohner(s)/in?

Keine Unklar Positive (Verhalten wird positiv beeinflusst) Negative (Verhalten wird negativ beeinflusst)

Besonderheiten: 13. Gibt es Anzeichen, dass das gezeigte Verhalten belastend, unangenehm ist?

Beim Bewohner/in Nein Unklar Ja, inwiefern: Bei anderen Bewohnern Nein Unklar Ja, inwiefern: Mitarbeiter/in Nein Ja, inwiefern:

14. Gibt es Anzeichen, dass das gezeigte Verhalten die Sicherheit gefährdet? Bewohner/in (Selbstgefährdung) Nein Unklar Ja, inwiefern: Andere Bewohner (Fremdgefährdung) Nein Unklar Ja, inwiefern: Mitarbeiter/in (Fremdgefährdung) Nein Ja, inwiefern:

Flur, Aufenthaltsräume Im Zimmer bleibt sie im Bett liegen, fragt nicht, sagt aber manchmal „Kann nicht mehr“

X X X

Es wird stärker nach den Mahlzeiten und nach einem Besuch

Wenn die Haushälterin kommt, dann bleibt sie sitzen

X

X X X

X X X

Weglaufen und sich verlieren, isst wenig und nimmt keine Medikamente

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Assessmentinstrument

1. Erfassung von herausforderndem Verhalten: Verbesserung von LQ, Reduktion von Belastung und Stress, indem Schulung, Behandlung und Unterstützung fokussierter eingeleitet werden kann (Kverno et al. 2008)

2. Schwere Auswahl: Mehr als 100 unterschiedliche Instrumente zur Einschätzung des herausforderndes Verhaltens erschweren die Auswahl geeigneter Instrumente (O´Rourke et al. 2007).

3. Spezifisch vs. Allgemein: Es ist umstritten, ob eher globale Instrumente oder spezifische Instrumenten Vorteile haben (Lyketos et al 2001)

4. Consensus fehlt: Was gehört zu den herausfordernden Verhaltensweisen (BPSD)? Wie sollen einzelne Formen kategorisiert werden? (Jeon et al 2011, Finkel et al 1996, Ornstein et al 2012)

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Ursachen suchen

Viele Faktoren, ein strukturiertes Vorgehen ist hilfreich (NDB-Modell) KOLANOWSKI, A. M. 1999. An overview of the Need-Driven Dementia-Compromised Behavior Model. Journal of Gerontological Nursing, 25, 7-9

Kaum Assessmentinstrumente vorhanden STI – Serial Trial Intervention IdA – Innovatives Demenzorientiertes Assessmentsystem

Hintergrundfaktoren Neurologischer Status: Tages-/Nachtrhythmus Motorische Fähigkeiten Gedächtnis/Merkfähigkeit Sprache Sensorische Fähigkeiten

Gesundheitsstatus, demographische Variablen: Allgemeinzustand Funktionsfähigkeit (ADL/IADL) Affekt Geschlecht Ethnie Familienstand Schulbildung Beruf

Psychosoziale Variablen: Persönlichkeit Verhaltensreaktion auf Stress

Direkte Faktoren Physiologische Bedürfnisse: Hunger und Durst Ausscheidung Schmerz Unwohlsein Schlafstörungen

Funktionale Performance, Psychosoziale Bedürfnisse Affekt, Emotionen (Angst, Langeweile) Anpassung der Unterstützung an die Fähigkeiten

Physikalische Umgebung: Gestaltung, Design Routine/Stationsalltag Lichtlevel Geräuschlevel Wärmelevel

Soziale Umgebung: Personalausstattung/Stabilität Umgebungsatmosphäre Präsenz von Anderen

Herausforderndes Verhalten

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STI: Serial Trial Intervention

Pflegezeitschrift 7/2007, S. 370-373

http://medsoz.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/m_cc01/medsoz/STI-D_Projektbericht.pdf

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Innovatives Demenzorientiertes Assessmentsystem (IdA)

• Beschreiben, Bewerten • 14 Fragen Verhaltenserfassung

• 14 Leitfragen • 5 Themenbereiche Ursachensuche

• Zusammenhänge und Schwerpunkte Zusammenfassung

Halek, M. & Bartholomeyczik, S. (2010). "Umgang mit herausforderndem Verhalten in der professionellen Pflege. IdA als Instrument zur Klärung der Gründe." Psychotherapie im Alter. Schwerpunktheft: Pflege und Psychotherapie 4(7): 507-519.

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Beispiel IdA: Persönlichkeit und Lebensstil

1. Wie lässt sich die Persönlichkeit der Bewohnerin, des Bewohners vor dem Ausbruch der Krankheit am besten beschreiben? (z. B. 10 Jahre vor der Krankheit – Mehrfachantworten möglich)

Tendenzen bitte mit „x” markieren Unklar Emotional robust, unempfindlich Emotional empfindlich, verletzlich extrovertiert, gesellig Einzelgänger, introvertiert Offen für Neues konservativ vertrauensvoll, verträglich, hilfsbereit misstrauisch, egozentrisch zielstrebig, zuverlässig, pflichtbewusst nachlässig, wechselhaft, spontan

Andere: Nicht bekannt/nicht erfassbar

Was ist zu tun?

o Klärung nötig o Maßnahmen notwendig o Bleibt wichtig

2. Wie hoch war die Stress- bzw. Frustrationstoleranz bei der Bewohnerin, dem Bewohner im Hinblick auf belastende oder stressige Situationen?

Normale Stresstoleranz (z. B. reagierte ausgewogen, der Stresssituation angemessen) Unklar Niedrige Stresstoleranz (z. B. reagierte schnell gestresst) Hohe Stresstoleranz (z. B. konnte viel aushalten)

Besonderheiten: Nicht bekannt/nicht erfassbar

o Klärung nötig o Maßnahmen notwendig o Bleibt wichtig

3. Wie wurden Stresssituationen vor Ausbruch der Demenz meistens bewältigt (Mehrfachantworten möglich)? Eher aktiv (z. B. durch Bewegung / Aktivität wie Sport, Hausarbeit, handwerkliche Tätigkeiten) Unklar Eher passiv (z. B. durch Entspannung wie fernsehen, Musik hören, lesen) Eher durch Kontakt, Gespräche mit anderen Eher durch Alleinsein, nach innen gekehrt Eher ängstlich, zurückhaltend, unsicher, resignierend Eher überaktiv, aggressiv, stark emotional, aufbrausend

Andere: Nicht bekannt/nicht erfassbar

o Klärung nötig o Maßnahmen notwendig o Bleibt wichtig

X X

X X

X

X

X

X

X X

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Beispiel IdA: Umfeld

1. Welche Merkmale hat die Umgebung, in der sich die Bewohnerin, der Bewohner die meiste Zeit aufhält (Mehrfachantworten möglich)? a. Die Beleuchtung? Unklar

dunkel grell / hell Viele Schatten oder Spiegelungen Unangenehmes / kaltes Licht

Tagsüber gleiches Lichtlevel Nicht individuell einstellbares Licht Beleuchtung nachts Trifft nichts zu Sonstiges:

Was ist zu tun?

o Klärung nötig o Maßnahmen notwendig o Bleibt wichtig

b. Die Umgebungsgeräusche? Unklar laut leise Viele verschiedene Geräusche, ständige Musikberieselung, Telefon, Schellen, usw. Trifft nichts zu Sonstiges:

o Klärung nötig o Maßnahmen notwendig o Bleibt wichtig

c. Die Gerüche? Unklar Unangenehme Gerüche Viele verschiedene Gerüche Keine “häuslichen” / vertrauten Gerüche Trifft nichts zu Sonstiges:

o Klärung nötig o Maßnahmen notwendig o Bleibt wichtig

d. Die Einrichtungsgestaltung? Unklar unpersönlich zweckorientiert / nicht “häuslich” ungemütlich / unfreundlich Trifft nichts zu Sonstiges:

o Klärung nötig o Maßnahmen notwendig o Bleibt wichtig

e. Das Gefühl der Sicherheit / Vertrautheit? Unklar Fremde, nicht vertraute Umgebung Fremd erscheinende Personen Keine klaren Orientierungshinweise/keine an die kognitiven Fähigkeiten angepassten Orientierungshinweise Gefahr von Verletzungen/Stolperfallen Gefahr des Verlorengehens, sich verlaufen können Eingeschränkte Bewegungsfreiheit trifft nichts zu Sonstiges:

o Klärung nötig o Maßnahmen notwendig o Bleibt wichtig

X X

X

X X

X X

X

Mag etwas dunkler

Insbesondere andere Bewohner

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Verstehenshypothesen

1. Gesundheitszustand: − FINDET SICH NICHT ZURECHT: Mittelschwere Kognitionsstörungen, insb.

Orientierungsstörungen. Maßnahme - Hinweisschilder − HAT DEPRESSION: Maßnahme: mit dem Arzt abklären − (KEINE) ERNÄHRUNGSPROBLEME – wiegt wenig. Maßnahme – klären wie ihr

Normalgewicht ist

2. Persönlichkeit und Lebensstil: − MAG ALLEINSEIN - Lebte immer alleine, hat immer selbst bestimmt, wann sie wen sehen

will. Maßnahme - Einzelzimmer besser? Mit ehem. Haushälterin und Neffen sprechen

3. Stimmung und Emotionen − EINSAMKEIT - hat keinen Besuch. Maßnahme: die ehemalige Haushälterin wird gebeten,

regelmäßig zu kommen

4. Umfeldeinflüsse − FÜHLT SICH FREMD - Zimmer ungemütlich, unpersönlich – sie hat keine persönlichen

Einrichtungsgegenstände, weil ihre Wohnung noch nicht aufgelöst ist. Maßnahme: persönliche Möbel und Gegenstände organisieren.

− ZU VIEL LICHT - Mag gerne dunkel, liegt gerne im Bett – wie war sie zu Hause? Durch die gut gemeinte „Aktivierung“, ist der Tag nicht so gelaufen wie zu Hause – auch dort lag sie gerne im Bett, saß im Sessel, die Fester waren meist abgedunkelt. Maßnahme – Bew. im Zimmer lassen, nach Lichtbedürfnissen fragen, flexible Lichtquelle organisieren.

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Kontakt: [email protected]

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KOLANOWSKI, A. M. 1999. An overview of the Need-Driven Dementia-Compromised Behavior Model. Journal of Gerontological Nursing, 25, 7-9 KITWOOD, T. 2000. Demenz. Der personenzentrierte Ansatz im Umgang mit verwirrten Menschen, Bern, Verlag Hans Huber.

COHEN-MANSFIELD, J. 2000. Nonpharmacological Management of behavioral problems in persons with dementia: The TREA Model. Alzheimer´s Quarterly, 1, 22-34. ZWIJSEN, S. A., SMALBRUGGE, M., ZUIDEMA, S. U., KOOPMANS, R. T., BOSMANS, J. E., VAN TULDER, M. W., EEFSTING, J. A., GERRITSEN, D. L. & POT, A. M. 2011. Grip on challenging behaviour: a multidisciplinary care programme for managing behavioural problems in nursing home residents with dementia. Study protocol. BMC Health Serv Res, 11, 41. JEON, Y. H., SANSONI, J., LOW, L. F., CHENOWETH, L., ZAPART, S., SANSONI, E. & MAROSSZEKY, N. 2011. Recommended measures for the assessment of behavioral disturbances associated with dementia. Am J Geriatr Psychiatry, 19, 403-15. KVERNO, K. S., RABINS, P. V., BLASS, D. M., HICKS, K. L. & BLACK, B. S. 2008. Prevalence and treatment of neuropsychiatric symptoms in advanced dementia. J Gerontol Nurs, 34, 8-15; O'ROURKE, N., BEDARD, M. & BACHNER, Y. G. 2007. Measurement and analysis of behavioural disturbance among community-dwelling and institutionalized persons with dementia. Aging Ment Health, 11, 256-65. LYKETSOS, C. G., BREITNER, J. C. & RABINS, P. V. 2001. An evidence-based proposal for the classification of neuropsychiatric disturbance in Alzheimer's disease. Int J Geriatr Psychiatry, 16, 1037-42. ORNSTEIN, K. & GAUGLER, J. E. 2012. The problem with "problem behaviors": a systematic review of the association between individual patient behavioral and psychological symptoms and caregiver depression and burden within the dementia patient-caregiver dyad. Int Psychogeriatr, 24, 1536-52. FINKEL, S. I., COSTA E SLIVA, J., COHEN, G., MILLER, S. & SARTORIUS, N. 1996. Behavioural and psychological sings and symptoms of dementia: A consensus statement on current knowledge and implications for research and treatment. International Psychogeriatrics, 8, 497-500.