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Hessischer Biodiversitätsbericht 2016 über die im Zeitraum Mitte 2015 bis Mitte 2016 ergriffenen und bis Ende 2016 geplanten Maßnahmen zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt in Hessen Bericht der Landesregierung Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Hessischer Biodiversitätsbericht 2016 · Im April 2014 hat Umweltmi-nisterin Hinz die Umsetzung offiziell gestartet und auch die Weiterentwicklung der Strategie in Auftrag gegeben

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  • Hessischer Biodiversitätsbericht 2016

    über die im Zeitraum Mitte 2015 bis Mitte 2016 ergriffenen und bis Ende 2016 geplanten Maßnahmen zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt in Hessen

    Bericht der Landesregierung

    Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

  • 2

    www.biologischevielfalt.hessen.de

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    1 Einführung 4

    2 Seit dem letzten Bericht ergriffene oder geplante Maßnahmen 5

    2.1 Überblick: Wichtige Rahmensetzungen und Vorleistungen durch das Hessische Umweltministerium seit Mitte 2015 5

    2.2 Maßnahmen bezüglich der elf strategischen Ziele der Hessischen Biodiversitätsstrategie 7

    Ziel I: NATURA 2000 Ausgewählte Aktivität 7FFH-Lebensraumtypen 9FFH-Arten 11Vögel 12

    Ziel II: Arten und Lebensräume der Hessen-ListeAusgewählte Aktivität 13Lebensraum Streuobst 15Arten 16

    Ziel III: Ökosystemleistungen Ausgewählte Aktivität 18

    Ziel IV: Offenland/Landwirtschaft Ausgewählte Aktivität 19

    Ziel V: Wald/Forstwirtschaft Ausgewählte Aktivität 21

    Ziel VI: Gewässer Ausgewählte Aktivität 23

    Ziel VII: Invasive ArtenAusgewählte Aktivität 24

    Ziel VIII: Monitoring Ausgewählte Aktivität 26Ausgewählte Ergebnisse – Maßnahmenumsetzung 27

    Ziel IX: Ehrenamt und Wissenschaft Ausgewählte Aktivität 31

    Ziel X: Bürgerwertschätzung und -beteiligungAusgewählte Aktivität 32

    Ziel XI: Maßnahmen anderer Ressorts zur Erhaltung der Biologischen VielfaltAusgewählte Aktivitäten 34

    3 Resümee und Ausblick 38

    4 Anhang 40

    Übersichten weiterer Aktivitäten zu den Zielen I bis XI 40

    Veranstaltungskalender der NAH mit Bezug zur Hessischen Biodiversitätsstrategie 65

    Hessische Biodiversitätsstrategie – aktualisierte Fassung 2016 71

    Begriffserklärung 85

    Impressum und Bildnachweise 87

    Inhalt

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Wir können unsere Lebensgrundlagen nur erhalten wenn es gelingt, die Biologische Vielfalt zu bewah-ren. Aus diesem Grund hat das Hessische Kabinett am 3. Juni 2013 die Hessische Biodiversitätsstrategie (HBS) verabschiedet. Im April 2014 hat Umweltmi-nisterin Hinz die Umsetzung offiziell gestartet und auch die Weiterentwicklung der Strategie in Auftrag gegeben. Am 1. Februar 2016 beschloss das Kabi-nett die Weiterentwicklung, wodurch die Strategie ambitionierter wurde. Zum einen wurde die Zahl der umzusetzenden Aktionen der Ziele I bis X um über 50 % auf mehr als 80 Aktionen gesteigert, zum anderen das Ziel XI mit über 25 Aktionen ergänzt. In diesem haben sich alle Ressorts zu eigenständigen Beiträgen verpflichtet (näheres s. Kap. 2.1).

    Wie vom Landtag am 3. Juni 2008 beschlossen, wird das Parlament jährlich über die bereits ergriffenen und geplanten Maßnahmen zur Erhaltung der Biolo-gischen Vielfalt1 informiert.

    Dieser Bericht unterrichtet über die zwischen Sommer 2015 bis Mitte 2016 zur Erreichung der

    einzelnen Ziele der HBS durchgeführten sowie die bis Ende 2016 geplanten Aktivitäten und erstreckt sich erstmals auch auf Ziel XI.

    Der Berichtsaufbau wurde zur Verbesserung der Übersichtlichkeit dahingehend geändert, dass die Tabellen mit den wichtigsten Aktivitäten in den An-hang verschoben wurden. Die Ausführungen zu den Zielen I, II und VIII enthalten darüber hinaus ergän-zende Informationen zu bestimmten Lebensräumen, Arten oder Maßnahmen, wobei – wie in den Vorjah-ren – nur die in das Naturschutzinformationssystem NATUREG vollständig eingetragenen Vorjahresdaten bei der Auswertung berücksichtigt werden.

    An dieser Stelle sei allen herzlich gedankt, die an der Erstellung des Berichtes mitgewirkt haben.

    Beiträge lieferten neben den verschiedenen Ab-teilungen des Hessischen Umweltministeriums und den anderen Ressorts die jeweiligen Landes-fachbehörden, die Regierungspräsidien sowie das Nationalpark amt.

    1 http://biologischevielfalt.hessen.de/de/was-ist-biologische-vielfalt.html

    Wir können unsere Lebensgrund lagen nur erhalten wenn es gelingt, die Biologische Vielfalt zu bewahren. 1

    Einführung

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    http://biologischevielfalt.hessen.de/de/was-ist-biologische-vielfalt.html

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    2 http://biologischevielfalt.hessen.de/de/uebersicht.html3 http://biologischevielfalt.hessen.de/de/projekte.html

    2.1 Überblick: Wichtige Rahmensetzungen und Vorleistungen durch das Hessische Umwelt-ministerium seit Mitte 2015

    Vernetzung und Information Seit September 2015 hat die Hessische Biodiver-sitätsstrategie (HBS) eine eigene, benutzerfreund-liche Homepage. Dort können registrierte Personen Veranstaltungstermine2 und Projekte3 eintragen. In der Projektübersicht sind Informationen zu laufen-den oder durchgeführten Projekten zur Erhaltung und Entwicklung der Biologischen Vielfalt einseh-bar. Neben der Projektbeschreibung und dem jeweiligen Ansprechpartner können auch Tipps für die Umsetzung und Hinweise auf entstandene Probleme aufgeführt werden. Damit dient diese Übersicht dem gezielten Erfahrungsaustausch und der Netzwerkbildung.

    Weiterentwicklung der Strategie Wie bereits 2013 in der Koalitionsvereinbarung für die 19. Legislaturperiode festgelegt, sollte die HBS umgesetzt und zugleich im Dialog mit den Verbän-den weiterentwickelt werden. Die am 2. Oktober 2015 veröffentlichte ‚Halbzeitbewertung der EU-Bio-diversitätsstrategie‘ bestätigte, wie richtig diese Festlegung war. Dort wurde auf Basis belastbarer Daten aufgezeigt, dass die Anstrengungen gestei-gert werden müssen, um den Verlust an Biologischer Vielfalt bis 2020 aufzuhalten. EU-weit kosten die Maßnahmen zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt – und damit zur Erhaltung der für uns lebensnotwen-digen Ökosystemleistungen (z. B. frische Luft, reines Wasser, Rohstoffe) jährlich rund sechs Milliarden Euro. Dies entspricht nur zwei bis drei Prozent des Wertes der Ökosystemleistungen von rund 200 bis 300 Milliarden Euro, die die Biologische Vielfalt pro Jahr EU-weit kostenfrei bereitstellt. Anstrengungen zur Erhaltung der Biodiversität sind somit weitaus günstiger, als tatenlos zuzusehen!

    2 Seit dem letzten Bericht ergriffene oder geplante Maßnahmen

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    4 Deshalb weichen die Zielüberschriften im Bericht von den Letztjährigen ab.

    Die im Februar 2014 begonnene Weiterentwicklung wurde mit Kabinettsbeschluss am 1. Februar 2016 abgeschlossen. Dabei wurden die Ziele I - X modifi-ziert4, die zugehörigen Aktionen um mehr als 50 % gesteigert und das Ziel XI ‚Wichtige Beiträge ande-rer Ressorts der Hessischen Landesregierung zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt‘ ergänzt. Dem Ak-tionsplan zu Ziel XI sind die 26 Selbstverpflichtungen der anderen Ministerien und der Staatskanzlei zu entnehmen, die in eigener Zuständigkeit umgesetzt und – ab 2016 – auch in den Hessischen Biodiversi-tätsberichten dokumentiert werden.

    Die Verankerung der Umsetzung und das gemein-same Vorgehen zeigen, welche Bedeutung die Erhaltung der Biologischen Vielfalt in der Hessischen Landesregierung hat.

    KreiskonferenzenDarüber hinaus konnten im Berichtszeitraum die Kreiskonferenzen weitgehend abgeschlossen werden.

    Die letzten werden im Februar (zwei) und Mai (eine) 2017 durchgeführt. In diesen werden interessierten Bürgerinnen und Bürgern nicht nur wichtige Inhalte der HBS, die Zusammensetzung der Hessen-Liste und Finanzierungsmöglichkeiten, sondern auch Möglichkeiten zur Beteiligung vorgestellt.

    Es ist zu erwarten, dass dadurch der Finanzbedarf zur Förderung von Maßnahmen vor Ort zur Erhal-tung und Entwicklung der Arten und Lebensräume, für die das Land eine besondere Verantwortung hat (Hessen-Liste), weiter steigt.

    Neue LIFE-ProjekteBereits im Herbst 2015 hat die Europäische Kommis-sion dem LIFE Projektantrag „LiLa Living Lahn – ein Fluss, viele Ansprüche“ zugestimmt; der Projektbe-ginn war Anfang 2016. Im Sommer 2016 wurde dem

    LIFE Projektantrag „Hessische Rhön – Berggrünland, Hutungen und ihre Vögel“ zugestimmt. Dessen Pro-jektbeginn war am 1. Oktober 2016.

    NachhaltigkeitsstrategieDie Nachhaltigkeitskonferenz hatte im Mai 2014 die Biologische Vielfalt als eines ihrer Schwerpunkt-themen festgelegt. Im Berichtszeitraum ab Sep-tember 2015 stand die Kampagne „Wildes Hes-sen?! – Mehr Vielfalt in Garten, Dorf und Stadt“ zur Bewusstseinsbildung im Mittelpunkt. Mit ihr wurden insbesondere Bürgerinnen und Bürger, aber auch Kommunen sowie Vereine, Schulen und Kindergär-ten motiviert, mehr für den Schutz der Biologischen Vielfalt zu tun. So waren alle eingeladen, eine „wilde Ecke“ im Garten, Balkon oder auf dem Grundstück entstehen zu lassen oder eine naturbelassene Ecke im Dorf oder in der Stadt zu entdecken. Die Beob-achtungen konnten durch Fotos und Filme doku-mentiert werden. Seit September 2015 wurden im Kampagnenjahr 240 wilde Ecken eingetragen und rund 1.400 Fotos in die interaktive Karte auf der Kampagnenwebsite www.wildes-hessen.de hoch-geladen. Insgesamt 21 Botschafterinnen und Bot-schafter unterstützten die Kampagne mit eigenen Initiativen. Gemeinsam trugen sie bei der Umset-zung zum Erfolg der Kampagne bei. Ein Kalender für das Jahr 2017, der die wichtigsten Botschaften der Kampagne sowie einige der schönsten Fotos zeigt, ist erstellt worden.

    Der vierte Tag der Nachhaltigkeit am 22. September 2016 stand deshalb unter dem Motto „Beobachten – Erleben – Schützen: Hessen aktiv für Biologische Vielfalt“. Der Aktionstag, an dem in Hessen hunderte Aktionen stattfanden, sensibilisierte die Bürgerinnen und Bürger für einen nachhaltigen Lebensstil im Sinne der Biologischen Vielfalt und motivierte zur aktiven Mitwirkung an deren Erhaltung. Er trug dazu bei, die Bedeutung der Themen Biologische Vielfalt und Nachhaltigkeit noch stärker in der Gesellschaft zu verankern und bot eine Bühne für das vielfältige Engagement der zahlreichen Akteure in Hessen.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    http://www.wildes-hessen.de

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    Wichtige Umsetzungs-maßnahmenIn allen knapp 600 Fauna-Flora-Habitat (FFH)- Gebieten wurde 2016 die FFH-Maßnahmenpla-nung abgeschlossen. Damit stehen für alle in den Gebieten relevanten FFH-Arten und -Lebensräume jetzt die notwendigen Entwicklungsmaßnahmen fest, die umgesetzt werden. Zur Sicherung und Entwicklung von Arten und Lebensräumen, für die Hessen eine besondere Verantwortung hat, wurden 2016 vor Ort zahlreiche Erhaltungsmaß-nahmen durchgeführt, häufig mit ehrenamtlicher

    Unterstützung. Mit rund 785.000 Euro hat Hessen diese, von den Regierungspräsidien zuvor geneh-migten Maßnahmen, in den Kommunen finanziert.

    Als Beitrag zur Verbesserung des Erhaltungszu-stands der Offenlandarten und -lebensräume wurden in 2016 ca. 35,4 Mio. Euro aus dem Ag-rarumweltprogramm „HALM“ ausgezahlt und von rund 8.000 Landwirten auf über 180.000 ha Förderfläche umgesetzt, 48 % der Mittel wurden für ökologischen Landbau und 40 % für extensive Grünlandbewirtschaftung in Kombination mit na-turschutzfachlichen Sonderleistungen eingesetzt.

    2.2 Maßnahmen bezüglich der elf strategischen Ziele der Hessischen Biodiversitätsstrategie

    Rund 21 Prozent der hessischen Landesfläche sind als NATURA 2000-Gebiete nach der Fauna-Flora-Ha-bitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie der Europäischen Kommission ausgewiesen. Für jedes NATURA 2000-Gebiet gibt es konkrete Erhaltungs-ziele für die relevanten Lebensraumtypen – bei-spielsweise artenreicher Borstgrasrasen – sowie die Tier- und Pflanzenarten – wie Rotmilan oder Frauen-schuh. Die Verschlechterung der relevanten Lebens-räume und Arten in diesen Gebieten zu stoppen und darüber hinaus eine Verbesserung ihres Erhal-tungszustandes zu bewirken, verfolgt die Hessische Biodiversitätsstrategie mit Ziel I.

    Ausgewählte AktivitätRenaturierungsmaßnahmen in NATURA 2000-Gebieten

    Die Wiederherstellung von naturnahen Lebensräu-men gewinnt immer mehr an Bedeutung. Im Bereich von Flüssen, Bächen und Auen spielt dies eine be-sondere Rolle. Hier haben die Fauna-Flora-Habi tat-Richtlinie (FFH-RL) und die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gleiche Zielsetzungen. Vertreter der Oberen Wasser-, Naturschutz- und Fischereibehörden in den Regierungspräsidien Gießen und Kassel sorgen in Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen auf Kreisebene dafür, dass einerseits bei der Aus-wahl der umzusetzenden Maßnahmen das Fachwis-sen der verschiedenen Bereiche zusammenfließt

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    Ziel I: NATURA 2000

    Stopp der Verschlechterung der relevanten NATURA 2000-Lebensräume und -Arten und Verbesserung des Erhaltungszustandes

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    Fertiggestellter Teilabschnitt der Renaturierung des Seenbachs nördlich der Seenbachbrücke in Grünberg-Seenbrücke

    und alle Interessen berücksichtigt werden und ande-rerseits die vom Land für diese Synergiemaßnahmen zu 100 % zur Verfügung gestellten Mittel effizient verwendet werden.

    Durch diese Zusammenarbeit sind in Gießen bereits über 30 Verträge mit Kommunen und Unterhaltungs-verbänden geschlossen worden. Dabei werden sowohl kleinere Bachläufe als auch größere Flüsse, wie Dill oder Lahn, berücksichtigt. Seit 2012 konn-ten bereits 19 Renaturierungsprojekte fertiggestellt werden, davon zehn in 2015.

    So wurden bei der Renaturierung des Seenbachs im Bereich der Stadt Grünberg (Kreis Gießen) und der Gemeinde Mücke im Rahmen eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens wichtige Flächen im Auebereich erworben, die zur Renaturierung und Verbesserung des Lebensraums für Tier- und Pflan-zenarten benötigt wurden, insbesondere für die hier lebenden letzten „Bachmuscheln“ (Unio crassus) in Mittelhessen.

    Beim RP Kassel bestehen an seinen 14 Fließge-wässern bereits 18 Verträge und die gleiche Zahl wird derzeit mit Kommunen vorbereitet. Zudem

    laufen sieben Projekte unter Federführung der Oberen Naturschutzbehörde, wovon vier abge-schlossen sind.

    Einen Schwerpunkt in der Kulisse für Synergiemaß-nahmen zwischen WRRL und FFH-RL des Regie-rungspräsidiums Kassel bildet das Gewässersystem der Eder mit seinen zumTeil naturschutzfachlich hochwertigen Nebengewässern.

    Die gewässerökologischen und strukturellen Defizite betreffen vor allem die häufig unterbro-chene aquatische Durchgängigkeit sowie mo-notone Gewässerabschnitte mit fehlender Brei-ten- und Strömungsvarianz und geringer lateraler Vernetzung. Hinzu kommen „Geschiebedefizite“, die u. a. fehlende Laichhabitate für Kieslaicher, strukturarme Gewässersohlen und mangelnde Umlagerungsdynamik zur Folge haben.

    Hier setzen die Synergiemaßnahmen ein, durch die z. B. Habitate für Groppe und Bachneunauge geschaffen oder auentypische Kontaktlebens-räume sowie Lebensräume für Eisvogel und Schwarzstorch verbessert werden.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Strukturell verarmter Gewässerabschnitt der unteren Eder …

    Tabelle 1: Maßnahmen in hessischen FFH-Gebieten gemäß NATUREG Ausgewählte Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie in Hessen

    … ein solcher Abschnitt nach Bauabschluss einer Synergiemaßnahme; die Verbesserung der Lebensräume ist bereits kurzfristig augenfällig

    FFH-LebensraumtypenDie notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung und Entwicklung der FFH-Lebensraumtypen (LRT) sind in Hessen für jedes FFH- und Naturschutzgebiet im Mittelfristigen Maßnahmenplan festgelegt. Die im jeweiligen Jahr umzusetzenden Maßnahmen werden ins hessische Naturschutzinformationssys-tem NATUREG eingetragen. Anhand von fünf für Hessen bedeutsamen LRT wird in Tabelle 1 aufge-zeigt, wie die Zahl der Maßnahmen von 2011 bis 2015 gesteigert werden konnte. Die Maßnahmen sind entweder vertraglich vereinbart, rechtlich vorgegeben oder investiv (vom Kauf von Nisthilfen

    bis hin zum Landkauf). Ihre ordnungsgemäße Umsetzung ist nicht nur notwendig, um die EU-rechtlich geschützten LRT zu erhalten. Die Maßnahmenumsetzung ist Voraussetzung zur Er-haltung und Entwicklung der Biologischen Vielfalt, damit zugleich der Lebensgrundlagen der Men-schen (s. Kap. 2.1 Nr. 6), vieler, speziell an diesen Lebensraum angepasster Tiere und Pflanzen sowie deren genetischer Vielfalt. Die LRT sind zur leichteren EU-weiten Ansprache auch durch Abkürzungen (z. B. „*6230“) identifi-ziert. Die mit „*“ gekennzeichneten LRT gelten als „prioritär“, d.h. für deren Erhaltung kommt dem Mitgliedstaat eine besondere Verantwortung zu.

    Maßnahmen [n] in hessischen FFH-Gebieten (inkl. NSG)

    FFH-Lebensraumtyp 2011 2012 2013 2014 2015

    Auenwälder mit Schwarz-Erle (LRT 91 EO*) 71 97 103 192 191

    Artenreiche Borstgrasrasen (LRT 6230*) 93 119 140 224 211

    Magere Flachland-Mähwiesen (LRT 6510) 22 36 39 41 39

    Pfeifengraswiesen (LRT 6410) 57 78 88 104 122

    Natürliche eutrophe Seen (LRT 3150) 24 34 34 78 85

    Gesamtzahl [n] der in NATUREG für ausgewählte Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie (2011 bis 2015) festgelegten Maßnahmen in Hessen. Stand: April 2016

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Der zu den prioritären Auenwäldern zählende LRT „Erlen- und Eschenwälder an Fließgewässern“ umfasst unter anderem fließgewässerbegleitende und quellige Schwarzerlen- und Eschenauenwälder oder auch Wälder der sogenannten Weichholzauen an regelmäßig überfluteten Flussufern. Die Anzahl an Schutzmaßnahmen konnte 2015 mit 191 Maß-nahmen auf hohem Niveau stabilisiert werden. Beispiele für Schutzmaßnahmen sind der Hieb standortfremder Bäume, Besucherlenkung, Ver-kehrssicherungsmaßnahmen entlang von Wegen und das Entfernen von Müll.

    Der prioritäre „Borstgrasrasen“ ist ein charakte-ristischer Lebensraumtyp ungedüngter Exten-siv-Weiden und -Wiesen der höheren hessischen Mittelgebirgslagen auf sauren und nährstoffarmen, flachgründigen Basalt- und Silikat-Verwitterungs-böden. Die Standorte sind frisch bis feucht oder auch wechselfeucht. Der Verbreitungsschwerpunkt der hessischen Borstgrasrasen liegt im Osthes-sischen Bergland (Meißner, Vogelsberg und das größte Vorkommen in der Hohen Rhön). Um den Artenreichtum dieser Flächen zu erhalten, dürfen sie nicht gedüngt werden und müssen extensiv mit Schafen und Ziegen, seltener auch mit leichten Rindern beweidet oder einmalig im Jahr gemäht werden. Im Beobachtungszeitraum nahm die An-zahl der geplanten Maßnahmen gegenüber dem Vorjahr geringfügig ab.

    Der Lebensraumtyp „Magere Flachland-Mähwiesen“ umfasst Glatthaferwiesen, die ein breites Spekt-rum unterschiedlicher Standorte besiedeln. Dazu gehören sowohl trockene Hänge und Kuppen als auch wechselfeuchte Wiesen in Talauen und sowohl

    saure als auch basen- oder kalkreiche Böden. Die „Flachland-Mähwiesen“ sind nicht auf das eigentli-che Flachland beschränkt, sondern kommen auch in Mittelgebirgslagen vor. Maßnahmen zur Entwick-lung solcher Wiesen sind eine erste Heunutzung nicht vor der Hauptblütezeit im Juni oder Juli sowie ein zweiter Heuschnitt im August oder September. Der zweite Schnitt wird teils durch Beweidung mit Rindern oder Schafen ersetzt. Wichtig für diesen Lebensraumtyp ist außerdem eine fehlende oder nur geringe Düngung.

    Pfeifengraswiesen – die wohl artenreichsten Wiesen – sind typische Pflanzengesellschaften traditionell bewirtschafteter Wiesen auf nährstoffarmen, basen-reichen bis sauren und ausgeprägt wechselfeuchten Standorten. Die charakteristische, wechselnde Bo-denfeuchte kann von Staunässe in den Frühjahrsmo-naten bis zu starker Austrocknung im Hochsommer reichen. Die Nährstoffarmut und die wechselnde Bo-denfeuchte bedingen den enormen Artenreichtum dieser Wiesen. Pfeifengraswiesen sind „hot spots“ der Artenvielfalt. Hier finden Schmetterlinge, Heu-schrecken, Wildbienen, aber auch zahlreiche seltene Pflanzenarten wichtige Überlebens-Nischen. Mit 122 Maßnahmen im Jahr 2015 konnten diese gegenüber dem Vergleichsjahr 2011 mehr als verdoppelt wer-den. Wichtige Maßnahmen zu ihrem Erhalt ist eine oft erst sehr spät im August oder sogar September durchgeführte Mahd und keine Düngerzufuhr.

    Der Lebensraumtyp „Natürliche Eutrophe Seen“ umfasst nährstoffreiche, natürliche oder anth-ropogene Stillgewässer mit Schwimmblatt- und Wasserpflanzen vegetation. In Hessen lassen sich u. a. folgende Stillgewässertypen unterscheiden:

    → Altarme und Altwässer in den Auen der größeren Flüsse

    → Durch Sand- und Kiesabbau entstandene Abgrabungsgewässer (Baggerseen)

    → Durch Abbau von Festgestein, Braunkohle, Erzen o. ä. entstandene Gewässer

    → Teiche als künstlich angelegte und in der Regel ablassbare Gewässer

    → Tümpel als künstlich angelegte, in der Regel nicht ablassbare Kleingewässer, die durch Grund- oder Regenwasser bzw. oberflächlichen Zulauf gespeist werdenLibelle in einem Borstgrasrasen

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Tabelle 2: Maßnahmen in hessischen FFH- Gebieten gemäß NATUREG Ausgewählte Arten des Anhanges II der FFH- Richtlinie in Hessen

    Maßnahmen [n] in hessischen FFH-Gebieten (inkl. NSG)

    FFH-Lebensraumtyp 2011 2012 2013 2014 2015

    Gelbbauchunke (Bombina variegata) 11 10 22 28 34

    Dunkler Wiesenknopf- Ameisen bläuling (Maculinea nausithous)

    112 165 184 231 243

    Heller Wiesenknopf- Ameisenbläuling (Maculinea teleius)

    22 36 39 41 39

    Frauenschuh (Cypripedium calceolus) 2 4 3 2 2

    Europäischer Laubfrosch (Hyla arborea) 17 16 23 30 37

    Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) 41 37 27 80 98

    Äskulapnatter (Elaphe longissima) 23 28 32 28 39

    Gesamtzahl [n] der in NATUREG für ausgewählte Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie (2011 bis 2015) festgelegten Maßnahmen in Hessen. Stand: April 2016

    Mit 85 Maßnahmen im Jahr 2015 wurde für die-sen Lebensraumtyp im Berichtszeitraum ein neuer Höchststand erreicht. Während Altarme und Tümpel vielfach keine besondere Pflege bedürfen, brauchen Fischteiche dieses Lebensraumtyps ein spezielles Management. Dazu gehören Maßnahmen wie das regelmäßige Abfischen im Herbst im Abstand von zwei bis vier Jahren und das gelegentliche „Auswin-tern“ des Teichbodens (winterliches Trockenfallen des Teichbodens).

    FFH-ArtenTabelle 2 zeigt die in NATUREG dokumentierte Anzahl der festgelegten Maßnahmen für sieben FFH-Arten. Sie sind alle nach Anhang IV der FFH-RL geschützt und zählen national zu den besonders geschützten Arten. Sie dürfen weder der Natur ent-nommen noch ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten zerstört werden und unterliegen zudem den Besitz- und Vermarktungsverboten.

    Für fünf der sieben Arten konnten in Hessen 2015 erneut zum Teil deutliche Steigerungen gegenüber den Vorjahren erreicht werden.

    Während Äskulapnatter und Europäischer Laub-frosch mit erheblichen Populationsanteilen

    außerhalb von FFH-Gebieten vorkommen, haben die anderen fünf Arten ihre Hauptvorkommen in den hessischen FFH-Gebieten.

    Die mit Abstand häufigsten Maßnahmen zur Förde-rung einer nach der FFH-RL geschützten Art betreffen den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Macu-linea nausithous). Mit 243 festgelegten Maßnahmen im Jahr 2015 wurden diese gegenüber 2011 mehr als verdoppelt. Demgegenüber wurden für den Frauen-schuh laut NATUREG in den vier Beobachtungsjah-ren jährlich weniger als fünf Maßnahmen festgelegt. Allerdings wurden für diese Art nicht alle Maßnahmen im NATUREG dokumentiert, um die Standorte der von massiver Plünderung bedrohten Wildbestände mög-lichst geheim zu halten und auf den Kreis der direkt Verantwortlichen zu beschränken.

    Einige Beispiele der durchgeführten Maßnahmen:

    Die Gelbbauchunke ist eine sehr selten gewordene Amphibie. Für sie hat Hessen eine besondere Verant-wortung. Gelbbauchunken mögen kleine, flache, gut be-sonnte und vor allem fischfreie Gewässer. Diese müssen in den Schutzgebieten mit Naturschutzmitteln immer wieder neu angelegt werden, um die Populationen zu erhalten und zu stärken. Gleichzeitig müssen Konzepte entwickelt werden, um die wichtigsten Räuber der Gelb-bauchunken (v.a. Waschbär) in Schach zu halten.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Tabelle 3: Entbuschung / Entkusselung auf LRT- Flächen 2015 in Naturschutz- und Natura 2000- Schutzgebieten

    Umsetzungsstand Anzahl Prozent

    umgesetzt 70 66,0

    teilweise umgesetzt 10 9,4

    nicht umgesetzt 20 18,9

    andere 6 5,7

    Gesamtzahl [n] der in NATUREG (2015) festgelegter Ent-buschungs- und Entkusselungs- Maßnahmen. Stand: April 2016

    Die Schmetterlingsarten Dunkler und Heller Wiesen-knopf-Ameisenbläuling haben eine sehr spezielle Lebensweise und sind auf eine Pflanze namens Gro-ßer Wiesenknopf angewiesen. Aus diesem Grund wird die Nutzung der Ameisenbläulings-Wiesen auf den Lebenszyklus der kleinen Schmetterlinge und des Großen Wiesenknopfes abgestimmt. Die Hab-itate der beiden Wiesenknopf-Bläulinge werden in den hessischen FFH-Gebieten sehr früh (i.d.R. Mai) und dann erst wieder im September gemäht, sodass sich die Larven der Schmetterlinge in und an den Wiesenknöpfen in der Zwischenzeit ungestört entwi-ckeln können.

    Da eine zunehmende Bewaldung zahlreiche Lebens-räume und Habitate allmählich verschwinden lässt, ist die Offenhaltung der Landschaft von großer Bedeutung. Deshalb wurden 2015 in den hessi-schen Naturschutz- und Natura 2000-Gebieten 106 Entbuschungs- oder Entkusselungs-Maßnahmen festgelegt.

    Wie Tabelle 3 zeigt, wurden drei Viertel der Maß-nahmen im Planungsjahr komplett oder auf Teilflä-chen realisiert, aber auch ein knappes Fünftel nicht umgesetzt.

    Bei der Entbuschung oder auch Entkusselung werden junge Gehölze, sogenannter Kussel, zur Offenhaltung der Landschaft beseitigt. Ohne diese Maßnahme würde das Offenland zunehmend verbu-schen und sich allmählich zu Wäldern entwickeln.

    VögelDie nachfolgende Tabelle zeigt die für vier bestands-bedrohte Arten der Vogelschutz-Richtlinie (VS-RL) zum Erhalt oder zur Entwicklung in den Vogelschutz-gebieten festgelegten Maßnahmen, die gegenüber der Ersterhebung 2011 bei allen vier Arten gestei-gert werden konnten.

    Ausgewählt wurden jeweils eine typische Art des landwirtschaftlichen Offenlandes, des Feuchtgrün-landes, des Waldes und der Gewässer bzw. Gewäs-serufer. Für diese Arten liegen Artenhilfskonzepte oder zumindest Maßnahmenblätter mit konkreten Handlungsempfehlungen vor (fachliche Unterlagen mit spezifischen Informationen).

    Der Vergleich von Tabelle 4 mit Tabelle 2 zeigt, dass die Zahl der Maßnahmen bei allen genannten Vogel-arten auch 2015 deutlich unter den Vergleichswerten der o. a. FFH-Arten liegen. Nur die FFH-Art Frauen-schuh bildet aus den oben genannten Gründen eine Ausnahme. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Maßnahmenplanung zunächst in den FFH-Gebieten durchgeführt wurde. Ab 2017 wird der Schwerpunkt auf die VS-Gebiete gelegt, wodurch auch dort die Zahl der festgelegten Maßnahmen ansteigen wird.

    Einige Beispiele der durchgeführten Maßnahmen:

    Das Braunkehlchen war in Hessen einst der Cha-raktervogel feuchter Wiesen und Weiden. Heute ist die Art fast überall verschwunden. Die frühe Mahd der Feuchtwiesen, Entwässerung und Nutzungsän-derungen haben sie an den Rand des Aussterbens gebracht. Gemeinsam mit den Naturschutzver-bänden versuchen die Naturschutzbehörden die letzten Standorte der Art zu erhalten. Maßnahmen sind späte Mahd und angepasste Beweidung, Alt-grasstreifen, Rücknahme der Entwässerung, Ent-buschungen aber auch Prädatoren5-Management.

    Der Eisvogel gilt als Charaktervogel fischreicher und natürlicher Fließgewässer. In harten Wintern erlebt diese Art immer wieder Bestandszusammenbrüche, die aber in guten Jahren leicht ausgeglichen werden. Mit der Renaturierung von Fließgewässern und dem Schutz der Brutstandorte wird die Art nachhaltig gefördert.

    5 Prädatoren = Fressfeinde

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Tabelle 4: Maßnahmen in hessischen Vogelschutz- Gebieten gemäß NATUREG Ausgewählte Arten der VS- Richtlinie in Hessen

    Maßnahmen [n] in hessischen FFH-Gebieten (inkl. NSG)

    Anhangsart der VS- Richtlinie 2011 2012 2013 2014 2015

    Braunkehlchen (Saxicola rubetra) 6 6 7 12 15

    Rohrweihe (Circus aeruginosus) 3 6 3 4 8

    Grauspecht (Picus canus) 9 26 15 27 29

    Eisvogel (Alcedo atthis) 5 5 6 5 13

    Gesamtzahl [n] der in NATUREG für ausgewählte Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie (2011 bis 2015) festgelegten Maßnahmen in Hessen. Stand: April 2016

    Weitere ausgewählte Aktivitäten zu Ziel I „Natura 2000“ sind der Tabelle 5 im Anhang zu entnehmen.

    Das Netz NATURA 2000 bildet nicht alle Lebens-räume und Arten ab, für die in Hessen besonderer Handlungsbedarf besteht. Diese Lücke schließt Ziel II der Hessischen Biodiversitätsstrategie mit der Förderung und Sicherung von Arten und Lebensräu-men, für die Hessen eine besondere Verantwortung hat. Neben Lebensräumen und Arten der FFH- und Vogelschutz-Richtlinie, die landesweit in keinem günstigen Erhaltungszustand sind, sind dies Arten des Bundesprogramms Biologische Vielfalt und weitere Arten, für deren weltweiten Erhalt speziell Hessen eine besondere Verantwortung trägt. Außer-dem Biotoptypen, die in Hessen in typischer Ausprä-gung vorkommen und gefährdet sind, Biotope im Siedlungsumfeld sowie „Mitmach-Arten“, für die sich Bürgerinnen und Bürger in ihrem Umfeld unmittel-bar einsetzen können.

    Ausgewählte AktivitätTiere, Pflanzen, Lebensräume – Der Leitfaden zur Umsetzung der Ziele I und II der Hessischen Bio-diversitätsstrategie

    Die Vorgängerinstitution der jetzigen Abteilung Naturschutz des HLNUG (Hessen-Forst FENA) wurde bereits im Jahr 2013 vom Hessischen Umweltminis-terium beauftragt, gemeinsam mit der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland eine Prioritätenliste der in Hessen bedeut-samen Arten und Lebensräume zu erstellen.

    Nach zahlreichen Abstimmungen, u. a. mit den Oberen Naturschutzbehörden und hessischen Naturschutzverbänden, wurde die erste Fassung der „Hessen-Liste“ im März 2015 fertiggestellt. Seit November 2015 steht ein Leitfaden mit einer

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    Ziel II: Hessenarten

    Sicherung und Entwicklung von Arten und Lebensräumen, für die Hessen eine besondere Verantwortung hat

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    Erläuterung der fachlichen Hintergründe sowie Hinweisen zur Umsetzung und Finanzierung auf der Homepage der Hessischen Biodiversitätsstrategie (http://biologischevielfalt.hessen.de/) zur Verfügung, der zusammen mit dem Umweltministerium und der Staatlichen Vogelschutzwarte erarbeitet wurde.

    Für die Auswahl wurden neben Arten und Lebens-räumen der FFH- und der VS-Richtlinie in ungüns-tigem Erhaltungszustand in erster Linie Arten be-rücksichtigt, für deren Erhalt Deutschland und/oder Hessen besondere Verantwortung tragen oder die aus nationaler, landesweiter oder regionaler Sicht vom Aussterben bedroht sind, wie z. B. die kaum bekannte „Aufrechte Weißmiere“ (Moenchia erecta), eine unscheinbare Pflanze des Magergrünlandes. Damit soll der Fokus des Naturschutzes über den Kreis der FFH- und Vogelarten hinaus deutlich erwei-tert werden.

    Darüber hinaus sind aber auch sogenannte „Mit-mach-Arten“ enthalten, die attraktiv und bekannt oder Objekt öffentlichkeitswirksamer Aktionen sind (z. B. Hirschkäfer-Beobachternetz, Aktion Fleder-mausfreundliches Haus). Ferner wurden stark ge-fährdete Biotoptypen aufgenommen, die in der FFH-Richtlinie nicht berücksichtigt sind. Insgesamt enthält die „Hessen-Liste“ 259 Arten und 39 Biotop-typen.

    Die Liste ist handlungsorientiert. Deshalb sind vor allem Arten berücksichtigt, zu denen landesweit gute Grundlagendaten verfügbar sind, sodass auch konkrete Maßnahmen geplant werden können.

    Neben der landesweiten Identifizierung von Ziel-arten und -lebensräumen ist es ein wesentliches Anliegen, für diese die regionalen Handlungs-schwerpunkte zu benennen. Daher ist die Mehrzahl

    Die Verbreitungskarte der Aufrechten Weißmiere (Moenchia erecta) zeigt deutlich die Verantwortung Hessens für deren Erhalt in Deutschland (rote Rasterquadrate: Nachweise vor 1950; dunkelblaue Ras-terquadrate: Nachweise zwischen 1950 –1980; schwarze Rasterquadrate: Nachweise nach 1980)

    Aufrechte Weißmiere (Moenchia erecta) Quelle: www.floraweb.de, Bundesamt für Naturschutz

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    http://www.floraweb.de, Bundesamt für Naturschutz

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    Streuobstwiese

    der Arten den Landkreisen und kreisfreien Städten zugeordnet, in denen besonderer Handlungsbedarf besteht.

    Lebensraum StreuobstDeutlich häufiger als für die beiden in Tabelle 8 aufgeführten Arten wurden konkrete Maßnahmen für den ebenfalls in der Hessen-Liste geführten Lebens-raum „Streuobstwiese“ festgelegt (Tabelle 6). Mit 146 Maßnahmen im Jahr 2015 ist gegenüber dem Vergleichsjahr 2011 (104 Maßnahmen) auch hier erfreulicherweise eine Steigerung erkennbar.

    Tabelle 6: Streuobst- Maßnahmen in hessischen Schutzgebieten gemäß NATUREG

    Maßnahmen [n] in hessischen Naturschutz- und Natura 2000- Gebieten

    Lebensraumtyp 2011 2012 2013 2014 2015

    Streuobstbestände 104 133 129 141 146

    Gesamtzahl [n] der in NATUREG (2011 bis 2015) dokumentierten Streuobst- Maßnahmen in hessischen Naturschutz- und Natura 2000- Gebieten. Stand: November 2016

    Streuobstflächen gehören zu den beliebtesten Bio-topen in Hessen. Sie sind nicht nur sehr artenreich. Auf ihnen herrscht oft auch eine große Sortenvielfalt an heimischem Ost. Alte Obstsorten wie Herbstfo-relle, Mollebusch, Goldparmäne, Gute Luise, Dolle-seppler oder Bierfäßchen bereichern daher nicht nur Hessens Biologische Vielfalt, sie sind auch schmack-haft und kulinarisch vielseitig verwertbar. Als Bio-tope der Kulturlandschaft müssen Streuobstwiesen allerdings regelmäßig gepflegt und bewirtschaftet werden. Der Unterwuchs unter den Bäumen bedarf einer regelmäßigen Mahd oder Beweidung und die Bäume selbst müssen regelmäßig geschnitten werden. Zudem müssen alte, kranke Bäume durch Neupflanzungen ersetzt werden.

    Wie vielfältig die Einzelmaßnahmen zum Erhalt oder auch der Neuerstellung von Streuobstwiesen sind, zeigt die Tabelle 7 exemplarisch auf. Neben der NA-TUREG-Standardmaßnahme „Neuanlage und Erhalt von Streuobstbeständen/Obstbaumreihen“ wurden auch unterschiedliche Einzelmaßnahmen aufgeführt, die von der Obstbaumpflanzung über die Schafbe-weidung bis hin zur flächigen Entbuschung reichen.

    Nicht nur die Pflege der Obstbäume, sondern auch die sehr vielseitige Nutzung der Grünlandflächen um die Bäume herum, machen die Wertigkeit dieses für Hessen typischen Lebensraums aus.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

  • 16

    Tabelle 7: Streuobst- Einzelmaßnahmen in hessischen Schutzgebieten

    Maßnahmen [n] in hessischen Naturschutz- und Natura 2000- Gebieten

    Anzahl Maßnahme

    200 Neuanlage und Erhalt von Streuobst-beständen/Obstbaumreihen

    15 Gehölzpflege

    8 Obstbaumpflanzung

    6 zweischürige Mahd

    6 Beweidung mit Schafen

    5 Mischbeweidung

    4 Mulchen (Mahd mit Mulchgerät)

    4 Wiederaufnahme/Weiterführung alter Nutzungsformen (z. B. Streunutzung, Wanderschäferei)

    4 Mahd mit bestimmten Vorgaben

    2 naturverträgliche Grünlandnutzung

    2 Beweidung mit Pferden

    2 Hüte- /Triftweide

    2 Extensivierung von Sonderkulturen (z. B.: Obstbau, Weinbau)

    2 Vorgabe der Geräte (Freischneider, Handmotormäher usw.)

    2 Entbuschung/Entkusselung mit bestimmtem Turnus

    2 Artenschutzmaßnahmen „Reptilien"

    2 Entbuschung/Entkusselung

    2 ordnungsgemäße Landwirtschaft

    1 Nutzung als Mähweide mit Nachbewei-dung

    1 Nachbeweidung mit Schafen

    1 Beweidung mit Nachmahd

    1 Beweidung mit Rindern (bestimmte Rassen)

    1 Beweidung mit Ziegen

    1 Handmahd

    1 Umwandlung von Acker in Grünland

    1 gezielte Pflegemaßnahmen im Offenland

    1 Gehölzentfernung am Gewässerrand

    1 Extensivierung von Gewässerrandstrei-fen

    1 Ausbringung von Nistkästen/- röhren

    1 weitere Maßnahmen der Biotoppflege/Biotopgestaltung

    1 Pflegemaßnahmen

    1 flächige Entbuschung

    1 Schaffung von Strukturen

    1 zur Zeit keine Maßnahmen, Entwicklung beobachten

    1 Sonstige

    Gesamtzahl [n] der in NATUREG (2011 bis 2015) dokumen-tierten Streuobst- Maßnahmen in hessischen Naturschutz- und Natura 2000- Gebieten. Stand: November 2016

    ArtenEs ist das Ziel der Naturschutzverwaltung, die Schutzgüter der sogenannten Hessen-Liste (Arten und Lebensräume) sukzessive in das Schutzgebiets-management zu integrieren und für diese in ver-stärktem Umfang Schutzmaßnahmen vorzusehen.

    Um die Arbeitsfortschritte in diesem Tätigkeitsfeld zu überprüfen, wurden die NATUREG-Datensätze zu zwei relativ bekannten „Hessen-Arten“, der Kreuz-otter und dem Breitblättrigen Knabenkraut, aus-gewertet (Tabelle 8).

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Tabelle 8: Maßnahmen in hessischen Schutzgebieten gemäß NATUREG Ausgewählte Arten der „Hessen- Liste“

    Maßnahmen [n] in hessischen FFH- Gebieten (inkl. NSG)

    Anhangsart der FFH- Richtlinie 2011 2012 2013 2014 2015

    Kreuzotter(Vipera berus)

    3 3 3 3 3

    Breitblättriges Knabenkraut(Dactylorhiza majalis)

    2 4 5 5 8

    Gesamtzahl [n] der in NATUREG für die Kreuzotter und das Breitblättrige Knabenkraut (2011 bis 2015) dokumentierten Maßnahmen in hessischen Naturschutz- und Natura 2000- Gebieten. Stand: November 2016

    Während sich beim Breitblättrigen Knabenkraut die Anzahl an dokumentierten Maßnahmen im Berichtsjahr 2015 gegenüber dem Jahr 2011 auf allerdings niedrigem Niveau vervierfachte, blieb die Zahl an Schutzmaßnahmen für die stark bestandsbedrohte Kreuzotter im gesamten Be-obachtungszeitraum auf sehr niedrigem Niveau konstant (Tabelle 8). Das Ergebnis ist demnach im Berichtszeitraum uneinheitlich. Während die HBS der Orchidee offensichtlich im Schutzgebietsma-nagement einen ersten Rückenwind bescherte, blieb sie für die Kreuzotter zumindest bis zum Jahr 2015 noch ohne sichtbare Auswirkungen. Allerdings wurde zum Ende der Berichtsperiode eine Reihe von Kreuzotter-Schutzmaßnahmen

    eingeleitet, die aber erst im Bericht 2017 darge-stellt werden können.

    Einige Beispiele der durchgeführten Maßnahmen:

    Das Breitblättrige Knabenkraut ist in den vergange-nen Jahren als Charakterart der Feuchtwiesen und Quellsümpfe in gleichem Maße in Hessen ver-schwunden wie seine Lebensräume. Als Hessen-Art werden die Restbestände jetzt innerhalb wie auch außerhalb der Schutzgebiete mit Naturschutzmitteln gefördert. Durch späte Mahd (ab Ende Juli oder Au-gust) und Verzicht auf Düngung, Entwässerung und Pestizideinsatz lassen sich die Bestände erhalten und sogar wieder ausdehnen.

    Auch wenn die Kreuzotter nicht zu den FFH-Arten gehört, hat Hessen eine besondere Verantwortung zum Erhalt der einzigen heimischen Giftschlange. Als kälteangepasste Art leidet sie wie kaum ein anderes Reptil unter dem Klimawandel – ein Grund, warum die Art in die Liste der Hessen-Arten aufgenom-men wurde. Im Spessart wurde im Jahr 2016 damit begonnen, frostfreie Winterverstecke anzulegen und die Habitat-Strukturen der Sommerlebensräume zu verbessern (Staudensäume, Entbuschungen, Anlage von Holzstapeln und Steinriegeln etc.). Die Maßnah-men wurden in enger Kooperation von Hessen-Forst, AGAR, NABU und der Naturschutzverwaltung durch-geführt.

    Weitere ausgewählte Aktivitäten zu Ziel II „Arten und Lebensräume der Hessen-Liste“ sind der Tabelle 9 im Anhang zu entnehmen.Kreuzotter

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Die Lebensqualität der Menschen steht in direktem Zusammenhang mit einer Vielzahl an Leistungen, die die Natur uns jeden Tag kostenlos zur Verfügung stellt. Diese als Ökosystemleistungen bezeichneten Güter und Leistungen der Natur sind so selbstver-ständlich, dass sie oft gar nicht wahrgenommen werden: frische Luft, Nahrung, sauberes Trinkwasser, fruchtbare Böden, Heilmittel aus Substanzen der Natur, erholsame Momente beim Spaziergang im Grünen und vieles mehr. Durch die Maßnahmen des Ziels III der Hessischen Biodiversitätsstrategie sollen die wertvollen Ökosystemleistungen aufrecht erhalten werden.

    Ausgewählte AktivitätAntrag im Förderprogramm LIFE erfolgreich – 6,5 Millionen Euro für die Biologische Vielfalt in der Rhön

    Im Sommer 2016 hat die Europäische Kommission dem LIFE Projektantrag „Hessische Rhön – Berggrün-land, Hutungen und ihre Vögel“ zugestimmt.

    In den nächsten sechs Jahren stehen dadurch 6,57 Mio. Euro zur Sicherung des artenreichen Grünlands in der Hessischen Rhön zur Verfügung. 60 % fördert die EU aus dem LIFE-Förderprogramm, knapp 40 % das Land Hessen.

    Ziel des geplanten Projektes in der historisch ge-wachsenen Kulturlandschaft mit den typischen Rhö-ner Bergwiesen und -weiden ist die Erhaltung und Entwicklung der einzigartigen Flora und Fauna des Berggrünlands mit wirtschaftlich tragfähigen Land-nutzungskonzepten.

    Der Schutz der blumenbunten Bergmäh- und Flach-landmähwiesen, die Förderung von wiesenbrüten-den Vogelarten, wie z. B. Wiesenpieper, Bekassine und Braunkehlchen, sowie die Optimierung der Nutzung im Hinblick auf einen guten Erhaltungs-zustand der in Hessen fast einzigartigen Gemeinde- Hutungen sind Kernziele des LIFE-Projektes.

    Projektkulisse des ambitionierten Projektes ist das Vogelschutzgebiet „Hessische Rhön“ unter Ein-schluss der entsprechenden FFH-Gebiete. Zu den

    Der Skabiosen-Scheckenfalter ist eine Zielart des neuen LIFE-Projekts

    Bergmähwiesen gehören zum schützenswerten Tafelsilber der Rhön

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    Ziel III: Ökosystemleistungen

    Aufrechterhaltung des essentiellen Beitrags der Ökosysteme zu stabilen, gesunden Lebensverhältnissen für die Bevölkerung

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    besonderen Arten in diesem Gebiet zählen außer-dem auch Wachtelkönig, Neuntöter, Raubwürger, Schwarzer Apollo und Goldener Scheckenfalter.

    Mit dem am 1. Oktober 2016 startenden LIFE-Projekt sollen neue Möglichkeiten gefunden und auspro-biert werden, um den Artenrückgang im Grünland zu stoppen. Die im Antrag formulierten Maßnahmen und Projekte sollen u. a. dazu dienen, gemeinsam mit den Landwirten ergänzend zu den bisherigen

    Förderungen Optionen zu entwickeln, um ihre Flächen sinnvoll und effektiv zu bewirtschaften und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Flora und Fauna zu leisten. Eine starke Partnerschaft zwischen Landwirtschaft und Naturschutz ist dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

    Weitere ausgewählte Aktivitäten zu Ziel III „Ökosys-temleistungen“ sind der Tabelle 10 im Anhang zu entnehmen.

    Seit über 2000 Jahren bewirtschaftet der Mensch in unserer Region Äcker, Wiesen und Weiden. Hier-durch entwickelte sich eine vielfältige Kulturland-schaft, die Lebensraum und Nahrung für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bietet. Durch menschliche Aktivitäten (z.B. Intensivierung der Landwirtschaft, zunehmender Flächenverbrauch und Zerschnei-dung von Lebensräumen) sind jedoch im Offenland zahlreiche Lebensräume und Arten bedroht. Die Maßnahmen des Ziels IV der Hessischen Biodiver-sitätsstrategie dienen dazu, den Erhaltungszustand der Offenlandarten gemeinsam mit allen Beteilig-ten zu verbessern.

    Ausgewählte AktivitätPotenziale zur Förderung der Biologischen Vielfalt erkennen und produktionsintegriert umsetzen – ein Pilotprojekt des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen zur Stärkung der Biodiversitätsberatung in der Landwirtschaft

    Zur Verbesserung der Etablierung und Kommuni-kation biodiversitätsfördernder Maßnahmen in der Landwirtschaft erfolgt seit Februar 2016 eine spezi-elle Biodiversitätsberatung.

    Das im Rahmen des Ökoaktionsplans etablierte Projekt ergänzt das reguläre Beratungsangebot des LLH und zielt auf die erfolgreiche Integration von Maßnahmen, die eine positive Auswirkung auf die Biodiversität erwarten lassen und gleichzeitig eine gute Umsetzbarkeit.

    Die Beratung verknüpft hierbei die gesellschaftli-chen Anforderungen mit produktionstechnischen und betriebsorganisatorischen Fragen mit dem Ziel der Konsensfindung zwischen naturschutzfachlichen und betrieblichen Interessen.

    Die Beratung unterstützt die Betriebe:

    → die Biologische Vielfalt im Betrieb besser zu kennen und zu fördern,

    → eigene Ideen umzusetzen und weiterzuentwickeln,

    → mit der individuellen Entwicklung und Durch-führung praktikabler und effektiver Maßnahmen,

    → durch Hilfestellung zu Agrarumweltprogrammen, Greening und Naturschutzauflagen sowie

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    Ziel IV: Offenland / Landwirtschaft

    Messbare Verbesserung des Erhaltungszustandes der im Offenland vor-kommenden Arten und Lebensräume durch einen wirksamen Beitrag der Landwirtschaft

  • 20

    → durch Abstimmung mit Fachberatern, Ämtern, Be-hörden und Akteuren des Naturschutzes mit fach-kundiger Darstellung der Naturschutzleistungen.

    Im Rahmen einer gemeinsamen Betriebsbegehung werden individuell geeignete Maßnahmen und Flächen identifiziert und anschließend von der Be-ratung im „Betriebsplan Biodiversität“ festgehalten. In diesem finden sich das betriebliche Konzept in übersichtlicher Form sowie detaillierte Informationen zu den geplanten Maßnahmen und ausgewählten Zielarten. Enthalten ist auch eine Darstellung zukünf-tiger Entwicklungspotentiale sowie Informationen zu ggf. naturschutzrelevanten Planungen in der Region. Auf Wunsch erfolgt eine Unterstützung in büro-kratischen Fragen. Es besteht ein kontinuierliches Betreuungsangebot zur praktischen Umsetzung und Weiterentwicklung der Maßnahmen.

    Zusätzlich werden den Betrieben Materialien für die Öffentlichkeitsarbeit (z. B. Schilder, Plakate, Bau-steine für den Internetauftritt oder Pressemittteilun-gen) zur Verfügung gestellt.

    Auf einem Ackerbau- und Grünlandbetrieb im Landkreis Fulda wurden bereits verschiedene Maß-nahmen zur Förderung der Biologischen Vielfalt realisiert. Diese wurden im Juni 2016 im Rahmen eines Feldtags für Landwirtinnen und Landwirte demonstriert und auf der Internetseite des LLH do-kumentiert. Die detaillierte Planung für zehn weitere Pilotbetriebe erfolgt im Verlauf des Winters, sodass die Maßnahmen ab dem kommenden Frühjahr kon-tinuierlich umgesetzt werden können.

    Weitere ausgewählte Aktivitäten zu Ziel IV „Offen-land / Landwirtschaft“ sind der Tabelle 11 im An-hang zu entnehmen.

    Informationstafeln im Pilotbetrieb im Landkreis Fulda: Spezielle Blühmischung zur Förde rung von Feld-vögeln auf einer Teilfläche mit geringer Produktionseignung

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Fast die Hälfte Hessens (42,3 Prozent) ist von Wald bedeckt. Der Wald ist von besonderer Bedeutung: als Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere, als Wirtschaftsfaktor, Rohstofflieferant, Klimaregulator und als Erholungsort für Menschen. Wichtig ist eine Balance zwischen Waldnutzung, Klimaschutz und Naturschutz, um viele seltene und bedrohte Arten sowie Lebensräume – und damit die Biologische Vielfalt im hessischen Wald – zu fördern und zu erhal-ten. Die Maßnahmen von Ziel V der Hessischen Bio-diversitätsstrategie zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der in den hessischen Wäldern relevanten Arten und Lebensräume zu erreichen.

    Ausgewählte AktivitätFSC-Zertifizierung des Hessischen Staatswaldes

    Die Koalitionsvereinbarung der Hessischen Landes-regierung sieht eine schrittweise Einführung des FSC-Zertifikates im Staatswald des Landes Hessen vor. Seit Januar 2016 sind nun insgesamt 21 For-stämter mit rund 140.000 Hektar zertifiziert.

    Darunter sind die Forstämter Burgwald, Hanau-Wolf-gang, Herborn, Langen, Nidda, Schlüchtern, Weil-burg, Weilmünster und Wettenberg der 1. Staffel mit einer Fläche von rund 55.000 Hektar, die das Gruppenzertifikat am 08.04.2015 erhalten haben, sowie die Forstämter Bad Schwalbach, Darmstadt, Fulda, Hofbieber, Jesberg, Jossgrund, Kirchhain, Königstein, Lampertheim, Vöhl und Wolfhagen der 2. Staffel mit einer Fläche von rund 80.000 Hektar. Das Forstamt Dieburg mit einer Fläche von rund 4.700 Hektar wurde im Januar 2016 noch integriert, nachdem das seitherige, im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsstrategie Hessen 2010 erlangte FSC-Zertifikat, Ende Januar 2016 abgelaufen war.

    Der hohe Standard der Bewirtschaftung des Staatswaldes in Hessen erfährt damit eine weitere Auszeichnung durch ein weltweit anerkanntes

    Gütesiegel. Über die weiteren Schritte bei der Zerti-fizierung des Hessischen Staatswaldes wird unter Be-rücksichtigung der ökologischen und ökonomischen Ergebnisse der Umsetzungsschritte entschieden.

    Dazu ist ein externes Gutachten vergeben worden, das die bestehenden Beiträge des Landesbetriebs und des Forstamts Dieburg betrachtet und eigene Untersuchungen vornehmen wird. Ergebnisse wer-den bis Mitte des Jahres 2017 vorliegen.

    Buchenwald Nationalpark

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    Ziel V: Wald / Forstwirtschaft

    Erreichung eines günstigen Erhaltungszustands der in den hessischen Wäldern relevanten Arten und Lebensräumen

  • 22

    Kartenausschnitt FSC-Zertifizierung Staatswald

    Weitere ausgewählte Aktivitäten zu Ziel V „Wald / Forstwirtschaft“ sind der Tabelle 12 im Anhang zu entnehmen.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Flüsse und Bäche beherbergen in naturnahem Zustand mehr als ein Zehntel der heimischen Tier- und Pflanzenarten. Begradigungen und Uferverbau-ungen in der Vergangenheit sowie der Eintrag von Schad- und Giftstoffen belasten jedoch den Zustand vieler Gewässer. Die Maßnahmen von Ziel VI der Hessischen Biodiversitätsstrategie dienen dazu, einen ökologisch guten Zustand der hessischen Ge-wässer zu erreichen. Sie verfolgen die Ziele, Flüsse und Bäche für wandernde Fischarten passierbar zu machen und den Zustand der Tier- und Pflanzenar-ten im und am Wasser insgesamt zu verbessern.

    Ausgewählte AktivitätUnterstützung der Kommunen bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) durch den Einsatz von Gewässerberaterinnen und Gewässer-beratern

    Im Rahmen des „Gewässerberatungsprojekts Solz“ wurde für die Solz eine Umsetzungskonzeption für WRRL-Strukturmaßnahmen erstellt. Zeitgleich wur-den die stofflichen und hydraulischen Immissionsbe-lastungen des Gewässers aus Abwassereinleitungen näher betrachtet. Die gemeinsame Betrachtung von Struktur und Stoffen geschah hessenweit erstmalig, das Projekt Solz hat also Pilotcharakter.

    Die ingenieurmäßige Bearbeitung des Projekts er-folgte im Auftrag des Regierungspräsidiums Kassel durch eine Bietergemeinschaft aus zwei Ingenieur-büros, die in diesem Sinne als Gewässerberaterin-nen und Gewässerberater für die gewässerunterhal-tungspflichtigen Kommunen tätig waren.

    Im Einzelnen wurde auf einer Gewässerstrecke von über 20 km Gewässergüte und Gewässerstruktur der Solz und der relevanten Nebengewässer bestimmt und daraus Maßnahmen zur Erreichung des „guten Zustands“ generiert. Im Wesentlichen sind dies die Herstellung der Durchgängigkeit, Gestaltung von Uferrandstreifen sowie Empfehlungen für die Ge-wässerunterhaltung.

    Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Förderung der eigendynamischen Entwicklung, da viele Ge-wässerabschnitte befestigt sind. Die vorgeschlage-nen Maßnahmen, Umsetzungsrestriktionen sowie Informationen zur Grundstücksverfügbarkeit sind in einem Kartenwerk dargestellt.

    Zur Beurteilung der stofflichen und hydrauli-schen Belastung des Gewässers durch Abwas-sereinleitungen mittels des vom Land Hessen zur Verfügung gestellten Werkzeugpaketes wurden sämtliche Einleitstellen erfasst. Dies sind unter anderem drei Kläranlagen, vier Kleinkläranla-gen, 25 Mischwasserentlastungsanlagen, vier Niederschlagswassereinleitungen und ein in-dustrieller Direkteinleiter. Auf den Erkenntnissen des stofflichen und hydraulischen Nachweises des Ist-Zustandes basierend, wurden insgesamt sieben Maßnahmen rechnerisch mit dem Werk-zeugpaket betrachtet. Unter anderem wurden die Ertüchtigung bzw. Zusammenlegung der drei Kläranlagen, Maßnahmen an Mischwasserentlas-tungsanlagen sowie eine Gewässeraufweitung im Zuge von Strukturmaßnahmen simuliert. Die von den einzelnen Maßnahmen erwarteten Effekte konnten so mit dem Werkzeugpaket eindeutig rechnerisch belegt werden.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    Ziel VI: Gewässer

    Erreichung eines ökologisch günstigen Zustands der hessischen Ge-wässer, wesentliche Herstellung der Durchgängigkeit der Fließgewässer für wandernde Fischarten (gemäß Wasserrahmenrichtlinie bis zum Jahr 2027) und Verbesserung des Zustands der an Wasser gebundenen Bio-logischen Vielfalt

  • 24

    Mit diesem Projekt liegt der Stadt Bad Hersfeld sowie den Gemeinden Schenklengsfeld und Frie-dewald eine komprimierte Planungsgrundlage und Entscheidungshilfe für künftige Maßnahmen im

    Weitere ausgewählte Aktivitäten zu Ziel VI „Gewäs-ser“ sind der Tabelle 13 im Anhang zu entnehmen.

    Bereich der Gewässerrenaturierung und der Abwas-serbehandlung vor, mit der auf politischer Ebene in den entsprechenden Gremien Entscheidungen getroffen werden können.

    Ausschnitt aus der Maßnahmenkarte „Gewässerberatungsprojekt Solz“

    Ökosysteme unterliegen einem steten Wandel. Es ist ein natürlicher Prozess, dass gebietsfremde Arten in die Umwelt einwandern. Durch die Globa-lisierung hat sich das Tempo der Besiedelung nicht heimischer Arten jedoch stark erhöht. Wenn ge-bietsfremde Arten, sogenannte Neobioten, Biotope gefährden und heimische Arten verdrängen, gelten sie als „invasiv“. Die Maßnahmen von Ziel VII der Hessischen Biodiversitätsstrategie sollen den Verlust an Biologischer Vielfalt durch invasive Arten eindäm-men, bereits eingewanderte invasive Arten zurück-zudrängen und die Ausbreitung weiterer Neobioten unterbinden.

    Ausgewählte AktivitätEntfernung von Neozoen aus einem Laichgewässer der Knoblauchkröte in Wisselsheim, Wetteraukreis (Umsetzung Frühjahr 2016)

    Für die in Hessen stark gefährdete Knoblauchkröte (Anhang IV der FFH-Richtlinie) werden an verschie-denen Orten Laichgewässer angelegt. Damit die Larven (Kaulquappen) der Knoblauchkröte eine Überlebenschance haben, ist es wichtig, die Tümpel fischfrei zu halten. Ein besonderes Problem stellt die zunehmende Verbreitung nicht heimischer

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    Ziel VII: Invasive Arten

    Zurückdrängen der invasiven Arten (Neobioten) und Unterbindung der weiteren Ausbreitung

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    Blaubandbärblinge dar, die unbedacht in der freien Natur ausgebracht oder aus Privathaushalten „ent-sorgt“ wurden. Bei Überflutungen gelangen sie in großer Zahl aus Gräben und Bächen auch in nahe gelegene Amphibientümpel.

    Das übliche Abfischen von Gewässern mittels Elektro fischerei hat sich oft als unwirksam erwiesen, da sich nicht erfasste Exemplare schnell wieder vermehren.

    Das Forstamt Nidda hat im Frühjahr 2016 erstmals einen vormals angelegten, rund 300 qm großen Tümpel leergepumpt und komplett abgefischt. Die entnommenen Fische wurden in nahe gelegene Gräben umgesetzt, die ohnehin damit in großer Zahl besiedelt sind. Die Aktion war ein großer Erfolg: Die Knoblauchkröte laichte noch im selben Jahr wieder ab und brachte eine große Anzahl von Larven hervor.

    Knoblauchkröte

    Entfischungsaktion Amphibientümpel bei Wisselsheim 2016

    Die Bevölkerung wurde aufgerufen, auf keinen Fall Fi-sche aus ihren Aquarien in der freien Natur zu entsor-gen, da sie dort großen Schaden anrichten können.

    Weitere ausgewählte Aktivitäten zu Ziel VII „Invasive Arten“ sind der Tabelle 14 im Anhang zu entnehmen.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Das Naturschutz-Monitoring-Konzept in Hessen umfasst das Monitoring der NATURA 2000-Gebiete, das ornithologische Monitoring sowie das Monito-ring weiterer, für die Biologische Vielfalt wichtiger ausgewählter Biotope und Arten hessenweit. Das systematische Erfassen, Beobachten und Bewerten des Erhaltungszustands von Arten und Lebensräu-men sowie der Wirksamkeit von Maßnahmen liefert wichtige Daten für den Naturschutz in Hessen. Ziel VIII der Hessischen Biodiversitätsstrategie verfolgt deshalb die Umsetzung und Weiterentwicklung des Naturschutz-Monitoring-Konzepts zur Evaluation des Erfolgs von Naturschutzmaßnahmen in Hessen.

    Ausgewählte Aktivität„Vogelmonitoring in Hessen“ – ein erfolgreicher Beitrag der Staatlichen Vogelschutzwarte zu Ziel VIII der Hessischen Biodiversitätsstrategie

    Die Staatliche Vogelschutzwarte betreut den avi-faunistischen Teil des Naturschutz-Monitorings in Hessen, das sogenannte „Vogelmonitoring“. Dieses besteht aus insgesamt fünf Modulen, dem „lan-desweiten Monitoring häufiger Brutvögel (MhB)“ (N2000.VS-a), dem „landesweiten Monitoring selte-ner Brutvögel (MsB)“ (N2000.VS-b), dem „landeswei-ten Monitoring von Rastvögeln“ (N2000.VS-c), dem

    „Monitoring von Vogelarten in EU-Vogelschutzgebie-ten (SPA-Monitoring)“ (N2000.VS-d) und „weiteren speziellen Vogel-Monitoring-Programmen“ (N2000.VS-e). Jedes Modul besteht aus mehreren „Untermo-dulen“, so ist z. B. das MsB noch einmal in das „Mo-nitoring feuchtgebietsgebundener Brutvogelarten“, das „Monitoring nicht feuchtgebietsgebundener Arten“ und das „Monitoring seltener Einzelarten und Koloniebrüter“ unterteilt. Jedes Modul verlangt eine eigene Methodik.

    Beim „SPA-Monitoring“ wird angestrebt, alle hes-sischen Vogelschutzgebiete innerhalb von sechs Jahren einmal zu untersuchen. Ende 2016, also zur Halbzeit, liegt die Vogelschutzwarte mit 70 % der Gebiete und über 47 % der Fläche gut im Soll. Der Arbeitsfortschritt ist in Tabelle 15 verdeutlicht.

    Alle Monitoringprogramme ergänzen sich, sodass Synergieeffekte entstehen. Über definierte „Schnitt-stellen“ liefern bestimmte Monitoring-Teilmodule auch Daten für andere Module.

    So liefert z. B. die jährliche Datenzusammenfüh-rung des „Monitorings seltener Einzelarten und Koloniebrüter“ kontinuierlich auch Daten für das EU-Vogelschutzgebiets-Monitoring. Nur durch das „Gesamtpaket“ ist es möglich, die folgenden umfas-senden Aufgaben zu bewältigen:

    Tabelle 15: Arbeitsfortschritte beim Monitoring der VS- Gebiete

    insgesamt 2014 2015 2016 2014—2016

    Anzahl Gebiete 60 11 12 19 42 = 70 %

    Gebietsgröße (ha) 311.099 35.924 47.547 64.147 146.618= 47,1 %

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    Ziel VIII: Monitoring

    Umsetzung und Weiterentwicklung des Naturschutz-Monitoring-Konzepts zur Evaluation des Erfolgs der Maßnahmen

  • 27

    → Bereitstellung einer belastbaren, landesweiten Datengrundlage für Artenhilfskonzepte und Ar-tenschutzmaßnahmen

    → Ermittlung von Beständen, Bestandentwicklun-gen und Erhaltungszuständen der maßgeblichen Vogelarten innerhalb und außerhalb der Vogel-schutz (VS)-Gebiete zur Erfüllung der Berichts-pflicht nach Art. 12 VS-Richtlinie und als Basis zur Erstellung, Optimierung und Umsetzung von Maßnahmenplänen in EU-Vogelschutzgebieten

    → Fortschreibung der Standarddatenbögen zu den einzelnen VS-Gebieten

    → Erkennen von Bestandstrends europäischer Vo-gelarten auf der Ebene des Bundeslandes

    → Bestimmung des Erhaltungszustandes besonders und streng geschützter Vogelarten auf Landese-bene

    → Erfassen von Beständen, Bestandsentwicklun-gen und Erhaltungszuständen rastender Vogel-arten zur Erfüllung weiterer Berichtspflichten (Ramsar-Konvention, AEWA)

    → Ermittlung von Fachdaten zu Roten Listen (z. B. Gefährdungsfaktoren) und zum Nachhaltigkeitsin-dikator

    → Erkennen der Auswirkungen von Klimaverände-rungen und sonstiger Einflüsse auf die Avifauna

    Ausgewählte Ergebnisse – Maßnahmenumsetzung

    Tabelle 16: Umsetzung von Maßnahmen in hessischen Naturschutz- und Natura 2000- Gebieten

    Stand der Umsetzung Anzahl Maßnahmen

    2011 2012 2013 2014 2015

    umgesetzt 2.306 2.489 2.500 3.729 4212

    nichts zu veranlassen* 1 271 341 533 572

    teilweise umgesetzt 282 376 415 1.021 900

    Vorgaben zu prüfen** 32 21 26 105 71

    nicht umgesetzt 79,3 531 676 1.566 1.023

    keine Angabe 1.816 2.257 2.209 1.031 1.113

    Maßnahmen insgesamt 5.230 5.945 6.167 7.985 7.891

    Stand der Umsetzung von in NATUREG eingetragenen Maßnahmen in Natura 2000-Gebieten und NSG nach den in NATUREG festgelegten Umsetzungskategorien für die in den Planungsjournalen 2011—2015 dokumentierten Erhaltungs- und Entwicklungs-maßnahmen in Hessen. NATUREG 04/2016

    * „nichts zu veranlassen“ wird hier verwendet, wenn die durchgeführte Prüfung der Maßnahmen (z. B. die Beschilderung ist aktuell und in gutem Zustand zu halten) zeigt, dass die Anforderungen erfüllt sind.

    ** Maßnahmen werden mit „Vorgaben zu prüfen“ bezeichnet, wenn deren Funktionalität oder Umsetzbarkeit grundsätzlich über-prüft werden muss.

    Im Berichtszeitraum wurde das hessische Natur-schutz-Monitoring-Konzept weiter umgesetzt, um auch die EU-Berichtspflichten nach der VS- und FFH-RL zu erfüllen.

    Nachfolgend werden die Ergebnisse des Maßnah-men-Monitorings (Natura 2000-Umsetzungskont-rolle) vorgestellt.

    Die Tabelle 16 sowie das nachfolgende Diagramm geben einen Überblick über den Stand der Um-setzung von Maßnahmen in den hessischen Natur-schutz- und Natura 2000-Gebieten.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

  • 28

    Maßnahmen, für die in NATUREG keine Angaben zur Umsetzungskontrolle vorlagen, auf niedrigem Niveau stabilisierte.

    Die insgesamt verbesserten Werte sollten mittel-fristig positive Auswirkungen auf die Erhaltungszu-stände der Lebensraumtypen und Populationen in den hessischen Schutzgebieten haben. Die Ergeb-nisse der NATUREG-Auswertung zeigen erneut, dass die in Hessen geschaffenen Strukturen und Instru-mente erfolgreich sind und zunehmend eine positive Wirkung entfalten.

    Zur genaueren Analyse des Schutzgebietsmanage-ments wurden einige differenzierte Auswertungen durchgeführt. So zeigt die Tabelle 17 die Anteile periodisch wiederkehrender sowie investiver einma-liger Maßnahmen in den hessischen Schutzgebieten im Jahr 2015.

    Diagramm: Entwicklung des Umsetzungsgrades der Maßnahmen

    Die Gesamtzahl der in NATUREG für das Jahr 2015 eingegebenen Maßnahmen blieb wiederum mit fast 8.000 Maßnahmen auf recht hohem Niveau stabil. Eine weitere Steigerung blieb vermutlich deshalb aus, weil zum einen im Berichtszeitraum zahlreiche Maßnahmen für FFH Anhang IV-Arten außerhalb der Schutzgebiete durchgeführt wurden, die bis dato nur teilweise in NATUREG erfasst und zum anderen 2015 und 2016 der Fokus des Verwaltungshandelns auf den Abschluss der FFH-Maßnahmenplanung gelegt wurden, um ein EU-Anlastungs-Verfahren zu ver- meiden.

    Erfreulich ist, dass die Anzahl derjenigen Maßnah-men, die komplett oder teilweise umgesetzt wurden (einschließlich Kategorie „nichts zu veranlassen“) 2015 nochmals erheblich angestiegen ist. Gleich-zeitig konnte die Zahl der nicht umgesetzten Maß-nahmen gegenüber dem Vorjahr deutlich verringert werden. Erfreulich ist auch, dass sich der Anteil an

    nichts zuveranlassen

    tlw. umgesetzt Vorgaben zu prüfen

    nicht umgesetzt keine Angabe0

    1.000

    2.000

    3.000

    4.000

    5.000

    Anz

    ahl M

    aßna

    hmen

    umgesetzt

    Ausgewertet wurden die aus der mittelfristigen Be-wirtschaftungsplanung der hessischen Naturschutz-

    -pläne 2011 bis 2015 (NATUREG Maßnahmenmodul)

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

  • 29

    Die Maßnahmen mit jährlicher Periodizität domi-nieren mit einem Anteil von 92 % an den Gesamt-maßnahmen. Jährlich wiederkehrende Maßnahmen betreffen alle Lebensräume der Kulturlandschaft, also neben den Wiesen, Weiden und Magerrasen gegebenenfalls auch Gewässer und Waldlebens-räume. Beispielsweise kann die Artenvielfalt der Weiden, Wiesen und Magerrasen nur erhalten bleiben, wenn regelmäßig und jedes Jahr aufs Neue die Mahd oder Beweidung der Flächen organisiert und durchgeführt wird. Es handelt sich also um eine Daueraufgabe des Naturschutzes.

    Der Anteil an Maßnahmen mit einmaligem, investi-vem Charakter macht lediglich 8 % aus. Dies sind in der Regel Maßnahmen wie Pflanzungen, großräu-mige Entbuschungen oder Neuanlagen von Lebens-räumen und Habitaten, wie beispielsweise die An-lage frostfreier Winterverstecke von Kreuzottern und Äskulapnattern oder die Schaffung neuer, fischfreier Flachgewässer für Laubfrösche oder Gelbbauchun-ken oder auch Maßnahmen zur Besucherlenkung.

    Tabelle 17: Anteile periodisch wiederkehrender und investiver Maßnahmen in hessischen Naturschutz- und Natura 2000-Gebieten im Jahr 2015

    Maßnahmen Anzahl [n] Prozent

    Pflegemaßnahmen mit jährlicher Periodizität (wieder-kehrende Maßnahmen)

    7.866 92,0

    Investive Maßnahmen (i.d.R. einmalige Maßnahmen) 629 8,0

    Gesamtzahl [n] und prozentuale Anteile der in NATUREG dokumentierten periodisch wiederkehrenden und investiven Maßnahmen in hessischen Schutzgebieten im Jahr 2015. NATUREG 04/2016

    Diese Maßnahmen sind in der Praxis oft sehr aufwän-dig und teilweise auch kostenträchtig.

    NATUREG ermöglicht auch eine differenzierte Auswertung von Maßnahmen, die im Wald und im Offenland durchgeführt werden.

    Wie der Vergleich der beiden Tabellen 18 und 19 zeigt, waren im Offenland knapp dreimal so viele Maßnahmen geplant und zugleich sowohl der Um-setzungsgrad als auch die Maßnahmen mit positiver Entwicklungsprognose noch etwas höher als im Wald. Die Zahlen zeigen, dass sich das Verwaltungs-handeln der Naturschutzverwaltung derzeit beson-ders auf die Offenland-Lebensräume und -Habitate fokussiert, da diese besonders vom Verlust an Biodi-versität betroffen sind.

    Als Wald-Naturschutzmaßnahmen in den Natur-schutz- und Natura 2000-Gebieten werden beispiels-weise Nadelwälder in Laubwälder umgebaut, Alt- und Totholz als wichtiger Lebensraum für viele Tiere

    Tabelle 18: Umsetzung von Wald- Naturschutzmaßnahmen in hessischen Naturschutz- und Natura 2000- Gebieten im Jahre 2015

    Anzahl [n] Prozent

    Maßnahmen im Wald 469 100,0

    davon umgesetzt 282 60,1

    davon teilweise umgesetzt 38 8,1

    Von den 320 umgesetzten Maßnahmen haben 301 (94,1 %) eine positive Entwicklungsprognose. Gesamtzahl [n] und prozentualer Anteil der in NATUREG für den Wald dokumentierten Maßnahmen in Hessen im Jahr 2015. NATUREG 04/2016

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

  • 30

    Tabelle 19: Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen im Offenland in hessischen Naturschutz- und Natura 2000- Gebieten 2015

    Anzahl [n] Prozent

    Maßnahmen im Offenland 1.470 100,0

    davon umgesetzt 900 61,2

    davon teilweise umgesetzt 284 19,3

    Von den 1184 umgesetzten Maßnahmen haben 1122 (94,9 %) eine positive Entwicklungsprognose.Gesamtzahl und prozentualer Anteil der in NATUREG für das Offenland dokumentierten Maßnahmen in Hessen im Jahr 2015. NATUREG 04/2016

    und Pflanzen gefördert oder auch Nistplattformen für den im Wald lebenden Schwarzstorch gebaut.

    Die Mehrzahl der Maßnahmen in den Schutzgebie-ten wurde im landwirtschaftlich geprägten Offenland umgesetzt. So wurden beispielswiese viele Flächen nach naturschutzfachlichen Vorgaben gemäht oder mit Schafen und Ziegen beweidet. Aber auch Neuanlagen von Biotopen und Lebensräumen (z.B.

    Blühstreifen, Lerchenfenster auf Äckern, Hecken und Streuobstwiesen, Teiche und Tümpel, Brutquartiere und Überwinterungsverstecke von gefährdeten Arten) gehören regelmäßig zum Maßnahmen-Spekt-rum in den Schutzgebieten.

    Weitere ausgewählte Aktivitäten zu Ziel VIII „Moni-toring“ sind den Tabellen 20 und 21 im Anhang zu entnehmen.

    Schafherde mit Ziegen bei der Landschaftspflege auf den Wetterauer Hutungen

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Die Biologische Vielfalt zu fördern und zu erhalten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Im Rah-men des Ziels IX der Hessischen Biodiversitätsstra-tegie bindet das Land den ehrenamtlichen Natur-schutz, die Wissenschaft, regionale Initiativen und andere Aktive verstärkt in Vorhaben zum Erhalt der Biodiversität ein und baut gezielt den Austausch von Wissen aus.

    Ausgewählte AktivitätDer Integrierte Klimaschutzplan Hessen 2025

    Die Landesregierung verfolgt ambitionierte Klima-schutzziele und hat beschlossen, dass die hessische Anpassungsstrategie weiterentwickelt wird. Dafür wurde der Integrierte Klimaschutzplan erarbeitet, der sowohl Klimaschutz als auch Anpassung mit konkreten Maßnahmen adressiert. Das ist nötig, weil der Klimawandel in Hessen bereits spürbar ist und weiter voranschreitet. Die Durchschnittstemperatur hat sich in den letzten 100 Jahren bereits um 0,8° C erhöht. Dies hat auch Folgen für die Biologische Vielfalt in Hessen, wie die Verfrühung des phänolo-gischen Frühlings, die zusätzliche Gefährdung von Rote Liste Arten durch Habitat-Verschiebungen und die Zunahme von invasiven Arten.

    Die Erarbeitung des Klimaschutzplans erfolgte durch ein wissenschaftliches Konsortium unter Leitung des Öko Instituts, in das beispielsweise auch das Pots-dam-Institut für Klimafolgenforschung eingebunden war. Durch diese wissenschaftliche Erarbeitung ist sichergestellt, dass die Konzeption der Maßnah-men auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnis-sen beruht und die Maßnahmen die erwarteten

    Ziel IX: Ehrenamt und Wissenschaft

    Verstärkte Einbindung von Ehrenamt und Wissenschaft in Aktivitäten zum Erhalt der Biologischen Vielfalt und gezielter Ausbau des beiderseitigen Wissenstransfers

    Klimafolgen angemessen berücksichtigen. Dadurch können die Maßnahmen entsprechend wirkungsvoll sein.

    Das Fachkonsortium hat sehr unterschiedliche Handlungsfelder in den Bereichen Klimaschutz und Anpassung bearbeitet. Auch in Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels auf die hessische Biodiversität wurden explizit Maßnahmen entwickelt. Konkret soll beispielweise verstärkt die Auenent-wicklung vorangetrieben werden, da dies zum einen die Wanderungen von Arten ermöglicht, was die Klimawandelanpassung im Bereich Biodiversität fördert. Zum anderen ist die Auenentwicklung eine Maßnahme im Sinne des ökologischen Hochwasser-schutzes.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel sind – wie der Erhalt der Biologischen Vielfalt – ge-samtgesellschaftliche Aufgaben, weshalb parallel zur wissenschaftlichen Erarbeitung ein breiter Beteili-gungsprozess stattfand. Hier konnten sich sowohl die Bevölkerung als auch die Naturschutzverbände und andere, auch ehrenamtliche Akteure einbrin-gen.

    In 27 Veranstaltungen sowie zwei Online-Konsul-tationen wurden mehr als 3.100 Kommentare zu den Maßnahmenvorschlägen des Fachkonsortiums eingesammelt. Diese wurden fachlich geprüft und haben erheblich zur Weiterentwicklung und Konkre-tisierung der Maßnahmen beigetragen.

    Weitere ausgewählte Aktivitäten zu Ziel IX „Ehrenamt und Wissenschaft“ sind der Tabelle 22 im Anhang zu entnehmen.

    Feuersalamander im Nationalpark Kellerwald, dem lange Trockenperioden und dauerhafte Erwärmung schaden

    Ziel X: Bürgerwertschätzung und -beteiligung

    Wertschätzung der Biologischen Vielfalt in ihrer Region und Unterstützung von deren Erhalt durch die hessischen Bürgerinnen und Bürger

    Nur was wir kennen, können wir auch schützen. Bürgerinnen und Bürger für die Vielfalt und Schön-heit der Pflanzen- und Tierarten sowie ihrer Lebens-räume zu sensibilisieren, sie über die Bedeutung der Biologischen Vielfalt zu informieren und so für deren Erhalt zu aktivieren, beabsichtigt Ziel X der Hessi-schen Biodiversitätsstrategie.

    Ausgewählte AktivitätImagefilm über die „Alten Buchenwälder Deutsch-lands“ 2016 erstellt

    Das UNESCO-Welterbe ‚Alte Buchenwälder Deutschlands‘ ist seit Juni 2016 auch in einem neuen Imagefilm erlebbar. Den beteiligten Ländern Hessen, Brandenburg, Thüringen und Mecklenburg-Vorpom-mern ist es wichtig, auch eine junge Zielgruppe über das Welterbe Buchenwälder und seine Biologische Vielfalt zu informieren. Daher ist der Film – wie auch die Kurzfilme über die Teilgebiete – im Internet und auf Smartphones unter www.weltnaturerbe-buchen-waelder.de abrufbar.

    Der Film zeigt die einzigartigen Buchenwaldland-schaften mit ihren unterschiedlichen Höhenstufen. Diese Vielfalt von Lebensräumen ist Grundlage für einen großen Reichtum an Tierarten wie z. B. Seead-ler, Kranich, Mittelspecht oder Uhu. Der Film ist bewusst kein Lehrfilm, sondern eher ein Animierfilm.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

    http://www.weltnaturerbe-buchenwaelder.dehttp://www.weltnaturerbe-buchenwaelder.de

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    Imagefilm über die „Alten Buchenwälder Deutschlands“

    Er soll die Menschen berühren und motivieren, selbst hinaus in die Natur zu gehen.

    Die schönsten Naturaufnahmen wurden beim In-ternationalen Naturfilm-Festival 2016 in Innsbruck gezeigt.

    Weitere ausgewählte Aktivitäten zu Ziel X „Bürger-wertschätzung und -beteiligung“ sind der Tabelle 23 im Anhang zu entnehmen.

    Nationalpark Kellerwald-Edersee bietet ein vielfältiges Angebot zur authentischen Naturerfahrung

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Ziel XI: Maßnahmen anderer Ressorts zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt

    Wichtige Beiträge anderer Ressorts der Hessischen Landesregierung zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt

    Die Hessische Landesregierung setzt sich mit allen Ressorts für den Erhalt der Biologischen Vielfalt in Hessen ein. In Ziel XI haben sich alle Ressorts der Landesregierung deshalb zu Maßnahmen verpflich-tet.

    Ausgewählte AktivitätenHessisches Kultusministerium:

    „Der Orientierungsrahmen in Universität und Schule“ – Umsetzungsprojekt der Universität Kassel

    Das Projekt „Orientierungsrahmen in Schule und Universität, 2016-2018“ greift die Ergebnisse des hessischen Umsetzungsprojekts „Der Orientierungs-rahmen lernt fliegen“ (2013-2015) auf und findet im Kontext der Qualitätsoffensive Lehrerbildung der Universität Kassel statt.

    Ein Ziel des Projektes ist es, den Orientierungs-rahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung in die erste Phase der Lehrkräftebildung über die Einbindung in die schulpraktischen Studien und die Themenbereiche Globalisierung, Landwirtschaft und Ernährung, Biodiversität, Waren aus aller Welt, Vielfalt der Werte, Kulturen und Lebensverhältnisse (Gerechtigkeit) zu implementieren, welches in Ko-operation mit den außerschulischen Partnern Tro-pengewächshaus Witzenhausen und „die Kopiloten e.V.“ erfolgt.

    Hierzu soll ein Modell entwickelt werden, das auf-zeigt, wie die Integration des Lernbereichs globale Entwicklung unter Einbeziehung außerschulischer Partner in die Lehrerausbildung stattfinden kann.

    Die Einbindung des Lernbereichs in die schulprak-tischen Studien soll – in Absprache mit der Schul-praxis und den außerschulischen Partnern – durch

    Bäume der Welt - Biodiversität in der Lehreraus-bildung

    Lehrerausbildung im Tropengewächshaus Witzen-hausen

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Schleppenbäume im Botanischer Garten Residenzschloss, Zwischenbegrünung

    einführende Veranstaltungen, vertiefende Seminare, Workshops und Exkursionen erfolgen.

    Ein weiteres Ziel des Projektes ist die Einführung des Lernbereichs in die Schulpraxis, welches durch Wei-ter- und Fortbildungsveranstaltungen für Lehrper-sonen angestrebt wird. Dieses Ziel soll flankierend durch Schülerworkshops zu Themen der Globalen Entwicklung vorangetrieben werden.

    Zusätzlich sind fachwissenschaftliche Vorträge für wissenschaftliches Fachpublikum, Lehrpersonen und Studierende zur inhaltlichen Fundierung des Pro-jektes geplant – z.B. zu Globalisierungsfragen und Biodiversität (Convention on Biological Diversity - CBD - Access Benefit Sharing).

    Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst:

    Hessische Biodiversitätsstrategie – Umsetzung durch die TU Darmstadt

    Die TU Darmstadt verfolgt bereits heute auf ihren verschiedenen Standorten den bedeutsamen Aspekt der Biodiversität. Sie will ihre Anstrengungen dies-bezüglich in Zukunft weiter intensivieren.

    Im innerstädtischen Areal ist es das Ziel, hochver-dichtete Bereiche und monotone, vorgartenähnliche Abstandsgrünflächen in artenreiche Staudenpflan-zungen umzuwandeln.

    Die Staudenbänder werden zur Verbesserung der Situation der bestäubenden Insekten und Schmet-terlinge angelegt. Das in 2017 umzusetzende

    Staudenband mit seinen vielfältigen Trittsteinen soll es Insekten ermöglichen, im für sie ansonsten un-wirtlichen Umfeld Nahrung zu finden. Das neuartige Konzept bindet bestehende Staudenpflanzungen, wie vor dem Darmstadtium, gestalterisch mit ein.

    Im Sinne von Biodiversität erfolgt bereits heute die ausdifferenzierte Anlage und fein terminierte Pflege an den Botanischen Instituten. Zahlreiche seltene Baumarten wurden in die an den Botanischen Garten angrenzenden Grünflächen eingefügt. Eine zentral gelegene Freifläche zeigt Bäume in ihrem na-türlichen Habitus als sogenannte Schleppenbäume.

    Die Bäume stehen in einer Wildwiese mit der selte-nen Orchidee „Großes Zweiblatt“ und besonderen Pflanzen wie dem Klappertopf.

    In den Randbereichen des Naturschutzgebiets „Ehemaliger August-Euler-Flugplatz von Darmstadt“ werden wertvolle Arten und Lebensräume gesichert und entwickelt. Als Ausgleich für massive Eingriffe wurde eine komplexe Ausgleichsplanung realisiert. Durch den Aufbruch von Betonflächen entstanden neue Lebensräume für den seltenen Steinschmätzer und die gefährdete Zauneidechse.

    Bei der Lichtwiese werden die in die umgebende Natur eingebetteten Campusbereiche trotz der massiven baulichen Erweiterungen beibehalten. Dies trifft besonders auf die einem Landschaftspark ähnlichen Wiesen im Norden der Lichtwiese zu. Bei der Wiesenmahd wird darauf geachtet, dass sich Gräser und zweikeimblättrige Pflanzen gut aussamen und verbreiten können.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Am Residenzschloss wird die oftmals gescholtene Gartendenkmalpflege mit dem Artenschutz in Einklang gebracht. Als Gartendenkmal gestaltete Flächen wechseln sich ab mit natürlich belassenen Zonen, z.B. für Fledermäuse. Angelegt wurde ein kleiner, artenreicher Garten nach altem Vorbild.

    Hessisches Ministerium für Soziales und Integration:

    Förderung der Biologischen Vielfalt durch Maßnah-men am Gebäude und in den Außenanlagen des neuen Dienstgebäudes des Hessischen Sozial- und Integrationsministeriums

    Das Hessische Ministerium für Soziales und Integra-tion wird im Jahr 2017 ein neues Dienstgebäude in der Sonnenberger Str. 2/2a in Wiesbaden beziehen. Es handelt sich hierbei um eine angemietete Liegen-schaft. Um die Förderung der Biologischen Vielfalt durch Maßnahmen am Gebäude und in den Außen-anlagen des neuen Dienstgebäudes des Hessischen Sozial- und Integrationsministeriums berücksichtigen zu können, wurde frühzeitig mit dem Vermieter Kon-takt aufgenommen mit dem Ziel, dies in der neuen Liegenschaft umzusetzen.

    In mehreren Gesprächen im Laufe des Jahres 2016 hat sich der Investor für diese Maßnahme offen gezeigt und sogar einen Landschaftsgärtner hierfür eingebunden. Denkbar wären aus seiner Sicht die Umsetzung einer Fassaden-/ Dachbegrünung, Nist-kästen/-hilfen für Vögel und Fledermäuse, heimische blühende Wildpflanzen sowie die Einrichtung von Blühwiesen statt Kurzrasen und Wildformen von Blüten statt steriler Zuchtpflanzen.

    Die Begrünung soll sich auf den gesamten Bereich der Neubaumaßnahme im Kureck beziehen, da das Gelände des Dienstgebäudes hierfür zu wenig Fläche bietet. Eine Prüfung der Möglichkeiten im Rahmen der Gesamtbaumaßnahme im Bereich des Kurecks ist aktuell noch im Gang.

    Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Ver-kehr und Landesentwicklung:

    Erstellung praxistauglicher Vermeidungskonzepte für windenergiesensible Arten (z. B. Rotmilan, Schwarzstorch) und gezielte Einbringung in die Pla-nungen zum Windenergieausbau in Hessen

    Illustration des neuen Dienstgebäudes

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Rotmilan mit GPS-Sender im Vogelsberg

    Die beispielhaft in einem landesweiten Grundsatz-gutachten entwickelten Vermeidungsmaßnahmen für die windenergiesensiblen Arten Rotmilan und Schwarzstorch (KIFL 2014) wurden in ein sogenann-tes Integratives Gesamtkonzept für das Vogelschutz-gebiet Vogelsberg – dies im Rahmen der Erstellung des sachlichen Teilregionalplanes Erneuerbare Energien des RP Gießen – eingebracht. Dieses bundesweite Pilotprojekt hat zum Ziel, den Winde-nergieausbau des durch die Windenergienutzung vorbelasteten Vogelschutzgebietes (VSG) verträglich unter Beachtung von § 34 Bundesnaturschutzgesetz zu entwickeln.

    Ziel ist ein verträgliches Nebeneinander von Win-denergie und Naturschutz. Dabei soll der Schutz windenergiesensibler Vogelarten gegenüber dem Status quo verbessert werden.

    Beispiele der Planungskonzeption des integrati-ven Gesamtkonzeptes bilden die Ausweisung von Windenergievorranggebieten ausschließlich in Vorbelastungsbereichen (Ersatz der konfliktträchti-gen, niedrigen Windenergieanlagen durch konflik-tärmere höhere Anlagen) und deren Kombination mit Vermeidungsmaßnahmen (z. B. Kollisionsschutz-pflanzungen im kollisionsträchtigen Rotorbereich,

    Entwicklung attraktiver Habitate fernab der kollisi-onskritischen Windparkbereiche, teilweiser Rückbau besonders konfliktträchtiger Anlagen im Grünland-bereich, populationsstützende Maßnahmen im übrigen Vogelschutzgebiet).

    Hierüber kann das Konfliktrisiko für windenergie-sensible Vogelarten bei gleichzeitigem Ausbau der Windenergie gesenkt und der Erhaltungszustand der Arten im VSG stabilisiert werden.

    Das integrative Gesamtkonzept für das VSG Vogels-berg wurde durch das RP Gießen in den Umwelt-bericht des Teilregionalplans Energie Mittelhessen integriert. Der Teilregionalplan wurde durch die Re-gionalversammlung im November 2016 beschlossen und wird nach seiner Übersendung an die oberste Landesplanungsbehörde (das HMWEVL) auf seine Genehmigungsfähigkeit geprüft.

    Sobald der Teilregionalplan in Kraft tritt, müssen diese Maßnahmen bei Inanspruchnahme der regio-nalplanerisch festgelegten Vorranggebiete durch die entsprechenden Vorhabenträger umgesetzt werden. Ein weiterer Ausbau oder Repowering von Anlagen außerhalb der Vorranggebiete ist dann nicht mehr möglich.

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

  • 38

    Im Berichtszeitraum hat das Kabinett die weiterent-wickelte Hessische Biodiversitätsstrategie (HBS) am 1. Februar 2016 verabschiedet und damit die Stra-tegie nicht nur um ein zusätzliches Ziel XI ‚Beiträge anderer Ressorts der Hessischen Landesregierung zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt‘ erweitert sondern auch die Zahl der zur Erreichung der Ziele I - X vorgesehenen Aktionen um über 50 % auf mehr als 80 Aktionen gesteigert.

    Die Ergänzungen bewirken beispielsweise, dass Hessen die mittelfristigen Maßnahmenpläne für alle FFH-Gebiete bis zum Jahr 2017 erstellt oder das Netz zur Betreuung der Schutzgebiete und -arten in enger Zusammenarbeit mit den Verbänden aus-baut. Ganz praktisch unterstützt Hessen den Aufbau einer gesamtbetrieblichen Biodiversitätsberatung für Landwirtinnen und Landwirte, die Ertüchtigung von Gebäuden als Lebensraum (z.B. Balkon-, Fassa-den- und Dachbegrünung, Nisthilfen für z.B. Vögel, Fledermäuse und Insekten) und Maßnahmen zur Ver-besserung der Situation der bestäubenden Insekten.

    Darüber hinaus verbessert Hessen mit der Umset-zung der Wasserrahmenrichtlinie die Lebensräume in und an Gewässern, entwickelt Lösungen, um die Funktionalität der Auen im Hinblick auf Retentions-räume, Auwaldregeneration und Auengrünland zu steigern und sensibilisiert die Bürgerinnen und Bür-ger für die Bedeutung der Biologischen Vielfalt und motiviert zur aktiven Mitwirkung an deren Erhaltung.

    Im neuen Ziel XI haben sich die übrigen Ressorts verpflichtet, über 25 konkrete Aktionen zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt in eigener Zuständigkeit umzusetzen. Dadurch wird der Schutz der biologi-schen Vielfalt bei deren Arbeit berücksichtigt: etwa bei Ausschreibungen, bei Raumordnungsverfahren, bei Baumaßnahmen oder bei landesweiten Projek-ten wie dem Breitbandausbau. Auch in der Bildungs-arbeit und in Lehrplänen der Schulen wird das Thema eine größere Rolle spielen sowie in der Zusammenar-beit mit Hochschulen und Sportvereinen.

    Zudem wurde im Berichtszeitraum die Maßnahme-nerreichung der Ziele der Hessischen Biodiversitäts-strategie deutlich gesteigert.

    Wie eine Erhebung im Herbst 2016 unter allen Abteilungen gezeigt hat, werden von den für das Umweltministerium relevanten Maßnahmen rund 78 % bereits umgesetzt. Von den gesamten Maß-nahmen zu den Zielen I - X sind 5 % bereits abge-schlossen, 22 % werden umgesetzt, sollen aber erst später zu einem konkreten Datum abgeschlossen sein und 51 % sind zwar erledigt, müssen aber als Daueraufgaben fortgeführt werden. Letzteres gilt beispielsweise für die Förderung der Akzeptanz der konfliktträchtigen Arten Wolf, Biber und Luchs durch Öffentlichkeitsarbeit und Management sowie die Umsetzung von Artenhilfskonzepten oder den gezielten Einsatz von Agrarumwelt- und Klimamaß-nahmen (AUKM).

    3 Resümee und

    Ausblick

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Wichtig ist auch, dass sich immer mehr Bürgerin-nen und Bürger für die Erhaltung der Biologischen Vielfalt engagieren. Das Land Hessen hat 2016 die Durchführung der von den Regierungspräsidien als zielführend bewerteten Projekte zur Erhaltung von Arten und Lebensräumen der Hessen-Liste mit mehr als 785.000 Euro finanziert.

    Die Erhebung des Umsetzungsstands bei den ande-ren Ressorts zeigt, dass auch dort im Herbst 2016 die Umsetzung der Aktionen des neu verabschiedeten Ziels XI große Fortschritte erzielt hat. Hier befinden sich sogar knapp 97 % der Maßnahmen in der Um-setzung. 19 % der Maßnahmen sind abgeschlossen,

    26 % werden umgesetzt, sollen aber an einem konkreten, im Herbst 2016 noch nicht erreichten Datum abgeschlossen sein und 52 % sind erledigt, müssen aber als Daueraufgaben fortgeführt werden. Zum Jahresende ist absehbar, dass die der Fachver-waltung zur Erreichung der HBS-Ziele in 2016 zur Verfügung gestellten Mittel vollständig in Anspruch genommen werden.

    Unabhängig der erzielten Fortschritte müssen die Anstrengungen in Hessen weiter gesteigert werden, um dem insbesondere im Offenland fortschreiten-den Verlust der Biologischen Vielfalt entgegenzu- wirken.

    Kasseler Aue

    Hessischer Bio diversitäts bericht 2016

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    Übersichten weiterer Aktivitäten zu den Zielen I bis XI

    4 AnhangTabelle 5: Übersicht Aktivitäten zu Ziel I „NATURA 2000“ im Berichtszeitraum

    Institution Aktivitäten/Maßnahmen

    HMUKLV • Auf Initiative von Frau Umweltministerin Priska Hinz sprach sich die Umweltministerkonfer