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J etzt werden die Gesetze der Volkswirtschaft außer Kraft ge- setzt. Mit der Empfehlung „we- niger Konsum, mehr Abgaben“ hat der SPD-Grande Müntefering sein wahres Verständnis von Staat, Wirtschaft und Bürger demonstriert. Der Bürger ist nur eine Nummer, die Wirtschaft nur ein Transmissionsrie- men, der Staat alles. Zugleich werden aber auch die ungeschriebenen Gesetze des politi- schen Alltagsgeschäfts aufgehoben. Die immer schrilleren Töne, die das Berliner Panikorchester vernehmen läßt, passen so gar nicht zum Bild des taktisch geschickten Chef-Diri- genten Schröder, der virtuos auf der Klaviatur der öffentlichen Mei- nungsbildung spielt und alle Tricks des Machterhalts beherrscht. Was Rot-Grün dem staunenden Wähler- Publikum vorführt, fällt eher in die Kategorie „politischer Selbstmord“: Der frühere Generalsekretär, inzwi- schen zum Fraktionschef aufgestie- gen, greift ganz tief in die sozialisti- sche Mottenkiste („Wollt ihr den totalen Staat?“), der neue Generalse- kreträr interpretiert ihn („war alles nicht so gemeint“), der Kanzler tut, was seines Amtes ist: Er kanzelt alle ab, die irgend etwas geäußert haben, der Koalitionspartner begleitet die Darbietung mit einem wildent- schlossenen Sowohl-Als-auch. Im täglichen Wechselbad von Ankündi- gungen und Dementis fehlt nur ein Element: das, was vor der Wahl ver- sprochen worden ist. Immerhin, man weiß jetzt, woran man sich zu halten hat. Das rot-grü- ne Chaos hat eine innere Ordnung, die Bedürfnisse des Staates. Dem müssen sich die Bürger unterord- nen, zum Beispiel auch die Rentner, die jetzigen und die künftigen. Für die jetzigen besteht noch keine gro- ße Gefahr. Sie werden kaum zur So- zialkasse gebeten. Dabei wären viele von ihnen wohl bereit, für die Zukunftssicherung ih- rer Kinder und Enkel mehr beizu- steuern. Sie tun es auch, allerdings im privaten Rahmen, was man ih- nen angesichts des rot-grünen Staatsverständnisses auch nur emp- fehlen kann. Jedenfalls sind sie kei- neswegs so egoistisch, wie die der- zeitigen Staatslenker das ständig I MMER SCHRILLERE TÖNE VOM BERLINER P ANIKORCHESTER Münteferings jüngster Fehlgriff / Von Jürgen LIMINSKI und Hans-Jürgen MAHLITZ D er eindeutige Wahlsieger Wolfgang Schüssel, ÖVP- Obmann und bisheriger Bundeskanzler, wurde von Bundespräsident Klestil erneut mit der Regierungsbildung beauf- tragt – „überraschend schnell“, wie die Kommentatoren betonen. Diese Hervorhebung ist verständ- lich, wenn man die Wahlen vor drei Jahren als Maßstab nimmt. Denn damals hatte es endlose „Sondierungsgespräche“ gege- ben, weil Klestil – entgegen bis- heriger Gepflogenheiten – ein „aktiver Bundespräsident“ sein und persönliche Ziele durchset- zen wollte: Erstens sollte Klestils zweite Frau in einer SPÖ-geführ- ten Regierung Außenministerin werden – dafür wäre sogar die später so verteufelte FPÖ als Ko- alitionspartner akzeptabel gewe- sen. Zweitens sollte Schüssel, sein Intimfeind und vormaliger Parteifreund, keinesfalls Bundes- kanzler werden. Nun, beide Ziele wurden verfehlt, und diesmal wünscht Klestil eine Regierung „mit breiter Mehrheit“ – sprich: Schwarz/Rot. Peinlich nur, daß die SPÖ, selbst wenn ihr die ÖVP das Außenministerium über- lassen sollte, dieses schon dem ein- stigen Kreisky-Sekretär und nach- maligen „Bos- nien-Hochkom- missar“ Petritsch versprochen hat. In der FPÖ ge- hen die Flügel- kämpfe indessen weiter. Einzelhei- ten dazu erübrigen sich, denn bei Drucklegung kann alles schon über- holt sein. Ein außerordentlicher Parteitag am 8. Dezember in Salz- burg wird voraussichtlich eine Kampfabstimmung um den Partei- vorsitz bringen und vielleicht sogar eine Spaltung der Partei. Aber auch bei SPÖ und Grünen regt sich wegen des vergleichsweise mäßigen Abschneidens Kritik an Parteispit- zen und Wahlkampf-Strategen. Und in allen drei Parteien wird heftig debattiert, was besser – oder viel- mehr das kleinere Übel sei: Sich als Juniorpartner in einer Koalition aufreiben zu lassen oder in der Op- position darben zu müssen – „sich zu regenerieren“, wie man heute sagt. Ausländische Reaktionen auf die österreichischen Wahlen lassen durchwegs Genug- tuung über das Debakel der FPÖ er- kennen, wobei das Spektrum von verhohlener Häme bis hin zu Tri- umphgeheul reicht: Hurra, die Sanktionen haben sich „gelohnt“! Den Handlangern scheint dabei bis heute nicht klar zu sein, für wen sich die Sache wirklich gelohnt hat, vor allem aber, daß nach diesem Präzedenzfall eines Tages auch ihr eigenes politisches Schicksal besie- gelt sein könnte. Nicht zu Unrecht hofft man jeden- falls, mit der interimistisch weiter- amtierenden ÖVP/FPÖ-Koalition beim kommenden EU-Gipfel leich- tes Spiel zu haben. In Klartext: Nach der Osterweiterung werden nicht nur die Alpen, sondern wird auch der Ballungsraum Wien von der Transitlawine überrollt, Betriebe und Arbeitsplätze in den Grenzregionen werden der Billig-Konkurrenz zum Opfer fallen, und das Aussaugen des Netto-Zahlers wird weitergehen, bis entweder die Wirtschaft stagniert oder die Stabilitätskriterien verfehlt werden. Von den Benesch-Dekreten ganz zu schweigen. Übrigens, die Meinungsforscher konnten sich jetzt rehabilitieren: Sie fanden heraus, daß die meisten Österreicher mit dem Wahlergebnis zufrieden seien, insbesondere die ÖVP-Anhänger. Aha! WIE GEHT ES NUN WEITER IN ÖSTERREICH? Wahlsieger ÖVP auf Suche nach Koalitionspartner / Von R. G. KERSCHHOFER D as Tuch ist zerrissen. Selbst wenn es Jürgen Möllemann gelingen sollte, in einem Aus- schlußverfahren den Sieg da- vonzutragen (er wäre nicht der erste), steht ihm höchstens ein politisches Schattendasein oh- ne Perspektive bevor. Davon wird einer wie er nicht satt, das weiß der streitbare Westfale. Bliebe also die bereits ange- drohte Option, eine eigene Par- tei zu gründen. Bis zu zwölf Pro- zent der Deutschen könnten so einem Projekt etwas abgewin- nen, sagen Prognosen. Aber ist denen zu trauen? Der unterge- gangene Bund Freier Bürger (BFB) – auch eine FDP-Abspal- tung – hatte einst noch stolzere Zuspruchswerte. Seine Erfah- rung zeigt: Am Anfang finden viele Deutsche solche Neugrün- dungen sehr sympathisch. Nur wählen, sich gar in ihnen enga- gieren, das will am Ende so gut wie niemand. Zudem steht ein Reservoir von Kleinstlobbyisten und Selbstdarstellern bereit, um solche Parteien von innen zu zerrütten. Selbst für den Fortbe- stand der Schill-Partei stehen die Wetten derzeit eins zu eins. Wähler gäbe es für Mölle- mann ohnehin nur rechts der Mitte. Aber – mal ehrlich – wer aus dieser Klientel möchte für eine Truppe kämpfen, deren Chef gleichzeitig Vorsitzender der Deutsch-Arabischen Gesell- schaft ist und entsprechende Vorstellungen zur Zuwande- rung vertritt? Hans Heckel Kommentar Heute auf Seite 3: Die Schande Unabhängige Wochenzeitung für Deutschland Jahrgang 53 – Folge 49 Erscheint wöchentlich Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt 7. Dezember 2002 C 5524 Landsmannschaft Ostpreußen e.V. Parkallee 84/86, 20144 Hamburg MÖLLEMANN-P ARTEI HÄTTE KAUM CHANCEN DIESE WOCHE: Politik PEINLICHER DISPUT Von der Bundesregierung nicht ge- wollt, ist in Berlin ein Disput um die Frage entstanden, ob das Pan- zerfahrzeug „Fuchs“ eine Waffe oder doch nur ein Transportmittel ist. Der Streit mit der Entschuldi- gung von Verteidigungsminister Struck gegenüber Kanzler Schröder wirkt inzwischen eher wie eine Realsatire. Seite 2 Deutschland »FRAU BRÜNING-KÖPF« Der parteiinterne Streit führender Sozialdemokraten nimmt groteske Züge an: Nachdem Ex-Parteichef Oskar Lafontaine Bundeskanzler Schröder mit Reichskanzler Hein- rich Brüning verglichen hatte, fühlte sich die Kanzlergattin beleidigt und forderte den Saarländer auf, die SPD zu verlassen. Seite 4 Kultur FASZINIEREND Einst warnten sie die Seeleute vor drohenden Gefahren wie Untiefen oder Klippen, heute sind sie oft stillgelegt, dienen anderen Zwek- ken oder gelangen gar ins Muse- um: Leuchttürme üben einen ei- genartigen Reiz aus und sind aus unserem Bild von Küste und See- fahrt nicht wegzudenken. Mehr über eine Ausstellung in Hamburg auf Seite 12 Geschichte ALLIIERTER BOMBENTERROR Der 1944 geborene Historiker Jörg Friedrich macht derzeit mit seinem Buch „Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945“ Furore. In der letzten Ausgabe wurde bereits das Echo in den öffentlich-recht- lichen Sendern beleuchtet. In dieser Folge nun äußert sich Hans-Joachim v. Leesen über das Werk selber und dessen Thematik. Seite 13 Ab sofort erfüllen wir alle Ihre Literatur-, Musik- & Filmwünsche. Preußischer Mediendienst Parkallee 86 20144 Hamburg Telefon: 040 / 41 40 08 27 Telefax: 040 / 41 40 08 58 Preußischer Mediendienst PMD Vor einem halben Jahr noch hatte Sam Nujoma, einst Chef der SWAPO-Rebellen und heute Staatspräsident von Namibia, bei Kanzler Schröder um finanzielle Unterstützung gebettelt, nun rastete er bei einem Inter- view mit der Welt total aus, beschimpfte und bedrohte „die Weißen“ insgesamt und den Interviewer persönlich – nach mancherlei früheren Entgleisungen ein besonders eklatantes Beispiel von schwarzem Rassismus (siehe Leitartikel Seite 2). Foto: dpa Geld stinkt nicht Fortsetzung auf Seite 2 DAS AUSLAND JUBELT ÜBER DIE NIEDERLAGE DER UNGELIEBTEN FPÖ

Heute auf Seite 3: Die Schande · major a. D. Gerd H. Komossa, Hans-Joachim von Leesen, Jürgen Liminski. Anschrift für alle:Parkallee 84/86, 20144 Hamburg. Verlag: Landsmann-schaft

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  • Jetzt werden die Gesetze derVolkswirtschaft außer Kraft ge-setzt. Mit der Empfehlung „we-niger Konsum, mehr Abgaben“

    hat der SPD-Grande Münteferingsein wahres Verständnis von Staat,Wirtschaft und Bürger demonstriert.Der Bürger ist nur eine Nummer, dieWirtschaft nur ein Transmissionsrie-men, der Staat alles.

    Zugleich werden aber auch dieungeschriebenen Gesetze des politi-schen Alltagsgeschäfts aufgehoben.Die immer schrilleren Töne, die dasBerliner Panikorchester vernehmenläßt, passen so gar nicht zum Bilddes taktisch geschickten Chef-Diri-genten Schröder, der virtuos auf derKlaviatur der öffentlichen Mei-nungsbildung spielt und alle Tricksdes Machterhalts beherrscht. Was

    Rot-Grün dem staunenden Wähler-Publikum vorführt, fällt eher in dieKategorie „politischer Selbstmord“:Der frühere Generalsekretär, inzwi-schen zum Fraktionschef aufgestie-gen, greift ganz tief in die sozialisti-sche Mottenkiste („Wollt ihr dentotalen Staat?“), der neue Generalse-kreträr interpretiert ihn („war allesnicht so gemeint“), der Kanzler tut,was seines Amtes ist: Er kanzelt alleab, die irgend etwas geäußert haben,der Koalitionspartner begleitet dieDarbietung mit einem wildent-schlossenen Sowohl-Als-auch. Imtäglichen Wechselbad von Ankündi-gungen und Dementis fehlt nur einElement: das, was vor der Wahl ver-sprochen worden ist.

    Immerhin, man weiß jetzt, woranman sich zu halten hat. Das rot-grü-

    ne Chaos hat eine innere Ordnung,die Bedürfnisse des Staates. Demmüssen sich die Bürger unterord-nen, zum Beispiel auch die Rentner,die jetzigen und die künftigen. Fürdie jetzigen besteht noch keine gro-ße Gefahr. Sie werden kaum zur So-zialkasse gebeten.

    Dabei wären viele von ihnen wohlbereit, für die Zukunftssicherung ih-rer Kinder und Enkel mehr beizu-steuern. Sie tun es auch, allerdingsim privaten Rahmen, was man ih-nen angesichts des rot-grünenStaatsverständnisses auch nur emp-fehlen kann. Jedenfalls sind sie kei-neswegs so egoistisch, wie die der-zeitigen Staatslenker das ständig

    IMMER SCHRILLERE TÖNE VOMBERLINER PANIKORCHESTER

    Münteferings jüngster Fehlgriff / Von Jürgen LIMINSKI und Hans-Jürgen MAHLITZ

    Der eindeutige WahlsiegerWolfgang Schüssel, ÖVP-Obmann und bisherigerBundeskanzler, wurde vonBundespräsident Klestil erneutmit der Regierungsbildung beauf-tragt – „überraschend schnell“,wie die Kommentatoren betonen.Diese Hervorhebung ist verständ-lich, wenn man die Wahlen vordrei Jahren als Maßstab nimmt.Denn damals hatte es endlose„Sondierungsgespräche“ gege-ben, weil Klestil – entgegen bis-heriger Gepflogenheiten – ein„aktiver Bundespräsident“ seinund persönliche Ziele durchset-zen wollte: Erstens sollte Klestilszweite Frau in einer SPÖ-geführ-ten Regierung Außenministerinwerden – dafür wäre sogar diespäter so verteufelte FPÖ als Ko-alitionspartner akzeptabel gewe-sen. Zweitens sollte Schüssel,sein Intimfeind und vormaligerParteifreund, keinesfalls Bundes-kanzler werden.

    Nun, beide Ziele wurden verfehlt,und diesmal wünscht Klestil eineRegierung „mit breiter Mehrheit“ –sprich: Schwarz/Rot. Peinlich nur,daß die SPÖ, selbst wenn ihr dieÖVP das Außenministerium über-lassen sollte, dieses schon dem ein-stigen Kreisky-Sekretär und nach-m a l i g e n „ B o s -nien-Hochkom-missar“ Petritschversprochen hat.

    In der FPÖ ge-hen die Flügel-kämpfe indessenweiter. Einzelhei-ten dazu erübrigen sich, denn beiDrucklegung kann alles schon über-holt sein. Ein außerordentlicherParteitag am 8. Dezember in Salz-burg wird voraussichtlich eineKampfabstimmung um den Partei-vorsitz bringen und vielleicht sogareine Spaltung der Partei. Aber auchbei SPÖ und Grünen regt sichwegen des vergleichsweise mäßigen

    Abschneidens Kritik an Parteispit-zen und Wahlkampf-Strategen. Undin allen drei Parteien wird heftigdebattiert, was besser – oder viel-mehr das kleinere Übel sei: Sich alsJuniorpartner in einer Koalitionaufreiben zu lassen oder in der Op-position darben zu müssen – „sich

    zu regenerieren“,wie man heutesagt.

    Aus länd i scheReaktionen auf dieösterreichischenWa h l e n l a s s e ndurchwegs Genug-

    tuung über das Debakel der FPÖ er-kennen, wobei das Spektrum vonverhohlener Häme bis hin zu Tri-umphgeheul reicht: Hurra, dieSanktionen haben sich „gelohnt“!Den Handlangern scheint dabei bisheute nicht klar zu sein, für wensich die Sache wirklich gelohnt hat,vor allem aber, daß nach diesemPräzedenzfall eines Tages auch ihr

    eigenes politisches Schicksal besie-gelt sein könnte.

    Nicht zu Unrecht hofft man jeden-falls, mit der interimistisch weiter-amtierenden ÖVP/FPÖ-Koalitionbeim kommenden EU-Gipfel leich-tes Spiel zu haben. In Klartext: Nachder Osterweiterung werden nichtnur die Alpen, sondern wird auchder Ballungsraum Wien von derTransitlawine überrollt, Betriebe undArbeitsplätze in den Grenzregionenwerden der Billig-Konkurrenz zumOpfer fallen, und das Aussaugen desNetto-Zahlers wird weitergehen, bisentweder die Wirtschaft stagniertoder die Stabilitätskriterien verfehltwerden. Von den Benesch-Dekretenganz zu schweigen.

    Übrigens, die Meinungsforscherkonnten sich jetzt rehabilitieren: Siefanden heraus, daß die meistenÖsterreicher mit dem Wahlergebniszufrieden seien, insbesondere dieÖVP-Anhänger. Aha!

    WIE GEHT ES NUN WEITER IN ÖSTERREICH?Wahlsieger ÖVP auf Suche nach Koalitionspartner / Von R. G. KERSCHHOFER

    Das Tuch ist zerrissen. Selbstwenn es Jürgen Möllemanngelingen sollte, in einem Aus-schlußverfahren den Sieg da-vonzutragen (er wäre nicht dererste), steht ihm höchstens einpolitisches Schattendasein oh-ne Perspektive bevor. Davonwird einer wie er nicht satt, dasweiß der streitbare Westfale.

    Bliebe also die bereits ange-drohte Option, eine eigene Par-tei zu gründen. Bis zu zwölf Pro-zent der Deutschen könnten soeinem Projekt etwas abgewin-nen, sagen Prognosen. Aber istdenen zu trauen? Der unterge-gangene Bund Freier Bürger(BFB) – auch eine FDP-Abspal-tung – hatte einst noch stolzereZuspruchswerte. Seine Erfah-rung zeigt: Am Anfang findenviele Deutsche solche Neugrün-dungen sehr sympathisch. Nurwählen, sich gar in ihnen enga-gieren, das will am Ende so gutwie niemand. Zudem steht einReservoir von Kleinstlobbyistenund Selbstdarstellern bereit, umsolche Parteien von innen zuzerrütten. Selbst für den Fortbe-stand der Schill-Partei stehen dieWetten derzeit eins zu eins.

    Wähler gäbe es für Mölle-mann ohnehin nur rechts derMitte. Aber – mal ehrlich – weraus dieser Klientel möchte füreine Truppe kämpfen, derenChef gleichzeitig Vorsitzenderder Deutsch-Arabischen Gesell-schaft ist und entsprechendeVorstellungen zur Zuwande-rung vertritt? Hans Heckel

    Kommentar

    Heute auf Seite 3: Die Schande

    Unabhängige Wochenzeitung für Deutschland

    Jahrgang 53 – Folge 49Erscheint wöchentlichPostvertriebsstück. Gebühr bezahlt 7. Dezember 2002 C 5524

    Landsmannschaft Ostpreußen e.V.Parkallee 84/86, 20144 Hamburg

    MÖLLEMANN-PARTEIHÄTTE KAUM CHANCEN

    DIESE WOCHE:

    Politik

    PPEEIINNLLIICCHHEERR DDIISSPPUUTT

    Von der Bundesregierung nicht ge-wollt, ist in Berlin ein Disput umdie Frage entstanden, ob das Pan-zerfahrzeug „Fuchs“ eine Waffeoder doch nur ein Transportmittelist. Der Streit mit der Entschuldi-gung von VerteidigungsministerStruck gegenüber Kanzler Schröderwirkt inzwischen eher wie eineRealsatire. SSeeiittee 22

    Deutschland

    »»FFRRAAUU BBRRÜÜNNIINNGG--KKÖÖPPFF««

    Der parteiinterne Streit führenderSozialdemokraten nimmt groteskeZüge an: Nachdem Ex-ParteichefOskar Lafontaine BundeskanzlerSchröder mit Reichskanzler Hein-rich Brüning verglichen hatte, fühltesich die Kanzlergattin beleidigt undforderte den Saarländer auf, dieSPD zu verlassen. SSeeiittee 44

    Kultur

    FFAASSZZIINNIIEERREENNDD

    Einst warnten sie die Seeleute vordrohenden Gefahren wie Untiefenoder Klippen, heute sind sie oftstillgelegt, dienen anderen Zwek-ken oder gelangen gar ins Muse-um: Leuchttürme üben einen ei-genartigen Reiz aus und sind ausunserem Bild von Küste und See-fahrt nicht wegzudenken. Mehrüber eine Ausstellung in Hamburgauf SSeeiittee 1122

    Geschichte

    AALLLLIIIIEERRTTEERR BBOOMMBBEENNTTEERRRROORR

    Der 1944 geborene Historiker JörgFriedrich macht derzeit mit seinemBuch „Der Brand. Deutschland imBombenkrieg 1940–1945“ Furore. Inder letzten Ausgabe wurde bereitsdas Echo in den öffentlich-recht-lichen Sendern beleuchtet. In dieserFolge nun äußert sich Hans-Joachimv. Leesen über das Werk selber unddessen Thematik. SSeeiittee 1133

    Ab sofort erfüllen wiralle Ihre Literatur-,

    Musik- & Filmwünsche.

    PreußischerMediendienst

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    P r e u ß i s c h e rMediendienst

    PMD

    Vor einem halben Jahr nochhatte Sam Nujoma, einst Chef der SWAPO-Rebellenund heute Staatspräsident von Namibia, bei KanzlerSchröder um finanzielleUnterstützung gebettelt, nun rastete er bei einem Inter-view mit der Welt total aus,beschimpfte und bedrohte„die Weißen“ insgesamt undden Interviewer persönlich –nach mancherlei früherenEntgleisungen ein besonderseklatantes Beispielvon schwarzem Rassismus (siehe Leitartikel Seite 2).Foto: dpa

    Geld stinkt nicht

    Fortsetzung auf Seite 2

    DAS AUSLAND JUBELTÜBER DIE NIEDERLAGE DER

    UNGELIEBTEN FPÖ

    OB49_1.qxd 03.12.2002 19:58 Uhr Seite 1

  • 2 P O L I T I KFolge 49 – 7. Dezember 2002

    UNABHÄNGIGE WOCHEN-ZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND

    Chefredakteur:Hans-Jürgen Mahlitz

    (Verantwortlich f. d. redaktionellen Teil)

    Politik, Panorama: Hans Heckel; Kul-tur, Unterhaltung, Frauenseite: SilkeOsman; Geschichte, Landeskunde,Literatur: Dr. Manuel Ruoff; Heimat-kreise, Aktuelles, Landsmannschaft-liche Arbeit: Florian Möbius; Leser-briefe: Rebecca Bellano; Ostpreu-ßische Familie: Ruth Geede; Östli-ches Mitteleuropa: Martin Schmidt.Freie Mitarbeiter: Wilfried Böhm,Pierre Campguilhem (Paris), Dr. Ri-chard G. Kerschhofer (Wien), General-major a. D. Gerd H. Komossa, Hans-Joachim von Leesen, Jürgen Liminski.Anschrift für alle: Parkallee 84/86,20144 Hamburg. Verlag: Landsmann-schaft Ostpreußen e.V., Parkallee 86,20144 Hamburg. Das Ostpreußenblattist das Organ der LandsmannschaftOstpreußen und erscheint wöchentlichzur Information der Mitglieder des För-derkreises der Landsmannschaft Ost-preußen. – Ab 1. 1. 2002 BezugspreisInland 6,75 E monatlich einschließlich 7Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 8,50E monatlich, Luftpost 11,80 E monat-lich. Abbestellungen sind mit einer Fristvon einem Monat zum Quartalsendeschriftlich an den Verlag zu richten.Konten: Landesbank Hamburg, BLZ200 500 00, Konto-Nr. 192 344. Post-bank Hamburg, BLZ 200 100 20, Kon-to-Nr. 84 26-204 (für Vertrieb); Konto-Nr. 907 00-207 (für Anzeigen). – Fürunverlangte Einsendungen wird nichtgehaftet. Rücksendung erfolgt nur,wenn Porto beiliegt. Für Anzeigen giltPreisliste Nr. 24. Druck: RautenbergDruck GmbH, 26787 Leer (Ostfries-land). – ISSN 0947-9597.

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    Als ich Anfang dieser Woche das Welt-Interviewmit Namibias Machthaber Sam Nujoma las, ka-men unangenehme Erinnerungen auf. Zum Bei-spiel an einen Flug in den Norden des südwestafri-kanischen Landes, nach Oshakati, irgendwannMitte der 80er Jahre: Die viersitzige Cessna der süd-afrikanischen Armee geht urplötzlich in extremeSchräglage, der Pilot fragt, ob ich gut gefrühstückthabe, und erklärt, warum er sich aus 3.000 FußFlughöhe in einer ganz engen Spirale zur Landungherunterschraubt – das Flugfeld gehört der Armee,der Busch rundum der SWAPO, und deren „Frei-heitskämpfer“ schießen mit ihren sowjetischen Bo-den-Luft-Raketen auf alles, was sich am Himmelbewegt. Diese Raketen werden mit Wärmesenso-ren ins Ziel gesteuert, und dies machen sich die Pi-loten zunutze, indem sie aus der hochstehendenSonne herunterkommen – so werden die Raketenknapp abgelenkt. Da ist man, egal ob man gutoder schlecht gefrühstückt hat (am besten garnicht!), heilfroh, wenn man wieder sicheren Bodenunter den Füßen hat, und „genießt“ die Weiter-fahrt auf dem Landweg – in einem gepanzertenFahrzeug, begleitet von einem Minensuchtrupp.

    Die Guerilleros, die damals ihre mobilen Rake-tenbasen bis an den Ortsrand von Oshakati vorge-schoben hatten und aus dem Hinterhalt zivile undmilitärische Maschinen abschossen, standen unterdem Kommando Sam Nujomas. Eben diesen SamNujoma, inzwischen Staatspräsident, durfte Welt-Korrespondent Thomas Knemeyer nun interviewen– in Oshakati. Der Ort war mit Bedacht gewählt;die staubige Buschmetropole liegt im Herzen desOvambolands. Dieser Stamm stellt die Hälfte derBevölkerung und dominiert das Land so, wie frü-her, während und nach der deutschen Kolonialzeit,die Weißen.

    Die Anreise nach Oshakati wird Kollege Knemey-er wohl in weniger unangenehmer Erinnerung ha-

    ben als ich. Umso unangenehmer aber war, was erdann vor Ort erleben mußte: statt eines, wie üb-lich, aus Fragen und Antworten bestehenden Inter-views eine wilde Haßtirade, gespickt mit Beleidi-gungen und Drohungen, geprägt von blankemRassismus. Beispiel: „Wenn ihr Weißen weiterhin soarrogant seid, dann werden wir euch ganz sichereinen Schlag versetzen. Wir haben die Fähigkeit,mit euch fertig zu werden. Unterschätzt uns nicht– wir werden mit euch fertig!“ Wütend gestikulie-rend verabschiedete der Staatspräsident den Fra-gesteller mit der persönlichen Drohung: „Unddann schreiben Sie noch diesen Unsinn. Wenn Siedamit nicht aufhören, werden wir uns mit Ihnen di-rekt befassen!“

    Während des jahrzehntelangen blutigen Kamp-fes um Unabhängigkeit zählte Sam Nujoma zu denLieblingen der politischen Linken in Europa. Anti-kolonialismus, Antiimperialismus, Antirassismus –das waren die Schlagworte, mit denen jederniedergemacht wurde, der zu Besonnenheit mahn-te und darauf hinwies, daß nicht alle Weißen auto-matisch Schwerverbrecher und nicht alle Schwar-zen reine Unschuldsengel seien. Gerade Nujomawar einer jener „Freiheitskämpfer“, die durch be-sonders blutrünstiges und rücksichtsloses Vorge-hen zum Erfolg kamen.

    Als dieser Erfolg errungen war, gab Nujoma sichzunächst friedfertig und tolerant, wohlwissend,daß ohne die Weißen, darunter an die 40.000deutschstämmige, das Land schnell im wirtschaft-lichen Chaos versinken würde. Verhindert, viel-leicht auch nur vertagt, wurde dieses Chaos nichtzuletzt auch durch üppige Geldzuwendungen ausjenen Weltregionen, die nun als arrogant, rassi-stisch, imperialistisch und faschistisch beschimpftwerden. Was Nujoma jetzt aufführt, ist nichts an-deres als blanker schwarzer Rassismus, und der istgenauso verabscheuungswürdig wie weißer Ras-senwahn.

    Ein Hoffnungsschimmer bleibt: Noch gibt es op-positionelle Stimmen – weiße und schwarze! – ge-gen die „unerträglichen“ und „rassistischen Be-merkungen und Drohungen“ des Staats-präsidenten – noch scheint Namibia nicht vollendsim Sumpf der Nujoma-Diktatur versunken zu sein.

    Hans-Jürgen Mahlitz:

    Namibia – schwarzerRassismus

    PEINLICHER DISPUTDebatte um Waffen für Israel offenbart Kommunikationspanne in der Regierung

    Von der Bundesregierungnicht gewollt, ist in Berlin einDisput um die Frage entstan-den, ob das Panzerfahrzeug „Fuchs”eine Waffe oder doch nur ein Trans-portmittel ist. Der Streit mit der Ent-schuldigung von Minister Struckgegenüber Kanzler Schröder hatgroteske Züge angenommen.

    Schon vor einem oder zwei Mo-naten, so heißt es, habe die israeli-sche Regierung bei der Bundesre-gierung die Lieferung vonPanzerfahrzeugen des Typs „Fuchs”angefordert. Diese schriftliche An-forderung, sicher – wie internatio-nal üblich – mit genauer Typenbe-zeichnung, wurde im Gegensatz zuden bisherigen Verfahren im Vertei-digungsministerium dem Ministerso nebenbei mündlich mitgeteilt.Dieser wiederum informierte denKanzler ebenfalls nur mündlichganz nebenbei. Das entschuldigtnatürlich jedes Versehen oder Miß-verständnis. Es scheint sich also beider Lieferung von gepanzertenFahrzeugen der Bundeswehr in denKrisenherd Nahost nur um einesder üblichen Geschäfte zu handeln,deren Bedeutung so gering ist, daßes einer schriftlichen Anfrage nichtbedarf.

    Die Bürger müssen schon für sehrnaiv gehalten werden, einer sol-chen Story Glauben zu schenken.Tatsache ist, daß bisher jede Liefe-rung von Kriegsmaterial in Krisen-gebiete wie dem Nahen Osten wirk-liche „Chefsache“ war und imBundessicherheitsrat nach schrift-licher Vorlage beraten und ent-schieden wurde.

    Für den Bundeskanzler ist die Sa-che mit der Entschuldigung seinesMinisters erledigt. Aber das sehennicht alle Abgeordneten der Regie-rungsparteien so. Struck will allesnach den Exportrichtlinien prüfen

    lassen. Die außenpolitischen Spre-cher von SPD und Grünen, GernotErler und Ludger Volmer, aber ha-ben Bedenken. Erler hält es nicht fürsicher, daß es eine Genehmigung ge-ben wird, während Volmer meint,daß die Anfrage nichts mit ABC-Schutz zu tun habe, und GeneralKlaus Naumann, Vorsitzender desNATO-Militärausschusses, mochtenicht ausschließen, daß Israel denTruppentransporter im Kampf gegendie Palästinenser einsetzen würde.Also als Waffe. Dafür ist der Panzergebaut, dafür hat er auch eine leich-te Bewaffnung wie jedes gepanzerteFahrzeug.

    Bei den Grünen formiert sichnoch deutlicher der Widerstand. IhrSprecher Winfried Nachtwei mein-

    te, er könne sogar „Straßenblocka-den gegen US-Truppentransportbe-wegungen in Deutschland nichtausschließen“. Letzteres läßt auf-horchen. Man stelle sich einmal vor– und die Amerikaner werden dastun –, auf den Straßen in Deutsch-land werden amerikanische Militär-fahrzeuge durch Blockade von grü-nen und autonomen Demon-stranten am Weitermarsch gehin-dert, und Trittin und Ströbele ste-hen am Straßenrand und schauenzu wie beim Castortransport. Manstelle sich weiter vor, die Lage eska-liert, nach abgebrochener Kontrolleder Waffeninspekteure im Irakrücken US-Verbände in Deutsch-land aus ihren Kasernen aus. Groß-britannien und Frankreich und dieTürkei erhöhen die Einsatzbereit-schaft ihrer Verbände, und derdeutsche Kanzler erneuert seine

    Absage, die Bundeswehr in demKonflikt einzusetzen, obwohl nie-mand dies von ihm bisher geforderthat. Der Kanzler läßt dazu durch ei-ne Kommission prüfen, ob der Pan-zer „Fuchs” ein gepanzertes Fahr-zeug oder ein Spürfahrzeug ist,welches nur defensiv zum Aufspü-ren von Kampfmitteln geeignet undfür Kampfeinsätze ungeeignet ist.

    Ob Fuchs-Truppentransportpan-zer oder Fuchs-Spürpanzer, das istfür die Bundesregierung die Frage.Da der Verteidigungsminister hin-sichtlich der israelischen Forderungnur an den Spürpanzer dachte, zö-gerte er nicht mit seiner Zusage.Panzer ist eben nicht gleich Panzer,meint Minister Struck.

    Ob Israel zu seinem Schutz aufdeutsche militärische Hilfe ange-wiesen ist, bleibt wohl fraglich. DasLand kann jeder Unterstützung vonamerikanischer Seite sicher seinwie bisher. Ein Dutzend deutscherSpür- oder Transportpanzer machen„den Braten nicht fett“. Hier mögenandere Überlegungen im Hinter-grund stehen. Auf diese Weise kannDeutschland in den Nahostkonfliktfester als bisher militärisch hinein-gezogen werden. Liegt das aber im„deutschen Interesse“?

    Eines erscheint besonders beach-tenswert. Die grüne Drohung mitmöglichen Blockaden gegen ameri-kanische Verbände in Deutschlandschwächt nicht nur die deutschePosition in der NATO und in denVereinten Nationen, sondern liefertjenen Mächten Munition, welchedie Vorbehaltsklausel in der UN-Satzung nicht streichen möchten,da sich Deutschland zunehmendals nicht voll verläßlich erweist.Hinsichtlich der Bundesregierungwird man das Gegenteil davon zurZeit nicht beweisen können.

    GGeerrdd--HH.. KKoommoossssaa

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    Fortsetzung von Seite 1

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    Danke für Ihre Mühe.Ihre VertriebsabteilungDAS OSTPREUSSENBLATT

    DDIIEE AANNDDEERREE BBAACCKKEEIn einer gemeinsamen Erklärung

    der Evangelischen Kirche Öster-reichs und der Methodistenkirchezum (klar befürworteten) tschechi-schen EU-Beitritt findet sich dieAussage, daß „die physische Vertrei-bung der Deutschen ... und die indiesem Zusammenhang gegen siebegangenen Straftaten in keinem di-rekten Zusammenhang mit den Be-nesch-Dekreten stehen“. – SolcheBlauäugigkeit ist ein weiteres Bei-spiel dafür, wie manche Christendie Sache mit der „anderen Backe“auslegen, nämlich daß man statt dereigenen Backe die eines Mitbrudershinhalten solle. Oder war das Ganzeetwa als Beitrag zum Wahlkampf ge-meint, in welchem die Mitschwesterund Bischöfin des Burgenlandes alsSPÖ-Kandidatin die Himmelsleiterin die Regierung emporzusteigenhoffte? RRGGKK

    GGRRÖÖSSSSTTEERR BBRRIITTEEWinston Churchill, der ehemalige

    Premierminister Großbritanniens,wurde mit 456.498 Stimmen zum„größten Briten“ aller Zeiten gewählt.An der BBC-Umfrage nahmen über1,5 Millionen Insulaner teil. Auch derSchiffsingenieur Isambard KingdomBrunel, Prinzessin Diana, KöniginElisabeth I., Shakespeare, Isaac New-ton, Darwin, Horatio Nelson, OliverCromwell und John Lennon gehörenzu den am höchsten in der Gunst derBriten stehenden Personen.

    RRÜÜCCKKKKEEHHRR ZZUUMM KKOORRAANNDie Angst vor einem Krieg treibt

    die Menschen im Irak vermehrt indie Moscheen. Saddam Husseinnutzt dieses Phänomen für seine Po-litik verstärkt aus und entdeckt fürsich die Macht des Korans.

    suggerieren. Die Gefahr dräut denkünftigen Rentnern. Sie werden län-ger arbeiten müssen und dafür nochweniger bekommen. Sonst ist dasSystem nicht zu halten.

    Man kann vielleicht die Gesetzeder Volkswirtschaft verbiegen unddann die Ergebnisse semantischschmackhaft machen – in dieserKunst galt Schröder bislang als Mei-ster. Bei den Grundregeln der Ma-thematik ist man noch nicht soweit.Ein Blick auf die neuesten Daten derweltweiten Bevölkerungsentwick-lung genügt. Europa, insbesondereDeutschland, altert zusehends. Dassind die Fakten der Zukunft. Eswächst zu wenig nach, um die Ren-tensysteme im jetzigen Lot zu hal-ten.

    Woher soll es auch kommen,wenn man wie Müntefering, Fischer,Schröder, Roth Minderheiten ho-fiert, die vom Sozialsystem nur pro-fitieren, nicht aber für seine Zukunftsorgen? Solche Politiker, die manübrigens inzwischen auch in denUnionsparteien findet, versuchenauch die Mathematik zu verbiegen,indem sie die demographischenWahrheiten verdrängen oder nurteilweise zur Kenntnis nehmen undvor allem die Hauptursache für dieMisere der Sozialsysteme schlichtignorieren, nämlich die seit Jahr-zehnten andauernde Vernachlässi-gung der Familie.

    Ein Sozialsystem wie die Rente istkeine Summe aus individueller Ein-zahlungsgerechtigkeit nach demMotto: Ich habe soundsoviel einge-zahlt, jetzt will ich entsprechendviel herausbekommen. Vielmehrgeht es um Leistungsgerechtigkeit.Die Leistung mißt sich heute nichtimmer im eingezahlten Betrag.Millionen Hausfrauen und Mütterhaben für die Zukunft des Rentensy-stems durch die Geburt und Erzie-hung von Kindern mehr geleistet alsSingles, die von ihrem hohen Gehaltviel einzahlen konnten. Aber werdiese Frauen wie Marx als „Haus-sklaven“ betrachtet und behandelt,der denkt nur in der kalten Mecha-nik des Mammons. Wie lang einVolk solche Politiker erträgt, ist eineFrage von Wahlterminen, aber auchdes Sinns für Gerechtigkeit undWahrheit, den es noch hat.

    So ist die Selbstdemontage derrot-grünen Bundesregierung – in ei-nem Maße und einem Tempo, wieman es in der Geschichte diesesLandes noch nicht erlebt hat – nurdie eine Seite der keineswegs glän-zenden Medaille. Weit schlimmerals der Schaden, den die Koalitions-parteien sich selber zufügen, ist diewirtschaftliche und soziale Kata-strophe, auf die Deutschland mitbeängstigend zunehmender Ge-schwindigkeit zutaumelt. !

    IIIINNNN KKKKÜÜÜÜRRRRZZZZEEEE

    OB49_2 03.12.2002 18:57 Uhr Seite 1 (Schwarz/Process Black Bogen)

  • In den letzten Jahren gelangte einThema in die Öffentlichkeit,über das bislang – jedenfalls inDeutschland – der Mantel desSchweigens gebreitet war. Jetzt er-fahren wir Erstaunliches nicht nurüber Deutschlands Besatzungspoli-tik in Nordeuropa, sondern generellüber Bevölkerungspolitik währendder nationalsozialistischen Zeit.

    Es geht um die 10.000 bis 12.000„Deutschenkinder“ in Norwegenund 6.000 bis 12.000 in Dänemark,also jene Kinder, deren Mutter eineDänin bzw. eine Norwegerin undderen Vater deutsche Soldaten sind.

    In Norwegen hatte die Besat-zungsmacht zwölf Lebensborn-Hei-me gegründet, in denen die Mütter,wenn sie es wollten, ihre Kinder zurWelt bringen und sie in den erstenMonaten versorgen lassen konnten.

    Vor allem deutsche Medien habenbisher alles getan, um die histori-sche Wahrheit sowohl über die gro-ße Zahl norwegisch-deutscher bzw.dänisch-deutscher Kinder als auchüber die Betreuung in den Lebens-born-Heimen zu verschweigen oder,wenn denn Einzelheiten ans Tages-licht kamen, so verzerrt darzustel-len, daß in der Öffentlichkeit einganz und gar falsches Bild vor allenDingen vom Lebensborn entstand.Ein übles Beispiel ist der Text, dender Kultursender Arte zu einer Sen-dung am 30. Oktober 2001 mit demTitel „Hitlers Wunschkinder“ ver-breitete und der von vielen Zeit-schriften und Zeitungen nachge-druckt wurde. Darin behauptet Arte,es handele sich um „HeinrichHimmlers Wunschkinder“, die „aufseinen Befehl im deutsch-besetztenNorwegen“ gezeugt wurden, indem„ihre Mütter von blonden blauäugi-gen deutschen Soldaten vergewal-tigt wurden“.

    In den letzten Jahren sind einigeBücher über den Lebensborn, spe-ziell im Zusammenhangmit den Deutschenkin-dern in Norwegen er-schienen, die zunächstTeilwahrheiten ans Lichtbrachten. Nun hat derehemalige Archivar amRiksarkiv in Oslo, der Hi-storiker Käre Olsen, sach-lich, fair und erschöpfend unterHeranziehung der in Norwegen na-hezu lückenlos vorhandenen Aktenüber „Das Schicksal der norwegi-schen Lebensbornkinder und ihrerMütter von 1940 bis heute“ – so derUntertitel – in seinem Buch „Vater:Deutscher“ dargestellt, das soebenin deutscher Übersetzung erschie-nen ist. Olsen war mehrere Jahre fürdie Anfragen norwegischer Kriegs-kinder im Reichsarchiv zuständig.Er kennt die Materie wie kein ande-rer. Als Norweger hat er keinenGrund, den Deutschen nach demMunde zu reden. Was Olsen überden Lebensborn zu berichten weiß,entlarvt die bisherigen deutschen

    Kolporteure von Schmuddelge-schichten.

    Um die falschen Behauptungenaus der Welt zu schaffen, stellt KäreOlsen zu Beginn seines Buches klar,daß die Kinder aus den Verbindun-gen zwischen norwegischen Frauenund Mädchen und deutschen Besat-zungssoldaten das Ergebnis „ganznormaler Liebesbeziehungen“ wa-ren und keineswegs das Produkt ei-nes „Zuchtprogramms“. Mindestens30.000 bis 40.000 Norwegerinnenverliebten sich während des Kriegesin deutsche Soldaten und wider-sprachen damit der Propaganda dernorwegischen Exilregierung in Lon-don, das ganze norwegische Volkleiste geschlossen den DeutschenWiderstand (wogegen im übrigenauch die zirka 8.000 norwegischenFreiwilligen in den Reihen der Waf-fen-SS standen). Darum entfaltetedie Exilregierung über den Rund-funk schon während des Krieges ei-ne heftige Propaganda-Kampagnegegen jene Norwegerinnen und ihreKinder. Olsen fragt, warum das Ver-hältnis zwischen vielen Norwege-rinnen und den deutschen Soldatenso eng war. Er erklärt es damit, daßsich die deutschen Besatzungstrup-pen stets korrekt verhalten hättenund daß die Besatzungszeit in Nor-wegen „relativ friedlich“ verlief.

    Von deutscher Seite wurde den„germanischen“ Norwegern eineteilweise irrationale Verehrung ent-gegengebracht, und das nicht erst inder nationalsozialistischen Zeit.Schon im 19. Jahrhundert galten dieals Nachfahren der Wikinger ange-sehenen Norweger als Idealbilder,und das nicht nur in Deutschland.So waren die Verbindungen zwi-schen Norwegerinnen und Deut-schen während der Besatzungszeitdurchaus willkommen.

    Die Wehrmacht allerdings wehrtesich zunächst dagegen, indem siezum Beispiel die Eheschließung

    zwischen Deutschen und Norwege-rinnen aus Furcht vor Spionage ver-bieten wollte. Da griff die SS ein,entsprachen doch die Kinder vonNorwegerinnen und Deutschen ih-rem Idealbild des kulturtragendennordischen Menschen. Sie wollteaber vermeiden, daß unverheiratetewerdende Mütter abtrieben ausFurcht vor der Diskriminierungdurch ihre Umgebung. UnehelicheKinder zur Welt zu bringen, daswurde in der damaligen Zeit nichtnur in Norwegen als schimpflichempfunden.

    Abtreibungen wollte die SS wievorher bereits in Deutschland, so

    auch jetzt in Norwegen entgegen-wirken, indem sie Heime des Ver-eins Lebensborn, der 1938 gegrün-det worden war und laut Satzungdie Aufgabe hatte, „jede Mutter gu-ten Blutes zu schützen und betreu-en und für hilfsbedürftige Mütterund Kinder guten Blutes zu sor-gen“, auch in Norwegen errichte-ten.

    An der praktischen Arbeit inNorwegen kann man erkennen,was nicht unter „Mütter guten Blu-tes“ verstanden wurde. Es war fest-gelegt, daß in die Lebensborn-Hei-me Frauen nicht aufgenommenwurden, die Straßendirnen oder die„geistige und körperliche Krüppel“waren sowie Lappinnen, heute Sa-men genannt, die man nicht zu deneuropäischen Völkerschaften zählte.Bewarben sich solche werdendenMütter, deren Partner deutsche Sol-daten waren, um Aufnahme in Le-bensborn-Heime, wurden ihnenPlätze in norwegischen Heimen undKrankenhäusern vermittelt, wobeider Lebensborn die dabei entste-henden Kosten trug. Allen anderenFrauen stand der Aufenthalt in Le-bensborn-Heimen offen, ohne daßsie blond und blauäugig sein muß-ten. Der Lebensborn kümmerte sichauch nicht etwa nur um Kinder, de-ren Väter Waffen-SS-Soldaten wa-ren, wie die Propaganda behauptet,sondern um die Kinder aller deut-schen Besatzungssoldaten„ohne rassische Kategori-sierung“, wie Käre Olsenschreibt.

    Wenn der Vater sichum die Verantwortungdrücken wollte, ermittelteihn der Lebensborn, wobeiman, wie Olsen schreibt, in der Re-gel der Mutter eher Glau- benschenkte als dem deutschen Drücke-berger. Lebensborn stellte auch si-cher, daß der Vater Unterhalt zahlte,allerdings erst nach dem Kriege. Bisdahin übernahm Lebensborn die

    Unterha l t szah lungen ,wenn die Väter ihre Partne-rinnen nicht heiraten woll-ten oder konnten, etwa weilsie bereits verheiratet wa-ren. Die Beihilferegelungenfür Mutter und Kind seienumfassend gewesen, dieärztliche Versorgung vor-

    bildlich, so Olsen.

    Waren die Lebensborn-Heime,wie immer wieder behauptet, „NS-Zuchtanstalten“? Dazu Olsen: „Dienoch existierenden Unterlagen vie-ler tausend Kriegskinder, die vonder Abteilung Lebensborn betreutwurden, enthalten keinen einzigenHinweis darauf, daß diese Organisa-tion mit einer Norwegerin Kontakthatte, bevor sie schwanger wurde.Ebenso wenig deutet darauf hin, daßeine andere deutsche Instanz ver-sucht hätte, Norwegerinnen mitDeutschen zu verkuppeln. DiesePaare lernten sich auf ganz normaleWeise kennen.“

    40 Prozent der Eltern von Kriegs-kindern haben geheiratet oder woll-ten heiraten, wurden aber durch diedeutsche Niederlage daran gehin-dert, oder weil der Vater an derFront fiel. Häufig luden deutsche Fa-milien norwegische Mütter von Kin-dern gefallener Soldaten ein oderadoptierten die Kinder, wenn dieMütter sie freigaben. Daß Lebens-born norwegische Kinder „geraubt“habe, verneint Olsen entschieden.Wenn weder die Mutter noch derVater bzw. seine Familie das Kindaufnehmen wollten, sondern es zurAdoption frei gaben, dann vermittel-te Lebensborn die Adoption, unddas keineswegs, wie ebenfalls deut-sche Medien behaupten, nur an„SS-Familien“.

    Nach dem Krieg fiel der norwegi-sche Mob über die Frauen wie überihre Kinder her. Frauen wurdendurch die Straßen getrieben und öf-

    fentlich gedemütigt, etwa indemman sie kahl schor. Über Mütter vonDeutschenkindern wurden Geld-strafen ebenso verhängt wieZwangsarbeit oder Haft in Internie-rungslagern, und das meist ohneVerfahren und Urteil. Ein norwegi-sches Pfarrerkomitee forderte 1945,daß die Frauen mit ihren Kindernaus Norwegen ausgewiesen werden,und nur die in Deutschland herr-schenden Besatzungsmächte ver-hinderten es, weil es in Deutschlandkeine Möglichkeit gab, sie aufzu-nehmen.

    Dann änderte die norwegischeRegierung ihre Politik und schickteKommissionen ins besetzteDeutschland, um bereits in Deutsch-land lebende Kinder – teils mit Ge-walt – aus den Familien zu reißen,und sie nach Norwegen zurückzu-bringen. Deutsch klingende Vorna-men wie Helmut, Heinz, Dieter wur-den zwangsweise geändert. AllenErnstes wollte man im Herbst 19458.000 Deutschenkinder nach Au-stralien abschieben, doch konnteder Plan nicht verwirklicht werden,weil Australien nicht mitmachte.

    Namhafte Psychiater wie Öde-gaard erklärten, 50 bis 60 Prozent

    der Deutschenkinder seienschwachsinnig, weil Mütter, die sichmit Deutschen abgegeben haben,„erbbiologisch minderwertig“ seinmüßten. „Unpatriotische Elementehaben grundsätzlich psychische De-fekte“, so norwegische Wissen-schaftler. Man nahm Kinder ihrenMüttern weg, um sie in staatlicheHeime zu stecken. Olsen schließtnicht aus, daß eine unverhältnismä-ßig hohe Zahl von Kindern, dieschreckliche Dinge erlebt haben,wirklich verhaltensgestört wurden.

    Ab 1950 wurden in der Bundesre-publik lebende Väter, wenn dieMütter es wollten, zu Unterhalts-zahlungen herangezogen – notfallsmit Hilfe deutscher Gerichte. DieDDR hingegen lehnte jede Regelungab. 1959 zahlte die BRD hundertMillionen Kronen an Norwegen als„Entschädigung für Norweger, dieunter NS-Verfolgung gelitten ha-

    ben“. Für die Deutschen-kinder und ihre Mütter gabes keine Mark. Heute sinddie Deutschenkinder er-wachsen. Viele von ihnenhaben sich zusammenge-schlossen, um gemeinsamihre Rehabilitierung zu er-kämpfen. Nachdem die er-

    ste Klage abgewiesen wurde, weildie an den Deutschenkindern be-gangenen Schandtaten verjährtseien, hat sich der Rechtsausschußdes norwegischen Parlamentes beiden Deutschenkindern entschuldigtfür alles, was man ihnen nach demKrieg angetan hat. Über eine ange-messene Entschädigung soll dienorwegische Regierung entschei-den.

    Die norwegische Regelung hatauch in Dänemark den Anstoß da-für gegeben, daß das Schicksal derdänischen Kriegskinder erforschtwerden soll. Die linkssozialistischeAbgeordnete im Kopenhagener Fol-keting, Anne Bastrup, hat sich andas Justizministerium gewandt mitder Aufforderung, es möge untersu-chen, ob den Kriegskindern Un-recht zugefügt wurde, um gegebe-nenfalls eine Entschuldigungauszusprechen und Entschädigun-gen zu zahlen. !

    KKäärree OOllsseenn,, „„VVaatteerr:: DDeeuuttsscchheerr..DDaass SScchhiicckkssaall ddeerr nnoorrwweeggiisscchheenn LLee--bbeennssbboorrnnkkiinnddeerr uunndd iihhrreerr MMüütttteerrvvoonn 11994400 bbiiss hheeuuttee““. 398 Seiten,geb., 2002, 29,90 Euro, zu bestellenbeim Preußischen Mediendienst,Telefon 040-41 40 08-27

    3H I N T E R G R U N D Folge 49 – 7. Dezember 2002

    DIE SCHANDEEin Mythos bröckelt: Neues Buch untersucht den NS-

    »Lebensborn« und das spätere Schicksal seiner Schützlinge

    „Ganz normale Paare“: Lebensbornheim in Norwegen Anfang der 40erFoto: Archiv Dorothee Schmitz-Köster, Autorin von „Deutsche Mutter, bist du be-reit ...“ Alltag im Lebensborn, Aufbau Verlag 2002, 8,50 Euro

    NACH DEM KRIEG FIEL DER NORWEGISCHEMOB ÜBER DIE FRAUEN DEUTSCHER

    SOLDATEN UND IHRE KLEINEN KINDER HER

    DER NAMHAFTE PSYCHIATER ÖDEGAARDSTEMPELTE DIE DEUTSCHENKINDER

    ALS »ERBBIOLOGISCH MINDERWERTIG«

    Als »Arier-Zuchtanstalten« geistertendie »Lebensborn«-Heime der NS-Zeitseit Jahrzehnten durch die Geschichts-bücher. Kinder, die dort gelebt hatten,mußten mit dem Makel weiterexistie-ren, die Produkte einer kruden Rassen-ideologie zu sein. Der Norweger KäreOlsen hat nun die Hintergründe er-

    forscht und entlarvt die bisherige Dar-stellung am Beispiel seines Landes alsüble Legende. Gleichzeitig tritt der ent-würdigende Umgang mit den Tausen-den deutsch-norwegischen Kindernnach dem Krieg zunehmend ins Be-wußtsein – eine schmerzliche Erfah-rung für das skandinavische Volk.

    Von Jochen ARP

    OB49_3 03.12.2002 19:52 Uhr Seite 1 (Schwarz/Process Black Bogen)

  • 4 D E U T S C H L A N DFolge 49 – 7. Dezember 2002

    Was ist die Arbeit einesBundestagsabgeordnetenwert? Soviel wie die eines29jährigen Polizisten in Darmstadt,2.343 Euro? Die eines 33jährigenBörsenanalysten in Frankfurt, 8.950Euro? Oder die 6.878 Euro, die dasGesetz zur Zeit für die Diäten vor-schreibt? Der Polizist würde seinEinkommen sicherlich gern mit demPolitiker tauschen. Aber auch denStreß in 70- bis 120-Stunden-Wo-chen? Die Verantwortung für Ent-scheidungen über Krieg und Friedenund für Milliarden-Haushalte? Wür-de auch der Börsenprofi auf ein Vier-tel seines Gehaltes verzichten, umnoch mehr arbeiten zu müssen –auch am Wochenende? Um dabeistets Zielscheibe der Kritik zu sein?Und sich nach vier Jahren vielleichteinen neuen Job suchen zu müssen?Viele Fragen auf einem stets umstrit-tenen Feld.

    Wenn aus Kandidaten Abgeordne-te werden, dann sollen sie Vertreterdes ganzen Volkes sein und nur ih-rem Gewissen fol-gen. Nicht ihrembisherigen Arbeit-geber. Nicht ir-g e n d w e l c h e nGeldgebern, diesich davon Vortei-le versprechen.Parlamentariersollen nicht käuflich sein. Das heißtauf der anderen Seite aber auch, daßeine neutrale Stelle sie angemessenbezahlen muß. Am besten kann diesnatürlich der Staat, so wie er es beiunabhängigen Beamten und neutra-len Richtern auch tut. Was läge alsonäher, als sich für die Höhe der Diä-ten eine Besoldungsgruppe zu su-chen, die mit Arbeitsaufwandund/oder Bedeutung einigermaßenvergleichbar ist, und die Einkommender Abgeordneten einfach daran an-zuhängen? Mit diesem Schritt könn-te man die erregten Debatten auf lan-ge Sicht eindämmen, die mit jederErhöhung der Diäten neu aufbre-chen.

    Nicht von ungefähr hatte derBundestag 1958 die Aufwandsent-schädigung an die Beamtenbesol-dung gebunden. Das lief auf eineAutomatik hinaus: In dem Maß, in

    dem die Staatsdiener mehr erhielten,wuchsen auch die Einkünfte derVolksvertreter. Der Abgeordnete er-hielt als „Grunddiät“ 22,5 Prozentdes Amtsgehaltes eines Bundesmini-sters (damals 1.100 Mark im Monat).

    Doch das Bundes-verfassungsge-richt entschiedsich am 5. Novem-ber 1975 gegen je-de Koppelung.Karlsruhe räumteein, möglicher-weise sei es ja

    praktischer, die Höhe der Abgeord-netenentschädigung in Prozentsät-zen an ein Beamtengehalt anzuhän-gen. Ein solches Vorgehen wäre nachMeinung der Richter aber ein Ver-such, „das Parlament der Notwendig-keit zu entheben, jede Veränderungin der Höhe der Entschädigung imPlenum zu diskutieren und vor denAugen der Öffentlichkeit darüber alseiner selbständigen politischen Fragezu entscheiden“.

    Dieser Urteilstext war verfassungs-rechtlich eindeutig – in der politi-schen Praxis jedoch ein schwerwie-gendes Handicap, das in derÖffentlichkeit bald zu einer stim-mungsgeladenen Unterstellung führ-te: „Selbstbedienung“. Die darin mit-schwingende Vermutung: Bundes-tagsabgeordnete nähmen sich dasRecht heraus, selbst zu bestimmen,wieviel sie sich als Einkommen von

    den Steuergeldern der Bürger in dieeigene Tasche steckten. Kein Wortmehr davon, daß der Bundestag da-zu vom Verfassungsgericht aus-drücklich verpflichtet worden war.Die logische Folge des Urteils warein dreifacher Druck auf die Abge-ordneten: Zum einen verpflichtet siedas Grundgesetz in Artikel 48, für ei-ne „angemessene, ihre Unabhängig-keit sichernde Entschädigung“ derMitglieder des Bundestages zu sor-gen, die Diäten also nicht so unat-traktiv zu machen, daß sie auf vieleabschreckend wirken, ihren Berufvorübergehend für die Übernahmeeines Mandats aufzugeben. Zumzweiten geht dieallgemeine Preis-und Einkommens-entwicklung wei-ter, wird das Le-ben auch fürParlamentar ierund ihre Familienteurer, müssen siefür Personal und Arbeitsmaterialauch immer mehr ausgeben. Zumdritten aber ist es nur natürlich, daßdie „Augen der Öffentlichkeit“ jedeErhöhung in eigener Sache zu einereher peinlichen Angelegenheit ma-chen. Es wird auch in Zukunft dieentscheidende Frage sein, woran dieArbeit der Abgeordneten gemessenwerden soll. Das wird jeder aus sei-ner persönlichen Einkommensper-spektive jeweils anders beurteilen.Werden alle Diäten und sonstigen

    Aufwendungen für die Abgeordne-ten, alle Verwaltungs- und Gebäude-kosten, kurz: alle Ausgaben für dasBundesparlament, zusammenge-nommen und auf alle Bürger verteilt,kommt ein Pro-Kopf-Betrag von ge-rade sieben Euro pro Jahr für denBundestag dabei heraus. Das reichtgerade mal für drei bis vier Bierchenan einem Abend. Vermutlich wirddas die Empörung am Stammtischüber die „Selbstbedienung“ derVolksvertreter kaum verringern kön-nen. Auch nicht nach weiteren drei,vier Bieren – das entspricht dannwieder einem ganzen Jahr parla-mentarischer Arbeit.

    Kein Schüler käme auf den Gedan-ken, die Arbeitszeit seines Lehrers al-lein auf die vier oder fünf Stunden zubeschränken, die er ihn pro Tag sieht,niemand bezieht die Arbeitszeit ei-nes Priesters nur auf dessen Anwe-senheit beim Sonntagsgottesdienst.Aber bei Abgeordneten wird häufigangenommen, ihr einziger Job sei, al-le paar Tage mal ein paar Stunden imPlenarsaal zu sitzen – und dort häu-fig auch noch zu fehlen. Die Plenar-sitzungen sind in Wirklichkeit nurdie winzige Spitze eines riesigen Eis-berges.

    Viele Gremiensitzungen beginnenbereits um oder sogar vor acht Uhrmorgens, es gibt Treffen mit Exper-ten, mit Vertretern anderer Parteien,mit Betroffenen, mit Mitarbeitern der

    Ministerien, umGesetze gründlichvorzubereiten.Das zieht sichüber Sitzungen inArbeitskreisen,Au s s c h ü s s e n ,Kommissionen,Fraktionen oft bis

    tief in die Nacht hin. Und dann kom-men noch die Verpflichtungen imWahlkreis, die oft das Wochenendemit in Beschlag nehmen.

    Dennoch ist es ein Gebot der Stun-de, in Anbetracht wirklich knapperKassen, daß alle Abgeordneten mitgutem Beispiel vorangehen und aufeine Anhebung ihrer Diäten für dasJahr 2003 verzichten. Dies würde derpolitischen Kultur in unserem Landeguttun. !

    In der Lehrersprache würde esheißen: „Fünf, setzen.“ Bei denSchülern wäre es noch knapper,und im Politikerjargon wird mandemnächst wieder landauf, landabhören: „Nur die Vereinbarkeit vonFamilie und Beruf kann die sozialenUnterschiede überbrücken. Dafürsetzen wir uns ein.“

    Dabei haben alle den blauen Briefverdient, am wenigsten vielleichtnoch die Schüler und die Eltern. DieVerwarnung gilt dem Land, seinempolitischen Establishment. Wenn so-ziale Unterschiede in der Schulenicht ausgeglichen oder wenigstensabgebaut werden können, dann istetwas mit dem Gesellschafts- undBildungssystem nicht in Ordnung.Wenn der Bildungsstand der Elternin Deutschland stärker als in denmeisten anderen Industrieländernüber den Schulerfolg der Kinderentscheidet und vierzig Prozent derAkademikerinnen in Deutschlandkinderlos bleiben, in Schweden sindes zehn Prozent, dann entsteht eineSpirale nach unten, wenn dieses Sy-stem nicht von Grund auf reformiertwird. Denn in den Ländern, die inder Unicef-Studie gute Noten be-kommen haben (Finnland, Südko-rea, Kanada), sind die sozialenUnterschiede nicht geringer, ehergrößer.

    Zwar geht die Studie auf den Ein-fluß des scharfen Wettbewerbsschon unter Schülern in Japan und

    Südkorea nicht ein, und man kannannehmen, daß dies eine verzerren-de Wirkung hat. Aber sie zielt aufden Hauptpunkt der Debatte, wennsie der Förderung durch Eltern undFamilie eine besondere Rolle zu-mißt. Es kommt letztlich auch nichtauf die akademische Bildung an,sondern auf die Persönlichkeitsbil-dung, früher sagte man auch Her-zensbildung. In unzähligen Fällensind Nicht-Akademikerinnen diebesseren Mütter. Aber auch sie sindheute wegen der prekären Lage dermeisten Familien gezwungen, ei-nem Erwerbsbe-ruf außer Hausn a c h z u g e h e n .Hier wird die Stu-die der Unicef er-freulich deutlich:„Es ist klar, daßBenachteiligungen im Bildungswe-sen nicht in der Schule entstehen,sondern zu Hause“, heißt es. DasLernen beginne mit der Geburt undwerde durch eine „liebende, sichereund stimulierende Umgebung“ ge-fördert. Insofern bestätigt die Unicefeine alte Weisheit: Die Mutter ist

    nicht zu ersetzen. Leider verdrängtdie Politik diese Weisheit seit Jahrenmassiv. Statt für Wahlfreiheit für dieEltern zu sorgen, die solch eine „lie-bende und stimulierende Umge-bung“ ermöglichen könnte, sehenvor allem die rotgrünen Politikerdas Nonplusultra ihrer Familienpo-litik darin, ein einfaches Küchenge-rät namens Herd zu verfemen unddie Frauen durch gesellschaftlicheÄchtung des Berufs Hausfrau undMutter in die Betriebe zu drängen.Die kinderlose Akademikerin ist ihrIdeal, und darin sieht Rotgrün sich

    auch bei nichtwenigen Wirt-schaftskapitänenbestätigt, denendie Kinderlosig-keit einer Fach-kraft näher ist als

    die Zukunft des Landes. Kein Zwei-fel, die schiefe Ebene, auf der unserBildungsturm steht, wird abschüssi-ger. Das liegt auch daran, daß diezuständigen Politiker aller Parteientrotz des ersten Pisa-Schocks keinewirkliche Ursachenforschung be-trieben haben und sich nicht trau-

    en, auch dort anzusetzen, wo dieschiefe Ebene beginnt: bei der Fa-milie. Wir wissen heute, dank neuerForschungen vor allem in den USA,daß in den ersten sechs Lebensjah-ren, also noch vor dem gesellschaft-lichen Hürden-l a u f n a m e n sSchule und Aus-bildung, die Ver-netzungskapa-zitäten im Hirnenorm sind unddurch emotionale Stabilität geför-dert werden. In diesen Jahren ent-stehen die grundlegenden Fähigkei-ten des Menschen zum Meisternder Alltagsprobleme: das Lernen-können, Ausdauer entwickeln, sozi-ale Grundkompetenzen, die Fähig-keit, emotionale Intelligenz zusteuern, nach Lösungen suchen,statt zu jammern, Gefühle erkennenund einordnen, Vertrauen schen-ken, ohne naiv zu sein, und vieleEigenschaften mehr. Das ist mehrals Wissen. Es ist Humankapital.Der amerikanische Nobelpreisträ-ger Gary Becker, ein liberaler Öko-nom, der seinen Preis eben dafür

    bekommen hat, weil er den Begriffdes Humankapitals in die Wirt-schaftswissenschaften eingeführthat, sagt es schlicht so: „Das grund-legende Humanvermögen wird inder Familie geschaffen. Die Schule

    kann die Fami-lie nicht erset-zen.“

    In Deutschlandredet die Politikviel von Familie.

    Die Politik spricht aber wenig vonden Voraussetzungen für die Bil-dung von Humankapital. Sie ver-wechselt permanent Betreuung mitErziehung. Die Präsenz der Mutterzu Hause ist ein Tabuthema. Aberihre liebende Fürsorge schafft gera-de diese emotionale Stabilität, in derdas Humanvermögen gedeihenkann. Hier müßte die Politik anset-zen – und so lange nachsitzen, bissie endlich begriffen hat, daß dieZukunft des Gemeinwohls inDeutschland etwas mit dem Wohlder Kinder zu tun hat und nicht miteinem Selbstverwirklichungspro-gramm für Frauen. !

    Kein bißchen zimperlich seidie SPD, wenn es darum gehe,die Unionsparteien mit Hinweisauf sogenannte „Vorläuferpar-teien“ anzubräunen und diesemit Hitler und seinen National-sozialisten in Verbindung zubringen, hieß es am Stammtischim Deutschen Haus.

    So hätte die SPD erst im ver-gangenen Jahr „historischeSchuld“ bei diesen „Vorläufer-parteien“ behauptet und ver-sucht, der CDU die historischeVerantwortung für Hitler zu ge-ben. Das gesamte SPD-Füh-rungstrio Struck, Münteferingund Stiegler hatte gemeinsamdiesen großen Hammer gegenCDU und CSU geschwungen.Doch als Oskar Lafontaine jetztunter der Überschrift „MeinHerz schlägt links“ in der Bild-zeitung der chaotischen Laien-spielschar um Schröder vorwarf,ihre Wirtschaftspolitik stelle die„Wiedergeburt Heinrich Brü-nings“ dar, flippten die Genos-sen aus. Hatte Oskar doch zuRecht festgestellt, die Sparpolitikdieses Reichskanzlers habe Mas-senarbeitslosigkeit hervorge-bracht und Hitler den Weg be-reitet. Lafontaines Äußerungenseien „unhistorisch, unsolida-risch, peinlich, eine fürchterlicheEntgleisung“, und der einst ge-liebte Oskar sei „politisch nichtzurechnungsfähig“, tönte es ausder SPD. Kanzlergattin DorisSchröder-Köpf verlor ob dieserKritik an Ehemann Gerhard dieNerven: „Eine Beleidigung fürdie SPD“, erkannte sie. DerStammtisch meinte, wenn „FrauBrüning-Köpf“ den Oskar in derPartei nicht mehr sehen wolleund den Vorgänger ihres HerrnGemahls gar zum SPD-Austrittauffordere, dann treibe ausge-rechnet Doris den Klamauk derKesselflicker auf den Höhepunkt.Eine solche SPD sei fertig, abertotal.

    Michels Stammtisch:

    »FrauBrüning-Köpf«

    GEFORDERT: FREIWILLIGER VERZICHTDie gute Bezahlung garantiert den Abgeordneten Unabhängigkeit – auch vom Volkswillen / Von Walter HAACK

    Gedanken zur Zeit:

    LERNEN BEGINNT MIT DER GEBURTVon Hans-Jürgen LIMINSKI

    Plenum: Nur selten sind alle Abgeordneten zugegen. Foto: Deutscher Bundestag

    PARLAMENTARIER SOLLENDEM GEWISSEN FOLGEN

    UND NICHT KÄUFLICH SEIN

    DIE PLENARSITZUNGEN SINDNUR DIE SPITZE

    DES EISBERGES AN ARBEIT

    DER BILDUNGSSTAND DERELTERN ENTSCHEIDET

    DAS PROBLEM MUSS MANAN DER WURZEL PACKEN

    OB49_4 03.12.2002 17:39 Uhr Seite 1 (Schwarz/Process Black Bogen)

  • SSTTUURRMMSSCCHHÄÄDDEENNDas unlängst über West- und

    Mitteleuropa ziehende Sturmtiefhat auf seinem Weg gen Ostenauch vor dem Königsberger Gebietnicht halt gemacht. Die Folgen wa-ren umgestürzte Bäume und zer-störte Elektroleitungen samtStromausfällen; der Trolleybusver-kehr kam auf einer Linie in Kö-nigsberg ganz zum Erliegen; undin 17 Häusern gingen die Lichteraus. Noch am selben Tag wurdedie Stromversorgung wiederherge-stellt und mit den mehrtägigenAufräumarbeiten begonnen. Hier-bei handelte es sich im wesent-lichen um Baumfällarbeiten unddie Beseitigung umgekippter Bäu-me. Menschen kamen nicht zuSchaden. Um Gefahren bei längeranhaltendem Sturm vorzubeugen,wurden weitere 150 gefährdeteBäume gefällt. MMRRKK

    WWEECCHHSSEELLKKUURRSSEEEin Euro hatte letzten Dienstag

    den Wert von 3,93205 polnischenZloty, 31,74817 russischen Rubelnsowie 3,46191 litauischen Litas.Umgekehrt war ein Zloty 25,432Cent, ein Rubel 3,15 Cent und einLitas 28,886 Cent wert. Die Anga-ben erfolgen ohne Gewähr.

    5O S T P R E U S S E N H E U T E Folge 49 – 7. Dezember 2002

    Zum inzwischen achten Mal inFolge hat die Kreisgemein-schaft Elchniederung in die-sem Jahr für Landsleute insbeson-dere aus den Kirchspielen Rau-terskirch und Seckenburg eineGruppenreise in die Heimat durch-geführt. Per Bus ging es von Hanno-ver über Marienburg, wo Zwischen-station gemacht wurde, zum unweitder Grenze zum Kreis Elchniede-rung gelegenen gediegenen ehema-ligen Forstamt in Groß Baum, dasals Unterkunft genutzt wurde.

    Höhepunkt der elftägigen Reisewar der gemeinsame Besuch vonNeukirch, Seckenburg und Rauters-kirch, wo eine Begegnung mit derdortigen russischen Bevölkerungstattfand. Dieser schon zur Tradi-tion gewordenen Veranstaltung ga-ben Bürgermeister, Dorfältester,Schuldirektor, Kindergartenleiterund Krankenschwestern einen offi-ziellen Rahmen, und auch die„Heinrichswalder Zeitung“ war ver-treten. Wie bei den Besuchen zuvorwurden zahlreiche Geschenke ver-teilt. Den Krankenschwestern derSanitätsstationen Rauterskirch undSeckenburg wurde eine Vielzahlvon Medikamenten und Verbands-

    materialien für die dringend not-wendige Versorgung der Erkranktenübergeben. Ein mitgereister Lands-mann unterhielt bei bestem WetterJung und Alt auf dem Dorfplatz vonRauterskirch mit allerlei Zauber-kunststücken.

    Danach wurde ein gemeinsamerSpaziergang zur Ruine der einst-mals bedeutendsten Kirche imnördlichen Ostpreußen unternom-men. Das Gotteshaus, das seit eini-ger Zeit für deutsche Besucher zu-gänglich ist, bedarf dringend derBestandssanierung. Noch vor Ortkonnte der Bürgermeister für denPlan gewonnen werden, nachdemeine Landsmännin eine beträchtli-che Spende für die Anfangsarbeitenin Aussicht stellte.

    Des weiteren hielt ein mitgerei-ster Arzt mit seinen Helfern eineüber den Tag gehende Sprechstun-de ab, die von der Bevölkerungdankbar angenommen wurde. DemVernehmen nach freuen sich alleBewohner das ganze Jahr auf diesenTag. Das dabei entgegengebrachteVertrauen der materiell überausschlechtgestellten Menschen warüberall spürbar.

    In Seckenburg war die Reisegrup-pe Gast der Schule, bei der ein Mit-tagessen eingenommen und dieAufnahme des Deutschunterrichtszum 1. September dieses Jahres ge-feiert wurde, ein Projekt, das inmehrjähriger Arbeit von zahlrei-chen Landsleuten finanziell unter-stützt und administrativ durch dieHeinrichswalder Kreisverwaltungmitgetragen wurde. Auf diesem We-ge soll es zukünftig auch zum Aus-tausch von Schülern kommen.

    Am Nachmittag fuhr die Gruppenach Heinrichswalde. Hier wurdendie Stadt und die Kirche besichtigt.Ein Erlebnis besonderer Art war diekombinierte Bus- und Schiffsfahrtdurch die Elchniederung, durch das„Ostpreußische Venedig“. Bekanntist das Große Moosbruch mit denWasserwegen Arge, Laukne, Timber,Seckenburger Kanal und GroßerFriedrichsgraben.

    Die weiteren Tage sahen Fahrtennach Königsberg und Pillau vor, wo-bei die wichtigsten Sehenswürdig-keiten auf dem Programm standen.Der zur freien Verfügung stehendeTag wurde für individuelle Ausflügereichlich genutzt. Der letzte Tag desAufenthaltes in der Elchniederungbeinhaltete einen Folkloreabend mitinteressanten Gesangseinlagen, beidem es Abschied nehmen hieß.

    Der weitere Verlauf der Reiseführte nach Nidden auf die KurischeNehrung. Zunächst ging es jedochnach Tilsit. Dort konnte man bei ei-ner Besichtigung die frühere Schön-heit dieser Stadt an der Memel er-ahnen. Danach wurde mit dem Busdie Grenzübergangsstelle Luisen-brücke passiert, das KönigsbergerGebiet verlassen. Auf der anderenSeite des Flusses lagen Heydekrugund Memel auf der Fahrtstrecke. InMemel wurde mit der Fähre überdas Memeler Tief auf die KurischeNehrung übergesetzt, Nidden kurzdarauf erreicht. Der wohl schönsteFerienort des Memellandes ließ da-bei keine Wünsche offen. KurischesHaff, Ostseestrand, Hohe Düne,Thomas-Mann-Haus und eine Aus-flugsfahrt mit dem Schiff über dasHaff sorgten für abwechslungsreicheund unvergeßliche Stunden. AmAbend vor der Abreise wurde einstilvolles Orgelkonzert in der Kirchebesucht und anschließend gemüt-lich beisammen gesessen.

    Die Rückfahrt erfolgte über denrussisch verwalteten Teil der Kuri-schen Nehrung. Nach dem Besuchder Vogelwarte Rossitten ging es anKönigsberg vorbei zum Grenzüber-gang nach Heiligenbeil. Von dortging es über den früher verkehrsrei-chen Knotenpunkt Schneidemühlsowie Küstrin an der Oder, wo derBesuch des dortigen Polenmarktesein weiteres Erlebnis darstellte, zu-rück in die Bundesrepublik.

    Die nächste Reise dieser Art istaufgrund der starken Nachfrage fürEnde Mai / Anfang Juni kommen-den Jahres geplant. PPeetteerr WWeessttpphhaall

    Drei Wochen nach dem zwischenPutin und der EU geschlossenenBrüsseler Kompromiß zum Transitzwischen dem Königsberger Gebietund Rußland durch litauisches Terri-torium müssen Litauer und Russendie in Brüssel entwickelte Transitre-gelung nun gemeinsam in die Praxisumsetzen. Das vom Rußland-EU-Gipfel vorgegebene Ziel, ab dem 1.Januar nächsten Jahres einen pro-blemlosen Transit durch litauischesGebiet zu ermöglichen, ist nicht ganzso einfach zu realisieren. Der Gipfelhat zwar den Rahmen vorgegeben,die Details müssen aber die beteilig-ten Staaten selbst vereinbaren.

    Dazu gehört zunächst ein litau-isch-russischer Vertrag über dieAusweisung von Bürgern aus Dritt-ländern; analoge Verhandlungenhaben auch zwischen der Europäi-schen Union und Rußland begon-nen. Des weiteren müssen nochwichtige Themen wie der gemeinsa-me Kampf gegen illegale Einwande-rer, Schmuggel, Waffenhandel undTerrorismus geklärt werden.

    Derweil bekommt man im Königs-berger Alltag die direkten Auswir-kungen des Brüsseler Kompromis-ses zu spüren. So wurde derKartenvorverkauf für Bahnfahrtenvon und nach Königsberg mit Gül-tigkeit ab dem 1. Januar vorerst ein-gestellt. Der tiefere Grund für dieseMaßnahme ist der, daß für 14 Perso-nenzugverbindungen durch Litauendie Fahrpläne neu erstellt werdenmüssen. Für die Durchführung der

    Grenzkontrollen hat die litauischeSeite nämlich 35 bis 40 MinutenAufenthalt eingeplant, so daß eineÄnderung der Fahrpläne notwendigwurde. Erst ab dem 1. Januar sollder Vorverkauf wieder normal statt-finden.

    Den ganzen bürokratischen Auf-wand überflüssig machen würdeder Einsatz eines Hochgeschwindig-keitszugs ohne Zwischenstopp. Vorkurzem noch belächelt, hat die EUinzwischen diesen Vorschlag als

    ernstzunehmende Möglichkeit inBetracht gezogen. Alle Vorschlägehinsichtlich der Art und Weise desTransits müssen jedoch den Regelndes Schengen-Abkommens entspre-chen. Daher können erst nach einergrundsätzlichen Entscheidung dietechnischen und finanziellen Fragengeklärt werden. Die Kosten für denEinsatz des Hochgeschwindigkeits-zuges wären nicht unerheblich. siewürden Hunderte Millionen odergar Millarden Dollar beziehungs-weise Euro betragen. MMRRKK

    MIT ARZT UND ZAUBERERDie Kreisgemeinschaft Elchniederung fuhr mit bunter Mannschaft in die Heimat

    ES GIBT NOCH VIEL ZU TUNViele Detailprobleme bei der Umsetzung des Brüsseler Transit-Kompromisses

    Antanas Valionis:Der litauische

    Außenministererwartet noch in

    diesem Monatdas russische

    Einverständnisfür den Ausbau

    des General-konsulats seines

    Landes inKönigsberg und

    die Eröffnungeines

    zusätzlichenKonsulats in Tilsit

    sowie dieRatifizierung des

    russisch-litauischen

    Grenzvertrages.Foto: Litauens

    Außenministerium

    Reisegruppe: Vor der Marienburg Fotos (2): Westphal

    Rauterskirch: Ruine der Kirche

    Kurz notiert BESUCHVERSCHOBEN

    Der Landesverband Brandenburgdes Volksbundes DeutscheKriegsgräberfürsorge hat den ausAnlaß des Volkstrauertages geplan-ten Besuch einer vom Landtagspräsi-denten und Landesvorsitzenden desVolksbundes Herbert Knoblich gelei-teten Delegation in Königsberg aufunbestimmte Zeit verschoben. Damithat der Streit um die Errichtung ei-nes im Zentrum der Pregelmetropolegelegenen Friedhofs für deutscheSoldaten, die beim sowjetischenSturm auf die Festung Königsberg imApril 1945 umgekommen sind, einenvorläufigen Höhepunkt erreicht.

    Bereits vor einigen Jahren hatteder Verband Deutsche Kriegsgräber-fürsorge hierfür ein an der Alex-ander-Newskij-Straße gelegenesGrundstück von 0,8 Hektar Flächezur Verfügung gestellt bekommen.Die Arbeiten haben dort auch be-reits begonnen, doch russischeKriegsveteranen wandten sich an dieKönigsberger Gebietsverwaltungund den Bürgermeister der Stadt,um die geplante Nutzung zu verhin-dern. Der Vorsitzende des Vetera-nenverbandes, Jurij Samjatin, forder-te die Stadtverwaltung auf, dieEinfriedungsarbeiten zumindest solange hinauszuzögern, bis ihnen vondeutscher Seite Lagepläne der Kon-zentrationslager auf ostpreußischemBoden und Listen der dort ums Le-ben gekommenen Rotarmisten aus-gehändigt worden sind. Begründetwird die Forderung mit demWunsch, eine Gedenktafel für dieLagerinsassen der Konzentrationsla-ger aufzustellen. Erst wenn dieseÜbergabe erfolgt sei, werde sein Ver-band der Errichtung eines Gedenk-friedhofs für Wehrmachtangehörigein Königsberg zustimmen, sagteSamjatin. Der Widerstand des Vete-ranenverbandes war zumindest in-sofern erfolgreich, als sich nun auchAbgeordnete des Königsberger Stadt-rates gegen die Errichtung des Fried-hofs aussprachen, worauf die Bran-denburger mit der Besuchsverschie-bung reagierten.

    Der vorgesehene DelegationsleiterHerbert Knoblich hat den Schrittwie folgt begründet:

    Nachdem der Königsberger „Ratder Veteranen des Krieges, der Ar-beit, der Streitkräfte und der Rechts-schutzbehörden“ um ein sechsmo-natiges Moratorium für dieErrichtung eines deutschen Solda-tenfriedhofs in der Stadt gebeten ha-be und es noch weiteren internenKlärungsbedarf auf KönigsbergerSeite zu geben scheine, „war es ge-boten, bei diesem Prozeß nicht denEindruck äußerer Einmischung ent-stehen zu lassen und den geplantenBesuch zu verschieben. Der Landes-verband Brandenburg des Volksbun-des Deutsche Kriegsgräberfürsorge,dem an einer weiterhin vertrauens-vollen und auf gegenseitiger Ach-tung beruhenden Zusammenarbeitsehr viel liegt, ist jeder Zeit bereit, ander Klärung noch offener Fragenmitzuwirken.“

    Daß beide Seiten dazu in der Lageseien, zeigten die Erfahrungen desVolksbundes: Im Vorfeld der Einwei-hung des Friedhofes in Pillau ent-standene „Irritationen konnten an-läßlich meines Besuches imSeptember 2000 in eindrucksvollerWeise mit Vertretern des dortigenVerbandes der Kriegsveteranen aus-geräumt werden. Ich werde nichtsunversucht lassen, eine die Gefühlealler Veteranen gerecht werdendeLösung zu erreichen und so – wiedies bereits durch gemeinsamdurchgeführte und noch geplante Ju-gendlager bewirkt wird – einen Bei-trag zur Aussöhnung zu leisten. Hof-fentlich habe ich bald Gelegenheitdazu.“

    Wladimir Jegorow, KönigsbergsGouverneur, reagierte mit der Beteu-erung, er sei überzeugt, daß das Pro-blem gelöst werde. JJ.. JJ..

    OB49_5 03.12.2002 18:59 Uhr Seite 1 (Schwarz/Process Black Bogen)

  • Blick nach Osten

    KEINE DIREKTWAHLPrag – Das tschechische Abgeord-

    netenhaus sprach sich am 27. No-vember gegen zwei Gesetzesvorla-gen aus, die eine Direktwahl desNachfolgers von Präsident Havelvorsehen. Das neue Staatsober-haupt wird somit Anfang nächstenJahres von den beiden Kammerndes Parlaments bestimmt.

    ZUSÄTZLICHE EU-BEAMTEBudapest – Bereits im kommen-

    den Jahr soll die Bürokratie der Eu-ropäischen Union um annähernd500 Beamte aus den neuen Mit-gliedsländern wachsen. Diese Plä-ne aus Brüssel gab im Novemberder deutsche EU-Botschafter inUngarn, Jürgen Köppen, bei einemGeschäftsessen mit österreichi-schen und schweizerischen Wirt-schaftsverbänden bekannt.

    BEVÖLKERUNGS-ZUWACHSWarschau – In der Republik Po-

    len leben zur Zeit 38,3 MillionenMenschen. Diese Zahl gehört zuden kürzlich bekannt gewordenenersten Ergebnissen der Volkszäh-lung vom 21. Mai bis 8. Juni. Sieliegt um 420 000 höher als beimletzten Zensus von 1988.

    HISTORISCHE ERÖFFNUNGBudapest – Die deutschsprachi-

    ge Andrássy-Universität in Buda-pest wurde am vergangenen Wo-chenende in Anwesenheit des un-garischen Präsidenten Mádl undseines deutschen AmtskollegenRau offiziell eröffnet. Die erstedeutschsprachige Hochschule au-ßerhalb des geschlossenen deut-schen Sprachraums seit dem Zwei-ten Weltkrieg hat ihren Lehrbe-trieb bereits zum Herbstbeginnaufgenommen (siehe auch den Ar-tikel „Konservative Kaderschmie-de“ in OB 24/02, S. 6).

    PASSVERGABE GEBREMSTBukarest – Die Bewohner der Re-

    publik Moldawien (Bessarabien)müssen für zunächst sechs Monateauf die Möglichkeit zum Wiederer-werb der rumänischen Staatsange-hörigkeit verzichten. Das ent-schied Ende November die Buka-rester Regierung und wies auf densprunghaften Anstieg entspre-chender Gesuche hin. OffiziellenAngaben zufolge haben allein zwi-schen August und November die-ses Jahres über 13 000 Moldawierden Paß des „großen Bruders“ be-antragt, der ihnen Reise- und Ar-beitsmöglichkeiten nicht nur inRumänien, sondern im gesamtenEU-Raum eröffnet (siehe auch denArtikel „Risse an der Peripherie“ inOB 48/02, S. 6).

    Wiedersehen mit Küstrin:

    DAS MÄRKISCHE POMPEJIEine Ortsbesichtigung in der brandenburgischen Neumark / Von Werner BADER

    Spendensammlung:

    DEUTSCH IST GEFRAGTBücher für das polnische Ost-Brandenburg

    Kroatiens Vizeministerpräsi-dent Goran Granic hat MitteNovember den Entwurf für einneues Minderheitengesetz vor-gelegt. Demnach sollen Volks-gruppen, die weniger als andert-halb Prozent der Gesamtbevöl-kerung ausmachen, bei Parla-mentswahlen doppeltes Stimm-recht genießen.

    Den Serben als der einzigennicht-kroatischen Ethnie, derenAnteil über 1,5 Prozent liegt, willdie Regierung mindestens einenAbgeordnetensitz zusichern.Ihre genaue Mandatszahl imkroatischen Nationalparlament„Sabor“ hängt den Plänen zufol-ge vom Umfang der Wahlbeteili-gung seitens der Minderheit imVerhältnis zur landesweitenWahlbeteiligung ab.

    Während die Neuregelung denSerben eine bessere Vertretungals bisher sichern dürfte, da sienach geltender Rechtslage nur ei-nen Abgeordneten stellen kön-nen, befürchten die kleinerenVolksgruppen große Nachteile.Das alte Minderheitengesetz sieht

    Kroatien:

    MEHR PARTEIENSTAATEntwurf für neues Minderheitengesetz

    vor, daß die Angehörigen der ser-bischen, ungarischen und italieni-schen Minderheit je einen Abge-ordneten direkt wählen, Tsche-chen und Slowaken einen gemein-samen ebenso wie die Deutschen,Russen, Ukrainer und Juden.

    In Zukunft sollen sie ganz aufParteilisten angewiesen sein, diesie mit ihrem doppelten Stimm-recht unterstützen können.

    Der parlamentarische Vertreterder italienischen nationalen Ge-meinschaft und Vorsitzende desParlamentsausschusses für Men-schenrechte und Minderheiten,Furio Radin, zeigte sich auf einerPressekonferenz denn auch tiefenttäuscht von dem Entwurf. Die-ser würde „Parteigehorsam her-vorrufen und die wahren Minder-

    begann 1998/99 damit, mehrereHäuser im alten Stil zu errichten.Doch die Genossenschaft gingpleite und ihre Gebäude stehennun in Gestalt häßlicher Rohbau-ten oder bereits kunterbunt ver-putzt als neue Ruinen neben denalten Trümmern.

    Tröstlich ist, daß sich ein Vereinfür die Geschichte Küstrins mit ei-nigem Erfolg darum bemüht, diean der früheren „Reichsstraße 1“zwischen Aachen und Königsberggelegene Stadt in ihrer histori-schen Substanz im Bewußtseinmöglichst vieler Menschen zuverankern. Jährlich veranstaltet

    Der „Kulturförderverein MarkBrandenburg e. V.“ sammeltdeutschsprachige Bücher für pol-nische Schulen. Alle Bewohner desBundeslandes Brandenburg undBerlins, aber auch Landsleute ausanderen Regionen sind aufgeru-fen, ihre Buchbestände auf mögli-che Spenden durchzusehen.

    Die Vorsitzende des Kulturför-dervereins, Dr. Hannemarie Con-dereit, erklärte: „In zahlreichenSchulen in der Neumark, einemfrüheren Teil Brandenburgs, wirdDeutsch gelehrt. Deutsch hat Kon-junktur. Es fehlen aber einfach Bü-cher, denn es gibt kaum deutscheBibliotheken. DeutschsprachigeBücher aus allen Sparten – Litera-tur, Geschichte und Kultur – wer-den gebraucht und sehr gern ent-gegengenommen.“

    In Schwerin (Skwierzyna) an derWarthe gibt es bereits eine „Willi-

    den wenigen Besuchern, wie dieStadt einst aussah. Zwar habennach Angaben der Zeitung DieWelt vom 28. November kürzlichzwei polnische Investoren leerste-hende Flächen der früheren Alt-stadt aufgekauft, um sie wieder zubebauen. Archäologen durchsu-chen das Gebiet vorsichtshalberbereits emsig nach bewahrens-werten Zeugnissen.

    Jedoch geht es bei den Plänen derbeiden reich gewordenen Betreibereiner Wechselstube nicht um einezumindest teilweise Wiedererrich-tung des alten Küstrins, sondern,wie Ryszard Skalba vom Stadt-

    Der Kattewall, früher ein Prome-nadenweg an der ruhig dahinflie-ßenden Oder, ist noch begehbar.Irgendwann lugt Gemäuer hinterden groß gewordenen Bäumenhervor: die Reste des „Berliner To-res“, einst einer der Eingänge in dieFestung Küstrin, durch die mannicht nur zu Fuß, sondern auch mitdem Auto und der Straßenbahnfahren konnte.

    Von den mächtigen Kasemattender stolzen Festung sind Reste vor-handen: die Bastionen „König“,„Brandenburg“ und „Philipp“.Deren dicke Gemäuer hat bisherniemand zu sprengen vermocht.Sie blieben auch, nachdem Küstrinam 31. März 1945 nach 59tägigerBelagerung kapitulieren mußteund die 1232 gegründete Stadt zubestehen aufhörte.

    Vom einstigen Stolz des jetzigenGrenzortes künden nur noch alteAnsichten wie jene, die der großeKupferstecher Mathias Merian um1650 erstellte und die heimatbe-wußte Märker als Stiche sorgsam zu

    Hause verwahren. Doch selbst dieFlucht aus der Geschichte nahmzeitweise erschreckende Formenan. So mußte das diesseits derOder gelegene Küstrin-Kietz aufmassiven Druck der SED im Jahre1954 umbenannt werden. Undzwar mit der absurden Begrün-dung, „Küstrin“ sei ein Begriff desRevanchismus.

    Ein halbes Jahr lang hieß es „Frie-densfelde“, dann nur Kietz. Amersten Jahrestag der deutschenWiedervereinigung, am 3. Oktober1991, kam es zur feierlichen Rück-benennung, bei der auch der polni-sche Bürgermeister der Mutter-stadt dabei war.

    Doch wen interessiert dasSchicksal Küstrins im geschrumpf-ten Deutschland noch? – Allenfallsdie Minderheit derer, die sich ein-gehend mit der ganzen deutschenGeschichte beschäftigen, also ein-schließlich des deutschen Ostensund nicht begrenzt auf das 20. Jahr-hundert.

    Vor Ort gibt es nicht einmalSchilder, die anzeigen, wie dieStraßen einst hießen und wo ge-nau das Schloß stand. KeineSchautafel verdeutlicht den 17 000Bewohnern von „Kostrzyn“ (vordem Krieg waren es 23 800) und

    heitenvertreter aus dem kroati-schen Parlament beseitigen“,klagte er.

    Im heutigen Kroatien leben beieiner Gesamtbevölkerung von4,38 Millionen Menschen zu 78Prozent Kroaten. Außerdem istes Heimat für etwa 582 000 Ser-ben, jeweils 25 000 Ungarn undSlowenen, 24 000 Muslime (Bos-niaken, Albaner usw.), schät-zungsweise je 20 000 Italiener,Deutsche und Tschechen sowie10 000 Ukrainer. Für die Zigeu-ner sind verläßliche Angabennicht zu bekommen.

    Im allgemeinen können allediese Minderheiten ihre kulturel-le Eigenart frei entfalten. Nen-nenswerte Spannungen gibt esnur mit den Zigeunern und denverbliebenen Serben. (LvV)

    entwicklungsamt hervorhebt, „umeine Neubebauung (...) unter Beibe-haltung der bestehenden Straßen-züge“. Dabei sollen unter anderemein Handelszentrum und ein Hotelentstehen. Ob für beides genugNachfrage besteht, erscheint aller-dings fraglich angesichts des in je-der Hinsicht traurigen Zustandsder Kommune.

    Die heutigen polnischen Stadt-väter sind nicht zu beneiden. Mitersten zarten Versuchen der An-knüpfung an das frühere Ortsbildhaben sie in den 90er Jahren nurschlechte Erfahrungen machenmüssen. Immer wieder hielten sievergeblich nach möglichen Geld-gebern für eine architektonischeRenaissance Ausschau. Dannglaubten sie sich endlich am Ziel:Eine Stettiner Baugenossenschaft

    Zerstörte Geschichte: Küstriner Schloß (Vorkriegsaufnahme)

    er dicht hinter dem Polen-markt in Küstrin nachrechts abbiegt, steht

    ziemlich unvermittelt in der Alt-stadt. Das einstige Zentrum derostbrandenburgischen Stadt amZusammenfluß von Oder undWarthe ist noch immer eine Ödnis.Die Zerstörung durch den Krieg isthier perfekt.

    Über das Kopfsteinpflaster alterStraßen, die erst seit 1995 wiederfreigelegt worden sind, schreitetder Besucher durch raschelndesherbstliches Laub; längs der Stra-ßenzeile sind Fundamente vonGebäuden zu erkennen, ab und anTreppenstufen, die einst zu einerHaustür führten. Darüber liegenBerge von Schutt.

    Hier erlebt man quälend ein-drucksvoll das „märkische Pompeji“.Nur ist das Ruinenfeld an der Odertoter als die Ruinenstadt am Vesuv.

    Der schreckliche Weltkrieg hat inEuropa unendlich viel zerstört. DieKüstriner Altstadt traf es total. Ihr

    Anblick übersteigt alle Vorstel-lungskraft und löst einen Schockaus. Selbst das gespenstische Zen-trum der ostpreußischen Metropo-le Königsberg bietet mehr histori-sche Bausubstanz.

    Nach alten Stadtplänen geht derBesucher durch die Kommandan-tenstraße, die Wallstraße. Erkommt zum zerstörten Schloß, di-rekt an der Oder gelegen. Davor istauf der früheren Schloßfreiheit einSockel stehengeblieben, auf demeinst Markgraf Hans von Küstrinstand, und im Hof ragt der steiner-ne Sockel auf, der einst den „Gro-ßen Kürfürsten“ Friedrich-Wil-helm trug. Kaiser Wilhelm II. hattedie Denkmäler am 24. Oktober1903 höchstselbst enthüllt und sieder Stadt geschenkt.

    Man steht an der Ecke, an derLeutnant Hans-Hermann von Kat-te enthauptet wurde – unter denAugen seines Freundes Friedrich,des Kronprinzen und späteren Kö-nigs Friedrich d. Gr., der hier von1730-32 in Festungshaft saß. Steinevom Erker dieses Schauplatzespreußischer Geschichte sind indem wiederaufgebauten War-schauer Königsschloß vermauertworden. Eine merkwürdige Ver-quickung preußischer und polni-scher Geschichte.

    Pfeifer-Bibliothek“ mit 4000 deut-schen Büchern. In Göritz (Gorzyca)am Ostufer der Oder hat der Kul-turförderverein für ein neu entste-hendes deutsch-polnisches Begeg-nungszentrum deutsche Bücherbereitgestellt.

    Anlaufstelle für Spenden ist dieAdresse des stellvertretendenVereinsvorsitzenden und bekann-ten Publizisten Werner Bader,einst Bundessprecher der Lands-mannschaft Berlin – Mark Bran-denburg sowie Verwalter deskünstlerischen Nachlasses desHeimatdichters Gustav Büchsen-schütz („Märkische Heide, märki-scher Sand...“).

    Von dort werden die Bücher ge-zielt zu ausgewählten Schulen mitDeutschunterreicht ostwärts derOder transportiert. (PS)Kontakt: Werner Bader, Dorfstr. 3, 14728Görne, Tel.: 033235-22911

    NOCH TROSTLOSER ALS DAS ZENTRUM KÖNIGSBERGS

    dieser Verein Küstriner Festungs-tage, bei denen die völlig vernich-teten Wohnviertel, das zerstörteSchloß und vor allem die Forts,Lünetten und Zwischenfelder-bauten in Augenschein genom-men werden.

    Diese Spurenlese, die Klaus Kili-an und Sohn Sven von Frankfurt/Oder aus in Ostbrandenburg an-bieten, verdient Respekt. Ihre sach-kundige Führung ist ein Gewinn.Wer sie mitgemacht hat, verläßt tiefin Gedanken versunken das „mär-kische Pompeji“.

    Den Kahlschlag an Architektur,Geschichte und Humanität wird ernicht mehr vergessen können undwohl auch nicht den Wunsch, daßwenigstens das Küstriner Schloßwiedererstehen möge. ■

    Ö S T L I C H E S M I T T E L E U R O P A6 Folge 49 – 7. Dezember 2002

    W

  • 7B Ü C H E R Folge 49 – 7. Dezember 2002

    Bereits im Vorfeld wurden gro-ße Erwartungen geweckt: An-tony Beevors Buch „Berlin1945 – Das Ende 1945“, das in Eng-land ein Bestseller geworden ist,werde in Deutschland „verdrängteGeschehnisse ins Bewußtsein he-ben“, nämlich die Ereignisse an derOstfront am Ende des Zweiten Welt-krieges, vom Überschreiten derdeutschen Grenze durch Einheitender Sowjetarmee bis zur EroberungBerlins. Vor allem hob man in denVorankündigungen hervor, daß sichwie ein roter Faden durch das militä-rische Geschehen das Unmaß anGreueln zöge, derer sich die Rote Ar-mee schuldig gemacht habe, dieMassenvergewaltigungen, die Mordean Zivilisten und Kriegsgefangenen.

    Nun ist die deutsche Fassung aufdem Markt, und die Enttäuschungist groß. Beevor mag für die BritenNeues berichten und auch für jeneDeutschen, die sich bisher jahr-zehntelang davor gedrückt haben,die damaligen fürchterlichen Ereig-

    nisse zur Kenntnis zu nehmen. Esgeht ähnlich wie mit Günter Grass’Buch über den Untergang der „Wil-helm Gustloff“ „Im Krebsgang“. Neuwaren die von ihm geschilderten Er-eignisse nur für jene, die die Not derDeutschen in den letzten Kriegsmo-naten verdrängt hatten.

    Beevor, von Haus aus britischerOffizier, dann Romancier, hat sichmit dem Zweiten Weltkrieg bereitsin einem umfangreichen Buch überStalingrad befaßt. Dann nahm ersich den Fall Berlins vor und schlugdie Brücke zu seinem Stalingrad-Buch mit der Anekdote, nach demUntergang der deutschen 6. Armeehabe ein sowjetischer Oberst eineGruppe erschöpfter Kriegsgefange-ner durch die Trümmer der Stadtgetrieben und gebrüllt: „So wird eu-er Berlin auch einmal aussehen!“Der Autor schildert die militäri-schen Ereignisse wie schon vieleandere vor ihm. Und er guckt nichtweg, wenn es um die Verbrechender Roten Armee geht. Er schildert

    sie in ihrer ganzen unvorstellbarenGrausamkeit, entlastet aber die Ver-bündeten seiner britischen Majestätgleichzeitig, indem er immer wiedererklärt, daß die Sowjets in Deutsch-land hausen konnten, habe alleinHitler verursacht.

    Er sieht die Ereignisse, wie man esvon einem Briten nicht anders er-warten kann, durch die Brille derSieger. So hat er für die Deutschenmeist auch nur Herablassung undHäme übrig, weil sie sich bis zuletztverteidigt haben und sich partoutnicht befreien lassen wollten.

    Der Bertelsmann-Verlag verfügtoffenbar nicht über einen Lektor,der sich mit Militärgeschichte aus-kennt. Man findet in der deutschenFassung zahlreiche Fehler, die ohneMühe hätten vermieden werdenkönnen. So hat der Rezensent nochnie die Bezeichnung „Kaiser-schlacht“ für die letzte deutsche Of-fensive im Ersten Weltkrieg gehört.Hierzulande nennt man sie die

    „Große Schlacht in Frankreich“.Ähnlich geht es mit der Behaup-tung, der Chef des OKW, General-feldmarschall Keitel habe den Spitz-namen „Reichsgaragenmann“ ge-tragen, was immer das bedeutensollte. Den Namen deutscher Gene-räle stellt Beevor gern das „von“ vor-aus, vermutlich in der fixen Idee derBriten, daß Deutschland von den„Junkern“ geführt wurde. Den Be-griff „Gardearmee“, den er dem Pan-zer-Korps „Großdeutschland“ zu-schreibt, gab es nur in derSowjetunion. Deutsche Soldatenhätten in Rußland „Fußbrand“ erlit-ten – eine rätselhafte Bezeichnung.Kein Deutscher kann mit dem Be-griff „Kessel von Korsun“ etwas an-fangen; hier spricht man vom „Kes-sel von Tscherkassy“. Und so geht esweiter.

    Es mag für Briten wie für deut-sche Vergangenheitsbewältigerschmerzlich sein, durch Beevor vonden Massenverbrechen der RotenArmee zu erfahren, doch hat Beevorfür sie einen Trost. Im Stile des JanPhilipp Reemtsma bemerkt er im-mer wieder, daß die Sowjets sich le-diglich gerächt hätten für die nochschlimmeren Verbrechen der Wehr-macht in der UdSSR.

    Antony Beevors Buch ist ein wei-terer Schritt auf dem Wege, dieDeutschen zu lehren, ihre Geschich-te mit den Augen der Sieger zu se-hen. HHaannss--JJooaacchhiimm vvoonn LLeeeesseenn

    AAnnttoonnyy BBeeeevvoorr:: „„BBeerrlliinn 11994455 –– DDaassEEnnddee““, C. Bertelsmann Verlag, 2002,gebunden, zahlreiche Abb., 544 Sei-ten, 26 Euro

    Auch im sich neigenden Jahrführte der Weg vieler Lands-leute wieder in die Heimat. Sie be-reisten Masuren, das Ermland, la-gen am Strand der FrischenNehrung, besuchten Königsberg,Tilsit oder Memel. Viele hatten ih-ren Fotoapparat mit im Reisege-päck, um ihre Eindrücke einzufan-gen, um später vielleicht inErinnerungen schwelgend im Fo-toalbum zu blättern. – Aber ein-mal ehrlich: wer nimmt sich nochdie Zeit, die schweren Alben her-vorzuholen? Da verstauben siedann in den Regalen, werden nurwenn Besuch kommt, der sichebenfalls für die Heimat Ostpreu-ßen interessiert, hervorgeholt.

    Mit dem Bild der Heimat leben?Da bieten sich Fotokalender an,die treuen Begleiter durch dasJahr. Kalender mit Aufnahmen ausdem heutigen Ostpreußen sindbesonders beliebt. Und so hat dieEdition Truso für das Jahr 2003gleich zwei Kalender herausge-bracht. „... steigt im Ost empor“beinhaltet zwölf Farbfotos mit Mo-tiven aus Masuren, Königsberg,dem Ermland oder von der Neh-

    rung. Ganz spezielle Motive prä-sentiert die Edition Truso in ihremzweiten Kalender „OstpreußischeHerrenhäuser“ – Cadinen, Dön-hoffstädt, Schloß Schmolainenoder Schloß Sorquitten seienstellvertretend für alle anderengenannt. Beiden Kalendern ge-meinsam ist, daß sie mit den Foto-grafien aus dem heutigen Ost-preußen eine Brüc´ke schlagenzwischen dem Gestern und Heute– und das jeden Monat aufs Neuezur Freude der Betrachter. ooss

    „„...... sstteeiiggtt iimm OOsstt eemmppoorr““,, Kalender2003. Edition Truso. 13 Blätter,Ringheftung, 41,5 x 30 cm, 15 Eu-ro. „„OOssttpprreeuußßiisscchhee HHeerrrreennhhääuu--sseerr““. Kalender 2003. Edition Tru-so. 13 Blätter, Ringheftung, 21 x29,5 cm, 9,80 Euro.

    IM OST EMPORHeimatliche Kalender

    MIT DEN AUGEN DER SIEGEREnglischer Bestseller über das Ende des Zweiten Weltkrieges erzählt nichts Neues

    Die vorgestellten Büchersind überwiegend beimPMD, Parkallee 84/86,

    20144 Hamburg, Telefon 0 40/41 40 08-27,

    zu beziehen.

    Der Archiv Verlag hat den„Hand-Atlas des Preussi-schen Staats“ von 1846 alsprachtvolle Reprint-Ausgabe neuaufgelegt. Das Kartenwerk enthältinsgesamt 36 ungefalzte Blätter imFormat 57 mal 42 Zentimeter. Aufdie „Übersichtskarte des Preussi-schen Staats“ und die anschließende„Karte von Neuenburg u. Valendisnebst Titel“, die als Fürstentum bis

    1857 durch Personalunion mit Preu-ßen verbunden waren (siehe Folge50/01), folgen von Ost nach West an-geordnet die Karten der neun preu-ßischen Provinzen, Ostpreußen,Westpreußen, Pommern, Posen,Schlesien, Brandenburg, Sachsen,Westfalen und Rheinprovinz sowieder 25 Regierungsbezirke.

    Die Städte des Königreichs sindnach vier Größen unterschieden.Marktflecken, Dörfer mit und ohneKirche, Festungen und Schlössersind ebenso als solche gesondertgekennzeichnet wie die Appella-tions- und Oberlandesgerichte, dieUniversitäten, die Post- und Tele-graphenstationen, die Eisenbahnli-nien, die Kanäle sowie die ver-

    schiedenen Haupt- und Nebenstra-ßen.

    Die Karten der auf 1.999 Exempla-re limitierten und handschriftlichnumerierten Sammlerausgabe sindeinzeln auf Karton gedruckt unddurch schützende Pergaminseitenmit traditioneller Spinnwebprägunggetrennt.

    Der „Hand-Atlas“ wurde von demKartographen Friedrich Handtke be-arbeitet, der bis zu seinem Tode imJahre 1879 noch zahlreiche weitereKartenwerke, zumeist einzelnerpreußischer Landesteile, erstellt hat.Gedruckt und verlegt wurde der At-las, wie auch die andern WerkeHandtkes, von C. Flemmimg imschlesischen Glogau. Die vom Ar-chiv Verlag herausgebrachte Re-print-Ausgabe entstand in enger Zu-sammenarbeit mit der StiftungPreußischer Kulturbesitz, Trägerinder Staatsbibliothek zu Berlin, diedas Original als Leihgabe zur Verfü-gung stellte. EE..BB..

    Der „Hand-Atlas“ ist nur direkt überden Archiv Verlag GmbH, Neckar-straße 7, Postfach 8020, 38130 Braun-schweig, Telefon 0531/1222111, für198 Euro zuzüglich 3,10 Euro Ver-sandkosten unverbindlich für 14 Tagezur Ansicht zu bestellen.

    ALTE LANDKARTENAtlas über das Königreich Preußen im Jahre 1846

    Ich wünsche mir, daß es (das Le-ben, d. Red.) uns immer in Atemhält, daß bei uns nie Langeweileeinkehrt“, schriebHildegard Rauschen-bach in einem ihrerBücher, genauer ge-sagt in dem Erinne-rungsband „Marjell-chen wird Ber-linerin“, 1990 beiRautenberg erschie-nen und jetzt in 2.Auflage wieder liefer-bar. Nun, in Atem ge-halten hat das Lebendie Rauschenbachs,Hildegard wie auchihren Mann Heinz,der sie auf allen ihrenUnternehmungen be-gleitet. So war er auch mit dabei, alsseine Frau Bücher während desDeutschlandtreffens in Leipzig sig-nierte, als sie auf einer gut besuchtenVeranstaltung auf dem selben Tref-

    fen über ihre Erlebnisse in Sibirienberichtete, oder als sie ihre Redezum Volkstrauertag im vergangenen

    Jahr vor dem Plenumdes Deutschen Bun-destages hielt. WieHildegard Rauschen-bach ihr Schick-sal meisterte, wiesie den Neuanfangnach dreieinhalbJahren Gefangen-schaft in der WeiteSibiriens wagte –das alles ist nachzu-lesen in dem Buch„Marjellchen wirdBerlinerin“.

    Lebendig und an-schaulich erzählt die

    Autorin von ihrem Leben im Berlinder Nachkriegszeit, von ihren zag-haften Versuchen auf dem Schwarz-markt, von Aushilfsarbeiten, die dasmehr als notwendige Kleingeld ein-

    brachten, vom Kampf ums Überle-ben. Jubelnd wurde jede selbstver-diente Mark begrüßt, und so man-cher legte eine besondereErfindungsgabe an den Tag, um sichdas Leben zu erleichtern. Mit Herzund sachlich fundiert erzählt Hilde-gard Rauschenbach vom Leben imdamals geteilten Berlin, von derStimmung beim Mauerbau, währendder Studentenunruhen, aber auchvon ersten Reisen in die Heimat undvon ihrem ersten Buch, das ihre Ver-schleppung nach Sibirien behandelt.Entstanden ist ein ehrliches Werk,das gerade für jüngere Leser interes-sant sein dürfte, zeigt es doch, wieman auch Notzeiten mit einem mu-tigen Herzen überstehen kann. SSiiSS

    HHiillddeeggaarrdd RRaauusscchheennbbaacchh:: „„MMaarrjjeellll--cchheenn wwiirrdd BBeerrlliinneerriinn –– HHeeiimmkkeehhrraauuss SSiibbiirriieenn uunndd NNeeuuaannffaanngg““,, Rau-tenberg im Verlagshaus Würzburg, 2.Auflage, gebunden, 222 Seiten, 12,95Euro. Signiert von der Autorin.

    DER WILLE ZUM NEUANFANGHildegard Rauschenbach über die ersten Jahre nach ihrem Zwangsarbeiterdasein

    ZWISCHEN DEN WELTENDagmar Chidolue über ihre Kindheit als Flüchtling

    Ich bin ein Flüchtling, auch wennich mich nicht erinnern kann,daß ich mal auf der Flucht war.Eigentlich komme ich von dort, woMama zu Hause gewesen ist. Aberdas Leben fängt dort an, woran mansich erinnern kann.Für mich ist das so,daß ich schon im-mer da war, wo ichjetzt lebe, die Stadtheißt Gütersloh, …“Mit diesen Wortenberichtet DagmarChidolue von demZwiespalt, in demviele Flüchtlings-kinder nach demZweiten Weltkrieglebten. Dagmar Chi-dolue wurde 1944in Sensburg gebo-ren und verarbeitetin ihrem neustenBuch „Zuckerbrotund Maggisuppe“ ihre eigene Kind-heit. Zwar hat die mit dem Deut-schen Jugendbuchpreis ausgezeich-nete Kinder- und Jugendbuch-autorin schon mehrfach die Proble-me von Flüchtlingskindern nachdem Zweiten Weltkrieg thematisiert,diesmal erzählt sie allerdings ihreeigene Geschichte. Alle im Buchvorkommenden Personen tragen ih-ren wirklichen Namen. So befandsich unter den Gästen bei der Buch-vorstellung in Gütersloh auch einerder im Buch vorkommenden Laus-buben. Der nahm der Autorin seineliterarische Verarbeitung aber kei-neswegs krumm.

    Chidolues neuestes Buch ist einKinderbuch für Erwachsene und na-türlich auch für Kinder. Besondersdie Personen, die in der Nachkriegs-zeit selber Kind waren, werden sichan viele Dinge des damaligen Alltags

    zurückerinnern.Nahrungsmangel,Wohnungssuche so-wie die ewigen Ge-spräche über imKrieg umgekomme-ne Personen unddie verlorene Hei-mat, die nur die Er-wachsenen kann-ten, werden fast alleNachkriegskinderaus eigener Erfah-rung kennen.

    Das Buch schil-dert aus der Sichtder lebensfrohenJutta die Nach-

    kriegszeit, aber auch typische zeitlo-se Kinderfragen wie beispielsweisewo kommen die Babys her und wa-rum man zum langweiligen Kinder-gottesdienst gehen muß, werden be-handelt. Übermütig, mit so einigenLausbuben im Schlepptau, erlebtJutta, trotz aller aus der Erwachse-nenwelt auf sie ausstrahlenden Pro-bleme, eine glückliche Kindheit. Be-schwingte Erzählung für jedeGeneration! RR.. BBeellllaannoo

    DDaaggmmaarr CChhiiddoolluuee:: „„ZZuucckkeerrbbrroott uunnddMMaaggggiissuuppppee““,, Cecilie Dressler Ver-lag, Hamburg 2002, gebunden, 207Seiten, 12,90 Euro

    OB49_7 03.12.2002 16:10 Uhr Seite 1 (Schwarz/Process Black Bogen)

  • Von Memel nachTrakehnen 1942

    Wir schauen das Land derdunklen Wälder und der

    kristallenen SeenVideo 30 Min. aaaaa 14,90

    Der neueFilm von

    STS

    OstpreußenErmland und MasurenNEU!

    Der neue Film vonKarla-Sigrun Neuhaus.

    Eine filmische Reise zu vielentouristischen Anziehungs-punkten, mit Blick in die

    Vergangenheit, führt überAllenstein, „Gut

    Gartenpungel“, über Nikolaiken,Mohrungen, Sorquitten,

    Kloster „Heiligelinde“, Hohen-stein, Elbing, Marienburg,

    Frauenburg. Besichtigt wirdauch die ehemalige Bunker-

    anlage „Wolfschanze“.Video aaaaa 21,00

    Ostpreußen – Reise in einfremdgewordenes Land

    Das aktuelle Video vonKarla-Sigrun Neuhaus.

    Eine Filmreise durch dasOstpreußen von heute

    Video aaaaa 21